OGH 8Ob47/09h

OGH8Ob47/09h29.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Spenling, Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder 1. I***** S*****, und 2. W***** S*****, beide *****, beide vertreten durch die bisher mit der vorläufigen Obsorge betraute mütterliche Tante K***** S*****, diese vertreten durch Dr. Robert Mayrhofer, Dr. Johann Köpplinger, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters P***** I*****, vertreten durch Dr. Thomas Schweiger LL.M., Rechtsanwalt in Linz, wegen Übertragung der Obsorge, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 9. Dezember 2008, GZ 6 R 276/08t-S-77, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Sowohl die Entscheidung, welchem Elternteil die Obsorge für ein minderjähriges Kind übertragen werden soll, als auch jene, welcher potentielle Obsorgeträger in den Fällen des § 145 Abs 1 ABGB bei Tod des bisher allein obsorgeberechtigten Elternteils mit der Obsorge zu betrauen ist, ist stets eine solche des Einzelfalls, der keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt, weil sie immer nur aufgrund einer singulären familiären Situation unter Bedachtnahme auf die jeweils einzelfallbezogene (Gesamt-)Situation zu treffen ist (6 Ob 196/07b; RIS-Justiz RS0114625 ua). Das Kindeswohl ist iSd § 176 ABGB gefährdet, wenn die Obsorgepflicht nicht erfüllt oder gröblich vernachlässigt wird oder sonst schutzwürdige Interessen des Kindes ernstlich und konkret gefährdet werden, wobei die objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung genügt, ohne dass ein subjektives Schuldelement hinzutreten müsste (RIS-Justiz RS0048633; Hopf in KBB² § 176 Rz 2 mwH). Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass nach den Umständen des Falls das Wohl der nach dem frühen Tod ihrer Mutter sozial-familiär wie auch schulisch bestens in Österreich integrierten Kinder gebietet, die mütterliche Tante mit der endgültigen Obsorge zu betrauen, liegt im Rahmen der nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei der Obsorgeentscheidung zu beachtenden Grundsätze.

Entscheidungen eines Gerichts, die das Grundrecht eines Elternteils im Interesse des Wohles des Kindes beschränken, sind durch Art 8 Abs 2 MRK gedeckt (RIS-Justiz RS0048911). Die gerügten Mangelhaftigkeiten des Rekursverfahrens liegen - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG). In der Übernahme der Feststellungen des Erstgerichts durch das Rekursgericht kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen (RIS-Justiz RS0043240). Die Frage der Besuchsrechtsregelung ist nicht Gegenstand des Verfahrens auf Übertragung der Obsorge. Über einen mittlerweile durch den Vater beim Erstgericht eingebrachten Antrag auf Festlegung des Besuchsrechts wird gesondert zu entscheiden sein, sodass es damit keiner weiteren Auseinandersetzung bedarf.

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