Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein albanisch-stämmiger Staatsangehöriger der "Jugoslawischen Föderation" aus dem Kosovo, ist am 26. Februar 1998 in das Bundesgebiet eingereist. Seinen Asylantrag vom 3. März 1998 begründete er bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt damit, dass ihm die serbische Polizei vorgeworfen habe, er wüsste genau, wo es die UCK gäbe. Er sei am 10. Februar 1998 von zwei uniformierten Polizisten auf der Straße angehalten und befragt worden, ob er über die UCK Bescheid wisse. Er habe wahrheitsgetreu angegeben, dass er nichts darüber wisse. Die Polizisten hätten ihn daraufhin mit den Worten "Wenn wir dich noch einmal treffen und du uns keine richtige Antwort auf unsere Frage gibst, werden wir dich verprügeln" bedroht. Aus diesem Grunde sei er zur Flucht gezwungen gewesen. Ein weiterer Vorfall mit der Polizei habe sich nicht ereignet. Das genannte Zusammentreffen mit den Polizisten habe in seinem Heimatort Padalisht, Gemeinde Skenderaj (= Srbica) stattgefunden. In Padalisht gäbe es keine Polizisten, diese kämen aus Runik. Er, der Beschwerdeführer, habe diese Polizisten nicht gekannt, sie ihn jedoch sicher, "da diese alle kennen". Es sei richtig, dass das Zusammentreffen mit den zwei serbischen Polizisten der einzige Grund für das Verlassen des Kosovo gewesen sei. Es sei Ziel der Serben, die Albaner aus dem Kosovo zu vertreiben. Für den Fall einer Rückkehr könnte es sein, dass er bis zu seinem Tode gefoltert werde. Es gäbe sehr viele Fälle, von denen er gehört habe, konkrete Fälle kenne er jedoch nicht.
Ausgehend von diesem Vorbringen wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 9. März 1998 gemäß § 7 Asylgesetz 1997-AsylG, BGBl. I Nr. 76, ab (Spruchpunkt I.). Zugleich sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass seine Angst vor zukünftigen Verfolgungshandlungen angesichts der angespannten Situation in Skenderaj (Srbica) und den nachfolgenden Ereignissen wenige Tage nach seiner Flucht wohl begründet gewesen sei. Einmal ins Blickfeld der serbischen Behörden geraten, habe er bei einem neuerlichen Kontakt mit der Polizei Verhaftung unter Anwendung von Misshandlungen und Folter befürchtet. Insbesondere in der Krisenregion von Skenderaj gehe die Polizei nicht auf Grund eines begründeten Verdachtes vor, sie unterstelle vielmehr völlig willkürlich Mitgliedschaft bei oder Sympathie zur UCK auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit. Sogar Kinder und alte Menschen seien in diesem Zusammenhang Opfer von Übergriffen geworden. Auf Grund der eskalierenden Situation in Skenderaj und dem willkürlichen Vorgehen der serbischen Behörden gegen ethnische Albaner in dieser Region, die als Zentrum der Operationen der UCK gelte, sei die einmalige Befragung und Drohung durch die Polizei sehr wohl geeignet gewesen, wohlbegründete Furcht vor zukünftigen Verfolgungshandlungen auszulösen. Bereits vor der dramatischen Zuspitzung der Situation im Kosovo sei es eine alltägliche Erfahrung gewesen, dass ethnische Albaner Opfer von unmenschlicher und erniedrigender Behandlung geworden seien. Praktisch jeder ethnische Albaner habe jederzeit Übergriffe der serbischen Behörden befürchten müssen. Seit Ende Februar/Anfang März 1998 habe sich die Situation im Kosovo nochmals dramatisch zugespitzt. Albaner aus den Krisengebieten, aus Regionen, in denen es zu Anschlägen der UCK gekommen sei bzw. die von den Behörden als Kerngebiete der UCK-Operationen angesehen würden, wären von Misshandlungen und Übergriffen der Polizei in überproportionalem Ausmaß betroffen. Er, der Beschwerdeführer, stamme aus der Gemeinde Skenderaj (Srbica), dem Zentrum der jüngsten gewaltsamen Eskalation im Kosovo. Auch die Regierung in Belgrad sehe Srbica als das Zentrum von "terroristischen" Aktivitäten an. Personen aus dieser Gemeinde seien bereits vor der gewaltsamen Eskalation ausschließlich wegen ihrer Herkunft Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen. Für den Fall seiner Abschiebung nach Jugoslawien müsse er daher schon auf Grund seiner Herkunft aus Skenderaj/Srbica mit Verhören und unmenschlicher, erniedrigender Behandlung rechnen, weil Personen aus dieser Region von den serbischen Behörden generell der Unterstützung der UCK verdächtigt würden.
Diese Berufung wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Beschwerdeführer persönlich einvernommen worden war, mit - teils schwer verständlichem - Bescheid vom 30. April 1998 gemäß § 7 AsylG ab. Gleich der erstinstanzlichen Behörde sprach sie überdies aus, dass die Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien gemäß § 8 AsylG (iVm § 57 FrG) zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 8. zu § 67 AVG und E 1. bis 9. zu § 60 AVG nachgewiesene Rechtsprechung). Das steht der Möglichkeit, auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz zu verweisen, nicht im Weg. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt.
Im vorliegenden Fall betont die belangte Behörde im bekämpften Bescheid mehrfach, dass der Beschwerdeführer unglaubwürdig gewesen sei. Dabei argumentiert sie zunächst mit seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 1998 betreffend die Umstände der Verfassung seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes. Daran anschließend hält sie fest, dass sich der Beschwerdeführer
"keinesfalls bemühte, Ungereimtheiten und Widersprüche auszuräumen oder zu klären, sondern mehrfach in solchen Situationen einfach trotzig schwieg (siehe entsprechende ausdrückliche Vermerke im Protokoll), dass er mehrfach ausweichlich antwortete oder überhaupt aus dem Zusammenhang gerissenes statt einer Antwort von sich gab, sich etwa um inländische Alternativen einer Niederlassung bzw. Wohnsitzes nicht nur nicht gekümmert hat sondern daran noch gar nie gedacht habe und über Vorhalt über Ereignissen die er nicht wissen kann, erst über zweiten Vorhalt zugibt, dass dies eben eine Vermutung ist",
was das Vertrauen in seine Glaubwürdigkeit in hohem Ausmaß erschüttert habe. Es könnten daher "mit aller Vorsicht" (?) ergänzende Feststellungen aus der Aussage des Beschwerdeführers nur dort getroffen werden, wo entweder eine Übereinstimmung mit der "Erstvernahme" gegeben sei oder Übereinstimmung mit dem Amtswissen bestehe. In der Folge werden diese ergänzenden Feststellungen - vorerst zum Themenkreis des Asyls - wie folgt wiedergegeben:
"1. Es war nur eine einmalige Kontaktnahme mit der Polizei gegeben; derartige Anhaltungen waren zu jener Zeit allgemein, nicht zielgerichtet üblich, zum Teil wurden Straßen gesperrt und alle Straßenbenützer kontrolliert.
2. Der Asylwerber war einfaches LDK Mitglied, ob die LDK an ihn herangetreten ist, oder er aus eigenen Antrieb zur LDK ging, blieb in seiner Aussprache widersprüchlich, der Beitritt war erst per 1.1.1998, in der Auslands-LDK (während seines Aufenthaltes in Österreich) hatte der Asylwerber keine Rolle gespielt.
3. Bei Skenderai handelt es sich um eine große Gemeinde mit 52 Dörfern; nur einige wenige Dörfer sind von jenen Kampfhandlungen und Konfrontationen betroffen, die in den internationalen Medien als Kämpfe im Gebiet von Drenica weite Erörterung gefunden haben.
4. Der Asylwerber hat aus eigener Erfahrung nie eine Konfrontation mit Misshandlungsfällen in seiner Umgebung oder seinen Bekanntenkreis zu tun gehabt.
5. Der Asylwerber kennt nicht einmal den Namen AHMEDI, obwohl auf diesen Fall in seiner Berufung und in den dort beigefügten Beilagen als Paradefall einer Menschenrechtsverletzung in seiner unmittelbaren Umgebung breit eingegangen wird.
6. In einem einzigen Fall seines Cousins, der festgenommen wurde, muss er nach Vorhalt zugeben, dass er in seinen Ausführungen sich auf Vermutungen stützt.
7. Ferner wird festgestellt, dass auch in der unmittelbaren Heimat des Asylwerbers die Staatsorgane, Polizei usw. in gänzlich eigenen räumlich getrennten Gemeinden wohnen, daher keineswegs die gesamte Bevölkerung kennen können, sondern offensichtlich sehr bewusst von diesen sich separieren."
Erst im Anschluss daran legt die belangte Behörde dar, inwieweit und wozu sich diese Feststellungen als "Ergänzung" verstehen; nämlich als Ergänzung der Feststellungen der Behörde erster Instanz, die "auch als Grundlage dieses Bescheides übernommen werden".
Das steht freilich im Widerspruch zu der wiederholt und uneingeschränkt behaupteten Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Das Bundesasylamt hat nämlich ausdrücklich folgende Feststellungen getroffen:
"Sie sind Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien. Sie haben Ihren Herkunftsstaat verlassen, da sie einmal von zwei serbischen Polizisten auf der Straße angehalten wurden, und man Ihnen vorgeworfen hat, Sie wüssten etwas über die Armee zur Befreiung Kosovos, die UCK. Man drohte Ihnen damit, Sie würden im Falle eines erneuten Aufeinandertreffen mit den beiden Polizisten, im Falle einer weiteren unrichtigen Antwort, verprügelt werden.
Sie haben sich auf dem Landweg über eine Ihnen unbekannte Route nach Österreich begeben. Über das durchfahrene Land bzw. die durchfahrenen Länder können Sie keine Angaben machen. Nach Österreich sind Sie illegal eingereist. In dem durchfahrenen Land bzw. in den durchfahrenen Ländern haben Sie nicht um Asyl angesucht."
Damit ist das Bundesasylamt - wenn auch zusammenfassend - jedenfalls bei Beurteilung des Asylantrages den eingangs wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Ersteinvernahme gefolgt, womit im Einklang steht, wenn an anderer Stelle des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt wird, dass davon ausgegangen werde, "dass Sie die Bundesrepublik Jugoslawien aus dem von Ihnen angeführten Grund verlassen haben". Lediglich in einem Punkt hat das Bundesasylamt Zweifel an der Darstellung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen angemeldet. Dieser Zweifel betrifft die in der Ersteinvernahme aufgestellte Behauptung, "die Polizisten haben mich sicher gekannt, da diese alle kennen"; hiezu führt das Bundesasylamt aus, dass die Behauptung, die serbischen Polizisten würden alle Personen kennen, nach der Lebenserfahrung als unwahrscheinlich gewertet werden müsse. Genau betrachtet geht es dabei jedoch nicht um eine auf Wahrnehmungen beruhende Schilderung von Tatsachen, sondern um eine Vermutung des Beschwerdeführers, die der Ansicht des Bundesasylamtes folgend der Lebenserfahrung widersprechen mag. Gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist damit aber nichts gesagt, weshalb die Prämisse, von der die belangte Behörde im hier bekämpften Bescheid ausgeht - im Verfahren bei der Behörde erster Instanz habe die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers eine große Rolle gespielt -, nicht zutrifft.
Indem die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einerseits Unglaubwürdigkeit vorwirft, andererseits jedoch - so weit erkennbar - seine für die Beurteilung der Rechtsfrage maßgeblichen Angaben als Feststellungen zugrundelegt, erweist sich ihr Bescheid als widersprüchlich. Davon abgesehen sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass jedenfalls einige der von der belangten Behörde gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ins Treffen geführten Argumente nicht nachvollziehbar sind. So lässt sich etwa dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 30. April 1998 nicht entnehmen, inwieweit der Beschwerdeführer "mehrfach ausweislich (gemeint wohl: ausweichend) antwortete oder überhaupt aus dem Zusammenhang gerissenes statt einer Antwort von sich gab". Unklar ist auch, was aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer "sich etwa um inländische Alternativen einer Niederlassung bzw. Wohnsitzes nicht nur nicht gekümmert hat, sondern daran noch gar nie gedacht habe", für seine Glaubwürdigkeit zu gewinnen sein soll. Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer "nicht einmal den durch die gesamte Weltpresse berichteten Fall AHMETI in einem der unmittelbaren Nachbardörfer der Großgemeinde Drenica (Skenderai)" kannte, nichts abzuleiten; den diesbezüglichen Überlegungen in der Gegenschrift ist zu erwidern, dass sich dieser Vorfall erst nach der Ausreise des Beschwerdeführers ereignete und dass der Erwartung, ein Flüchtling werde im fremdsprachigen Ausland zu allererst Medienberichte verfolgen, wenig Realitätsnähe innewohnt; dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid selbst auf diesen Fall Bezug genommen hat, erklärt sich ohne weiteres daraus, dass das ihm gleichwohl zuzurechnende Rechtsmittel offenkundig von einer - mit den Umständen vertrauten - Hilfsperson verfasst wurde.
Die zuvor konstatierte Widersprüchlichkeit des angefochtenen Bescheides ließe sich ausräumen, wenn man unscharf (siehe oben) die von der belangten Behörde angenommene Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ausschließlich auf seine Vermutung, "die Polizisten haben mich sicher gekannt, da diese alle kennen" bezieht. Hiezu führt die belangte Behörde Folgendes aus:
"Aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers ist die Behörde erster Instanz - dem schließt sich die Behörde zweiter Instanz voll inhaltlich an - zurecht davon ausgegangen, dass die (auf Grund der späteren Einvernahme des Asylwerbers feststehende) räumliche Trennung der Wohnorte der serbischen Ordnungsmacht von den albanischen Dörfern, eine Durchmischung des täglichen Lebens nicht stattfindet, und es somit ausgeschlossen ist, dass die serbische Polizei alle Bewohner einer Gegend automatisch kennt und daher die Folgerung des Asylwerbers (nämlich dass auf Grund einer einmaligen Befragung auf offener Straße eine konkrete Verfolgungshandlung gegen ihn zwingend bevorstehende und zwingend vermutet werden muss, dass hier es sich um eine Verfolgungshandlung mit erheblicher Intensität handelt), dem Bereich der Unglaubwürdigkeit zuzuweisen ist und somit eine Asylrelevanz zu erlangen, nicht in der Lage ist. Daher schließt sich in diesem Punkt die Berufungsbehörde der rechtlichen Würdigung des Bundesasylamtes an, das es nicht glaubhaft ist, das dem Asylwerber im Herkunftsland eine Verfolgung droht."
Dieser Überlegung könnte - nimmt man sie wörtlich - entgegengehalten werden, dass auch die Aussage "Aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers ist die Behörde erster Instanz
... zurecht davon ausgegangen, dass die (auf Grund der späteren Einvernahme des Asylwerbers feststehende) räumliche Trennung der Wohnorte der serbischen Ordnungsmacht von den albanischen Dörfern, eine Durchmischung des täglichen Lebens nicht stattfindet" in sich widersprüchlich ist bzw. keinen vollständigen Satz darstellt. Gemeint ist freilich, dass die festgestellte Trennung der Wohnbereiche der Vermutung entgegenstehe, die serbische Polizei kenne automatisch alle Bewohner einer Gegend. Die daran anknüpfende Folgerung, die Mutmaßung des Beschwerdeführers, er müsse auf Grund einer einmaligen Befragung auf offener Straße mit Verfolgungshandlungen erheblicher Intensität rechnen, sei "dem Bereich der Unglaubwürdigkeit zuzuweisen", lässt allerdings außer Betracht, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung seinerseits angab, dass bei dieser Befragung sein Personalausweis verlangt worden sei. Hätte er dieser Aufforderung Rechnung getragen (oder auch nur Fragen der Polizisten zu seinen Generalien wahrheitsgemäß beantwortet), so wäre es sehr wohl plausibel, dass er mit einer weiteren Kontaktnahme rechnete. Zur "Ausweisfrage" hat die belangte Behörde jedoch keine Feststellungen getroffen, insbesondere hat sie nicht zu erkennen gegeben, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer zur Ausweisleistung aufgefordert worden sei. Die oben wiedergegebene, letztlich die Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers tragende Überlegung der belangten Behörde hat daher keine ausreichende Grundlage. Der angefochtene Bescheid muss daher schon deshalb der Aufhebung verfallen.
Dazu kommt folgendes: Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung ausdrücklich vorgebracht, dass sich die Lage im Kosovo seit Ende Februar/Anfang März 1998 nochmals dramatisch zugespitzt habe. Konkret hat er auf die eskalierende Situation in Skenderaj (= Srbica), seiner Heimatgemeinde, hingewiesen und willkürliches Vorgehen der serbischen Behörden gegen ethnische Albaner in dieser Region, die als Zentrum der Operationen der UCK gelte, behauptet. Unterlegt hat er dieses Vorbringen durch angeschlossene Berichte. In einem dieser Berichte ist u.a. davon die Rede, dass die Ereignisse von Ende Februar/Anfang März 1998 eine völlig neue Qualität der Menschenrechtsverstöße im Kosovo darstellten; friedliche Demonstrationen seien unter Anwendung von Gewalt von den Sicherheitskräften aufgelöst worden; nach Angaben aus Quellen der albanischen Bevölkerungsgruppe seien mindestens 50 Menschen durch Einsätze der Sicherheitskräfte getötet worden; wahrscheinlich liege die Zahl der Opfer noch weit höher; besonders Besorgnis erregend sei, dass die Polizei gezielt gegen Mitglieder von Großfamilien vorgegangen sei und zehn Angehörige der Familie Ahmeti getötet habe, wobei nach den bisherigen Erkenntnissen davon auszugehen sei, dass die Angehörigen der Familie Ahmeti nicht Opfer einer Schießerei geworden, sondern im Polizeigewahrsam erschossen worden seien; sie seien damit vermutlich Opfer eines staatlichen Mordes geworden (Bericht von Amnesty International vom 12. März 1998). In einer anderen Unterlage (BBC News vom 10. März 1998) wird davon berichtet, dass die serbische Polizei Frauen und Kinder erschossen habe.
Die belangte Behörde nimmt, wenn auch nur in der Begründung ihres Ausspruchs gemäß § 8 AsylG, in ihrem Bescheid auf die Vorfälle in der Gemeinde Skenderaj (= Srbica) - insbesondere auf den Fall der Familie Ahmeti - Bezug und führt selbst aus, dass die dortigen "Kampfhandlungen ... auch der ausführlichen Berichterstattung der allgemeinen Tagespresse zu entnehmen" waren. Offenbar gestützt auf die wiederum ergänzend getroffene Feststellung, dass es sich bei der Ortschaft Skenderaj um eine Großgemeinde mit insgesamt 52 räumlich voneinander getrennten Ortschaften handle, von denen nur ganz wenige - darunter nicht der (unmittelbare) Heimatort des Beschwerdeführers - von jenen Kampfhandlungen betroffen seien, sowie ausgehend von - als solcher postulierten jedoch nicht näher offen gelegten - "Amtskenntnis des UBAS"
(wiedergegeben wie folgt: "Vielmehr sind die offensichtlich
..... auf jeder Ebene der derzeit im Kosovo stattfindenden Auseinandersetzungen ein Phänomen kleiner und kleinster Organisationseinheiten, die entweder in Widerspruch mit der Ordnungsmacht geraten oder zwar in einem Krisengebiet unmittelbar neben einem solchen betroffenen Gebiet liegend, von allen gänzlich unbetroffen sein können.")
gelangt die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass diesen Kampfhandlungen keine Beachtung zukomme. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde die Quellen ihrer Amtskenntnis offen zu legen gehabt hätte, verkennt sie mit dieser Ansicht die Rechtslage.
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG zu Grunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0224). Eine Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1995, Zl. 94/01/0769, und - zur Frage des Refoulement-Verbots - jüngst das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/21/0469, je m.w.N.).
Dass das konkrete Dorf des Beschwerdeführers (bislang) von Kampfhandlungen verschont geblieben ist, und dass die "derzeit im Kosovo stattfindenden Auseinandersetzungen ein Phänomen kleiner und kleinster Organisationseinheiten" sind, beantwortet nicht die Frage, ob dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung droht. In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, dass der von der belangten Behörde gewählte Begriff "Kampfhandlungen" die in den der Berufung beigelegten Unterlagen berichteten Ereignisse nicht treffend umschreibt. So ist dort u.a. von Erschießungen im Polizeigewahrsam die Rede, und zwar betreffend Angehörige einer Familie Ahmeti, auf welchen Fall auch im bekämpften Bescheid ausdrücklich Bezug genommen wird. Damit lassen sich die Vorfälle aber nicht als Erscheinungen einer "bürgerkriegsähnlichen Konfliktsituation" abtun, denen - weil nicht zielgerichtet und nicht auf Konventionsgründe gestützt - keine Asylrelevanz zukomme. Derartige Exzesse, die auf die physische Vernichtung von auf der Gegenseite stehenden oder ihr zugerechneten Personen gerichtet sind, obwohl diese keinen Widerstand mehr leisten wollen oder können oder an dem militärischen Geschehen nicht oder nicht mehr beteiligt sind, wären vielmehr asylrechtlich beachtlich, wenn sie auf Grund asylerheblicher Merkmale - hier der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Albaner - stattfänden (vgl. den Beschluss des Deutschen Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Dezember 1993, 2 BvR 1916/93, InfAuslR 1994, 156; Kälin, Grundriss des Asylverfahrens (1990), 120; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 93/01/1449). Den in Frage stehenden Vorfällen kann somit Asylrelevanz nicht abgesprochen werden. Haben derartige Vorfälle aber in unmittelbarer Nachbarschaft des Heimatdorfes des Beschwerdeführers stattgefunden, so lässt sich auch nicht ohne weiteres sagen, er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bedroht, Ähnliches zu erleiden, zumal bei Zutreffen der Berufungsbehauptungen "die Region Srbica" (und damit auch das unmittelbare Heimatdorf des Beschwerdeführers) von den serbischen Behörden als Zentrum der Operationen der UCK angesehen wird. Dass der Beschwerdeführer "nicht einmal den durch die gesamte Weltpresse berichteten Fall AHMETI in einem der unmittelbaren Nachbardörfer der Großgemeinde" kennt, ändert an dieser Beurteilung ebenso wenig wie der Umstand, dass er - in der Diktion der belangten Behörde - "noch nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet" hat, "in einem anderen Teil der BR Jugoslawien oder in einem befreundeten Ausland, wie Albanien oder in anderen Teilrepubliken mit albanischen Bevölkerungsanteil Aufenthalt zu nehmen". Eine Feststellung des Inhalts, dass dem Beschwerdeführer neben seinem Heimatdorf eine inländische Fluchtalternative offen stünde, kann in der zuletzt wiedergegebenen Formulierung der belangten Behörde jedenfalls nicht erblickt werden, ganz abgesehen davon, dass Überlegungen in diese Richtung eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers erforderten, er müsste wegen seiner Herkunft aus Skenderaj/Srbica jedenfalls mit Verhören und unmenschlicher, erniedrigender Behandlung rechnen, da Personen aus dieser Region von den serbischen Behörden generell der Unterstützung der UCK verdächtigt würden.
Indem die belangte Behörde all diesen Erwägungen zuwider zu einer Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides gelangte, hat sie - wie schon erwähnt - die Rechtslage verkannt. ihr Bescheid ist daher auch mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. März 1999
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