European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00006.24S.0813.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
In Ansehung der auf Zahlung von einstweiligem Ehegattenunterhalt gerichteten Begehren wird der außerordentliche Revisionsrekurs gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Im Übrigen werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Der (bisherige) Kläger und Gegner der gefährdeten Parteien (in der Folge: Kläger) und die (bisherige) Beklagte und erstgefährdete Partei (in der Folge: Beklagte) schlossen am 9. 9. 1999 die Ehe. Dieser entstammen die zweit‑ und drittgefährdeten Parteien, die minderjährigen Kinder der Streitteile.
[2] Mit der am 24. 7. 2017 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Diese gestand die unheilbare Ehezerrüttung zu, trat dem Scheidungsbegehren nicht entgegen und erhob den Mitverschuldenseinwand.
[3] Zudem beantragte die Beklagte am 26. 9. 2017, den Kläger zu einstweiligen Ehegattenunterhalt zu verpflichten, und zwar zuletzt – nach Ausdehnung des Sicherungsantrags – zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 3.651,81 EUR ab Antragstellung bis zum 31. 12. 2018 und von 3.949,31 EUR ab 1. 1. 2019 sowie zur Leistung eines Vorschusses von 449.918,77 EUR zur Abdeckung eines Sonderbedarfs für Prozesskosten.
[4] Die Kinder beantragten wiederum, den Kläger mit einstweiliger Verfügung zur Leistung näher aufgeschlüsselter monatlicher Unterhaltsbeträge zu verpflichten, die sich aus einer Unterhaltsfestsetzung in Höhe des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs zugunsten der zweitgefährdeten Partei und des Zweifachen zugunsten der drittgefährdeten Partei, jeweils unter Berücksichtigung eines bereits geleisteten (Natural‑)Unterhalts, ergäben.
[5] Am 23. 7. 2020 zog der Kläger die Scheidungsklage unter Anspruchsverzicht zurück.
[6] Über die folglich mit dem Zeitpunkt der Rücknahme der Scheidungsklage zeitlich begrenzten (10 Ob 15/21k Rz 20 mwN) Provisorialanträge sprach das Erstgericht dahin ab, dass es den Kläger verpflichtete, der Beklagten von 26. 9. 2017 bis 30. 11. 2017 monatlich 1.740,62 EUR, von 1. 12. 2017 bis 31. 12. 2017 monatlich 3.140,62 EUR, von 1. 1. 2018 bis 22. 12. 2018 monatlich 3.195,62 EUR, von 23. 12. 2018 bis 30. 6. 2019 monatlich 3.792,62 EUR und von 1. 7. 2019 bis 23. 7. 2020 monatlich 3.942,62 EUR an einstweiligem Ehegattenunterhalt zu leisten. Die darüber hinaus begehrten monatlichen Unterhaltsbeträge wies es ab. Weiters verpflichtete das Erstgericht den Kläger, einstweiligen Kindesunterhalt zu leisten, und zwar an die zweitgefährdete Partei von 26. 9. 2017 bis 31. 12. 2017 monatlich 598 EUR, von 1. 1. 2018 bis 30. 6. 2018 monatlich 666,88 EUR, von 1. 7. 2018 bis 22. 12. 2018 monatlich 680 EUR, von 23. 12. 2018 bis 30. 6. 2019 monatlich 925 EUR, von 1. 7. 2019 bis 31. 10. 2019 monatlich 942,50 EUR, von 1. 11. 2019 bis 31. 12. 2019 monatlich 997,50 EUR, von 1. 1. 2020 bis 30. 6. 2020 monatlich 647,50 EUR und von 1. 7. 2020 bis 23. 7. 2020 monatlich 655 EUR, an die drittgefährdete Partei wiederum von 26. 9. 2017 bis 31. 12. 2017 monatlich 271,32 EUR, von 1. 1. 2018 bis 2. 4. 2018 monatlich 338,00 EUR, von 3. 4. 2018 bis 30. 6. 2018 monatlich 450,50 EUR, von 1. 7. 2018 bis 22. 12. 2018 monatlich 461 EUR, von 23. 12. 2018 bis 30. 6. 2019 monatlich 633 EUR, von 1. 7. 2019 bis 31. 10. 2019 monatlich 645 EUR, von 1. 11. 2019 bis 31. 12. 2019 monatlich 700 EUR, von 1. 1. 2020 bis 30. 6. 2020 monatlich 350 EUR und von 1. 7. 2020 bis 23. 7. 2020 monatlich 354 EUR. Den darüber hinaus begehrten einstweiligen Kindesunterhalt wies das Erstgericht ab und trug dem Kläger schließlich auf, 54.000 EUR an Prozesskostenvorschuss zu bezahlen, während es das Mehrbegehren auf Leistung eines weiteren Vorschusses von 395.918,77 EUR abwies.
[7] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass der Zuspruch eines Prozesskostenvorschusses von 54.000 EUR – entsprechend dem wahren Entscheidungswillen des Erstgerichts – (nur) an die erstgefährdete Partei zu lauten habe. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.
[8] Dagegen richtet sich der vom Kläger erhobene, einheitlich als „außerordentlich“ bezeichnete Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[9] Der Revisionsrekurs ist in Ansehung der auf Leistung einstweiligen Ehegattenunterhalts (einschließlich eines Prozesskostenvorschusses zur Abdeckung ehegattenunterhaltsrechlichen Sonderbedarfs) gerichteten Begehren mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Zuspruch von einstweiligem Kindesunterhalt an die zweit‑ und drittgefährdete Partei richtet, ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung darüber nicht berufen.
[10] 1. Gemäß § 402 Abs 2 iVm § 78 EO sind auf den Revisionsrekurs im vorliegenden Fall die Vorschriften der ZPO anzuwenden. Hat das Rekursgericht über mehrere Entscheidungsgegenstände entschieden, deren Werte nicht zusammenzurechnen sind, ist die Rechtsmittelzulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen (§ 55 Abs 4 JN). Eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN kommt nur in Frage, wenn diese in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RS0042741). Das ist bei Unterhaltsansprüchen verschiedener Personen, auch mehrerer Kinder des Unterhaltspflichtigen, nicht der Fall (RS0035556; RS0017257; RS0112656). Die gefährdeten Parteien sind hinsichtlich ihrer im Provisorialverfahren geltend gemachten Ansprüche bloß formelle Streitgenossen; die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung liegen daher bei ihnen nicht vor (RS0035556 [T1]).
[11] Lediglich im Hinblick auf die Begehren der Beklagten auf Leistung einstweiligen Unterhalts und auf Deckung notwendiger Prozesskosten, die jeweils auf § 94 ABGB beruhen, hat es zur Zusammenrechnung gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zu kommen (RS0013486 [T3]).
[12] Die Ermittlung des jeweiligen Werts der vom Rekursgericht behandelten Begehren der gefährdeten Parteien auf Leistung einstweiligen Unterhalts richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN (§ 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO). Sind, wie hier, gesetzliche Unterhaltsansprüche für einen konkreten in der Vergangenheit liegenden Zeitraum strittig, so hat keine Bewertung gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu erfolgen; maßgeblich ist vielmehr der strittige Betrag (RS0111964 [T3]). Soweit der Kläger in zweiter Instanz den Entfall seiner Unterhaltspflicht für seine Kinder, die zweit‑ und drittgefährdeten Parteien, anstrebte, so ergibt sich nach dem Gesagten für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum jeweils ein 30.000 EUR nicht übersteigender Entscheidungsgegenstand. Lediglich in Bezug auf die strittigen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Beklagten (einschließlich der bekämpften Pflicht zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses) überstieg der Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz 30.000 EUR.
[13] Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs – vorbehaltlich des Abs 2a – in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN jedenfalls unzulässig, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 4 ZPO), wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Ungeachtet der nunmehr geltenden Fassung des § 49 Abs 2 Z 2 JN, der gerade Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Eltern und Kindern aus seinem Geltungsbereich ausnimmt, ist – wie für Oppositionsstreitigkeiten (3 Ob 138/08b mwN) – auch für die Gewährung einstweiligen Unterhalts eine Differenzierung zwischen den Unterhaltsansprüchen von Ehegatten und Kindern zu vermeiden (4 Ob 86/12v; 3 Ob 250/13f).
[14] Da folglich der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz betreffend die strittigen Begehren auf Leistung von Kindesunterhalt jeweils 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat, ist in Ansehung dieser Teilbegehren kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern ist nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO im Wege eines mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundenen Abänderungsantrags beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen (3 Ob 250/13f; vgl auch RS0005912).
[15] Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ ist daher im dargestellten Umfang dem Erstgericht zurückzustellen, das ihn dem Rekursgericht vorzulegen haben wird. Ob der Rechtsmittelschriftsatz der inhaltlichen Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109501 [T12]; RS0109623 [T5]).
[16] 2. Soweit sich der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Bestätigung des teilweisen Zuspruchs des Sicherungsbegehrens der Beklagten richtet, ist er zwar statthaft, zeigt aber keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[17] 2.1. Als von Amts wegen aufzugreifende Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO) rügt der Kläger die Verwertung des erst kurz vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgelegten Detektivberichts, ohne dass in der Tagsatzung noch eine sinnvolle Erörterung dieses Beweisergebnisses mit den Parteien erfolgen hätte können. Dadurch sei ihm die Möglichkeit genommen worden, zu dem Urkundenbeweis Stellung zu nehmen bzw sonst darauf zu reagieren.
[18] Ist das Rekursgericht in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat eine solche verneint, ist die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich, auch dann, wenn die Verneinung der Nichtigkeit nur in den Entscheidungsgründen erfolgt (RS0042981; RS0042917 ua). Entsprechendes gilt aufgrund eines Größenschlusses auch für gerügte, vom Rechtsmittelgericht aber verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz (RS0042963).
[19] Eine solche den Obersten Gerichtshof bindende, nicht weiter anfechtbare Entscheidung liegt auch dann vor, wenn die zweite Instanz – wie im vorliegenden Fall – den behaupteten Verstoß gegen leitende Verfahrensgrundsätze unter dem vom Kläger geltend gemachten Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens behandelt und verneint hat. Entscheidend ist, dass derselbe verfahrensrechtliche Sachverhalt als Entscheidungsgrundlage dienen soll. Ob eine Nichtigkeit verneint wurde, richtet sich allein nach den beurteilten (prozessualen) Tatsachen (3 Ob 76/03b; 3 Ob 27/06a; 9 ObA 163/15h ErwGr 2.2. ua; RS0042981 [T7, T11, T30]), hier also nach dem vom Kläger behaupteten Verstoß gegen die Erörterungspflicht des Prozessgerichts sowie die dadurch unterbundene Möglichkeit, auf eine von der Gegenpartei vorgelegte Urkunde sinnvoll zu reagieren.
[20] Darüber hat das Rekursgericht im für den Kläger negativen Sinn entschieden. Mit der Verneinung einer Mangelhaftigkeit hat das Rekursgericht auch eine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verneint, ist doch die Mangelhaftigkeit gegenüber der Nichtigkeit ein geringerer Verfahrensverstoß, der nur über Rüge aufzugreifen ist. Wenn schon der geringere Verfahrensverstoß verneint wird, so ist damit auch ausgesprochen, dass unter der hier vorliegenden Voraussetzung der Identität des zugrunde liegenden Sachverhalts der gravierendere und mit Nichtigkeit bedrohte Verstoß von Prozessgesetzen nicht vorliegt (3 Ob 27/06a; 2 Ob 178/14m ErwGr 3.2.; 9 ObA 163/15h ErwGr 2.2.). Dem Obersten Gerichtshof ist daher die Überprüfung, ob das Rekursgericht das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes zu Recht verneint hat, verwehrt.
[21] 2.2. Entsprechendes hat auch für die vom Kläger bereits mit Rekurs als Verfahrensfehler bemängelte Beschränkung seines Fragerechts an Zeugen zu gelten. Eine in zweiter Instanz verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz kann in dritter Instanz auch nicht als Mangelhaftigkeit des Rechtsmittelverfahrens geltend gemacht werden (RS0042981 [T5]). Dass sich das Rekursgericht gar nicht mit der Rüge des Klägers befasst hätte, behauptet dieser nicht. Auf die Begründung des Rekursgerichts, es sei schon die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan worden, geht er in seinem Revisionsrekurs nicht ein.
[22] 2.3. Das Rekursgericht hat sich weiters auch mit dem angeblichen Begründungsmangel des erstgerichtlichen Beschlusses befasst und diesen auf aktengemäßer Grundlage verneint. Damit kann dieser in zweiter Instanz verneinte Mangel des Verfahrens erster Instanz ebenso wenig Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sein (RS0042963).
[23] 2.4. Als Aktenwidrigkeit macht der Kläger geltend, das Rekursgericht habe sich im Rahmen der Erledigung seiner Mängelrüge betreffend eine unterbliebene Zeugenvernehmung auf die durch die Aktenlage nicht gedeckte Überlegung gestützt, die in Rede stehende Zeugin sei vom Kläger gar nicht angeboten worden.
[24] Eine Aktenwidrigkeit liegt nur bei einem Widerspruch zwischen Prozessakten und tatsächlichen Urteilsvoraussetzungen vor, wobei aber dieser Widerspruch einerseits wesentlich, andererseits unmittelbar aus den Akten ersichtlich und behebbar sein muss (RS0043421). Aktenwidrigkeit ist daher bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und dessen Zugrundelegung und Wiedergabe durch das Rechtsmittelgericht andererseits verwirklicht (RS0043397 [T2]; RS0043284). Demgegenüber können Wertungsvorgänge und (rechtliche) Schlussfolgerungen des Gerichts von vornherein keine Aktenwidrigkeit begründen (RS0043277; RS0007251; RS0043203 [T5]; RS0043347 [T21]; RS0043324 [T13]; RS0043256 [T1]). Dazu gehört aber auch die Auslegung des Prozessvortrags der Parteien.
[25] Die Auslegung von Prozessvorbringen ist überdies eine Frage des Einzelfalls (RS0042828; RS0044273 [T14, T41, T50, T64]; vgl insb zu Beweisanboten 5 Ob 220/14k ErwGr 1.2.; 6 Ob 224/19p; 2 Ob 18/22v Rz 5) und stellt, soweit es sich – wie im vorliegenden Fall – um keine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung handelt, regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0042828 [T23]). Das gilt auch für die Frage, ob im Provisorialverfahren ein Zeuge als (parates) Bescheinigungsmittel angeboten wurde.
[26] Ausgehend davon, dass der Kläger im Zuge der neu durchgeführten Verhandlung zwar zunächst seine bisher gestellten Anträge pauschal aufrecht hielt, dann jedoch über ausdrückliche Aufforderung des Erstgerichts, zu vernehmende Auskunftspersonen namhaft und stellig zu machen, untätig blieb und schließlich auch in der letzten Tagsatzung des Provisorialverfahrens im Zuge der Erörterung des Fernbleibens der (vom Gericht geladenen) Zeugin nicht zu erkennen gab, dass er deren Vernehmung sehr wohl für erforderlich erachte, besteht kein Zweifel daran, dass das Rekursgericht zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis gelangt ist.
[27] 2.5. Ebenso wenig vermag der Kläger in seinen Rechtsmittelausführungen im Rahmen seiner Rechtsrüge eine erhebliche Rechtsfrage nachzutragen:
[28] 2.5.1. Die Anwendbarkeit des Anspannungsgrundsatzes richtet sich ebenso wie die Frage nach der Art der Anspannung des Unterhaltsschuldners jeweils nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls (RS0047686 [T27]; RS0007096).
[29] Der Kläger kritisiert zusammengefasst, er sei von den Vorinstanzen zu Unrecht angespannt worden, ohne dass ihm eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung gegenüber den Unterhaltsberechtigten anzulasten wäre. Er habe nämlich sein Vermögen in die Privatstiftung eingebracht, bevor er Kenntnis von seiner Unterhaltspflicht erlangt habe.
[30] Eine schuldhafte Verletzung der Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen, im Interesse des Unterhaltsberechtigten nicht nur die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen, sondern auch sein Vermögen ertragbringend anzulegen (vgl RS0047643), setzt zwar die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von seiner Unterhaltspflicht voraus (RS0106973). Bloße Anhaltspunkte für eine mögliche Unterhaltspflicht reichen nicht aus, um den Anspannungsgrundsatz wirksam werden zu lassen (10 Ob 73/07v ErwGr 2.1. ua; RS0106973 [T3]). Allerdings genügt bereits die Kenntnis jener tatsächlichen Umstände, die eine Unterhaltspflicht begründen (7 Ob 39/00m: Kenntnis von der Vaterschaft zum unterhaltsberechtigten Kind; vgl auch 10 Ob 73/07v ErwGr 2.1.). Warum dem Kläger, der die Privatstiftung erst vor Ende 2016 und damit lange nach der Eheschließung mit der Beklagten im Jahr 1999 gegründet hat, diese tatsächlichen Umstände im Zeitpunkt der Einbringung seines Vermögens in die Stiftung verborgen geblieben sein sollen, obwohl er nach dem bescheinigten Sachverhalt mit der Beklagten in der Ehe vereinbart hat, dass er einer Erwerbsarbeit nachgehen und sie sich um „alles andere“ kümmern solle, legt der Kläger in seinem Rechtsmittel nicht nachvollziehbar dar. Er vermag solcherart keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts aufzuzeigen.
[31] 2.5.2. In Ansehung der an den Kläger nach dem bescheinigten Sachverhalt in unüblicher Höhe ausbezahlten Reisekosten beanstandet dieser, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht einen Anteil von 75 % jener Geldleistungen bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt. Dies widerspreche der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Grundregel, wonach Aufwandsersatz im Zweifel bloß zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei (RS0047442). Der Unterhaltsschuldner sei nur dafür behauptungs‑ und beweispflichtig, dass die an ihn geleistete Aufwandsentschädigung einen noch höheren beruflichen Sachaufwand abdecke und damit nicht einmal zur Hälfte als der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legendes Einkommen zu werten sei.
[32] Diese Ausführungen lassen außer Betracht, dass grundsätzlich nur solche Einnahmen von der Einbeziehung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage ausgenommen sind, die der Abgeltung von effektiven Auslagen dienen (RS0107262 [T1]). Die Rechtsprechung, wonach Aufwandsentschädigungen (Diäten, Taggeld, Nächtigungsgeld, Reisekostenentschädigungen und dergleichen) regelmäßig zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, sofern der Unterhaltspflichtige nicht nachweist, dass diese darüber hinaus der Abdeckung berufsbedingter Mehrausgaben dienen (RS0047442 [T4]), soll nicht etwa auf eine allgemeine Vermutungsregel zugunsten des Unterhaltspflichtigen hinauslaufen, wonach diese Entschädigungen im Zweifelnur zur Hälfte als in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehende Einnahmen des Unterhaltspflichtigen zu behandeln wären. Es bleibt vielmehr dabei, dass die Behauptungs‑ und Beweislast für die zu einer Verminderung der Unterhaltspflicht führenden Umstände den Unterhaltsschuldner trifft (RS0006261 [T6]). Dass den in Rede stehenden Reisekosten ein höherer als der von der Beklagten angenommene Sachaufwand gegenübersteht, hätte der insoweit behauptungs‑ und beweispflichtige Kläger (vgl RS0111084) darzulegen gehabt. Der Beurteilung des Rekursgerichts, wonach er ein solches Vorbringen nicht erstattet hat, tritt der Kläger in seinem Revisionsrekurs nicht entgegen.
[33] 2.5.3. Auch noch im Revisionsrekursverfahren wendet sich der Kläger schließlich gegen die ihm auferlegte Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses, dies unter wörtlicher Wiederholung seines bereits im Rekursverfahren geführten Arguments, eine doppelte Geltendmachung der Prozesskosten, sowohl im Rahmen des bereits anhängigen Kostenbestimmungsverfahrens als auch in Form eines Kostenvorschusses, sei unzulässig.
[34] Dem ist bereits das Rekursgericht unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass es dem Wesen eines Kostenvorschusses entspreche, dass der Empfänger diesen mit den von ihm in der Folge tatsächlich aufgewendeten Prozesskosten verrechnen, also einen allfälligen Überschuss zurückzahlen müsse (RS0132915). Der Vorschuss sei daher zweckgebunden und verrechenbar sowie bei Zweckverfehlung auch rückforderbar. Zu einer unzulässigen Doppelbelastung könne es vor Rechtskraft der Kostenentscheidung nicht kommen (3 Ob 201/19h).
[35] Mit dieser Rechtsauffassung des Rekursgerichts setzt sich der Kläger inhaltlich nicht auseinander, sodass der Revisionsrekurs in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043603 [T9]).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)