BVwG L506 1436958-2

BVwGL506 1436958-222.10.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L506.1436958.2.00

 

Spruch:

L506 1436956-2/29E

L506 1436957-2/27E

L506 1436958-2/11E

L506 2167172-1/10E

L506 2182075-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX vertreten durch die Mutter XXXX 4) XXXX (BF4) vertreten durch die Mutter XXXX , 5) XXXX vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2017 und vom 15.12.2017, XXXX . 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX , 4) XXXX , 5) XXXX Regionaldirektion Salzburg, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.07.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer 1-2 (nachfolgend BF1-2), iranische Staatsangehörige, dem sunnitischen Glauben und der kurdischen Volksgruppe zugehörig, stellten nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX Anträge auf internationalen Schutz. Für die Beschwerdeführer 3-5 (nachfolgend BF 3-5) wurde nach deren jeweiliger Geburt in Österreich ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Anlässlich der Erstbefragung am 18.10.2015 gab der BF1 zu seinen Ausreisegründen an, dass er für einen kurdischen Staat und die Freiheit gekämpft habe, da Kurden verfolgt und benachteiligt werden würden; vom Regime sei ihm ein paarmal gesagt worden, dass er mit dem Kämpfen aufhören solle, doch sei er ein Freiheitskämpfer; da er gewusst habe, dass er im Iran keine Freiheit habe, habe er den Ausreiseentschluss gefasst, zumal er gewusst habe, dass ihn die Regierung irgendwann ins Gefängnis geworfen oder umgebracht hätte (AS 57).

Die BF2 brachte im Zuge ihrer Erstbefragung für sich die schlechte bzw. benachteiligte Lage der Kurden, Sunniten und Frauen vor und habe sie Angst um ihren Mann, da dieser bei der politischen kurdischen Partei sei.

3. Am 26.02.2013 (EV1) und am 08.02.2017 (EV2) erfolgte eine Einvernahme des BF1 und der BF2 vor dem Bundesasylamt (BAA) bzw. dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dort erklärte der BF1 zusammengefasst, er habe bereits im Jahr 2007 in XXXX um Asyl angesucht, sei aber in den Iran zurückgekehrt; als Ausreisegrund gab er an, als Kurde mit der iranischen Regierung große Probleme gehabt zu haben und habe er als Kurde keine Rechte gehabt. Er sei nicht Mitglied, sondern Sympathisant der PDKI und sehe er es als Aufgabe, diese Partei zu unterstützen. Er habe die Partei immer gemocht. Da er sich im Iran für die Kurden und deren Rechte eingesetzt habe, drohe ihm im Rückkehrfall die Hinrichtung (EV1).

Er sei politisch aktiv gewesen und habe ihn die Polizei ständig gesucht und bei der Familie nach ihm gefragt; er selbst sei abgetaucht. Er habe immer mit anderen über die Demokratie und die Unabhängigkeit gesprochen und habe er die Informationen von bewaffneten PDKI Kämpfern gesammelt; er habe Informationen besorgt, welche Route für die Kämpfer besser wäre und habe er sich jede Woche in einem anderen Dorf aufgehalten. Nunmehr sei er auch Mitglied der PDKI; in Österreich telefoniere er mit Parteimitgliedern, könne jedoch keine Versammlungen besuchen, da er zu weit weg wohne. Auch werde seine Familie wegen ihm bedroht und belästigt, indem sein Bruder 2-3 Stunden von der Polizei befragt worden sei (EV2).

4. Die BF2 führte zu den Ausreisegründen zusammengefasst aus, dass sie die PDKI möge und Sympathisantin sei und verwies auf Benachteiligungen der kurdischen Volksgruppe; sie habe Angst um ihren Mann gehabt und sei sie als Verfasserin von Texten in der Schule nie ausgezeichnet und anerkannt worden, obwohl sie talentiert sei. Vor allem Frauen würden im Gefängnis schlecht und unmenschlich behandelt werden; auch verwies die BF auf ihre Schilddrüsenerkrankung, zu deren Behandlung sie immer nach Teheran reisen habe müssen, da in ihrer Stadt kein geeingenter Arzt gewesen sei (EV1).

Die Eheschließung mit ihrem Mann habe wegen seiner Probleme in dessen Abwesenheit erfolgen müssen; sie habe keine Stelle, für die sie sich beworben habe, erhalten, da ihr Hijab nicht islamisch genug gewesen sei. Wegen der politischen Aktivitäten des Mannes hätten sie ständig den Wohnort wechseln müssen; fluchtauslösend sei die Festnahme von Bekannten ihres Mannes gewesen; auch während der Hochzeit seien Zivilbeamte gekommen und hätten den Ehemann gesucht. Alle Familienmitglieder seien Anhänger, aber keine Mitglieder der PDKI. Die Namen ihrer Kinder (BF3 und 4), für die nach deren Geburt in Österreich jeweils ein Asylantrag gestellt wurde, seien im Iran verboten (EV2).

5. Mit Beschlüssen des Asylgerichtshofes vom 13.10.2014 wurden die abweisenden Bescheide des Bundesasylamtes vom 15.07.2013 aufgehoben und zur Durchführung einer neuerlichen Einvernahme an die Behörde zurückverwiesen. Dem BFA wurde aufgetragen, eine umfassende Sachverhaltsermittlung durchzuführen; dies insbesonders im Hinblick auf die Äußerung des BF1, wonach er kurdischer Freiheitskämpfer und bei der PDKI sei, wozu er auch eine Bestätigung der Partei in Vorlage brachte und er bei seiner Hochzeit nicht anwesend gewesen sei, auf die Erkrankung der BF2 und die Angabe, woanch die Namen der in Österreich geborenen Kinder (BF3 und4) im Herkunftsstaat der BF verboten seien.

6. Am 08.02.2017 erfolgten mit dem BF1 und der BF2 erneut Einvernahmen vor dem BFA und wurden Ermittlungen durch die Staatendokumentation des BFA zur Situation der PDKI Anhänger in der Stadt XXXX , zur Entsendung von bewaffneten Kämpfern durch die PDKI und zum allfälligen Verbot der Namen der Kinder der Beschwerdeführer im Iran durchgeführt.

7. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2017 wurden die Anträge der BF1-4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde wurde den BF1-3 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF1-3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Das BFA begründete seine abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass dem Vorbringen der BF1-2 die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei.

Begründend wird dazu in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien, zumal das Vorbringen der BF nicht gleichbleibend und nicht genügend substantiiert und daher als unglaubwürdig zu qualifizieren sei.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

Zu Spruchpunkt III. hielt das BFA fest, dass die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für die BF1-4 keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

8. Nach der Geburt der BF5 wurde für diese durch die gesetzlichen Vertreter am XXXX ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2017 wurde der Antrag der BF5 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF4 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

9. Gegen diese Bescheide erhoben die BF1-5 durch ihre Vertretung binnen offener Frist vollumfänglich Beschwerde. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

Es wurden die Anträge gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge

-) den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass den Anträgen der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz Folge gegeben und diesen der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde;

-) in eventu die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass den Beschwerdeführern gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt werde;

-) jedenfalls den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt III. betreffend die gegen die Beschwerdeführer gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gefällte Rückkehrentscheidung für unzulässig erklärt werde und die auagesprochene Ausweisung und Rückkehrentscheidung aufzuhenben und den BF eine Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 bzw. § 57 AsylG zuerkennen

-) in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und zur inhaltlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverweisen

Es wurde das ausreisekausale Vorbringen der BF wiederholt und ausgeführt, die Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und wurde auf die Schilddrüsenerkrankung der BF 2 verwiesen und müsse sich diese Untersuchungen unterziehen, in denen zu überprüfen sei, ob diese an Krebs erkrankt sei. Auf weitere integrationsbegründende Momente der Beschwerdeführer (Kindergartenbesuch der BF3 und 4, erneute Schwangerschaft der BF2, bestandene Führerscheinprüfung des BF1, beabsichtigte A2 Prüfung) sowieauf den abgelaufenen Zeitraum von 3 Jahren zwischen Behebung des Erstbescheides und der neuerlichen Entscheidung durch die Behörde wurde hingewiesen und entsprechende Unterlagen in Vorlage gebracht.

10. Am 10.08.2017 langten die Beschwerden samt den bezug habenden Verwaltungsakten in der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

11. Am 21.08.2017, am 02.11.2017, am 10.11.2017 wurden medizinische Unterlagen zum Gesundheitzustand der BF2 sowie weitere Unterlagen zur Integration der BF vorgelegt.

12. Am 22.12.2017 langten hg. die Kopien der Geburtsurkunden des BF1 und der BF2 sowie eine diesbezügliche beglaubigte Übersetzung ein und wurden am 18.07.2018, am 01.02.2019, am 03.06., am 06.06. und am 13.06.2019 weitere Dokumente zum Leben der BF in Österreich sowie Anfragen zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorgelegt.

13. Am 29.07.2019 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Parteien des Verfahrens geladen wurden.

14. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

15. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2, der Bescheidinhalte sowie des Inhaltes der gegen die Bescheide des BFA erhobenen Beschwerde. Einsicht genommen wurde zudem in die vom BFA in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat der BF1-5, die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegen sowie durch die Durchführung der genannten mündlichen Verhandung sowie durch Einsichtnahme in die seitens der BF im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

1.1.3. Familienverfahren

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren zwischen BF1-BF5 vor, wobei es sich bei dem BF1 und der BF2 um die Eltern der minderjährigen BF3-5 handelt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Zur Person der Beschwerdeführer 1-5 wird festgestellt:

Die Beschwerdeführer 1-5 sind iranische Staatsangehörige, sunnitischen Glaubens und Angehörige der Volksgruppe der Kurden.

Die Identität der Beschwerdeführer 1-5 steht fest.

Die Beschwerdeführer 1-2 stammen aus XXXX bei XXXX im Iran, sie reisten illegal aus dem Iran aus und illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführer 3-5 wurden in Österreich geboren und wurden für diese nach ihrer jeweiligen Geburt Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Zum Beschwerdeführer 1:

Im Iran hat der Beschwerdeführer acht Jahre die Grundschule besucht und hat den Lebensunterhalt für sich und seine Frau als Autolackierer, zuletzt zwei Jahre selbständig, bestritten.

Der Beschwerdeführer ist mit der Beschwerdeführerin 2 verheiratet und hat mit dieser gemeinsam drei Kinder, wobei alle drei Kinder in Österreich geboren wurden (Beschwerdeführer 3-5).

Die Mutter, vier Brüder und sieben Schwestern des Beschwerdeführers leben im Iran und steht der Beschwerdeführer zu einer Schwester via Internet und Telefon in Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist bereits einmal aus dem Iran nach XXXX ausgereist, hat dort am XXXX Asyl beantragt, hat am XXXX bei der norwegischen Botschaft in XXXX seinen Asylantrag zurückgezogen und ist in den Iran zurückgekehrt.

Der Beschwerdeführer hat im Iran am XXXX seine nunmehrige Ehefrau geheiratet.

Der Beschwerdeführer arbeitet in Österreich seit Mai 2018 als Remunerant 40-60 Stundenpro Monat und verdient damit rd. 300 Euro; desweiteren lebt er von der staatlichen Grundversorgung. Eine ihm durch das AMS zugewiesene Vollzeitbeschäftigung (Nettoverdienst 1700 Euro) hat der Beschwerdeführer nicht angenommen; nach der hg. Verhandlung hat er eine Einstellungszusage vorgelegt. Er hat die A1 und die A2 Prüfung abgelegt und spricht gebrochen deutsch.

Am XXXX hat der Beschwerdeführer als Zuschauer bzw. einfacher Teilnehmer an einer Gedenkversammlung der XXXX teilgenommen.

Zur Beschwerdeführerin 2

Die Beschwerdeführerin, die im Iran fünf Jahre die Grundschule, drei Jahre die Mittelschule besucht und drei Jahre an einer Universität eine Ausbildung zur Buchhalterin absolviert hat, ist seither Hausfrau. Zu ihren Eltern, vier Schwestern und zwei Brüdern im Iran steht sie manchmal über das Internet in Kontakt.

Die Beschwerdeführerin, die seit einem Jahr Mitglied einer Handarbeitsgruppe ist, hat die A1 und die A2 Prüfung abgelegt und spricht gebrochen deutsch.

Zum Beschwerdeführer 3

Dieser besucht in Österreich seit September 2019 die Volksschule aufgrund mangelhafter Deutschkenntnisse als außerordentlicher Schüler.

Zum Beschwerdeführer 4

Dieser besucht in Österreich den Kindergarten.

Zur Beschwerdeführerin 5

Diese befindet sich in elterlicher Obhut.

Beschwerdeführer 1-5

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer 1-2 in ihrem Heimatstaat Iran wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion Probleme hatten oder pro futuro haben werden.

Es kannn nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer 1, welcher kaum Kenntnisse zur Ideologie und Organisation der Partei hat, in einer derartigen Intensität für die XXXX tätig war, sodass dieser Probleme mit den iranischen Behörden bekommen und im Untergrund gelebt hat oder behördlich gesucht wurde.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer durch seine Tätigkeit in Österreich in das Blickfeld der iranischen Behröden geraten ist und daher im Rückkehrfall Repressionen ausgesetzt sein wird.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer 1-5 Gefahr liefen, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer 1-5 im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würden oder als Zivilpersonen einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wären.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführer 1-5 in ihrem Herkunftsstaat festgestellt werden.

In Österreich haben die Beschwerdeführer 1-5 keine Verwandten oder sonstigen nahen Bezugspersonen. Sie sind, abgesehen von der BF2, welche in einer Handarbeitsgruppe Mitglied ist, kein Mitglied in einem Verein und leben von der staatlichen Grundversorgung.

Im Strafregisterauszug scheinen keine Verurteilungen der Beschwerdeführer auf und sind diese unbescholten.

Die Beschwerdeführer sind gesund. Die Beschwerdeführerin 2 steht nach einer Operation an der Schilddrüse am XXXX wegen ihrer Schilddrüsenerkrankung (Überfunktion/Kropf) in medikamentöser Behandlung und leidet fallweise unter Migräne. Bereits im Iran wurde die Beschwerdeführerin wegen ihrer Schilddrüsenerkrankung medikamentös behandelt.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführer in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer verfügen zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6 .2018a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).

Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).

Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 6 .2018a, FH 1.2018, BTI 2018).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).

Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6 .2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6 .2018a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).

Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB Teheran 9.2017).

Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.2018a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450 , Zugriff 20.6.2018

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 22.3.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 21.3.2018

- Kurier (9.5.2018): Trump kündigt Iran-Abkommen: So reagiert die Weltgemeinschaft, https://kurier.at/politik/ausland/trump-kuendigt-iran-abkommen-so-reagiert-die-weltgemeinschaft/400033003 , Zugriff 25.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a): Geschichte und Staat Iran, https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/ , Zugriff 25.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in Teheran zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMeiA 20.6.2018).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am 6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (20.6.2018b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396 , Zugriff 20.6.2018

- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/ , Zugriff 20.6.2018

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.6.2018): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html , Zugriff 20.6.2018

Verbotene Organisation

Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände (vgl. Art.279 bis 288 IStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des IStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 2.3.2018).

Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komalah-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK), die aus Belutschistan stammende Jundallah, und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der PKK, zusammenarbeitet (AA 2.3.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Im FFM-Bericht des Danish Immigration Service erklärt eine Quelle, dass sie noch nie davon gehört hätte, dass eine Person nur aufgrund einer einzigen politischen Aktivität auf niedrigem Niveau, wie z.B. das Verteilen von Flyern angeklagt wurde. Andererseits ist es aber laut einer anderen Quelle schon möglich, dass man inhaftiert wird, wenn man mit politischem Material, oder beim Aufmalen von politischen Slogans an eine Wand erwischt wird. Es kommt darauf an, welche Art von Aktivität die Personen setzen. Andauernde politische Aktivitäten können in einer Anklage enden (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 15.6.2018

Volksmudschaheddin (Mudjahedin-e-Khalq - MEK, MKO; People's Mojahedin Organisation of Iran - PMOI; National Council of Resistance of Iran - NCRI)

Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, "iranische Volksmudschahedin") gilt in Iran als Terror-Organisation, die für die Ermordung von 17.000 IranerInnen verantwortlich gemacht wird (ÖB Teheran 9.2017). Es handelt sich um eine linksgerichtete Gruppierung, die in den 1960er Jahren gegründet wurde, um sich gegen den Schah zu stellen. Nach der Islamischen Revolution 1979 wendete sie sich gegen die klerikalen Führer. Die Führung in Teheran macht die Gruppierung für Tausende Morde an iranischen Zivilisten und Beamten verantwortlich. Während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren verlegten die Volksmudschaheddin ihr Camp in den Irak (Global Security o.D., vgl. ACCORD 7.2015). Experten sind sich einig, dass die Volksmudschaheddin die USA beim Eingreifen in den Irak, bei diversen Aktionen im Nahen Osten und beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt haben. Auch bei der Veröffentlichung des iranischen Atomprogramms sollen sie eine wichtige Rolle gespielt haben (DW 28.3.2016). In Bezug auf die Demonstrationen, die Ende 2017/Anfang 2018 in den großen Städten Irans stattfanden, gab der Oberste Führer Khamenei den Großteil der Schuld an den Demonstrationen der MEK und erkannte somit das Ausmaß des Einflusses dieser Gruppierung an (Iran Focus 18.1.2018, vgl. Arab News 22.1.2018). Weiters kritisierte Präsident Rohani den französischen Präsidenten Macron, dass eine terroristische Gruppierung, die gegen das iranische Volk arbeitet und zu Gewalt aufruft, in Frankreich eine Basis hat [der von Maryam Rajavi geführte Nationale Widerstandsrat hat seinen Sitz in Frankreich] (Iran Focus 18.1.2018)

Die Entwaffnung der Kämpfer der Volksmudschaheddin im Camp Ashraf und an anderen Orten nahe Bagdad bei der US-Invasion im Irak erfolgte durch die Amerikaner. Die MEK-Führung habe sich von Saddam Hussein distanziert und ihre Opposition gegenüber der islamischen Regierung in Teheran betont. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die MEK aus Sicht der Amerikaner neu erfunden. Die MEK-Führung stellt sich selbst als demokratische und populäre Alternative zum islamischen Regime dar und behauptet, über Unterstützung der iranischen Bevölkerungsmehrheit zu verfügen. Diese Behauptung wird von AkademikerInnen und anderen Iran-ExpertInnen bestritten. Im Exil hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Guardian 21.9.2012, vgl. ACCORD 9.2013). Die Streichung der MEK von der Liste terroristischer Organisation durch die EU und die Vereinigten Staaten 2012 wurde von iranischer Seite scharf verurteilt. Verbindungen zur MEK gelten als moharebeh (Waffenaufnahme gegen Gott), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 9.2017).

Die MEK konzentriert sich auf das Beeinflussen der öffentlichen Meinung und auf das Sammeln von Informationen zur Situation im Land. Iran führt eine Liste mit ca. 100 MEK-Unterstützern (hauptsächlich Anführern), die nicht nach Iran zurückkehren können, da sich das Interesse der Behörden auf sie richten würde. In Bezug auf die Unterstützung der iranischen Bevölkerung für die MEK gibt es widersprüchliche Informationen. Einerseits gibt es Informationen, die besagen, dass die MEK die größte militante iranische Oppositionsgruppe sei, mit dem Ziel die Islamische Republik zu stürzen, und die iranische Regierung und der Sicherheitsapparat die MEK als die am meisten ernstzunehmende regimekritische Organisation betrachten. Andererseits gibt es Berichte, die der MEK wenig bis gar keine Unterstützung der Bevölkerung zusprechen. Die MEK hat keine große Basis in Iran und auch die Untergrundbewegung ist klein. Nur einige MEK-Aktivisten sind in Iran aufhältig (ACCORD 7.2015).

Quellen:

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 20.6.2018

- ACCORD (9.2013): Iran COI compilation, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1384784380_accord-iran-coi-compilation-september-2013-corrected-2013-11-18.pdf , Zugriff 20.6.2018

- Arab News (22.1.2018): Iranian people are ready to usher in a 'new day', http://www.arabnews.com/node/1274381 , Zugriff 26.6.2018

- DW - Deutsche Wlle (28.3.2016): Iranische Volksmudschahedin in Albanien, http://www.dw.com/de/iranische-volksmudschahedin-in-albanien/a-19132961 , Zugriff 20.6.2018

- Global Security (o.D.): Mujahedin-e Khalq Organization (MEK or MKO), http://www.globalsecurity.org/military/world/para/mek.htm , Zugriff 20.6.2018

- The Guardian (21.9.2012): Q&A: what is the MEK and why did the US call it a terrorist organisation? http://www.theguardian.com/politics/2012/sep/21/qanda-mek-us-terrorist-organisation , Zugriff 20.6.2018

- Iran Focus (18.1.2018): Iran Regime's Weakness and Its Fear From Pmoi/Mek Exposed During the Uprising, https://www.iranfocus.com/en/index.php?option=com_content&view=article&id=32380:iran-regime-s-weakness-and-its-fear-from-pmoi-mek-exposed-during-the-uprising&catid=4:iran-general&Itemid=109 , Zugriff 26.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

PJAK - Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (Partei für Freiheit und Leben in Kurdistan bzw. Partei für ein freies Leben Kurdistans)

Die PJAK begann in den späten 1990er Jahren als friedliche studentische Menschenrechtsorganisation. Es ging den Mitgliedern der Gruppierung anfangs um den Aufbau einer kurdischen Nationalidentität, und man wollte die "Arianisierung" der Kurden durch die Zentralregierung verhindern. 2004 begannen die bewaffneten Angriffe auf die iranische Regierung von den Kandil-Bergen aus, von wo aus die PJAK bis heute operiert. Eben dort hat auch die PKK ihre Basen und die PJAK gilt als iranischer Ableger der PKK. Als Unterschied zur PKK gibt die PJAK selbst an, dass sie sich niemals gegen Zivilisten, sondern immer nur gegen ausschließlich iranische Regierungstruppen wendet bzw. gewandt hat. Die iranische Regierung hat die PJAK auch niemals diesbezüglich beschuldigt. Die PJAK ist die einzige kurdische Partei, die noch immer aktiv für ihre Ziele - z.B. Selbstbestimmung - in Iran kämpft. Angaben über die Stärke der PJAK-Kämpfer sind schwierig. Schätzungen liegen bei ca. 3.000 Kämpfern. Es gibt auch einige Einheiten mit weiblichen Kämpferinnen (BMI 2015, ACCORD 7.2015).

Die PJAK liefert sich seit Jahren einen Guerilla-Kampf mit den iranischen Sicherheitsbehörden (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten in Iran sind verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK und das oftmals unverhältnismäßig hohe Strafausmaß. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hintanzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunahmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten. Iran wird weiter mit allen Mitteln aufrührerische Tendenzen unterdrücken wollen (ÖB Teheran 9.2017). Die PJAK erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei der PJAK gibt es zwei Arten von Mitgliedschaft: Professionelle Mitglieder, die unter anderem auch militärisches Training erhalten und Waffen tragen. Diese sind unverheiratet und haben ihr Leben der PJAK gewidmet. Sie werden von der PJAK z.B. in kurdische Dörfer oder Städte entsandt, wo sie versuchen, die Leute zu organisieren und verschiedene Komitees und legale Organisationen zu gründen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Professionelle Mitglieder nehmen an militärischen und politischen Aktivitäten der PJAK teil. Als zweite Gruppe werden die semi-professionellen oder lokalen Mitglieder genannt, die ein ganz normales Leben mit ihren Familien führen. Sie nehmen nicht an militärischen Aktivitäten teil, führen aber politische Aktivitäten aus, wie z.B. Flyer verteilen. Um ein semi-professionelles Mitglied zu werden, muss man das Ausbildungsprogramm der Partei durchlaufen. Neben diesen beiden Gruppen gibt es auch noch die Sympathisanten, die selten auch Flyer verteilen oder an Demonstrationen teilnehmen. Diese sind nicht direkt an der Organisation von Demonstrationen beteiligt und haben auch keine Verbindung zur Organisation der Partei. Die Sympathisanten arbeiten unter der Führung der semi-professionellen Mitglieder. Da die PJAK in Iran eine verbotene Organisation ist, müssen sowohl Mitglieder als auch Sympathisanten mit ernstzunehmenden Strafen rechnen, wenn ihre Aktivitäten enthüllt werden (DIS/DRC 30.9.2013).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 20.6.2018

- BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf , Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf , Zugriff 20.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Kurdish Democratic Party of Iran (KDPI/PDKI) und Komala(h) (Kurdistan Organization of the Communist Party of Iran, Komala, SKHKI)

Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI). Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft (AA 9.12.2015, vgl. BMI 2015).

Die kurdischen Oppositionspartien, insbesondere die KDPI, sind in Iran nicht sehr stark durch Mitglieder repräsentiert, sondern am ehesten durch Sympathisanten (ACCORD 7.2015). Die KDPI wurde 1945 gegründet und vom Schah im Jahr 1953 verboten und dadurch in den Untergrund verbannt. Die KDPI fordert kurdische Autonomie (TRAC o.D.) innerhalb eines demokratischen Iran (MERIP o.D.). Das Hauptquartier der KDPI, die sich in ihrer Geschichte mehrmals gespalten hat, befindet sich im Irak (MERIP o.D., vgl. ACCORD 7.2015).

Komalah (SKHKI) hat ihre Zentrale in der Autonomen Kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und -sympathisanten. Organisiert ist sie in einzelnen Zellen, die von Mitgliedern geführt werden. Die Mitglieder einer Zelle teilen sich die Arbeit auf, aber nur eine Person nimmt Kontakt zur Zentrale auf. Sympathisanten hören das Parteiradio, schauen Komala TV und beteiligen sich an Aktivitäten, die von Komala empfohlen werden. Die Zellen fungieren als eine Art Schirmorganisation, die eine große Anzahl an Sympathisanten abdecken. Geheime Aktivitäten der Partei in Iran werden von der Einheit "Takesh" durchgeführt. Komala erlaubt ihren Mitgliedern in Iran nicht, sich in größeren Gruppen als zwei oder drei Personen zu treffen (DIS/DRC 30.9.2013). Die Komala ist in Iran verboten (BMI 2015). Die Komala erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 20.6.2018

- BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics,, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf , Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf , Zugriff 20.6.2018

- MERIP - Middle East Research and Information Project (o.D.): Major Kurdish Organizations in Iran, https://www.merip.org/mer/mer141/major-kurdish-organizations-iran , Zugriff 26.6.2018

- TRAC - Terrorism Research and Analysis Consortium (o.D.): Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPKI), https://www.trackingterrorism.org/group/democratic-party-iranian-kurdistan-dpki , Zugriff 26.6.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 9.2017).

Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Obwohl das Beschwerderecht garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 20.4.2018). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die unter Anwendung von Folter gemacht wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 18.1.2018). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 18.1.2018).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 15.8.2017).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

- Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

- Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

- Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

- Spionage für fremde Mächte;

- Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

- Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor auf der Tagesordnung (ÖB Teheran 9.2017). Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

* "Hudud" (Verstoß gegen das Recht Gottes) enthält Straftatbestände, die im Koran und in der Sunna genauer beschrieben sind, wie z.B. Diebstahl, Raub, Alkoholgenuss, Sexualstraftaten inkl. Homosexualität und Unzucht, sowie Verbrechen gegen Gott. Zu all diesen Tatbeständen enthält das Gesetz detaillierte Beweisregelungen, nach denen der Täter jeweils nur bei Geständnis oder ihn belastenden Aussagen mehrerer Zeugen verurteilt werden soll.

* "Qesas"(Vergeltung) ist gekennzeichnet durch das Prinzip der körperlichen Vergeltung für die Tatbestände Mord und Körperverletzung mit Folge des Verlustes von Gliedmaßen. Hierbei können Geschädigte oder deren Familie selbst bestimmen, ob sie auf Vergeltung bestehen oder sich mit einer Schadensersatzzahlung zufrieden geben ("Diyeh" oder "Dyat", sog. Blutgeld; Minimalsatz rund 31.500 €). Für die in Art. 13 der Verfassung genannten religiösen Minderheiten ist Blutgeld in gleicher Höhe zu zahlen wie für die Tötung von Muslimen (AA 9.12.2015).

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutionen. Während für Hudud- und Qesas-Straftaten das Strafmaß vorgeschrieben ist, hat der Richter bei Taazirat-Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum (AA 9.12.2015).

Entgegen anfänglicher Erwartungen ist in der Strafrechtsnovelle die Steinigung als Bestrafung für Ehebruch noch immer vorgesehen, auch wenn der Richter auf eine andere Form der Hinrichtung ausweichen kann. Darüber hinaus wurden alternative Maßnahmen für Kinder im Alter von 9 bis 15 implementiert, wie zum Beispiel Besuche beim Psychologen oder die Unterbringung in einer Besserungsanstalt, Auch nach neuem Strafrecht ist die Verhängung der Todesstrafe für Minderjährige möglich, wobei im Einzelfall auch die mangelnde Reife des Täters festgestellt und stattdessen eine Haft- oder Geldstrafen verhängt werden kann (AA 9.12.2015).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sich durch scheinbare Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Häftlinge ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch. Hinsichtlich der Ausübung von Sippenhaft liegen gegensätzliche Informationen vor, sodass eine belastbare Aussage nicht möglich ist (AA 2.3.2018).

Im Frühling 2016 wurde ein Gesetz zu politischen Verbrechen erlassen, welches zwar eine Sonderbehandlung für politische Häftlinge einführt (eigene Gefängnisse, keine Gefängniskleidung), den Begriff "politisches Vergehen" aber sehr offen definiert, weshalb weiter willkürliche Verfolgung zu befürchten ist. Statistiken zur Zahl der politischen Gefangenen sind nicht verfügbar. Es wird aber von mehr als 1.000 politischen Gefangenen ausgegangen, wobei diese Zahl auch Menschen, die wegen ihrer religiösen Überzeugung festgehalten werden, beinhaltet (ÖB Teheran 9.2017).

Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen. Bei Vergeltungsstrafen können die Angehörigen der Opfer gegen Zahlung eines Blutgeldes auf den Vollzug der Strafe verzichten. Unter der Präsidentschaft Rohanis hat die Zahl der Aussetzung der hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe wegen des Verzichts der Angehörigen auf den Vollzug der Strafe stark zugenommen (AA 2.3.2018).

Rechtsschutz ist oft nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird mitunter - insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren - nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Es gibt zahlreiche Berichte über durch Folter und psychischen Druck erzwungene Geständnisse. Insbesondere Isolationshaft wird genutzt, um politische Gefangene und Journalisten psychisch unter Druck zu setzen. Gegen Kautionszahlungen können Familienmitglieder die Isolationshaft in einzelnen Fällen verhindern oder verkürzen (AA 2.3.2018).

Es gibt verfahrensrechtliche Bestimmungen, die den Richtern die Anweisung geben, islamische Quellen und Fatwas zu kontaktieren, wenn es keinen Gesetzestext zum Vorfall gibt (DIS 6.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 21.3.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 22.3.2018

- DIS - Danish Immigration Service (6.2014): Update on the Situation for Christian Converts in Iran. Report from the Danish Immigration Service's fact-finding mission to Istanbul and Ankara, Turkey and London, United Kingdom, https://www.ecoi.net/en/file/local/1038385/1226_1403600474_rapportiranffm10062014ii.pdf , Zugriff 21.3.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 21.3.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 23.4.2018

- US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 28.5.2018

Sicherheitsbehörden

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums und die Revolutionsgarden welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen in Städten und Dörfern, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert (US DOS 20.4.2018). Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst. Eine Sonderrolle nehmen die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) ein, deren Auftrag formell der Schutz der Islamischen Revolution ist. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben sie neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer. Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela'at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität. Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz. Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem "Hohen Rat für den Cyberspace" beschäftigt sich die iranische Cyberpolice mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU-Menschenrechtssanktionsliste (AA 2.3.2018).

Der Oberste Rechtsgelehrte hat höchste Autorität unter allen Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem innerhalb des Sicherheitsapparates. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Missbräuche der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter diszipliniert. Eine nennenswerte Ausnahme stellt der Fall des früheren Teheraner Staatsanwaltes dar, der im November 2017 für seine mutmaßliche Verantwortung für Folter und Todesfälle unter Demonstranten im Jahr 2009 zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde (US DOS 20.4.2018).

Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete. Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und im Falle von Protesten oder Aufständen. Sie wird von den Revolutionsgarden (IRGC) und den Basij Milizen unterstützt. Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den IRGC. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, sind aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BTI 2018).

Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da vor allem die Basijis nicht nach iranisch-rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander. Viele Schätzungen nehmen an, dass heute mehrere Millionen Basijis in Iran tätig sind. Bereits auffälliges Hören von (insb. westlicher) Musik, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam oder gemeinsame Autofahrten junger nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen kann den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Verprügeln durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Zu Verhaftungen kommt es immer wieder auch, wenn (junge) Menschen gemischtgeschlechtliche Partys feiern oder sie sich nicht an die Bekleidungsvorschriften halten. Manchmal kann bei Frauen schon ein zu kurzer/enger Mantel oder das Hervortreten von Haarsträhnen unter dem Kopftuch, bei Männern zu eng anliegende Jeans, das Tragen von Goldschmuck oder ein außergewöhnlicher Haarschnitt für eine Verhaftung reichen (ÖB Teheran 9.2017).

Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 1.2018). Die Elitetruppe der Islamischen Republik betreibt den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügt damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der 'Sepah Pasdaran' Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Heute gehören Khamenei und den Revolutionsgarden rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die gesammelten Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018).

Längst ist aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden - gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Sehr zum Leidwesen von Hassan Rohani. Der wiedergewählte Präsident versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Es gelingt ihm nur kaum. Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor je nach Belieben. Nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen - überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017, vgl. BTI 2018).

Berichten zufolge, versucht die Regierung die wirtschaftliche Dominanz der Revolutionsgarden (IRGC), die zu Korruption führte, einzudämmen. Es sollen zumindest ein Dutzend Mitglieder der IRGC und den IRGC nahestehende Geschäftsleute inhaftiert worden sein, und andere sollen gezwungen worden sein, Einkünfte aus verdächtigen Geschäftsvereinbarungen zurückzuzahlen (FH 1.2018).

In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung ist zu sagen, dass nicht bekannt ist, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist, jeden zu überwachen. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 22.3.2018

- DW - Deutsche Welle (18.2.2016): Die Strippenzieher der iranischen Wirtschaft, http://www.dw.com/de/die-strippenzieher-der-iranischen-wirtschaft/a-19054802 , Zugriff 22.3.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 22.3.2018

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 24.4.2018

- Menawatch (10.1.2018): Die Wirtschaft des Iran ist in den Händen der Revolutionsgarden, https://www.mena-watch.com/die-wirtschaft-des-iran-ist-in-den-haenden-der-revolutionsgarden/ , Zugriff 22.3.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- Tagesspiegel (8.6.2017): Staat im Staat: Warum Irans Revolutionsgarden so viel Macht haben, https://www.tagesspiegel.de/politik/krise-am-golf-staat-im-staat-warum-irans-revolutionsgarden-so-viel-macht-haben/19907934.html , Zugriff 22.3.2018

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 23.4.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Folter ist nach Art. 38 der iranischen Verfassung verboten. Verschiedenen Berichten zufolge schließen Verhörmethoden und Haftbedingungen in Iran in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung nicht aus. Dazu kommt es vorrangig in nichtregistrierten Gefängnissen, aber auch aus "offiziellen" Gefängnissen wird von derartigen Praktiken berichtet, insbesondere dem berüchtigten Trakt 209 im Teheraner Evin-Gefängnis, welcher unmittelbar dem Geheimdienstministerium untersteht (AA 2.3.2018).

Die Justizbehörden verhängten und vollstreckten auch 2017 weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkamen. In einigen Fällen wurden die Strafen öffentlich vollstreckt. Zahlreiche Personen, unter ihnen auch Minderjährige, erhielten Strafen von bis zu 100 Peitschenhieben. Sie wurden wegen Diebstahls oder tätlichen Angriffen verurteilt, aber auch wegen Taten, die laut Völkerrecht nicht strafbar sind, wie z. B. außereheliche Beziehungen, Anwesenheit bei Feiern, an denen sowohl Männer als auch Frauen teilnehmen, Essen in der Öffentlichkeit während des Fastenmonats Ramadan oder Teilnahme an friedlichen Protestkundgebungen. Gerichte verhängten in zahlreichen Fällen Amputationsstrafen, die vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurden. Die Behörden vollstreckten auch erniedrigende Strafen (AI 22.2.2018).

Bei Delikten, die im krassen Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden. Bereits der Besitz geringer Mengen von Alkohol kann zur Verurteilung zu Peitschenhieben führen (eine zweistellige Zahl an Peitschenhieben ist dabei durchaus realistisch). Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Personen zu Peitschenhieben verurteilt werden, die selbst Alkohol weder besessen noch konsumiert haben, u.U. ist bereits die bloße Anwesenheit bei einer Veranstaltung, bei der Alkohol konsumiert wird, für die Betroffenen gefährlich. So wurden etwa im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt. Die häufigsten Fälle, für welche die Strafe der Auspeitschung durchgeführt wird, sind illegitime Beziehungen, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Teilnahme an gemischtgeschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikte und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit. Auspeitschungen werden zum Teil auch öffentlich vollstreckt. Berichten zufolge werden auch die Strafen der Amputation (z.B. von Fingern bei Diebstahl) und der Blendung noch angewandt - auf die Anwendung letzterer kann die/der ursprünglich Verletzte jedoch gegen Erhalt eines "Abstandsgeldes" verzichten (ÖB Teheran 9.2017).

Darüber hinaus gibt es Berichte, wonach politische Gefangene mit Elektroschocks gefoltert werden. Weitere berichtete Foltermethoden sind Verprügeln, Schlagen auf Fußsohlen und andere Körperteile, manchmal während die Häftlinge mit dem Kopf nach unten an der Decke aufgehängt waren, Verbrennungen mit Zigaretten und heißen Metallgegenständen, Scheinhinrichtungen (davon wissen praktisch alle politischen Gefangene aus eigener Erfahrung zu berichten), Vergewaltigungen - teilweise durch Mitgefangene - die Androhung von Vergewaltigung, Einzelhaft, Entzug von Licht, Nahrung und Wasser, und die Verweigerung medizinischer Behandlung (ÖB Teheran 9.2017, vgl. HRC 5.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 24.4.2018

- HRC - UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (5.3.2018): Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/37/68], https://www.ecoi.net/en/file/local/1426273/1930_1520515641_a-hrc-37-68.doc , Zugriff 25.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Korruption

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Bereich vor, aber die Regierung implementiert dieses Gesetz willkürlich, und so bleibt Korruption ein ernstes und allgegenwärtiges Problem in allen Bereichen des Beamtenapparates. Die meisten Beamten betätigten sich weiterhin korrupt und können mit Straffreiheit rechnen. Religiöse Wohltätigkeitsorganisationen, sogenannte "bonyads", leisten zwischen einem Viertel und einem Drittel der wirtschaftlichen Leistung des Landes. Bonyads erhalten Begünstigungen durch die Regierung, ihr Finanzgebaren wird jedoch nicht kontrolliert. Oppositionspolitiker und internationale Organisationen bezichtigen diese bonyads regelmäßig der Korruption. Geleitet werden diese steuerbefreiten Organisationen von Personen, die der Regierung nahe stehen, wie z.B. Angehörige des Militärs oder der Geistlichkeit. Zahlreiche Firmen, die in Verbindung mit den Revolutionsgarden stehen, betätigen sich teils rechtswidrig in Handel und Gewerbe, einschließlich der Bereiche Telekommunikation, Bergbau und Bauwesen. Andere Unternehmen der Revolutionsgarden betätigen sich im Schmuggel von Medikamenten, Drogen und Rohstoffen. Von allen Regierungsmitgliedern (einschließlich Mitglieder des Minister-, Wächter- und Schlichtungsrats und der Expertenversammlung) wird ein jährlicher Bericht über die Vermögenslage verlangt. Es gibt keine Information, ob diese Personen sich an die Gesetze halten (US DOS 20.4.2018, vgl. FH 1.2018). Auch das Justizwesen ist nicht frei von Korruption; nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit (AA 2.3.2018).

Transparency International führt Iran in seinem Korruptionsindex von 2017 auf Platz 130 (2016: 131) von 180 untersuchten Ländern (TI 21.2.2018, vgl. GIZ 3.2018b). Es konnte sich in Iran kaum eine eigenständige Wirtschaft entwickeln, dieses Problem wird durch die weit verbreitete Korruption noch verschärft (GIZ 3.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 26.4.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412 , Zugriff 26.4.2018

- Transparency International (21.2.2018): Corruption Perspective Index - Iran, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017 , Zugriff 26.4.2018

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 26.4.2018

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine aktive, öffentliche Menschenrechtsarbeit ist in Iran nicht möglich. Alle Menschenrechtsorganisationen bedürfen einer staatlichen Genehmigung und unterliegen damit staatlicher Kontrolle (AA 2.3.2018). Auf Anfragen und Berichte reagierten Behörden mit Schikanen, Inhaftierungen und Überwachungen. Unabhängige Menschenrechtsgruppen sehen sich weiterhin Belästigungen aufgrund ihrer Tätigkeiten und möglichen Schließungen, aufgrund anhaltender und oft willkürlicher Verzögerungen bei der offiziellen Registrierung gegenüber (US DOS 20.4.2018).

In Iran sind kaum mehr prominente Menschenrechtsverteidiger oder NGOs aktiv. Das Innenministerium warnt vor Kontakten zum Ausland; Kritik an der Islamischen Republik wird hart verfolgt, etwa durch Straftatbestände wie "Propaganda gegen das Regime" oder "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit". Ehemals aktive iranische Menschenrechtsaktivisten sitzen in ihrer überwiegenden Mehrheit entweder in Haft oder halten sich in Europa oder Nordamerika auf. Entsprechende Zahlen sind mangels offizieller Angaben nicht vorhanden. Zusätzlich haben NGOs große Schwierigkeiten, finanzielle Quellen zu erschließen. Insbesondere der Zugang zu ausländischen Geldern bleibt verschlossen, da beim Rückgriff auf diese Gelder Gerichtsverfahren wegen Spionage, Kontakt zur Auslandsopposition oder ähnliche Vorwürfe drohen (AA 2.3.2018).

Menschenrechtsorganisationen sind in Iran nur vereinzelt vorhanden, da sie unter enormem Druck stehen. Es gibt auch immer wieder Bestrebungen, die Gesetzgebung für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) weiter zu verschärfen. Regelmäßig gibt es Beispiele dafür, dass Organisationen, die sich im weitesten Sinne für Menschenrechte einsetzen, unter großen Druck geraten. Andererseits können manche NGOs, etwa in den Bereichen Drogenbekämpfung oder Flüchtlingsbetreuung laut eigenen Angaben ungehindert arbeiten. In anderen Bereichen, etwa LGBT-Rechte, müssen NGOs ohne Registrierung und unter der Gefahr der Verfolgung arbeiten. Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des "Defenders of Human Rights Center", deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet) (ÖB Teheran 9.2017).

NGOs, die sich mit nicht-politischen Themen, wie z.B. Armut und Umwelt, beschäftigen, können relativ frei von Restriktionen arbeiten. Andere Gruppierungen, vor allem solche, die im Bereich Menschenrechtsverletzungen arbeiten, werden unterdrückt (FH 1.2018). Zahlreiche friedliche Regierungskritiker wurden aufgrund von vage formulierten Anklagen, die sich auf die nationale Sicherheit bezogen, inhaftiert. Betroffen waren Oppositionelle, Journalisten, Blogger, Studierende, Filmemacher, Musiker, Schriftsteller, Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtlerinnen und Aktivisten, die sich für die Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten einsetzten. Im Visier standen außerdem Umweltschützer, Gewerkschafter, Gegner der Todesstrafe, Rechtsanwälte sowie Aktivisten, die Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für Massenhinrichtungen und das Verschwindenlassen von Menschen in den 1980er Jahren forderten (AI 22.2.2018). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB Teheran 9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 18.6.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 18.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 18.6.2018

Wehrdienst und Rekrutierungen

Die Länge des verpflichtenden Wehrdienstes ist von den individuellen Verhältnissen abhängig und beträgt 18 bis 24 Monate. Aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen können Wehrpflichtige ausgemustert werden. Ein Freikauf vom Wehrdienst ist möglich: 2.500 Euro für Schulabgänger ohne Matura, 5.000 Euro für Maturanten. Studenten können, wenn sie im Ausland studieren möchten, unter Hinterlegung einer Kaution, gestaffelt nach Bachelor, Master oder Promotion (7.500, 10.000 bzw. 12.500 Euro) freigestellt werden. Die Wehrdienstzeit wird bei verheirateten Iranern pro Kind um drei Monate verkürzt und bei Freikauf von der Wehrpflicht ein Nachlass i.H.v. 5% bzw. weiteren 5% pro Kind gewährt. Religionsführer Khamenei hat die Jahrgänge bis einschließlich 1975, die bislang keinen Wehrdienst geleistet hatten, freigestellt (AA 2.3.2018).

Es gibt keinen Wehrersatzdienst. In besonderen Fällen, etwa Sportler oder bei guten Beziehungen zu relevanten Stellen, kann nach einer 60-tägigen Grundausbildung jedoch eine Art "Ersatzdienst" für weitere 22 Monate u.a. in Ministerien oder bei Sportverbänden absolviert werden. Wehrdienstpflichtige, d.h. männliche Staatsangehörige über 18 Jahren, die nicht etwa aufgrund eines Studiums vorübergehend von der Wehrdienstpflicht befreit sind, dürfen mit wenigen Ausnahmen vor Ableistung ihres Wehrdienstes das Land nicht verlassen (d.h. sie erhalten erst danach einen Reisepass). Angehörige der Streitkräfte und der Polizei dürfen das Land nur mit Zustimmung ihres Dienstes verlassen. Es gibt einige Möglichkeiten, nur einen kürzeren Wehrdienst abzuleisten, etwa für Iraner, deren Väter bereits im Irak-Iran-Krieg gekämpft haben. Die Zustände beim iranischen Militär sind in der Regel wesentlich härter als in europäischen Streitkräften (berichtet wird regelmäßig über unzureichende Verpflegung, unzureichende Ausrüstung, drakonische Strafen etc.) (ÖB Teheran 9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Die Strafen bei Nichtmeldung variieren abhängig von der Frage, ob sich das Land im Kriegszustand befindet oder nicht. Personen, die sich zu spät melden, sind verpflichtet, zusätzlich drei Monate Wehrdienst zu verüben. Wehrpflichtige, die sich zu spät oder gar nicht melden und aufgegriffen werden, erhalten nach Ableistung des Wehrdienstes die Bescheinigung über die Ableistung des Wehrdienstes teilweise mit erheblicher Verspätung (AA 2.3.2018).

Junge Männer ab 18 Jahren, die zum Wehrdienst einberufen wurden und sich nach der Einberufung nicht bei den Behörden melden, werden als Wehrdienstverweigerer betrachtet. In Iran gibt es keinen Wehrersatzdienst, und eine Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nicht anerkannt. Die Verweigerung bzw. Umgehung des Wehrdienstes ist strafbar. Entzieht sich eine Person in Friedenszeiten für bis zu drei Monate (bzw. 15 Tage in Kriegszeiten) dem Wehrdienst, wird die Dauer des verpflichtenden Wehrdienstes um drei Monate verlängert. Entzieht sich jemand in Friedenszeiten länger als drei Monate (bzw. in Kriegszeiten länger als 15 Tage) dem Wehrdienst, so wird die Dauer des Wehrdienstes um sechs Monate verlängert. Bei noch längerer Wehrdienstentziehung (ein Jahr in Friedenszeiten bzw. zwei Monate in Kriegszeiten) droht außerdem ein Strafverfahren vor einem Militärgericht. Weiters müssen Wehrdienstverweigerer mit dem Entzug sozialer und bürgerlicher Rechte wie etwa dem Recht auf Arbeit, auf Bildung oder auf Gründung eines eigenen Unternehmens rechnen. Im Fall, dass sich die betreffende Person freiwillig doch noch zum Wehrdienst meldet, wird die Dauer des Wehrdienstes als Strafe um drei Monate verlängert. Bei Personen, die wegen Wehrdienstentziehung verhaftet werden, verlängert sich der Wehrdienst um sechs Monate. Im Fall einer Desertion hängt das Strafmaß von dem Umständen ab, unter denen die Desertion erfolgt ist, etwa davon, ob diese zu Friedens- oder Kriegszeiten, während des Dienstes oder im Urlaub begangen worden ist bzw. bei welcher Art von Tätigkeit bzw. Mission es zur Desertion gekommen ist. Weiters ist relevant, ob die betreffende Person mit oder ohne Waffen, Munition und Kriegsgerät desertiert ist, und ob der Fall unter die Kompetenz der Militärgerichte (in Friedenszeiten) oder eines militärischen Standgerichts (in Kriegszeiten) fällt (ACCORD 7.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 26.4.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Zu den größten menschenrechtlichen Problemen gehören die hohe Anzahl an Exekutionen, Folter, harsche und lebensbedrohliche Haftbedingungen, willkürliche Verhaftungen, politische Gefangene, widerrechtliche Einmischung in die Privatsphäre, schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Internet-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit. Weiters Frauen- und LGBTI-Rechte und eingeschränkte politische Partizipation, sowie Korruption. Es gab nur wenige Unternehmungen seitens der Regierung, diese Probleme zu untersuchen, gerichtlich zu verfolgen und zu bestrafen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem in Iran (US DOS 20.4.2018). Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 iStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 8.12.2016). Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des "Defenders of Human Rights Center", deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB Teheran 9.2017).

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit waren 2017 weiterhin stark eingeschränkt. Die Behörden inhaftierten zahlreiche Personen, die friedlich Kritik geäußert hatten. Die Gerichtsverfahren waren in aller Regel unfair. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen waren noch immer an der Tagesordnung und blieben straflos. Es wurden weiterhin Auspeitschungen, Amputationen und andere grausame Körperstrafen vollstreckt. Die Behörden billigten, dass Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung, ethnischen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder einer Behinderung in starkem Maße diskriminiert und Opfer von Gewalt wurden. Hunderte Menschen wurden hingerichtet, einige von ihnen in der Öffentlichkeit. Tausende saßen weiterhin in den Todeszellen, darunter Personen, die zur Tatzeit noch minderjährig waren. Ende Dezember 2017 gingen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Armut, Korruption und politische Unterdrückung zu protestieren. Es waren die größten Kundgebungen gegen die iranische Führung seit 2009 (AI 22.2.2018). Vereinzelt wurden auch Rufe nach einem Ende der Islamischen Republik laut. Einige Personen wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitsbehörden getötet und hunderte wurden inhaftiert (FH 1.2018). Laut dem rezenten Bericht der UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran wurden bei den Protesten 22 Personen getötet, die Polizei bestätigte mindestens 1.000 Verhaftungen landesweit, ein Mitglied des Parlamentes sprach von 3.700 Verhafteten. Angeblich wurde eine große Anzahl an Studenten, die nicht an den Demonstrationen teilnahmen, präventiv in Haft genommen (HRC 5.3.2018).

Im März 2017 verlängerte der UN-Menschenrechtsrat das Mandat der UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran. Die iranische Regierung verweigerte sowohl der Sonderberichterstatterin als auch anderen UN-Experten weiterhin die Einreise. Im Mai wurde Präsident Hassan Rohani für eine zweite Amtszeit gewählt. Der Wahl ging ein Zulassungsprozess voraus, der von Diskriminierung geprägt war: Der Wächterrat schloss Hunderte Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres Glaubens oder ihrer politischen Überzeugung von einer Kandidatur aus. Dass Personen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein sollen, zu Ministern ernannt wurden, stieß in der Öffentlichkeit auf Kritik. Die EU und die iranische Regierung berieten über eine Wiederaufnahme des Menschenrechtsdialogs. Gleichzeitig verbüßten mehrere iranische Menschenrechtsverteidiger Gefängnisstrafen, weil sie Kontakt zu Vertretern der EU und der UN hatten. Die Regierungen Australiens, Schwedens, der Schweiz und weiterer Länder nahmen bilaterale Gespräche mit Iran über Menschenrechte auf (AI 22.2.2018).

Gegen Journalisten, Online-Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger wird weiterhin vorgegangen, ohne Rücksicht auf nationale und internationale rechtliche Standards (HRW 18.1.2018).

Wie schon 2013 versprach Rohani auch im Wahlkampf 2017, die Bürgerrechte und die Meinungsfreiheit zu stärken. In seiner ersten Amtszeit von 2013-17 konnte die Regierung den Erwartungen nach einer Liberalisierung im Innern allerdings nicht gerecht werden. Die Menschenrechtslage in Iran bleibt vier Jahre nach Amtsantritt einer gemäßigten Regierung trotz gradueller Verbesserungen im Bereich der Kunst- und Pressefreiheit nahezu unverändert kritisch. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten sind nach wie vor regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen. Beunruhigend ist die außerordentlich hohe Anzahl an Hinrichtungen (AA 6 .2017a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.2017a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450 , Zugriff 21.3.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 21.3.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 19.6.2018

- HRC - UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (5.3.2018): Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/37/68], https://www.ecoi.net/en/file/local/1426273/1930_1520515641_a-hrc-37-68.doc , Zugriff 25.4.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 24.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 23.4.2018

Meinungs- und Pressefreiheit

Die iranische Verfassung garantiert zwar Meinungs- und Medienfreiheit, aber nur insoweit Aussagen nicht "schädlich" für die grundlegenden Prinzipien des Islams oder die "Rechte der Öffentlichkeit" sind (ÖB Teheran 9.2017). In der Praxis sehen sich Meinungs- und Pressefreiheit mit starken Einschränkungen konfrontiert (AA 2.3.2018, vgl. BTI 2018, AI 22.2.2018). So spiegelt zwar die iranische Presselandschaft eine gewisse Bandbreite unterschiedlicher Positionen innerhalb des politischen Spektrums wider. Geprägt wird sie dennoch von einer Vielzahl höchst wandelbarer, da nicht schriftlich fixierter "roter Linien" des Revolutionsführers. Bei Abweichungen drohen Verwarnungen, Publikationsverbote, strafrechtliche Sanktionen etwa wegen "Propaganda gegen das System" bis hin zum Verbot von Medien, sowohl von reformorientierten wie auch von konservativen Zeitungen. Auch 2016 und 2017 wurden reformorientierte wie konservative Zeitungen mit zeitweisen Publikationsverboten belegt, u.a. im Januar 2016 "Bahar", im Juni 2016 die Reformzeitung "Qanun" und die konservative Website "Jahan" und für einen Tag im November 2017 sogar die dem Revolutionsführer nahestehende erzkonservative Keyhan, weil die den Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien wider das nationale Sicherheitsinteresse angeheizt hatte (AA 2.3.2018). "Propaganda" gegen den Staat ist mit einer einjährigen Freiheitsstrafe sanktioniert, wobei "Propaganda" nicht definiert ist. Zeitungen und Medien sind daher stets der Gefahr ausgesetzt, bei regierungskritischer oder für hohe Regimevertreter unliebsamer Berichterstattung geschlossen zu werden - dies gilt auch für Regimemedien. Oft werden in diesem Zusammenhang die Zeitungsherausgeber verhaftet. Mitarbeiter von ausländischen Presseagenturen sowie unabhängige Journalisten sind Berichten zufolge oft mit Verzögerungen bei Gewährung der Presselizenz durch die iranischen Behörden, Verhaftungen sowie Einschüchterung ihrer Familienmitglieder konfrontiert. Insbesondere im Zusammenhang mit politischen Ereignissen, wie z.B. Wahlen, war in den letzten Jahren immer wieder ein verstärktes Vorgehen gegen Journalisten zu beobachten. Meist werden dabei unverhältnismäßig hohe Strafen wegen ungenau definierten Anschuldigungen wie etwa "regimefeindliche Propaganda" verhängt (ÖB Teheran 9.2017).

Für Funk- und Fernsehanstalten besteht ein staatliches Monopol. Der Empfang ausländischer Satellitenprogramme ist ohne spezielle Genehmigung untersagt, wenngleich weitverbreitet. Die Behörden versuchen, dies durch den Einsatz von Störsendern (sog. Jamming) zu unterbinden. Ebenso werden oppositionelle Webseiten und eine Vielzahl ausländischer Nachrichtenseiten sowie soziale Netzwerke durch iranische Behörden "geblockt" (AA 2.3.2018, vgl. FH 1.2018). Ihr Empfang ist jedoch mithilfe sog. VPN (Virtual Private Networks) möglich, wird aber "gefiltert" bzw. mitgelesen. Das Vorgehen der Behörden gegen reformorientierte Medien erstreckt sich auch auf das Internet. Jeder, der sich regimekritisch im Internet äußert, läuft Gefahr, mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, einen "Cyber-Krieg" gegen das Land führen zu wollen. Die Überwachung persönlicher Daten ist grundsätzlich nur mit Gerichtsanordnung möglich, außer die nationale Sicherheit ist betroffen (AA 2.3.2018).

Obwohl die Behörden auch im Jahr 2017 weiterhin Journalisten verhafteten, fiel die Anzahl von Journalisten in den Gefängnissen laut dem Committee to Protect Journalists von 45 im Dezember 2012 auf 5 im Dezember 2017 (FH 1.2018). Dutzende Journalisten und Online-Medienaktivisten wurden 2017 strafrechtlich verfolgt (HRW 18.1.2018). Die Behörden gestatteten es nicht, das Regierungssystem, den Obersten Führer oder die Staatsreligion öffentlich zu kritisieren. Sicherheitsbehörden bestraften jene, die diese Einschränkungen verletzten oder den Präsidenten, das Kabinett oder das Parlament öffentlich kritisierten (US DOS 20.4.2018).

Die 1997 unter Khatami gegründete "Association of Iranian Journalists" wurde 2009 unter Staatspräsident Ahmadinedschad von den Sicherheitskräften geschlossen und hat seitdem trotz pressefreundlicher Wahlkampfversprechen von Rohani ihre Tätigkeit nicht wieder aufgenommen. Im Ausland lebende Journalisten von BBC Persia berichten von gezielter Verfolgung und Einschüchterungsversuchen. Maßnahmen wie Überwachung, wiederholte Befragungen und das Einfrieren von Konten erstreckten sich dabei auch auf Familien der Betroffenen. Familienangehörige wurden unter Druck gesetzt, auf die Beendigung der journalistischen Tätigkeit für BBC Persia hinzuwirken. Inhaftierte Journalisten sind in Iran - wie alle politischen Gefangenen - besorgniserregenden Haftbedingungen ausgesetzt. Im vergangenen Jahr traten mindestens zehn inhaftierte Journalisten in Hungerstreik, weil ihnen im Gefängnis eine angemessene medizinische Versorgung verweigert wurde (AA 2.3.2018).

Auch gegen Personen, die ihre Meinung oder Nachrichten online publizieren (Blogger), wurde in den letzten Jahren massiv vorgegangen. Oft wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt, zum Teil sogar zum Tode. Die elektronischen Medien und der Internet-Verkehr sowie Internet-Cafés (obligatorische Personenidentifikationen und Überwachungskameras) stehen unter intensiver staatlicher Kontrolle. Millionen Internetseiten sind gesperrt, Satellitenschüsseln sind verboten (jedoch weit verbreitet, wenn auch manchmal durch Abmontieren kurzfristig beeinträchtigt). Regimefeindliche oder "islamfeindliche" Äußerungen werden auch geahndet, wenn sie in elektronischen Kommunikationsmedien, etwa auch in sozialen Netzwerken, getätigt werden (ÖB Teheran 9.2017).

Ebenso unter Druck stehen Filmemacher und bildende Künstler, vor allem dann, wenn ihre Kunst als "unislamisch" oder regimekritisch angesehen wird oder sie ihre Filme an ausländische Filmproduktionsfirmen verkaufen oder auch nur im Ausland aufführen (dazu wurde jüngst eine Genehmigungspflicht verhängt). Über zahlreiche Künstler wurden Strafen wegen zumeist "regimefeindlicher Propaganda" und anderen Anschuldigungen verhängt. Viele sind regelmäßig in Haft bzw. zu langjährigen Tätigkeits- und Interviewverboten verurteilt (ÖB Teheran 9.2017).

Präsident Rohani hatte in seiner Wahlkampagne eine Lockerung der Zensurpolitik versprochen. Zeitweise wurden einige soziale Netzwerke wieder freigegeben. Rohani bezeichnete den Zugang zum Internet als "Bürgerrecht" und ist selbst auf Twitter und Facebook aktiv (beide aktuell in Iran gesperrt, wobei dies durch viele Iraner mittels VPN umgangen wird). Trotz seiner vielversprechenden Aussagen und einer (teils heftig geführten) öffentlichen Diskussion insbesondere zum Thema "Cyberspace" hat sich die Situation aber nicht signifikant verbessert, im Gegenteil: Im ersten Halbjahr 2016 wurde immer wieder von Polizeiaktionen gegen Instagram (u.a. "Operation Spider") und andere soziale Netzwerke wegen "islamfeindlicher" Inhalte (etwa Werbung für Tattoostudios oder Make-up) und von zahlreichen Festnahmen berichtet. Ende Mai 2016 wurde angekündigt, dass die Anbieter von Messaging-Apps binnen eines Jahres die Daten über iranische Staatsbürger auf Server innerhalb Irans transferieren müssen, um Datenschutz- und Sicherheitsbedenken auszuräumen. Nur Dienste, die dem Folge leisten, könnten auch weiterhin in Iran angeboten werden (ÖB Teheran 9.2017). Der in Iran sehr beliebte Messenger Dienst Telegram wurde am 30.4.2018 gesperrt, da er angeblich die nationale Sicherheit gefährde. Die Iraner sollen auf den Messenger Soroush umsteigen, der unter staatlicher Kontrolle steht (ROG 4.5.2018).

In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hat sich Iran um einen Platz verbessert und liegt nun an Position 164 (2017: 165) (ROG 2018).

Nahezu jede iranische Familie besitzt eine Satellitenschüssel, auch wenn diese offiziell verboten sind. Internet ist weit verbreitet, die Zahl der Internetcafés (Cofee Net) nimmt stetig zu, chatten (und zunehmend auch bloggen) ist eine Art Volkssport unter jungen Iranern. Zudem ist die Zahl an Handys gerade unter jungen Iranern hoch, auch wenn SIM-Karten sehr teuer sind. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Filme aus Hollywood, von denen Raubkopien überall auf den Straßen zu kaufen sind. Die dürftige Qualität und die islamische Zensur schrecken niemanden ab (GIZ 3.2018c).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 19.6.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 19.6.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 19.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 19.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 19.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- ROG - Reporter ohne Grenzen (4.5.2018): Iranian court imposes total ban on Telegram, https://www.ecoi.net/de/dokument/1432115.html , Zugriff 22.6.2018

- ROG - Reporter ohne Grenzen (2018): Rangliste zur Pressefreiheit 2018, http://www.rog.at/wp-content/uploads/2015/05/Rangliste-Pressefreiheit-2018.pdf , Zugriff 19.6.2018

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 19.6.2018

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Ausübung der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit steht für öffentliche Versammlungen unter einem Genehmigungsvorbehalt. Entsprechend finden Versammlungen der Opposition nicht statt. Demgegenüber stehen Demonstrationen systemnaher Organisationen, zu deren Teilnahme Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung sowie Schüler und Studenten teilweise verpflichtet werden. Ebenfalls ist eine unabhängige gewerkschaftliche Betätigung nicht möglich. Denn auch gewerkschaftliche Aktivitäten werden zum Teil mit dem Vorwurf der "Propaganda gegen das Regime" und "Handlungen gegen die nationale Sicherheit" verfolgt. Das Streikrecht hingegen ist prinzipiell gewährleistet (AA 2.3.2018).

Vereinigungen auf Arbeitnehmerseite werden misstrauisch beobachtet. Es gibt keine Betätigungsmöglichkeit für unabhängige Gewerkschaften. Erlaubt sind nur "Islamische Arbeitsräte" unter der Aufsicht des "Haus der Arbeiter" (keine unabhängige Institution) (ÖB Teheran 9.2017). Mitglieder und Gründer unabhängiger Gewerkschaftsgruppierungen wie etwa die Teheraner Busfahrergewerkschaft, die Zuckerrohrarbeitergewerkschaft oder die Lehrergewerkschaft wurden in den letzten Jahren zunehmend häufig verhaftet, gefoltert und bestraft (ÖB Teheran 9.2017, vgl. FH 1.2018). Gewerkschafter wurden erneut inhaftiert, die wegen Beteiligung an friedlichen Demonstrationen zu Haftstrafen verurteilt, aber später freigelassen wurden (HRW 18.1.2018).

In Iran gibt es keine politischen Parteien mit vergleichbaren Strukturen von Parteienlandschaften westlich-demokratischer Prägung; auch im Parlament existiert keine, mit europäischen Demokratien vergleichbare, in festen Fraktionen organisierte parlamentarische Opposition. Die entscheidende Konfliktlinie im iranischen Parlament liegt aktuell zwischen den Rohani-/Rafsanjani-Loyalen, den Reformern und Moderaten einerseits und den Anhängern der Revolutionstreuen (Parlamentspräsident Ali Larijani, Oberster Führer Khamenei) andererseits. Besonders geschwächt wird eine potentielle Opposition stets dadurch, dass bei Wahlen (sowohl Präsidenten- als auch Parlamentswahlen) der Wächterrat die Auswahl der Kandidaten vornimmt. Kandidaten werden streng "ausgesiebt". Dies gilt vor allem bei Präsidentschaftswahlen - 2013 wurden von mehreren hundert registrierten Kandidaten lediglich acht genehmigt - in etwas geringerem Maße bei Parlamentswahlen, wo 2012 von über 5.000 registrierten Bewerbern immerhin noch über 3.000 bzw. 2016 von etwa 12.000 Bewerbern letztendlich 6.230 genehmigt wurden. An sich gäbe es ein breites Spektrum an Ideologien, die die Islamische Republik ablehnen, angefangen von den Nationalisten bis hin zu Monarchisten und Kommunisten. Eine markante Führungspersönlichkeit fehlt bei sämtlichen oppositionellen Gruppierungen ( (ÖB Teheran 9.2017, vgl. GIZ 3.2018a).

Der Spielraum für außerparlamentarische Opposition wird vor allem durch einen allumfassenden Überwachungsstaat eingeschränkt, was die Vernetzung oppositioneller Gruppen extrem riskant macht (Einschränkung des Versammlungsrechts, Telefon- und Internetüberwachung, Spitzelwesen, Omnipräsenz von Basij-Vertretern u.a. in Schulen, Universitäten sowie Basij-Sympathisanten im öffentlichen Raum, etc.). Die Verfassung lässt die Gründung politischer Parteien, von Berufsverbänden oder religiösen Organisation so lange zu, als sie nicht gegen islamische Prinzipien, die nationale Einheit oder die Souveränität des Staates verstoßen und nicht den Islam als Grundlage des Regierungssystems in Frage stellen. Hinzu kommen immer wieder verhängte drakonische Strafen auf Grund diffuser Strafrechtstatbestände ("regimefeindliche Propaganda", "Beleidigung des Obersten Führers" etc.). Darüber hinaus werden Angehörige der außerparlamentarischen Opposition immer wieder unter anderen Vorwürfen festgenommen, etwa wegen Drogendelikten (ÖB Teheran 9.2017).

Die Oppositionsführer Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi sowie dessen Ehefrau Zahra Rahnavard standen noch immer ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter Hausarrest, der 2011 gegen sie verhängt worden war (AI 22.2.2018, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 19.6.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 19.6.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 20.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 20.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a): Geschichte und Staat Iran,https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/ , Zugriff 19.6. 2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind von massiver Überbelegung geprägt. Schätzungen gehen von ca. 226.000 Häftlingen bei einer offiziellen Kapazität von 140.000 Plätzen aus. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass bei Überbelegung der Zellen Häftlinge im Freien untergebracht werden. Auch wurde berichtet, dass Häftlingen der Kontakt zu Familienangehörigen über lange Zeit untersagt oder nur sehr eingeschränkt gewährt wird. Politische Gefangene oder Minderjährige werden teils mit kriminellen Straftätern zusammengelegt, wodurch Übergriffe nicht selten sind. Die Haftbedingungen sind sehr oft auch gesundheitsschädigend. Berichtet wird über unzureichende Ernährung und Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlung, in Einzelfällen mit tödlichen Folgen. Auch ist von mangelnder Hygiene auszugehen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. US DOS 20.4.2018). Die Haftbedingungen für politische und sonstige Häftlinge weichen stark voneinander ab. Für politische Gefangene sind die Haftbedingungen von Fall zu Fall unterschiedlich und reichen vor allem in der Untersuchungshaft bzw. in irregulärer Haft vor einem Gerichtsverfahren von schlechten hygienischen Bedingungen über unzureichende medizinische Versorgung bis hin zur Verweigerung lebenswichtiger Medikamente (AA 2.3.2018).

In den Gefängnissen werden auch Körperstrafen vollzogen, auch von Misshandlungen mit Elektroschocks wurde berichtet. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit politischen Häftlingen. Als weitere Foltermethoden wird von Prügeln, Einzelhaft sowie Vergewaltigungen berichtet. Eines der berüchtigtsten Gefängnisse ist nach wie vor das im Norden Teherans gelegene Evin-Gefängnis, das sich Großteils in unterirdischen Anlagen befindet, was den psychischen Druck (Mangel an Tageslicht) verstärkt. Manche seiner Trakte unterstehen nicht der Justiz/Polizei, sondern direkt den Nachrichtendiensten der Revolutionsgarden. Häftlinge stehen unter enormem psychischen Druck, es kommt zu häufigen und systematischen Erniedrigungen, die oft das Ziel verfolgen, Häftlinge zu brechen. Im Sommer 2009 gab es Berichte über extreme Übergriffe: Häftlinge wurden (was in einem islamischen Land noch schwerer wiegt als in Mitteleuropa) gezwungen, ganz leicht bekleidet oder überhaupt nackt zu exerzieren, dabei mit Wasser bespritzt, etc. Dazu kommt vielfach der nicht oder nur ganz selten mögliche Kontakt mit der Außenwelt. Oft ist es Angehörigen während mehrerer Wochen oder Monate nicht möglich, Häftlinge zu besuchen. Dabei ist zu bedenken, dass die Grenzen zwischen Freiheit, Hausarrest und Haft in Iran manchmal fließend sind. Politisch als unzuverlässig geltende Personen werden manchmal in "sichere Häuser" gebracht, die den iranischen Sicherheitsbehörden unterstehen, und wo sie ohne Gerichtsverfahren Monate oder sogar Jahre festgehalten werden. Ein besonders prominentes Beispiel ist Oppositionsführer Mehdi Karroubi, der zusammen mit seiner Frau und zwei anderen Oppositionsführern seit 2011 unter Hausarrest steht (ÖB Teheran 9.2017). Von Hungerstreiks in iranischen Gefängnissen wird des Öfteren berichtet, in der Regel entschließen sich politische Häftlinge dazu (ÖB Teheran 9.2017, vgl. HRW 18.1.2018).

Es war nach wie vor üblich, Inhaftierte zu foltern oder anderweitig zu misshandeln, insbesondere während Verhören. Gefangene, die sich im Gewahrsam des Ministeriums für Geheimdienste oder der Revolutionsgarden befanden, mussten routinemäßig lange Zeiträume in Einzelhaft verbringen, was den Tatbestand der Folter erfüllte (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 5.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 5.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 5.6.2018

Todesstrafe

Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, sowie auf Vergehen wie Drogenkonsum, oder außerehelichen Geschlechtsverkehr. Vor allem bei Drogendelikten wurde die Todesstrafe häufig angewendet (2015 etwa 65% aller Hinrichtungen), regelmäßig durch Erhängen, selten durch Erschießung, z.T. öffentlich, und auch gegen (zum Tatzeitpunkt) Minderjährige (ÖB Teheran 9.2017). Bei den Straftatbeständen dominieren weiter Drogendelikte, gefolgt von Mord und Sexualdelikten. Der Teil Hinrichtungen, die öffentlich vollstreckt werden, hat sich bei 5% stabilisiert (2016: 5%, 2015: 7%, 2014: 10%). Es wird über erfolgte Hinrichtungen nicht offiziell informiert. Es ist davon auszugehen, dass Iran auch 2016 das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung war (AA 2.3.2018). Die Zahlen zu den Hinrichtungen variieren etwas. Amnesty International berichtet, dass in Iran 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet wurden, das wäre ein Rückgang um 11% im Vergleich zum Vorjahr. In Iran fanden mindestens 31 öffentliche Hinrichtungen statt. Berichte aus dem Jahr 2017 deuten darauf hin, dass in Iran mindestens fünf Personen hingerichtet wurden, die zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Tat jünger als 18 Jahre waren (AI 12.4.2018). Die UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran berichtet, dass 2017 482 Exekutionen gemeldet wurden. Im Jahr 2016 wären es 530 und im Jahr 2015 969 gewesen (HRC 5.3.2018).

Am 16.7.2017 wurde eine Gesetzesänderung betreffend Todesstrafe aufgrund von Drogendelikten im Parlament verabschiedet. Demzufolge sollen jene, die Drogenstraftaten aufgrund von Armut oder Arbeitslosigkeit begangen haben, nicht zum Tode verurteilt werden. Über Drug Lords, gewalttätige Drogenstraftäter, und diejenigen, die mehr als 100 Kilo Opium oder 2 Kilo industrielle Rauschgifte produzieren oder verbreiten, soll jedoch weiterhin die Todesstrafe verhängt werden (ÖB Teheran 9.2017). Der Anteil der Hinrichtungen wegen Drogendelikten sank 2017 auf 40% (AI 12.4.2018a). Im Oktober 2017 wurde das neue Gesetz verabschiedet, das die Drogenmenge, die Voraussetzung für ein Todesurteil ist, erhöhte. Für zahlreiche Drogendelikte war die Todesstrafe jedoch weiterhin zwingend vorgeschrieben (AI 22.1.2018, vgl. HRW 18.1.2018). Der Wächterrat akzeptierte das Gesetz im Oktober 2017 und es trat am 14.11.2017 in Kraft. Am 21.11.2017 verlautbarte der Teheraner Staatsanwalt, dass 3.300 Personen, die wegen Drogenvergehen verurteilt wurden, Berufungen im Zuge des neuen Gesetzes einlegten (HRW 18.1.2018, vgl. HRC 5.3.2018). Rund 4.000 inhaftierte Iraner, die derzeit aufgrund von drogenbezogenen Straftaten zum Tode verurteilt sind, könnten infolge einer richterlichen Anordnung, die auf einer kürzlich erlassenen Änderung des Gesetzes zum Drogenhandel basiert, ihre Strafe aufgehoben sehen. Die Anordnung wurde am 9.1.2018 vom Leiter der Justizbehörde, Sadegh Larijani, erlassen. Sie setzt die Todesurteile, die in Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen, vorerst aus, während diese nachgeprüft werden. Sie fordert auch, dass die Richter alle Todesurteile widerrufen, die nicht den neuen vom Parlament aufgestellten Kriterien bezüglich der Todesstrafe entsprechen. Nach der Gesetzesnovelle darf die Todesstrafe nur bei Verurteilungen im Zusammenhang mit Drogen vollstreckt werden, wenn die Fälle folgendes beinhalten (Global Voices 3.3.2018):

- Drogenhandel mit Waffengebrauch;

- eine größere Rolle in der Organisation und Finanzierung des Drogenhandels, den Handel durch Kinder eingeschlossen;

- vorangegangene Todesurteile, lebenslängliche Verurteilungen oder Freiheitsstrafen von mehr als 15 Jahren;

- der Besitz oder der Transport von mehr als 50 Kilo Opium und anderen "traditionellen Drogen", zwei Kilo Heroin oder drei Kilo Methamphetamin (Global Voices 3.3.2018).

Viele Todesurteile werden nach internationalen Verfahrensstandards widersprechenden Strafverfahren gefällt: Es wird immer wieder von durch Folter erzwungenen Geständnissen oder fehlende Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Verteidiger vor dem Prozess bzw. fehlender freier Wahl eines Verteidigers berichtet. Es ist auch zumindest ein Fall bekannt, bei welchem die Entscheidung des Obersten Gerichts über die Berufung gegen die Todesstrafe nicht abgewartet wurde. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen (auf welche vom "Geschädigten" gegen eine Abstandsgeldzahlung verzichtet werden kann). Zwar wurde im Jahr 2002 ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, jedoch wurde dies im Jahr 2009 vom damaligen Justizsprecher für nicht bindend erklärt. Es befinden sich noch mehrere Personen beiderlei Geschlechts auf der "Steinigungsliste". Seit 2009 sind jedoch keine Fälle von Steinigungen belegbar. Weiterhin finden in Iran Hinrichtungen von Straftätern statt, die zum Zeitpunkt ihrer Tat unter 18 Jahre alt waren. Das Alter der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für Buben liegt bei 15 und für Mädchen bei 9 Jahren. 2016 wurden mindestens 5 jugendliche Straftäter hingerichtet, drei davon aufgrund von Drogendelikten. In der Vergangenheit konnten einige wenige Hinrichtungen von Jugendlichen aufgrund internationalen Drucks (meist in letzter Minute) verhindert werden (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 2.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (12.4.2018a): Amnesty-Bericht zur Todesstrafe 2017: Zahl dokumentierter Hinrichtungen rückläufig, mehr Länder setzen auf Todesurteile bei Drogendelikten, https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/amnesty-bericht-zur-todesstrafe-2017-zahl-dokumentierter-hinrichtungen , Zugriff 3.7.2018

- AI - Amnesty International (12.4.2018): Todesstrafe 2017: Zahlen und Fakten, https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/todesstrafe-2017-zahlen-und-fakten , Zugriff 24.4.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 24.4.2018

- Global Voices (3.3.2018): Iran hebt Tausende Todesurteile im Zusammenhang mit Drogen auf, https://de.globalvoices.org/2018/03/03/iran-hebt-tausende-todesurteile-im-zusammenhang-mit-drogen-auf/ , Zugriff 3.7.2018

- HRC - UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (5.3.2018): Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/37/68], https://www.ecoi.net/en/file/local/1426273/1930_1520515641_a-hrc-37-68.doc , Zugriff 25.4.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 24.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 21.3.2018

- BFA Analyse (23.5.2018): Iran - Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf , Zugriff 29.5.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 28.5.2018

Christen (Apostasie, Konversion,... siehe Abschnittt 15.2)

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB Teheran 9.2017).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

Quellen:

- BFA Analyse (23.5.2018): Iran - Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf , Zugriff 29.5.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 5.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- Open Doors (9.2017): Gefangenenliste 2017, https://www.opendoors.at/sites/default/files/gefangenenliste_september_2017.pdf , Zugriff 29.5.2018

- US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 28.5.2018

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).

In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 9.2017).

Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB Teheran 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).

Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 9.2017).

Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab, dann erst auf Mitglieder. Es gibt aber auch Quellen, die besagen, dass auch auf Mitglieder abgezielt wird. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung, wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 5.6.2018

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 5.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 28.5.2018

Baha'i

Nicht zu den anerkannten Religionen gehört der Bahá'í Glaube, weshalb die Bahá'i juristisch gesehen unter der iranischen Verfassung, dem Strafgesetzbuch und der von Rohani vorgeschlagenen Bürgerrechtscharta benachteiligt werden können. Die (mindestens 300.000) Mitglieder des Bahá'í Glaubens werden systematisch verfolgt, da sie - weil diese Propheten zeitlich auch noch nach Mohammed akzeptieren - als abtrünnige Moslems gelten. Im Absatz 3-79 der Bürgerrechtscharta, der sich mit dem Recht aller Staatsbürger zu öffentlichen Dienstleistungen, staatlichen Leistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung befasst, wird Religion als Kategorie angeführt und die genannten Leistungen sollten für alle Religionsrichtungen zugänglich sein. Fraglich ist jedoch, ob "Religion" hier auch Glaubensrichtungen, die nicht von der iranischen Regierung anerkannt sind, vorsieht, in welchem Falle den Bahá'ís gleichgestellte Rechte zustehen sollten. In der Praxis wird vielfach von einer Institutionalisierung der Diskriminierung nicht-anerkannter Religionen, darunter der Bahá'ís, gesprochen. Dazu kommt, dass die Bahá'ís wegen des Bestehens ihrer Zentrale in Haifa/Israel von offizieller iranischer Seite besonders misstrauisch beobachtet und oft als israelische Spione angesehen werden. Berichte über die Verhaftung von Bahá'ís sind häufig. Nach Angaben der iranischen Bahá'í-Gemeinschaft wurden 2016 81 Bahá'ís aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit inhaftiert, und alleine im Jänner 2017 16 weitere. In den letzten zehn Jahren wurden rund 850 Bahá'ís willkürlich verhaftet; so wurden beispielsweise am 15. November 2015 20 Bahá'ís in Teheran, Isfahan und Mashhad ohne Angabe von Gründen verhaftet und ihre Familien für mehrere Tage über deren Verbleib im Dunkeln gelassen. Die Begründung der Verhaftung oder der Gerichtsurteile beinhaltet meist Staatsschutzdelikte, einschließlich Verbreitung von Propaganda gegen die Islamische Republik, und die Gründung von oder Beteiligung an Gruppen, die eine Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen darstellen (ÖB Teheran 9.2017).

Baha'i sind vom Pensions- und Sozialversicherungssystem ausgeschlossen, Kriminalitätsopfer erhalten keine staatliche Kompensation, und Gewerbescheine werden unter Hinweis auf die Bahá'í-Zugehörigkeit verweigert (AA 2.3.2018). Baha'i bekommen keine Personalpapiere ausgehändigt und sind vollkommen staatlicher Willkür ausgeliefert (GIZ 3.2018c).

Bahá'í Studenten werden oft nicht zu öffentlichen und privaten Universitäten zugelassen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 2.3.2018). Nach Angaben eines Bahá'í -Vertreters werden auf lokaler Ebene Unterrichtseinheiten vom BIHE (Baha'i Institute of Higher Education, 2011 als illegal erklärt) abgehalten. Damit gehen zum einem erhebliche Risiken für Studenten und Dozenten einher, und zum anderen werden auf diese Weise erlangte Abschlüsse nicht anerkannt (AA 2.3.2018). Im Dezember 2016 und Jänner 2017 wurde mehr als einem Dutzend Bahá'í Universitätsstudenten aufgrund ihres Glaubens das weitere Studium an der Universität verboten (ÖB Teheran 9.2017).

Im Oktober 2017 saßen nach Angaben der International Bahá'í Community 97 Bahá'í aus Glaubensgründen in iranischen Gefängnissen in Haft, darunter fünf Mitglieder des siebenköpfigen iranischen Vorstandes der Glaubensgemeinschaft. Ein Mitglied, Mahvash Sabet, wurde am 18. September freigelassen, ein zweites, Fariba Kamalabadi, Ende Oktober, nachdem die beiden als erste ihre 10-jährige Freiheitsstrafe verbüßt hatten. Am 4. Dezember 2017 wurde auch Behrooz Tavakkolu aus der Haft entlassen (AA 2.3.2018).

Über (auch staatliche) Medien verbreitete Falschmeldungen stacheln die Bevölkerung weiterhin gegen Bahá'í auf und setzten ihre Geschäfte unter wirtschaftlichen Druck. Im November 2015 wurden etwa in den Provinzen Mazandaran und Kerman mindestens 28 Geschäfte unter dem Vorwand fehlender Bewilligungen geschlossen, nachdem deren Inhaber Bahá'í-Feiertage eingehalten hatten. Im November 2016 wurden um die 100 von Bahá'í geführte Unternehmen von den Behörden geschlossen, nachdem diese aufgrund eines Bahá'í Feiertags geschlossen hatten. Auch 2015 kam es zu Friedhofsschändungen. Über die Jahre wurden auch zahlreiche Mitglieder der Bahá'í-Gemeinde hingerichtet. Die Führungsriege der Bahá'í-Gemeinde in Iran sowie die Leitung der Untergrunduniversität "Bahá'í Institute for Higher Education" (BIHE) wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Im Jänner 2016 wurden 24 Bahá'í wegen religiöser Aktivitäten zu insgesamt 193 Jahren Haft verurteilt. Die Bahá'í haben als religiöse Minderheit den schwierigsten Stand in der Gesellschaft (ÖB Teheran 9.2017).

Die systematischen Angriffe auf die Glaubensgemeinschaft der Baha'i setzten sich 2017 fort, dazu zählten willkürliche Festnahmen, lange Haftzeiten, Folter und andere Misshandlungen. Die Behörden ordneten die Schließung von Unternehmen im Besitz von Baha'i an, beschlagnahmten Vermögen von Baha'i und verweigerten Anhängern dieser Glaubensgemeinschaft eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Staatliche Stellen schürten regelmäßig Hass und Gewalt gegen die Minderheit, indem sie Baha'i als "ketzerisch" und "schmutzig" verunglimpften. Die Tatsache, dass zwei Männer, die gestanden hatten, Farhang Amiri wegen seines Baha'i-Glaubens ermordet zu haben, im Juni 2017 gegen Kaution freikamen, bot einmal mehr Anlass zu der Sorge, dass Hassverbrechen straffrei blieben (AI 22.2.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017, AA 2.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Sunniten

Sunniten sehen sich vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt und werden vor dem Gesetz benachteiligt. So nehmen gerade in den letzten Jahren die Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten zu (GIZ 3.2018c). Sunniten berichten, dass sie keine Moscheen in großen Städten bauen dürfen und Probleme hätten, Regierungsjobs zu bekommen (FH 1.2018).

Im Oktober 2015 befanden sich mindestens 33 sunnitische Männer - überwiegend Kurden - im Todestrakt, nachdem sie wegen "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott") verurteilt worden waren. Rund 150 Sunniten sind derzeit aufgrund ihres Glaubens bzw. damit verbundener Anklagen inhaftiert. Im August 2016 wurden rund 22 Sunniten u.a. wegen Gotteslästerung hingerichtet. Am 25. April 2017 wurden etwa 20 Personen während ihres morgendlichen Gebets verhaftet und an einen unbekannten Ort überführt. Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, werden zunehmend verfolgt und in manchen Fällen ebenfalls wegen Gotteslästerung hingerichtet (ÖB Teheran 9.2017). In den letzten Jahren wurden Sunniten wiederholt daran gehindert, ihre eigenen Eid-Gebete abzuhalten. Diskriminiert werden Sunniten auch fallweise bei der Arbeitssuche (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AI 22.2.2018).

Sunniten werden mitunter sowohl aufgrund ihrer religiösen wie auch ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert, da viele kurdischer oder arabischer Volkszugehörigkeit sind. In den sunnitischen Siedlungsgebieten im Westen und Südosten Irans ist die Religionsausübung jedoch ohne Einschränkungen möglich (AA 2.3.2018). Bei der Ausgrenzung von Sunniten spielt oft weniger die islamische Konfession als die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle. Die meisten Sunniten in Iran sind Kurden, Turkmenen, Araber oder Belutschen, die in den Randprovinzen des Landes leben. Dort gibt es starke Autonomiebewegungen, gegen die die Zentralregierung in Teheran vorgeht. Angehörige der ethnischen Minderheiten haben deshalb auch schlechteren Zugang zu Wasser, Wohnraum, Arbeit oder Bildung. Sunnitentum, ethnische Zugehörigkeit und Autonomiebestrebungen vermischen sich in der staatlichen Wahrnehmung. Im Jahr 2015 wurde persischsprachigen Medien zufolge erstmals ein Sunnit zum Botschafter des Iran ernannt (Qantara.de 11.1.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 6.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- Qantara.de (11.1.2016): Muslime zweiter Klasse, https://de.qantara.de/inhalt/sunniten-im-iran-muslime-zweiter-klasse , Zugriff 6.6.2018

Derwisch-Orden/Sufi

Repressionen erleben auch Mitglieder der Derwisch-Gemeinschaft. Ihre Gemeinden sehen sich verschiedenen Arten von Diskriminierung und Angriffen (auch auf ihr Eigentum), willkürlichen Festnahmen und Dämonisierung (u.a. im staatlichen Fernsehen) ausgesetzt (ÖB Teheran 8.2017; vgl. AA 2.3.2018). Verschiedene Quellen berichten von Gewalt und Verhaftungen von Derwischen im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Derwisch-Gemeinden und Basij-Einheiten. Infolgedessen wird unter anderem von langen Wartezeiten auf Prozesse, Verurteilungen, Gefängnisstrafen sowie auch von mangelnder Strafverfolgung im Zusammenhang mit Tötungen von Derwischen berichtet. Unter anderem kommt es auch zu Verhaftungen von Strafverteidigern, die Derwische vertreten. Als Gründe für Inhaftierungen werden unter anderem Störung der öffentlichen Ordnung, Verbreitung von systemfeindlicher Propaganda, Handlungen gegen die Nationale Sicherheit, Mitgliedschaft in Gruppierungen und Beleidigung des Obersten Führers genannt. Im Jahr 2015 wurden Dutzende Derwische festgehalten, viele zu Gefängnis- und/oder körperlichen Strafen verurteilt. Im Juni 2015 wurde ein Derwisch für eine "haram"-Straftat zu 74 Peitschenhieben verurteilt, weil er den Glauben des Gonabadi Derwischordens verbreitet haben soll (ÖB Teheran 9.2017). Seit 2008 sind 238 Gonabadi Derwische inhaftiert worden (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AI 22.2.2018, FH 1.2018). Im Februar 2018 wurden über 300 Derwische bei einer Protestveranstaltung verhaftet, darunter 60 Frauen. Die meisten von ihnen wurden kurze Zeit später wieder entlassen. Bei den Zusammenstößen wurden Dutzende verletzt und zumindest drei Polizisten und ein Basij-Mitglied starben. Ein inhaftierter Demonstrant starb in Haft unter ungeklärten Umständen (HRW 15.3.2018).

Es gibt auch Angriffe auf Gebetshäuser der Gonabadi-Derwische. Einige verloren ihren Arbeitsplatz aufgrund willkürlicher Kündigungen, andere durften sich nicht an Universitäten einschreiben (AI 22.2.2018, vgl. FH 1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 6.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (15.3.2018): Iran: Crackdown on Dervish Minority, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426883.html , Zugriff 22.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Ahl-e Haqq/Yar(e)san

In Iran gibt es zwei Zweige der Yaresan. Die sogenannten "Modernisten/Reformisten" und die Traditionalisten. Die Modernisten deklarieren sich selbst als schiitische Muslime und werden auch von den Behörden akzeptiert. Diese Gruppe besteht hauptsächlich aus gut ausgebildeten Städtern. Ihre Glaubensvorstellungen beruhen vor allem auf den Lehren von Hajj Ne'matollah Jayhunabadi (1871-1920), seinem Sohn Nur Ali Elahi (1895-1974) und dessen Sohn Bahram Elahi (1931-). Jayhunabadi behauptete, dass Yaresan Muslime seien und führte den Yari Glauben mit dem Schiismus zusammen. Er öffnete die Religion auch für nicht als Yaresan geborene Personen. Viele Personen wurden zu seinen Anhängern, vor allem im Bereich in und um Sahneh [Stadt und gleichnamiger Bezirk in der Provinz Kermanschah]. Diese Gruppe wird auch als Elahi-Zweig bzw. Elahi-Anhänger bezeichnet. Die Traditionalisten sehen sich selbst als Nicht-Muslime und kommen eher aus dem ländlichen Bereich, vor allem aus dem Bezirk Guran in Kermanschah. Diese Gruppierung war schon immer geschlossen für Nicht-Yaresan. Die Yaresan sind hauptsächlich in der Provinz Kermanschah konzentriert. Ca. eine halbe Million Yaresan leben dort. Weitere Gruppen von Yaresan leben in anderen Gebieten des Iran, wie z.B. West Aserbaidschan, Lorestan, Teheran, Hamadan, Kelardascht, Karadsch und Saveh. Es gibt keine genauen Zahlen, wie viele Yaresan es gibt. Schätzungen differieren zwischen einer und vier Millionen. Ursprünglich kommen die Yaresan aus dem Gebiet um Guran, im westlichen Teil von Kermanschah. Weitere Yaresan gibt es im östlichen Teil Kermanschahs in und um die Stadt Sahneh. Aufgrund ihres intellektuellen Hintergrunds hat es den Anschein, dass es mehr Modernisten gibt, dies stimmt aber nicht, die Anzahl der Traditionalisten dürfte höher sein. Die Modernisten werden von iranischen Behörden als Schiiten akzeptiert, die Traditionalisten jedoch werden als "Teufelsanbeter" verunglimpft. Außerhalb ihres Heimes agieren Yaresan als Muslime, ansonsten könnten sie eventuell Probleme mit den Behörden bekommen. Auch der Zugang zu Bildung und Arbeit im Öffentlichen Dienst wird dadurch erleichtert. In Bezug auf Konsequenzen für Yaresan, die sich öffentlich über ihren Glauben äußern und ihn als nicht-muslimisch bezeichnen, wird davon ausgegangen, dass die Gruppe nicht als Ganzes von den Behörden ins Visier genommen wird und systematisch belästigt und inhaftiert wird, nur aufgrund der Tatsache, dass man Yaresan ist. Repressionen und Verfolgung basieren auf individuellen Fällen, beispielsweise erfährt ein Leiter einer Gemeinschaft oder andere profilierte Personen Druck durch die Behörden. Es gab in den letzten Jahren einige Fälle von Schikanierungen und Misshandlungen. Es werden von Zeit zu Zeit Maßnahmen gegen Yaresan-Gemeinden eingeleitet, ähnlich wie gegen die Sufi-Orden. Es ist jedoch schwer zu sagen, ob einzelne Yaresan aufgrund ihrer Religion oder wegen politischer Gründe verfolgt werden. Da viele Yaresan Kurden sind, kann eine etwaige Verfolgung auch deshalb von statten gehen. Das öffentliche Bekunden der kurdischen Identität ist ein sensibles Thema in Iran. Wichtig zu erwähnen ist, dass der Umgang der Behörden mit religiösen und ethnischen Minderheiten nicht statisch ist. Momentan versucht die iranische Regierung eher weniger harsch damit umzugehen. Es gibt auch einen Anstieg des Interesses von jungen Yaresan an der eigenen Religion. Besonderes Interesse besteht an Textmaterial über die traditionelle Version des Yari-Glaubens. Solche Texte würden in Iran als illegal angesehen, währenddessen Texte des Elahi-Zweiges (Modernisten) als legal angesehen werden würden, und diese Texte sind auch schon einige Male nachgedruckt worden. Yaresan, die das Interesse der Behörden auf sich ziehen, jene sind, die öffentlich und aktiv ihre Yari-Identität und Religion bekunden. Obwohl es Yaresan aufgrund ihres Glaubens verboten ist, in Bezug auf ihren Glauben zu lügen, sah sich der Großteil der Yaresan dazu gezwungen, um Problemen mit den Behörden aus dem Weg zu gehen. Wenn Personen religiös und/oder politisch aktiv sind, und beispielsweise in Besitz von illegalen Schriften erwischt werden, ist es möglich, dass sie festgenommen und befragt werden. Normalerweise würde der Person befohlen, entweder die Aktivitäten einzustellen oder anderenfalls eine Haftstrafe abzubüßen. Auch Anhänger des Elahi-Zweiges können eventuell Repressionen und Misshandlung durch die Behörden erfahren. Ihre Situation ist mit jener der Sufi-Orden zu vergleichen. Von Zeit zu Zeit sind sie Opfer von Razzien und manchmal werden Anführer inhaftiert (DIS 6.4.2017).

Berichtet werden in Bezug auf die Ahl-e Haqq Fälle von Diskriminierung, Bedrohungen, Angriffen auf gemeinsames Eigentum und willkürliche Festnahmen (ÖB Teheran 9.2017). Die Ahl-e Haqq wurden im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt und in anderen Bereichen systematisch diskriminiert und wegen Ausübung ihres Glaubens verfolgt (AI 22.2.2018). Ihnen wird der Bau von Gotteshäusern, der Zugang zu höherer Bildung und Regierungsjobs, wenn sie sich nicht selbst als Muslime deklarieren, verweigert. Ebenso ist es ihnen nicht erlaubt, religiöse Zeremonien in der Öffentlichkeit abzuhalten (US DOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 4.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- DIS - Danish Immigration Service (6.4.2017): IRAN: The Yaresan, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1494231887_notatyaresan6april2017docx.pdf , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2018): Annual report on religious freedom (covering January 2017 to February 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1435646/1226_1529393708_tier1-iran.pdf , Zugriff 25.6.2018

- US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 6.6.2018

Ethnische Minderheiten

Iran gehört mit etwa 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde . Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,3%. Dabei ist die iranische Gesellschaft weit heterogener als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Balutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen mit etwa zwei Millionen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran im Moment das viertgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten des Iran leben eher in den Grenzregionen des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. Dennoch sind Entwicklungen wie etwa im Irak oder Afghanistan in Iran nicht zu erwarten. Abseits eines gern gepflegten Patriotismus zur eigenen Ethnie sind separatistische Bewegungen ethnischer Minderheiten kein vielen Nachbarstaaten vergleichbares Problem. Sie beschränken sich auf einige Gruppierungen in Balutschistan und Kurdistan, wobei gerade hier die Regierung immer wieder gern selbst Separatismus unterstellt, um diesem mit Gewalt zuvorzukommen (GIZ 3.2018c).

Es sind keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt. Von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) wurde jedoch betreffend u.a. Angehöriger der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013. Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzten, wurden bedroht, festgenommen und bestraft (ÖB Teheran 9.2017).

Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 2.3.2018). Die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, sind allerdings zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015). In der Provinz Sistan und Belutschistan berichteten viele Dorfbewohner, dass es ihnen an Wasser, Elektrizität, Schulen und Gesundheitseinrichtungen mangele. In der verarmten Provinz sind die Analphabetenquote bei Mädchen und die Kindersterblichkeit sehr hoch. Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer Rechte kritisieren, drohen willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und die Todesstrafe. Geheimdienste und Sicherheitsorgane beschuldigten Aktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, sie würden "separatistische Strömungen" unterstützen, die Irans territoriale Integrität bedrohten (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf , Zugriff 6.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Kurden

Die Kurden (überwiegend Sunniten) sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dennoch werden sie in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen (so wurde 2018 erstmals eine kurdischstämmige Frau Vize-Innenministerin). In der Verfassung vorgesehener Schulunterricht sowie Studiengänge in kurdischer Sprache sind seit dem Erlass von Rohani im Jahr 2016 rechtlich möglich. Es ist jedoch nicht nachprüfbar, in welchem Umfang Unterricht an Schulen und Universitäten tatsächlich angeboten wird, da er nicht aktiv vom iranischen Staat gefördert wird. Der iranische Staatsrundfunk sendet stundenweise kurdischsprachige Sendungen auf dem Regionalsender IRIB Kurdistan (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Kurden ein (HRW 18.1.2018). Problematisch sind vor allem kulturelle Aktivitäten, die politisch werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Seit dem Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September 2017 wurde die Präsenz von Militär und Revolutionsgarden deutlich erhöht (AA 2.3.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Das Erdbeben von Kermanshah im November 2017, dessen Auswirkungen fast ausschließlich in den von Kurden bewohnten Gebieten zu spüren sind, hat die Präsenz der Sicherheitskräfte noch verfestigt, ca. 5.800 Freiwillige der Revolutionsgarden sollen bis zum Ende der Aufräumarbeiten vor Ort bleiben (AA 2.3.2018). Im September 2017 war die Polizei in der gesamten Provinz Kurdistan sehr stark präsent, als Angehörige der kurdischen Minderheit Kundgebungen abhielten, um das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak zu unterstützen. Dabei wurden Berichten zufolge über ein Dutzend Personen festgenommen (AI 22.2.2018). In der iranischen Provinz Kurdistan gibt es auch militärische und geheimdienstliche Präsenz, die nicht immer sichtbar ist. Die Überwachung in diesem Gebiet ist nicht systematisch, aber strukturiert und auch nicht zufällig, sondern gezielt (DIS/DRC 23.2.2018).

Kurdischen Aktivisten werden in vielen Fällen von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten sind daher verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane, "Partei für ein freies Leben in Kurdistan", Schwesterorganisation der PKK in Iran) - und die oftmals unverhältnismäßig hohen Strafausmaße. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hinten anzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunehmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran [KDPI] im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 15.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Araber

Ahwazi Araber (nach Schätzungen rund 2 Mio.) sind (wie auch Kurden) zumeist sunnitischen Glaubens. Mangels Unterricht in der Muttersprache sind viele Araber Analphabeten und es herrscht unter der arabischen Minderheit eine hohe Armutsrate. Von Arabern bewohnte Gebiete sind oft nicht an Wasser und Elektrizität angeschlossen (ÖB Teheran 9.2017). Die arabische Minderheit (überwiegend Schiiten) in Iran fühlt sich Diskriminierungen ausgesetzt. Sie leidet unter Umweltproblemen (Verschmutzung, Staubstürme) sowie wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und macht eine Vernachlässigung ihres Siedlungsgebietes (v.a. Provinz Khusestan) durch die Zentralregierung dafür verantwortlich. Menschenrechtsorganisationen sehen Benachteiligungen im beruflichen und schulischen Umfeld, die zu wirtschaftlicher, politischer, sozialer und kultureller Ausgrenzung der arabischen Minderheit führen (AA 2.3.2018).

Es gibt Berichte über die Vertreibung von Arabern von ihren Grundstücken aufgrund staatlicher Entwicklungsprojekte. Die von Arabern bewohnten südlichen Teile Irans sind reich an Erdölvorkommen. Obwohl nicht erwiesen ist, dass Araber aufgrund ihrer Ethnizität verfolgt werden, ist zu beobachten, dass sie häufig wegen unklar definierten Anschuldigungen zu sehr hohen Strafen verurteilt wurden. Nach friedlichen Protesten aus verschiedenen Anlässen wurden z.B. im März und April 2015 kurzzeitig über 1.100 Ahwazi Araber festgenommen (ÖB Teheran 9.2017).

Im Vorfeld des Feiertags Eid al-Fitr wurden im Juni 2017 Sicherheitskräfte nach Ahwaz beordert, um Versammlungen zu verhindern. Geplant waren Solidaritätsveranstaltungen zur Unterstützung von Familien arabischer Ahwazi, die aus politischen Gründen im Gefängnis saßen oder hingerichtet worden waren. Mehr als ein Dutzend Personen wurden willkürlich festgenommen, viele weitere zu Verhören einbestellt. Der Menschenrechtsverteidiger Mohammad Ali Amouri, der zur Ahwazi-Minderheit gehört, sitzt weiterhin in der Todeszelle (AI 22.2.2018).

Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Araber ein (HRW 18.1.2018), jedoch wurden einige lokale Clanführer in Khuzestan und anderen Gegenden, wo Ahwazi Araber leben, in lokale Räte gewählt, wo sie auch sehr unverblümt sprechen. Ins Visier der Behörden können Ahwazi Araber geraten, wenn sie Journalisten oder politische Aktivisten sind, die sich für Minderheitenrechte einsetzen (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 6.6.2018

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 15.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Belutschen

Die rund 1,5 Mio. sunnitischen Belutschen leben ebenfalls in stark unterentwickelten Gebieten. Die Arbeitschancen und das Recht zur politischen Partizipation (v.a. passives Wahlrecht) sind für Belutschen beschränkt. Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Belutschen einsetzten, waren in der Vergangenheit mit willkürlichen Festnahmen, körperlichem Missbrauch und unfairen Gerichtsverfahren konfrontiert. 2015 und 2016 gab es immer wieder Berichte über Zusammenstöße von Sicherheitskräften und Bewohnern der Grenzgebiete in Belutschistan, bei welchen es zu gesetzwidrigen Schüssen auf unbewaffnete Zivilisten, vermeintliche Schmuggler oder Drogenkuriere gekommen sein soll (ÖB Teheran 9.2017).

Die Belutschen gehören zu den ärmsten Minderheiten und leben in einer von Gewalt und Drogenschmuggelkriminalität geplagten Provinz im Grenzgebiet zu Pakistan. Hinweise auf staatliche Repressionen beruhend auf ihrer ethnischen Zugehörigkeit liegen jedoch nicht vor (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Belutschen ein (HRW 18.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 6.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Generell genießt die Familie in Iran, ebenso wie in den meisten anderen islamischen Gesellschaften, einen hohen Stellenwert. Der Unterschied zwischen Stadt und Land macht sich aber auch hier bemerkbar, in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau sowie die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenmodell weitgehende Gültigkeit, der Tschador, der Ganzkörperschleier, dominiert hier das Straßenbild. In den großen Städten hat sich dieses Rollenverständnis verschoben, wenn auch nicht in allen Stadtteilen. Nach dem Iran-Irak-Krieg waren Frauen aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken oder gar zu entfernen. Die unterschiedliche und sich verändernde Stellung der Frau zeigt sich auch an den Kinderzahlen: Während in vielen ländlichen, gerade den abgelegeneren Gebieten fünf Kinder der Normalfall sind, sind es in Teheran und Esfahan im Durchschnitt unter zwei. Viele junge Frauen begehren heute gegen die nominell sehr strikten Regeln auf, besonders anhand der Kleidungsvorschriften für Frauen wird heute der Kampf zwischen einer eher säkular orientierten Jugend der Städte und dem System in der Öffentlichkeit ausgefochten. Eine Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist der islamische Feminismus. Dieser will die Rechte der Frau mittels einer islamischen Argumentation durchsetzen. Auch wenn die Stellung der Frau in Iran, entgegen aller Vorurteile gegenüber der Islamischen Republik, in der Praxis sehr viel besser ist als in vielen anderen Ländern der Region, sind Frauen auch hier nicht gleichberechtigt (GIZ 3.2018c).

In rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind iranische Frauen vielfältigen Diskriminierungen unterworfen, die jedoch zum Teil durchaus relativ offen diskutiert werden. Von einigen staatlichen Funktionen (u.a. Richteramt, Staatspräsident) sind Frauen gesetzlich oder aufgrund entsprechender Ernennungspraxis ausgeschlossen. Laut offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei Frauen bei 20,8% (1,11 Millionen), unter Frauen mit höherer Bildung liegt sie noch deutlich höher. Auch nach der Population Situation Analysis der Universität Teheran vom Sommer 2016 besteht im Bereich der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt erhöhter Nachholbedarf (AA 23.2.2018).

In rechtlicher Hinsicht unterliegen Frauen einer Vielzahl diskriminierender Einschränkungen. Prägend ist dabei die Rolle der (Ehe-)frau als dem (Ehe-)mann untergeordnet, wie sich sowohl in Fragen der Selbstbestimmung, des Sorgerechtes, der Ehescheidung als auch des Erbrechts erkennen lässt (AA 23.2.2018). Unabhängig vom Alter kann eine Frau nicht ohne Erlaubnis ihres männlichen Vormunds heiraten. Auch können iranische Frauen ihre iranische Staatsbürgerschaft nicht an ausländische Ehemänner oder ihre Kinder weitergeben (HRW 18.1.2018, vgl. US DOS 20.4.2018, ACCORD 12.2015). Im Straf- bzw. Strafprozessrecht sind Frauen bereits mit neun Jahren vollumfänglich strafmündig (Männer mit 15 Jahren), ihre Zeugenaussagen werden hingegen nur zur Hälfte gewichtet. Bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote müssen Frauen mit Strafen rechnen. So kann etwa eine Frau, die ihre Haare oder die Konturen ihres Körpers nicht verhüllt, mit Freiheitsstrafe (zehn Tage bis zu zwei Monaten) und/oder Geldstrafe bestraft werden. Grundsätzlich ist auch die Verhängung von bis zu 74 Peitschenhieben wegen Verstoßes gegen die öffentliche Moral möglich; dazu kommt es in der Regel nicht, da die Familien von der Möglichkeit des Freikaufs überwiegend Gebrauch machen. Weitere diskriminierende Vorschriften finden sich im Staatsangehörigkeitsrecht, internationalen Privatrecht, Arbeitsrecht sowie im Sozialversicherungsrecht (AA 23.2.2018).

Die stagnierende wirtschaftliche Lage Irans hat ein stetes Wachstum der Arbeitslosenrate in den vergangen Jahren zur Folge gehabt. Insbesondere hat die hohe Arbeitslosigkeit im Land auch Einfluss auf die wirtschaftliche Situation von alleinstehenden Frauen genommen; u.a. sieht das Gesetz nicht die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern vor. Die Arbeitslosenrate bei Frauen ist doppelt so hoch wie jene der Männer. Offizielle Statistiken über die Situation der Arbeitslosen im Iran sind nicht besonders zuverlässig. Gemäß dem Global Gender Gap Report 2015 sind nur 23% der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren in den Arbeitsmarkt integriert. Selbst gut qualifizierte Frauen haben Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden. Dieses Ungleichgewicht hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Vor allem junge Frauen sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Es gab einen drastischen Anstieg der Anzahl arbeitsloser Frauen im Alter von 15-24 Jahren. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und die beruflichen Möglichkeiten für Frauen sind durch soziale und rechtliche Regelungen eingeschränkt. Spezifische gesetzliche Regelungen bestimmen die Arbeit von Frauen und unterstreichen die traditionelle Rolle der Frau in der Gesellschaft - nämlich als Mutter und Ehefrau (ÖB Teheran 9.2017). Konservative Kreise betonen immer wieder, dass sie Frauen in einer islamischen Gesellschaft ausschließlich in ihrer Rolle als Mütter sehen (AA 23.2.2018). Zum Beispiel legt das Gesetz es Frauen nahe, sich für drei Viertel der regulären Arbeitszeit von Männern zu bewerben, und Frauen brauchen das Einverständnis ihres Ehemannes, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Außerdem werden Stellenausschreibungen oft geschlechtsspezifisch ausgeschrieben, sodass es Frauen verwehrt wird, sich - ungeachtet ihrer Qualifikationen - für bestimmte Positionen zu bewerben. Auch von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz wird berichtet. Die gravierenden Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit verhindern außerdem den Zusammenschluss erwerbstätiger Frauen in Gewerkschaften, um Frauenrechte effektiver vertreten und einfordern zu können. Aufgrund der Schwierigkeit für Frauen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist der familiäre Rückhalt für alleinstehende Frauen umso bedeutender. Jedoch erhalten manche Frauen, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben (wie zum Beispiel lesbische Frauen oder Prostituierte), keine Unterstützung durch die Familie und werden Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat (ÖB Teheran 9.2017).

Gesetzliche Regelungen räumen geschiedenen Frauen das Recht auf Alimente ein. Geschiedene Frauen haben auch das Recht auf Entschädigung für erbrachte Hausarbeit während der Ehe, vor allem wenn der Mann die Scheidung ohne triftigen Grund verlangt hat. Angaben über (finanzielle) Unterstützung vom Staat für alleinerziehende Frauen sind nicht auffindbar. Das Gesetz sieht vor, dass geschiedenen Frauen vorzugsweise das Sorgerecht für ihre Kinder bis zu deren siebentem Lebensjahr gegeben werden soll. Danach soll das Sorgerecht dem Vater übertragen werden, außer dieser ist dazu nicht im Stande. Heiraten geschiedene Frauen erneut, verlieren sie das Sorgerecht für Kinder aus einer früheren Ehe (ÖB Teheran 9.2017).

Krisenzentren und Frauenhäuser existieren mittlerweile in Iran. Angeblich sollen staatlich geführte Einrichtungen für alleinstehende Frauen, Prostituierte, Drogenabhängige oder Mädchen, die von Zuhause davon gelaufen sind, vorhanden sein. Jedoch sind Informationen über diese Einrichtungen der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Genauere Informationen über mögliche Unterstützungen des Staates für alleinstehende Frauen sind nicht eruierbar (ÖB Teheran 9.2017).

Alleinstehende, nicht geschiedene Frauen haben Schwierigkeiten, selbstständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen, da gesellschaftliche Normen verlangen, dass eine unverheiratete Frau im Schutze ihrer Familie oder eines männlichen Familienmitglieds lebt. Im Gegensatz dazu dürfte es gesellschaftlich akzeptiert sein, dass geschiedene Frauen alleine wohnen. Alleinstehende Frauen, die nicht geschieden sind, sind laut Gesetz in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Es wird berichtet, dass Frauen - vorwiegend in ländlichen Regionen - oft eine Zustimmung eines männlichen gesetzlichen Vertreters benötigen, um alleine zu reisen und einen Reisepass zu beantragen. Alleinreisende Frauen in ländlichen Regionen sind demnach Belästigungen durch staatliche und nicht staatliche Akteure ausgesetzt. Letztlich erlebte auch die Diskussion rund um das Stadionverbot für Frauen wieder frischen Wind, nachdem die iranische Männerfußballnationalmannschaft nach ihrer Qualifikation zur WM 2018 bei Präsident Rohani eine Gesetzesänderung forderte. Der Oberste Führer Khamenei erließ im September 2016 eine Fatwa, die das Radfahren für Frauen in der Öffentlichkeit verbietet. Seitdem protestieren Radfahrerinnen empört in den Sozialen Medien durch das Hochladen von Bildern, die Frauen beim Radfahren zeigen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass alleinstehende Frauen in Iran Unterstützung vom Staat und der Gesellschaft nur beschränkt erwarten können. Vorwiegend Frauen, denen kein familiärer Rückhalt zuteil wird und die außerhalb der gesellschaftlichen Normen leben (Prostituierte, Betroffene des Frauenhandels, weggelaufene Mädchen, Geschiedene, lesbische Frauen) sind Diskriminierungen und Unterdrückung durch Staat und Gesellschaft ausgesetzt. Die schwierige wirtschaftliche Lage und die hohe Arbeitslosigkeit unter Frauen, vor allem in ländlichen Regionen, veranlassen Frauen, das Land zu verlassen und in die Stadt zu ziehen oder zu emigrieren (ÖB Teheran 9.2017).

Der Staat ist verpflichtet, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen. Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können aber nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Fälle von Genitalverstümmelung sind nicht bekannt (AA 23.2.2018). Vergewaltigung ist generell mit der Todesstrafe bedroht, bei Ehepartnern wird Vergewaltigung jedoch nicht anerkannt (ÖB Teheran 9.2017). Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen, wie häusliche Gewalt und Früh- und Zwangsverheiratungen, sind weit verbreitet und werden nicht geahndet. Geschlechtsspezifische Gewalt ist weiterhin nicht strafbar. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist seit 2012 anhängig. Das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen liegt bei 13 Jahren. Väter und Großväter können bei Gericht eine Erlaubnis einholen, wenn sie Mädchen noch früher verheiraten wollten. Der Wächterrat ließ keine der 137 Frauen, die bei der Präsidentschaftswahl 2017 antreten wollten, für eine Kandidatur zu. Nach der Wahl berief Präsident Rohani keine Frau in sein Kabinett. Aufgrund des gesetzlichen Zwangs, ein Kopftuch (Hidschab) zu tragen, stehen Frauen im Visier von Polizei und paramilitärischen Kräften. Sie werden schikaniert und festgenommen, wenn Haarsträhnen unter ihrem Kopftuch hervorschauen, wenn sie stark geschminkt sind oder eng anliegende Kleidung tragen. Frauen, die sich gegen die Kopftuchpflicht einsetzen, werden Opfer staatlich unterstützter Verleumdungskampagnen (AI 22.2.2018). Nach anderen Berichten will die Polizei Frauen, die sich auf den Straßen "unislamisch" kleiden oder benehmen, nunmehr belehren statt bestrafen. Frauen, die (in der Öffentlichkeit) die islamischen Vorschriften nicht beachten, würden laut Teherans Polizeichef seit einiger Zeit nicht mehr auf die Wache gebracht. Vielmehr würden sie gebeten, an Lehrklassen teilzunehmen, um ihre Sichtweise und ihr Benehmen zu korrigieren. In Iran müssen alle Frauen und Mädchen ab neun Jahren gemäß den islamischen Vorschriften in der Öffentlichkeit ein Kopftuch und einen langen, weiten Mantel tragen, um Haare und Körperkonturen zu verbergen. "Sünderinnen" droht die Festnahme durch die Sittenpolizei, in manchen Fällen auch ein Strafverfahren und eine saftige Geldstrafe. Die Gesetze - und Strafmaßnahmen - gibt es schon seit fast 40 Jahren, genauso lange haben sie nicht viel gebracht. Die Kopftücher wurden und werden immer kleiner und die Mäntel immer kürzer und enger. Auch strengere Kontrollen der Sittenpolizei auf den Straßen führten nicht zu dem erhofften Sinneswandel der Frauen. Laut Polizeichef Rahimi gab es in diesem Jahr bereits mehr als 120 solcher Aufklärungsklassen, an denen fast 8.000 Frauen teilgenommen haben. Bewirkt haben sie anscheinend aber wenig. Nach der Wiederwahl des moderaten Präsidenten Hassan Rohani und der Ausweitung der gesellschaftlichen Freiheiten werden besonders abends immer mehr Frauen ohne Kopftuch in Autos, Cafés und Restaurants der Hauptstadt gesehen (Standard.at 27.12.2017; vgl. Kurier.at 27.12.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD (12.2015): COI compilation Iran: Women, children, LGBTI persons, persons with disabilities, "moral crimes", http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1451977796_568a98324.pdf , Zugriff 18.6.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 15.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 15.6.2018

- Kurier.at (27.12.2017): Belehrung statt Bestrafung für "unislamisch" gekleidete Iranerinnen, https://kurier.at/politik/ausland/belehrung-statt-bestrafung-fuer-unislamisch-gekleidete-iranerinnen/303.910.665 , Zugriff 25.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 15.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- Standard.at (27.12.2017): Belehrung statt Bestrafung für "unislamisch" gekleidete Iranerinnen, https://derstandard.at/2000071088880/Belehrung-statt-Bestrafung-fuer-unislamisch-gekleidete-Iranerinnen , Zugriff 25.6.2018

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 15.6.2018

i. Rechtliche Bestimmungen bez. Frauen

Aufenthaltsbestimmungsrecht:

Der Ehemann hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich und seine Frau (Art. 1104 des iranischen Zivilgesetzbuchs, iZGB). Sie benötigt die schriftliche Einwilligung ihres Ehemannes, um einen Reisepass zu beantragen (Art. 18 III Passgesetz). Der Ehemann hat das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen eine Ausreisesperre gegen seine Ehefrau zu verhängen. In einigen Städten benötigen allein reisende Frauen eine behördliche Erlaubnis, um in öffentlichen Hotels und Gästehäusern übernachten zu können (AA 9.12.2015).

Volljährigkeit:

Mädchen werden mit dem 9. Lebensjahr volljährig, Jungen mit Vollendung des 15. Lebensjahres. Geschäftsfähigkeit erlangen beide in der Regel erst mit 18 Jahren (AA 9.12.2015).

Eherecht:

Die Ehe eines nicht-muslimischen Mannes mit einer Muslimin ist verboten (Art. 1059 ZGB); für die Ehe einer iranischen Frau mit einem Ausländer ist eine behördlichen Sondergenehmigung erforderlich (Art. 1060 ZGB). Eine ledige Frau benötigt unabhängig von ihrem Alter zur ersten Eheschließung die Zustimmung des gesetzlichen Vormunds, in der Regel die des Vaters (Art. 1043 ZGB). Laut Art. 1108 ZGB hat eine Ehefrau, die ihre Ehepflichten (Gehorsam und Ehebeziehungen) nicht erfüllt, keinen Anspruch auf Unterhalt. Der Ehemann hat das Recht zur Vielehe (bis zu vier Frauen) (AA 9.12.2015).

Scheidungsrecht:

Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss. Ebenso kann er nach einer widerrufbaren Scheidung die Ehe innerhalb von drei Monaten wieder aufnehmen. Eine Frau kann bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemanns (Art. 1122, 1125 ZGB), wegen einer unerträglichen Härte im Falle der Fortführung der Ehe z.B. bei stark unislamischer Lebensführung des Ehemanns oder bei Verletzung der Unterhaltspflicht (Art. 1130 ZGB) die Scheidung beantragen. Zusätzlich zu diesen gesetzlich geregelten Fällen werden in standardisierten, notariell beurkundeten Eheverträgen oft weitere Scheidungsgründe vereinbart (z.B. für die Frau gefährliche Erkrankung, Drogenkonsum, weitere nicht abgestimmte Heirat des Ehemanns). Das Vorliegen der Scheidungsbedingungen nachzuweisen ist für die Frau sehr schwierig. Im Streitfall kann sich ein solcher Rechtsstreit über mehrere Jahre hinziehen. Die Frau hat jedoch in den meisten Fällen die Möglichkeit, dem Mann gegen die Scheidung die Morgengabe zu schenken, wobei es sich häufig um große Summen handelt. Lässt sich der Mann scheiden, muss er diese der Frau auszahlen. Die Zahl der Scheidungen im ersten Quartal des iranischen Jahres 1394 (21.3.-20.6. 2015) ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,5 % gestiegen. Einen besonders hohen Anteil stellen einvernehmliche Scheidungen dar (AA 9.12.2015).

Sorgerecht:

Das Sorgerecht gliedert sich nach den Vorschriften des iZGB in zwei Kategorien: Die Vermögenssorge sowie alle Fragen der Stellvertretung (sog. "Welayat") liegen immer beim Vormund des Kindes, in der Regel also beim Vater. Über Fragen des körperlichen und geistigen Wohls des Kindes (sog. "Hezanat") entscheiden beide Ehegatten gemeinsam. Bei einer Scheidung erhält die Frau für Kinder bis zum Alter von sieben Jahren die "Hezanat" (Sorgerecht in Bezug auf körperliches und geistiges Wohl des Kindes) (Art. 1169 ZGB). Bei Erreichen der Altersgrenze fällt sie automatisch an den Vater. Nur in Fällen der Beeinträchtigung des physischen oder moralischen Wohls der Kinder kann das Sorgerecht ausnahmsweise durch ein Gericht auch nach Erreichen der Altersgrenze der Mutter zugesprochen werden. Sie verliert das Sorgerecht, wenn sie wieder heiratet (AA 9.12.2015).

Staatsangehörigkeit:

Die ausländische Ehefrau eines Iraners erwirbt durch die Eheschließung automatisch die iranische Staatsangehörigkeit und wird dann ausschließlich als Iranerin behandelt. Erwirbt die iranische Ehefrau unmittelbar durch eine Eheschließung die Staatsangehörigkeit ihres ausländischen Ehemannes, verliert sie die iranische Staatsangehörigkeit. Nach dem Tod des Ehemanns oder nach Trennung der Eheleute hat die Frau ein Recht auf Wiedererwerb der iranischen Staatsangehörigkeit. Wird der Ehemann eingebürgert, erwerben Ehefrau und minderjährige Kinder automatisch ebenfalls die iranische Staatsangehörigkeit. Eine mit einem iranischen Staatsangehörigen verheiratete Frau kann nominell weder eine andere Staatsangehörigkeit erwerben noch aus der iranischen Staatsangehörigkeit entlassen werden. Das Kind eines iranischen Vaters erwirbt seine Staatsangehörigkeit. Das Kind erwirbt in der Regel aber nicht die Staatsangehörigkeit von seiner iranischen Mutter, es kann sich jedoch nach Erreichen der Volljährigkeit einbürgern lassen (AA 9.12.2015).

Einwilligungsvorbehalt:

Der Ehemann einer iranischen Frau hat das Recht, der Ehefrau die Ausübung eines Berufs zu versagen, wenn dies den Interessen der Familie widerspricht und seiner Würde zuwiderläuft (AA 9.12.2015).

Sozialversicherung:

Das Sozialversicherungswesen ist darauf ausgelegt, dass der Mann die Familie unterhält. Der Fall, dass eine Frau für das Familieneinkommen sorgt, obwohl auch der Mann dazu in der Lage wäre, ist nicht vorgesehen. Eine Frau erhält in der Regel lediglich dann Leistungen aus der Sozialversicherung, wenn sie die einzige Ernährerin der Familie ist (AA 9.12.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

Sexuelle Minderheiten

Verboten ist in Iran jede sexuelle Beziehung, die außerhalb der heterosexuellen Ehe stattfindet, also auch homosexuelle Beziehungen, unabhängig von der Religionsangehörigkeit (ÖB Teheran 9.2017, vgl. FH 1.2018). Auf homosexuelle Handlungen, welche auch als "Verbrechen gegen Gott" gelten, stehen offiziell Auspeitschungen und kann mit der Todesstrafe (dies besagen diverse Fatwas, die von beinahe allen iranischen Klerikern ausgesprochen wurden) geahndet werden (ÖB Teheran 9.2017, vgl. HRW 18.1.2018). Im Falle von "Lavat" (Sodomie unter Männern) ist die vorgesehene Bestrafung die Todesstrafe. Auf "Mosahegheh" ("Lesbianismus") stehen 100 Peitschenhiebe. Nach vier Wiederholungen kann aber auch die Todesstrafe verhängt werden. Die Bestrafung von gleichgeschlechtlichen Handlungen zwischen Männern ist meist schwerwiegender als die für Frauen. Gleichfalls ist Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht verboten. Die Todesstrafe wird vor allem bei homosexuellen Vergewaltigungen verhängt. Im Falle von einvernehmlichen homosexuellen Handlungen werden zumeist Freiheits- sowie Körperstrafen verhängt. Da Homosexualität offiziell als Krankheit gilt, werden Homosexuelle vom Militärdienst befreit und können keine Beamtenfunktionen ausüben. Es ist davon auszugehen, dass Verurteilungen im Falle von Homosexualität auf andere Straftatbestände lauten. Manche Verurteilungen basieren auf Geständnissen, die durch Folter erzwungen wurden (ÖB Teheran 9.2017).

Aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und sozialer Ausgrenzung ist ein öffentliches "Coming out" grundsätzlich nicht möglich. Lesbische Frauen aus traditionellen, armen Familien sehen sich aus sozio-ökonomischen Gründen oder von Seiten der Familie häufig gedrängt, einen Mann zu heiraten (AA 2.3.2018).

Geschlechtsumwandlungen sind zulässig und entsprechende Operationen werden in voller Höhe von Krankenversicherungen erstattet. Nach der Operation dürfen Transgender-Personen heiraten. Die Geschlechtsumwandlungen gelten allerdings häufig als Weg, von der Heterosexualität abweichende sexuelle Orientierungen oder Identitäten in die Legalität zu bringen. Iran hat nach Thailand die höchste Rate an Geschlechtsumwandlungen (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017, US DOS 20.4.2018). Personen, die sich Geschlechtsumwandlungen unterzogen haben, können einen Antrag für neue Dokumente bei Gericht stellen, die effizient und transparent ausgestellt werden (US DOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 7.6.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 7.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 7.6.2018

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor, es gibt jedoch einige Einschränkungen in der Praxis. Die Regierung verlangt von allen Bürgern für Auslandsreisen Ausreisebewilligungen. Bürger, die auf Staatskosten ausgebildet wurden oder Stipendien erhalten haben, müssen diese entweder zurückzahlen, oder erhalten befristete Ausreisebewilligungen. Die Regierung schränkt auch die Reisefreiheit von einigen religiösen Führern und Mitgliedern von religiösen Minderheiten ein. Ebenso sind Wissenschaftler in sensiblen Bereichen und Journalisten, Akademiker, oppositionelle Politiker und Menschen- und Frauenrechtsaktivisten von Reiseverboten und Konfiszierung der Reisepässe betroffen. Verheiratete Frauen dürfen nicht ohne die Zustimmung ihrer Männer ins Ausland reisen (US DOS 20.4.2018).

Zur Ausreise aus Iran benötigt ein iranischer Staatsangehöriger einen gültigen Reisepass und einen Nachweis über die Bezahlung der Ausreisegebühr (derzeit 750.000 IRR, ca. 19 Euro). Am internationalen Flughafen Imam-e Khomeini werden zunehmend strenge Kontrollen durchgeführt. Die illegale Ausreise erfolgt zumeist auf dem Landweg unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Türkei. Aufgrund der Visafreiheit mit Serbien seit September 2017 wird eine steigende Zahl von Iranern gemeldet, die illegal über den Flughafen Belgrad in die EU einzureisen versuchen; auch Nepal scheint dank Visa-on-Arrival ein möglicher Fluchtweg mit gefälschten Pässen zu sein (AA 2.3.2018).

Soweit Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit unterschiedslos. Ausweichmöglichkeiten bestehen somit nicht (AA 2.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 7.6.2018

Flüchtlinge

In Iran leben viele Flüchtlinge, von denen die afghanischen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran im Moment das viertgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit (GIZ 3.2018c). Es existieren keine offiziellen Angaben dazu, wie viele Flüchtlinge und Migranten sich in Iran aufhalten. Nach inoffiziellen Statistiken sind mehr als 3 Mio. Menschen aus Nachbarstaaten, v.a. über 2,5 Mio. aus Afghanistan und ca. 0,5 Mio. aus dem Irak, nach Iran geflüchtet. In offiziellen staatlichen Statistiken scheinen nur die registrierten und offiziell anerkannten Flüchtlinge (rund 950.000 Afghanen und 28.000 Iraker) auf, welchen eine "Amayesh"-Karte ausgestellt wurde, wodurch der Zugang zu öffentlicher Grundversorgung (Grundschule, Erstversorgung, Impfungen, Sozialwohnungen, etc.) und Arbeitsmarkt gegeben ist (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 2.3.2018, Lifos 10.4.2018). 700.000 Personen wurden 2016 nach Afghanistan abgeschoben, sollen jedoch zu einem großen Teil wieder nach Iran zurückgekehrt sein (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 2.3.2018).

Zuletzt wurden 620.000 afghanischen Passinhabern, viele davon ohne legalen Aufenthaltsstatus oder Träger der Amayesh-Karte, ein iranisches Visum ausgestellt, wodurch der Aufenthalt legalisiert werden konnte. Weitere Verbesserungen für Flüchtlinge und Migranten war die Ausdehnung der Schulpflicht auf alle in Iran aufhältigen afghanischen Kinder, auch jene ohne legalen Aufenthaltsstatus. 400.000 afghanische und irakische Kinder sind derzeit in Grundschulen und Sekundarschulen eingeschrieben. Die Schulgebühren für Flüchtlingskinder wurden 2016 aufgehoben. 15.000 neue Schulzimmer wurden errichtet. Familien, deren Kind oder Kinder in Iran die Schule besuchen, können nicht abgeschoben werden. 2016 waren 350.000 irakische und afghanische Studierende inskribiert (ÖB Teheran 9.2017, vgl. HRW 18.1.2018).

Iran hat die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet und übernimmt seit mehr als drei Jahrzehnten die Verantwortung für afghanische und irakische Flüchtlinge im Land; über die Einwanderung aus Pakistan werden keine Angaben gemacht. Die Regierung hat im Jahr 2017 mit einer schrittweisen Ausweitung der Registrierung begonnen. In diesem Kontext wurden zum Schuljahr 2017/2018 weitere 70.000 nicht-registrierte Flüchtlingskinder in das Schulsystem aufgenommen, zusätzlich zu den bereits 46.000, die infolge eines Dekrets des Obersten Revolutionsführers aus dem Jahr 2015 neu eingeschrieben werden konnten. Neben dem Schutz vor Abschiebungen für die ganze Familie geht damit der Zugang zu einer besseren Grundversorgung mit Nahrungsmitteln sowie Beratung und Gesundheitsfürsorge einher. Die Krankenversicherungsleistungen für registrierte Flüchtlinge sollen erweitert und möglichst alle Flüchtlinge in medizinische Betreuungsmaßnahmen aufgenommen werden. Dazu bedient sich die Flüchtlingsbehörde BAFIA (Bureau for Aliens and Foreign Immigrants Affairs) zunehmend eines Überweisungssystems von besonders schwierigen Fällen an internationale NGOs oder den UNHCR. Dieser ist mit Gesundheitsstationen in 18 Provinzen tätig und hat mit einem zusätzlichen Versicherungsangebot innerhalb des bestehenden Salamat-System (UPHI) [Krankenversicherung] schon in mehr als 140.000 Härtefällen (2. Zyklus) Hilfe geleistet (AA 2.3.2018). Seit 2016 verfügen alle registrierten Flüchtlinge über eine staatliche Krankenversicherung, der Status unregistrierter Flüchtlinge bleibt jedoch offen. Amayesh Card Besitzern wird für 12 US-Dollar im Jahr die medizinische Versorgung finanziell enorm erleichtert. Den schwächsten Flüchtlingsgruppen (Witwen, Alte und Gebrechliche) wird die medizinische Versorgung kostenfrei von der Regierung, mit Zuschuss von UNHCR, zur Verfügung gestellt. Die staatliche Krankenversicherung ermöglicht den Zugang zu öffentlichen Krankenhäusern und privaten Gesundheitsinstitutionen. Schwangeren werden mit dieser Versicherung u.a. die monatliche Kontrolluntersuchung sowie die Entbindung bezahlt. Für zusätzliche Untersuchungen, wie Bluttests oder Ultraschalluntersuchungen, müssen die Frauen jedoch selbst aufkommen (ÖB Teheran 9.2017).

Die Behörden arbeiten mit dem Büro von UNHCR zusammen, um afghanischen und irakischen Flüchtlingen Hilfe bereitzustellen (US DOS 20.4.2018). Seitens des UNHCR wird Iran in Sachen Flüchtlingsarbeit sehr gelobt. Es besteht sogar der Plan, Iran in das CRRF (Comprehensive Refugee Response Framework) aufzunehmen, um auf der schon existierenden, guten Integrationsarbeit aufbauen zu können. Nur wenige Flüchtlinge leben in Iran in Flüchtlingscamps, die Mehrheit lebt in Dörfern und Städten (ÖB Teheran 9.2017).

Amayesh Cards sollen auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Jedoch bedarf es einer behördlichen Arbeitserlaubnis als Teil der Amayesh Karte (ÖB Teheran 9.2017; vgl. Lifos 10.4.2018). Die meisten Flüchtlinge gehen eher minderwertigen und schlecht bezahlten Arbeiten v.a. im Bausektor nach, die offiziell versicherungspflichtig sind. Sie sind im Großen und Ganzen - auch wenn sie zum Teil bereits in der zweiten Generation in Iran leben, wenig integriert. 15% der Flüchtlinge, die sich auf den Weg nach Europa machen, haben mindestens 6 Monate hier verbracht (AA 2.3.2018).

Human Rights Watch berichtet über die Anwerbung tausender Flüchtlinge als Söldner für den Krieg in Syrien (Fatemiyoun Brigade - im Gegensatz zu Zeynabiyun für junge Pakistani - mit 20.000 Kämpfern, seit 2013 angeblich mindestens 656 Gefallene) gegen Bezahlung und teils mit dem Versprechen einer iranischen Staatsangehörigkeit. Von offizieller iranischer Seite wird seit kurzem versucht, das Ansehen dieser Kämpfer zu verbessern (AA 2.3.2018). Internationale Medien berichteten nach dem Kriegseintritt Irans in Syrien immer wieder, dass ohne legalen Status in Iran aufhältige Afghanen, darunter Minderjährige, für den Kampf in Syrien rekrutiert werden, mit monetären Anreizen (Berichten zufolge etwa 800 US-Dollar pro Monat) und dem Versprechen eines rechtmäßigen, 10-jährigen Aufenthaltstitels in Iran, welches manchen Berichten zufolge nicht immer vollständig eingehalten wird. Außerdem besteht offenbar auch die Möglichkeit, sich nach dem Krieg in Syrien niederzulassen (ÖB Teheran 9.2017).

Da das iranische Staatsbürgerschaftsrecht die Weitergabe der iranischen Staatsbürgerschaft an den Vater bzw. dessen Anerkenntnis des Kindes koppelt, und Frauen die iranische Staatsbürgerschaft nicht an ihren Ehemann weitergeben können, wird die Zahl der Staatenlosen in Iran auf 400.000 bis 1 Mio. Menschen geschätzt, v.a. aus Verbindungen von Iranerinnen mit Flüchtlingen und sonstigen Migranten. Den Staatenlosen wird von den meisten Provinzverwaltungen Zugang zur öffentlichen Grundversorgung und das Ausstellen von Reisedokumenten und sonstigen Papieren verwehrt, eine einheitliche Praxis fehlt. Wohltätige Organisationen, v.a. iranische, übernehmen teilweise die Kosten für die medizinische Erstversorgung (ÖB Teheran 9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html , Zugriff 7.6.2018

- Lifos - Zentrum für Länderinformationen und Länderanalyse im Migrationsbereich (10.4.2018): Afghanistan: Afghanen im Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434046/5818_1528099872_afgh-ba-analysen-afghanen-im-iran-2018-05.pdf , Zugriff 26.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 7.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

- US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 7.6.2018

Amayesh-Programm, illegal aufhältige Afghanen, Arbeit, Besitz, Wohnungsmarkt für Afghanen

Mit der Durchführung des Amayesh-Programms für Flüchtlinge in Iran wurde in der Zeit von 2001 bis 2003 begonnen. Im Jahr 2001 begann man mit den Vorregistrierungen und im Jahr 2003 wurde die erste Amayesh-Runde durchgeführt. Die Personen, die durch das Programm registriert worden sind, bekommen sogenannte Amayesh-Karten ausgestellt, die das Recht auf, unter anderem, medizinische Versorgung und Ausbildung einschließen. Die Amayesh-Karten haben eine begrenzte Gültigkeit, und um seinen legalen Status in Iran nicht zu verlieren, müssen sich Amayesh-registrierte Personen bei jeder Registrierung, die in Iran durchgeführt wird, erneut registrieren. Die Afghanen, die vor 2001 nach Iran gekommen sind, werden - vorausgesetzt, dass sie sich bei sämtlichen Amayesh-Registrierungen registriert haben - von den iranischen Behörden als Flüchtlinge betrachtet. Das Amayesh-System ist heute kein offenes System, was bedeutet, dass neu eingereiste Afghanen kein Asyl in Iran beantragen können. Das System erfordert, dass diejenigen, die bereits registriert sind, ihre Registrierung erneuern müssen, aber nach 2001 im Prinzip keine Neuregistrierungen vorkommen. Zu den Ausnahmen gehören wenige besonders schutzbedürftige Fälle. Kinder von Amayesh-registrierten Eltern werden doch registriert. Wenn eine Person ihren Amayesh-Status infolge einer verpassten Registrierung verliert, gibt es keine Möglichkeit zur erneuten Registrierung. Vertreter des iranischen Außenministeriums bestätigen im November 2017, dass Amayesh-Registrierte ihren Status verlieren, falls sie Iran verlassen, weil der Amayesh-Status keine Ausreise erlaubt. Möglicherweise gibt es einzelne Fällen, wo Personen aber trotzdem eine Reiseerlaubnis bekommen haben. Normalerweise lassen Amayesh-Registrierte ihre Amayesh-Karte zu Hause, wenn sie vorhaben, die Landesgrenze zu passieren, damit sie nicht entdeckt werden und ihre Registrierung verlieren. Die gerade aktuelle Amayesh-Runde für Afghanen ist Amayesh 12, mit der im September 2017 begonnen wurde. Der Prozess zur erneuten Registrierung ist immer noch mit Schwierigkeiten und verschieden Arten von Ausgaben verbunden, die in den unterschiedlichen Provinzen variieren können. Normalerweise geschieht die Erneuerung jedes Jahr und die Kosten liegen bei 200-300 US-Dollar für eine Familie mit fünf Personen (Hierin sind die Kosten für die Arbeitserlaubnis für eine Person sowie die Provinzsteuer inkludiert). Die neuen Karten für Amayesh 12 sind hellblau. Die iranischen Behörden geben im Internet bekannt, wenn es Zeit für eine neue Amayesh-Runde ist. Sie informieren auch über andere Regeln online und erwarten, dass sich die Betroffenen auf dem Laufenden halten, was nicht immer der Fall ist. Hilfsorganisationen richten sich mit extra Information an die am meisten schutzbedürftigen Gruppen, damit sie nicht verpassen, sich erneut für eine neue Amayesh-Karte oder den Schulbesuch der Kinder zu registrieren. Von 2017-2018 wird die Aufnahme biometrischer Information im Zusammenhang mit der Amayesh-Registrierung eingeführt (Lifos 10.4.2018).

Da Bildung generell ein ausschlaggebender Grund für Menschen ist, ihre Heimat, wenn auch nur vorübergehend, zu verlassen, wird ihr auch unter Afghanen großer Wert zugeschrieben. Die iranischen Behörden sehen sich jedoch mit dem Dilemma konfrontiert, Schulbildung für Afghanen zugänglich zu machen und damit eventuell die Situation in Afghanistan zu verbessern, dabei jedoch einen weiteren Pull Faktor zu schaffen. Der Zugang zu höherer Bildung ist möglich, dafür muss jedoch der Flüchtlingsstatus aufgeben werden und ein Studentenvisum beantragt werden. Nach dem Studium besteht daher die Gefahr, keine Aufenthaltserlaubnis mehr zu erlangen. Infolgedessen beantragen viele stattdessen Asyl in Europa, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen, obwohl sie dies lieber in Iran gemacht hätten (ÖB Teheran 9.2017).

Amayesh-registrierte Afghanen haben das Recht, eine Arbeitsgenehmigung zu beantragen. Männer im Alter von 18 bis 65 sind dazu verpflichtet, dieses in Zusammenhang mit der Amayesh-Registrierung zu tun. Amayesh-registrierte Frauen können keine offizielle Arbeitserlaubnis in Iran beantragen, aber in der Praxis arbeiten auch einige afghanische Frauen - oft zu Hause. Der Arbeitsmarkt für Afghanen in Iran ist reguliert, und Afghanen haben das Recht, in 87 verschiedenen Berufen zu arbeiten (Lifos 10.4.2018). Die Integration afghanischer Flüchtlinge, ob registriert oder unregistriert, in den iranischen Arbeitsmarkt stellt jedoch weiterhin eine große Herausforderung dar. Laut NGOs wird es demnächst auch keinen Politikwandel hinsichtlich der Arbeitsintegration geben. Nicht zuletzt liegt auch innerhalb des Irans die inoffizielle Arbeitslosenrate bei über 20%. Aus diesem Grund wird Afghanen auch nur eine eingeschränkte Auswahl an Tätigkeiten erlaubt, die meist schwere körperliche Arbeit beinhalten (ÖB Teheran 9.2017; vgl. Lifos 10.4.2018). Ein Problem für Amayesh-registrierte ausgebildete Personen ist, dass die Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt bedeuten können, dass sie nicht in dem Bereich arbeiten können, für den sie ausgebildet sind. Was den Zugang der afghanischen Bevölkerung zum Arbeitsmarkt und die Möglichkeiten dazu, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, angeht, haben die iranischen Behörden in den letzten Jahren frühere Restriktionen verringert. In einzelnen Fällen, wo eine Amayesh-registrierte Person eine gewisse Berufskompetenz besitzt, die nicht unter die 87 erlaubten Berufe fällt, kann eine Ausnahme gestattet werden, die bedeutet, dass die Person trotzdem die Erlaubnis bekommt, in dem aktuellen Beruf tätig zu sein. Ein Teil der 620.000 Afghanen, die heute legal mit Pass und Visum in Iran leben, sind frühere Amayesh-Registrierte, die ihren Amayesh-Status für ein zeitlich begrenztes Visum aufgrund von Arbeit oder Studium aufgegeben haben. Die Vorteile, die ein solcher Statustausch mit sich bringt, sind, dass ein zeitlich begrenztes Arbeitsvisum das Recht dazu gibt, auch außerhalb der 87 für Afghanen erlaubten Berufe zu arbeiten. Man hat auch das Recht dazu, legal zwischen Iran und Afghanistan zu reisen sowie Auto zu fahren. Weiterhin haben Personen mit Pass und Visum im Unterschied zu Amayesh-registrierten Afghanen, die eine besondere Reiseerlaubnis beantragen müssen, wenn sie die Heimatprovinz verlassen wollen, auch das Recht dazu, über die Provinzgrenzen hinaus zu reisen. Trotz der Vorteile des Statuswechsels ist dieser aufgrund der Unsicherheit darüber, was passiert, wenn die zeitlich begrenzte Aufenthaltserlaubnis ausläuft, nicht so beliebt geworden (Lifos 10.4.2018). Viele Afghanen in Iran arbeiten im Bausektor. Ihr Lohn ist im Allgemeinen viel geringer als der Lohn iranischer Staatsbürger. Der durchschnittliche Monatslohn eines Afghanen in Iran liegt bei circa einer Million Toman [ungefähr 220 Euro]. Manchmal können Razzien an Arbeitsplätzen durchgeführt werden, aber die Behörden sind gleichzeitig pragmatisch, weil Iran auf die afghanische Arbeitskraft angewiesen ist. Razzien haben beispielsweise in Maschhad stattgefunden, aber im Allgemeinen betreiben die Behörden diese Praxis zurzeit nicht (Lifos 10.4.2018).

Als ein Teil der Bestrebungen der iranischen Behörden, Kontrolle über die sich illegal im Land aufhaltenden Afghanen zu bekommen, hat man im Jahr 2017 ein Programm zur Identifikation und Registrierung afghanischen Staatsbürger durchgeführt. Dieser sogenannte "headcount" richtete sich zu Beginn nur auf Afghanen, wurde aber später auch auf irakische Staatsbürger im Land ausgeweitet. Mitte September 2017 hatten iranische Behörden durch dieses Programm circa 800.000 ausländische Staatsbürger mit illegalem Aufenthalt im Land identifiziert. Das Identifizierungsprogramm der sich illegal aufhaltenden Afghanen hat sich in der ersten Runde auf drei besondere Kategorien gerichtet:

1) Unregistrierte Afghanen mit in die Schule gehenden Kindern

2) Unregistrierte Afghanen, die mit Amayesh-registrierten Personen verheiratet sind

3) Unregistrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind (Lifos 10.4.2018).

Personen aus diesen Kategorien, die eine dem Programm entsprechende Identifikation durchlaufen haben, haben einen Papierbeleg (headcount slip) erhalten, der sie bis auf Weiteres davor schützt, aus Iran deportiert zu werden. Die Möglichkeit zur Teilnahme an dem Programm wurde auf früher Amayesh-registrierte Personen oder Visumsinhaber, die ihren Status aus irgendeinem Grund verloren haben, ausgeweitet. Der Fokus der iranischen Behörden liegt darauf, den Aufenthalt der Afghanen, die sich illegal im Land befinden, zu erfassen und zu regulieren, und nicht auf Deportationen. Viele der nicht-registrierten Afghanen leben seit Jahrzehnten in Iran und werden als Arbeitskraft in der wachsenden Wirtschaft gebraucht. Auch wenn die Behörden immer noch Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, deportieren, wenn diese angetroffen werden, so haben sie auch eine pragmatische Haltung. Die Behörden sind sich dessen bewusst, dass die afghanische Arbeitskraft benötigt wird, da Afghanen oft die Arbeiten ausführen, die Iraner ablehnen, zum Beispiel im Bausektor. Es ist unklar, wohin die begonnene Regulierung der sich illegal im Land aufhaltenden Afghanen führen wird. Ein Szenario ist, dass man ihnendie Möglichkeit zu einem legalen Aufenthalt im Land verschafft, indem man ihnen eine Form von befristetem Aufenthaltsrecht bewilligt (Lifos 10.4.2018).

Neu angekommene Afghanen haben meist keine Probleme, in Iran eine Wohnung zu finden. Dies liegt daran, dass die afghanische Gesellschaft eine starke Netzwerkgesellschaft mit festen Beziehungen innerhalb der Netzwerke ist. Diejenigen, die nach Iran kommen, haben oft bereits Familienmitglieder im Land, bei denen sie wohnen können. Afghanen in Iran unterstützen sich gegenseitig und dieses kann auch für Personen gelten, die nicht miteinander verwandt sind. Viele Afghanen mieten große Wohnungen, und es können viele Personen in einem Haushalt wohnen. Afghanen in Iran haben ungeachtet dessen, ob sie Amayesh-registriert sind oder nicht, nicht das Recht dazu, ein Haus oder eine Wohnung zu besitzen, sondern können nur mieten. Die Wohnungskosten stellen einen der größten Ausgabenposten für Afghanen in Iran dar. Bei der Anmietung eines Hauses wird eine Kaution an den Besitzer bezahlt und je größer die Kaution, die hinterlegt werden kann, desto billiger werden die Mietkosten (Lifos 10.4.2018).

Die freiwillige Rückkehr registrierter afghanischer Flüchtlinge ist 2016 mit 2.426 fast zum Erliegen gekommen (2017 bislang 1.085, in den Vorjahren jeweils über 8.000): nach Angaben des UNHCR erfolgen über 70% dieser Ausreisen durch Studenten in der Absicht, mit einem entsprechenden Visum wieder nach Iran einzureisen. Von den übrigen 443.527 Rückkehrer wurden laut IOM 194.763 abgeschoben. Für das Jahr 2017 wurden bis Oktober 317.000 Rückkehrer gezählt, darunter 218.000 Deportationen. Die iranische Regierung scheint mittlerweile vom bisherigen Primat der Repatriierung abzuweichen und sich auf eine längerfristige Bleibeperspektive der Flüchtlinge einzustellen, was eine pragmatische Anpassung ihrer Flüchtlingspolitik erwarten lässt. Daneben engagieren sich vermehrt internationale Organisationen und NGOs in Zusammenarbeit mit BAFIA für die Hilfe afghanischer Flüchtlinge im Land (AA 2.3.2018).

Hochzeiten zwischen Iranern und afghanischen Flüchtlingen sind, obwohl keine Seltenheit, schwierig, da die iranischen Behörden dafür Dokumente der Botschaft oder der afghanischen Behörden benötigen (ÖB Teheran 9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- Lifos - Zentrum für Länderinformationen und Länderanalyse im Migrationsbereich (10.4.2018): Afghanistan: Afghanen im Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434046/5818_1528099872_afgh-ba-analysen-afghanen-im-iran-2018-05.pdf , Zugriff 26.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Grundversorgung

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro (AA 2.3.2018).

Seit dem Amtsantritt der Regierung Rohani 2013 konnte sich die iranische Wirtschaft etwas erholen. Der Abschwung der Wirtschaft (-6,6 % im Jahr 2012; -1,9 % im Jahr 2013) konnte 2014 gestoppt werden. Im Jahre 2016 konnte die Regierung schon ein Wirtschaftswachstum von 4,6% verzeichnen. Das weitere Wachstum ist wesentlich von den Sanktionserleichterungen abhängig und ohne einen stark zunehmenden Außenhandel nicht realistisch. Seit Anfang 2014 ist es der iranischen Regierung gelungen, den Abwärtstrend des Rial zu stoppen. Im iranischen Jahr 1394 (2014/2015) betrug die durchschnittliche Inflation 14,7%; derzeit liegt sie bei ca. 10%. Es ist abzusehen, dass sich die Währung durch die positiven Impulse des Atomabkommens auf die iranische Wirtschaft auch zukünftig stabil halten wird. Die Aufhebung der Sanktionen hat nur sehr langsam Konsequenzen für den Durchschnittsiraner. Kritiker warten ungeduldig auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und ein Wirtschaftswachstum, das nicht nur in der Ölwirtschaft, sondern auch in der Privatwirtschaft, etc, zu spüren ist. In seiner zweiten Amtszeit setzt Präsident Rohani daher verstärkt auf den weiteren Ausbau der Wirtschaft. Ausländische Investoren sollen für den iranischen Markt gewonnen werden, um Arbeitsplätze zu schaffen. Eine nachhaltige Erholung der iranischen Wirtschaft wird nämlich auch davon abhängen, ob es der Regierung gelingt, die Devisenknappheit und das Inflationsproblem langfristig unter Kontrolle zu bringen. Devisenreserven befinden sich Großteils im Ausland und können von der iranischen Regierung nur eingeschränkt verwendet werden. Beide Problembereiche sind eng mit dem Zugang zu ausländischen Devisenquellen und Investitionen aus dem Ausland verbunden. Gegenwärtig halten sich sowohl einheimische als auch ausländische Investoren aufgrund der derzeit noch nicht absehbaren politischen Risiken mit Investitionen zurück (ÖB Teheran 9.2017).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Die Arbeitslosenrate in Iran betrug im Juni 2016 nach offiziellen Statistiken 10,7% mit Tendenz nach oben. Inoffiziellen Zahlen zufolge ist der Wert jedoch fast doppelt so hoch. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 9.2017). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 1.2018).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast komplett unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher kaum eine eigenständige Wirtschaft entwickeln. Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten Jahren wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen. Vor diesem Hintergrund darf man davon ausgehen, dass der Modernisierung der Infrastruktur des Erdölsektors nach dem Ende der Sanktionen eine hohe Priorität eingeräumt werden wird (GIZ 3.2018b).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 18.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412 , Zugriff 26.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Sozialbeihilfen

Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch i.H.v. 800.000 IRR (ca. 20 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld i.H.v. 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 11 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 2.3.2018).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2017).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialversicherung sichert allen Arbeitnehmern einen Schutz bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Berufsunfällen zu. Von 15.000 Obdachlosen in Iran im Jahr 2015 waren 5.000 Frauen. Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren werden vom Sozialversicherungssystem erfasst. Die Finanzierung ist zwischen Arbeitnehmer (7% des Lohns), Arbeitgeber (20-23%) und dem Staat, welcher den Beitrag des Arbeitnehmers um weitere 3% erhöht, aufgeteilt. Das Sozialversicherungssystem ist für Selbständige zugänglich, sofern diese zwischen 12% und 18% ihres Einkommens freiwillig zahlen. Beamte, Soldaten, Polizisten und die Revolutionsgarden (IRGC) haben ihre eigenen Rentensysteme (IOM 2017).

Es gibt einige NGOs, die gezielt in Not geratene Personen unterstützen. Dazu zählt zum Beispiel BEHZISTI, welche beispielsweise Drogensüchtigen, alleinerziehenden Müttern, Personen mit Einschränkungen etc. hilft. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozial-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Der Zugang ist für alle Bürger gleich, dennoch gibt es zusätzliche Unterstützungen, die von den Communities/Organisationen getragen werden: Z.B. The Imam Khomeini Relief Foundation eine gemeinnützige Organisation, die im März 1979 gegründet wurde und ärmliche Familien unterstützt (IOM 2017).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

- IOM - International Organization for Migration (2017): Länderinformationsblatt Iran

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit(3.2018b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412 , Zugriff 26.4.2018

Medizinische Versorgung

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut (GIZ 3.2018c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 18.6.2018a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Chorasan sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 9.2017).

Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität. Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs. Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird. Dank eines Entwicklungsprogrammes für die Erweiterung der prä-stationären kostenlosen Notfalldienste konnte die Anzahl dieser von weniger als 600 zur Zeit der Revolution auf nahezu 2000 im Jahr 2013 vergrößert werden. Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 9.2017).

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen "Behvarz" (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise "nahversorgt" werden (In Städten übernehmen sog. "Gesundheitsposten" in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser). Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) anzufinden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 9.2017).

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden. Die "Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste" (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Dadurch stieg die Anzahl an Versicherten in Iran von 40% in 1994 auf 90% in 2010. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die "Imam Khomeini Stiftung", um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge (ÖB Teheran 9.2017). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2018c).

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben von den versicherten Personen in bar direkt an die Gesundheitsdienstleister entrichtet werden ("Out-of-pocket expenditure" ohne staatliche oder von Versicherungen unterstützte Hilfeleistungen), sei es bei staatlichen oder größtenteils privaten sekundären oder tertiären Einrichtungen (ÖB Teheran 9.2017).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI genannt: www.tamin.ir/ . Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern gedeckt (IOM 2017).

Versicherung durch Arbeit:

Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

Private Versicherung:

Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

Salamat Versicherung:

Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html (IOM 2017).

Zugang speziell für Rückkehrer

Anmeldeverfahren: Alle iranischen Bürger einschließlich Rückkehrer können beim Tamin Ejtemaei eine Krankenversicherung beantragen, http://www.tamin.ir/ Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können jedoch noch verlangt werden (IOM 2017).

Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2017).

In den zahlreichen Apotheken [Persisch: daru-khane] sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer (GIZ 3.2018c). Trotz kürzlicher Sanktionen gegen Iran, die zu einer vorläufigen Knappheit bestimmter Medikamentengruppen geführt haben, gibt es generell keinen Mangel an Medikamenten, Spezialisten sowie Behandlungsmöglichkeiten. Pharmazeutische Produkte werden unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums ausreichend importiert. "The Red Crescent" ist die zentrale Stelle bezüglich des Imports von speziellen Medikamenten, die für Patienten in bestimmten Apotheken erhältlich sind. Generell sind alle Medikamentengruppen in Iran erhältlich, welche üblicherweise in kleinen Mengen ausgeteilt werden, um den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden. Darüber hinaus gibt es vor allem in größeren Städten mehrere private Kliniken, die für Privatpatienten Gesundheitsdienste anbieten. In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitszentrum kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.6.2018a): Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/iransicherheit/202396 , Zugriff 18.6.2018

- IOM - International Organization for Migration (2017): Länderinformationsblatt Iran

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 18.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Rückkehr

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 2.3.2018).

Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 9.2017).

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen berichtet der FFM-Bericht, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie in Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 2.3.2018). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 2.3.2018).

Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 2.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 15.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Dokumente (einschließlich Überprüfung)

Gefälschte bzw. mit falschen Angaben erstellte Dokumente sind in Iran einfach erhältlich (ÖB Teheran; vgl. AA 2.3.2018). Dies schließt jegliche Art von Urkunden wie Reisedokumente, Geburts- oder Heiratsurkunden sowie Gerichtsurteile ein (AA 9.12.2015). Die vorgelegten Dokumente sind in den meisten Fällen echt, der Inhalt gefälscht oder verfälscht. Sowohl die von iranischen Behörden als auch von der afghanischen Botschaft in Iran ausgestellten Dokumente bestätigen unrichtige Angaben. Eine Überprüfung ist seitens der österreichischen Botschaft nicht möglich (ÖB Teheran 9.2017). Die afghanische Botschaft hat laut UNHCR jedenfalls kürzlich begonnen, Identitätsnachweise an afghanische Personen in Iran auszustellen (ÖB Teheran 9.2017).

Auch Bescheinigungen über die Betätigung in politischen Parteien oder Mitgliedsausweise insbesondere "monarchistischer" (d.h. Schah-Treue) Gruppen sind leicht zu beschaffen. Auch echte Dokumente unrichtigen Inhaltes, insbesondere auch die oben genannten Mitgliedsausweise, sind einfach bei den zuständigen Stellen zu beschaffen (AA 9.12.2015).

Die offizielle Registrierungsbehörde nimmt alle iranischen Staatsangehörigen in ihre Datenbank auf. Auslandsvertretungen sind nicht ermächtigt, Auskünfte einzuholen. Ein formales Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren ist nicht bekannt (AA 2.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in derIslamischen Republik Iran- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Individuell

Die Behauptung des Verbotes der Namen XXXX und XXXX ist grundlos (Auskunft des Vertrauensanwaltes der ÖB Teheran vom 20.04.2017).

Chirurgische Eingriffe an der Schilddrüse sind im Krankenhaus von Marivan nicht möglich, jedoch in Sanandasch und Teheran. Das notwendige Medikament Thyrex ist um rd. 12 Euro pro 100-Tabletten-Packung erhältlich. Berichte hinsichtlich einer Diskriminierung der kurdischen Volksgruppe bei der medizinischen Versorgung sind nicht bekannt. (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 20.06.2017)

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der BF 1-5 ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF1 und der BF2, an denen auf Grund ihrer Sprachkenntnisse, der örtlichen Kenntnisse und Gegebenheiten auch nicht zu zweifeln war, aus den bei der Behörde vorgelegten original Geburtsurkunden bzgl. BF1-2 sowie der Geburtsurkunden der in Österreich geborenen Kinder (BF3-5).

Die Feststellungen hinsichtlich ihrer illegalen Ausreise aus dem Iran, ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und des Datums ihrer Asylantragstellung in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt bzw. aus den Angaben des BF1 und und der BF2.

Die Feststellungen zur Herkunftsregion und ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, zu den familiären und privaten Verhältnissen und zu deren Situation in Österreich gründen sich auf die in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben des BF1 und der BF2.

Dass grundsätzlich alle BF gesund sind, geht aus den diesbezüglich gleichlautenden Angaben des BF1 und der BF2 in der hg. Verhandlung hervor. Die medikamentöse Behandung der BF2 bereits im Iran und auch in Österreich nach ihrer Schilddrüsenoperation konnte aufgrund der Angaben der BF2 und der vorgelegten medizinischen Unterlagen festgestellt werden.

Die Feststellungen zum Aufenthalt und der Asylantragstellung des BF1 in XXXX resultieren aus den im Akt einliegenden schriftlichen Auskünften der XXXX Behörden.

Die festgestellte Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus den hg. erstellten aktuellen Strafregisterauszügen.

Der Besuch von Deutschqualifizierungsmaßnahmen geht aus den vorgelegten Zertifikaten und Bestätigungen hervor. Die Feststellung, woanch der BF1 und die BF2 lediglich gebrochen deutsch sprechen, ergeben sich aus den persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin in der hg. Verhandlung gewinnen konnte.

Die Feststellung, wonach der BF1 eine ihm zugewiesene Arbeit durch das AMS nicht angenommen hat, ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des BF1. Die Feststellung zur Einstellungszusage ergibt sich aus einem seitens des BF1 vorgelegten Schreiben.

3.3.4. Zu den seitens des Beschwerdeführers 1 geltend gemachten ausreisekausalen Vorfällen:

Bereits bei Gegenüberstellung der Angaben des BF1 hinsichtlich der ausreisekausalen Gründe in der Erstbefragung mit jenen, die er in den beiden behördlichen Einvernahmen und in der späteren hg. Verhandlung angab, fällt auf, dass sich das diesbezügliche Vorbringen gravierend unterscheidet.

Während der BF in der Erstbefragung über Aufforderung, seinen Ausreisegrund kurz darzulegen, wörtlich angab: "...Wir werden als Kurden immer verfolgt: Wir werden vom Mullah Regime nicht akzeptiert und müssen tun was die und sagen. Zudem werden wir von ihnen immer benachteiligt. Mir wurde vom Regime ein paarmal gesagt, dass ich aufhören soll, gegen den Staat zu kämpfen. Aber ich bin ein Freiheitskämpfer. Ich bin kein Terrorist, sondern ich kämpfe für die Freiheit. Da ich wusste, dass ich im Iran als Kurde keine Freiheit habe, habe ich dann beschlossen, den Iran zu verlassen. Ich wollte Freiheit und ein besseres Leben haben. Außerdem weiß ich, dass mich die Regierung sowieso irgendwann ins Gefängnis geworfen oder umgebracht hätte. " (AS 23)

Zu allfälligen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr befragt, gab der BF1 an, er befürchte, hingerichtet zu werden.

Anders schilderte der BF1 seine Ausreisegründe in der ersten Einvernahme vor dem BAA dahingehend, dass er nie an einer Wahl teilgenommen und den Wehrdienst nicht abgeleistet und auch keinen Reisepass besessen habe. Als Kurde habe er auch keine Rechte, weshalb er nach XXXX gereist, jedoch aufgrund des Todes seines Vaters in den Iran zurückgekehrt sei. Er sei Sympathisant der PDKI; über Befragen, wie der die Partei unterstützt habe, gab der BF1 keine Unterstützung seinerseits an, sondern antwortete ausweichend, er habe die Partei immer gemocht und seien die führenden Personen sehr anständig und können kein Mensch den Personen etwas Schlechtes nachweisen, weshalb er die Partei möge (AS 195).

Im Gegensatz dazu erklärte der BF1 in der zweiten behördlichen Einvernahme vor dem BFA, aufgrund seiner politischen Aktivitäten ständig von der Polizei gesucht worden zu sein und habe man auch laufend bei seiner Familie nach seinem Aufenthaltsort gefragt (AS 373).

Während der BF1 in der behördlichen Erstbefragung lediglich allgemeine unkonkrete Angaben traf, behauptete der BF1 anlässlich der zweiten behördlichen Einvernahme erstmals polizeiliche Ermittlungen gegen seine Person von nicht unerheblicher Intensität, zumal er erklärte, dass die Behörden ständig nach ihm gesucht hätten. Auf die rezente Judikatur des VwGH in einem ähnlich gelagerten Fall sei an dieser Stelle verwiesen, vertritt dieser in seinem Erkenntnis Ra 2018/20/0168-3 vom 17.05.2018 die Auffassung, dass es nicht unvertretbar ist, in den in der Erstbefragung als Fluchtgrund geäußerten allgemeinen Sicherheitsbedenken wegen des Bürgerkrieges beweiswürdigend einen anderen Fluchtgrund zu sehen, als in dem nachfolgend vorgebrachten, mit einer kurzfristigen Verschleppung einhergehenden Versuch einer Zwangsrekrutierung.

Die erkennende Richterin verkennt nicht, dass sich gem. § 19 Abs 1 AsylG 2005 die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, doch ist die Frage in der Erstbefragung nach dem Ausreisegrund seitens des BF in eigenen Worten abschließend zu beantworten.

Im Protokoll der Erstbefragung findet sich auch der Vermerk, dass dem BF1 bewusst ist, dass nunmehr die Erstbefragung im Asylverfahren stattfindet und dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesamtes sind und er aufgefordert wird, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken (AS 17).

Dem BF1, der seinen Angaben zufolge die Grundschule und ein Gymnasium besucht hat (AS 15), musste sohin bewusst sein, dass die Angaben zum Ausreisegrund in der Erstbefragung für das weitere Verfahren von essentieller Bedeutung sind.

Beim Vorbringen, welches der BF1 in der Einvernahme vor dem BFA erstattete, handelt es sich jedoch nicht um ein Detaillieren der bereits in der Erstbefragung angegebenen Gründe, sondern hat der BF vielmehr ein anderes Vorbringen hinsichtlich seiner Ausreisegründe dargelegt, indem er erstmals zentrale Punkte, nämlich ein Naheverhältnis zu einer im Iran verbotenen kurdischen Partei, ein daraus resultierenden Leben im Untergrund und überdies eine ständige polizeiliche Suche nach seiner Person ins Treffen führte und kann schon aufgrund dieser gravierenden Divergenzen nicht von der Glaubwürdigkeit der Angaben, die der BF1 in seiner Einvernahme vor dem BFA zum Grund für das Verlassen seines Heimatstaates ins Treffen führte, ausgegangen werden.

In diesem Konnex ist auch darauf zu verweisen, dass der BF1 in der Erstbefragung lediglich allgemeine Gründe für seine Ausreise aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Minderheit schilderte (auch die Äußerung, wonach ihm vom Regime gesagt worden sei, er solle aufhören zu kämpfen war lt. Angaben des BF1 in der hg. Verhandlung lediglich generell und nicht individuell auf seine Person bezogen gemeint) und die daraus resultierende ungerechte allgemeine Behandlung der Kurden sowie die schlechte Arbeitsmarktsituation angab, jedoch keinen der später genannten konkreten, ihn persönlich betreffende Gründe (ständige polizeiliche Suche nach seiner Person) behauptete. Die BF2 und Gattin des BF1 gab auch an, dass sogar anlässlich der Hochzeit Zivilbeamte gekommen seien und nach dem BF1 gesucht hätten. Auch diese Angabe fand im Vorbringen des BF1 in der Erstbefragung keine Erwähnung.

Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass eine Person, welche ein Naheverhältnis zu einer im Iran verbotenen Partei hat und aufgrunddessen seitens der iranischen Polizei ständig gesucht wurde (wie es der BF im späteren Verfahren behauptete) und daher im Untergrund lebte, sohin individuelle, sie persönlich treffende erhebliche Gründe bei der ersten Möglichkeit, ihre Ausreisegründe vor einer Behörde des Staates, in dem diese Person Schutz sucht, völlig unerwähnt lässt, wenn solche tatsächlich existent gewesen wären, sondern es bei der ersten Möglichkeit, ihre Ausreisegründe zu schildern sich ausschließlich auf die allgemeine schlechte Situation der Minderheit, der sie angehört, beschränkt.

Bereits diese Vorgehensweise des BF1 ist dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit der Angaben des BF1 zu seinen Ausreisegründen erheblich in Zweifel zu ziehen.

Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen des BF1 zu seinem Aufenthalt in XXXX in mehrfacher Hinsicht gravierend widersprüchlich sind.

Zum einen erklärte der BF1 in der behördlichen Einvernahme (AS 191), der konkrete Anlass für seine Ausreise nach XXXX seien politische Gründe gewesen, da er als Kurde mit der iransichen Regierung große Probleme gehabt habe. Er habe als Kurde keine Rechte gehabt, habe keinen Reisepass erhalten und den Wehrdienst nicht abgeleistet, weshalb er ausgereist sei.

Der Behauptung des BF1, wonach er derart große Problme mit der iranischen Regierung gehabt habe, sodass er den Iran verlassen habe müssen, steht jedoch das Faktum entgegen, dass der BF1 seinen Asylantrag bei den norwegischen Behörden zurückzog, freiwillig wieder in den Iran zurückkehrte und dort bis zu seiner zweiten Ausreise im Jahr 2012 in seinem Heimatort bei der Familie verblieb (AS 19: Ich habe bis zu meiner Flucht bei meiner Mutter in XXXX gelebt. XXXX liegt in der Nähe von Meriwan. AS 193: Ich war dann wieder in unserem Dorf bei unserer Familie. Ich habe die Familie zusammengehalten. Ich habe verhindert, dass dass die Familie auseinandergeht. F: Waren Sie bei Ihrer Familie bis zu Ihrer Ausreise 2012? A: Ja. Ich bin dortgeblieben).

Mit den soeben zitierten Angaben des BF1, wonach er nach seiner Rückkehr aus XXXX bis zu seiner neuerlichen Ausreise im Jahr 2012 bei der Familie im seinem Dorf XXXX verblieben sei, ist jedoch sein späteres Vorbringen nicht in Einklang zu bringen, wonach er abgetaucht sei, nicht habe in der Öffentlichkeit leben können (AS 373) und sich jede Woche in einem anderen Dorf aufgehalten habe (AS 375).

Dem BF1 wurde in der hg. Verhandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Widerspruch aufzuklären, doch erklärte er dazu lediglich, sich nicht erinnern zu können, was er damals gesagt habe.

Auch der Aufenthaltsort des BF1 zum Zeitpunkt seiner standesamtlichen Eheschließung im Iran wird seitens des BF1 nicht widerspruchsfrei dargestellt, was sich insbesonders markant auf die Glaubwürdigkeit der Angaben des BF1 auswirkt, zumal er vor dem BFA erklärte, wegen seiner politischen Aktivitäten und der polizeilichen Suche nach ihm nicht an seiner eigenen Hochzeit teilnehmen haben zu können.

Während der BF1 bereits in seiner ersten Einvernahme vor der belangten Behörde angab, er sei nicht persönlich zum Standesamt gegangen, sondern habe er seinem Bruder eine Vollmacht erteilt (AS 187) und über dezidiertes Nachfragen in der darauffolgenden behördlichen Einvernahme angab, bei seiner standesamtlichen Hochzeit nicht anwesend gewesen zu sein (AS 379: LA: Waren Sie bei der standesamtlichen Hochzeit anwesend? VP: Nein. Ich war selber nicht anwesend.), gab der BF dem deutlich widersprechend in der hg. Verhandlung an, zwar bei seiner standesamtlichen Hochzeit anwesend gewesen zu sein, jedoch sei seine Teilnahme am Hochzeitsfest nicht möglich gewesen (VHS 11: VR: Wer war beim Standesamt anwesend? BF: Ich war selber dort und habe unterschrieben. Es war kein Problem. Ich habe das Hochzeitsfest gemeint, an dem ich nicht teilnehmen konnte.)

Auch spricht abgesehen von der augfgezeigten Unglaubwürdigkeit der Angaben des BF1 zur Eheschließung gegen die Glaubwürdigkeit der seitens des BF 1 angegebenen Verfolgung seitens der iransichen Behörden und sein Leben im Untergrund, dass der BF1 lt. der von ihm vorgelegten Geburtsurkunde darin durch das Personenregisteramt des Innenministeriums die Eheschließung vom XXXX eintragen ließ.

In der hg. Verhandlung gefragt, ob er im Lichte seiner Behauptung einer massiven behördlichen Verfolgung und seines daraus resultierenden Lebens im Untergrund keine Bedenken gehegt habe, sich an das Personenregisteramt des Innenministeriums zu wenden, verneinte dies der BF und bekräftigte, dort keine Probleme gehabt zu haben.

Bereits im Lichte dieser Vorgehensweise des BF1 ist eine Verfolgung des BF1 durch die Behörden seines Herkunftsstaates nicht plausibel.

Letztlich fällt hinsichtlich der standesamtlichen Eheschließung des BF1 und der BF2 im Iran auch die Erklärung des BF1 in der behördlichen Einvernahme (AS 187) auf, wonach er nicht persönlich zum Standesamt gegangen sei, sondern seinem Bruder eine Vollmacht erteilt habe, der auch beim Standesamt für ihn anwesend gewesen sei. Die BF2 führte zur standesamtlichen Eheschließung hingegen aus, sie wisse nicht, wer der Bevollmächtigte gewesen sei (BF2, AS 375). Auch diese Ausführungen sind nicht miteinander vereinbar, wozu der BF1 in der hg. Verhandlung, in der ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, allfällige Mißverständnisse aufzuklären, lediglich erklärte, er könne sich nicht erinnern.

Auch die Ausführungen des BF1 zur Dauer seines Aufenthaltes in XXXX sind nicht miteinander in Einklang zu bringen, gab dieser doch im behördlichen Verfahren an, bereits nach zweimonatigem Aufenthalt in XXXX wieder in den Iran zurückgekehrt zu sein, wobei die Reisebewegung zwei Wochen gedauert habe (AS 193). Damit ist jedoch die Auskunft der XXXX Botschaft in Athen nicht kompatibel, wonach der BF am 18.12.2007 in XXXX einen Asylantrag gestellt, am 18.02.2008 in XXXX als flüchtig registriert worden sei und den Asylantrag schließlich am 11.11.2008 bei der norwegischen Botschaft in Athen zurückgezogen habe, sodass von zumindest einem einjährigen Aufenthalt des BF1 in Europa auszugehen ist und nicht, wie der BF1 eingangs des behrödlichen Verfahrens behauptete, von lediglich zwei Monaten. In diesem Konnex fällt auch auf, dass bein den norwegischen Behörden als Geburtsdatum des BF1 der XXXX (AS 75) aufscheint, während auf der seitens des BF1 im Verfahren vorgelegten Geburtsurkunde das Datum XXXX vermerkt ist, wozu der BF1 in der hg. Verhandlung lediglich erklärte, er wisse nicht, was er bei den XXXX Behörden gesagt habe.

Der BF1 führte dazu in der hg. Verhandlung aus, er könne sich weder an die Aufenthaltsdauer in XXXX noch an den Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Iran erinnern. Auch könne er sich nicht daran erinnern, was er zu seinem Geburtsdatum angegeben habe.

Zu der mehrmals in der hg. Verhandlung wiederholten Behauptung des BF1, sich nicht erinnern zu können, ist allgemein auszuführen wie folgt:

Weder im bisherigen behördlichen Verfahren, welches eine Erstbefragung und zwei Einvernahmen (AS 185: F: Fühlen Sie sich physisch und psychisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen? A: Ja. F: Gibt es irgendwelche Umstände, wie zB Krankheit, Alkohol oder Drogeneinfluss etc., welche Sie bei der folgenden Einvernahme einschränken würden? A: Nein. AS 369: LA: Fühlen Sie sich heute physisch und psychisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen? A: Ja. LA: Wie stellt sich Ihr Gesundheitszustand dar? Nehemn Sie Drogen oder Drogenersatzstoffe? VP: Ich bin gesund und nehme keine Drogen) umfasste noch eingangs der hg. Verhandlung gab der BF1 an, an Erinnerungsstörungen zu leiden. Vielmehr erklärte er zu Beginn der hg. Verhandlung zu seiner psychischen und physischen Situation gefragt an, er sei diesbezüglich in der Lage, der Verhandlung zu folgen und an ihn gerichtete Fragen zu beantworten. Er sei gesund und befinde er sich in keiner ärztlichen Behandlung (VHS 3).

Die wiederkehrende Antwort des BF1, wonach er sich nicht erinnern könne, ist im Lichte seiner obzitierten Angaben sohin nicht plausibel und als mangelnde Mitwirkung im Verfahren sowie als Schutzbehauptung zu qualifizieren und darf in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, dass vor allem Ereignisse, die mit massiven Emotionen verknüpft sind bzw. die dazugehörigen Bilder sehr nachhaltig im Gedächtnis haften, sodass hier ein normalpsychologisches Vergessen als Erklärung für die divergierenden und nicht kompatiblen Angaben keine wahrscheinliche Erklärung ist (Prim. Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Gutachten vom 24.04.2014 zu L506 XXXX ).

Nach hg. Ansicht hat diese gutachterliche Feststellung Allgemeingültigkeit und kann auch auf das gegenständliche Verfahren umgelegt werden.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die rezente diesbezügliche höchstgerichtliche Judikatur zur Thematik von in der gerichtlichen Verhandlung angegebenen Erinnerungsstörungen und Verhandlungsfähigkeit verwiesen (Zurückweisung der Revision: VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0303-6).

Durch diese Vorgangsweise hat der BF1 seine ihm im Asylverfahren obliegende Mitwirkungspflicht verletzt, welche sich zumindest auf jene Umstände bezieht, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Die Verletzung der Mitwirkungspflicht spielt weiters bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eine Rolle (§ 18 Abs. 3 AsylG) und war infolge der Verhaltensweise des BF1 in der hg. Verhandlung einmal mehr auf die mangelnde Glaubwürdigkeit der Angaben des BF1 zu schließen.

Ein starkes Indiz dafür, dass der BF1 die von ihm geschilderten Vorkommnisse nicht tatsächlich erlebt hat, stellt auch das Faktum dar, dass der BF1 seine Ausreisegründe äußerst vage, substanzlos und ausweichend schildert.

Wie bereits das BFA in seiner Bescheidbegründung zu Recht beweiswürdigend ausführte, waren die Angaben des BF1 auf ihm gestellte Fragen als ausweichend zu qualifizieren. Illustrativ sei dazu auf folgende Passage in der behördlichen Einvernahme verwiesen (AS 373):

LA: Welche Probleme haben Sie mit den staatlichen Behörden gehabt?

VP: Ich war politisch aktiv.

LA: Wie wurden Sie persönlich durch die iranischen Behörden bedroht?

VP: Ich war abgetaucht. Ich konnte nicht in der Öffentlichkeit leben.

Nachgefragt: Ich war ein Mitglied der PDKI Partei und allgemein im Iran, wird jedes Mitglied gesucht und danach verhaftet und getötet.

Frage nochmals gestellt:

LA: Wie wurden Sie persönlich durch die iransichen Behörden bedroht?

VP: Die Polizei hat mich ständig gesucht. Die haben ständig meine Familie kontaktiert und wollten wissen, wo ich bin. Das war kein richtiges Leben.

Auch in der hg. Verhandlung setzte sich das soeben beschriebene Aussageverhalten des BF1 fort und ist auf folgende Angaben zu verweisen:

VR: Schildern Sie bitte eingehend und von sich aus unter Nennung aller Ihnen erinnerlichen Details den Grund für Ihre Ausreise.

BF: Ich hatte politische Probleme. Ich war für die kurdische Partei aktiv und habe geholfen. Manchmal mit Geld und manchmal machte ich Werbung für die Partei. Manchmal habe ich ihnen geholfen, wenn sie bei uns im Ort waren. Ich zeigte ihnen den Weg und war mit ihnen zu Fuß unterwegs (BF schweigt). Die iranische Regierung hat das mitbekommen, weshalb Probleme entstanden (BF schweigt).

VR: Welche Probleme hatten Sie konkret?

BF: Ich kann nur sagen, wenn sie mich verhaftet hätten, hätten sie mich sicher umgebracht.

VR wiederholt die Frage.

BF: Ich konnte mit meiner Frau nicht in einem Ort zusammenleben, wir haben uns immer wieder versteckt. Ich konnte nicht mehr arbeiten und ich musste immer aufassen, dass ich nicht verhaftet werde, das waren meine Probleme (VHS 8).

....

VR: Sie haben also öffentlich für die Partei gesprochen?

BF: Ja.

VR: Können Sie konkret darlegen, wie das abgelaufen ist?

BF: Der Großteil der Versammlungen fand in der Nacht statt.

VR: Versammlungen habe Sie bisher im Verfahren auch nicht angegeben.

BF: Niemand fragte mich (VHS 8).

Der BF1 schilderte sohin die Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates nicht eigeninitiativ unter Nennung von Details, sondern gestaltete sich, wie soeben aufgezeigt, die Einvernahme vor dem BFA und auch die hg. Verhandlung als Befragung des BF1, wobei dieser äußerst knappe und zum Teil auch ausweichende Antworten gab.

Eine solche Art der Darlegung der Ausreisegründe vermag naturgemäß per se nicht dazu führen, die Angaben des BF1 als unglaubwürdig werten zu können, jedoch wird dadurch im vorliegenden Fall die Ansicht der erkennenden Richterin zusätzlich untermauert.

Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass bei tatsächlicher Existenz der seitens des BF1 geschilderten Geschehnisse es dem BF1 ein Anliegen gewesen wäre, diese von sich aus darzulegen. Eine derartige Vorgangsweise entspricht auch den Erfahrungswerten der erkennenden Richterin und werden gerade freie Erzählungen unter Nennung zahlreicher Details begleitet von sogenannten nonverbalen Faktoren auch als sog. "Realkennzeichen" einer glaubwürdigen Darlegung in einschlägiger Literatur und Fortbildungsveranstaltungen zur Thematik "Glaubwürdigkeitsprüfung", welche die erkennende Richterin besuchte, genannt.

Aus dieser Sicht ist dem BFA einmal mehr beizupflichten, dass den Angaben des BF1 die Glaubwürdigkeit zu versagen war, da der BF1 eben solche Kennzeichen bei der Darlegung seiner Ausreisegründe nicht aufwies, sondern sowohl dem Einvernahmeprotokoll als auch dem hg. Verhandlungsprotokoll zu entnehmen ist, dass der BF1 lediglich auf die ihm gestellten Fragen antwortete, wobei die Antworten relativ kurz gehalten waren und fallweise auch den gestellten Fragen auswichen.

Aus den genannten Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF1 die von ihm geschilderten Geschehnisse tatsächlich erlebt hat, sondern lediglich Angaben getätigt hat, von denen er sich einen erfolgreichen Ausgang des Asylverfahrens versprach.

Ferner fallen folgende Steigerungen im Vorbringen des BF1 in der hg. Verhanldung auf. Erstmals erklärte der BF1 nämlich vor dem erkennenden Gericht, er mache Werbung für die Partei, seitdem er in Österreich sei. Nachgefragt gab er dazu an, er sei unter dem Namen XXXX auf Facebook aktiv. Dem widerspricht die Angabe des BF1 in der behördlichen Einvernahme (AS 375), wo er auf die konkrete Frage, ob er für die Partei auch in Österreich aktiv sei, erklärte: 'Wir telefonieren. Nachgefragt: Mit Parteimitgliedern: zur Versammlung kann ich nicht, weil ich zu weit weg wohne.'

Aktivitäten auf Facebook wurde seitens des BF1 nicht genannt, sodass sich das diesbezügliche Vorbringen als unglaubwürdig darstellt. Überdies wäre bei tatsächlichen solchen, wie durch den BF1 geschilderten Aktivitäten eine Verbinung zur Person des BF1, der angab, unter einem anderen Namen zu agieren nicht herstellbar. Letztlich vermochte der BF1 auch über konkretes Nachfragen, wie er auf Facebook Werbung mache, keine substantiierten Angaben zu machen, sondern erklärte er vage, er teile auf Facebook gewisse Nachrichten mit andern Leuten, woraus nicht geschlossen werden kann, dass der BF1 auf diesem Medium seine politischen Ansichten umfassend darlegt, sich damit exponiert und die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden auf sich zieht.

Abgesehen davon, dass der BF1 selbst in der hg. Verhandlung lediglich das soeben zitierte vage und oberflächliche Beispiel nannte, woraus nicht der Schluss gezogen werden kann, dass dieser intensiv hinsichtlich seiner politischen Ansichten in den sozialen Medien aktiv ist, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der iranische Staat dem BF1 dadurch eine Gefährdung des Systems unterstellen würde. Vielmehr wird in diesem Zusammenhang evident, dass der BF1 nicht in der Lage ist, über die zitieren vagen Angaben hinausgehende Ausführungen zu Ideologie und Zielen der Partei darzulegen.

Überdies kann nicht davon ausgegangen werden, dass der iranische Staat sämtliche Aktivitäten iranischer Staatsbürger im Internet überwacht und dazu auch nicht die faktischen Möglichkeiten hat. Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat nicht vorverfolgt verlassen, hat sich in keiner Weise exponiert und kann aufgrund des bisherigen Vorbringens des BF1 nicht davon ausgegangen werden, dass er im Rückkehrfall in den Fokus der iranischen Behörden geraten oder für diese von irgendeinem Interesse sein könnte.

Für Aktivitäten im Internet gilt ferner derselbe Maßstab wie für sonstige exilpolitische Tätigkeiten. Alle Aktivitäten sind im Zusammenhang zu würdigen. Untergeordnete exilpolitische Tätigkeiten, die nicht geeignet sind, auf die Verhältnisse im Heimatland ernsthaft einzuwirken, und aus der Sicht des iranischen Staates keine Gefahr begründen, können mit dem Gefährdungspotenzial inneriranischer Systemkritik via Internet nicht verglichen werden. Mit Internetauftritten wie einem Weblog und regimekritischen Artikeln und Bildern in Facebook hebt sich jemand nicht aus der Masse der iranischen Asylwerber hervor, die im Internet präsent sind. Schon die Masse der Internetportale, Blogs und sonstiger Seiten von iranischen Oppositionellen - geschätzt 60.000 - spricht gegen eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr. Daran ändert nichts, wenn etwa die Teilnahme an einer Demonstration hinzukommt, über die im deutschen Fernsehen berichtet wurde (VG Würzburg, U.v. 18.04.2012 - W 6 K 11.30147 5381344).

Das Vorbringen des BF1, wonach er für die im Iran verbotene PDKI über einen mehrjährigen Zeitraum tätig gewesen sein will - auch hier sind die Angaben des BF widersprüchlich, gab er doch in der hg. Verhandlung einen rd. zehnjährigen Zeitraum an, während er in der behördlichen Einvernahme einen fünfzehnjährigen Tätigkeitszeitraum benannte (AS 375) und gab er über Vorhalt des Widerspruches an, er könne sich nicht so gut erinnern - ist auch im Lichte dessen nicht als glaubwürdig einzustufen, als der BF1 in der hg. Verhandlung nicht in der Lage war, Angaben zur Ideologie, zur Organisation oder Zielen der Partei darzulegen, sondern verwies er die erkennende Richterin zur Beantwortung derartiger Fragen auf andere Personen.

Zur Verdeutlichung ist auf nachfolgendes Zitat der diesbezüglichen Ausführungen des BF1 zu verweisen:

VR: Was können Sie zur Organisation, zur Ideologie Ihrer Partei angeben?

BF: Seit ich in Österreich bin, kenne ich zwei Personen nahmens XXXX und XXXX . Mit diesen habe ich Kontakt und wenn ich Fragen habe, frage ich diese. Das sind Mitglieder unserer Partei, die schon lange in Österreich leben. Die genannten Personen haben das Wissen über die Aufgaben der Partei, ich kann dazu nicht viel angeben.

VR: Was können Sie zur Organisation, Inhalten und Zielen selbst angeben?

BF: Wenn Sie Fragen haben, fragen Sie bitte die genannten Personen.

Bereits im Lichte dieser Angaben kann nicht darauf geschlossen werden, dass der BF1 für die von ihm angegebene Partei aktiv war, vermochte er doch keinerlei inhaltliche Angaben zu dieser Partei zu machen, sodass daher weder davon ausgegangen werden kann, dass der BF1 Werbung für die Partei machte oder an Versammlungen teilnahm, hätte er doch andernfalls zumindest Grundzüge der Parteiideologie genannt und ist gerade von einer politisch aktiven Person zu erwarten, dass diese mit Überzeugung und Begeisterung Angaben über die von ihr unterstützte Partei macht, wozu der BF1 jedoch nicht in der Lage war.

In diesem Konnex ist nochmals festzuhalten, dass der BF1 zu der von ihm in der hg. Verhandlung behaupteten Werbung für die Partei keinerlei konkrete oder substantiierte Angaben zu treffen vermochte, sondern der betreffenden Fragen mit ausweichenden Antworten begegnete, was gegen ein glaubwürdiges Vorbringen spricht.

Überdies war der BF1 auch nicht in der Lage einen konkreten Auslöser für das Verlassen des Iran im Jahr 2008 und im Jahr 2012 zu benennen, sondern verwies allgemein darauf, dass sein Leben in Gefahr sei. Der BF1 vermochte jedoch nicht, konkrete Anhaltspunkte für diese Annahme anzugeben, sondern erklärte dazu wiederum vage, dass viele von der Partei umgebracht worden seien und habe er nicht dasselbe Schicksal erleiden wollen.

Dem steht jedoch die Angabe der Gattin des BF1 (BF2), entgegen, wonach die Verhaftung von Bekannten die Ausreise ausgelöst hätte (AS 379, BF2). Über Vorhalt in der hg. Verhandlung, dass der BF1 ein derartiges Vorbringen auch im behördlichen Verfahren nicht erstattete, entgegnete er erneut, sich nicht erinnern zu können.

Erstmals gab der BF1 nach Befragen des Behördenvertreters in der Beschwerdeverhandlung, ob er bedroht oder geschlagen wurde, an, verhaftet und geschlagen worden zu sein. Seitens der erkennenden Richtern nach dem Verhaftungsgrund gefragt, gab der BF1 vorerst lediglich das Schlagwort 'politisch' an, um über weiteres Nachfragen zu erklären, er habe mit seinen Freunden über ihre Partei gesprochen.

Abgesehen davon, dass das Vorbringen schon im Lichte des im numehr seit dem Jahr 2012 andauernden Verfahren erstmals erwähnt wurde und daher nicht als glaubwürdig qualifiziert werden kann, ist es auch nicht mit dem Vorbringen des nunmehr fünfundvierzigjährigen BF1, wonach er 10 bzw. 15 Jahre für die Partei aktiv gewesen sein will, kompatibel, da selbst vom Ausreisejahr 2012 ausgehend, der BF1 frühestens im Alter von dreiundzwanzig Jahren seine politischen Aktivitäten begonnen hat, woran auch die Erklärung des BF1, wonach er damals noch nicht für die Partei gearbeitet habe, nichts zu ändern vermag. Im übrigen steht dieses Vorkommnis unabhängig von dessen Glaubwürdigkeit auch zu keinem zeitlichen Konnex zur Ausreise des BF1. Nach einschlägiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Umstände, die schon längere Zeit vor der Ausreise zurückliegen, nicht mehr beachtlich; die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung muss vielmehr bis zur Ausreise andauern (VwGH 27.06.1995, 94/20/0689). Umstände, denen es an einem entsprechenden zeitlichen Konnex zur Ausreise mangelt, sind nicht zur Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes geeignet; die wohlbegründete Furcht muss vielmehr bis zur Ausreise andauern (z.B. VwGH 16.02.2000, 99/01/0435).

Letztlich fällt hinsichtlich des Vorbringens des BF1 in der hg. Verhandlung auf, dass die eigeninitiative Schilderung seiner Ausreisegründe, welche sich auf wenige Sätze beschränkte, keinerlei polizeiliche Suche nach seiner Person und keine Befragung seines Bruders zum Aufenthaltsort des BF1 beinhaltete, wohingegen der BF1 in der behördlichen Einvernahme erklärte, dass ihn die Polizei ständig gesucht und sich auch bei der Familie nach ihm erkundigt haben will (AS 373). Auch aus dem Faktum, dass der BF1 die ihn persönlich treffenden Ermittlungsschritte der Behörden mit keinem Wort in der hg. Verhandlung (trotz Nachfragen der erkennenden Richterin ob er seinen Angaben etwas hinzufügen wolle oder er seine Ausreisegründe vollständig geschildert habe) und lediglich in einer der beiden Einvernahmen vor im behördlichen Verfahren erwähnte, spricht einmal mehr für die gesamte Unglaubwürdigkeit seiner Angaben. Der BF1 gab dazu in der hg. Verhandlung an, er könne es nicht sagen.

Auch wurde er vor dem erkennenden Gericht zur Behauptung des ständigen Anzapfens seines Telefons befragt, welche einzig in der Beschwerde gemacht wurde, und gab der BF1 an 'Weiß ich nicht'.

Auch zum letztlich erstmals in der Verhandlung erwähnten Verteilen der Parteizeitung ist festzuhalten, dass der BF1 zum Unterblieben der diesbezüglichen Angaben schulterzuckend erklärte, er sei bislang nicht danach gefragt worden.

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des Asylverfahrens jedoch zweimal niederschriftlich seitens des BAA bzw. BFA einvernommen, wobei er vor allem in der zweiten Einvernahme die Gelegenheit hatte, sich zu seinen Ausreisegründen und Rückkehrbefürchtungen zu äußern. Das BFA beließ es dabei nicht bei offenen Fragen, sondern versuchte auch durch konkrete Fragestellung den Ausreisegrund und zu erwartende Rückkehrprobleme zu erhellen, was nach Ansicht der erkennenden Richterin auch hinreichend geschehen ist. Selbiges gilt für die hg. mündliche Beschwerdevehandlung, in welcher durch wiederholtes Fragen und Nachfragen versucht wurde, die Angaben des BF1 zu konkretisieren. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221). Es besteht keine Verpflichtung der Behörde, Asylgründe zu ermitteln, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat (vgl hg Erkenntnis vom 21. November 1995, Zl 95/20/0329, mwN). (VwGH 23. 1. 1997, 95/20/0303, 95/20/0304; vgl auch VwGH 2. 3. 1988, 86/01/0187; B 30. 11. 2000, 2000/20/0445). Die Behauptung des BF1, nicht gefragt worden zu sein, geht sohin ins Leere.

Auch das seitens der BF2 erstmalig in der hg. Verhandlung behauptete Abfassen und Verteilen von Texten durch den BF1 hat dieser in seinem gesamten Vorbringen nicht darelegt und über entsprechenden Voralt in der hg. Verhandlung erklärt, er vergesse sehr schnell. Wie bereits mehrfach dargelegt, wurde dem BF1 wiederholt die Möglichekit geboten, seine Ausreisegründe und auch sein angegebenes politisches Engagement umfassend darzulegen, was dieser jedoch aufgrund der vagen und unkonkrten Angaben nicht getan hat. Dass der BF1 Texte geschrieben und sie verteilt und auch die Parteizeitung verteilt hat, ist sohin als Steigerung in seinem Vorbringen zu qualifizieren, dem keine Glaubwürdigkeit zukommt.

Das Vorbringen des BF1 erfährt durch seine Angaben im Verfahren auch insofern eine Steigerung, als dieser erstmals in der hg. Verhandlung erklärte, die Partei auch finanziell unterstützt zu haben, doch kann diesem Umstand ebenso kein Glaube geschenkt werden, da ein derartiges Detail im Vorbringen des BF1 bereits im behördlichen Verfahren erwähnt worden wäre, wenn es existent gewesen wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der BF1 sein Vorbringen steigerte, um diesem mehr an Substanz zu verleihen, doch führt eine solche Steigerung vielmehr dazu, dass den Angaben einmal mehr die Glaubwürdgkeit abzusprechen ist.

Auch die in der Beschwerde angegebenen immer noch existenten Bedrohungen und Belästigungen der Familie hat der BF1 im behördlichen Verfahren nicht angegeben, sodass auch hier von einer Vorbringenssteigerung auszugehen ist. Er führte über entsprechendes Nachfragen der erkennenden Richterin diesbezüglich kein konkretes Vorbringen ins Treffen, sondern erklärte ausweichend, dass es im Iransehr gefährlich sei und werde eine Person, sobald sie verhaftet werde, ohne Gerichtsverhandlung umgebracht.

Auch der VwGH geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Insgesamt ist zusammenfassend festzuhalten, dass den Angaben des BF1 zu den geltend gemachten ausreisekausalen Vorkommnissen aus den dargelegten Gründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen war.

Im Lichte des soeben dargelegten Gesamtbildes vermochte der BF1 das erkennende Gericht sohin nicht davon zu überzeugen, dass er vor seiner Ausreise eine asylrelevante Gefährdung zu gewärtigen hatte bzw. er pro futuro eine solche zu gewärtigen hat.

3.3.5. Zu den seitens der Beschwerdeführerin 2 geltend gemachten Ausreisegründen:

Was die Ausführungen der BF2 zu ihren Ausreisegründen betrifft, ist festzuhalten, dass sich dieses vornehmlich auf das seitens des BF1 behauptete politische Engagement, der behördlichen Suche nach ihm und dessen daraus resultierenden Lebens im Untergrund stützte.

Dieses Vorbringen hielt jedoch aufgrund der dargelegten Ausführungen einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht stand, sodass auch dem darauf bezugnehmenden und darauf aufbauenden Vorbringen der BF2 die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

Es ist jedoch beweiswürdigend festzuhalten, dass auch die BF2 mehrmals auf konkrete Fragen oder Vorhalte der Richterin erklärte, sich nicht erinnern zu können, wozu ebenso auf die Ausführungen zu den seitens des BF1 behaupteten Erinnerungslücken in der obigen Beweiswürdigung, welche vollinhaltlich auch auf die Angaben der BF2 zutreffen, zu verweisen ist. Auch die BF2 gab sowohl in der hg. Verhandlung als auch in den behördl. Einvernahmen an, psychisch und physisch in der Lage zu sein, Angaben im Verfahren zu machen (AS 19, AS 169, AS 373

Markant fällt dabei ins Gewicht, dass die BF2 auch erklärte, sich nicht erinnern zu können, ob der BF1 anlässlich der Eheschließung am Standesamt anwesend war. Auf das diesbezüglch widersprüchliche Vorbringen des BF1 sei verwiesen.

Dass sich die BF2 nicht daran erinnern können will (VHS 20: VR: War Ihr Mann beim Standesamt dabei? BF: Ich kann mich nicht erinnern. VR erinnert die BF an ihre Mitwirkungspflicht und daran, dass es sich bei einer Eheschließung um kein alltägliches Ereignis handelt. BF: Das war vor vielen Jahren und ich kann mich nicht erinnern. VHS 23: VR: War er sonst im Zuge der Hochzeitsfeierlichkeiten anwesend? BF: Was wollen Sie von mir wissen? Ich weiß nicht mehr, ob er unterschrieben hat oder nicht, ob er dabei war oder nicht.), ob ihr Mann bei der standesamtlichen Eheschließung anwesend war, lässt jedoch darauf schließen, dass diese nicht gewillt war, diesbezügliche Angaben zu treffen, handelt es sich doch gerade bei einer Eheschließung nicht um ein alltägliches, sondern um ein besonderes Ereignis, welches auch mit Emotionen verknüpft ist, sodas hier ein Vergessen nicht nachzuvollziehen ist.

Die Divergenzen hinsichtlich der Anwesenheit des BF1 bei der Eheschließung spielen jedoch im Vorbringen der Beschwerdeführer insofern eine Rolle, als der BF1 im behördlichen Verfahren auch behauptete, wegen seiner politischen Probleme nicht einmal bei seiner Hochzeit anwesend gewesen zu sein.

Es fällt auch auf, dass die BF2 in der hg. Verhandlung nach den Umständen ihrer Eheschließung gefragt, nicht angab, dass sich im Zuge der Hochzeit ein Zivilbeamter sich nach dem BF1 erkundigt haben soll, woraus einmal mehr auf die Unglaubwürdigkeit der Angaben zu schließen ist, handelt es sich doch hiebei um ein einprägsames Ereignis. Auch dass sich die BF2 nicht mehr daran einnern können will, dass ihr Mann sie zum Frisör gefahren und im Zuge dessen erfahren haben soll, dass er gesucht werde, ist nicht plausibel und daher nicht glaubwürdig.

Auch die BF2 wich der Frage nach Problemen im Herkunftsstaat in ihrem Antwortverhalten kontinuierlich aus, wozu folgende Passage in der hg. Verhandlung zitiert wird (VHS 20):

VR: Welche Probleme hatten Sie konkret?

BF: Ich bin seine Frau, er war Mitglied und aktiv in der Partei und ich hatte auch dieselben Probleme.

VR: Wiederholt die Frage

BF: Weil wir die Partei unterstützten, bekamen wir Probleme.

VR wiederholt die Frage erneut.

BF: Als die Regierung erfuhr, dass wir diese Partei unterstützen, wollten sie meinen Mann verhaften, aber wir konnten vorher das Land verlassen.

Auch die BF2 gab schließlich an, Mitglied der Partei zu sein. Dazu ist festzuhalten, dass die BF2 in der behördlichen Erstbefragung lediglich ihren Mann als Parteimitglied nannte und in Bezug auf sich selbst keine Verbindungen zur Partei angab.

Auch in der behördlichen Einvernahme (AS 173) erklärte die BF2 auf die Frage, ob sie abgesehen von den angegebenen Benachteiligungen der kurdischen Volksgruppe weitere Ausreisegründeanzugeben habe, dies sei nicht der Fall und sei nichts Besonderes passiert. Sie sei nicht politisch tätig gewesen und kein Mitglied einer Partei, sie möge jedoch die PDKI und würden fast alle Kurden diese Partei mögen.

In der hg. Verhandlung verwies die BF2 auf das im behördlichen Verfahren vorgelegte Bestätigungsschreiben der PDKI hinsichtlich ihrer Person und gab erstmals an, auch selbst Notizen für die Partei verfasst zu haben, die auch ihr Mann verteilt habe. Abgesehen davon, dass es sich um eine markante Steigerung im Vorbringen der BF2 handelt, war diese auch nicht in der Lage, anzugeben, wie sich der Inhalt einer solchen Notiz gestaltet hat, sondern gab dazu an, es nicht mehr zu wissen, was erneut für die manelnde Glaubwürdigkeit ihrer Angaben spricht. Auch, so die BF2, wisse sie nicht, ob Mustafa Hijri, der früher Parteichef gewesen sei, noch Chef sei und habe sie drei Kinder.

Dazu ist auch festzuhalten, dass die BF2 mehrmals in der hg. Verhandlung auf ihr gestellte Fragen nicht bezug nahm, sondern darauf verwies, drei Kinder zu haben.

Im Gegensatz zu den im behördlichen Verfahren vornehmlich genannten Ausreisegründen, nämlich den Benachteiligungen, denen sie als Sunnitin, Kurdin und Frau ausgesetzt gewesen sein will, nannte die BF2 solche in der hg. Verhandlung nicht.

Letztlich waren auch die Angaben der BF2 zum Auslöser für die Ausreise nicht konsistent, erklärte diese doch im behördlichen Verfahren dazu, dass die Festnahme von Bekannten ihres Mannes fluchtauslösend gewesen sei (AS 379), während sie in der hg. Verhandlung dazu befragt, nach kurzem Nachdenken erklärte, dass sich ihr Mann in den letzten Jahren verstecken habe müssen und sie kein richtiges Leben und Angst vor einer Verhaftung gehabt hätten. Über Vorhalt ihrer Angaben vor der Behörde entgegnete die BF2, dies würde nicht stimmen und habe sie das nicht, sondern etwas anderes angegeben. Über entsprechendne Vorhalt gab die BF2 auch an, sie habe vor dem BFA auch nicht angegeben, dass Zivilbeamte während der Hochzeit gekommen seien und nach ihrem Mann gefragt hätten. Dazu sei auch festgehalten, dass die beigezogene Dolmetscherin in der hg. Verhandlung erklärte, dass die BF2 innerhalb kürzester Zeit unterschiedliche Varianten ihrer Angaben darlegte.

Auch nach einer konkreten Verfolgung ihres Mannes durch die iranischen Behörden gefragt, entgegnete die BF2, sich nicht erinnern zu können.

Insgesamt ist aufgrund der dargelegten beweiswürdigenden Ausführungen und auch im Lichte zur eingangs der Beweiswürdigung zitierten Judikatur zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens festzuhalten, dass die Angaben der beiden Beschwerdeführer einer Glaubwürdikgeitsprüfung nicht standhalten.

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid bzw. Erkenntnis angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Es wurden dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Auch ist auszuführen, dass die den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation der Beschwerdeführer in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann, weshalb gemäß hg. Ansicht nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation der Beschwerdeführer unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu § 52 AVG).

Überdies handelt es sich bei den zugrunde gelegten Quellen um Berichte staatlicher oder staatsnaher Institutionen, denen aufgrund ihrer Verpflichtung zu Objektivität und Unparteilichkeit keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann. Dass sich die Situation im Herkunftsstaat der Asylwerber insofern geändert hat, als diese dem zitierten Länderdokumentationsmaterial nicht mehr entsprechen würde, ist nicht notorisch.

Die in das Verfahren integrierten Länderinformationen wurden schließlich von der Staatendokumentation des BFA, zusammengestellt, deren Qualität ob der gesetzlichen Verpflichtung zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der gesammelten Tatsachen nach objektiven Kriterien (vgl. § 5 Abs. 2 BFA-G) nicht in Zweifel gezogen wird.

In der hg. Verhandlung wurden die Beschwerdeführer zu den länderkundlichen Feststellungen befragt, diese gaben dazu jedoch keine Stellungnahme ab.

3.5. Zur Beschwerde der Beschwerdeführer, ist folgendes festzuhalten:

Wenn die mangelhafte Beweiswürdigung in der behördlichen Entscheidung moniert wird, so kommt die erkennende Richterin aufgrund der dargelegten beweiswürdigenden Überlegungen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gleich der behördlichen Entscheidung zu dem Schluss, dass die Angaben der BF als unglabwürdig zu qualifizieren waren.

Da die Angaben der BF einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhalten, ist in weitere Folge auch nicht von der Glaubhaftmachung eines Asylgrundes durch die Beschwerdeführer auszugehen.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

4.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

4.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

4.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richterin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Die Beschwerdeführer vermochten keine asylrelevante Verfolgung darzutun. Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es ihnen nicht gelungen, eine solche glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen fluchtkausalen Angaben nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0380).

4.1.3. Die Beschwerdeführer haben angegeben, Angehörige der Ethnie der Kurden zu sein und auch aufgrund verschiedener Benachteiligungen dieser Volksgruppe das Land verlassen zu haben.

Der BF1 erklärte in der hg. Verhandlung nochmals zu seiner Aussage in der Erstbefragung, wonach er als Kurde keine Rechte gehabt habe, befragt, er könne sich nicht an den Tag erinnern, an dem er das gesagt habe.

Konkrete oder individuelle Probleme aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit hat der BF1 nicht ins Treffen geführt.

Die BF2 wurde in der hg. Verhandlung zu ihren Angaben im behördlichen Verfahren gefragt, wonach sie als Kurdin (kein respektvoller Umgang, keine Unterrichtssprache kurdisch), Sunnitin (trotz Kopftuch, keine Erlaubnis die Haare zu zeigen), und Frau (Einschränkung der Rechte, keine Wahlrecht) benachteiligt gewesen sei und gab dazu an, dies seien auch Probleme gewesen, sie habe das Land jedoch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer Krankheit verlassen.

Aus den erwähnten allgemeinen Angaben der BF in der Erstbefragung in Verbindung mit der Tatsache, dass diese Probleme aufgrund ihrer Religions- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit bzw. individuelle Probleme als Frau (BF2) in der hg. Verhandlung nicht dezidiert erwähnten, kann geschlossen werden, dass die BF aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit keine asylrelevanten Vorkommnisse zu gewärtigen hatten und bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie im Rückkehrfall solchen ausgesetzt sein werden und wurden auch keine solchen konkret behauptet.

In der hg. Verhandlung kam aufgrund der Angaben des BF1 überdies auch hervor, dass der BF1 nicht, wie ursprünglich behauptet, gezwungen wurde, sein Geschäft für Autolackiererei zu schließen, sondern er dies von sich aus tat.

Dass der BF1 aufgrund seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hatte, kann sohin nicht festgestellt werden und ist dazu auch festzuhalten, dass die Herkunftsfamilie des BF1 eine Landwirtschfat betreibt. Wenn die BF in der Erstbefragung die obzitierten allgemeinen Angaben trafen, so widersprechen diese schon ihren eigenen Angaben, wonach diejeweiligen Herkunftsfamilien im Iran leben (Mutter und Geschwister des BF1, Eltern und Geschwister der BF2). Konkrete Probleme ihrer Familienangehörigen aufgrund deren ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit haben die BF nicht erwähnt.

Es ist aus den Angaben der BF nicht ersichtlich, was sie von ihren Familien unterscheidet, dass nicht auch sie eine Beschäftigung in ihrem Herkunftsstaat aufnehmen könnten. Aus den Angaben der BF geht nicht hervor, dass allfällige wirtschaftliche Benachteiligungen aufgrund ihrer Volksgruppen - oder Religionszugehörigkeit ihre Existenz oder jene ihrer Familien gefährden würden. Wirtschaftliche Benachteiligungen können jedoch nur dann asylrelevant sein, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539), was im gegebenen Fall jedoch zu verneinen ist.

Die erkennende Richterin lässt die in das Verfahren integrierten länderkundlichen Feststellungen zur Volksgruppe der Kurden, wonach Kurden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit Diskriminierungen ausgesetzt sind, nicht unberücksichtigt, doch haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt, inwiefern konkret sie selbst von davon betroffen seien, sondern ergibt sich vielmehr aus der seitens der BF geschilderten Situation ihrer Kernfamilien im Iran, welche naturgemäß derselben Volksgruppe und Religion wie die BF selbst angehören, nicht, dass diese Familien aufgrund der Zugehörigkeit zur Ethnie der Kurden oder ihrer Religion gravierende Probleme zu gewärtigen hätten und haben die BF auch keine solchen Probleme angesprochen. Da nicht festgestellt werden konnte, dass es sich beim BF1 um einen kurdischen Aktivisten handelte, zumal den diesbezüglichen Ausgührungen des BF1 die Glaubwürdigkeit abzusprechen war, sind die Länderfeststellungen hinsichtlich kurdischer Aktivisten im gegenständlichen Fall nicht entscheidungsrelevant.

Auch, wenn Angehörige der Gruppe der Kurden und der Sunniten den Ausführungen der Staatendokumentation des BFA zufolge teilweise Diskriminierungen ausgesetzt sein mögen, so kann daraus nicht auf eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK geschlossen werden. Dazu ist auch auf die seitens des UNHCR vertretene Auffassung zu verweisen, wonach bloße Diskriminierung in der Regel noch nicht Verfolgung bedeutet (UNHCR, Auslegung Art. 1, Abs. 16).

Besonders schwerwiegende Formen der Diskriminierung sind allerdings zweifellos als Verfolgung anzusehen, ebenso wie stetige und anhaltende Diskriminierungen durch ihre Kumulierung auf Verfolgung hinauslaufen können (UNHCR, Handbuch, Abs 51-54).

Beispielhaft sei an dieser Stelle das Erkenntnis VwGH 16.04.2002, 99/20/0483 genannt, in dem bezüglich afghanischer Frauen die Summe zahlreicher Diskriminierungen den Schluss auf eine Vorliegende asylrelevante Verfolgung zuließ. ("Betrachtet man die Eingriffe der Taliban in die Lebensbedingungen der afghanischen Frauen in ihrer Gesamtheit, so kann kein Zweifel bestehen, dass hier einer der Fälle vorliegt, in denen eine Summe von Vorschriften gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in Verbindung mit der Art ihrer Durchsetzung von insgesamt so extremer Natur ist, dass die Diskriminierung das Ausmaß einer Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention erreicht. In dieser Hinsicht ist abgesehen von anderen bizarren Aspekten des von den Taliban errichteten - und in der Praxis als Grundlage für willkürliche Gewaltanwendung benützten - Regelwerks vor allem auf die systematische Behinderung der medizinischen Versorgung hinzuweisen, die zumindest im Umkreis der zuvor auch der weiblichen Bevölkerung zugänglichen Einrichtungen eine unmittelbare Bedrohung des Lebens bedeutete. Schon das Fehlen der auch nur den Mindestanforderungen der Menschlichkeit entsprechenden Ausnahmen von den verordneten Regeln in Bezug auf den jederzeit möglichen Bedarf nach einer ärztlichen Behandlung kennzeichnet den Verfolgungscharakter dieser Form von Repression. Der zusätzlichen Betroffenheit etwa infolge fehlender Mittel zum Unterhalt oder durch das Fehlen männlicher Angehöriger, um sich "ausführen" lassen zu können oder Lebensmittel ins Haus zu bringen, bedarf es dazu nicht mehr. Erreichen die diskriminierenden Regeln selbst die asylrechtlich erforderliche Verfolgungsintensität, so kommt es auch auf zusätzliche Unverhältnismäßigkeiten im Falle des Zuwiderhandelns und mithin darauf, ob vom konkret betroffenen Asylwerber ein Zuwiderhandeln zu erwarten wäre, nicht an (ausführliche Judikatur- und Literaturhinweise im Erkenntnis").

Ein vergleichbarer Fall, auf den die obzitierte höchstgerichtliche Judikatur umgelegt werden kann, liegt hier jedoch nicht vor und bleiben es die BF schuldig, nachvollziehbar bzw. glaubwürdig zu erklären, welchen zahlreichen Diskriminierungen sie selbst ausgesetzt gewesen sein sollen.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass sich aus den länderkundlichen Informationen zur Thematik Kurden keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige dieser Ethnie schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung iSd GFK ausgesetzt wären. Leztlich hat auch eine Anfrage der Staatendokumentation an den Vertrauensanwalt der ÖB Theran und dessen Anfragebeantwortung vom 20.04.2017 nicht ergeben, dass sich aus der Namensgebung des BF3 und des BF4 ( XXXX ) für diese asylrelevante Probleme im Iran ergeben und sind die Beschwerdeführer den diesbezüglichen Feststellungen weder in der Beschwerde noch in der hg. Verhandlung entgegengetreten.

Abschließend sei auf nachfolgende höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer Minderheit allein noch keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstellt. Für die Anerkennung als Flüchtling kommt es immer nur auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers an, nicht aber bloß auf die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland. (VwGH 29.10.1993, 92/01/1105; 07.11.1995, 94/20/0889).

4.1.4. Wenn die BF2 in ihrem Vorbringen Schwierigkeiten hinsichtlich der Einhaltung der religiösen Bekleidungsvorschriften und allgemeine Benachteiligungen von Frauen im Iran erwähnt, begründet auch dies für den Fall ihrer Rückkehr in den Iran nicht die Gefahr asylrelevanter Verfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass im Iran eine detaillierte Kleiderordnung gilt, die für Frauen insbesondere eine nahezu vollständige Verhüllung des Körpers und der Haare mit dunklen und festen Kleidungsstücken - durch den Tschador oder einen langen Mantel und Kopftuch - vorschreibt, bei deren Verletzung Sanktionen erfolgen können. Auch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die in den letzten Jahren - insbesondere in der Regierungszeit des Präsidenten Ahmadinejad - bisweilen festzustellende großzügigere Auslegung und Anwendung der Bestimmungen einer strengeren Handhabung gewichen ist, welche dem hg. Amtswissen zufolge zwischenzeitlich unter Präsident Ruhani wieder gelockert wurde.

Bei den an die Nichtbeachtung der Bekleidungsvorschriften anknüpfenden Maßnahmen handelt es sich aber zunächst lediglich um eine - unpolitische - Ahndung eines Verstoßes gegen die öffentliche Moral. Die Bekleidungsvorschriften haben ihre Ursache in den im Iran besonders strengen, vor allem die Frauen betreffenden Moralvorstellungen. Sie dienen der Aufrechterhaltung äußerlicher Formen der Frömmigkeit bzw. der öffentlichen Moral und haben deshalb ordnungs- oder strafrechtlichen Charakter. Daher sind diese staatlichen Maßnahmen sowie die seitens der BF2 angesprochene Schlechterstelllung der Frauen im Iran unter asylrechtlichen Aspekten hinzunehmen, auch wenn sie im Gegensatz zur Werteordnung der Bundesrepublik Österreich und nicht im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 7 B-VG stehen. Sie stellen sich weder als Eingriff in die asylrechtlich geschützte Religionsausübung noch als geschlechtsspezifische Verfolgung im Sinne des Asylrechts dar. Sie betreffen zudem grundsätzlich alle Bewohner(innen) des Landes gleichermaßen, sodass die Ahndung eines Verstoßes gegen derartige Verhaltensvorschriften regelmäßig keine den Betroffenen "aus der staatlichen Rechts- und Friedensordnung ausgrenzende politische Verfolgung" ist.

Das Asylrecht soll zudem nicht jedem, der in seiner Heimat benachteiligt wird, die Möglichkeit eröffnen, seine Heimat zu verlassen oder dorthin nicht zurückkehren zu müssen, weil er in Österreich eine bessere Lebenssituation vorfindet. Vielmehr ist eine Rechtsgutbeeinträchtigung von asylerheblicher Intensität erforderlich. Bei Eingriffen, die nicht unmittelbar das Leben, die Gesundheit und die physische Bewegungsfreiheit betreffen, ist das erst der Fall, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben. (vgl. Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Z. 93/01/0443; VwGH vom 15.09.1994, Zl. 94/19/0389; VwGH 11.11.1987, 87/01/0136).

Im Lichte dieser Rechtsprechung stellen sich auch die strengen Bekleidungsvorschriften und die sonstigen Diskriminierungen, welche die Frauen generell in islamischen Ländern und speziell im Iran betreffen - dort aber nicht wirklich in Frage gestellt werden -, nicht als asylerheblich dar. So ist mit den hieraus folgenden Einschränkungen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit noch nicht ein menschenunwürdiges Dasein verbunden, das eine Frau in eine den Schutz des Asylrechts nach sich ziehende ausweglose Lage bringt.

Ob die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Aufenthaltes in Österreich inzwischen im Falle der Rückkehr in den Iran mit der dortigen Rolle der Frau und insbesondere mit den Bekleidungsvorschriften zusätzlich Probleme hätte, ist unerheblich. Es ist ihr zuzumuten, sich hiermit abzufinden. Denn diese Moralanschauungen sind ihr nicht fremd und sie hat sie in der Vergangenheit beachtet. Sie ist immerhin im Iran geboren und hat dort einen großen Teil ihres Lebens verbracht. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin - zumal unter dem Eindruck der ihr anderenfalls drohenden Sanktionen - nicht bereit wäre, sich den Moralanschauungen ihres Heimatstaates wieder anzupassen. (siehe hierzu auch das aktuelle Urteil des schweizerischen Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2008, D-4984/2008 sowie die Judikatur der deutschen Gerichte:

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2006 2 K 2689/06.A; BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 1989 - 9 B 258.88 -, InfAuslR 1989, 216, zur Verurteilung eines Iraners zu 100 Peitschenhieben, weil er sich mit seiner Freundin verbotenerweise in der Öffentlichkeit gezeigt hat; OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 1992 - 16 A 10941/90 -, juris Rechtsprechung Nr. MWRE181639300, zur Diskriminierung von Frauen durch Bekleidungsvorschriften u.a. im Iran; vgl. auch Hess. VGH, Urteil vom 27. Januar 1992 - 13 UE 567/89 -, juris Rechtsprechung Nr. MWRE104719200; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 1992, a.a.O.; OVG Koblenz, Beschluss vom 17. Mai 2002 - 6 A 10217/02 -, NVwZ-Beilage 2002, 100, zur vergleichbaren Situation in Afghanistan; vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 16. Februar 2006 - 14 A 62/99 -, zu dem Fall einer seit 30 Jahren im Ausland lebenden Iranerin).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht, dass sich die Situation von Frauen im Iran und deren Ungleichbehandlung gegenüber Männern als unbefriedigend darstellen mag, jedoch kann dies nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes bzw. einer Asylgewährung für die Beschwerdeführerin führen. Die von ihr geltend gemachten Benachteiligungen welche sie als Frau zu erdulden hat, sind nämlich von ihrer Intensität her indessen nicht asylrelevant. Vielmehr handelt es sich dabei in Anbetracht aller Umstände um relativ geringfügige Einschränkungen im Alltag, von welchen alle Frauen im Iran in vergleichbarer Lage ebenso betroffen sind.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zusammengefasst keineswegs die Ernsthaftigkeit der subjektiven Befürchtungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer persönlichen Situation und der Nichteinhaltung der Kleidervorschriften, kommt aber zum Schluss, dass diese aus objektiver individueller Sicht (auf die es hier, mangels einer Gruppenverfolgung primär ankommt) keine asylrelevante Gefährdung darstellen.

4.1.5. Was die nunmehrige erstmals in der hg. Verhandlung behauptete exilpolitische Aktivität des BF1 in Österreich betrifft, so ist zu diesem geltend gemachten Nachfluchtgrund feszuhalten, dass der BF1 dazu erstmals in der hg. Verhandlung erklärte, er teile unter dem Namen XXXX auf Facebook gewisse Nachrichten mit anderen Leuten, so ist zum einen auf die hg. Beweiswürdigung zur politischen Tätigkeit des BF1, vor allem auch auf seine Unkenntnis zu Parteiideologie und parteipolitischen Zielen zu verweisen, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der BF1 mit den nunmehr behaupteten Aktivitäten im Internet, die er auch nicht unter seinem richtigen vollständigen Namen betreiben will, exponiert und die Aufmerksamkeit der iranischen Behörden auf sich gezogen hat.

Für Aktivitäten im Internet gilt derselbe Maßstab wie für sonstige exilpolitische Tätigkeiten. Alle Aktivitäten sind im Zusammenhang zu würdigen. Untergeordnete exilpolitische Tätigkeiten, die nicht geeignet sind, auf die Verhältnisse im Heimatland ernsthaft einzuwirken, und aus der Sicht des iranischen Staates keine Gefahr begründen, können mit dem Gefährdungspotenzial inneriranischer Systemkritik via Internet nicht verglichen werden. Mit Internetauftritten wie einem Weblog und regimekritischen Artikeln und Bildern in Facebook hebt sich jemand nicht aus der Masse der iranischen Asylwerber hervor, die im Internet präsent sind. Schon die Masse der Internetportale, Blogs und sonstiger Seiten von iranischen Oppositionellen - geschätzt 60.000 - spricht gegen eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr. Daran ändert nichts, wenn etwa die Teilnahme an einer Demonstration hinzukommt, über die im deutschen Fernsehen berichtet wurde (VG Würzburg, U.v. 18.04.2012 - W 6 K 11.30147 5381344).

Etrstmals gab der BF1 in der hg. Verhandlung auch an, einmalig am XXXX an einer Versammlung der Kurden in XXXX teilgenommen zu haben und legte dazu ein Foto, auf dem er vor der kurdischen Fahne und den Bildern kurdischer Märtyrer, so der BF1, erkennbar ist, vor. Der BF1 führte dazu befragt aus, es handle sich um einen kurdischen Gedenktag, an dem nur aktive Kurden teilnehmen. Es sei eine große Veranstaltung, an der auch Zuschauer teilnehmen und wo gesungen werde. Er selbst sei lediglich teilnehmender Zuschauer gewesen, er sehe seine Teilnahme jedoch als Verpflichtung, da er Mitglied der XXXX , er meine damit die kurdische Partei im Iran, sei.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der BF1 und die BF2 bereits im behördlichen Verfahren jeweils Bestätigungen der XXXX , datiert mit XXXX vorlegten, in denen zur jeweiligen Person mitgeteilt wird, dass diese Sympathisanten der Partei seien, aufgrund von Repressionen durch das iranische Regime den Iran verlassen haben und sei im Rückkehrfall das Leben der BF gefährdet.

Eine Mitgliedschaft der Beschwerdeführer zur obgenannten Gruppierung kann aufgrund der soeben dargelegten beweiswürdigenden Ausführungen ausgeschlossen werden.

Der Beschwerdeführer1 konnte in der hg. Verhandlung auch keine Angaben zur genannten Partei machen. Auch, warum er seinen Angaben zufolge erst einmal an einer solchen Versammlung teilgenommen hat, bleibt offen, ist er doch bereits seit dem Jahr 2012 in Österreich aufhältig und hat abgesehen von der genannten einmaligen einfachen Teilnahme an einer Veranstaltung im Jahr 2018 keine weiteren Aktivitäten angegeben.

Auch konnte der BF1, wie bereits festgehalten, zu Parteizielen oder zur Ideologie der Partei befragt, keine Angaben machen, woraus zu schließen ist, dass er sich nicht intensiv mit der Ideologie der Partei auseinandergesetzt hat.

Der Beschwerdeführer ist insgesamt betrachtet mit den dargelegten Ausführungen in der hg. Verhandlung weder im Iran noch in Österreich als überzeugtes und aktives Mitglied einer Oppositionspartei nach außen in Erscheinung getreten, weshalb in weiterer Folge nicht davon ausgegangen werden kann, dass die von ihm geschilderte einmalige Aktivität in Österreich den iranischen Behörden bekannt ist und ein Interesse der Behörden an seiner Person begründet.

Dass die Beschwerdeführer, welcher selbst von der Organisation in obgenanntem Schreiben als Sympathisanten genannt werden, die aufgrund von staatlichen Repressionen zur Ausreise gezwungen wurden und im Rückkehrfall ihr Leben gefährdet sei, wobei sich aus dem Schreiben nicht erschließt, auf welche anderen Fakten als den Angaben der BF sich diese Bestätigung vom XXXX stützt, im Rückkehrfall in den Iran aufgrund der nunmehr geltend gemachten politischen Aktivitäten einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sind, kann im Lichte der beschriebenen Aktivität des BF1 in Verbindung mit den länderkundlichen Feststellungen nicht erkannt werden.

Die erkennende Richterin lässt zwar die länderkundlichen Feststellungen nicht unberücksichtigt, wonach Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, von Repressionen bedroht sein können. Auch ist zu berücksichtigen, dass, wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, dies bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben kann. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Es ist jedoch aufgrund der Ergebnisse der hg. Beweiswürdigung, wonach die Angaben des BF1 und der BF2 zu ihren Ausreisegründen unglaubwürdig sind, und den Angaben des BF1 zu seinen exilpolitischen Aktivitäten, welche sich der oa Aktivität auf Facebook unter falschem Namen (vgl. dazu obige Ausführungen) und einem einmaligen Besuch einer Parteiveranstaltung erschöpfen, nicht davon auszugehen, dass dies allein für die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer asylrlevanten Verfolgung (die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht - VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0069) durch die iranischen Behörden im Rückkehrfall der Beschwerdeführer in den Iran ausreicht und ist diese Aktivität nicht einer öffentlichen regimekritischen Äußerung, wie in den Länderfeststellungen erwähnt, gleichzuhalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Gefährdungssituation von "Rückkehrern", die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, in Bezug auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund darauf an, ob der Asylwerber infolge seiner exilpolitischen Betätigung in das Blickfeld der für die Staatssicherheit zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates geraten konnte.

Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen, einerseits, ob der Asylwerber auffällig "regimekritisch" in Erscheinung getreten ist, andererseits, ob er aus der Sicht der Behörden des Herkunftsstaates als Gefahr für das Regime eingeschätzt werden konnte (VwGH, 22.05.2001, 2000/01/0076; VwGH, 14.01.2003, 2001/01/0398; VwGH, 08.04.2003, Zl. 2002/01/0078).

In das Blickfeld der Sicherheitskräfte können zwar exponierte Personen geraten, nicht jedoch Personen, die Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung verrichten (exilpolitische Aktivitäten niedrigen Profils).

Zu den exilpolitischen Aktivitäten niedrigen Profils, zählen unter anderem die mit einer schlichten Vereinsmitgliedschaft verbundene regelmäßige Zahlung von Mitgliedsbeiträgen sowie von Spenden, schlichte Teilnahme an Demonstrationen, Ordnertätigkeit bei Demonstrationen, Hungerstreiks, Autobahnblockaden, Informationsveranstaltungen oder Schulungsseminaren, Verteilung von Flugblättern und Verkauf von Zeitschriften, Helfertätigkeit bei Informations- und Bücherständen, Platzierung von namentlich gezeichneten Artikeln und Leserbriefen in Zeitschriften. (Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 273/04.A.19.04.2005; OVG Münster, Urteil vom 27.06.2002, Az.: 15. A 373/01.A)

Eine Möglichkeit, aufgrund der genannten in Österreich gesetzten Aktivitäten des BF1 in das Blickfeld der iranischen Behörden zu gelangen und im Rückkehrfall asylrelevanter Gefährdung ausgesetzt zu sein, ist im Lichte der obzitierten Judikatur und der einschlägigen Länderfeststellungen, auch, wenn es sich bei der Organisation um die PDKI, einer Organisaion, die im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte steht, handeln mag, zu verneinen.

Selbst wenn bereits im Hinblick auf die Feststellungen zur Organisation PDKI eine abgeschwächte Form der Aktivitäten für eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit sprechen mag, so ist nach hg. Ansicht bei der Betrachtung des konkreten Einzelfalles, der einmalige Besuch des BF1 von einer Parteiveranstaltung, ohne Mitglied dieser Partei zu sein und die Vorlage des zitierten Bestätigungsschreibens nicht geeigent, eine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Person des BF1 oder der BF2, welche auch ein solches Bestätigungsschreiben in Vorlage brachte, obwohl diese im behördlichen Verfahren keinerlei politisches Engagement ihrerseits behauptete, sondern ein solches sowie eine Parteimitgliedschaft vielmehr dezidiert verneinte (AS 173), zu begründen.

Nach Ansicht der erkennenden Richterin ist es im Lichte der bisherigen Ausführungen im Falle der Beschwerdeführer für die Begründung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit erforderlich, dass einfache Mitglieder oder Sympathisanten und untergeordnete Aktivitäten für kurdische exiloppositionelle Gruppen erkennbar und identifizierbar öffentlichkeitswirksam nach außen treten, sodass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in den iransichen Behörden und Sicherheitskräften erkannt und identifiziert werden können und darüber hinaus wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates existent ist.

Dafür sind nach hg. Ansicht jedoch der einmalige Besuch einer Parteiveranstaltung und die genannte Bestätigung der Parteizentrale nicht ausreichend. Zu jenem Schreiben sei angemerkt, dass dieses nach hg. Ansicht als Gefälligkeitsschreiben zu qualifizieren ist, ist doch davon auszugehen, dass sich dieses allein auf die Angaben der BF stützt, wenn darin bereits erfolgte Repressionen gegen die BF durch iranische Behörden sowie eine Gefährdung des Lebens der BF im Falle einer Rückkehr in den Iran und letztlich auch deren Sympathisieren für die Partei bestätigt wird. Die Angaben der BF zu ihren Ausreisegründen waren als unglaubwürdig zu qualifizieren. Dem vorgelegten Schreiben kommt im Lichte des bisher Gesagten lediglich ein geringer Beweiswert zu.

Es ist nicht als realistisch anzusehen, dass jede Person, welche an Veranstaltungen der kurdischen Exilopposition teilnimmt, als möglicher Regimefeind erkannt und verfolgt wird.

Ferner reicht auch allein die mögliche Identifizierbarkeit des Beschwerdeführers nicht zur Annahme aus, er hätte deswegen bei einer Rückkehr in den Iran eine Verfolgung zu befürchten, zumal im bisherigen Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass sich der Beschwerdeführer besonders hervorgetan oder exponiert hätte.

In diesem Zusammenhang sei auch auf nachfolgend zitierte deutsche oberverwaltungsgerichtliche Judikatur verwiesen:

Nach der Rechtsprechung ist -allgemein- maßgeblich für eine beachtliche wahrscheinliche Verfolgungsgefahr darauf abzustellen, ob die im Asylverfahren geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten als untergeordnete Handlungen eingestuft werden, die dem Betreffenden nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner in Erscheinung treten lassen oder umgekehrt. Die Gefahr politischer Verfolgung wegen exilpolitischer Aktivitäten ist anzunehmen, wenn ein iranischer Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervortritt und sein gesamtes Verhalten den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner einwirken lässt (OVG NRW, B.v.16.01.2017 - 13A 1793/16.A - juris; BayVGH, B.v.29.07.2013 - 14ZB 13.30084-juris; B.v.06.01.2014 - 13 A 1474/13.A -Juris).

Erforderlich ist im Regelfall ein exponiertes exilpolitisches Engagement, das den Betreffenden aus dem Kreis der standardmäßig exilpolitisch Aktiven heraushebt und im iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt, so dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr eines Verfolgungsinteresses seitens des iranischen Staates besteht (HessVGH, U v.21.09.2011-6A 1005/10.A -EzAR-NF 63 Nr. 4).

Letztlich ist zu erwähnen, dass weder der BF1 noch die BF2 zuvor in das Blickfeld der iranischen Behörden geraten sind und sohin ein erhöhtes Interesse an ihnen besteht.

Bei Gesamtbetrachtung der seitens des BF1 beschriebenen Tätigkeiten, der derzeitigen Auskunftslage und der höchstgerichtlichen Judikatur kann nicht von der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr des BF1 ausgegangen werden.

4.1.6. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall aufgrund der dargelegten Erwägungen zu verneinen.

Nach den getroffenen Feststellungen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass iranische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

4.1.7. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beschwerdeführer auch aus dem Verfahren ihrer jeweiligen Familienangehörigen keinen derartigen Status ableiten können, da deren Beschwerden mit gegenständlichem Erkenntnis des heutigen Tages im Ergebnis ebenfalls gleichlautend entschieden wurden.

4.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

4.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

4.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind.

Dass die BF1-5 im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnten, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Bei dem BF1 und der BF2 handelt es sich um arbeitsfähige Erwachsene, bei welchen die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es sind jedenfalls keine Gründe ersichtlich, warum sie als Erwachsene im Iran selbst keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollten. Die BF1-2 sind im Iran aufgewachsen, wurden dort sozialisiert, sprechen die Sprache der Majoritätsbevölkerung und sind diese im Iran zur Schule gegangen. Der BF1 war als Autolackierer und in der elterlichen Landwirtschaft tätig. Die BF2 war vor der Ausreise nicht berufstätig, hat jedoch eine Ausbildung als Buchhalterin mit Universitätsabschluss absolviert. Der BF 1 war vor der Ausreise als Autolackierer und Mitarbeiter auf der elterlichen Landwirtschaft tätig, hat den Untrhalt für die Familie bestritten und die BF2 war Hausfrau. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die BF im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein werden, für sich und ihre Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass sich die Herkunftsfamilien der Beschwerdeführer im Iran aufhalten und stehen die BF zu diesen in regelmäßigem Kontakt. Die BF wären sohin im Falle einer Rückkehr in den Iran in der Lage, auf ein soziales Netzwerk zurückzugereifen, welches über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinweghelfen könnte.

Die BF sind nach ihren Angaben in der hg. Verhandlung gesund.

Insofern die BF2 in der hg. Verhandlung angab, in Österreich an Migräne zu leiden und im heurigen Jahr an der Schilddrüse operiert worden und diesbezüglich in einer medikamentösen Nachbehandlung in Form von einer Tablette täglich zu sein und im Verfahren eine ärztliche Bestätigung hinsichtlich einer Schilddrüsenüberfunktion und eines Kropfes in Vorlage brachte, so ist auf die entsprechenden Feststellungen zu verweisen, wonach chirurgische Eingriffe an der Schilddrüse zwar nicht im Krankenhaus von XXXX

möglich sind, jedoch sehr wohl in Sanandasch und Teheran. Das notwendige Medikament ist um rd. 12 Euro pro 100-Tabletten-Packung erhältlich. Berichte hinsichtlich einer Diskriminierung der kurdischen Volksgruppe bei der medizinischen Versorgung sind nicht bekannt. (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 20.06.2017).

Die BF2 erklärte zu ihrer Erkrankung in der hg. Verhandlung auch, dass sie diesbezüglich auch bereits im Iran in medikamentöser Behandlung gewesen sei und sei sie manchmal zur Kontrolle nach Teheran gefahren. Das einzige Problem im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung sei die Reiseübelkeit auf der Fahrt nach Teheran gewesen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig oder schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt.

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (VwGH 15.10.2015, Ra 2015/20/0218 bis 0221-4 unter Verweis auf VwGH 28.04.2010, Ra 2008/19/0139 bis 0143).

Durch eine Abschiebung der Beschwerdeführerin wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was im Iran jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung im Iran den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

Selbst wenn die Beschwerdeführerin aufgrund einer allfälligen Behandlung aufgrund der Ausgestaltung des Gesundheitswesens im Iran mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen hätte - was sich im gegenständlichen Fall den Feststellungen grundsätzlich nicht entnehmen lässt -, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK kein wesentlicher Aspekt erblickt werden.

Es mag zwar sein, dass die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat hinter denen in Österreich zurückbleiben, aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist jedoch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen festzustellen, dass hierdurch im gegenständlichen Fall die vom EGMR verlangten außerordentlichen Umstände nicht gegeben sind (vgl. hierzu insbesondere auch weiters Urteil des EGMR vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599, Case of Bensaid v. The United Kingdom oder auch VwGH v. 7.10.2003, 2002/01/0379).

Aufgrund der gegebenen Umstände und der Angaben der BF2 im Lichte der betreffenden länderkundlichen Feststellungen kann jedoch hinsichtlich der medikamentösen Behandlung der BF2 nach ihrer Operation an der Schilddrüse nicht von solchen außergewöhnlichen Umständen ausgegangen werden.

Ebensowenig sind Probleme für den BF1, der bislang den Wehrdienst im Iran nicht abgleistet hat, festzustellen, ist er doch einerseits den länderkundlichen Feststellungen zufolge, aufgrund seines Geburtsjahres nicht mehr wehrdienstpflichtig und hätte er zudem andererseits die Möglichkeit, sich diesbezüglich freizukaufen.

Die BF 1-2 sind im Iran aufgewachsen, sie wurden dort sozialisiert und haben dort die überwiegende Zeit ihres Lebens verbracht. Es ist nicht hervorgekommen, dass sie im Iran keine familiären und privaten Anknüpfungspunkte mehr haben. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ihnen im Fall ihrer Rückkehr auch im Rahmen ihres Familienverbandes - die jeweiligen Herkunftsfamilien leben im Iran - eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird, was auch für die in Österreich geborenden BF3-5 gilt, die sich in der Obsorge ihrer Kernfamilie, nämlich des BF1 und der BF2 befinden.

Auch entschied der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. September 2010, U 1863/09-12, unter Hinweis auf das im Vorabsatz erwähnte Urteil des EGMR, dass bei einer Rückkehr in den Iran bezüglich der Prüfung der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung neben der zuvor erwähnten Berücksichtigung der angespannten Situation auch die speziellen Risiken bedacht werden müssen, denen Iraner ausgesetzt sind, wenn sie, ohne über Beweismittel für ihre legale Ausreise aus dem Iran zu verfügen, in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssen. Auf Grund aktueller Länderberichte stehe fest, dass diese besonders leicht einer genauen Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Ausreise aus dem Iran unterzogen werden. Diesfalls wäre es wahrscheinlich, dass ein Iraner ohne gültige Ausreisepapiere die Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsbehörden auf sich ziehen und seine Vergangenheit dabei offen gelegt würde. Diese beiden Gesichtspunkte zusammen können dazu führen, dass die Ausweisung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat angesichts der gegenwärtigen Umstände eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung darstellt. Dieses Judikat ist im konkreten Fall nun aber nicht einschlägig, da die Beschwerdeführer zwar den Iran illegal verlassen haben, jedoch zu keinem Zeitpunkt ins Blickfeld des iranischen Staates geraten sind, den Iran nicht vorverfolgt verlassen haben und ihr gesamtes Vorbringen als unglaubwürdig gewertet wird, weshalb letztlich keine Gefährdung vorliegt.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass die BF1-5 den ihnen zur Kenntnis gebrachten und der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Iran nicht substantiiert entgegengetreten sind und in weiterer Folge auch nicht dargelegt haben, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die BF1-5 durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemein existenten Notlage im Herkunftsstaat der BF1-5 (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der BF1-5 (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass die BF einen Sachverhalt verwirklichten, welcher im Iran mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der BF1-5 in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.

Da sich der Herkunftsstaat der BF1-5 nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Von einer allgemeinen, das Leben eines jeden Bürgers betreffenden, Gefährdungssituation im Sinne des Art. 3 EMRK ist jedenfalls nicht auszugehen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die iranischen Behörden grundsätzlich fähig und auch willens sind, Schutz vor strafrechtswidrigen Übergriffen zu gewähren. Ein lückenloser Schutz ist im Iran ebenso wie in allen anderen Ländern der Erde aber nicht möglich.

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 52a BFA-VG zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im behördlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens im Iran gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen (http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und vertretung/rueckkehrhilfe/).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Situation im Iran schlechter ist als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt ist, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der BF1-5 begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

4.2.3. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die BF1-5 somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF1-5 als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beschwerdeführer auch aus dem Verfahren ihrer jeweiligen Familienangehörigen keinen derartigen Status ableiten können, da deren Beschwerden mit gegenständlichem Erkenntnis des heutigen Tages im Ergebnis ebenfalls gleichlautend entschieden wurden.

4.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung - § 57 AsylG sowie § 52 FPG):

4.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

4.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die BF1-2 befinden sich zumindest seit Juni 2012 im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt nicht in obigem Sinne geduldet ist. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

4.3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die BF1-5 sind als Staatsangehörige des Iran keine begünstigten Drittstaatsangehörige und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

4.3.4. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

4.3.4.1. Die BF1-5 haben keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF1-5 auf Schutz des Familienlebens.

Da die BF1-5 gleichermaßen von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, liegt insoweit kein Eingriff in das schützenswerte Familienleben vor (VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221 mwN).

4.3.4.2. Zum Privatleben der BF1-5 in Österreich ist folgendes festzuhalten: die sieben Jahre und vier Monate dauernde Aufenthaltsdauer der BF1-2 wird erheblich dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste den BF1 und der BF2 auch als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder (BF3-BF5) bewusst gewesen sein.

Die Beschwerdeführer haben durch ein konstruiertes Vorbringen, welches einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhielt, sohin durch Vortäuschung eines Asylgrundes ihre vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen erschlichen und somit das Asylrecht grob missbraucht. Es liegt sohin ein Fall vor, in dem das Gewicht aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten - insbesonders bei Vortäuschung eines Asylgrundes, beruht (VwGH 28.06.2007, 2006/21/0114, VwGH 30.08.2007, 2006/21/0246).

Die BF 1 und BF2 übten bislang in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus (zur Tätigkeit des BF1 siehe nachfolgend) und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Sie konnten auch keine eigenen Existenzmittel nachweisen und leben alle Beschwerdeführer von der staatlichen Grundversorgung. Der BF1 ist seit Mai 2018 als Remunerant für das Stadtamt XXXX 60 Stunden pro Monat für einen Stundensatz von 5 Euro tätig.

Die minderjährigen BF3-5 (der BF3 ist 2013 geboren, der BF4 ist 2014 geboren, die BF5 ist 2017 geboren) wohnen bei den Eltern. Die BF5 befindet sich aufgrund ihres Alters in familiärer Betreuung. Der BF3 besucht seit September 2019 als außerordentlicher Schüler (lt. Schreiben der Volksschule: Sprachstand 2 - mangelhafte Deutschkenntnisse) die Volksschule XXXX . Zuvor besuchte er, wie aktuell der BF 4, den Kindergarten.

Seinen mangelnden Willen, sich beruflich in Österreich zu integrieren bzw. selbsterhaltungsfähig zu werden, hat der BF1 in der hg. Verhandlung ersichtlich gemacht, indem er auf die Frage, ob er während seines nunmehr siebenjährigen Aufenthaltes in Österreich versucht habe, eine Arbeit zu finden, die zu seiner Selbsterhaltungsfähigkeit führe, angab, man habe ihm seitens des Arbeitsmarktservices im Jahr 2019 zweimal erklärt, dass er vollzeit arbeiten gehen könne, er müsse dann jedoch alles selbst finanzieren. Er hätte in der Firma, wo man zum Reinigen von Felgen eingesetzt werde, 1700 Euro netto verdient, doch gehe sich das finanziell für ihn und die Familie nicht aus, weshalb er die Arbeit nicht angenommen habe. Dazu ist festzuhalten, dass die Hilfsbedürftigkeit des BF1 und seiner Familie im Sinne des § 2 des OÖ Grundversorgungsgesetzes auch im Falle der Berufstätigkeit des BF1 nicht zur Gänze weggefallen wäre, was der BF1 oder sein Vertreter durch Einholung entsprechender Informationen auch in Erfahrung hätte bringen können, sodass die seitens des BF1 ins Treffen geführte zitierte Begründung für den Nichtantritt der ihm angebotenen Arbeit kein taugliches Argument darstellt.

Die soeben dargelegte Vorgehensweise des BF1 schlägt sich im Zuge der vorzunehmenden Interssensabwägung jedoch gravierend zu seinem Nachteil nieder, zumal dieser nach siebenjähriger Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung für sich und seine Familie eine sich ihm bietende Gelegenheit zur Erlangung der (zumindest teilweisen) Selbsterhaltungsfähigkeit nicht wahrgenommen, sondern bewusst ausgeschlagen hat. Damit wird ein mangelndes Interesse des BF1 an einer Beendigung der staatlichen Grundversorgung (zumindest seine Person betreffend) und einer Arbeitsaufnahme evident, sodass diese Haltung des BF1 nicht auf dessen Willen, sich beruflich in Österreich zu integrieren, schließen lässt. Der BF1 gab auch in der hg. Verhandlung durch seine Vertretung nach einer Einstellungszusage gefragt, an, er wisse nicht, ob er eine solche vorlegen könne.

Auch wenn der BF1 seit Mai 2018 saisonal bei seiner Wohnsitzgemeinde für 40-60 Stunden monatlich tätig ist, womit er jedoch unter der Zuverdienstgrenze für die Grundversorgung liegt und dessen Vertretung nach der hg. Verhandlung eine Einstellungszusage vorlegte, so vermag dies nicht, oa Weigerung des BF1, eine Arbeit anzunehmen, zu kompensieren. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612, VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195 mit weiteren Nachweisen).

Der BF1 hat die Frage, nach Personen in Österreich, welche ihm besonders nahestehen, dezidiert verneint und angegeben, er kenne jedoch die Nachbarn und würden diese da sein, wenn sie ein Problem hätten.

Die Beschwerdeführer haben im Jahr 2017 zwei Empfehlungsschreiben (Nachbar, Deutschtrainerin) und ein Empfehlungsschreiben einer Privatperson aus dem Jahr 2019 vorgelegt, in denen diesen Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit sowie Unbescholtenheit attestiert wird. Daraus geht jedoch nicht hervor, wodurch im konkreten Fall eine besondere Integration der Beschwerdeführer gegeben sein soll, auch, wenn die darin beschreibenen Eigenschaften der BF zutreffen mögen. Den vorgelegten Unterlagen ist auch zu entnehmen, dass der BF über einen österreichischen Führerschein, ausgestellt im Jahr 2017 verfügt.

Besondere Tatsachen, die ein überdurchschnittliches Engagement zur Integration in Österreich über den mehrjährigen Zeitraum, den die Beschwerdeführer in Österreich verbracht haben, gezeigt hätten, sind dadurch nicht hervorgekommen. Die Unterstützungserklärungen sind aus hg. Sicht als Gefälligkeitsschreiben zu qualifizieren und ist daraus nichts für eine erfolgreiche Integration der BF in Österreich zu gewinnen. Der Beschwerdeführer hat nach dem Besuch eines Wertekurses gefragt, angegeben, lediglich einen Deutschkurs, sonst nichts, besucht zu haben.

Zu seinen Deutschkenntnissen gab der BF1 an, er habe eine A1 und einen A2 Prüfung sowie einen B1 Kurs absolviert, er spricht jedoch lediglich gebrochen deutsch und hat auch Verständnisprobleme, wovon sich die erkennende Richterin in der hg. Verhandlung einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte (VR: Wie sind Sie heute hierhergekommen? BF: Kommen, ja ja.) und ist nicht Mitglied in einem Verein.

Die BF2 gab ebenso an, in Österreich keine Personen zu haben, welche ihr besonders nahestehen, sie befinde sich seit ca. einem Jahr in einer Handarbeitsgruppe. Sie habe ebenso die A1 und A2 Prüfung und einen B1 Kurs absolviert. Sie verstand jedoch nicht alle an sie gerichteten einfachen Fragen und spricht lediglich gebrochen deutsch (VR: Wie sind Sie heute hierher gekommen? BF: Entschuldigung? VR: Fragewiederholung. BF: Mit dem Zug. VR: Können Sie die Reise genauer beschreiben? BF: versteht nicht.).

Die Sprache innerhalb der Familie der Beschwerdeführer ist kurdisch.

Die BF1 und der BF2 haben daher keine Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit, aus der ihre Selbsterhaltungsfähigkeit resultiert, oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen und kann auch im Lichte der obigen Ausführungen nicht von einer derart verdichteten Integration der Beschwerdeführer in Österreich in sprachlicher oder sozialer Hinsicht ausgegangen werden, sodass ihnen die Beendigung des Aufenthaltes unzumutbar wäre. Auch die insgesamt siebenjährige Verfahrensdauer, in der die Angelegenheit einmal zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen wurde, tritt angesichts der dargelegten Faktoren bezüglich der nicht weit fortgeschrittenen Integration der Beschwerdeführer in den Hintergrund.

Im Besonderen ist hier noch auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, die jeweils auf einem ähnlich gelagerten Sachverhalt - wie jenen des BF - beruhen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft; Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich; Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; perfekte Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage; eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).

Der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt der BF1-2 liegt im Iran, wo auch ihre Herkunftsfamilien sowie weitere Verwandte leben und sie somit über ein soziales Netz verfügen. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF1-5 in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar.

In diesem Zusammenhang ist auf die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. EGMR U 18.10.2006, Üner gegen Niederlande, Nr. 46.410/99; GK 6.7.2010, Neulinger und Shuruk gegen Schweiz, Nr. 1615/07). Maßgebliche Bedeutung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. EGMR U 31.7.2008, Darren Omoregie ua. gegen Norwegen, Nr. 265/07; U 17.2.2009, Onur gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 27.319/07; siehe dazu auch VwGH 17.12.2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden(VwGH 21.04.2011, 2011/01/0132).

Die BF3-5 wurden 2013, 2014 und 2017 in Österreich geboren. Die minderjährigen Beschwerdeführer befinden sich aufgrund ihres Alters im engen Familienverband mit den Eltern und sind gemäß der Judikatur der Höchstgerichte in einem anpassungsfähigen Alter, das in der Rechtsprechung der Höchstgerichte zwischen sieben und elf Jahren angenommen wird (vgl. VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 ua., sowie VwGH 19.09.2012, 2012/22/0143 ua)

Die minderjährigen BF haben ihre Sozialisation in Österreich eben erst begonnen, der BF3 hat vor zwei Monaten den Schulbesuch in einer Volksschule aufgenommen, wo er jedoch aufgrund der mangelhaften Deutschkenntnisse als außerordentlicher Schüler geführt wird, der BF4 besucht den Kindergarten, die BF5 befindet sich in elterlicher Betreuung, weshalb die Sozialisierung nicht als dermaßen fortgeschritten angesehen werden kann, dass sie nicht auch in ihrem Herkunftsstaat fortgesetzt werden könnte, zumal sie im Heimatland weiter in der Obsorge ihrer Eltern sein werden und ihnen deren Begleitung die Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtern wird (zur Sozialisation von Kindern etwa nach Vollendung des dritten Lebensjahres vgl. VwSlg. 14972 A/1998 und VwGH 19.01.2006, 2005/21/0297).

Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes deutet nichts darauf hin, dass es für die BF3-5 in Begleitung ihrer Eltern (BF1 und BF2) im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren - dies insbesondere aufgrund ihres noch sehr jungen Alters und der Tatsache, dass im Familienverband kurdisch gesprochen wird. Dazu tritt, dass ihnen ihre Eltern als engste Bezugspersonen erhalten bleiben. Demgegenüber würde die Nichterlassung einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich der BF3-5 zum Ergebnis führen, dass diese von ihren Eltern getrennt werden würden. Diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass die BF3-5 bislang von ihren Eltern betreut wurden und demgemäß eine intensivere Bindung zu diesen evident ist. Die gebotene Berücksichtigung des Kindeswohles führt daher nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine Entwurzelung vom Herkunftsstaat stattgefunden hat und bestehen nach wie vor Bindungen der BF1-2 zum Iran. Weitere ausgeprägte Interessen an einem Verbleib in Österreich haben die BF1-5 im Verfahren nicht dargetan. Die Schutzwürdigkeit ihres Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass sie ihren Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt haben, nur im geringen Maße gegeben. Die Beschwerdeführer 1 und 2 haben andererseits den weitaus überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht, wurden dort sozialisiert und sprechen die Mehrheitssprache ihrer Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass sie dort über Bezugspersonen in Form der bereits genannten Angehörigen verfügen. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den BF1-5 im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden sind, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN).

4.3.4.3. Der sohin relativ schwachen Rechtsposition der Beschwerdeführer im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der BF1-5 an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

4.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

4.3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF1-5 in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

4.3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Themen Glaubwürdigkeitsprüfung, wohlbegründete Furcht, Verfolgung, Glaubhaftmachung, innerstaatliche Fluchtalternative und Refoulementschutz und Ausweisung/Rückkehrentscheidung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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