OGH 6Ob27/18s

OGH6Ob27/18s20.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Kodek in der Pflegschaftssache des mj E* T*, geboren am *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Großmutter mütterlicherseits U* T*, vertreten durch Mag. Andrea Seidl, Rechtsanwalt in Groß‑Enzersdorf, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Dezember 2017, GZ 42 R 425/17m‑52, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120937

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Obsorgeübertragung erfüllt sind, ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalls, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zukommt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ausschließlich dessen Wohl maßgebend (RIS‑Justiz RS0048632). Wegen des damit regelmäßig verbundenen Eingriffs in das Recht auf Achtung des Privat‑ und Familienlebens (Art 8 EMRK) darf die Beschränkung der Obsorge nur das letzte Mittel sein und nur soweit angeordnet werden, als das zur Abwendung einer drohenden Gefährdung des Kindeswohls notwendig ist. Von einer solchen Vorkehrung darf das Gericht nur aus schwerwiegenden Gründen Gebrauch machen (RIS‑Justiz RS0048712 [T1, T9, T10]). Das Kindeswohl ist gefährdet, wenn die Obsorgepflicht nicht erfüllt oder gröblich vernachlässigt wird oder sonst schutzwürdige Interessen des Kindes ernstlich und konkret gefährdet werden, wobei die objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung genügt (RIS‑Justiz RS0048633 [T19]). Bei der Beurteilung darf nicht nur von der momentanen Situation ausgegangen werden, sondern sind auch Zukunftsprognosen anzustellen (RIS‑Justiz RS0048632, RS0106312).

Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen die erforderliche Zukunftsprognose ausdrücklich berücksichtigt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ist bei Verbleib des Minderjährigen E* in der Familie mütterlicherseits die Wahrscheinlichkeit einer positiven Entwicklung in Richtung einer stabilen, sicheren und unabhängigen Lebenssituation als gering anzusehen.

Der Revisionsrekurs vermag sohin keine Rechtsfrage der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.

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