Rechtssatz
Unter dem Begriff der Gefährdung des Kindeswohls ist nicht geradezu ein Missbrauch der elterlichen Befugnisse zu verstehen. Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt oder (subjektiv) gröblich vernachlässigt worden sind oder die Eltern durch ihr Gesamtverhalten des Wohl des Kindes gefährden. Eine Pflichtverletzung kann auch vorliegen, wenn die Eltern ihre Pflicht zu einvernehmlichen Vorgehen verletzen. Die Gefährdung des Kindeswohls kann daher auch schon darin liegen, dass wichtige Veränderungen eingetreten sind, die Eltern aber diesen Veränderungen nicht durch einvernehmliches Vorgehen Rechnung tragen.
Normen
ABGB §176 B
ABGB §177 B
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §181
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §185 Abs1
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §185 Abs2
1 Ob 537/82 | OGH | 03.03.1982 |
nur: Die Gefährdung des Kindeswohls kann auch darin liegen, dass wichtige Veränderungen eingetreten sind, die Eltern aber diesen Veränderungen nicht Rechnung tragen. (T1)<br/>Beisatz: Insbesondere, wenn dem Kind die auf Grund wesentlich geänderter Verhältnisse gebotene Verbesserung seiner Entwicklungsmöglichkeiten und Entfaltungsmöglichkeiten verwehrt wird. (T2) |
1 Ob 790/83 | OGH | 11.01.1984 |
Beis wie T2 |
8 Ob 660/85 | OGH | 23.01.1986 |
nur: Unter dem Begriff der Gefährdung des Kindeswohls ist nicht geradezu ein Missbrauch der elterlichen Befugnisse zu verstehen. Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt oder (subjektiv) gröblich vernachlässigt worden sind oder die Eltern durch ihr Gesamtverhalten das Wohl des Kindes gefährden. (T3) |
4 Ob 611/89 | OGH | 05.12.1989 |
nur T3; Beisatz: Ein subjektives Schuldelement kann, muss aber nicht hinzutreten (SZ 51/112 ua). (T4) <br/>Veröff: ÖA 1990,132 |
5 Ob 542/91 | OGH | 28.04.1992 |
nur T3; Beisatz: Hier: Mutter, die trotz der damit verbundenen ernstlichen Gefährdung der weiteren gedeihlichen Entwicklung des Kindes, wenn nicht vorher behutsam ein Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Kind aufgebaut wird, dieses vom Pflegeplatz entfernen und zu sich zurückbringen will. (T5) |
1 Ob 218/98k | OGH | 25.08.1998 |
nur: Unter dem Begriff der Gefährdung des Kindeswohls ist nicht geradezu ein Missbrauch der elterlichen Befugnisse zu verstehen. Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt oder gröblich vernachlässigt worden sind. (T6) |
1 Ob 342/99x | OGH | 28.04.2000 |
Auch; nur: Unter dem Begriff der Gefährdung des Kindeswohls ist nicht geradezu ein Missbrauch der elterlichen Befugnisse zu verstehen. Es genügt, daß die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt worden sind. (T7) |
1 Ob 129/00b | OGH | 25.05.2000 |
Auch; nur: Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt oder (subjektiv) gröblich vernachlässigt worden sind. (T8) |
8 Ob 304/00i | OGH | 11.01.2001 |
Auch; Beisatz: Es reicht allerdings schon die objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung der elterlichen Pflichten aus. (T9) |
1 Ob 274/00a | OGH | 30.01.2001 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Übersiedlung der Obsorgeberechtigten in einen anderen Staat. (T10) |
4 Ob 186/01h | OGH | 12.09.2001 |
Beisatz: Hier: Eine die Übertragung der Obsorge auf den Vater rechtfertigende Gefährdung des Kindeswohls liegt dabei schon darin, dass nach eingetretener wichtiger Änderung der Verhältnisse - nämlich des dringenden Wunsches der Minderjährigen, zukünftig auf Dauer im Haushalt des Vaters wohnen zu wollen - die bisher obsorgeberechtigte Mutter einem einvernehmlichen Vorgehen der Eltern in diese Richtung nicht zugestimmt hat. (T11) |
9 Ob 268/01d | OGH | 14.11.2001 |
nur T8; Beisatz: Oder wenn die Obsorgepflichtigen durch ihr Gesamtverhalten schutzwürdige Interessen des Minderjährigen ernstlich und konkret gefährden. (T12) |
1 Ob 172/01b | OGH | 27.11.2001 |
nur: Die Gefährdung des Kindeswohls kann daher auch schon darin liegen, dass wichtige Veränderungen eingetreten sind, die Eltern aber diesen Veränderungen nicht durch einvernehmliches Vorgehen Rechnung tragen. (T13) <br/>nur T7; Beisatz: Der typische Grund für die Rechtfertigung einer Entziehung oder Einschränkung der Obsorge im Sinne des § 176 ABGB ist geboten, wenn der das Kind betreuende Elternteil seine Erziehungspflichten vernachlässigt, seine Erziehungsgewalt missbraucht oder den Erziehungsaufgaben nicht gewachsen ist. (T14) |
7 Ob 43/03d | OGH | 19.03.2003 |
Vgl auch; Beisatz: Es muss auf Grund eines bestimmten Verhaltens der Eltern oder eines Elternteils, in dem die objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung elterlicher Pflichten zu erblicken ist, zu befürchten sein, dass das Wohl des Kindes beeinträchtigt werden wird. (T15) |
5 Ob 8/03t | OGH | 11.03.2003 |
nur: Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt oder (subjektiv) gröblich vernachlässigt worden sind oder die Eltern durch ihr Gesamtverhalten des Wohl des Kindes gefährden. (T16) |
3 Ob 51/06f | OGH | 29.03.2006 |
nur: Es genügt, dass die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt worden sind. (T17) |
1 Ob 176/07z | OGH | 11.09.2007 |
Auch; nur T8; Beisatz: Dazu gehört auch das Nichtbewältigen von Erziehungsaufgaben. (T18) |
8 Ob 47/09h | OGH | 29.09.2009 |
Auch; Beisatz: Das Kindeswohl ist iSd § 176 ABGB gefährdet, wenn die Obsorgepflicht nicht erfüllt oder gröblich vernachlässigt wird oder sonst schutzwürdige Interessen des Kindes ernstlich und konkret gefährdet werden, wobei die objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung genügt, ohne dass ein subjektives Schuldelement hinzutreten müsste. (T19) |
3 Ob 240/12h | OGH | 20.02.2013 |
Auch; nur T8; nur T16; Beis wie T12; Beis wie T15; Beis wie T19 |
1 Ob 7/16k | OGH | 25.02.2016 |
nur T3; Beis wie T18; Beis ähnlich wie T19 |
1 Ob 99/16i | OGH | 30.08.2016 |
Auch; ähnlich nur T3; Beis wie T18; Beis wie T19 |
7 Ob 77/19b | OGH | 29.05.2019 |
Auch; Beis wie T14; Beis wie T19 |
4 Ob 215/22d | OGH | 31.01.2023 |
Vgl; Beisatz: Eine Gefährdung des Kindeswohls ist dann gegeben, wenn die Obsorgeberechtigten ihre Pflichten objektiv nicht erfüllen oder diese subjektiv gröblich vernachlässigen und durch ihr Verhalten schutzwürdige Interessen des Kindes wie die physische oder psychische Gesundheit, die altersgemäße Entwicklung und Entfaltungsmöglichkeit oder die soziale Integration oder die wirtschaftliche Sphäre des Kindes konkret gefährden. (T22)<br/>Anm: So bereits zu 4 Ob 216/19x mwN. (T23)<br/>Beisatz: Ob dies zutrifft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. (T24) |
7 Ob 36/23d | OGH | 24.05.2023 |
Beisatz: Hier: Aufhebung der Entscheidung mangels Einbeziehung aktueller Entwicklungen, da durch die Verbringung der Kinder ins Ausland allenfalls eine Kindeswohlgefährdung geschaffen wurde (Verfahren gemäß § 211 ABGB). (T25)<br/>Anm: So auch 7 Ob 67/22m |
5 Ob 154/23t | OGH | 19.10.2023 |
Beisatz wie T22; Beisatz wie T24<br/>Beisatz: hier: Obsorgeübertragung gemäß § 181 ABGB nach Einschreiten des Jugendwohlfahrtsträgers im Rahmen der Interimskompetenz. (T26) |
8 Ob 4/24g | OGH | 15.02.2024 |
nur T6; nur T7; nur T17; Beisatz wie T22; Beisatz wie T24<br/>Beisatz: Hier: Prognostisch erhöhtes Risiko- und Gefährdungspotential für die Kinder, bei bereits deutlichen Entwicklungsverzögerungen bei einem Kind und Auffälligkeiten im Bindungsverhalten bei beiden sowie mangelnder Eignung der Eltern die Bedürfnisse der Kinder (trotz vorhandener Bereitschaft) zu erfüllen. (T27) |
Dokumentnummer
JJR_19801104_OGH0002_0040OB00547_8000000_001
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