BVwG W247 2162729-1

BVwGW247 2162729-18.1.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W247.2162729.1.00

 

Spruch:

W247 2162731-1/13E

 

W247 2162732-1/13E

 

W247 2162730-1/13E

 

W247 2162728-1/12E

 

W247 2162729-1/13E

 

W247 2162726-1/13E

 

W247 2162727-1/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

7.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

Die beschwerdeführenden Parteien sind afghanische Staatsangehörige und der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Partei (BF3-BF5). Die Sechstbeschwerdeführerin (BF6) ist die Ehegattin des Drittbeschwerdeführers. Der Siebtbeschwerdeführer (BF7) ist Enkel des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und Neffe der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF7) reisten spätestens am 24.10.2015 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 24.10.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen die Beschwerdeführer am selben Tag vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurden. Nach Zulassung ihrer Verfahren wurden die Beschwerdeführer am 31.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion XXXX , im Beisein eines den Beschwerdeführern einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache DARI niederschriftlich einvernommen.

 

2.1. Der BF1 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, dass er in Afghanistan geboren sei, Afghanistan jedoch bereits vor ca. 30 Jahre verlassen und sodann bis zu seiner Ausreise nach Europa im Iran gelebt habe. Afghanistan habe er ursprünglich verlassen, weil dort Krieg geherrscht habe. Im Iran hätten sie illegal gelebt und hätten sie Angst gehabt, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Außerdem hätte er gefürchtet, dass seine Kinder nach Syrien in den Krieg geschickt würden. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab er an, dass er diesfalls Angst um sein Leben habe.

 

2.2. Die BF2 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung vor, dass sie in Afghanistan geboren sei, jedoch vor 30 Jahren mit ihrem Ehegatten in den Iran gegangen sei. Afghanistan hätten sie ursprünglich wegen des Krieges verlassen. Im Iran seien sie illegal gewesen und hätten sie Angst gehabt, dass ihre Söhne in den Krieg nach Syrien geschickt würden und dort kämpfen müssten. Sonst habe sie keine Fluchtgründe. Befragt, was sie im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab sie an, dass sie diesfalls Angst um ihr Leben habe. Hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes gab sie an, dass sie an Diabetes leide.

 

2.3. Der BF3 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, im Iran geboren zu sein, zwei seiner Brüder (Hamid und Amin) wären jedoch bereits zweimal nach Afghanistan abgeschoben worden. Sie seien jedoch immer wieder in den Iran zurückgekehrt. Sie seien alle illegal im Iran aufhältig gewesen und hätten Angst gehabt, nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden. Sonst habe er keine Fluchtgründe gehabt. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab er an, dass er Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan habe.

 

2.4. Der BF4 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, im Iran geboren zu sein, jedoch bereits mit seinem Bruder zweimal nach Afghanistan abgeschoben worden zu sein. Er sei immer wieder in den Iran zurückgekehrt. Sie seien im Iran illegal aufhältig gewesen und hätten sie Angst gehabt, nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden. Sonst habe er keine Fluchtgründe gehabt. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab er an, dass er Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan habe, da er dort niemanden habe bzw. habe er Angst, in den Krieg nach Syrien zu müssen.

 

2.5. Der BF5 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, im Iran geboren zu sein, jedoch bereits zweimal nach Afghanistan abgeschoben worden zu sein. Er sei immer wieder in den Iran zurückgekehrt. Sie seien im Iran illegal aufhältig gewesen und hätten sie Angst gehabt, nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab er an, dass er Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan habe, da er dort niemanden habe bzw. habe er Angst, in den Krieg nach Syrien zu müssen.

 

2.6. Die BF6 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung vor, im Iran geboren und aufgewachsen zu sein. Sie und ihre Familie hätten dort illegal gelebt. Sie habe vor ca. einem Jahr ihren nunmehrigen Ehemann geheiratet, der ebenfalls illegal im Iran aufhältig gewesen sei. Ihr Mann habe den Iran verlassen müssen, da er Angst gehabt habe, nach Syrien in den Krieg zu müssen. Sonst habe sie keine Fluchtgründe. Befragt, was sie im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab sie an, dass sie in Afghanistan niemanden mehr habe.

 

2.7. Der BF7 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, im Iran geboren zu sein. Er und seine Familie hätten dort illegal gelebt. Seine Eltern hätten Angst gehabt, dass er nach Syrien geschickt würde und dort im Krieg kämpfen müsste. Die Behörden hätten den Afghanen versprochen, dass sie Papiere bekommen würden, wenn sie nach Syrien gingen und dort im Krieg kämpften. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Befragt, was er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte, gab er an, dass er Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan habe, da er dort niemanden habe bzw. habe er Angst, in den Krieg nach Syrien zu müssen.

 

3.1. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte der BF1 geltend, dass er aus der Provinz XXXX und dem Dorf XXXX in Afghanistan stamme. Er habe als Landwirt gearbeitet und daneben auch die Schule absolviert. Als der Krieg ausgebrochen sei, wäre er dann mit seinen Eltern, seiner Frau und seinen zwei Kindern in den Iran gezogen. Er habe dann etwa 30 Jahre im Iran gelebt und sei er etwa 25 Jahre alt gewesen, als er Afghanistan verlassen habe. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab er an, dass sie im Iran keine Aufenthaltsberechtigung besessen hätten und sehr schlecht behandelt worden seien. Seine Kinder hätten nicht die Möglichkeit gehabt, im Iran ein menschenwürdiges Leben zu leben. Sie hätten Angst gehabt, dass man die Kinder in den Krieg nach Syrien schicken würde. Nach Afghanistan könnten sie nicht zurück, da dort Krieg herrschen würde. Er habe außerdem Angst vor den Terroristen. Es gebe täglich Selbstmordanschläge.

 

3.2. Die BF2 gab im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 an, dass sie aus der Provinz XXXX und dem Dorf XXXX in Afghanistan stamme und gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den beiden gemeinsamen Kindern Afghanistan verlassen habe und in den Iran gereist sei, nachdem ihre Eltern im Zuge des Krieges getötet worden seien. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab sie an, dass sie Angst gehabt hätte, dass man ihre Söhne in den Krieg nach Syrien geschickt hätte und sie nach Afghanistan abgeschoben worden wäre, wo sie niemanden mehr gehabt hätte. Sie oder ihre Familie seien niemals persönlich bedroht worden.

 

3.3. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte der BF3 geltend, dass er im Iran geboren sei. Er habe 3 Jahre die Schule besucht und habe sodann mit seinem Vater in einer Mosaikfabrik gearbeitet. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab er an, dass sie im Iran keine Aufenthaltsberechtigung besessen hätten und man sie nach Afghanistan abgeschoben hätte und er nach Syrien in den Krieg ziehen hätte müssen. Afghanistan sei sehr unsicher, vor allem für Angehörige der Volksgruppe der Hazara. Persönlich seien er oder seine Familie nie bedroht worden. In Afghanistan gebe es täglich Anschläge, vor allem auf Angehörige der Hazara.

 

3.4. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte der BF4 geltend, dass er im Iran geboren sei. Er habe 3 Jahre die Schule besucht und Ladetätigkeiten in einer Mosaikfabrik durchgeführt. Er sei zweimal in Afghanistan gewesen, da man ihn zweimal dorthin abgeschoben habe. Er sei jedoch jedes Mal wieder in den Iran zurückgekehrt. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab er an, dass diejenigen, die keine Aufenthaltsberechtigung im Iran gehabt hätten, in den Krieg nach Syrien geschickt worden seien. Zudem hätte er Angst gehabt, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Ihm persönlich sei in Afghanistan nichts passiert. Es gebe jedoch täglich Selbstmordanschläge. Die Daesh und die Taliban würden in Afghanistan vor allem Hazara töten.

 

3.5. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte der BF5 geltend, dass er im Iran geboren sei. Er habe nie die Schule besucht und keine fixe Arbeit gehabt, sondern stets Gelegenheitsarbeiten verrichtet. Hauptsächlich habe er für seinen Bruder Ladetätigkeiten verrichtet. Er sei zweimal in Afghanistan gewesen, da man ihn zweimal dorthin abgeschoben habe. Er sei jedoch jedes Mal wieder in den Iran zurückgekehrt. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab er an, dass sie im Iran keine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätten und zwei Mal abgeschoben worden seien. Er habe Angst gehabt, dass man ihn nach Syrien in den Krieg schicken würde. Er sei im Iran schikaniert worden. Persönlich seien er oder seine Familie nie bedroht worden. Er habe in Afghanistan Angst vor den Taliban und den Daesh, in Afghanistan würde er nicht überleben.

 

3.6. Im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte die BF6 geltend, dass sie im Iran geboren sei und noch nie in Afghanistan gewesen sei. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab sie an, dass es im Iran sehr schwierig für afghanische Flüchtlinge sei, ohne Aufenthaltsberechtigung zu leben. Sie hätten Angst gehabt, in den Krieg nach Syrien geschickt zu werden. Sie hätte im Iran vieles nicht tun dürfen, z. B. in den Park gehen oder ins Kino. Sie sei nie bedroht worden. In Afghanistan herrsche Krieg und kenne sie Afghanistan nicht. Sie habe Angst vor den Dash und gebe es viele Selbstmordanschläge.

 

3.7. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 31.05.2017 machte der BF7 geltend, dass er im Iran geboren sei. Er habe für 5 Jahre die Schule besucht und hin und wieder in einer Mosaikfabrik als Belader gearbeitet. Bezüglich der Gründe für das Verlassen des Iran bzw. die Antragstellung auf internationalen Schutz gab er an, dass sie im Iran keine Aufenthaltsberechtigung gehabt Angst gehabt hätten, entweder nach Afghanistan abgeschoben oder in den Krieg nach Syrien geschickt zu werden. Die Flüchtlinge seien im Iran sehr schlecht behandelt worden. Man würde ihn in Afghanistan nicht wollen, da er Hazara sei und im Iran aufgewachsen sei. Hazara würden in Afghanistan getötet. Er oder seine Familie seien nicht bedroht worden.

 

Der BF1, der BF3, der BF4, der BF5, die BF6 sowie der BF7 machten keinerlei gesundheitlichen Beschwerden geltend und gaben an, gesund zu sein und arbeitsfähig zu sein. Die BF2 gab hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes an, dass sie an Diabetes leide und Schmerzen in den Beinen habe.

 

Die Beschwerdeführer brachten erstinstanzlich folgende Dokumente/Unterlage in Vorlage:

 

* Auszahlungsanordnungen Hilfeleistung XXXX an den BF1, den BF3, den BF4, BF5 und den BF7

 

* Referenzschreiben XXXX vom 01.08.2016, XXXX vom 29.08.2016, XXXX vom 31.08.2016 und XXXX vom 14.09.2016

 

* Entlassungsbericht betreffend den stationären Aufenthalt der BF2 vom XXXX in einem österreichischen Landesklinikum vom 06.05.2016

 

* Kumulativbefund betreffend die BF2 eines österreichischen Landesklinikums vom 06.05.2016

 

* Histologisches-immunhistologisches Labor betreffend die BF2 vom 06.05.2016

 

* Befund eines Facharztes für Radiologie hinsichtlich eines Thorax-CT betreffend die BF2 vom 07.04.2016

 

* Laborbefund betreffend die BF2 eines österreichischen Laborinstitutes vom 17.05.2016

 

* Bestätigung betreffend den stationären Aufenthalt des BF3 in einem österreichischen Landesklinikum von XXXX vom 06.05.2016

 

* Ärztlicher Kurzbrief betreffend den BF3 vom 06.05.2016

 

4.1. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde (BFA) vom 08.06.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

 

4.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführer in Afghanistan der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt seien. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestünde. Auch bestünde für keine der beschwerdeführenden Parteien die reale Gefahr, dass sie nach ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat aufgrund ihres Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand gerate oder sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es seien auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass andere körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückkehr der Beschwerdeführer entgegenstehen würden.

 

4.3. Beweiswürdigend führte das BFA in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführer keine sich auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan beziehenden individuellen Fluchtgründe geltend gemacht hätten. Sie hätten keine Gefährdungslage in Afghanistan zu befürchten. Der BF1 und die BF2 hätten bereits seit 30 Jahren nicht mehr in Afghanistan gelebt, die BF3 bis BF7 seien alle im Iran geboren.

 

4.4. Dass sie den Lebensunterhalt in Kabul bestreiten könnten, habe aufgrund der entsprechenden Länderfeststellungen festgestellt werden können. Die Beschwerdeführer würden zumindest eine der Landessprachen Afghanistans sprechen und seien mit der dortigen Kultur vertraut, sodass ihnen eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar wäre.

 

4.5. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätten. Es sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet Afghanistans einer realen Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte gemäß Art. 3 EMRK ausgeliefert seien. Zudem sei ihnen eine Rückkehr nach Kabul jedenfalls zumutbar und könnten sie in Kabul Arbeit, Sicherheit und zumutbare Lebensbedingungen vorfinden.

 

4.6. Demnach – so die belangte Behörde – könnten die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus deren Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle ihrer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde.

 

5. Mit Verfahrensanordnung vom 08.06.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

 

6. Mit für alle Beschwerdeführer in den wesentlichen Beschwerdeinhalten weitgehend gleichlautendem Schriftsatz vom 22.06.2017 brachte die Beschwerdeseite – rechtzeitig – für alle Beschwerdeführer Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III. und IV. wegen mangelhafter Ermittlung des Sachverhaltes, mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung ein. Begründend wurde von Beschwerdeseite ausgeführt, dass sie keine verwandtschaftlichen oder sozialen Anknüpfungspunkte in Afghanistan hätten, da sich alle Verwandten im Iran aufhalten würden. Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan würden sie Verfolgung von Seiten der Taliban aber auch von Seiten der traditionell geprägten afghanischen Gesellschaft aufgrund ihrer westlich orientierten Einstellung geprägt durch den langjährigen Aufenthalt im Iran im Zusammenschau mit ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara fürchten. Die BF2 leide an Diabetes, sei diesbezüglich in Österreich in medizinischer Behandlung und benötige täglich Insulinspritzen. Hätte die belangte Behörde die ihr zugänglichen Quellen vollständig ausgewertet, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die meisten Iran-Rückkehrer bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan eine Identitätskrise erleiden würden und sich als Fremde im eigenen Land fühlen würden. Hazara, die aus dem Iran zurückkehren würden, wären mit einer feindlichen Haltung ihnen gegenüber seitens der Taliban konfrontiert. Schiiten würden von Taliban als Abtrünnige vom Islam betrachtet und seien erklärte Ziele einer Auslöschung. Das Verfahren betreffend die BF2 und die BF6 sei insofern mit einem Verfahrensmangel belastet, als diese in ihrer Einvernahme nicht explizit zu ihrer Situation als Frau in Afghanistan befragt worden seien bzw. als die Lage der Frau im Talibanregime nicht oder nicht ausreichend bei der Entscheidungsfindung durch die belangte Behörde berücksichtigt worden ist. Die BF2 und BF6 wären aufgrund ihrer westlichen Orientierung im Falle ihrer Rückkehr im Besonderen gefährdet. Zudem sei das Vorbringen der BF2 hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes nicht weiter berücksichtigt worden. Es hätten überdies ergänzende Länderberichte zur Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere zur Lage in Kabul eingeholt werden müssen, zumal dort immer komplexere Selbstmordanschläge stattfänden und diese an Häufigkeit zunehmen würden. Rückkehrende würden in Afghanistan aufgrund der humanitären Notsituation ums Überleben kämpfen und wären diese überdies von sozialem Ausschluss und Verfolgung durch extremistische Gruppen bedroht. Die Beschwerdeführer würden als Hazara mit iranisch-ausländischem Akzent Gefahr laufen, in Afghanistan nachhaltig diskriminiert zu werden, insbesondere weil sie aufgrund ihrer Sozialisierung im Iran eine andere Weltanschauung vertreten würden. Es sei notorisch, dass die afghanische Regierung weder schutzwillig noch schutzfähig wäre, sodass ihnen richtigerweise der Asylstatus zu gewesen wäre. Die Beschwerdeseite beantragte sinngemäß, das Bundesverwaltungsgericht möge 1) eine mündliche Verhandlung anberaumen; 2) ihnen den Asylstatus zuerkennen; 3) in eventu ihnen den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen und 4) ihre Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären.

 

Beigefügt wurden der Beschwerde folgende Unterlagen/Dokumente:

 

* Teilnahmebestätigung des BF1 und der BF2 bezüglich eines XXXX vom 19.06.2017

 

* Bestätigung eines österreichischen Gemeindeamtes bzgl. der Erbringung von Hilfeleistungen für den öffentlichen Bereich durch den BF1 vom 14.02.2017 und vom 03.04.2017

 

7. Die Beschwerdevorlage vom 26.06.2017 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 28.06.2017 ein.

 

8. Mit Schriftsatz vom 21.08.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern folgende Berichte

 

 

 

 

 

und räumte Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 14.09.2017 ein.

 

9. Mit Schriftsatz vom 07.09.2017, hg eingelangt am 08.09.2017, langte eine für alle Beschwerdeführer gleichlautende Stellungnahme zu den übermittelten Länderfeststellungen und dem Gutachten ein. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, dass den seitens des BVwG übermittelten Länderberichten zu entnehmen sei, dass die Beschwerdeführer schon aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den schiitischen Hazara mit einer asylrelevanten Verfolgung in Afghanistan im Falle einer Rückkehr zu rechnen hätten. Zum Gutachten

XXXX sei auszuführen, dass im Gutachten nicht explizit auf die für den vorliegenden Fall relevante Personengruppe afghanischer Staatsangehöriger, die der Volksgruppe der Hazara angehören würden, außerhalb Afghanistans aufgewachsen und sozialisiert seien, eingegangen werde. Zudem werde auf die schlechte Sicherheitslage besonders für Zivilisten in Kabul nicht eingegangen, die dazu führe, dass eine interne Fluchtalternative in Kabul mangels Zumutbarkeit ausscheide. Für die Niederlassung der Rückkehrer in Großstädten seien Familienrückhalt, Fachausbildung und Integrationsmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft notwendig. Es sei ihnen in keiner Weise zumutbar, in Kabul oder einer anderen Großstadt Fuß zu fassen.

 

Beigefügt wurde der Stellungnahme ein auf das Gutachten von XXXX vom März bzw. Mai 2017 bezugnehmender Kommentar von XXXX vom 28.08.2017.

 

10. Mit Schriftsatz vom 09.08.2017, hg eingelangt am 10.08.2017, brachten die Beschwerdeführer einen Zeitungsartikel aus dem Mitteilungsblatt, Amtliche Nachrichten der Gemeinde XXXX , vom Sommer 2017 in Vorlage.

 

11. Am 06.10.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung einer Dolmetscherin für Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

 

XXXX :

 

Beginn der Befragung:

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF1: Ich heiße XXXX , StA. Afghanistan. Ich wurde in XXXX geboren. Ich bin mittlerweile XXXX alt. Als ich nach Österreich gekommen bin, war ich XXXX Jahre alt. Ich bin jetzt ungefähr XXXX Jahre alt. Wir haben im Iran gelebt. Alle meine anwesenden Kinder und auch mein Enkelkind haben im Iran gelebt. Ich habe in der Stadt XXXX in XXXX gelebt.

 

RI: Ist XXXX das Dorf wo Sie gelebt haben, bevor Sie in den Iran gegangen sind?

 

BF1: Ja. Das ist in der Provinz XXXX , die Ortschaft liegt zwischen der Provinz XXXX und XXXX . In XXXX wurde ich geboren.

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF1: Ich spreche Farsi, bin Hazara und Schiit.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

 

BF1: Ich habe etwa 6 oder 7 Jahre die Schule besucht. Mein Vater war Landwirt und ich selbst habe auch keine Berufsausbildung. Ich habe im Heimatdorf in der Landwirtschaft gearbeitet.

 

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort in XXXX auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

 

BF1: Wir sind aus XXXX ausgereist, bevor wir in den Iran gegangen sind, haben wir uns einige Tage in XXXX aufgehalten. Danach sind wir in den Iran gegangen.

 

RI: Wann sind Sie von dort in den Iran genau gezogen?

 

BF1: Wir haben ungefähr 30 Jahre im Iran gelebt. Danach sind wir nach Österreich gekommen. Seit 2 Jahren sind wir in Österreich aufhältig.

 

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Afghanistan und wenn ja, in welcher Stadt?

 

BF1: Wir haben gar keine Angehörigen und Verwandten. Hätten wir Verwandte, hätten wir diese in den letzten 30 Jahren besucht.

 

RI: Wo leben Ihre Schwestern XXXX und XXXX ?

 

BF1: Ich habe weder Schwestern noch Brüder. Meine Frau leidet an Diabetes. XXXX haben immer meiner Frau gesagt, dass sie mich wie einen eigenen Bruder gerne haben.

 

RI: Sie haben keine Brüder?

 

BF1: Doch Brüder habe ich, aber keine Schwestern. Einer heißt XXXX und der andere XXXX .

 

RI: Vorhaltung: In der Einvernahme vor dem BFA hat Ihre Frau XXXX auf Seite 5 der Niederschrift angegeben, dass sie zwei Schwestern namens XXXX und XXXX haben. Auf Seite 9 der Niederschrift hat Ihre Ehefrau angegeben, dass XXXX und XXXX in Afghanistan leben würden. Wieso sollte sie dies angeben, wenn es nicht stimmt?

 

BF1: Meine Ehefrau ist nicht in bester körperlicher Verfassung. Sie benötigt Insulin und das schon seit 5 Jahren. Wenn ich Geschwister habe, dann muss ich sie erwähnen. Es hat ja für mich keinen Nachteil, wenn ich sie nicht angebe.

 

RI: Wenn XXXX und XXXX nicht Ihre Schwestern sind, wer sind sie dann?

 

BF1: Sie waren unsere Nachbarn. Das waren die Töchter eines alten Ehepaares. Wenn ich Schwestern hätte, hätte ich sie auch angegeben. Man liebt doch die eigenen Schwestern. Ich habe keine Schwestern.

 

RI: Warum haben Sie Afghanistan verlassen? Was waren ihre seinerzeitigen Fluchtgründe?

 

BF1: Der Krieg gegen die Russen ist ausgebrochen. Viele Leute wurden in XXXX getötet. Mein Schwiegervater und meine Schwiegermutter wurden damals getötet. Wir waren verängstigt. Alle waren auf der Flucht. Meine Ehefrau ist gestürzt. Ich musste sie auffangen. Wir waren verängstigt. Dieser Tag hat uns Angst und Furcht eingejagt. Wir konnten sogar meine Schwiegereltern nicht bestatten. Es gab sehr viele Todesopfer und wir sind in Richtung XXXX geflüchtet.

 

RI: Woran sind Ihr Schwiegervater und Ihre Schwiegermutter genau gestorben?

 

BF1: Die Russen haben einen Angriff gestartet, dabei wurden meine Schwiegereltern getötet.

 

RI: Hatten Sie in Afghanistan Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

BF1: Wir haben religiöse Probleme. Diese Probleme bestehen nach wie vor. Die Taliban sind gegen die Schiiten und Hazara.

 

R: Hatten Sie auch Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatstaat?

 

BF1: Nein. Ich war Sohn eines Landwirt.

 

RI wiederholt die Frage.

 

BF1: Nein.

 

RI: Sind Sie in Afghanistan jemals persönlich bedroht worden?

 

BF1: Hazara werden immer bedroht. Nach wie vor werden sie bedroht. Meine Frau konnte sogar mit einer Burka das Haus nicht verlassen. Seit ich hier in Österreich bin, und darüber freue ich mich auch sehr, dass meine Frau alleine in die Stadt fahren kann und den Einkauf macht. Sie geht zum Hofer und erledigt den Einkauf. In Afghanistan war es ihr nicht einmal gestattet, dass Haus zu verlassen.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Ausreise aus Afghanistan in den Iran wieder einmal in Afghanistan gewesen?

 

BF1: Nein. Wir waren niemals wieder in Afghanistan. Seit unserer Flucht leiden meine Frau und ich an gesundheitlichen Problemen. Meine Frau wurde operiert. Die Operationsnarbe reicht von der Bauchregion bis zum Brustbereich.

 

RI: Was war der Grund für die Operation Ihrer Frau?

 

BF1: Nach dem Tod ihrer Eltern wurde sie krank. Sie war sehr verängstigt und wäre beinahe gestorben.

 

RI wiederholt die Frage.

 

BF1: Ich kenne mich nicht aus. Ich weiß nicht, welche Erkrankung meine Frau hatte. Ich weiß, dass sie operiert wurde und eine lange Operationsnarbe hat.

 

RI: Sie haben gesagt, dass Sie seit Ihrer Flucht an gesundheitlichen Problemen leiden. Meinen Sie die Flucht aus Afghanistan oder aus dem Iran?

 

BF1: Sowohl die Flucht aus Afghanistan, als auch die aus dem Iran hat dazu beigetragen, dass ich gesundheitliche Probleme bekommen habe, aber am schlimmsten war die Überfahrt übers Meer. Das hat uns Furcht und Angst eingejagt.

 

RI: Vorhaltung: Sie haben im bisherigen Verfahren ausgesagt, dass Sie gesund sind, dass Sie keine Medikamente nehmen und dass Sie arbeitsfähig sind. Welche Erkrankungen haben Sie?

 

BF1: Eigentlich bin ich vollkommen gesund, bis auf das, dass ich in der Nacht nicht schlafen kann. Ich habe gar keinen Schlaf. Auch die letzte Nacht habe ich auch kein Auge zugemacht.

 

RI: Waren Sie wegen dieser Schlaflosigkeit auch beim Arzt?

 

BF1: Nein.

 

RI: Warum nicht?

 

BF1: Der Unterkunftsgeber hat mir gelegentlich Tabletten gegeben. Die haben geholfen. Meine Kinder haben mir einige Male gesagt, dass ich zum Arzt gehen soll. Ich bin aber absichtlich nicht zum Arzt gegangen, da ich erstens sehr dick war und wollte, dass ich abnehme und das passiert, wenn man wenig Schlaf hat.

 

RI: Welche Verwandte von Ihnen leben zur Zeit noch im Iran?

 

BF1: Eine Tochter und ein Sohn leben noch im Iran. Andere Verwandte habe ich nicht, außer meinen beiden Brüdern, die auch im Iran leben.

 

RI: Sind diese Verwandten von Ihnen legal oder illegal im Iran?

 

BF1: Sie haben keine Dokumente. Auch wir hatten keine Dokumente. Die iranischen Behörden rufen auf, dass Afghanen Dokumente bekommen und wenn man sich registriert hat, werden nach 4 Tagen die Dokumente für ungültig erklärt. Auch jetzt gibt es einen Aufruf für die Leute, die keine Dokumente haben, dass diese sich einschreiben sollen.

 

RI: Welchem Zweck, Ihrer Meinung nach, dient dieser Aufruf der iranischen Behörden?

 

BF1: Ich glaube deshalb, weil alle Jugendliche aus dem Iran in Richtung Europa gegangen sind.

 

RI: Was haben die iranischen Behörden davon, einen Aufruf der Registrierung zu starten und dann nach 4 Tagen die Dokumente wieder für ungültig zu erklären. Was ist da der Sinn dahinter?

 

BF1: Ich kann es nicht sagen. Ein Afghane hat im Iran keinen Wert. Er hat nicht einmal so viel Wert, wie eine Fliege. In den 30 Jahren, die ich im Iran verbracht habe, wurde ich ständig von Iraner beleidigt, diskriminiert und beschimpft.

 

RI: Warum sind diese Verwandten, die illegal im Iran leben, nicht gemeinsam mit Ihnen nach Österreich gereist?

 

BF1: Sie haben kleine Kinder und haben Angst vor der Überfahrt auf dem Meer. Das Enkelkind von mir, das etwas größer war, haben wir mitgenommen.

 

RI: Wie oft haben Sie Kontakte zu Ihren Verwandten im Iran?

 

BF1: Alle 10-20 Tage rufen meine Kinder mich an.

 

RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb des Iran leben?

 

BF1: Zwei meiner Söhne leben in Deutschland.

 

RI: Wie oft haben Sie Kontakt mit Ihren Söhnen in Deutschland und wie halten Sie Kontakt?

 

BF1: Gelegentlich rufen die Söhne mich an. Wenn die Kinder 18 Jahre alt sind, dann werden sie selbstständig.

 

RI: Werden Sie am Handy angerufen oder über Skype. Wie ist der Kontakt?

 

BF1: Über das Internet.

 

RI: Welche Aufenthaltsstatus haben Ihre Söhne in Deutschland?

 

BF1: Beide sind anerkannt. Einer lebt in XXXX , der andere in XXXX . (BF1 korrigiert sich: XXXX ).

 

RI: Wenn Ihre Söhne in Deutschland sind, warum haben Sie dann in Österreich einen Asylantrag gestellt und sind nicht zu Ihren Söhnen nach Deutschland gegangen?

 

BF1: Als wir am Bahnhof angekommen sind, ging es meiner Ehefrau sehr schlecht, sie war krank. Sie wurde mit der Rettung in das Krankenhaus gebracht und war eine Woche im Krankenhaus aufhältig. Während dieser Zeit wurden wir von den Einheimischen sehr freundlich und nett behandelt. Auch die Polizei hat sich um uns gekümmert und das war der Grund, dass wir nicht weitergereist sind.

 

RI: Wie finanziert sich Ihre Familie im Iran ihren Unterhalt?

 

BF1: Mit vielen Schwierigkeiten und auch Gelegenheitsarbeiten.

 

RI: Wann sind Sie nach Österreich eingereist?

 

BF1: Vor etwa 2 Jahren. In der selben Jahreszeit.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder auf Urlaub?

 

BF1: Nein.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF1: Bevor die Sache mit den Krieg in Syrien begonnen hat, habe ich durch Gelegenheitsarbeiten für den Lebensunterhalt meiner Familie gesorgt. Als der Krieg in Syrien begonnen hat, wurden die afghanischen Mullahs aufgefordert Schiiten für den Krieg nach Syrien anzuwerben, damit sie dort die Schiiten verteidigen. Es wurde auch gesagt, wenn man in den Krieg nach Syrien zieht, wird einem der Aufenthalt im Iran genehmigt, man bekommt Dokumente. Ich habe mich geweigert, denn ich bin aus Angst vor dem Krieg geflüchtet und ich wollte für keinen Preis der Welt, meine Söhne in den Krieg schicken. Ich sagte auch, dass wir Afghanen im Iran um Schutz angesucht haben und nun werden wir als Menschen missbraucht. Wir fürchten uns vor dem Krieg und sind vor dem Krieg geflüchtet. Wenn ich vom Krieg höre, zittere ich am ganzen Körper. In meiner Heimatregion herrschte Krieg und wir sind vor dem Krieg geflüchtet.

 

RI: Gab es für Sie einen konkreten fluchtauslösenden Moment im Iran?

 

BF1: Wir hatten keine Dokumente und es drohte uns eine Abschiebung nach Afghanistan.

 

RI: Vorhaltung: In der Befragung vor dem BFA gaben Sie zum Protokoll, als fluchtauslösendes Ereignis, dass sich die Grenzen geöffnet haben.

 

BF1: Das stimmt. Das habe ich auch so gesagt. Die Wahrheit ist auch, dass ich meinen Kindern gesagt habe, dass nun die Grenzen offen sind und das wir die Chance haben und ausnützen sollen, das Land zu verlassen.

 

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF1: Das Leben im Iran ist zur Gänze problematisch. Ein Afghane wird als ein Feind angesehen. Es ist auch eine Drohung.

 

RI: Haben Ihre Frau, Ihre Söhne oder Ihre Schwiegertochter einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

 

BF1: Nein.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF1: Nein. Die Afghanen, die keine Dokumente haben, werden nicht als ein Mensch betrachtet.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF1: Mir wäre es lieber hier in Würde zu sterben, als täglich mit Anschlägen konfrontiert zu sein. In den Moscheen der Hazara werden Anschläge verübt. Sie werden enthauptet. Nicht nur eine Moschee, sondern mehr als 10 Moscheen wurden auf diese Art und Weise zerstört. Sind wir keine Menschen. (BF weint) Bei Gott, werden den Hazara die Köpfe abgeschnitten. Sind wir keine Menschen. Haben wir keine Rechte. Unsere Herzen sind durch die Taliban durchlöchert worden. Es gibt kein Leben für die Hazara durch die Taliban. Ich schwöre, seit ich hier in Österreich bin, fühle ich mich wohl, geborgen und wie ein Mensch. Bevor wir nach Österreich gekommen sind, wurden wir weder in Afghanistan noch im Iran als Menschen angesehen.

 

RI: Seit wann sind Sie verheiratet?

 

BF1: Ich war 15 oder 16 Jahre alt, als ich geheiratet habe. Ich kann mich nicht genau erinnern.

 

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

 

BF1: Nein.

 

RI: Wo wollten Sie denn hin?

 

BF1: Wir hatten kein bestimmtes Reiseziel. Wir haben kein bestimmtes Reiseziel gehabt. In Österreich wurden wir gut behandelt. Als wir nach Österreich eingereist sind, hat die Polizei durch einen Dolmetscher, der in einen Lautsprecher gesprochen hat, uns willkommen geheißen.

 

RI: Wieviel hat die Flucht aus dem Iran gekostet?

 

BF1: Etwa 20000 USD für die gesamte Familie.

 

RI: Das ist viel Geld für einen Landarbeiter ohne Ausbildung. Wie lange haben Sie das Geld für die Flucht ansparen müssen?

 

BF1: Wir haben aus unseren Ersparnissen die Reise finanziert. Auch meine Ehefrau hat ihren Goldschmuck verkauft und meine Kinder hatten auch etwas Gold. Wir haben alles gesammelt.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF1: Nichts wussten wir.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

 

BF1: Ich möchte zunächst die Sprache lernen. Vielleicht einen Beruf lernen und arbeiten. Ich möchte nicht auf soziale Unterstützungen angewiesen sein.

 

RI: Was möchten Sie in Österreich arbeiten?

 

BF1: Jegliche Arbeit, würde ich in Österreich verrichten. Sei es auch Toiletten putzen.

 

RI: Haben Sie eine bestimmten Berufswunsch?

 

BF1: Ich habe bei der Gemeinde gearbeitet. Wir haben die Straßen gereinigt. Ich war auch am Friedhof und habe dort Rasen gemäht.

 

RI wiederholt die Frage. Was würden Sie den gerne in Österreich arbeiten?

 

BF1: Ich könnte als Hilfsarbeiter auf Baustellen arbeiten.

 

RI: Haben Sie in Österreich Fortbildungskurse besucht?

 

BF1: Seit eineinhalb Monaten besuche ich einen Deutschkurs. Ich lerne das ABC.

 

RI: Ist das Ihr erster Deutschkurs?

 

BF1: Ja. Davor wurde uns in der Unterkunft Deutsch unterrichtet. Meine Kinder haben diesen Unterricht besucht.

 

RV übergibt eine Kursteilnahmebestätigung mit dem Titel "Deutschkurse für AsylwerberInnen" für das Sprachniveau A0, BF1 nimmt daran teil.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF1: Nein.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF1: Ja.

 

RI: Viele?

 

BF1: Ja. Wir haben ungefähr drei Freunde. Wir leben in einem Dorf, welches von der Stadt sehr weit weg ist, dieses Dorf befindet sich zwischen den Bergen. Hätten wir in der Stadt gelebt, hätten sowohl meine Kinder als auch ich bessere Deutschkenntnisse. Wir wären bestimmt auf einem Niveau von A1 oder A2.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF1?

 

RV: Sie sind vorher gefragt worden, ob Sie oder jemand anderer Ihrer Familie Probleme mit den iranischen Behörden hatte. Ist jemals jemand von Ihrer Familie von den iranischen Behörden abgeschoben worden?

 

BF1: Nein.

 

RI: Ist Ihr Sohn oder sind Ihre Söhne jemals von den iranischen Behörden nach Afghanistan abgeschoben worden, sei es auch nur für ein paar Tage?

 

BF1: Ich dachte aus Österreich. Ich habe die Frage falsch verstanden. Zwei meiner Söhne wurden abgeschoben.

 

RV: Das heißt, es gab Problem mit iranischen Behörden.

 

BF1: Ja. Weil wir keine Dokumente hatten, deshalb waren wir ständig einer Bedrohung ausgesetzt.

 

RV: Bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan, hätten Sie dort eine Unterkunft oder eine Möglichkeit zu wohnen?

 

BF1: Nein. Nichts. Hätten wir eine Möglichkeit, wären wir in den letzten 30 Jahren zumindest einmal auf Besuch dort gewesen. Wenn ich den Namen eines Afghanen höre, zittere ich am ganzen Körper. Die Dolmetscherin soll sich nicht beleidigt fühlen.

 

RI: Sie werden gebeten draußen Platz zu nehmen. BF2 ( XXXX ) wird in den Saal gebeten.

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF2: Ich heiße XXXX . Ich bin XXXX Jahre alt. Ich wurde in Afghanistan geboren in XXXX . Mein letzter Wohnort war im Iran in XXXX .

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF2: Ich bin Hazara. Ich spreche Farsi.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

 

BF2: Ich bin Schiitin.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf? Welche Schulbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf oder welche Tätigkeit haben Sie ausgeübt?

 

BF2: Ich habe in Afghanistan niemals eine Schule besucht. Ich hatte zwei Kinder und habe mich um den Haushalt gekümmert und habe mich mit der Landwirtschaft beschäftigt.

 

RI: Haben Sie in der Landwirtschaft gearbeitet?

 

BF2: Ich habe meinen Mann unterstützt. Ich habe Brot gebacken und mich um die Kinder gekümmert.

 

RI: Hatten Sie auch eine Arbeit im Iran?

 

BF2: Ja. Ich hatte Teppiche geknüpft.

 

RI: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?

 

BF2: Der Krieg ist ausgebrochen. Ich weiß nicht, gegen wen gekämpft wurde, ob es die Russen oder wer anderer war. Meine Eltern wurden getötet und wir sind geflüchtet.

 

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Afghanistan und in welcher Stadt?

 

BF2: Meine Eltern wurden getötet. In Afghanistan habe ich niemanden.

 

RI: Wo in Afghanistan leben die zwei Schwestern ihres Mannes, XXXX ?

 

BF2: Ich schwöre bei Gott, dass mein Ehemann keine Schwestern hat. Gott ist Zeuge, dass er keine Schwestern hat. Ich habe zwar gesagt, dass er zwei Schwestern hat. Das ist aber ein Missverständnis. Es ist mir einfach rausgerutscht.

 

RI: Aber wer sind dann XXXX ?

 

BF2: Im Iran waren sie unsere Nachbarn.

 

RI: Haben Sie Verwandte im Iran und wie oft haben Sie Kontakt zu diesen?

 

BF2: Meine Tochter lebt dort und mein Sohn lebt dort.

 

RI: Wie stellen Sie Kontakt her?

 

BF2: Alle zwei Wochen, manchmal auch einmal im Monat, rufen sie mich an. Am Handy. Ich selber besitze kein Handy, aber meine Söhne haben ein Handy.

 

RI: Und übers Internet telefonieren sie auch?

 

BF2: Ja. Über das Internet.

 

RV: Anmerkung: Auch über Mobiltelefon kann über das Internet telefoniert werden.

 

RI: Haben Sie Verwandte, welche außerhalb vom Iran leben?

 

BF2: Zwei meiner Söhne sind in Deutschland.

 

RI: Wo in Deutschland leben sie?

 

BF2: Das weiß ich nicht.

 

RI: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihren Söhnen in Deutschland?

 

BF2: Ich habe Kontakt. Einmal im Monat oder alle zwei Monate rufen sie an. Es ist nicht immer gleich.

 

RI: Welchen Aufenthaltsstatus haben Ihre Söhne in Deutschland?

 

BF2: Gott sei Dank sind sie anerkannte Flüchtlinge.

 

RI: Wieso sind Sie nicht zu Ihren Söhnen nach D geflüchtet, sondern haben einen Asylantrag in Österreich gestellt?

 

BF2: Als wir in Österreich angekommen sind, war ich krank. Ich wurde in das Krankenhaus gebracht und war zehn Tage dort aufhältig. Was soll ich noch sagen.

 

RI wiederholt die Frage. Haben Sie dazu noch etwas zu sagen?

 

BF2: Ich wurde in Österreich medizinisch versorgt. Ich bin hier gesund geworden.

 

RI: Was hatten Sie für eine Krankheit, als Sie in Österreich angekommen sind?

 

BF2: Ich leide an Diabetes.

 

RI: Hatten Sie noch eine andere Krankheit, als Sie in Wien angekommen sind?

 

BF2: Ich leide an Diabetes. Mir ging es sehr schlecht. Ich war einmal zehn Tage in einem Krankenhaus und fünf Tage war ich in einem weiteren Krankenhaus aufhältig.

 

RV: Die Beschwerdeführer sind in Österreich erkennungsdienstlich behandelt worden. Damit ist nach der Dublin III Verordnung Österreich für die Führung des inhaltlichen Verfahrens zuständig geworden. Da es sich bei den Söhnen um volljährige handelt, wäre auch der Status nicht ableitbar gewesen und wäre Deutschland laut der Dublin Verordnung nicht in das Verfahren eingetreten.

 

RI: Wann haben Sie den Iran mit Ihrer Familie verlassen?

 

BF2: Ich habe es vergessen. Aber wir sind seit zwei Jahren hier.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise in Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder im Rahmen eines Urlaubes?

 

BF2: Nein. Überhaupt nicht. Ich werde niemals nach Afghanistan zurückgehen. Dort wurden meine Eltern getötet.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF2: Meine Eltern wurden getötet. Unsere Häuser wurden angezündet.

 

RI widerholt die Frage. Was sind Ihre Fluchtgründe aus dem Iran gewesen?

 

BF2: In den letzten 5 Jahren ist die Sache mit dem Krieg in Syrien aufgetaucht. Viele wurden in den Krieg nach Syrien geschickt. Ihnen wurden die Köpfe abgeschnitten. Ich wollte nicht, dass meinen Söhnen etwas passiert. Wir haben den Iran verlassen, weil ich wollte, dass meine Söhne am Leben bleiben.

 

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF2: Im Iran hatten wir nicht das Recht für uns zu entscheiden. Es war uns nicht gestattet zu arbeiten oder zu leben.

 

RI: Haben Sie, ihre Schwiegertochter oder Ihre Söhne einen eigenen Fluchtgrund?

 

BF2: Nein. Ich wollte das Leben meiner Söhne beschützen.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung in Afghanistan? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

BF2: Nein. Wir hatten mit den Behörden nichts zu tun.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung im Iran? Hatten Sie auch Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF2: Nein. Überhaupt nicht.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF2: Ich habe Angst um meine vier jungen Söhne. Ich kann sie nicht in die Hände der Taliban übergeben. Wenn wir dort hingehen, werden die Afghanen nach unseren Dokumenten verlangen.

 

RI: Seit wann sind Sie verheiratet?

 

BF2: Ich bin Analphabetin. Ich bin mittlerweile XXXX Jahre alt. Ich war 15 oder 16 Jahre alt, als ich geheiratet habe.

 

RI: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, den Iran zu verlassen? Was war das fluchtauslösende Ereignis?

 

BF2: Die Mullahs sind zu meinem Mann gekommen und haben ihn aufgefordert unsere Söhne in den Krieg zu schicken, da wir Schiiten sind. Das war kurz vor der Ausreise. Dann haben wir den Iran verlassen.

 

RI: Hatte der Zeitpunkt der Ausreise, damit zu tun, dass zu dem Zeitpunkt die Grenzen offen waren in Europa?

 

BF2: Ja. Gott sei Dank. Die Mullahs sind gekommen und sagten, dass wir unsere Söhne in den Krieg schicken sollen. Ich hatte Angst, dass sie von den Daesh getötet werden.

 

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

 

BF2: Ja. Wir waren auf der Reise. Als wir hier angekommen sind, habe wir uns entschieden hier zu bleiben.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise über Österreich?

 

BF2: Ich wusste gar nichts. Ich habe auch hier niemanden.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

 

BF2: Ich weiß nicht, was Sie wissen wollen?

 

RI wiederholt die Frage.

 

BF2: Meine Söhne sollen dem Staat dienen. Auch ich werde jegliche Arbeiten verrichten. Ich könnte putzen oder Tee kochen. Ich bin zwar 55 Jahre alt, aber ich gehe in einen Deutschkurs und ich fühle mich sehr wohl.

 

RV übergibt eine Teilnahmebestätigung Titel "Deutschkurs für AsylwerberInnen" Es wird bestätigt das BF2 einen Deutschkurs Niveau A0 besucht.

 

RI: Wieviel hat die Flucht aus dem Iran gekostet?

 

BF2: Das weiß ich nicht, mein Ehemann hat alles organisiert.

 

RI: Bitte beschreiben Sie Ihre Erziehung in Ihrem Familienverband. Sind Sie religiös erzogen worden? Waren Ihre Eltern streng in der Erziehung der Kinder?

 

BF2: Sie waren nicht streng. Wir haben in einem Dorf gelebt. Wenn wir in die Stadt gefahren sind, mussten wir unser Gesicht verhüllen.

 

RI: Haben Sie Ihre Kinder religiös erzogen?

 

BF2: Ich habe sehr gute Söhne. Ich verwende Insulin. Meine Söhne unterstützen mich und kümmern sich um mich.

 

RI: Würden Sie sich als sehr religiös bezeichnen?

 

BF2: Es geht. Ich bin weder so noch so.

 

RI: Halten Sie und Ihr Mann den Ramadan ein?

 

BF2: Ja.

 

RI: Bitte beschreiben Sie Ihr Leben in Afghanistan. Wie sah der normale Tagesablauf für Sie in ihrem Dorf aus?

 

BF2: Ich war auf den Feldern. Ich habe mich um die Kühe gekümmert und habe sie gemolken. Ich hatte zwei Söhne. Ich war glücklich. Dann kam der Krieg.

 

RI: Konnten Sie alleine das Haus verlassen?

 

BF2: Nein. Alleine konnten wir nicht das Haus verlassen. Wenn man kein Kopftuch trägt, wird einem der Kopf abgeschnitten und man wird gesteinigt.

 

RI: Wie sah Ihr Tagesablauf im Iran aus?

 

BF2: Es ging. Es war nicht schlecht. Dann ist der Krieg in Syrien ausgebrochen und uns ging es schlecht.

 

RI: Konnten Sie im Iran allein das Haus verlassen?

 

BF2: Ja. Man wurde als Afghane beschimpft. Sie sagten "schmutzige Afghanen" und solche Sachen.

 

RI: Wie sieht Ihr Tagesablauf nun in Österreich aus?

 

BF2: Mit Freude verbringe ich meinen Tag in Österreich. Wir sind 20 Minuten von der Stadt entfernt. Wir leben in der Nähe des Waldes. Gott sei Dank sind wir glücklich dort.

 

RI: Haben Sie noch andere Fortbildungskurse in Österreich besucht?

 

BF2: Nein. Seit einem Monat besuche ich mit meinen Söhnen einen Deutschkurs.

 

RI: Wer geht einkaufen? Sie oder Ihr Mann?

 

BF2: Da ich nicht schwere Sachen tragen kann, gehe ich gelegentlich mit meinen Söhnen und mit meinem Ehemann einkaufen.

 

RI: Wissen Sie wieviel in Österreich ein Liter Milch kostet?

 

BF2: Wir bekommen 5 Liter Milch für 3,50 €. Wir leben in einem Dorf und bekommen direkt vom Bauern Milch.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde oder gute Bekannte?

 

BF2: Ja. Sehr gute Freunde haben wir, welche Österreicher sind.

 

RI: Wie viele österreichische Freunde haben Sie so?

 

BF2: Wir haben eine österreichische Bekannte. Wir sammeln gemeinsam Holz. Es gibt auch in der Nähe von der Unterkunft andere Nachbarn. Sie unterhalten sich immer mit uns. Ich spreche nicht viel mit ihnen, aber es sind gute Menschen.

 

RI: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder Klub?

 

BF2: Nein. Wir leben nicht in der Stadt.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF2: Alle Kinder sind gesund. Ich selbst bin krank und nehme täglich Insulin.

 

RI: Abgesehen von Ihrer Diabetes, welche Krankheiten haben Sie?

 

BF2: Ich habe starke Knieschmerzen. Ich kann auch nicht ordentlich gehen. Im Iran wurde ich operiert.

 

RI: Was war der Grund Ihrer Operation?

 

BF2: Das war vor 20 Jahren. Man hat mir gesagt, dass ein zusätzliches "Muskelfleisch" in meinem Bauchbereich ist und es wurde wegoperiert.

 

RI: Hatten Sie danach noch Schmerzen?

 

BF2: Nach der Operation waren die Schmerzen weg.

 

RI: Was hat es mit den Knieschmerzen auf sich. Hat das mit den Diabetes zu tun oder ist das eine andere Krankheit?

 

BF2: Ja. Es wurde mir gesagt, dass die Beschwerden mit den Diabetes zusammenhängen.

 

RI: Haben Sie abgesehen von Diabetes und den damit verbundenen Schmerzen noch eine andere Krankheit?

 

BF2: Nein. Ich sehe auch nicht gut am rechten Auge.

 

RI: Sind Sie wegen Ihrer Diabetes in ärztlicher Behandlung?

 

BF2: Ja.

 

Von RV wird vorgelegt ein Befund des XXXX Medizinischen Laborinstitutes. Im Befund befindet sich keine textliche Ausführung der Befundergebnisse.

 

RI: Gibt es zu diesem Befund noch einen erklärenden Text. Oder haben Sie vom Arzt etwas bekommen, welches darlegt, welche Grad an Diabetes Sie haben?

 

BF2: Er hat mir Insulin verschrieben.

 

RI: Nehmen Sie neben Insulin auch noch andere Medikamente regelmäßig ein?

 

BF2: Nein.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF2: Ja.

 

RI an RV: Habe Sie Fragen an die BF2?

 

RV: Wäre es in Afghanistan möglich so gekleidet das Haus zu verlassen wie sie jetzt angezogen sind?

 

BF2: Nein. Man hätte mich gesteinigt.

 

RV: Warum? Was ist das Problem an diesem Outfit?

 

BF2: Sie wollen, dass man sich verhüllt. Das man nur die Augen sehen kann. Aber ich kann so etwas nicht anziehen, da ich dadurch nichts sehen kann. Ich sehe schlecht.

 

RI: Haben Sie eine Brille?

 

BF2: Trotz der Brille sehe ich nicht gut, obwohl ich beim Augenarzt war.

 

RV: Haben Sie im Iran voll verschleiern müssen?

 

BF2: Das Gesicht habe ich nicht verhüllt.

 

RV: Das heißt, dass Sie es gewohnt sind, sich nicht voll verschleiern zu müssen?

 

BF2: Ja. Ich möchte auch nicht nach Afghanistan.

 

RV: Sie haben auch erzählt, dass Sie im Iran als Teppichknüpferin gearbeitet haben, wäre es Ihnen in Afghanistan möglich zu arbeiten und das Haus alleine zu verlassen?

 

BF2: In Afghanistan gibt es keine Arbeit. Von Afghanistan hört man nur die Nachrichten, dass die Köpfe abgeschnitten werden und die Leute getötet werden.

 

RV: Was haben Frauen für Rechte in Afghanistan?

 

BF2: Gar keine. Man wird nicht als Mensch angesehen, sondern als Tier.

 

RV: Wäre Diabetes in Afghanistan behandelbar, wissen Sie das?

 

BF2: Nein. Ist es nicht.

 

RI: Seit wann leiden Sie an Diabetes?

 

BF2: Seit 5 oder 6 Jahren.

 

BF2 wird gebeten draußen Platz zu nehmen. BF3 ( XXXX ) betritt den Saal.

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF3: Ich heiße XXXX . Ich wurde am XXXX im Iran geboren ich bin aber afghanischer Staatsangehöriger. Wir haben im Iran in XXXX gelebt. Die Stadt heißt XXXX .

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF3: Ich bin Afghane. Ich bin Hazara und spreche Farsi mit einem Hazara-Akzent.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

 

BF3: Ich bin Schiite.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

 

BF3: Ich habe zwei oder drei Jahre von Afghanen entweder Zuhause oder in den Moscheen Unterricht bekommen. Es war keine offizielle Schule. Ich habe keine Berufsausbildung. Ich habe in einem Unternehmen als Hilfsarbeiter gearbeitet.

 

RI: Gibt es Verwandte von Ihnen, die in Afghanistan leben?

 

BF3: Nein.

 

RI: Kenne Sie eine gewisse XXXX und ein gewisse XXXX ?

 

BF3: So wie es meine Eltern gesagt haben. Im Iran haben wir ein altes Ehepaar, als Tante und Onkel bezeichnet. Aus Respekt haben wir sie als Tante bezeichnet.

 

RI: Waren XXXX die Kinder des alten Ehepaares?

 

BF3: Ja.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Ausreise aus dem Iran nach Österreich wieder einmal in Iran gewesen? BF3: Nein.

 

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit noch im Iran?

 

BF3: Meine Schwester und mein Bruder?

 

RI: Wie halten Sie Kontakt?

 

BF3: Über das Internet telefonieren wir gelegentlich miteinander.

 

RI: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten im Iran? Wie oft telefonieren Sie?

 

BF3: Gelegentlich rufen sie uns an, manchmal rufen sie zurück. Wir haben einmal im Monat oder manchmal sogar zweimal im Monat Kontakt.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF3: Im Iran hatten wir keine Dokumente. Wir lebten dort als eine nutzlose Person. Wir sind zwar über die Runden gekommen. Bis der Krieg in Syrien ausgebrochen ist. Entweder wären wir nach Afghanistan abgeschoben worden oder wir hätten in den Krieg nach Syrien ziehen sollen. Es wurde täglich propagiert. Wir wollten in ein sicheres Land und haben die Chance genützt nach Europa zu kommen.

 

RI: Was war der fluchtauslösende Moment?

 

BF3: Wir wollten unser Leben retten, unser Leben war in Gefahr. Entweder wären wir nach Afghanistan abgeschoben worden oder mussten in den Krieg nach Syrien, da gesagt wurde, dass wir Dokumente bekommen werden.

 

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF3: Nein.

 

RI: Haben Sie, Ihre Eltern und Brüder oder Ihre Schwägerin einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

 

BF3: Nein.

 

RI: Hatten Sie im Iran Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF3: Ja. Zum Teil.

 

RI: Schildern Sie diese bitte?

 

BF3: Wenn man erwischt worden wäre, wäre man nach Afghanistan abgeschoben worden. Die Leute die wohlhabend sind und von der Polizei angehalten werden, können sich mit Geld freikaufen und werden nicht abgeschoben. Die einheimischen Iraner beschimpfen uns, ihr Schimpfwort war "der schmutzige Afghane". Religiöse Probleme hatten wir keine, da die Iraner auch Moslem und Schiiten sind.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF3: Es besteht die Angst, ich bin Hazara. Da wir Hazara sind, können wir an keinem Ort in Afghanistan leben. Seit ich mich erinnern kann, höre ich, dass Afghanistan für uns kein sicherer Staat ist. Wir haben noch nie eine positive Nachricht über Afghanistan gehört.

 

Ständig hören wir von Anschlägen. Ich habe Angst vor dem, das Menschen Köpfe abgeschnitten werden.

 

RI: Seit wann sind Sie verheiratet?

 

BF3: Seit 3 Jahren.

 

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

 

BF3: Nein. Es war eine Reise in das Ungewisse.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF3: Nichts.

 

RI: Wie stellen Sie sich die Zukunft in Österreich vor?

 

BF3: Ich glaube, dass ich hier die Sprache lerne. Dass ich eine Ausbildung machen kann. Dass ich mir einen guten Beruf aussuchen kann.

 

RI: Was möchten Sie in Österreich arbeiten?

 

BF3: Den Beruf des Tischlers.

 

RI: Haben Sie sich schon erkundigt, welche Ausbildung Sie in Österreich dafür mitbringen müssen?

 

BF3: Nicht viel.

 

RI: Haben Sie in Österreich schon Fortbildungskurse besucht?

 

BF3: Seit eineinhalb oder zwei Monaten besuche ich einen Deutschkurs. Zuvor hat eine private Lehrerin mit uns Deutsch gelernt. Es war ein A1 Kurs.

 

BF3 auf Deutsch.

 

RI: Wie geht es Ihnen?

 

BF3: Danke gut. Und Ihnen.

 

RI: Was mögen Sie an Österreich?

 

BF3 (mit Übersetzung gibt die Antwort): Wie wir behandelt werden.

 

BF3 ohne Übersetzung.

 

RI: Was machen Sie in Ihrer freien Zeit?

 

BF3: Spazieren gehen. Manchmal Fußball spielen, und manchmal auch Volleyball spielen. Ich habe jeden Tag spazieren gehen auf dem Berg. Kino gehen.

 

BF3 mit Übersetzung.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF3: Nein.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF3:Ja.

 

RI: Wie viele. Wer ist das?

 

BF3: In der Nachbarschaft. In der Gemeinde. Manchmal helfe ich auch bei der Feuerwehr mit. Vielleicht 10-15 Freunde.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF3: Ja.

 

RI: Nehmen Sie Medikamente?

 

BF3: Nein.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF3: Ich war in ärztlicher Behandlung. Zur Zeit nicht.

 

RI: Was haben Sie gehabt?

 

BF3: Wir sind seit mittlerweile 3 Jahren verheiratet und haben keine Kinder. Deswegen war ich in Behandlung. Die Behandlung ist abgeschlossen.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF3?

 

RV: Haben Sie jemals in Afghanistan gelebt?

 

BF3: Nein. Niemals.

 

RV: Kennen Sie Afghanistan?

 

BF3: Nein. Nie. Ich war nie in Afghanistan.

 

RV: Das heißt, wenn Sie nach Afghanistan zurück müssten, wäre das ein Problem, dass Sie dort noch nie waren?

 

BF3: Ganz bestimmt. Wir haben dort keine Verwandte und keine Familienangehörigen und auch keinen Ort zum Leben. Wir werden von den Taliban und den Daesh bedroht.

 

RV: Sind Sie mit afghanischen Traditionen vertraut?

 

BF3: Nein. Gar nicht. Die iranische Tradition unterscheidet sich von der afghanischen. Ich bin im Iran aufgewachsen.

 

RV: Würde man das erkennen, dass Sie nicht in Afghanistan gewesen sind und im Iran aufgewachsen und sozialisiert sind?

 

BF3: Ganz bestimmt. Die Afghanen bezeichnen uns als iranische Spione. Sie akzeptieren uns nicht als Afghanen sondern bezeichnen uns als "kleiner Afghane".

 

RV: Hätten Sie einen Ort zum Leben in Afghanistan?

 

BF3: Nein.

 

RI: Sie werden ersucht draußen Platz zu nehmen und den BF4 ( XXXX ) hereinzuschicken.

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF4: Ich heiße XXXX . Ich bin XXXX Jahre alt. Ich wurde im Iran geboren. Ich habe im Iran gelebt und lebe zur Zeit in Österreich.

 

RI: Wo haben Sie Iran zuletzt gelebt?

 

BF4: In XXXX .

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF4: Ich bin Hazara. Spreche Dari und Farsi.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

 

BF4: Ich bin Schiit.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

 

BF4: Ich habe drei Jahre eine Schule besucht. Es war keine öffentliche Schule. Ich habe als Ladehelfer gearbeitet.

 

RI: Das waren Hilfsarbeitertätigkeiten?

 

BF4:Ja.

 

RI: Wie oft waren Sie bereits in Afghanistan und wie lange haben Sie dort gelebt?

 

BF4: Ich war nie in Afghanistan. Ich wurde aber zweimal nach Afghanistan abgeschoben.

 

RI: Wie lange waren Sie da jeweils in Afghanistan?

 

BF4: Eine Woche jeweils.

 

RI Vorhalt: Vor dem BFA haben Sie bei Ihrer Einvernahme ausgesagt, und zwar am dass Sie jeweils ein Monat bei Ihren Aufenthalten dort gewesen sind.

 

BF4: Ich habe insgesamt einen Monat gemeint. Ich war eine Woche bei der Polizeianhaltung in XXXX . Eine Woche war ich im Anhaltezentrum in XXXX . Danach war ich eine Woche in Afghanistan in Herat aufhältig. Und eine Woche dauerte die Reise von Afghanistan zurück.

 

RI: Sie beschreiben jetzt den ersten oder zweiten Aufenthalt in Afghanistan?

 

BF4: Ich meine den ersten.

 

RI: Wie war der zweite?

 

BF4: Ungefähr genauso.

 

RI: Hatten Sie in Afghanistan Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

BF4: Nein. Aber die Hazara haben keine Rechte und auch keinen Ort zum Leben in Afghanistan.

 

RI: Sind Sie in Afghanistan jemals persönlich bedroht worden?

 

BF4: Nein. Aus Angst habe ich das Haus nicht verlassen. Ich hatte Angst vor Anschlägen.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder auf Urlaub?

 

BF4: Nein.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF4: Im Iran hatten wir keine Dokumente. Die Iraner haben uns nicht akzeptiert, da wir keine Dokumente hatten. Man wollte uns in den Krieg nach Syrien schicken. Davor hatten wir Angst.

 

RI: Haben Sie noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF4: Nein.

 

RI: Haben Ihre Eltern, Ihre Brüder oder Ihre Schwägerin einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

 

BF4: Meine Eltern hatten die Angst, dass man uns in den Krieg nach Syrien schickt.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung im Iran? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF4: Nein.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF4: Wenn ich den Namen Afghanistan höre, zittere ich am ganzen Körper. Ich höre täglich, dass in Afghanistan Köpfe abgeschnitten werden und Anschläge verübt werden. Ich habe bis jetzt noch keine gute Nachricht aus Afghanistan gehört.

 

RI: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, den Iran zu verlassen? Was war das fluchtauslösende Ereignis?

 

BF4: Die Angst in den Krieg nach Syrien geschickt zu werden und dort zu sterben.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF4: Nichts.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre persönliche Zukunft in Österreich vor?

 

BF4: Ich möchte meine Ausbildung fortsetzen. Ich möchte als selbstständiger Friseur arbeiten.

 

RI: Ihr Berufswunsch in Österreich ist Friseur?

 

BF4: Ja. In meiner Unterkunft schneide ich auch anderen Asylwerbern die Haare.

 

RI: Haben Sie sich schon erkundigt, welche Ausbildung Sie in Österreich dafür mitbringen müssen Friseur zu sein? Haben Sie sich schon erkundigt, wo Sie dies beginnen können?

 

BF4: Nein.

 

RI: Haben Sie in Österreich Fortbildungskurse besucht?

 

BF4: Ich besuche zur Zeit täglich einen Deutschkurs.

 

RI: Ist das A1?

 

BF4:Ja.

 

RV legt vor, eine Kursteilnahmebestätigung des BF3 "Deutschkurse für AsylwerberInnen" für das Niveau A1.

 

BF4 auf Deutsch.

 

RI: Wie geht es Ihnen?

 

BF4: Danke. Gut. Und Ihnen?

 

RI: Danke gut.

 

RI: Sind Sie gesund?

 

BF4: Ja. Ich bin gesund.

 

RI: Was gefällt Ihnen an Österreich.

 

BF4 gibt keine Antwort.

 

RI: Was machen Sie gerne in Ihrer freien Zeit. Welche Hobbys haben Sie?

 

BF4: Meine Hobbys sind, Fußball spielen, Volleyball spielen, manchmal Schwimmen gehen, Spazieren gehen.

 

BF4 mit Übersetzung.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF4: Nein. Wir leben an einem abgelegenen Ort.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF4:Ja.

 

RI: Wie viele haben Sie da, wer ist das?

 

BF4: Mit vier oder fünf Nachbarn sind wir befreundet.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF4:Ja.

 

RI: Nehmen Sie Medikamente?

 

BF4: Nein.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF4: Nein.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF4?

 

RV: Wäre es ein Problem in Afghanistan zu leben, da Sie bis jetzt noch nie dort gelebt haben?

 

BF4: Ich habe dort nie gelebt. Ich kenne die Kultur dort nicht. Die Afghanen akzeptieren uns dort nicht und bezeichnen uns als Spione.

 

RV: Wenn meinen Sie mit "uns"?

 

BF4: Ich meine mich selbst damit.

 

RV: Warum werden Sie als Spion bezeichnet in Afghanistan?

 

BF4: Sie akzeptieren uns nicht und sagen wir sind Iraner.

 

RV: Sind Sie ortskundig in Afghanistan?

 

BF4: Nein.

 

RV: Waren Sie in XXXX abgesehen von der Pension wo Sie sich eine Woche versteckt gehalten haben noch wo anders?

 

BF4: Nein.

 

RV: Das heißt Sie kennen sich auch in XXXX nicht aus und kennen dort niemanden?

 

BF4: Nein.

 

RV. Haben Sie eine Tätowierung?

 

BF4:Ja.

 

RV: Wäre das ein Problem in Afghanistan?

 

BF4: Ich war zwar nie in Afghanistan aber im Iran ist es ein Problem.

 

RI: Sie werden ersucht draußen Platz zu nehmen und BF5 ( XXXX ) hereinzuschicken.

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF5: Ich heiße XXXX . Ich bin zur Zeit XXXX Jahre alt. Ich bin im Iran geboren und dort aufgewachsen. Ich bin afghanischer Staatsangehöriger. Ich war niemals in Afghanistan und habe immer im Iran gelebt.

 

RI: Wo haben Sie zuletzt gelebt bevor Sie ausgereist sind nach Österreich?

 

BF5: In XXXX .

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF5: Ich bin Afghane. Hazara. Ich bin Schilt. Ich spreche Dari und da Ich im Iran aufgewachsen bin spreche ich auch Farsi.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf oder welche Tätigkeit haben Sie bisher ausgeübt?

 

BF5: Im Iran hatten wir gar keine Rechte. Ich selbst habe keine Schule besucht. Ich habe keine Berufsausbildung. Als ich älter wurde, habe ich meinen Vater unterstützt.

 

RI: Als was haben Sie gearbeitet?

 

BF5: Ich hatte keine durchgehende Arbeit. Wenn in der Fabrik Ladehilfe benötigt wurde, wurde ich gerufen. Ich war Hilfsarbeiter.

 

RI: Wie oft waren Sie bereits in Afghanistan und wie lange haben Sie dort gelebt?

 

BF5: Ich war nie in Afghanistan. Ich bin im Iran geboren und auch dort aufgewachsen.

 

RI: Aber Sie sind doch zweimal abgeschoben worden?

 

BF5: Ja. Ich bin dann ganz schnell in den Iran zurückgekehrt. Ich hatte dort keine Angehörigen.

 

RI: Wie lange waren Sie jeweils in Afghanistan?

 

BF5: Etwa eine Woche. Es dauerte zwar eine Woche bis der Schlepper unsere Reise organisiert hat, pro Person haben wir 2 Millionen iranische Toman bezahlt.

 

RI: Bei Ihrer ersten Abschiebung nach Afghanistan, wie lange waren Sie dort insgesamt?

 

BF5: Etwa eine Woche.

 

RI: Waren Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder XXXX , als Sie nach Afghanistan abgeschoben worden sind?

 

BF5:Ja.

 

RI: Hatten Sie in Afghanistan Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

 

BF5: Nein. Wir sind nicht lange dort geblieben. Ich habe nur Angst davor, dass ich Hazara bin.

 

RI: Warum haben Sie Angst davor?

 

BF5: Täglich hören und sehen wir, dass Hazara getötet werden. Hazara ist eine Minderheit und die Hazara werden von den Taliban getötet.

 

RI: Sind Sie in Afghanistan jemals persönlich bedroht worden?

 

BF5: Nein. Da ich nie dort war.

 

RI: Sie waren zweimal in Afghanistan jeweils eine Woche.

 

BF5: Wir wurden von dem Schlepper wieder ganz schnell in den Iran geschickt.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder auf Urlaub?

 

BF5: Nein.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe für die Reise aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF5: Wir hatten dort keine Dokumente. Wir hatten Angst davor, nach Afghanistan abgeschoben zu werden oder in den Krieg nach Syrien geschickt zu werden. Ich hatte Angst davor in die Hände der Taliban zu fallen und war damals noch jung. Ich bin ein Mensch, der Angst vor dem Krieg hat. Ich hasse den Krieg. Ich habe bis jetzt keinen Raketenschuss gehört.

 

RI: Haben Sie noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF5: Nein.

 

RI: Haben Ihre Eltern, Ihre Brüder oder Ihre Schwägerin einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

 

BF5: Nein. Nur die Angst getötet zu werden. Wir wollen nicht in Afghanistan leben. Wir wollen keine Angst um unser Leben haben.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung im Iran? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF5: Nein.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF5: Ich habe Angst davor, von den Taliban getötet zu werden. Ich bin im Iran aufgewachsen. Ich kenne das Leben in Afghanistan und die Kultur nicht. Ich habe Angst vor den Einheimischen Afghanen, von den Zivilisten, dass sie uns als Spionen bezeichnen, weil wir im Iran aufgewachsen sind.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF5: Gar nichts.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre persönliche Zukunft in Österreich vor?

 

BF5: Ein Leben in Sicherheit und eine gute Zukunft.

 

RI: Haben Sie eine Berufswunsch für Ihr Leben in Österreich?

 

BF5: Ich möchte die Sprache gut lernen und möchte beim Roten Kreuz als Sanitäter arbeiten.

 

RI: Haben Sie sich schon erkundigt, welche Ausbildung Sie in Österreich dafür mitbringen müssen? Haben Sie sich schon erkundigt, wo Sie so eine Ausbildung absolvieren können?

 

BF5: Ja. Ich muss die Sprache auf Niveau B1 lernen.

 

RI: Haben Sie in Österreich Fortbildungskurse besucht?

 

BF5: Seit einem Monat oder 40 Tagen besuche ich einen Deutschkurs.

 

RV übergibt eine Kursteilnahmebestätigung für den BF5 zum "Deutschkurs für AsylwerberInnen", Sprachniveau A1.

 

BF5 ohne Übersetzung.

 

RI: Wie geht es Ihnen?

 

BF5: Mir geht es gut und wie geht es Ihnen?

 

RI: Was gefällt Ihnen an Österreich?

 

BF5: Mir gefällt Österreich sehr gut, man kann einfach in Österreich leben und einen Beruf machen und weiter machen.

 

RI: Was machen Sie in Ihrer Freizeit, was sind Ihre Hobbys?

 

BF5: Am Wochenende gehe ich eine Stunde spazieren, manchmal gehe ich ins Kino BF5 mit Übersetzung.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF5: Nein.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF5: Ja. Viele.

 

RI: Wie viele, wer ist das?

 

BF5: Die Nachbarn. Ich habe auch andere Freunde in XXXX . Ich spiele mit diesen Freunden Volleyball, wir stehen in Kontakt.

 

RI: Wie groß ist Ihr österreichischer Freundeskreis ungefähr?

 

BF5: Zwischen 20 und 30 Personen. An Wochenenden unterstütze ich eine alte Dame beim Holzschneiden.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF5: Ja.

 

RI: Nehmen Sie Medikamente?

 

BF5: Gelegentlich nehme ich Kopfschmerztabletten.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF5: Nein.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF5?

 

RV: Sind Sie von Iran nach Afghanistan abgeschoben worden, weil Sie illegal im Iran waren, hatten Sie Probleme mit den iranischen Behörden?

 

BF5: Ja.

 

RV: Sind Sie jemals von der iranischen Polizei geschlagen worden?

 

BF5: Ja.

 

RV: Können Sie das näher schildern?

 

BF5: Als sie mich festgenommen haben. Ich wurde in ein Anhaltezentrum gebracht. Dort wurde ich geschlagen. Ich habe mich beschwert, warum ich geschlagen wurde. Wir wurden als "schmutzige Afghanen" diskriminiert. Wir mussten die Toiletten reinigen, wurden geschlagen und wurden abgeschoben.

 

RV: Sind Sie in Afghanistan ortskundig?

 

BF5: Nein. Überhaupt nicht.

 

RV: Hätten Sie eine Lebensgrundlage, wenn Sie zurück müssten nach Afghanistan?

 

BF5: Ich habe dort niemanden. Ich habe Angst. Ich habe keine Hoffnung dort. Ich habe Angst in die Hände der Taliban zu geraten.

 

RI: Sie werden ersucht draußen Platz zu nehmen und die BF6 ( XXXX ) hereinzuschicken. BF6 nimmt Platz. (Sie trägt ein Kopftuch, wie auch schon BF2 bei ihrer Befragung.)

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF6: Ich heiße XXXX . Ich wurde in Isfahan im Iran geboren. Ich bin seit zwei Jahren in Österreich. Ich bin XXXX Jahre alt. Im Iran in XXXX habe ich zuletzt vor der Ausreise gelebt.

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF6: Ich kann Dari und Farsi sprechen. Ich bin Afghanin und Hazara.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

 

BF6: Ich bin schiitische Moslemin.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

 

BF6: Im Iran habe ich fünf Jahre die Schule besucht. Es war aber keine öffentliche Schule. Da ich keine Dokumente hatte, konnte ich auch diese Schule nicht fortsetzen. Ich habe im

 

Haushalt meine Mutter unterstützt. Ich habe auch auf meine jüngeren Geschwister aufgepasst.

 

RI: Haben Sie Zeit Ihres Leben in Isfahan gelebt oder auch woanders?

 

BF6: In Isfahan.

 

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Afghanistan und in welcher Stadt?

 

BF6: In Afghanistan habe ich niemanden.

 

RI: Haben Sie noch Verwandte, die im Iran leben? Wenn ja, welche?

 

BF6: Im Iran sind meine Eltern. Eine Tante und ein Onkel väterlicherseits.

 

RI: Haben Sie Verwandte, die in Europa leben? Wenn ja, wo und wer sind die?

 

BF6: Niemanden.

 

RI: Wie oft sind Sie in Kontakt mit Ihren Verwandten im Iran und wie halten Sie Kontakt?

 

BF6: Einmal im Monat über das Internet.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder auf Urlaub?

 

BF6: Nein.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF6: Da wir im Iran keine Dokumente hatten, hatten wir viele Probleme. Als der Krieg in Syrien aufgebrochen ist, gerieten wir alle unter Druck. Sie haben Leute unter dem Vorwand, dass man Dokumente bekommt, in den Krieg nach Syrien geschickt oder man sagte ihnen, sie sollen nach Afghanistan zurückkehren. Wir wollten in ein sicheres Land, und diese Chance haben wir ausgenutzt. Wir sind dann hierher gekommen.

 

RI: Haben Sie noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten? Haben Sie einen eigenen Fluchtgrund zum Beispiel?

 

BF6: Im Iran wurde ich immer schlecht behandelt und diskriminiert. Sie waren respektlos.

 

RI: Haben Ihre Schwiegereltern, Ihre Schwager oder Ihr Ehemann einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

 

BF6: Wir hatten alle das gleiche Problem. Das ist das Problem der gesamten Familie.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung im Iran? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF6: Nein. Die Iraner waren sehr schlecht. Die Iraner sind rassistisch.

 

RI: Inwiefern. Was haben sie gemacht?

 

BF6: Sie wollten die Flüchtlinge nicht. Flüchtlinge werden dort diskriminiert. Afghanen ist es nicht gestattet in das Kino zu gehen oder sich in der Parkanlage aufzuhalten. Auf Plakaten wird geschrieben, dass Afghanen keine Rechte haben.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF6: Außer, dass dort der Krieg zwischen den Taliban und den Daesh herrscht. Ich bin Hazara. Ich bin im Iran geboren und aufgewachsen. Meine Redensart, die Art wie ich mich kleide, unterscheidet sich von dem in Afghanistan. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, werde ich dort von den Afghanen nicht wie eine Mitbürgerin akzeptiert. Nicht nur die Zivilisten sondern auch die Regierung akzeptiert das nicht. Wir werden als Iraner und als Spione bezeichnet und der Iran akzeptiert uns nicht und möchte, dass wir in das Heimatland zurückkehren.

 

RI: Wenn Sie sagen, dass Sie als Rückkehrer von den Afghanen als Spione bezeichnet werden, stellt sich mir die Frage, Spione für wen oder gegen wen?

 

BF6: Was damit genau gemeint ist, weiß ich selbst nicht. So bezeichnen die Afghanen die Rückkehrer aus dem Iran.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF6: Ich wusste nichts über Österreich.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre persönliche Zukunft in Österreich vor?

 

BF6: Ich muss die Sprache sehr gut lernen, damit ich mit den Leuten hier Kontakte pflegen kann. Ich möchte eine Ausbildung machen. Entweder als Schneiderin oder Kindergärtnerin.

 

RI: Haben Sie sich bereits erkundigt, wie die Ausbildungen zur Schneiderin ablaufen und wo Sie diese Ausbildungen erlangen können?

 

BF6: Nein.

 

RI: Bi beschreiben Sie Ihre Erziehung in Ihrem Familienverband. Sind Sie religiös erzogen worden? Waren Ihre Eltern streng in der Erziehung der Kinder?

 

BF6: Nein. Gott sei Dank. Meine Eltern waren sehr gut zu uns. Sie waren nicht sehr streng.

 

RI: Sind Sie und Ihr Mann religiös?

 

BF6: Ja.

 

RI: Sind Sie konservativ von Ihrer Lebenseinstellung her?

 

BF6: Nein.

 

RI: Halten Sie und Ihr Mann den Ramadan ein?

 

BF6: Ja.

 

RI: Bitte beschreiben Sie Ihr Leben im Iran. Wie sah der normale Tagesablauf für Sie in ihrem Dorf aus?

 

BF6: Ich habe mich mit dem Haushalt beschäftigt. Wir sind zu Freunde oder Bekannten gegangen. Mein Ehemann hat gearbeitet.

 

RI: Konnten Sie alleine das Haus verlassen?

 

BF6: Ja. Mit meiner Schwiegermutter und mit meinem Mann habe ich das Haus verlassen, obwohl ich Angst davor hatte, da ich keine Dokumente hatte.

 

RI: Gab es auch Gelegenheiten, wo Sie alleine das Haus verlassen haben?

 

BF6: Ja. Zu den Nachbarn bin ich alleine gegangen.

 

RI: Wie sieht Ihr Tagesablauf nun in Österreich aus?

 

BF6: Sehr gut. Ich fühle mich hier sicher. Ich gehe spazieren. Ich gehe alleine den Einkauf erledigen. Mit meine Ehemann und meinen Schwager besuche ich einen Deutschkurs.

 

RV legt vor, für BF6 eine Kursteilnahmebestätigung "Deutschkurse für AsylwerberInnen" für das Sprachniveau A1.

 

RI: Sprechen Sie schon ein bisschen Deutsch?

 

BF6:Ja.

 

BF6 ohne Übersetzung.

 

RI: Wie geht es Ihnen, sind Sie gesund?

 

BF6: Gut. Danke.

 

RI: Sind Sie gesund?

 

BF6: Ja.

 

RI: Was gefällt Ihnen an Österreich? Was mögen Sie an Österreich?

 

BF6 fragt mit Übersetzung, was heißt "gefallen"?

 

D übersetzt.

 

BF6 mit Übersetzung antwortet: Die Sicherheit, und dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben. Österreich ist ein demokratischer Staat. Hier gibt es die Freiheit. Frauen haben das Recht für sich einen Beruf auszusuchen. Österreich hat ein sehr gutes medizinisches System. Das allerwichtigste ist, dass Österreich keine Unterschiede zwischen den Religionen und den Sprachen macht. Es wird alles respektiert. Das allerwichtigste ist, dass in Österreich jeder für sich selbst einen Glauben aussuchen kann. Österreich hat gute Landschaften. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Frauen diejenigen, die das Land aufgebaut haben. Frauen werden hier respektiert.

 

BF6 auf Deutsch.

 

RI: Was sind Ihre Hobby?

 

BF6: Meine Hobby ist spazieren gehen, lesen gehen und kochen.

 

BF6 mit Übersetzung.

 

RI: Haben Sie abgesehen vom Deutschkurs noch andere Fortbildungskurse in Österreich besucht?

 

BF6: Leider nicht. Nach zwei Jahren haben wir die Möglichkeit bekommen einen Deutschkurs zu besuchen.

 

RI: Wer geht einkaufen? Sie oder Ihr Mann?

 

BF6: Manchmal gehe ich einkaufen. Manchmal mein Ehemann und manchmal mein Schwager.

 

RI: Wissen Sie wieviel in Österreich ein Stück Butter kostet?

 

BF6: Das weiß ich nicht.

 

RI: Und ein Laib Brot?

 

BF6: Wir backen selbst Zuhause das Brot.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF6: Nein.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF6: Ja. Drei bis vier.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF6: Ja. Gott sei Dank.

 

RI: Nehmen Sie Medikamente?

 

BF6: Nein.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF6: Nein.

 

RI: Seit wann sind Sie verheiratet?

 

BF6: Seit 3 Jahren.

 

RI: War es eine arrangierte Heirat oder eine Liebesheirat?

 

BF6: Eine Arrangierte.

 

RI: Wenn Sie mal eine Tochter haben und Ihre Tochter möchte sich verheiraten mit einem Mann, der nicht Ihre Religion hat, hätten Sie da etwas dagegen?

 

BF6: Das ist kein Problem. Nur meine Tochter soll glücklich und zufrieden sein.

 

RI: Hätten Ihre Eltern akzeptiert, wenn Sie einen anderen Mann hätten heiraten wollen.

 

BF6: Ja.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF6?

 

RV: Haben Männer und Frauen in Afghanistan die gleichen Rechte?

 

BF6: Nein. Überhaupt nicht. In Afghanistan werden Frauen respektlos behandelt und es gibt Unterschiede. Eine Frau muss den Haushalt machen, Kinder gebären und die Kinder groß ziehen. In Afghanistan gibt es Zwangsehen. Mädchen werden zur Heirat gezwungen. In Afghanistan hat eine Frau keine Freiheiten und kann sich auch keinen Beruf aussuchen. Frauen werden gesteinigt. Frauen haben nicht das Recht, dass Haus alleine zu verlassen. Eine Frau darf nicht ohne Erlaubnis des Vaters oder des Bruders das Haus verlassen.

 

RV: Könnten Sie, so wie Sie heute gekleidet sind (Turnschuhe, enge Jeans und Kopftuch, das den Haaransatz zeigt und geschminkt), das Haus in Afghanistan verlassen?

 

BF6: Nein. Ohne eine Burka kann man das Haus nicht verlassen, ansonsten wird man bestraft.

 

RI: Waren Sie jemals in Afghanistan, auch nicht einen Tag?

 

BF6: Nein.

 

RI: Das heißt, was Sie von Afghanistan wissen, wissen Sie von Ihren Eltern und Bekannten? BF6: Ja. Meinen Eltern.

 

RI: Sie werden ersucht draußen Platz zu nehmen und den BF7 ( XXXX ) hereinzuschicken.

 

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise nach Österreich aufgehalten haben.

 

BF7: Ich heiße XXXX . XXXX wurde Ich geboren. Ich bin In XXXX im Iran geboren. Ich bin Afghane. Zuletzt habe ich in Isfahan in XXXX gelebt.

 

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

 

BF7: Ich bin Afghane. Hazara. Ich spreche Dari und Farsi, da ich im Iran aufgewachsen bin.

 

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

 

BF7: Ich bin Schiit.

 

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

 

BF7: Ich habe im Iran gelebt. Ich habe etwa fünf Jahre lang eine illegal geführte Schule besucht. Da ich keine Dokumente hatte, habe ich auch keine Unterlagen bekommen. Ich hatte keinen Beruf ich habe gelegentlich als Ladehelfer gearbeitet.

 

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich wieder einmal in Afghanistan oder dem Iran gewesen, sei es zu Besuch oder auf Urlaub?

 

BF7: Nein.

 

RI: Haben Sie sich jemals in Afghanistan aufgehalten?

 

BF6: Ich wurde einmal in den Iran abgeschoben und war zwei Wochen in Herat aufhältig.

 

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe aus dem Iran? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

 

BF7: Im Iran hatte ich keine Dokumente. Ich hatte Tag und Nacht die Angst nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Ich wollte auch nicht wegen den Dokumenten in den Krieg nach Syrien ziehen. Ich wollte nicht für den iranischen Staat in den Krieg ziehen. Ich hatte im Iran keine Rechte. Ich durfte keine Schule besuchen. Ich durfte keinen Beruf ausüben. Ich konnte nicht in die Stadt gehen. Ich musste mich immer versteckt halten. Sowohl meine Familie als auch ich haben immer in Angst gelebt. Meine Geschwister durften keine Schule besuchen. Ich hatte Angst, dass mein Vater nach Afghanistan abgeschoben wird und wir keine Familienoberhaupt mehr haben. Wir wurden von den Iranern aufgrund unseres Aussehens diskriminiert und beleidigt. Es gab niemanden, der uns in Schutz genommen hätte, da wir keine Dokumente hatten.

 

RI: Wieso sind Sie im Iran aufgrund Ihres Aussehens diskriminiert worden?

 

BF7: Unser äußeres Erscheinungsbild entspricht dem der Hazara und Schiiten und man erkannt, dass wir Afghanen sind.

 

RI: Woran erkennt man das?

 

BF7: Ich habe kein äußeres Erscheinungsbild wie ein Iraner. Die haben kleinere Augen und man erkennt, dass sie keine Iraner sondern Hazara sind.

 

RI: Haben Sie noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

 

BF7: Im Iran hatten wir keine Freiheiten und wir konnten nicht so leben, wie wir es wollten.

 

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung im Iran? Hatten Sie Probleme mit den Behörden im Iran?

 

BF7: Nein. Aber der iranische Staat hat uns immer belästigt.

 

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

 

BF7: Ich war niemals in Afghanistan. Ich habe dort niemanden. Ich werde in diesem Land nicht als Afghane akzeptiert, da ich im Iran geboren wurde. Dort werde ich, weil ich Hazara und Schiit bin, von den Taliban und den Daesh getötet. Ich kann nicht in einem Land leben, wo ich die Kultur nicht kenne, ich bin im Iran aufgewachsen.

 

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Abreise von Österreich?

 

BF7: Ich wusste nur, dass Österreich ein europäischer Staat ist.

 

RI: Wie stellen Sie sich Ihre persönliche Zukunft in Österreich vor?

 

BF7: Ich besuche zur Zeit den Pflichtschulabschlusskurs. Danach möchte ich Altenpfleger werden.

 

RI: Wo besuchen Sie den Pflichtschulabschlusskurs?

 

BF7: Im XXXX in der XXXX .

 

RI: Wann werden Sie fertig sein mit der Ausbildung?

 

BF7: Am 2. Oktober habe ich den Kurs begonnen und es dauert 10 Monate.

 

RI: Was möchten Sie in Österreich arbeiten?

 

BF7: Altenpfleger.

 

RI: Haben Sie sich schon erkundigt, welche Ausbildung Sie in Österreich dafür mitbringen müssen?

 

BF7: Nein. Aber ich besuche jetzt diesen Kurs. Dort gibt es jemanden, der uns die Beruf vorstellt. Berufsorientierung heißt unser Fach.

 

RI: Haben Sie in Österreich noch andere Fortbildungskurse besucht?

 

BF7: 5 Monate lang habe ich einen Vorbereitungskurs besucht. 5 Monate habe ich einen Sprach- und Mathematikkurs absolviert.

 

RI: Auf welchem Sprachniveau sind Sie derzeit?

 

BF7: Am 26. September habe ich die B1 Prüfung abgelegt.

 

BF7 auf Deutsch ohne Übersetzung.

 

RI: Was gefällt Ihnen an Österreich?

 

BF7: Ein demokratisches Land. Es gibt keine Unterschied zwischen Männer und Frauen in Österreich. Alle sind gleich. Man kann in Österreich auch studieren. Im Iran konnte man nicht studieren, weil wir illegal waren. Ich weiß, dass Österreich 9 Bundesland hat und ich weiß auch der Präsident ist Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler ist Christian Kern und Vizekanzler von Österreich ist Sebastian Kurz.

 

BF7 mit Übersetzung.

 

RI: Sind Sie in Österreich in einem Klub oder Verein?

 

BF7: Nein. Ich wurde nur von einem Verein Montags und Dienstags zum Schwimmen mitgenommen.

 

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

 

BF7: Ja. Unsere Nachbarn sind mit uns befreundet. Gelegentlich helfen wir bei der Feuerwehr und wenn sie Unterstützung brauchen, rufen sie uns an. Mein Freundeskreis besteht aus ungefähr 10 Personen inklusive Lehrern.

 

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?

 

BF7:Ja.

 

RI: Nehmen Sie Medikamente?

 

BF7: Nein.

 

RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?

 

BF7: Nein.

 

RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF7?

 

RV: Sind Sie in Afghanistan ortskundig?

 

BF7: Nein. Ich war noch nie in diesem Land.

 

RI: Ja. Einmal waren Sie schon in diesem Land.

 

BF7: Ich habe noch nie dort gelebt. Ich war zwei Wochen in einem Hotel.

 

RV: Wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten, hätten Sie dort eine

 

Lebensgrundlage. Haben Sie dort Unterstützung?

 

BF7: Nein. Ich habe dort niemanden. Und die Jugendlichen, die in Afghanistan leben, können auch nicht für ihre eigene Sicherheit sorgen. Es gibt keine Regierung dort, der uns unterstützen könnte. Entweder müsste ich unter einer Brücke leben oder mich einer terroristischen Gruppierung anschließen. Im Iran oder in Afghanistan kann ich nicht so ein Leben führen, wie ich es führen möchte. Ich habe eine Tätowierung. Ich hatte Angst im Iran ein T-Shirt anzuziehen. Wenn man meine Tätowierung gesehen hätte, hätte man mich dafür bestraft. Ich habe die Tätowierung vor 4 Jahren im Iran machen lassen. Wir mussten so, wie es die Mullahs und die iranische Regierung vorgeschrieben hat, leben. Ich wollte nicht so ein Leben führen, sondern ein freies Leben nach meinem Willen.

 

RV merkt an, dass sich die Tätowierung über den gesamten Unterarm zieht. Und am rechten Oberarm hat der BF7 ein "F" tätowiert.

 

RI: Sie werden ersucht alle Beschwerdeführer in den Saal zu holen.

 

BF 1-7 nehmen im VH-Saal Platz.

 

RI: Bevor wir zu einem Ende kommen, möchte ich Ihnen nochmals die Möglichkeit geben, sich zu äußern oder Ergänzungen zum Erzählten vorzubringen.

 

BF1-7: Nein. Nichts.

 

RV gibt eine Stellungnahme ab:

 

Zum Beweis für die Glaubwürdigkeit der Aussagen aller BF's legt die RV vor:

 

* einen Bericht von ACCORD vor, betitelt mit Anfragebeantwortung zum Iran: Zwangsrektrutierung von illegal aufhältigen Afghanen für den Krieg in Syrien vom 28. Jänner 2016.

 

Des weiteren wird vorgelegt eine Anfragebeantwortung bezugnehmend auf die Lage der Hazara: Zugang zum staatlichen Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara vom 2. September 2016. Zum Beweis dafür, dass die BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan mit einer asylrelevanten Verfolgung zu rechnen hätten, vor allem vor dem Hintergrund, dass in Afghanistan keine familiäre Bindungen bestehen. Die BF1 und BF2 eine langjährige Abwesenheit von Afghanistan gehabt haben und die anderen BF noch nie dort gelebt haben und somit das Verfolgungsrisiko erhöht ist aufgrund der Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung. Hierzu möchte ich auf die Rechtsprechung vom Verwaltungsgerichtshof verweisen, die besagt, dass eine Kumulation an Gründen GFK relevant ist. (Zahl: Ra 2015/19/0180 vom 15.03.2016).

 

* Zur allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan: Bericht der schweizer Flüchtlingshilfe Titel "Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 19. Juni 2017 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul."

 

* Eine Unterlage betitelt "Notiz Afghanistan Alltag in Kabul" vom 12. April 2107 von Thomas Ruttig.

 

* Ein Artikel vom Standard vom

 

* betitelt mit "Von Europa nach Afghanistan Rückkehr in ein Land der Gewalt.

 

Diese drei Berichte, 2., 3. Und 4., besagen, dass die BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls eine Artikel 3 EMRK Verletzung erfahren würden und dass es ihnen vor allem ohne Ausbildung, sozialen familiären Rückhalt und ohne Ortskundigkeit nicht zumutbar ist, in Afghanistan ein Leben zu führen. Hier möchte ich einerseits auf das Erkenntnis vom BVwG zur Zahl W246 2141183 vom 18.05.2017 verweisen, in dem ausgeführt wird, dass Afghanen die im Iran aufgewachsen bzw. geboren sind eine Artikel 3 EMRK Verletzung in Afghanistan erfahren würden. Die BF's haben alle konkrete Umstände geltend gemacht, die einer Rückführung nach Afghanistan widersprechen würden.

 

Stellungnahme zur Prüfung einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative, vom RV verfasst und vorgelegt, mit dem Inhalt, dass die Schwelle der Zumutbarkeit für eine IFA unterhalb der Artikel 3 EMRK Verletzungsschwelle liegt. Das ergibt sich auch aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Vergleiche zur Zahl 2007/20/0913 vom 16.12.2010.

 

Zum Schluss möchte ich noch anführen, dass BF2 und BF6 in Afghanistan mit einer geschlechtsspezifischen Verfolgung zu rechnen hätten, da sie einen westlichen Lebensstil führen und angenommen haben und diesen nicht unterdrücken könnten. Vor allem weil die BF6 noch nie in Afghanistan war und auch im Iran liberal aufgewachsen ist und die BF2 über 30 Jahre im Iran gelebt hat und es dort auch nicht gewohnt war sich Kleiderzwängen zu unterwerfen, das Haus nicht alleine verlassen zu können bzw. keinen Beruf nachgehen zu können. Mit ihrem Verhalten müssten beide, BF2 und BF6, in Afghanistan mit einer asylrelevanten Verfolgung rechnen. Vergleiche dazu Rechtsprechung vom VwGH vom 28.05.2014 zur Zahl Ra 2014/20/0017.

 

Der Vollständigkeit halber wird auf das Erkenntnis, dass schon in der Beschwerde vorgebracht wurde verwiesen, dass ist die Zahl Ra 2016/18/0388 vom 22.03.2017 aus dem hervorgeht, dass alleine das Tragen eines Kopftuches einem westlich orientierten Lebensstil keinesfalls entgegen steht.

 

Daher werden die Anträge entsprechend der Beschwerde aufrechterhalten.

 

RI: Es wird Ihnen nun das Protokoll rückübersetzt

 

BF5: Ich möchte, dass der Staat Österreich uns den Schutz, den wir bekommen haben, nicht wegnimmt. Ich möchte diesen Frieden weiterhin leben und haben. Ich hatte noch nie in meinem Leben ein zufriedenes Leben geführt. Ich möchte Sie ersuchen, dass Sie uns den Schutz nicht wegnehmen. Nehmen Sie uns diese Chance zum Leben nicht weg.

 

Schluss der Verhandlung

 

[...]"

 

Die Beschwerdeführer brachten im Rahmen der Beschwerdeverhandlung Bestätigungen betreffend die Teilnahme am Kurs "Deutschkurs für Asylwerber" seitens des BF1, der BF2, des BF3, des BF4 und des BF5 vom 12.09.2017 in Vorlage.

 

12. Die Beschwerdeführer brachten in weiterer Folge folgende Unterlagen/Dokumente in Vorlage:

 

* Stellungnahme zur Prüfung einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative

 

* Laborbefund betreffend die BF2 eines österreichischen Laborinstitutes vom 29.08.2017

 

* Bestätigungen betreffend den BF7 hinsichtlich des Besuchs eines Basiskurses in den Fächern Deutsch, Mathematik und soziales Lernen beim XXXX vom 21.04.2017, 02.10.2017 du 30.06.2017 sowie ein handschriftliche Schreiben betreffend den guten Lernerfolg des BF7

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 24.10.2015, der Erstbefragung der Beschwerdeführer vor der Landespolizeidirektion XXXX , der Einvernahme der Beschwerdeführer am 31.05.2017 vor dem BFA, der für die Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde vom 22.06.2017 gegen die angefochtenen Bescheide des BFA vom 08.06.2017, der Einsichtnahme in die Verwaltungsakte und der von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden sowie nach mündlicher Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.10.2017 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

 

Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an. Der BF1 und die BF2 sind in Afghanistan in der Provinz XXXX im Dorf XXXX geboren, beide sind miteinander verheiratet und die Eltern der volljährigen BF3 bis BF5, die allesamt im Iran geboren sind. Die BF6 ist Ehegattin des BF3 und ist im Iran geboren. Der BF7 ist Enkelsohn des BF1 und der BF2 sowie Neffe des BF3 bis BF5 und ist im Iran geboren. Der BF1 und die BF2 sind vor über 30 Jahren von Afghanistan in den Iran geflüchtet, wo sie bis zu ihrer Ausreise nach Europa gelebt haben. Die BF3 bis BF7 haben ihr gesamtes Leben bis zu ihrer Ausreise nach Europa im Iran gelebt. Der BF4 und der BF5 sind je zweimal vom Iran nach Afghanistan abgeschoben worden, von wo aus sie sich wieder in den Iran zurückbegeben haben. Der BF7 wurde einmal nach Afghanistan abgeschoben, von wo er in den Iran zurückkehrte.

 

Der BF1 besuchte zwischen 6 und 7 Jahre die Grundschule und war in der Landwirtschaft tätig, sowie als Hilfsarbeiter in einer Mosaikfabrik. Die BF2 besuchte keine Schule und arbeitete als Teppichknüpferin im Iran und als Hausfrau. Der BF3 besuchte für 2 oder 3 Jahre eine inoffizielle Schule bzw. wurde er zu Hause unterrichtet und arbeitete als Hilfsarbeiter in einer Mosaikfabrik. Der BF4 besuchte für ca. 3 Jahre eine inoffizielle Schule und arbeitete als Hilfsarbeiter in einer Mosaikfabrik. Der BF5 verfügt über keine Schulausbildung und arbeitete als Hilfsarbeiter in einer Mosaikfabrik. Die BF6 besuchte für 5 Jahre die Grundschule und verfügt über keine Arbeitserfahrung. Der BF7 besuchte für 5 Jahre die Grundschule und verfügt über Arbeitserfahrung als Hilfsarbeiter in einer Mosaikfabrik. Der BF1, die BF2, der BF3, der BF4, der BF5 und die BF6 lebten zuletzt im gemeinsamen Haushalt in XXXX . Der BF7 lebte in Isfahan im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern.

 

Der BF1 verfügt im Iran noch über zwei Halbbrüder sowie einen volljährigen Sohn sowie eine volljährige Tochter. Zwei volljährige Söhne des BF1 und der BF2 leben in Deutschland. Eine Schwester der BF2 lebt ebenfalls noch im Iran. Die BF6 verfügt im Iran noch insofern über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte, als ihre Eltern sowie 6 Geschwister im Heimatort leben. Die Eltern sowie zwei Brüder und eine Schwester des BF7 leben ebenfalls im Iran. Die Beschwerdeführer verfügen über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Die Beschwerdeführer stehen mit ihren im Iran lebenden Angehörigen in telefonischem Kontakt.

 

Die Beschwerdeführer verfügen im Bundesgebiet über keinerlei Familienangehörige. Sie gehören keinem Verein oder Klub an. Der BF1, der BF3, der BF4, der BF5 und der BF7 erbringen regelmäßig Hilfeleistungen im Rahmen der XXXX sowie der Pflege von öffentlichen Bereichen in ihrer Wohngemeinde. Die Beschwerdeführer leiden nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten. Die BF2 leidet an Diabetes mellitus und benötigt eine regelmäßige Insulinzufuhr. Der BF1 und die BF2 haben Deutschkurse auf dem Niveau A0 (Alphabetisierungskurs) absolviert. Der BF3, der BF4, der BF5 und die BF6 haben Deutschkurse auf dem Niveau A1 absolviert. Der BF7 hat einen Deutschkurs auf dem Niveau B1 absolviert und holt aktuell den Pflichtschulabschluss nach.

 

Die Beschwerdeführer verließen den Iran im August 2015 und reisten über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich ein, wo sie am 24.10.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

 

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

 

Das Vorbringen der Beschwerdeseite betreffend die Furcht der Beschwerdeführer vor Verfolgung wird den Feststellungen mangels Glaubhaftmachung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern in Afghanistan eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die BF2 und die BF6 seit deren Einreise nach Österreich im Oktober 2015 ein "westliches" Verhalten oder "westlichen" Lebensstil in einem Ausmaß angenommen haben, dass dadurch eine so intensive "westliche Orientierung" vorliegen würden, dass deren Aufgabe für sie entweder unmöglich wäre oder ihnen einen unzumutbaren Leidensdruck auferlegen würde.

 

Den Beschwerdeführern steht eine zumutbare, innerstaatliche Schutz- bzw. Fluchtalternative in der Stadt Kabul zur Verfügung.

 

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat

 

Im Falle einer Verbringung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat droht diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

 

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan

 

1.4.1. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 25.09.2017 (Aktualisierung der Sicherheitslage –Q3.2107):

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab – auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

 

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

 

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

 

Sicherheitsrelevante Vorfälle

 

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert – eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs – improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen – nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

 

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

 

[ ]

 

1.4.2. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 22.06.2017 (Aktualisierung der Sicherheitslage -Q2.2107):

 

"[...]

 

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert – eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten – gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kundus, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

 

[ ]

 

High-profile Angriffe:

 

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kundus (DW 31.5.2017).

 

Hauptstadt Kabul

 

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

 

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

 

[ ]

 

1.4.3. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 11.05.2017 (Aktualisierung der Sicherheitslage – Q1.2107):

 

[ ]

 

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich im Jahr 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert; dieser Trend zieht sich bis ins Jahr 2017. Gefechte fanden vorwiegend in den folgenden fünf Provinzen im Süden und Osten statt: Helmand, Nangarhar, Kandahar, Kunar und Ghazni; 50% aller Vorfälle wurden in diesen Regionen verzeichnet (für das Jahr 2016 wurden 23.712 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert). Doch der Konflikt hat sich geographisch ausgeweitet, da die Taliban ihre Aktivitäten in Nord- und Nordostafghanistan, sowie in der westlichen Provinz Farah, verstärkt haben. In den Provinzhauptstädten von Farah, Kundus, Helmand und Uruzgan übten die Taliban Druck auf die Regierung aus. Wesentlich für die Machterhaltung der Regierung in diesen Provinzhauptstädten war die Entsendung afghanischer Spezialeinheiten und die Luftunterstützung durch internationale und afghanische Kräfte (UN GASC 3.3.2017).

 

[ ]

 

1.4.4. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017:

 

Kabul

 

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

 

Distrikt Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Provinz Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

 

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

 

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

 

[ ]

 

Erhaltungskosten in Kabul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

 

[ ]

 

1.4.5. Auszug aus dem Gutachten von XXXX vom 05.03.2017 (Aktualisierung vom 15.05.2017):

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass sich aus den Fragen I bis VIII keine Gründe ergeben, welche die Rückkehr nach Afghanistan von männlichen Einzelpersonen unmöglich machen, ein besonderes Erschwernis darstellen oder eine Gefährdung der Rückkehrer bedeuten würden. Die Rückreise nach Kabul und Mazar-e Sharif aus Europa ist direkt möglich (über Dubai oder Istanbul) sowie nach Herat über Kabul. Tickets kosten zwischen 380 bis 500€.

 

Der Drang der afghanischen Flüchtlinge nach Europa war und ist sehr stark beeinflusst von den falschen Vorstellungen und Erwartung der Flüchtlinge sowie den geschäftigen Versprechungen der Schlepper. Aber ebenso ist die Erwartung in Europa über Afghanistan durch falsche, einseitige Berichterstattung der Medien bzw. einen Teil der Meinungsmacher und Unkenntnis geprägt. Kabul hat ähnlich Probleme wie jede schnellwachsende Mega City eines Entwicklungslandes. Herat und Mazar-e Sharif sind zwei aufstrebende, unter den gegebenen Umständen, gut verwaltete Städte.

 

Der Integrationserfolg eines Rückkehrers in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat hängt ausschließlich vom Willen des Rückkehrers ab. Eine Rückkehrberatung und Hilfe bei der Ankunft in der Zielstadt würden die Integration beschleunigen. Je länger der Rückkehrer in Europa war, desto schwieriger die Integration in Afghanistan.

 

[ ]

 

I.a) Wie stellt sich die allgemeine Versorgungslage in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat dar (etwa: Möglichkeit der Beschaffung von Wohnraum und Lebensmittel, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur dar)?

 

Die allgemeine Versorgungslage und allgemeine Infrastruktur ist in Summe als befriedigend zu bewerten. Alle notwendigen Infrastrukturen sind im ausreichenden Umfang vorhanden, und es gibt keine gravierenden Engpässe und Mängel in der allgemeinen Versorgungslage.

 

b) Gibt es diesbezüglich merkbare Unterschiede zwischen den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat?

 

Zwischen den Städten Kabul, Mazar e Sharif und Herat gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Durch die geringere Bevölkerung in Herat und Mazar-e Sharif ist die Infrastruktur in weiten Teilen etwas besser als in Kabul.

 

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar?

 

a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

 

Eine differenzierte Beantwortung von a) bis c) ist nicht möglich und hat keine Auswirkung auf die Möglichkeiten. Die Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte sind ohne Einschränkung in den Punkten a) bis c) gegeben.

 

d) Fragestellung a) bis c), wenn bereits Arbeitserfahrung (in oder außerhalb Afghanistans) gesammelt wurde (etwa: Landwirtschaft, handwerkliche Tätigkeit, Fabrikarbeit, Verkaufstätigkeit, Gelegenheitsarbeit)?

 

Arbeitserfahrung ist auch in Afghanistan von Vorteil (für Auslandserfahrung ist anzumerken, dass Berufsbilder nicht immer nach Afghanistan übertragen werden können).

 

e) Besteht die Möglichkeit der Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit auch für jene Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen?

 

In der Regel wird kein Unterschied gemacht, ob es sich um einen Rückkehrer handelt oder nicht, solange der Rückkehrer bereit ist, unter afghanischen Bedingungen zu arbeiten, dies gilt auch für Rückkehrer ohne entsprechender schulischen oder beruflichen Qualifikation. Die Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit ist auch für Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen, uneingeschränkt möglich.

 

III.a) Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in den Großstädten für die Sicherung existenzieller Bedürfnisse (Nahrung, Behausung)?

 

Hiezu gibt es keine zeitnahen, offiziellen Statistiken, auf Grund der langjährigen Erfahrung des SV im Nahrungsbereich in Afghanistan erscheint das Ergebnis der Befragung realistisch.

 

Die Frage nach den Kosten/Monat in US $ wurde wie folgt beantwortet:

 

Kabul Herat Mazar-e Sharif

 

 

 

 

b) ist die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit (differenziert nach den Gruppen II.a) bis c)) realistisch?

 

Die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit ist in den Gruppen II.a) bis c) als realistisch anzusehen. Für alle Stufen der schulischen und oder beruflichen Qualifizierung gibt es Arbeitsmöglichkeiten. Der Rückkehrer wird allerdings eine Zeit von 3 bis 6 Monate benötigen, um sich zu orientieren und Arbeit zu finden.

 

IV. Gibt es Belege für

 

a) andauernde schwerste körperliche Beeinträchtigung oder

 

b) Todesfälle

 

von an sich erwerbsfähigen und gesunden Rückkehrern (etwa durch: Hungersnöte, Obdachlosigkeit bei Kälte) aufgrund nur mangelnder Deckung der grundlegenden Existenzbedürfnisse?

 

Wenn ja: Handelt es sich dabei um Ausnahmefälle bzw. sind nähere Umstände hiezu eruierbar?

 

Wenn nein: ist eruierbar, wodurch a) und b) vermieden werden konnten?

 

Zu dieser Frage wurden hinsichtlich der Rückkehrer aus Europa keine Anhaltspunkte gefunden, weder positive noch negative. Eine Ursache, warum keine Beispiele gefunden werden konnten, dürfte im Umstand liegen, dass es noch nicht so viele Rückkehrer aus Europa gibt und das familiäre Netzwerk besser funktioniert als in Europa dargestellt.

 

Betrachtet man den Befund der Fragen I bis VIII, gibt es auch keinen Grund, warum solche Ereignisse in einer der drei Städte auftreten sollten.

 

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V.c) Bestehen funktionierende Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer durch Familienangehörige, die sich in anderen Teilen Afghanistans aufhalten (etwa: Bankverbindungen, Übermittlung von Sachleistungen/Geld, Hawala)?

 

Der Familienzusammenhalt in Afghanistan ist noch sehr stark, und daher gibt es immer Unterstützung für die Rückkehrer. Geldzuwendungen sind unwahrscheinlich, Sachleistungen herrschen vor. Übermittlung von Sachleistungen innerhalb von Afghanistan ist problemlos möglich.

 

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V.d) Erscheint es realistisch, auch von Verwandten Unterstützung zu bekommen, zu denen seit langem oder bisher noch gar kein Kontakt bestand?

 

Grundsätzlich möglich, allerdings im Bereich der Sachleistungen wie Unterkunft, Essen und nur für eine beschränkten Zeitraum. Festgestellt konnte in diesen Zusammenhang in Gesprächen werden, das der Kontakt zwischen Familienmitgliedern und Verwanden nie abreißt. Mit großer Überzeugung konnten in Afghanistan verbleibente Familien immer erklären wo deren Verwandte und Familienmitglieder in Ausland gerade sind, welchen Status im Asylverfahren diese gerade haben etc. Viele Afghanen sind mit ihren sich im Ausland aufhaltenden Familienmitgliedern und Verwandten im permanenten Kontakt.

 

VI. a) Inwiefern unterscheidet sich die Lebenssituation aus dem Ausland zurückkehrender Afghanen von der in Kabul ansässigen Bevölkerung?

 

Nach einer kurzen Orientierungsphase (2 bis 4 Wochen) gibt es keinen erkennbaren Unterschied zwischen der Lebenssituation der Rückkehrer und der in Kabul ansässigen Bevölkerung. Selbiges ist auch für Mazar-e Sharif und Herat feststellbar.

 

b) Verunmöglicht die Unkenntnis der örtlichen/infrastrukturellen Gegebenheiten (etwa Rückkehrer, die sich noch nie zuvor in afghanischen Großstädten aufgehalten haben; lange Abwesenheit aus Afghanistan) eine Existenzsicherung?

 

Die Integration von Rückkehrern, die noch nie in einer afghanischen Großstadt gelebt hatten, behindert die Existenzsicherung nicht. Nach einer 2 bis 4 wöchigen Orientierungsphasen kennen die Rückkehrer die Situation in der jeweiligen Stadt.

 

VII. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Rückkehrsituation je nach Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen (Paschtunen/Hazara/Tadschiken/Usbeken/Aimaken/Turkmenen/Belutschen) variiert bzw. die Existenzsicherung für Angehörige einer bestimmten Volksgruppe ungleich schwieriger ist?

 

Abgesehen von dem Bestreben der Minister, im öffentlichen Bereich in ihren Ministerien und politischen Einflussbereich, jeweils bevorzugt Angehörige der eigenen Ethnie einzustellen, gibt es keine Benachteiligungen einer bestimmten Ethnie. [ ]

 

Strafverfolgung und Unterstützung

 

Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 9 .2016). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten, und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 9 .2016; vgl. USDOS 13.4.2016).

 

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1.4.6. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017:

 

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Schiiten

 

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9 .2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).

 

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9 .2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).

 

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).

 

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).

 

Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vgl. auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9 .2016).

 

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Ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

 

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane‘ wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

 

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9 .2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).

 

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Iran

 

Seit 1. Jänner 2016 sind insgesamt 461.112 nicht-registrierte Afghan/innen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt. In der zweiten Jännerwoche 2017 sind insgesamt 9.378 nicht registrierte Afghan/innennach Afghanistan durch Herat oder Nimroz zurückgekehrt; von diesen sind 3.531 freiwillig und 5.847 im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt - 2% der nicht registrierten Afghan/innen, die in den Transitzentren in Herat oder Nimroz ankamen, wurden von IOM unterstützt. Dazu zählten 101 UMF (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge), denen IOM eine besondere Unterstützung zukommen ließ, inklusive medizinischer Behandlung, sichere Unterkünfte und die Suche nach Familienangehörigen (IOM 15.1.2017).

 

Ein UNHCR-Vertreter berichtete, dass afghanische Flüchtlinge in Gegenden zurückkehrten, in denen der Friede wieder hergestellt wurde. Dennoch sei es schwierig, alle afghanischen Flüchtlinge eines Jahres zu verteilen, da der Iran afghanische Migrant/innen zurückschickt und Afghanistan eine Anzahl wohnungsloser Menschen hat, die zusätzlich die Situation verkomplizieren (Pakistan Observer 2.1.2017). Die IOM-Transitzentren in Grenznähe bieten elementare Unterkünfte, Schutz für unbegleitete Minderjährige, Haushaltsgegenstände (Töpfe und Pfannen), sowie Transportmöglichkeiten für Familien, um sich in ihren Wunschgebieten ansiedeln zu können (DAWN 12.1.2017).

 

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Frauen

 

Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9 .2016).

 

Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).

 

Bildung

 

Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung – auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004).

 

Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).

 

Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 – 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren

63.911 Frauen (CSO 2016).

 

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Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

 

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9 .2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt – in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).

 

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9 .2016).

 

Ehrenmorde

 

Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).

 

Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016).

 

Legales Heiratsalter:

 

Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (Girls not brides 2016). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung eines Vormunds oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist auch weiterhin üblich (USDOS 13.4.2016). Die UN und HRW schätzen die Zahl der Zwangsehen auf 70% (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: AA 9 .2016).

 

In Fällen von Gewalt oder unmenschlicher traditioneller Praktiken laufen Frauen oft von zu Hause weg, oder verbrennen sich sogar selbst (USDOS 13.4.2016). Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (AA 9 .2016).

 

Frauenhäuser

 

USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser- um einige Frauen vor Gewalt durch die Familien zu schützen, nahmen die Behörden diese in Schutzhaft. Die Behörden wandten die Schutzhaft auch dann an, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gab (USDOS 13.4.2016).

 

Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft (mit-)ursächlich für die Notlage ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden (AA 9 .2016).

 

Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösung für Frauen, war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, das "Weglaufen von zu Hause" sei eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 13.4.2016).

 

Berichten zufolge, würde das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangieren, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).

 

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Erhaltungskosten in Kabul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

 

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2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

 

2.2. Die Feststellungen zu Identität, Alter, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und Familienverhältnissen der Beschwerdeführer gründen auf deren insofern unbedenklichen Angaben vor dem BFA, sowie in deren Beschwerden und den in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben. Die Beschwerdeführer haben im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zu deren Identität vorgelegt, weshalb die Feststellungen ausschließlich für die Identifizierung der Personen der Beschwerdeführer im Asylverfahren gelten.

 

2.3. Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise nach Österreich stützt sich auf die Tatsache, dass die Beschwerdeführer in Umgehung der für die Einreise geregelten Vorschriften - ohne die erforderlichen Dokumente - spätestens am 24.10.2015 nach Österreich eingereist sind.

 

2.4. Primär ist festzuhalten, dass das BFA ein durchwegs mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Den Beschwerdeführern wurde ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, ihre persönlichen Fluchtgründe in Bezug auf ihren Herkunftsstaat geltend zu machen und es kann daher nicht der belangten Behörde angelastet werden, wenn die Beschwerdeführer davon nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht haben.

 

2.5. Zu den Vorbringen im Zusammenhang mit den gegenständlichen Fluchtgründen:

 

2.5.1. Soweit die Beschwerdeführer erstinstanzlich sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht als Gründe für die Ausreise aus dem Iran ins Treffen geführt haben, dass sie sich mangels Dokumente illegal im Iran aufgehalten hätten, sie aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und ihrer afghanischen Herkunft im Iran diskriminiert worden seien und zudem in ständiger Angst gelebt hätten, dass die BF3 bis B5 bzw. der BF7 in den Krieg nach Syrien geschickt werden würden, so sind diese Angaben schlüssig und plausibel.

 

2.5.2. Mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat Afghanistan vermochten die Beschwerdeführer eine asylrelevante Bedrohung nicht darzutun:

 

Zum Vorbringen des BF1 und der BF2, wonach diese ursprünglich aus Afghanistan aufgrund der Kriegsgeschehnisse im Zuge der sowjetischen Intervention in Afghanistan, in deren Rahmen die Eltern der BF2 getötet worden seien, geflohen seien, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen angesichts des notorischen Amtswissens zu Afghanistan zwar glaubhaft ist, jedoch schon aufgrund der langen Zeitspanne, die seither vergangen ist, keine Hinweise dafür vorliegen, dass für die Beschwerdeführer aufgrund der damaligen Geschehnissen heute noch eine Bedrohung in Afghanistan vorliegen sollte. Soweit die Beschwerdeführer weiters vorbringen, dass sie in Afghanistan fürchten würden, von den Daesh oder den Taliban getötet zu werden, da diese gezielt gegen Angehörige der Volksgruppe der Hazara vorgehen würden, ist einzuwenden, dass sie mit dieser pauschalen Behauptung eine ihnen im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan drohende Gefährdung nicht darzutun vermochten, zumal keiner der Beschwerdeführer angab, jemals persönlich einer konkreten Bedrohungssituation ausgesetzt gewesen zu sein, dieses von den Beschwerdeführern vielmehr sogar explizit verneint wurde. Ebenso erweisen sich die allgemeinen Behauptungen der Beschwerdeführer, wonach sie als Rückkehrer aus dem Iran in Afghanistan als Spione angesehen und nicht akzeptiert würden, als zu vage und unkonkret, als dass daraus ein konkretes Bedrohungspotential für sie im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan ableitbar wäre.

 

In einer Gesamtschau ist daher auszuführen, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen in ihrem Herkunftsstaat Afghanistan in ausreichendem Maße substantiiert vorzubringen und glaubhaft zu machen.

 

2.5.3. Unabhängig von der Glaubhaftigkeitsbeurteilung des Vorbringens, könnten die Beschwerdeführer vor einer Bedrohung der behaupteten Art durch eine Niederlassung in Kabul Sicherheit erlangen:

 

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass es in Afghanistan grundsätzlich eine gesetzlich gewährleistete interne Bewegungsfreiheit gibt, die die Regierung jedoch gelegentlich aus Sicherheitsgründen einschränken kann. Es kann daher örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungshandlungen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Weiters gibt es keine staatliche Meldepflicht in Afghanistan. Die Beschwerdeführer würden daher die Möglichkeit haben, vor einer behaupteten Verfolgung durch die Niederlassung in einem Landesteil ihres Heimatlandes außerhalb ihrer Herkunftsregion Sicherheit zu finden. Dies erscheint für die Beschwerdeführer zumutbar, da sie im Familienverband die notwendige Unterstützung erfahren. Der BF1 sowie die BF3 bis BF5 sowie der BF7 haben jeweils Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft (BF1) bzw. als Hilfsarbeiter in einer Fabrik (BF1, BF3, BF4, BF5 und BF7), wobei die Beschwerdeführer teilweise über eine mehrjährige Grundschulausbildung verfügen. Es wäre den Genannten daher möglich und zumutbar, ihren Lebensunterhalt durch etwaige Gelegenheitsjobs zu erwirtschaften. Auch die BF6 ist erwerbsfähig. Die BF2 ist aufgrund ihrer Diabetes-Erkrankung nicht bzw. nur in eingeschränktem Maße erwerbsfähig, jedoch wäre es ihrem Ehegatten bzw. ihren volljährigen Söhnen wie oben beschrieben möglich, auch für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

 

Die allgemeinen Feststellungen zur Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Staatendokumentation Afghanistan vom 02.03.2017 und deren Aktualisierung der Sicherheitslage vom 22.06.2017 bzw. 25.09.2017, dem Gutachten Mag. XXXX vom 05.03.2017 und dessen Aktualisierung vom 15.05.2017 zu dem die Beschwerdeseite mit Schriftsatz vom 07.09.2017 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat (siehe I.9). Den allgemeinen Länderfeststellungen ist von Beschwerdeseite in ihrer Stellungnahme vom 07.09.2017 nicht subtantiiert entgegen getreten worden.

 

Wenn die Beschwerdeseite im Rahmen der Stellungnahme vom 07.09.2017 kritisch angemerkt hat, dass das vom BVwG in das Verfahren eingebrachte SV-Gutachten von XXXX nicht explizit auf die für den vorliegenden Fall relevante Personengruppe afghanischer Staatsangehöriger, die der Volksgruppe der Hazara angehören und außerhalb Afghanistans aufgewachsen und sozialisiert seien, eingehe, so ist für die Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen: Nach Ansicht des erkennenden Gerichts sind die im Gutachten von XXXX enthaltenen Aussagen, wie etwa über die allgemeine Versorgungslage in Kabul, die Lebenserhaltungskosten, die Lebenssituation für aus dem Ausland zurückkehrender Afghanen im Vergleich zu der in Kabul ansässigen Bevölkerung, etc., von allgemeiner Natur und lassen sich daher sowohl für einzelne Rückkehrer als auch für rückkehrende Familien gleichermaßen heranziehen. Da die Beschwerdeführer großteils im Iran berufstätig waren und überwiegend über eine Grundschulausbildung verfügen, unterscheidet sie das nicht wesentlich von anderen zurückkehrenden (Einzel‑)Personen, welche sich ebenfalls individuell auf Arbeitssuche begeben müssen. Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführer im Familienverband nach Kabul zurückkehren und schon dadurch wechselseitig einen familiären Rückhalt haben werden, wird die Familie aber eine ungleich besser sozial abgesicherte Ausgangsposition in Kabul haben, als rückkehrende Einzelpersonen, welche weder über Schulbildung, noch über Berufserfahrungen, noch über ein familiäres Netz vor Ort verfügen.

 

2.6. Zum Vorliegen eines Nachfluchtgrundes einer westlichen Orientierung:

 

Die Feststellungen zum Lebensumfeld der BF2 und BF6 in Österreich ergeben sich aus den im Akt einliegenden Kursbesuchsbestätigungen und sonstigen im Rahmen der Verhandlung vorgelegten und dem Akt angeschlossenen Unterlagen, sowie aus den Angaben der BFs in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellung zum Niveau ihrer Deutschkenntnisse beruht zudem auf einer innerhalb der Beschwerdeverhandlung vorgenommenen Unterhaltung in deutscher Sprache.

 

Ausschlaggebend für die Flucht der BF2 und der BF6 aus dem Iran war der Umstand, dass die Lebensbedingungen für diese ohne entsprechende Dokumente schwierig waren und die Angst bestand, dass die männlichen Familienangehörigen (im Falle der BF2 ihre Söhne, im Falle der BF6 ihr Gatte) in den Krieg nach Syrien geschickt würden. Sowohl von der BF2 als auch der BF6 wurden unter anderem auch die schlechten Lebensbedingungen für Frauen im Herkunftsstaat Afghanistan in Bezug auf ihre Befürchtungen bezüglich einer Rückkehr in den Herkunftsstaat genannt.

 

Die BF2 und die BF6 gaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.10.2017 an, in Österreich zurzeit Deutschkurse zu besuchen. Die BF2 gab auf Seite 19 des Protokolls an, in Österreich jegliche Arbeiten verrichten zu wollen. Sie "könnte putzen oder Tee kochen". Wohingegen die BF6 ihre Berufspräferenzen klarer eingrenzte, in dem sie auf Seite 40 des Protokolls angab, den Beruf der Schneiderin oder Kindergärtnerin erlernen zu wollen. Weder die BF2 noch die BF6 konnte auf Nachfrage darlegen, bereits Erkundigungen über Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich in Bezug auf das gewünschte Berufsfeld eingeholt zu haben. Nicht nur bei der für das erkennende Gericht nicht sehr greifbaren, bisherigen inhaltlichen Auseinandersetzung der BF2 und BF6 mit deren konkreten Jobvorstellungen, sondern auch bei dem mäßigen Erfolg in der Aneignung von Deutschkenntnissen (so absolvierte die BF2 einen Deutsch-Alphabetisierungskurs und die BF6 einen Deutschkurs auf dem Deutsch A1) konnten die Beschwerdeführerinnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht überzeugen.

 

Bei der mit der BF6 durchgeführten Befragung in deutscher Sprache war diese zwar in der Lage, eine auf leichtem Sprachniveau geführte Unterhaltung zu führen und an sie gerichtete Fragen teilweise sinnerfassend zu verarbeiten. Gleichzeitig fiel auf, dass sie einfache Fragen wie "Was gefällt Ihnen an Österreich?" nicht verstand und hierbei auf eine Übersetzung durch den Dolmetscher angewiesen schien. Insgesamt zeigte jedoch keine der Beschwerdeführerinnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Sprachfertigkeit, welche in hinreichender und somit dem erkennenden Gericht wahrnehmbarer Art und Weise für den klaren Willen der Beschwerdeführerinnen sprechen würde, in absehbarer Zeit in eine zielgerichtete Ausbildungs- und Schulungsphase eintreten zu wollen, einen Wille also, welcher ein erkennbares Zeugnis für eine selbstbestimmte, verwestlichte Lebensorientierung wäre.

 

Gerade bei jungen Menschen, wie bei der BF6, geht bekanntermaßen das Erlernen einer fremden Sprache leichter von der Hand, als bei Leuten in Erwachsenenalter, vor allem wenn man die Chance hat, von Muttersprachlern Vorort zu lernen. Aber auch bei Erwachsenen ist der regelmäßige Austausch mit Muttersprachlern eine gute Möglichkeit Gelerntes gezielt in der Praxis anzuwenden und in greifbare Lernerfolge umzusetzen. Diese Chance war und ist für BF2 und die BF6 gegeben. Umso unerklärlicher erscheint es dem BVwG daher, dass die BF2 und die BF6, welche eigenen Angaben zufolge Kontakte mit deutschsprechenden Österreichern pflegen, diese Option zu einem vertiefenden Umgang mit der deutschen Sprache nicht oder in nicht hinreichendem Maße genützt haben. Dieser Umstand spricht vielmehr für eine gewisse innerliche Lauheit der Beschwerdeführerinnen hinsichtlich ihrer Weiterbildungschancen, ihres persönlichen Weiterkommens und ihres Willens nach weiterer Integration und steht nach Ansicht des BVwG einem erkennbaren Wunsch nach einem selbstbestimmten, ausbildungsorientierten und westlich geprägten Lebensstil entgegen.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerdeführer erst seit Ende Oktober 2015, also erst knapp mehr als zwei Jahre, in Österreich aufhalten (zur Berücksichtigung einer erst kurzen Aufenthaltsdauer siehe etwa AsylGH 15.02.2013, C1 422494-1/2011) und die Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht bereits am 06.10.2017 erfolgte. Diese sehr kurze Aufenthaltsdauer in Österreich (bzw. im "westlichen" Europa) fand demgemäß ihren Niederschlag im Auftreten (samt Auskünften) der BF2 und BF6 in der mündlichen Verhandlung. Der Gesamteindruck ergab dabei keinesfalls das Bild einer bereits stark verinnerlichten "westlichen Orientierung" (zur Zulässigkeit der Einbeziehung der Aufenthaltsdauer siehe auch EGMR 20.07.2010, Appl. 23.505/09, N. gegen Schweden; im Anlassfall in der Länge von etwa sechs Jahren). Ausgehend davon, dass sowohl die BF2 als auch die BF6 bei der mündlichen Verhandlung ein Kopftuch trugen, wird nicht verkannt, dass das Tragen eines Kopftuches allein noch keinen Grund darstellt, an der westlichen Orientierung zu zweifeln (vgl. VwGH vom 22.03.2017, Ra 2016/18/0388), jedoch erscheint bei einer Gesamtbetrachtung der bisherigen geringen Fortbildungsbemühungen der Beschwerdeführerinnen (BF2 und BF6) und der durch den persönlichen Eindruck bei der Beschwerdeverhandlung zum Vorschein gekommenen gering ausgeprägten Selbständigkeit der Genannten, bei diesen insgesamt keine "westliche Orientierung" manifestierbar.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

3.3. Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

3.5. Zum Spruchteil A

 

Der BF1 und die BF2 sind Eltern des volljährigen BF3, des volljährigen BF4 und des volljährigen BF5, sodass mangels Minderjährigkeit zwischen BF3, BF4, BF5 im Verhältnis zu deren Eltern kein Familienverfahren (mehr) vorliegt. Es liegt jedoch zwischen dem BF1 und der BF2 als dessen Ehegattin sowie zwischen dem BF3 und der BF6 als dessen Ehegattin ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vor. Der BF7 ist als Enkel des BF1 und der BF2 nicht vom Begriff des Familienangehörigen iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 umfasst.

 

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1) dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2) die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3) gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter der Voraussetzung der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Gemäß Abs. 5 leg. cit. gelten die Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

3.5.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht. (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Gemäß § 3 Abs 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten.

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

 

3.5.1.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten damit, dass die Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnten.

 

3.5.1.2. Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht.

 

3.5.1.3. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die begründete Furcht der Beschwerdeführer, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt:

 

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung anknüpft.

 

Die Verfolgung aus dem Grund der (unterstellten) politischen Gesinnung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK liegt in jenen Fällen vor, in denen der ungerechtfertigte Eingriff an die (wenn auch nur vermutete) politische Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung der betroffenen Person anknüpft.

 

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte von den Beschwerdeführern jedoch nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung). Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

 

3.5.1.4. Soweit sich die Beschwerdeführer auf die schwierigen Lebensumstände im Iran aufhältiger Afghanen, die keine Aufenthaltserlaubnis besitzen würden, beziehen, so ist ihnen entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen zwar glaubhaft ist und der Beurteilung zu Grunde gelegt wird, dass aber § 3 Abs. 1 AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsland Verfolgung nach der GFK droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z. 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auf Grund der afghanischen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer kann somit ihr Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

 

3.5.1.5. Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, wurde eine individuelle Verfolgung der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Afghanistan von Beschwerdeseite nicht substantiiert vorgebracht und noch glaubhaft gemacht, sondern die Beschwerdeführer berufen sich auf die nach ihrer Meinung in Afghanistan allgemein bestehende Verfolgung von Personen, die der schiitischen Minderheit der Hazara angehören.

 

Es ist daher anhand der oben angeführten Länderberichte zu prüfen, ob eine solche Gruppenverfolgung vorliegt.

 

Nach den oben zitierten Länderberichten erreicht die Gefährdung der Volksgruppe der Hazara (die in der Regel ident ist mit der religiösen Minderheit der Schiiten) die asylrelevante Intensität nicht. Es kommt zweifelsohne zu Diskriminierung und Schikanen, wie sich aus den Berichten ergibt, auch gibt es gezielte Anschläge auf diese Personengruppe. Eine generelle Verfolgung von Schiiten und/oder Hazara in Afghanistan ist aber angesichts ihrer Repräsentation in Armee, Sicherheitsbehörden und Politik nicht zu bejahen. Auch fehlt die Schutzfähigkeit des Staates gegen Übergriffe auf diese Gruppe, abgesehen von den Gebieten, die sich in den Händen der Aufständischen befinden, nicht gänzlich.

 

3.5.1.6. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 13.10.2015, Ra 2015/19/0106, eine Gruppenverfolgung der Hazara mit der Begründung nicht aus, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Lage der Hazara keine Feststellungen getroffen habe, welcher Umstand vorliegend jedoch hier nicht der Fall ist. In zahlreichen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (teilweise auch nach Einholung länderkundlicher Sachverständigengutachten) wurde eine Verfolgung ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara durchgehend verneint (z.B. erst jüngst BVwG 24.10.2016, W191 2106225-2/10E; BVwG 09.05.2016, W119 2012593-1/20E, BVwG 18.04.2016, W171 2015744-1, BVwG 13.11.2015, W124 2014289-1/8E und viele andere mehr).

 

Der Verwaltungsgerichtshof judizierte in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan, zum Unterschied zur Region Quetta in Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048). Es ist daher anzunehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof, sollte er der Auffassung sein, dass eine Gruppenverfolgung – auch lokal – in Afghanistan aktuell festzustellen wäre, in der zahlreich zu Afghanistan ergangenen Judikatur dies auch festgestellt hätte (siehe auch jüngst BVwG 16.06.2016, W159 2105321-1/8E).

 

3.5.1.7. Es ist auch auf die Judikatur des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu verweisen, auch wenn dieser die Frage der Verfolgung der Hazara unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK geprüft hat. Dieser hat im oben zitierten Urteil A.M. v. THE NETHERLANDS ausgesprochen, dass er keine allgemeine Gefährdung aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe sieht.

 

3.5.1.8. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle internationale Rechtsprechung zu verweisen, die ebenfalls von keiner Gruppenverfolgung der Hazara ausgeht:

 

Nach einem Beschluss des VGH München vom 04.01.2017 – 13a ZB 16.30600 unterliegen Hazara in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung, sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte iSv § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt. Das VG Lüneburg (3. Kammer, Urteil vom 06.02.2017, 3 A 126/16) gelangt nicht zu der Überzeugung, dass Hazara einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfende gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt sind (unter Verweis auf Bay. VGH, Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581 -, juris Rn. 4; VG Augsburg, Urt. v. 07.11.2016 - Au 5 K 16.31853 -, juris Rn. 33; VG Würzburg, Urt. v. 28.10.2016 - W 1 K 16.31834 -, juris Rn. 19). Die hierfür erforderliche Verfolgungsdichte ist nicht gegeben.

 

Abschließend ist auf eine Entscheidung des Upper Tribunal: MI vs THE SECRETARY OF STATE FOR THE HOME DEPARTMENT 27.08.2009 hinzuweisen, wo ausgeführt wird:

 

"A person of Hazara ethnicity or of the Ismaili faith or who is associated with the Nadiri family is not likely to be at a real risk of serious harm in Afghanistan by reason of any of these factors alone or a combination of any of them, although different considerations would apply if an Ismaili’s own home area were to be in an area controlled by the Taliban, given the large scale massacre of Ismailis which took place when the Taliban took over the province of Baghlan in 1998. In such a case, however, he would ordinarily be safe in Kabul."

 

" nonetheless we find that the effect of his opinion read as a whole and of the background material to which we have been referred is that a person of Hazara ethnicity is not likely to be treated by reason of that fact alone in Afghanistan in a way which would amount to persecution or a breach of his rights under article 3 of the

ECHR."

 

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

 

3.5.1.9. Zum Beschwerdevorbringen, insbesondere zu den Berichten über Anschlägen und Angriffe auf Hazara, ist anzuführen, dass solche Ereignisse auch vom BVwG nicht bestritten werden; diese Vorkommnisse liegen aber nicht in einer Intensität und Dichte vor, in die die Feststellung einer Gruppenverfolgung rechtfertigen würde.

 

3.5.1.10. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer auch bei Wahrunterstellung der behaupteten Bedrohungssituation, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, nicht im gesamten Staatsgebiet Verfolgung zu befürchten, weshalb ihnen keine Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK zukommt. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit im Falle der Beschwerdeführer, sich in Kabul niederzulassen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zudem, dass der Integrationserfolg von Rückkehrern in Kabul ausschließlich vom Willen des Rückkehrers abhängt. Kabul ist zudem nicht als derart unsicher zu qualifizieren, dass es den Beschwerdeführern von vornherein verunmöglicht würde, dorthin zurück zu gelangen. Die Beschwerdeführer haben überwiegend eine Grundschulausbildung sowie jeweils Arbeitserfahrung, sodass diese in der Lage wären, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage kommen. Die Beschwerdeführer werden zudem behördlich nicht in ihrem Heimatstaat verfolgt. Es kann daher nicht erkannt werden, weshalb den Beschwerdeführern im Familienverband ein Aufenthalt außerhalb der engeren Heimat, als in einem anderen Gebiet Afghanistans, etwa in Kabul, nicht möglich und ihnen dies nicht zumutbar sein soll. Es sind somit die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative gegeben, weswegen auch aus diesem Grunde weder die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten, noch die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Betracht kommen (vgl. VwGH 24.01.2008, 2006/19/0985)

 

In Zusammenhang mit der Thematik der "westlichen Orientierung" sei darauf verwiesen, dass bezogen auf Afghanistan - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht die Eigenschaft des Frau-Seins an sich in der Judikatur zur Gewährung von Asyl führte. Lediglich die Glaubhaftmachung einer persönlichen Wertehaltung, die sich an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild (selbstbestimmt leben zu wollen) orientiert, wird als asylrelevant erachtet. Eine solche vermochten die BF2 und BF6 aber eben nicht glaubhaft darzutun, vielmehr hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass die Genannten kein freibestimmtes Leben nach westlichen Normen in der Weise verinnerlicht haben, dass es ein solcher wesentlicher Bestandteil der Identität dieser Frauen geworden wäre, dass es für diese eine Verfolgung bedeuten würde, dieses Verhalten unterdrücken zu müssen (zur Indizwirkung dieser konkreten Empfehlung VwGH 16.1.2008, 2006/19/0182 mwN).

 

3.5.1.11. Da die Beschwerdeführer sohin keine Verfolgungshandlungen in Bezug auf Afghanistan glaubhaft gemacht haben, liegen die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht vor und war die Beschwerde jeweils gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide deshalb gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

3.5.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.04.1999, 98/20/0561; 20.05.1999, 98/20/0300).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören – der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000;

VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 08.06.2000, 99/20/0203; 08.06.2000, 99/20/0586; 21.09.2000, 99/20/0373; 25.01.2001, 2000/20/0367;

25.01.2001, 2000/20/0438; 25.01.2001, 2000/20/0480; 21.06.2001, 99/20/0460; 16.04.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun z.T. durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zahl 95/18/0049; 05.04.1995, Zahl 95/18/0530;

04.04.1997, Zahl 95/18/1127; 26.06.1997, Zahl 95/18/1291;

02.08.2000, Zahl 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zahl 93/18/0214).

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zahl 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zahl 98/01/0122; 25.01.2001, Zahl 2001/20/0011).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zahl 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zahl 95/21/0294; 25.01.2001, Zahl 2000/20/0438; 30.05.2001, Zahl 97/21/0560).

 

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;

13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;

16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).

 

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zahl 2001/21/0137).

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

 

3.5.2.1. Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, vermochten die Beschwerdeführer eine konkrete Verfolgungsgefahr in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan nicht glaubhaft zu machen, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens der Beschwerdeführer auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG erkannt werden kann.

 

Zudem ist auch im gegebenen Zusammenhang die innerstaatliche Fluchtalternative einschlägig, sodass auf die bereits oben unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides getätigten und auch hier zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen verwiesen wird (siehe II. 2.5.3.). Es kommt daher auch aus dem Grunde des Vorliegens der innerstaatlichen Schutz- bzw. Fluchtalternative die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht.

 

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben der Beschwerdeführer und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für die Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: zB Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, Zl. BVerwG 10 C 10.09; weiters EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 84; 20.12.2011, J.H. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 48839/09, Rz 55).

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen. Anzumerken ist in dem Zusammenhang, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre.

 

3.5.2.2. Im Zusammenhang mit der bei der BF2 vorliegenden Diabetes-Erkrankung ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält.

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. gg. Vereinigtes Königreich).

 

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur des EGMR kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung der BF2 nach Afghanistan eine Verletzung ihrer Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihr weder das Endstadium einer tödlichen Krankheit gegeben ist, noch Hinweise dafür vorliegen, dass ihr in Afghanistan bezüglich der vorliegenden gesundheitlichen Beschwerden nicht die nötige medizinische Versorgung gewährt werden könnte. Dass der BF2 in Afghanistan der Zugang zu effektiver ärztlicher Versorgung verwehrt wäre, ist auszuschließen. Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk" und kann daher – nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR – eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung ihrer Rechte gem. Art. 3 EMRK nicht erkannt werden.

 

3.5.2.3. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3.5.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

3.5.3.1. Die beschwerdeführenden Parteien befinden sich erst seit Oktober 2015 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Keiner der Beschwerdeführer ist ein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch nicht ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

3.5.3.2. Die Beschwerdeführer sind als Staatsangehörige von Afghanistan keine begünstigten Drittstaatsangehörige und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR vom 27.10.1994, 18535/91 Kroon und andere gg. die Niederlande, Z 30; EGMR vom 22.04.1997, 21.830/93, X,Y und Z gg. Vereinigtes Köngreich, Z 36).

 

Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Verwaltungsgerichtshof stellen in ihrer Rechtsprechung darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist (VwGH 30.04.2009, 2009/21/086, VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721 und die dort zitierte EGMR-Judikatur).

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, – je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse – variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich;

31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande;

31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

 

Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, 48321/99, Slivenko gg. Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.

 

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

3.5.3.3. Die beschwerdeführenden Parteien sind zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihnen ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Wie bereits von der belangten Behörde festgestellt, wurden von den Beschwerdeführern in Österreich keine Verwandten behauptet. Ein schützenswertes Familienleben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher nicht vor.

 

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben der Beschwerdeführer eingreifen:

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46; siehe dazu auch das hg. Erk. vom 17. Dezember 2007, 2006/01/0216 bis 0219) befinden (VwGH 21.04.2011, 2011/01/0132).

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (Vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreijährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, JZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und geht im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 3 Jahren jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich beträgt ca. 2 Jahre und ist demnach im genannten Sinne als "kurz" zu bezeichnen. Nach der aktuellen Judikatur des VwGH kann nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen "kann" und somit schon alleine aufgrund des Aufenthalts von weniger als 3 Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber der privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. VwGH 23.02.2016, Zl. Ra. 2015/01/0134-7).

 

3.5.3.4. Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten der Beschwerdeführer aus und würde die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen:

 

Die Beschwerdeführer halten sich seit Oktober 2015 im Bundesgebiet auf und verfügten nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts des Asylverfahrens. Die Beschwerdeführer sind illegal nach Österreich eingereist und stellten in weiterer Folge Anträge auf internationalen Schutz, welche sich als unberechtigt erwiesen haben. Die Dauer des Verfahrens übersteigt auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften, sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

 

Die Beschwerdeführer leben erst seit etwas mehr als 2 Jahren (d.h. seit Ende Oktober 2015) in Österreich und somit noch deutlich unter den im zitierten Erkenntnis (VwGH vom 26.06.2007, 2007/10/0479) angesprochenen 3 Jahren. Zu ihren Gunsten spricht, dass sie sich nachweislich bemüht haben, sich aktiv an Gemeindeveranstaltungen zu beteiligen, Fortbildungskurse zu besuchen und auch an Freizeitaktivitäten, /- angeboten teilzunehmen (die Nachweise und Unterlagen, welche in der mündlichen Verhandlung beschwerdeseitig vorgelegt worden sind, liegen dem Akt bei). Darüber hinaus holt der BF7 den Pflichtschulabschluss nach und haben die Beschwerdeführer in Österreich bereits Freundschaften geknüpft. Bis auf den BF1 und die BF2, welche lediglich einen Alphabetisierungskurs in Österreich absolviert haben, sind bei den Beschwerdeführern Deutschkenntnisse auf einfachstem Niveau bzw. lediglich betreffend den BF7 auf fortgeschrittenem Niveau vorhanden. Ausgehend davon, dass die Beschwerdeführer zumindest eine Landessprache Afghanistans sprechen, überwiegend über eine Schul- und Berufsausbildung verfügen, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass für sie der Übergang zu einem Leben im Herkunftsstaat mit unzumutbaren Härten verbunden wäre. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die gesamte Familie gemeinsam in den Herkunftsstaat zurückkehrt. Zusammenschauend ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer gemeinsamen Verbringung in den Herkunftsstaat mit unzumutbaren Schwierigkeiten konfrontiert wären.

 

Eine darüber hinausgehende tatsächliche Integration der Beschwerdeführer ist nicht hervorgekommen.

 

Dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken, noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

 

Das Interesse der Beschwerdeführer an der Aufrechterhaltung ihrer bestehenden privaten Kontakte und das Interesse an der Weiterführung der Schulbildung bzw. Weiterbildung in Österreich ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass sie sich bei allen Integrationsschritten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein mussten: Die Beschwerdeführer durften sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

 

Zur Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme trotz langjährigem Aufenthalt in Österreich und mangelnder Integration in Österreich ist insbesondere auf folgende höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen: VwGH 17.11.2005, 2005/21/0370 (7-jähriger Aufenthalt mit "nicht stark ausgeprägter Integration" – Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0348 (5-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 3.7.2007, 2007/18/0361(5-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 26.9.2007, 2006/21/0288 (7-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (8-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0416 (4-jähriger Aufenthalt – "kein individuelles Bleiberecht" – Ausweisung zulässig), VwGH 28.2.2008, 2008/18/0087 (eineinhalbjähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 18.5.2007, 2007/18/0136 (11-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt (von insgesamt 15 Jahren) – Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (4-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt nach 4-jährigem Asylverfahren – Ausweisung zulässig), VfGH 29.9.2007, B 1150/07, EuGRZ 2007, 728 (11-jähriger Aufenthalt, zwei Scheinehen, zwei Asylanträge – Ausweisung zulässig).

 

Den schwach ausgeprägten, privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

 

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Es ist auch – wie bereits ausgeführt – kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Da der Antrag der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen wurde, liegt weder ein Fall des § 8 Abs. 3a noch des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor. Die Beschwerdeführer gaben nicht an, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde im gegenständlichen Erkenntnis verneint.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wären, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde im gegenständlichen Erkenntnis verneint.

 

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Nach der jüngsten Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 MRK verstoßen würde (vgl. VwGH vom 19.06.2017, Ra 2017/19/0095, vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12.01.2016, jeweils gegen Niederlande: S.D.M., Nr. 8161/07; A.G.R., Nr. 13 442/08; A.W.Q. und D.H., Nr. 25 077; S.S., Nr. 39 575/06; M.R.A. u.a., Nr. 46 956/07).

 

Eine Abschiebung nach Afghanistan ist daher zulässig.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der belangten Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

3.6. B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides an.

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