BVwG W124 2014289-1

BVwGW124 2014289-113.11.2015

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W124.2014289.1.00

 

Spruch:

W124 2014289-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Rainer FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara schiitisch-moslemischen Glaubens und stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX in der Sprache Paschtu, welche auch als seine Muttersprache angegeben wurde, gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass sein Vater und sein Bruder in Afghanistan von den Taliban getötet worden seien, weil sein Vater für die afghanische Regierung gearbeitet habe, worauf der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie nach Pakistan geflüchtet sei, um einem solchen Schicksal zu entgehen. In Pakistan sei er auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit wieder von den Taliban und der Al Kaida verfolgt worden. Er sei mehrmals von diesen Gruppen mit dem Umbringen bedroht worden, weshalb er sich zur Flucht entschlossen habe. Im Fall der Rückkehr in sein Heimatland befürchte er umgebracht zu werden.

Des weiters brachte er vor, er habe Afghanistan vor cirka 12 Jahren verlassen, sei am XXXX in XXXX geboren und habe 5 Jahre die Grunddschule in XXXX besucht. Er sei schlepperunterstützt aus Pakistan über den Iran in die Türkei ausgereist, von wo aus er mit einem Schlauchboot nach Griechenland und weiter mit einem Kleinbus über ihm unbekannte Länder nach Österreich gelangt sei. Einen Reisepass habe er nicht besessen. Seine Mutter und seine Geschwister (ein Bruder und zwei Schwestern) würden noch in Pakistan leben. Abschließend bestätigte der Beschwerdeführer die Rückübersetzung der Niederschrift in einer ihm verständlichen Sprache.

Mit Schreiben vom XXXX ersuchte der Beschwerdeführer auf Deutsch um Übersendung einer Kopie der Erstbefragung, weil er keine erhalten habe.

2. Nach dem Ergebnis der medizinischen Altersfeststellung vom XXXX lag beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Untersuchung am XXXX ein Mindestalter von 21,6 Jahren bzw. als fiktives Geburtsdatum der XXXX vor, womit er zum Zeitpunkt der Antragstellung am XXXX bereits volljährig war.

3. Anlässlich der Einvernahme vom XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) gab der Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertreterin an, seine Muttersprache sei Dari und er verstehe den Dolmetscher gut. Bei der Erstbefragung seien viele Fehler passiert, er habe den Dolmetscher schlecht verstanden und er wisse nicht, ob dieser mit ihm Paschtu oder Farsi gesprochen habe; der Beschwerdeführer habe von Dollar gesprochen und er habe Euro aufgeschrieben, der Beschwerdeführer habe angegeben, dass Dari seine Muttersprache sei, und er habe Paschtu aufgeschrieben, ferner sei für ihn nicht rückübersetzt worden, er könne somit nicht sagen, ob das drinnen stehe, was er angegeben habe. Sein Familienname sei auch nicht richtig, er heiße XXXX und er habe XXXX aufgeschrieben. Seine Reise von Griechenland bis nach Österreich habe 20 Tage gedauert. Bei seinem Fluchtgrund sei dann auch noch etwas nicht aufgeschrieben worden.

Zum Vorhalt, dass er nach dem Ergebnis der durchgeführten ärztlichen Altersfeststellung vom XXXX mindestens 21,6 Jahre alt sei, brachte er vor, dass der ihn untersuchende Arzt gesagt habe, dass der Beschwerdeführer 17 Jahre alt sei, und er nicht verstehe, warum dieser nun schreibe, dass der Beschwerdeführer 21 Jahre alt sei. Er nehme das nicht zur Kenntnis. Zum weiteren Vorhalt, dass die Behörde auf Grund des Ergebnisses des Gesamtgutachtens hiemit von seiner Volljährigkeit ausgehe, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe Schulzeugnisse und eine Flüchtlingskarte von UNHCR in Pakistan. Seitens der Rechtsberaterin wurde eine Stellungnahme im Zuge der Vorlage der angegebenen Dokumente angekündigt. Seine Tazkira habe er verloren. Er habe in Afghanistan nicht gearbeitet, in Pakistan habe er sechs oder sieben Jahre in einer Bäckerei gearbeitet.

4. Anlässlich seiner Einvernahme am XXXX in der Sprache Dari gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er akzeptiere das Ergebnis der ärztlichen Altersfeststellung nicht, sein Alter sei so, wie er es zuvor angegeben habe. Er habe sein Alter so angegeben, wie früher; die vorliegende Bestätigung über die Absolvierung der 5. Klasse Grundschule einer afghanischen Schule für Flüchtlinge in XXXX in Pakistan, wurde am XXXX ausgestellt. Dokumente, welche sein Alter bestätigen könnten, habe er nicht. Er sei ledig und habe keine Kinder, er sei gesund, stehe nicht in ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente. Er habe bis zu seinem vierten Lebensjahr in Afghansitan in der Provinz XXXX, Distrikt XXXX, im Dorf XXXX gelebt, danach 12 Jahre in XXXX in Pakistan. Seine Mutter und seine Geschwister würden in Pakistan leben. In Afghanistan habe er niemanden. Von seinem 6. bis zu seinem 10. Lebensjahr habe er die Schule besucht, von 2004 bis 2008, danach habe er in einer Bäckerei gearbeitet. In Pakistan würden Hazara und Schiiten von einer Gruppe namens Lashkar-e-Jangwi getötet; diese würden meinen, man komme dann ins Paradies. Er sei eines Tages auf dem Weg in die Arbeit von zwei Personen dieser Gruppe angehalten worden. Sie hätten ihn aufgefordert, dieses Land zu verlassen, ansonsten würden sie ihn töten. Er sei zu Fuß unterwegs gewesen. Die beiden Personen seien bewaffenet gewesen und hätten gesagt, dass sie ihn töten würden, wenn sie ihn das nächste Mal dort sehen würden. Dies sei cirka einen Monat vor seiner Ausreise aus Pakistan gewesen.

Ansonsten habe es keine Vorfälle gegeben, aber habe er gehört, dass andere, welche auf diese Weise gewarnt worden seien, in der Folge auch getötet worden seien. Sein Vater und sein Bruder seien in Afghansitan von den Taliban getötet worden, seine Mutter habe mit ihnen nach Pakistan fliehen müssen. Als Haraza habe er weder in Pakistan, in Afghanistan noch im Iran leben können, sein Aussehen sei ein Problem. Als er vier Jahre alt gewesen sei, seien in Afghanistan sein Vater und sein ca. 10 Jahre alter Bruder getötet worden. Er habe nicht gesehen, wie sie getötet worden seien. Sie seien unterwegs auf einer Straße erschossen worden. Weil sein Vater für die Regierung gearbeitet habe, hätten ihn die Taliban getötet. Sein Vater sei Dolmetscher gewesen. Er habe mit den Ausländern gesprochen und sei Englischdolmetscher gewesen.

Seine Mutter habe viel durchgemacht und sie mit vielen Problemen großgezogen. Er selbst habe in einer Bäckerei gearbeitet und auch gut verdient, aber als er von diesen zwei Personen bedroht worden sei, habe sie Angst bekommen und ihm gesagt, er solle Pakistan verlassen. Er habe Angst vor der Lashkar-e-Jangwi, sie hätten tausende von Hazara in XXXX getötet. Diese Gruppe habe einen Posten auf einer Straße gehabt, welche er auf dem Weg zur Arbeit immer überqueren habe müssen. Er sei einmal bedroht worden. Diese Bedrohung müsse man sehr ernst nehmen, sonst werde man tatsächlich getötet. Er habe cirka zwei Jahre als einziger Hazara dort gearbeitet, davor seien andere dort tätig gewesen, diese seien getötet worden. Sie würden Erwachsene töten, davor sei er ein kleines Kind gewesen. Sein 15 jähriger Bruder besuche noch die Schule und auch er habe Probleme wegen seiner Volksgruppe, wenn er den namentlich genannten Stadtteil, in welchem nur Hazara leben würden, verlasse. Seine Familie wohne dort. Sobald man diesen Stadtteil verlasse, sei man in Gefahr. Seine Mutter arbeite als Bedienerin für andere Menschen und ernähre so die Familie. Seine beiden Schwestern seien zu Hause, sie würden keine Schule besuchen, weil das Geld fehle. Auf dem Bazar dieses Stadtteils sei auch eine Bombe explodiert und 200 - 300 Leute seien ums Leben gekommen. Einmal habe ein Selbstmordattentäter versucht sich in die Luft zu sprengen. Den Beschwerdeführer betreffend habe es nur einen Vorfall mit den zwei Personen gegeben. Er sei deswegen nicht zur Polizei gegangen. Diese habe selbst Angst vor dieser Gruppe. Zum Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung von mehreren Bedrohungen durch diese Gruppen, insbesondere den Taliban und Al Kaida gesprochen und er nun wiederholt angegeben habe, einmal von der Gruppe der Lashkare-Jangwi, einem Zweig der Taliban, bedroht worden zu sein, antwortete der Beschwerdeführer dies auch bei der Erstbefragung so angegeben zu haben und dass der Dolmetscher übersetzt habe, wie dort geschrieben sei.

Der Dolmetscher habe falsch übersetzt, dass der Beschwerdeführer mehrmals bedroht worden sei. Er habe dies dem Dolmetscher bei der Rückübersetzung gesagt und dieser habe gemeint, der Beschwerdeführer könne dies bei der Einvernahme richtig stellen, dass er nur einmal bedroht worden sei. Zum Vorhalt, wieso er dies nicht zu Beginn der Einvernahme richtig gestellt habe, brachte der Beschwerdeführer vor, Deutsch nicht zu verstehen und erst jetzt zu hören, dass er angeben habe, mehrmals bedroht worden zu sein. Diese Dolmetscherin habe Paschtu als seine Muttersprache protokollieren lassen obwohl Dari seine Muttersprache sei. Nachdem er seiner Mutter von dem Vorfall mit diesen beiden Personen erzählt habe, habe diese Angst bekommen und beschlossen, dass er Pakistan verlassen solle.

Zur Aufforderung den Vorfall genau zu schildern, brachte er vor, dass er gegen 6 Uhr morgens von zu Hause zur Arbeit unterwegs gewesen sei. Er sei ganz früh in die Bäckerei gegangen und habe zuerst Reinigungsarbeiten erledigt und dann den Teig gemacht. Auf dem Weg dorthin sei er am Bazar plötzlich von zwei Personen auf einem Motorrad angehalten worden. Eine Person sei dick gewesen und habe eine Brille getragen, der andere sei schlank gewesen. Sie hätten ihm gesagt, dass sie ihn töten würden, wenn sie ihn das nächste Mal im Bazar sehen würden. Er sei weiter in die Bäckerei gegangen, wo er seinem Arbeitgeber davon erzählt habe. Dieser habe ihm gesagt, dass er das Land verlassen solle und ihn nach Hause geschickt sowie ihm finanzielle Unterstützung angeboten. Zu Hause habe er seiner Mutter davon erzählt. Dies habe sich cirka einen Monat bevor er Pakistan verlassen habe, ereignet. Danach sei er zu Hause gewesen und habe einen Schlepper gesucht.

Befragt, was er bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, gab er an, in Pakistan werde er umgebracht, in Afghanistan seien immer noch die Taliban, welche ihn auch töten würden, sie seien die Feinde seines Vaters. Vor ca. einer Woche seien in XXXX 100 Hazara von den Taliban umgebracht worden. In Afghanistan würden ihn die Taliban umbringen, weil er der Sohn eines Dolmetschers sei. Zum Vorhalt, dass dieser Vorfall lange her sei, gab er an, ihn in ihrem Dorf viele Menschen kennen würden, diese würden seine Mutter kennen. Die Taliban würden immer nur einen Vorwand suchen, um die Hazara und Schiiten zu töten. Auf die Frage, ob er sich woanders, etwa in XXXX niederlassen könne, gab er an, dort niemanden zu kennen. Den weiteren Vorhalt, dass dann auch niemand wisse, dass er der Sohn eines Dolmetschers sei, bejahte er und wendete ein, dass die Taliban auch in XXXX seien und ihn töten würden. Dem weiteren Vorhalt, wie er über die Menschen in Afghanistan berichten könne, wenn er dort nicht mehr aufhältig gewesen sei, bestätigte er insofern, als er einräumte nicht mehr dort gewesen zu sein, wendete aber ein, dass bekannt sei, dass die Taliban und die Paschtunen dort überall seien. Er hätte wegen seines Aussehens als Hazara ein Problem damit, sich in einem anderen Gebiet niederzulassen, da er überall als solcher erkannt werde. Seine Familie habe in Pakistan die gleichen Probleme wie er, würde aber den Stadtteil nicht verlassen. Sobald sie dies tun würden, hätten sie die selben Probleme wie der Beschwerdeführer. Auf die Frage, ob er nicht ebenfalls in diesem Stadtteil hätte bleiben können, gab er an, dass es unmöglich gewesen wäre immer dort zu bleiben, da man manchmal diesen Stadtteil habe verlassen müssen, um etwas zu erledigen. Er müsse bei der Rückkehr diese Straße, wo die Gruppe sei, überqueren. Als er bedroht worden sei, habe er beschlossen, Pakistan zu verlassen. Er würde nach Afghanistan zurückkehren, wenn dort Sicherheit herrsche. Seine Familie sei nicht gemeinsam mit ihm geflüchtet, weil sie nicht soviel Geld gehabt hätten. Nach ihrer Ausreise aus Afghanistan sei seine Mutter nicht weiter verfolgt worden.

5. Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesasylamt den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX (Spruchpunkt III.).

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zur Fluchtbegründung zum Gegenstand dieses Bescheides erhoben werden würden sowie dass er in einer Gesamtschau außerstande gewesen sei, vor der Behörde ein nachvollziehbares, glaubhaftes Fluchtvorbringen darzulegen, nicht zuletzt deshalb, weil er nicht in seiner Heimat aufgewachsen sei und dort gelebt habe. Ferner sei die von ihm vorgelegte Schulbestätigung bzw. das darauf vermerkte Geburtsdatum nicht geeignet, die Ergebnisse der schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Altersfeststellung zu entkräften.

Rechtlich folgerte das Bundesasylamt, dass er keine Umstände vorgebracht habe, wonach er persönlich in seinem Herkunftsstaat asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Zwar würden Hazara noch Diskriminierungen unterliegen, eine landesweite Gruppenverfolgung liege jedoch nicht vor. Es sei ihm nicht gelungen, seine Fluchtgründe glaubhaft zu machen. Der Wunsch nach Emigration sei nicht asylrelevant. Es liege weder eine Verfolgung noch Verfolgungsgefahr bzw. begründete Angst vor Verfolgung im Sinne der GFK vor.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. berief sich das Bundesasylamt darauf, dass der Beschwerdeführer nicht über soziale oder familiäre Netzwerke in Afghanistan verfüge.

6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene und zulässige Beschwerde. Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des Bescheides zu Spruchpunkt I. und die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Der Beschwerdeführer brachte nach Wiedergabe des Sachverhaltes vor, minderjährig zu sein; dies habe er mit Schulunterlagen aus Pakistan belegt.

Weiters führte er aus, dass sich die Erstbehörde nahezu ausschließlich mit der Situation in Pakistan auseinander gesetzt habe und das Ermittlungsverfahren mangelhaft sei. Die Behörde habe an keiner Stelle begründet, weshalb das Vorbingen des Beschwedeführers über seine befürchtete Bedrohung durch die Taliban im Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht glaubhaft sei. Die Erstbehörde bezweifle nicht, dass der Vater und Bruder des Beschwerdeführers aus den angegebenen Gründen von den Taliban ermordet worden seien, auch nicht dass der Beschwerdeführer aus XXXX stamme und keine familiären Anknüpfungspunkte mehr in Afghanistan habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass nach den Länderberichten der Behörde die Taliban und Al Qaida die Kontrolle in XXXX ausüben würden. Insbesondere sei das Heimatdorf des Beschwerdeführers in einem Talibangebiet und würde der Beschwerdeführer jedenfalls als Sohn seines Vaters erkannt werden. Die Behörde habe sich auch nicht beweiswürdigend damit auseinandergesetzt, weshalb sie dem Sachverständigengutachten hinsichtlich des Alters des Beschwerdeführers mehr Glauben schenke als einer nicht angezweifelten Schulbestätigung des Beschwerdeführers, worin als Geburtsdatum der XXXX vermerkt sei. Angemerkt werde ferner, dass der Beschwerdeführer generell stottere. Bei korrekter Vorgangsweise hätte erkannt werden müssen, dass die Angaben des Beschwerdeführers durchaus glaubwürdig und nachvollziehbar seien und ihm daher in Afghanistan asylrelevante Verfolgung aus politischen, religiösen und ethnischen Motiven drohe; eine innerstaatliche Fluchtalternative liege nicht vor.

7. Am XXXX fand beim Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung statt, zu welcher der Beschwerdeführer nicht erschienen ist. Bei der am XXXX durchgeführten mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari, der Muttersprache des Beschwerdeführers, nahm der Beschwerdeführer teil. Diese nahm entscheidungswesentlich folgenden Verlauf:

"[...]

R legt den Gegenstand der Verhandlung wie oben eingetragen dar.

BF: Ich habe deshalb eine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. eingebracht, weil ich nicht jedes Jahr um eine neue Aufenthaltsberechtigungskarte ansuchen will.

[...]

R: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Dari

R an den Dolmetscher: In welcher Sprache übersetzen Sie für den Beschwerdeführer?

D: Dari.

R befragt die Beschwerdeführer, ob er den Dolmetscher gut verstehe, dies wird bejaht.

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

BF: Ich habe keine Krankheiten und auch sonst keine Beschwerde und kann daher der Verhandlung folgen.

[...]

R: Haben Sie noch neue Beweismittel, die Sie beim BAA oder bzw. bei der Polizei noch nicht vorgelegt haben?

BF: Ich möchte 2 Artikel vorlegen, die sich damit beschäftigen, dass in Afghanistan 2 Dolmetscher umgebracht worden sind. (Wird als Beilage A zum Akt genommen).

R: Bleiben Sie bei den Angaben, die Sie vor der ersten Instanz gemacht haben, halten Sie diese aufrecht und entsprechen diese der Wahrheit?

BF: Ich bleibe bei den Angaben, welche ich bei der Polizei bzw. beim BFA gemacht habe.

[...]

Der Beschwerdeführer hat keine weiteren Bescheinigungsmittel bei sich und verweist im Übrigen auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel und verweist im Übrigen auf die bereits im Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel:

R: Wie ist Ihr Name? Schreiben Sie diesen bitte auf!

BF: Ich heiße XXXX.

R: Was ist der Vor- und was ist der Familienname?

BF: Mein Vorname ist "XXXX" und mein Familienname ist "XXXX".

R: Wann sind Sie geboren?

BF: Am XXXX.

R: Das kann insofern nicht stimmen, als am XXXX festgestellt wurde, dass Sie zu diesem Zeitpunkt ein Minimalalter von etwa 21 1/2 Jahren haben. Das hat ein medizinisches Gutachten ergeben, welches hinsichtlich der Altersfeststellung in Auftrag gegeben wurde.

BF: Ich selber weiß nicht genau, an welchem Datum ich geboren wurde, das Geburtsdatum hat meine Mutter genannt. Ich habe auch einige Dokumente dem Richter vorgelegt. Mir wurden die Unterlagen auch nicht wieder zurückgegeben. Ich kann auch nichts dafür, wenn Sie mir nicht glauben. Ich kann nur nochmals angeben, dass ich am XXXX geboren worden bin.

R: Wo haben Sie in Afghanistan gelebt, bevor Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

BF: In der Provinz: XXXX, Distrikt: XXXX, Dorf: XXXX.

R: Beim BAA haben Sie angegeben, dass Sie in Distrikt XXXX gelebt hätten. Heute sagen Sie, dass es der Distrikt XXXX gewesen sei.

BF: Es könnte sein, dass beim Buchstabieren etwas verwechselt worden ist.

R: Das Protokoll ist Ihnen seinerzeit rückübersetzt worden, Sie haben sowohl in der Rückübersetzung als auch in der Beschwerde dagegen keine Einwände erhoben.

BF: Es gibt nur ein XXXX in ganz Afghanistan, wenn von Dari auf Deutsch übersetzt wird, entstehen manchmal Fehler, es kann sein, dass ich es damals falsch ausgesprochen habe. Ich weiß nicht, wie man es auf Deutsch ausspricht mit "G" "J" oder "Y".

R: Haben Sie seinerzeit an der von Ihnen angegebenen Adresse alleine gelebt?

BF: Nein, mit meiner Familie.

R: Aus welchen Mitgliedern besteht Ihre Familie?

BF: Meine Eltern, mein älterer Bruder, mein jüngerer Bruder und meine Schwester.

R: Leben die von Ihnen angegeben Personen noch an dieser Adresse?

BF: Nein.

R: Wo leben die von Ihnen angegebenen Personen?

BF: Meine Familie lebt in XXXX, in Pakistan. Auch meine kleine Schwester ist dort auf die Welt gekommen.

R: Welche von Ihren Familienmitgliedern lebt in Pakistan?

BF: Meine Mutter, mein Bruder und meine beiden Schwestern.

R: Sind Sie an der von Ihnen angegebenen Adresse aufgewachsen?

BF: Ich habe bis zu meinem 4. Lebensjahr dort gelebt.

R: Haben Sie noch an einer anderen, als der von Ihnen angegeben Adresse, in Afghanistan gelebt?

BF: Nein, ich habe nur dort gelebt.

R: Warum sind Sie das letzte Mal der Ladung des BVwG nicht gefolgt?

BF: Ich habe keine Ladung erhalten.

R: Sie haben eine Benachrichtigung erhalten?

BF: Ich habe keine erhalten. Ich habe nur einen Brief erhalten und damit bin ich zur Diakonie gefahren und sie haben mir gesagt, dass wäre die Ladung für heute, sonst habe ich keinen anderen Brief erhalten.

R: Mit welchen Familienangehörigen haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Ich habe mit meiner Mutter, mit meinem jüngeren Bruder und mit meiner Schwester Afghanistan verlassen.

R: In welchem Jahr haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Ich glaube es war XXXX.

R: Wo sind Sie dann hingegangen bzw. hingezogen, nachdem Sie Afghanistan verlassen haben?

BF: Wir sind nach Pakistan, nach XXXX.

R: Haben Sie Afghanistan direkt von der von Ihnen angegeben Adresse verlassen?

BF: Ja, wir sind von der Adresse, die ich angegeben habe, mit dem Auto direkt nach Pakistan gefahren.

R: Hat es bei der Ausreise aus Afghanistan Probleme gegeben?

BF: Nein, unterwegs hat es keine Schwierigkeiten gegeben.

R: Wie geht es Ihren Familienangehörigen in Pakistan?

BF: Es geht, sie leben. Es geht ihnen nicht so gut, sie können die Gegend, in der sie wohnen, nicht verlassen.

R: Warum können sie die Gegend, in der sie wohnen, nicht verlassen?

BF: Außerhalb der Gegend sind die Taliban und jeder, der aus dieser Gegend rauskommt, wird von den Taliban umgebracht, denn die Taliban sehen uns als "Ungläubige" an, weil wir Schiiten sind.

R: Wie alt sind Ihre Geschwister.

BF: Mein Bruder ist 16 Jahre alt, die eine Schwester ist 15 und die zweite, 13 Jahre alt.

R: Ist Ihr Bruder verheiratet?

BF: Nein.

R: Wie bestreiten Ihre Familienangehörigen in Pakistan ihren Lebensunterhalt?

BF: Meine Mutter arbeitet als Putzfrau und verdient dadurch Geld.

R: Ihre Geschwister, wie bestreiten diese den Lebensunterhalt?

BF: Durch die Einnahme der Arbeit durch meine Mutter, bestreitet die ganze Familie den Lebensunterhalt.

R: Welche Schul- bzw. Berufsausbildung haben Sie?

BF: Ich habe 5 Jahre lang die Schule in XXXX besucht. Ich hatte Mathematikunterricht und musste die Urdusprache lernen.

R: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Pakistan bestritten?

BF: Es gab eine Bäckerei dort, in der habe ich gearbeitet, die war im Markt.

R: Haben Sie Onkeln und haben Sie Tanten?

BF: Ich weiß nicht, ob sich irgendwelche Onkeln oder Tanten in Afghanistan befinden, aber ich glaube nicht, dass irgendjemand in Afghanistan lebt.

R: Haben Sie Onkeln oder Tanten?

BF: Nein, habe ich nicht.

R: Warum sagen Sie zuerst, dass Sie nicht wissen würden, ob irgendwelche Onkeln oder Tanten sich in Afghanistan befinden würden, wenn Sie keine Onkeln und Tanten haben würden?

BF: Seit meiner Geburt habe ich weder einen Onkel, meine Tante oder noch sonst jemanden gesehen. Ich habe nur meine Eltern und meine Geschwister gehabt.

R: Haben Sie Onkel bzw. haben Sie Tanten?

BF: Nein.

R: Wie oft sind Sie mit Ihren Angehörigen in Kontakt?

BF: Alle 2 Monate oder 3 Monate einmal. Da sie in einer Mietwohnung dort leben, haben sie kein Telefon.

R: Wie wird dann der Kontakt hergestellt?

BF: Ich rufe dort den Nachbarn an. Er gibt dann das Telefon meiner Mutter weiter und so kann ich mit ihr telefonieren.

R: Wieso telefonieren Sie dann mit ihr dann nicht öfter?

BF: Weil es den Nachbarn nicht gefällt, wenn ich öfter anrufe.

R: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Im Jahr XXXX.

R: Zuerst haben Sie gesagt, dass Sie davon ausgehen, dass das im Jahr XXXX wäre, jetzt sagen Sie, dass Sie im Jahr XXXX Afghanistan verlassen hätten!

BF: Nein, ich bin im Jahr XXXX raus aus Afghanistan.

R: Warum wissen Sie das so genau?

BF: Ich habe alles wie "einen Traum" in meinem Kopf gespeichert, ich kann mich an alles erinnern. Ich habe auch meinen Vater, wie "einen Traum" im Kopf.

R: Warum haben Sie denn Afghanistan verlassen?

BF: Mein Vater hat damals in Afghanistan als Dolmetscher für die Amerikaner gearbeitet. Die Taliban haben geglaubt, dass er ein Spion der Amerikaner wäre. Sie haben ihn auch einige Male bedroht und ihm auch gesagt, er solle mit seiner Arbeit aufhören. Er hat nicht darauf gehört. Eines Tages, ich war noch jung, ich habe zu Hause mit meiner Schwester gespielt, meine Mutter hat die Wäsche gewaschen, wurde draußen an der Tür, laut geklopft. Ich habe noch alles im Kopf, ich sehe es noch vor meinen Augen, wie die Leute den Leichnam meines Vaters und meines älteren Bruder zu uns nach Hause gebracht haben. Mein Vater hat einen Kopfschuss, seine Augen waren schwarz und angeschwollen. Ich kann mich auch daran erinnern, dass mein Bruder Schusswunden an der Brust gehabt hat. Diese Bilder sehe ich immer vor meinen Augen. Ich schlafe sehr schlecht und habe Alpträume. Die Leuten habe damals auch noch zu meiner Mutter gesagt, wir sollten fliehen, weil diese auch die Kinder töten würden. Deswegen hat meine Mutter beschlossen mit uns zu fliehen. Sie sagte auch: "Mein Mann hat nicht darauf gehört und ist umgebracht worden. Ich werde nicht zulassen, dass die Kinder auch umgebracht werden."

Ein Freund von meinem Vater hat uns bei der Flucht geholfen. Wir sind mit dem Auto nach Pakistan geflüchtet.

R: In welchem Jahr ist Ihr Vater umgebracht worden?

BF: Im Jahr XXXX.

R: Wie kamen Ihr Vater und Ihr Bruder ums Leben?

BF: Ich habe es mit meinen eigenen Augen nicht gesehen, wie sie umgebracht worden sind, aber am Leichnam habe ich gesehen, dass sie Schusswunden gehabt haben.

R: Wo wurde Ihr Vater bzw. Ihr Bruder umgebracht?

BF: In unserer eigenen Gegend.

R: Wissen Sie, wo sie sich aufgehalten haben, als sie umgebracht worden sind?

BF: Ich war damals noch sehr klein. Ich weiß nicht genau, in welcher Gegend oder wie die Namen heißen. Ich weiß nur, es war in unserer Gegend. Mein Vater war mit meinem Bruder zum Einkaufen hinausgegangen.

R: Wo haben sich die beiden befunden, als sie angeschossen worden seien sollen?

BF: Es war auf der Straße, die vom Markt zu uns nach Hause geführt hat. Auf der Straße sind sie erschossen worden.

R: Woher haben Sie diese Information?

BF: Ich habe alles noch in meinem Kopf, wie "einen Traum", meine Mutter hat mit mir noch einige Male gesprochen. Nur mit mir, nicht mit meinen Geschwistern. Ich habe alles noch im Kopf.

R: Wenn Sie alles noch im Kopf haben, woher haben Sie die Information, dass Ihr Vater auf der Straße, die vom Markt zu Ihnen nach Hause führt, erschossen worden ist?

BF: Ich habe meine Mutter gefragt, wie der Vorfall war und sie hat mir geschildert, dass sie vom Einkaufen nach Hause unterwegs gewesen sind.

R: Warum ist Ihr Vater bzw. Ihr Bruder eigentlich angeschossen bzw. erschossen worden?

BF: Die Taliban haben geglaubt, dass mein Vater ein Spion war. Sie haben ihm auch gedroht. Er hat aber die Arbeit nicht gekündigt, deswegen haben sie ihn umgebracht.

R: Warum haben die Taliban geglaubt, dass Ihr Vater ein Spion ist?

BF: Erstens, weil mein Vater Hazara war und ein Schiite, er war auch noch ein Dolmetscher. Die Taliban bringen die Dolmetscher um. Ich habe Ihnen schon die Artikel vorgelegt, die beweisen, dass die Taliban noch immer die Dolmetscher umbringen.

R: Warum haben die Taliban geglaubt, dass Ihr Vater ein Spion ist? Was hätte Ihr Vater ausspionieren sollen?

BF: Ich weiß nicht, wie die Taliban darauf gekommen sind, dass mein Vater ein Spion wäre. Ich glaube, die haben das vermutet, weil er viel gereist, mal da und mal dort war. Er war kein Spion, er war nur ein Dolmetscher. Er war auf dem Weg vom Einkaufen zurück, als er umgebracht worden ist.

R: Sie haben zuerst gesagt, dass die Taliban davon ausgegangen seien, dass Ihr Vater ein Spion gewesen sei und unter anderem deswegen umgebracht worden wäre. Woher wissen sie, dass die Taliban davon ausgegangen sind, dass Ihr Vater ein Spion gewesen sei?

BF: Erstmal haben die Leute, die den Leichnam zu uns nach Hause gebracht haben, es meiner Mutter erzählt, dass das der Grund gewesen wäre und in den Drohbriefen haben die Taliban explizit erwähnt, er solle mit der Spionagetätigkeit aufhören.

R: Wann hat Ihr Vater Drohbriefe erhalten?

BF: Ich kann mich nicht genau erinnern, ungefähr 1 Woche oder 2 Wochen vor dem Vorfall.

R: Welche Tätigkeit hat Ihr Vater genau ausgeübt?

BF: Er war nur ein Dolmetscher, er hat nur übersetzt.

R: In welchem Zeitraum hat Ihr Vater diese Tätigkeit ausgeübt?

BF: Das weiß ich auch nicht genau, aber ich glaube es war 6 Monate bis 1 Jahr.

R: Welche Sprachen hat Ihr Vater gedolmetscht bzw. in welche Sprache hat Ihr Vater gedolmetscht?

BF: Der Großteil der Dolmetschtätigkeiten war von Dari auf Englisch, gelegentlich hat er auch von Pashtu nach Englisch übersetzt. Er konnte beide Sprachen.

R: Für wen hat Ihr Vater damals gearbeitet?

BF: Mit Amerikanern und Ausländern.

R: Was heißt "mit Ausländern"?

BF: Amerikaner zählen auch zu den Ausländern.

R: Sie haben gesagt, dass Ihr Vater für die Amerikaner und Ausländer gearbeitet hätte, für welche Ausländer?

BF: Das weiß ich nicht genau, meine Mutter hat mir das damals so erzählt, dass mein Vater für die Amerikaner und für die Ausländer gearbeitet hat. Die Amerikaner gelten auch als Ausländer, da sie ja vom Ausland kommen.

R: Wer hat Ihren Vater dann für diese Tätigkeit entlohnt?

BF: Ich glaube das war die afghanische Regierung, die bezahlt hat.

R: Für wen hat er gearbeitet?

BF: Für die Amerikaner hat er gearbeitet.

R: Und warum sollte er dann von der afghanischen Regierung bezahlt werden?

BF: Meine Mutter hat es mir so erklärt, dass mein Vater von der Regierung zugeteilt worden ist, um dort zu dolmetschen.

R: Wo hat denn Ihr Vater genau für die Amerikaner gedolmetscht?

BF: Ich weiß nur, dass er nicht bei uns gedolmetscht hat, sondern irgendwo anders. Ich weiß nicht wo.

R: Was heißt "er hat irgendwo anders gedolmetscht"?

BF: Ich glaube in einer anderen Provinz hat er gedolmetscht.

R: In welcher Provinz?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Welche Tätigkeit hat Ihr Vater mit dem Dolmetschen genau verrichtet, was war da seine Aufgabe?

BF: Mein Vater hat für die Leute übersetzt. Meine Mutter hat mir erzählt, dass er den Leuten geholfen hat, deren Beschwerden besser zu erklären. Wenn z. B. jemand Schmerzen gehabt hat, hat das mein Vater übersetzt oder wenn jemand Probleme mit den Taliban gehabt hat, hat er das auch übersetzt.

R: Wo hat Ihr Vater konkret gearbeitet?

BF: Mein Vater hat mit den Amerikanern zusammengearbeitet, außerhalb von unserer Gegend.

R: Wo wurde Ihr Vater eingesetzt?

BF: Mein Vater hat bei Leuten übersetzt, die z. B. krank waren oder wenn jemand mit den Taliban Schwierigkeiten gehabt hat, hat er für sie übersetzt.

R: Und wo wurde Ihr Vater eingesetzt?

BF: Das weiß ich nicht genau, ich weiß nur, dass er nicht in unserer Gegend war, in einer anderen Provinz, aber ich weiß nicht, in welcher Provinz.

R: Haben Sie mit Ihrer Mutter darüber nie gesprochen?

BF: Meine Mutter ist Analphabetin, auch, als ich meine Mutter gefragt habe, hat sie mir nichts sagen können, sie kennt sich nicht aus.

R: Für welche Regierung hat denn Ihr Vater gearbeitet?

BF: Das weiß ich nicht ganz genau, aber ich glaube es war die Regierung von KARZAI.

R: Haben Sie mit Ihrer Mutter darüber nie gesprochen?

BF: Meinen Sie für welche Regierung erarbeitete?

R: Wo hat Ihr Vater Englisch gelernt?

BF: In XXXX.

R: Wo in XXXX?

BF: Meine Mutter hat mir erzählt, dass er dort zur Schule gegangen ist und Englischunterricht bekommen ist.

R: Wie lange hat Ihr Vater Englisch gelernt?

BF: Ich glaube 2 Jahre.

R: Wer hat ihm die Tätigkeit als Dolmetscher zukommen lassen?

BF: Mein Vater war arbeitslos. Da hat ein Freund von ihm, ihn als Dolmetscher vermittelt.

R: Wie hat der Freund Ihres Vaters geheißen?

BF: XXXX. Wollen Sie den Familiennamen?

R: Ja und wo er wohnt.

BF: XXXX und er wohnt in unserer Gegend.

R: Wo hat Ihr Vater Englisch gelernt, in welcher Einrichtung, Institution?

BF: Meine Mutter hat mir erzählt, dass er in XXXX war, mehr kann ich dazu nicht angeben und dass die Institution nur Englisch unterrichtet hat.

R: Seit wann hat Ihr Vater diese Tätigkeit ausgeübt, seit welchem Jahr?

BF: Ich glaube seit 2001.

R: Hat es in dem Zeitraum, in dem er als Dolmetscher tätig war, bis zu seiner Ermordung, irgendwelche Probleme gegeben?

BF: Ja, es gab sehr viele Schwierigkeiten, es gab die Drohbriefe der Taliban. Auch sonst gab es sehr viele Gefahren, die unterwegs gelauert haben. Meine Mutter hat mir auch noch erzählt, dass sie meinem Vater, bevor er das Haus verlassen hat, mit einem traditionellen Ritus, in dem er dreimal unter dem Koran, welche meine Mutter hochgehalten hat, durchgehen musste.

R: Sie haben gesagt, es hatte auch noch sonst viele Gefahren gegeben, die unterwegs gelauert hätten, was meinen Sie damit konkret?

BF: Meine Mutter hat mir erzählt, dass die Strecke von unserem Dorf bis zur der Provinz, in der mein Vater gearbeitet hat, die ich nicht kenne, sehr gefährlich war und die Gegend von den Taliban kontrolliert wurde.

R: Sie haben gesagt, dass Ihrem Vater mehrmals gedroht worden wäre und Ihr Vater diese Arbeit als Dolmetscher seit dem Jahre 2001 ausgeübt hätte. Wann haben diese Drohungen begonnen?

BF: Jedes Mal, wenn mein Vater frei gehabt hat, ist er nach Hause zurückgekehrt. Erst bei dem zweiten Mal, als er von der Provinz nach Hause gekommen ist, ist er den Taliban aufgefallen.

R: Wann ist er das zweite Mal nach Hause zurückgekehrt?

BF: Jeden Freitag hat mein Vater frei gehabt und da ist er nach Hause zurückgekehrt.

R: Wie lange hat er insgesamt die Tätigkeit als Dolmetscher ausgeübt?

BF: Ich weiß nicht wie lange, aber 6 Monate bis 1 Jahr.

R: In welchem Zeitraum haben diese Bedrohungen begonnen?

BF: Ab dem zweiten Mal, als mein Vater nach Hause zurückgekehrt ist.

R: In welchem Monat seiner Tätigkeit?

BF: Ab der 2. Woche sind die Drohungen gekommen, er ist jeden Freitag nach Hause gekehrt.

R: Wie haben sich die Drohungen dargestellt?

BF: Es gab mehrere Arten der Bedrohungen. Einige Male haben sie ins Fahrzeug, mit dem mein Vater unterwegs war, welches aber seinem Freund gehört hat, Drohbriefe hineingelegt, ansonsten wurde er auch unterwegs "abgepasst" und persönlich bedroht, aber er hat nicht darauf gehört und jetzt ist er tot.

R: Mit welchen Drohungen wurde gegenüber Ihrem Vater begonnen?

BF: Beim ersten Mal hat mein Vater einen Drohbrief erhalten, welcher auf Pashtu verfasst worden war. Nachdem er es gelesen hat, hat er ihn zerrissen. Er hatte Angst, aber dann doch nicht so viel. Er hat geglaubt, es sei ein Scherz von einen seiner Freunde gewesen. Erst ab dem zweiten Mal, hat er die Briefe ernst genommen.

R: Wann ist der zweite Brief erfolgt?

BF: In der 3. Woche, als er nach Hause zurückgekehrt ist, hat er den Drohbrief erhalten.

R: Von wem hat er den Drohbrief erhalten?

BF: Ich weiß nicht, es war ein Drohbrief der Taliban.

R: Wieso wissen Sie, dass der Drohbrief von den Taliban war?

BF: Weil die Taliban meinen Vater und meinen älteren Bruder umgebracht haben, da ist es selbstverständlich, dass die Drohbriefe auch von denen waren.

R: Wie wurde ihrem Vater dieser 2. Drohbrief übermittelt?

BF: Wie beim ersten Mal.

R: Auf welcher Art und Weise wurde dieser 2. Drohbrief übermittelt?

BF: Er wurde ins Auto hinterlegt.

R: Was war denn der Inhalt der beiden Drohbriefe?

BF: Ich weiß nicht genau, was da drinnen stand, meine Mutter hat es mir nur erzählt, dass die Taliban sagten, mein Vater wäre ein Spion und er würde gegen die Taliban arbeiten, deswegen sollte er mit seiner Arbeit aufhören.

R: In welchen Abständen sind dann noch Drohbriefe ergangen?

BF: Den 1. Drohbrief haben wir in der 2. Woche erhalten. Den 2. in der 3. Woche. Dann längere Zeit nichts und dann kurz vor seiner Ermordung haben wir den 3. Brief erhalten.

R: Hat es außer diesen 3 Drohbriefen noch einen anderen gegeben?

BF: Beim dritten Mal sind die Taliban persönlich gekommen, haben meinen Vater unterwegs "abgepasst", sie haben persönlich gesagt, dass es die "letzte Warnung" wäre, er solle mit seiner Arbeit aufhören, aber was hätte mein Vater tun sollen, er war gezwungen, zu arbeiten, uns ging es finanziell nicht so gut.

R: Wie hat denn Ihr Vater auf die ersten beiden Drohbriefe reagiert?

BF: Mein Vater hat die Drohbriefe zerrissen und "weggeschmissen". Er hatte Angst, aber er war gezwungen zu arbeiten.

R: Hat Ihr Vater, nachdem er Ihren Angaben nach, von der Regierung bezahlt worden ist und für die Amerikaner bzw. für die Ausländer gedolmetscht hat, sich in dieser Angelegenheit an diese gewandt?

BF: Meine Mutter hat mir erzählt, dass mein Vater sich an die Ausländer gewandt hat. Die Ausländer haben nur gesagt, sie könnten für seine Sicherheit nur im Camp sorgen und nicht außerhalb von diesen sorgen. Weiters hat mir meine Mutter erzählt, dass die Ausländer selber Angst haben und ihre Camps sehr ungern verlassen.

R: Mit welchen Ausländern hat Ihr Vater in dieser Angelegenheit gesprochen?

BF: Mit den Amerikaner.

R: Mit welchen Amerikanern, in welcher Funktion?

BF: Meine Mutter hat mir erzählt, es war ein amerikanischer Kommandeur, ein Militärangehöriger.

R: Wo ist dieses Camp gewesen?

BF: Das weiß ich nicht, es war nicht in unserer Gegend, es war in einer anderen Provinz.

R: Sie haben zuerst gesagt, dass Ihr Vater auch "abgepasst" worden wäre. Was ist da genau passiert?

BF: Mein Vater ist auf der Strecke vom Camp zu unserem Dorf von den Taliban "abgepasst" worden. Die Taliban waren bewaffnet. Sie haben meinen Vater bedroht und ihm gesagt, es wäre die letzte Warnung, er solle mit der Arbeit aufhören, denn wenn nicht, würden sie ihn umbringen. Mein Vater hat darauf nicht gehört und jetzt ist er tot.

R: Wann haben die Taliban Ihren Vater "abgepasst"? In welchem Zeitraum seiner Tätigkeit als Dolmetscher?

BF: Ich glaube, es war im 4. oder 5 Monat seiner Tätigkeit.

R: Wie hat Ihr Vater auf diese Drohung reagiert?

BF: Nach dem Vorfall hat mein Vater meiner Mutter den Vorfall erzählt. Sie wollte nicht, dass er weiterhin als Dolmetscher arbeitet. Auch er selber hatte Angst, aber er war gezwungen, da er sonst keine andere Arbeit hatte.

R: Wie hat denn Ihr Vater vor seiner Tätigkeit als Dolmetscher den Lebensunterhalt bestritten?

BF: Davor hat mein Vater als Gemüseverkäufer gearbeitet, aber es hat nicht für unseren Lebensunterhalt gereicht. Daher war er gezwungen, etwas anderes zu machen.

R: Hat Ihr Vater, nachdem ihm gedroht wurde, Vorkehrungen getroffen?

BF: Nein, er war sehr arm, deshalb hatte er nicht die Möglichkeit gehabt, sich Waffen zu besorgen und bewaffnet unterwegs zu sein.

R: Hat er anderwärtige Vorkehrungen getroffen?

BF: Nein.

R: Wie oft wurde Ihr Vater von den Taliban angehalten?

BF: Einmal wurde er angehalten.

R: Wie haben dann die Taliban reagiert, nachdem Ihr Vater der Forderung dieser, nicht nachgekommen ist?

BF: Bei den ersten beiden Malen hat er die Drohbriefe zerrissen und "weggeschmissen". Beim dritten Mal, wo er "abgepasst" worden ist und die Taliban ihn bedroht haben, ist er nur still gesessen und hat nichts gesagt. Da er sich nicht auf die Taliban eingelassen hat, haben sie ihn umgebracht.

R: Was heißt "Ihr Vater hätte sich nicht auf die Taliban eingelassen"?

BF: Sie wollten, dass mein Vater seine Arbeit aufgibt. Er hat auch Angst gehabt, aber er war gezwungen, zu arbeiten.

R: Was würde passieren, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Sobald ich nach Afghanistan zurückgeschickt werden sollte, würde ich umgebracht werden, wegen den Namen meines Vaters.

R: Woher sollte man wissen, dass Sie der Sohn Ihres Vaters sind?

BF: Ich heiße XXXX, mein Vater hieß XXXX, wir haben nicht nur denselben Nachnamen, sondern auch dasselbe Blut, also, die Schwierigkeiten, die mein Vater gehabt hat, habe ich jetzt. Falls ich zurückkehren sollte, würde ich umgebracht werden.

R: Wie sollten Sie die Taliban erkennen, nachdem Sie bereits so lange Zeit nicht in Afghanistan waren und bereits als 4-Jähriger dieses Land verlassen haben?

BF: In Afghanistan ist es so üblich, dass man nach seinem Vater genannt wird. Die Spione der Taliban können einen sehr leicht finden. Die Taliban würden mich umbringen.

R: Wie sollten die Taliban Sie umbringen, nachdem man schon Ihren Vater bzw. Ihren älteren Bruder getötet hat?

BF: Die Taliban würden mich zu 100-% töten, falls ich nach

Afghanistan zurückkehren sollte. Sie würden zuerst sagen: "Wie der Vater, so der Sohn" und da ich im Ausland war, würden die Taliban vermuten, dass ich ein ausländischer Spion wäre und alleine deswegen würden sie mich schon töten.

R: Haben Sie außer den von Ihnen genannten Gründen noch andere Probleme gehabt?

BF: Nein, sonst habe ich keine weiteren Gründe.

R: Hat Ihr Vater, wie er für die Amerikaner gedolmetscht hat, viel verdient?

BF: Ich weiß nicht genau, wie viel er verdient hat, aber er hat gut verdient.

R: Wissen Sie, ob er sich, nachdem er von den Taliban bedroht worden ist, eine Waffe besorgt bzw. gekauft hat?

BF: Nein.

[...]

Dem BF wird eine Zusammenfassung der aktuellen Länderfeststellungen zu Afghanistan zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Seit Jahrzehnten ist Afghanistan Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, die zu 2 Millionen Toten und 700.000 verwitweten oder verwaisten Personen geführt haben (Congressional Research Service vom 11.7.2014). Afghanistan befindet sich 13 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Anstrengungen, die zur Sicherung bisheriger Stabilisierungserfolge und zur Verbesserung der Zukunftsperspektiven der Bevölkerung beitragen, werden noch lange Zeit notwendig sein (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).

Am Nato-Gipfeltreffen im Mai 2012 in Chicago wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012). Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012).

Mehr als drei Monate nach seiner Amtseinführung hat Afghanistans Präsident Ashraf Ghani seine Regierungsmannschaft zusammengestellt. Ghanis Stabschef Abdul Salam Rahimi verlas die Namen der 25 Minister am Montag, den 12. Jänner 2015 im Präsidentenpalast in Kabul. Die Liste der Kabinettsmitglieder, darunter auch drei Frauen, soll nun dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden.

Ghani ist bereits seit Ende September im Amt. Nach einem monatelangen, erbitterten Streit über den Ausgang der Präsidentschaftswahl hatten sich der ehemalige Finanzminister und sein Rivale Abdullah Abdullah auf eine Regierung der nationalen Einheit geeinigt, in der Ex-Außenminister Abdullah als eine Art Ministerpräsident fungiert. Über die Verteilung der Ministerposten hatte es dann jedoch erneut Streit gegeben. Dieser wurde erst jetzt beigelegt.

(APA, Afghanistan hat nach mehr als drei Monaten eine neue Regierung, vom 12.01.2015)

Der afghanische Präsident Ashraf Ghani hat das Ende des 13-jährigen NATO-Kampfeinsatzes im Land als historisch bezeichnet. "Ich gratuliere den Afghanen zu diesem historischen Tag", sagte er am Donnerstag, den 1. Jänner 2015 in Kabul.

Gleichzeitig warnte er: "Wir werden nicht zulassen, dass von unserem Grund und Boden aus gegen unsere Nachbarn vorgegangen wird, und wir erwarten dasselbe von unseren Nachbarn." In der Vergangenheit hatten die Taliban afghanische und internationale Truppen immer wieder vom Nachbarland Pakistan aus angegriffen.

Mit dem Jahreswechsel haben die Afghanen die volle Verantwortung für die Sicherheit im Land übernommen. Die anschließende NATO-Mission "Resolute Support" dient der Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte. Dazu sollen 12.000 ausländische Soldaten im Land bleiben. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in letzter Zeit verschlechtert.

(APA, NATO-Abzug ist historischer Tag für Afghanistan, vom 01.01.2015)

AFGHANISTANKRIEGE:

Am 17. Juli 1973 putschte sich Mohammad Daud, der Vetter Zahir Shahs mit Hilfe der Kommunisten an die Macht, während sich Zahir Schah auf einer Auslandsreise befand und bis 2001 in Rom im Exil blieb. Doch überwarf sich Daud bald mit seinen Verbündeten und vermochte es auch nicht, neue Allianzen zu bilden. Daher putschte am 27. April 1978 die kommunistische Demokratische Volkspartei Afghanistan (DVPA) gegen Präsident Mohammad Daud. Die DVPA baute eine Schreckensherrschaft auf, die durch radikal umgesetzte Land- und Bildungsreformen sowie Repressionen gegen potenziellen Gegner gekennzeichnet war. Diese Politik provozierte Rebellionen im ganzen Land. Zudem brachen innerhalb der DVPA Machtkämpfe aus: Hafizullah Amin ließ den schwachen Präsidenten Mohammad Taraki ermorden und ernannte sich am 16. September 1979 eigenmächtig zum Präsidenten. Die Sowjetunion als wichtigster Bündnispartner der DVPA betrachtete mit Sorge den sich anbahnenden Zusammenbruch des Kabuler Regimes. Um den eigenen Einfluss in Afghanistan zu sichern, besetzte die Sowjetunion in den Weihnachtstagen 1979 das Land. Hierbei kam Amin ums Leben.

In den kommenden Jahren avancierte Afghanistan zum wichtigsten Schlachtfeld des Kalten Krieges. Die sowjetischen Truppen trafen auf hartnäckigen Widerstand der Bevölkerung. Moskau etablierte ein Marionettenregime, das zunächst von Babrak Karmals (1980-1986) und anschließend von Najibullah (1986-1992) geführt wurde. Der Islam avancierte zum ideologischen Gegenpol des Kommunismus, was sich in der Ausrufung des Jihad gegen die gottlosen Kommunisten und in der Bezeichnung der Widerstandskämpfer als Mujahidin äußerte. Vornehmlich lieferten die USA und Saudi-Arabien dem Widerstand Waffen und Geld. Dem pakistanischen militärischen Geheimdienst Inter Services Intelligence (ISI) fiel die Aufgabe zu, den Widerstand zu organisieren. Die Widerstandsparteien gruppierten sich um religiöse Führer und Islamisten. Jedoch scheiterten Bündnisse zwischen diesen stets an persönlichen Animositäten und politischen Gegensätzen. 1988 beschloss die Sowjetunion den sofortigen Abzug ihrer Truppen. Das Najibullah-Regime konnte sich noch bis 1992 behaupten. Erst die Einstellung der Finanz- und Militärhilfe aus Moskau bedingten dessen Zusammenbruch.

Die Herrschaft der Mujahidin (1992-1996) mündete in einem Bürgerkrieg, in dem Kabul in Schutt und Asche gebombt wurde und das Land in unzählige Kleinreiche zerfiel. Im Herbst 1994 nahmen die Taliban (Religionsschüler) Kandahar ein und gewannen binnen weniger Monate die Kontrolle über Südafghanistan. 1996 nahmen sie Kabul ein und machten Afghanistan zu einem "Islamischen Emirat". Die Parteien und Kriegsfürsten, die sich bis dato aufs Blut bekämpft hatten, schlossen sich gegen die Taliban zur Nordallianz zusammen. Unterstützung erhielten die Taliban aus Pakistan und Saudi-Arabien. Auch die USA und amerikanische wie saudi-arabische Firmen, die eine Pipeline von Turkmenistan durch Afghanistan nach Pakistan bauen wollten, bekundeten zeitweilig Interesse an den Taliban.

(Dr. Conrad Schetter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZEF Universität Bonn)

Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt unvorhersehbar, die Zivilbevölkerung trägt weiterhin die Hauptlast des Konflikts (UNAMA-Midyear Report von Juli 2013). Im Jahr 2013 stieg die Zahl der Verluste unter den Zivilisten um 14% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die steigende Zahl der Toten und Verletzten revidiert den Rückgang im Jahr 2012 und steht im Einklang mit den hohen Rekordzahlen von Zivilopfern im Jahr 2011 (UNAMA-Annual Report vom Februar 2014). Der Rückgang der Zahl der Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Jahr 2012 war als taktische Reaktion der Aufständischen auf den Rückzug der internationalen Truppen und keineswegs als Verlust an operationeller Fähigkeit interpretiert worden (ANSO Quarterly Report vom Juni 2012). Schon im Frühjahr 2013 waren die Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Vergleich zum Vorjahr um 47% angestiegen. Zudem nahmen militärische Konfrontationen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und afghanischen Sicherheitskräften in den ersten sechs Monaten 2013 zu (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Das Jahr 2013 wurde mittlerweile als das gewaltreichste seit 2001 bezeichnet; zuletzt stieg die Besorgnis über den drastischen Anstieg getöteter und verletzter Zivilisten, die im Kreuzfeuer bei Gefechten zwischen aufständischen und afghanischen Truppen oder aufgrund von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen, die regierungsfeindliche Gruppen gezielt platzierten, ums Leben kamen oder verletzt wurden. Der Anstieg der Gewalt wird unter anderem auch im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen gesehen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 22.7.2014).

Sicherheitslage in Kabul

Kabul zählt zu jenen Gebieten, in denen infolge militärischer, überwiegend afghanisch geführter Operationen, starker Präsenz sowie politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen eine partielle Stabilisierung erzielt werden konnte und die Sicherheitslage überwiegend unter Kontrolle ist. Kabul bleibt unter der Führung der ANSF die sicherste Gegend Afghanistans.

(Auswärtiges Amt: Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013; Afghan Analyst Network: "After the 'operational pause': ‚How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; Department of Defense: "Report on Progress Toward Security and Stability in Afghanistan" vom Dezember 2012)

Laut internationalen NGOs ist Kabul trotz Vorfällen und Angriffen einer der wenigen Orte Afghanistans, wo die Sicherheitssituation relativ gut und stabil ist. Dem Internationalen Polizei-Koordinierungsausschuss zufolge gehören Kabul und andere große Städten in Afghanistan zu den Orten, wo die Afghanische Nationalpolizei (ANP) bei der Gewährleistung von Sicherheit gut funktioniert. Laut IOM ist Kabul trotz einiger Selbstmordanschläge, die das Leben der Bevölkerung beeinträchtigen, sicherer und stärker unter Kontrolle als andere Orte in Afghanistan. Die unabhängige Afghanistan Independent Human Rights Commission teilt diese Meinung.

(Danish Immigration Service: "Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process" vom Mai 2012)

Der Fokus des Terrors liegt nicht auf Kabul oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Die Taliban, einschließlich des Haqqani-Netzwerks, führen jedoch weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe in der afghanischen Hauptstadt durch und zeigen, dass sie überall im Land zuschlagen können und selbst den sog. "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden. Dies zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und damit möglicher "Financiers" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu schüren.

(Afghanistan Analyst Network: After the 'operational pause': "How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; ACCORD [Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation]: "Ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan:

Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul vom 10. Jänner 2013, vergleiche auch Afghan Analyst Network: After the 'operational pause': How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013)

Im April 2013 kündigten die Taliban ihre Frühlingsoffensive "Khalid ibn al-Walid" [auch "Khaled ben Walid"] an. Größere Zwischenfälle in Kabul involvierten u.a. eine Explosion nahe des Verteidigungsministeriums in Kabul im März 2013, bei dem neun Zivilisten ums Leben kamen. Ein Beispiel für erfolgreiche Vereitelung war die Entdeckung eines größeren Waffenversteckes und die Festnahme von 5 Personen am 13. März 2013.

(U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Weitere größere, sicherheitsrelevante Vorfälle in Kabul:

Im Mai 2013 bekannte sich die Hezb-e Islami Gulbuddin zu einem Attentat in Kabul, bei dem 9 Zivilisten, 2 ISAF Mitarbeiter und 4 Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens getötet wurden und im Juni tötete ein Selbstmordanschlag auf den Supreme Court mindestens 17 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Im Juni 2013 gab es einige Anschläge der Taliban in schwerbewachten Gebiete Kabuls, in denen sich viele wichtige Gebäude befinden, wie zum Beispiel die NATO-Zentrale und der Präsidentenpalast. (BBC News: "Afghan Taliban assault in Kabul secure zone" vom 25. Juni 2013)

Am 2. Juli 2013 kam es zu einem Anschlag nahe einer UN Einrichtung, bei dem 6 Personen getötet wurden. Insgesamt kam es im Berichtszeitraum zwischen 16. Mai und 15 August zu 7 Selbstmordanschlägen in Kabul. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Die Taliban attackierten mit Schüssen und einer Autobombe im Oktober 2013 einen Konvoi ausländischer Fahrzeuge in Kabul. Es war der erste größere Vorfall seit Juli. (Reuters: "Taliban attack breaks months of quiet in Kabul", vom 18. Oktober 2013). Agence France-Presse [AFP] berichtet, dass in den Monaten vor diesem Anschlag die afghanische Hauptstadt relativ friedlich gewesen ist, nachdem zuvor einige Selbstmordanschlägen und bewaffnete Angriffe stattgefunden hatten. (AFP: "Suicide bomb attack in Kabul outside foreign compound", vom 18. Oktober 2013)

Am 16. November 2013 tötete ein Anschlag nahe einer Einrichtung, die für die Loya Jirga vorbereitet wurde 8 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 6. Dezember 2013)

Am 18. Jänner 2014 starben mindestens 24 Menschen bei dem Anschlag der Taliban auf ein unter Ausländern beliebtes und stark gesichertes Restaurant Restaurant in Kabul. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Entsetzen nach Taliban-Anschlag", vom 18. Jänner 2014)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 26. Jänner 2014 in Kabul vier Menschen getötet worden, am 25. Jänner 2014 wurden bei einer Explosion zwei Personen verletzt. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Selbstmordanschlag auf Regierungsbus in Afghanistan" vom 26. Jänner 2014)

Situation in der Provinz Ghazni:

Ghazni ist eine der wichtigsten zentralen Provinzen in Afghanistan und laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) die mit der zweithöchsten Bevölkerung. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Die Provinzen (Maidan) Wardak und Bamyan liegen im Norden, während die Provinzen Paktia, Paktyka und Logar im Osten niegen. Zabul liegt zwar südlich, grenzt aber gemeinsam mit Uruzgan an den Westen der Provinz. Die Provinz ist in achtzehn Distrikte unterteilt: der Hauptstadt Ghazni, Andar, Muqur, Qara Bagh, Gilan, Waghiz, Giro, Deh Yak, Nawar, Jaghori, Malistan, Rashidan, Ab Band, Khugiani, Nawa, Jaghato, Zankhan, Ajeristan and Khwaja Omari (Pajhwok o.D.a).

Ghazni zählt zu den volatilen Provinzen im Südosten Afghanistans, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Aktionen durchführen (Khaama Press 14.9.2014; vgl. Khaama Press 3.9.2014). Die regierungsfeindlichen Aufständischen zielen normalerweise auf Regierungsbeamte und -mitarbeiterInnen ab, die auf der Kabul-Kandahar Hauptautobahn unterwegs sind (Khaama Press 3.9.2014). In der Provinz werden Antiterror-Operationen durchgeführt, um gewisse Gegenden von Terroristen zu befreien (Khaama Press 28.10.2014; vgl. Khaama Press 20.10.2014; Peninsula 16.10.2014; Paninsula 30.9.2014).

Um die Sicherheit am Wahltag zu gewährleisten, lag in der südöstlichen Provinz Ghazni die Zahl der eingesetzten Sicherheitsleute bei rund 9.000. Es wurde mitgeteilt, dass die Wahlbeteiligung hoch war und dass bei manchen Wahllokalen 80% der Wähler Frauen waren (Tolo News 6.4.2014).

Im Jahresvergleich 2011 und 2013, ist die relativ hohe Zahl der regierungsfeindlichen Angriffe um 1% gestiegen. Im Jahr 2013 wurden

1.701 Vorfälle registriert (Vertrauliche Quelle 1.2014)

Hazara

Die Hazara unterscheiden sich von anderen Minderheiten in Afghanistan, da diese swohl als eine ethnische als auch aufgrund ihres schiitischen Glaubens eine religiöse Minderheit darstellen. Sie können aufgrund ihrer ostasiatischen Gesichtszüge, leicht von anderen Minderheiten unterschieden werden. Ihr deutlich anderes Aussehen in Kombination mit dem Praktizieren des Schiitentums hat sie über viele Jahrhunderte zu Angriffszielen gemacht (Atlantic Community Herbst 2011).

Besonders zu Zeiten der Taliban-Herrschaft wurde die Minderheit der Hazara verfolgt. Ihre Lage hat sich zwar deutlich verbessert, jedoch sind sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 4.6.2013).

Die schiitische Minderheit der Hazara verbessert sich ökonomisch und politisch durch Bildung. In der Vergangenheit wurden die Hazaras von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, inklusive weiblicher Hazara, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie, Medizin oder andere Bereiche ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 22.11.2013).

Einer der zwei Vizepräsidenten von Präsident Hamid Karzai ist Karim Khalil. Er stammt der Minderheit der Hazaren ab (CRS 23.10.2013).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind im Alltagsleben in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrte (Ulema) als auch im Hohen Friedenrat sind auch Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe. Zum Schiitischen Aschura-Fest am 06.12.2012 fand eine der schwersten Anschlagserien der letzten Jahre statt. In Kabul, Mazar-e-Scharif und Kandahar starben bei Angriffen auf schiitische religiöse Stätten etwas 60 Menschen, ca. 200 wurden verletzt. Zur Urheberschaft bekannte sich eine radikalislamische Gruppe aus Pakistan. Eine Auswirkung auf das nicht ganz spannungsfreie, aber insgesamt doch verträgliche Zusammenleben der Ethnien und Religionen konnte dennoch nicht beobachtet werden. Die politischen Kräfte des Landes zeigten sich über die Vorfälle erschüttert, verurteilten die Attentate und riefen zur Einigkeit auf.

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (vom 4.6.2013 und vom 31.03.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

Atlantic Community (Herbst 2011): Human Security, Peacebuilding, and the Hazara Minority of Afghanistan: A study of the importance of improving the community security of marginalized groups in peacebuilding efforts in non-Western Societies, http://archive.atlantic-community.org/app/webroot/files/articlepdf/Hazara.pdf , Zugriff 16.1.2014

CRS - US Congressional Research Service (22.11.2013): Afghanistan:

Politics, Elections, and Government Performance, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RS21922.pdf , Zugriff 16.12.2013

CRS - US Congressional Research Service (23.10.2013): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, http://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 3.1.2014

Menschenrechte:

Was Repressionen Dritter anbelangt, geht die größte Bedrohung der Menschenrechte von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Urheber von Menschenrechtsverletzungen praktisch keinen Einfluss und kann sie weder kontrollieren noch ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des desolaten Zustands des Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen. Immer wieder kommt es zu Entführungen, die entweder politisch oder finanziell motiviert sind (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).

Regierungsfeindliche Kräfte greifen systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind. Zu den primären Zielen solcher Anschläge zählen u.a. politische Führungskräfte, Lehrer und andere Staatsbedienstete, ehemalige Polizisten und Zivilisten, die der Spionage für regierungstreue Kräfte bezichtigt werden. Auch afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, werden von Taliban bedroht und angegriffen. In Gebieten, die ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen, nutzen regierungsfeindliche Kräfte Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Rekrutierungsmaßnahmen auf der Grundlage von Zwang. Personen, die sich einer Rekrutierung widersetzen, sind gefährdet, der Spionage für die Regierung angeklagt und getötet oder bestraft zu werden (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Personen, denen Verstöße gegen die Scharia - wie Apostasie, Blasphemie, freiwillige, gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch - vorgeworfen werden, sind nicht nur der Gefahr ihrer Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaften, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte ausgesetzt. Dies gilt sowohl für Frauen als auch für Männer (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).

Regierungsfeindliche Kräfte haben Berichten zufolge afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, bedroht und angegriffen. Regierungsfeindliche Kräfte greifen zahlreichen Berichten zufolge auch Zivilisten an, die der Zusammenarbeit oder der "Spionage" für die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte oder internationalen Streitkräfte verdächtigt werden. UNAMA hat viele Fälle dokumentiert, in denen regierungsfeindliche Kräfte Personen, die der Zusammenarbeit mit regierungstreuen Kräften verdächtigt werden, ermordet oder verstümmelt haben. Gemeinden in Distrikten mit einer weiten Verbreitung von improvisierten Sprengkörpern müssen Berichten zufolge mit schweren Vergeltungsmaßnahmen durch regierungsfeindliche Kräfte rechnen, wenn sie den afghanischen Sicherheitskräften die Lage der Sprengkörper mitteilen.

In einigen Fällen wurden Zivilisten, darunter Kinder, Berichten zufolge Ziele von Angriffen aufgrund des Verdachts, dass ein Familienmitglied für die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte arbeitet.

Quelle: Der Hohe Flüchtlingskommisar der Vereinten Nationen (UNHCR), 6. August 2013.

Versorgungslage

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser.

Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Die Behandlung psychischer Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet (abgesehen von einzelnen Pilotprojekten) nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).

Rückkehrfragen

Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013). Gemäß UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).

Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).

UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen (Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).

BF: Alles, was hier angegeben ist, stimmt. Ich möchte dazu nichts mehr sagen.

Nach Rückübersetzung merkt der BF an, dass er auf die Frage, in welchem Jahr er Afghanistan verlassen habe, gesagt hat, dass er im Jahr XXXX und nicht im Jahr XXXX Afghanistan verlassen hat.

R an D: Hat der BF zuvor angegeben im Jahr XXXX und nicht wie jetzt behauptet, im Jahr XXXX Afghanistan verlassen zu haben?

D: Ich bin bei Daten sehr penibel. Der BF hat ursprünglich angegeben "XXXX" Afghanistan verlassen zu haben.

Hinsichtlich der Frage, wann der Vater die Drohbriefe erhalten hat, (Seite 9) gibt der BF nach Rückübersetzung an, gesagt zu haben:

"Ungefähr 1 Monat vor dem Vorfall." Und nicht "1 Woche oder 2 Wochen vor dem Vorfall."

R an D: Was hat der BF in der Verhandlung angegeben?

Der D versichert, dass der BF "1 oder 2 Wochen vor dem Vorfall" angegeben hat.

[...]"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Lage in Afghanistan werden aufgrund der in der Verhandlung herangezogenen Quellen, welche dem Beschwerdeführer auch zur Stellungnahme vorgehalten wurden, und die dort daraus getroffenen vorläufigen entscheidungsrelevanten Feststellungen zum endgültigen Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben. Der Beschwerdeführer ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, Zugehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zum schiitisch-moslemischen Glauben. Er stammt aus einem Dorf in der Provinz XXXX, wo er bis zu seiner Flucht aus Afghanistan als Kind mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt hat. Die Mutter des Beschwerdfeührers sowie seine Geschwister (Bruder und zwei Schwestern) leben seither in Pakistan. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan bzw. in Pakistan die Schule besucht und cirka 6 bis 7 Jahre in einer Bäckerei gearbeitet, ehe er nach 12 Jahren Aufenthalt in Pakistan im Jahr 2014 dieses Land verließ.

Am XXXX stellte er im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, minderjährig zu sein. Nach dem Ergebnis des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom XXXX war der Beschwerdeführer damals jedoch bereits erwachsen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer als Sohn eines von den Taliban XXXX ermordeten Dolmetschers bei einer Rückkehr in sein Heimatdorf Verfolgung droht.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

Die Länderfeststellungen gründen auf den angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Für den erkennenden Richter besteht angesichts der Seriosität der Quellen kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden. Sie wurden dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und er ist diesen nicht entgegengetreten, sondern hat ihnen vielmehr zugestimmt.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen Lebensumständen in Afghanistan, zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit und zu seiner Asylantragstellung ergeben sich aus dem nachvollziehbaren und glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen des gesamten Verfahrens vor dem Bundesamt, den schriftlichen Beschwerdeausführungen und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhalt mit seinen Sprachkenntnissen.

Seine Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz ist durch das eingeholte ärztliche Gutachten nicht belegt; vielmehr ist danach bereits von seiner Volljährigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung auszugehen. Diesem Ergebnis ist der Beschwerdeführer zwar entgegengetreten, indem er nach der Aktenlage eine pakistanische Schulbesuchsbestätigung vorlegte, worin sein Geburtsdatum, wie von ihm angegeben, vermerkt war, jedoch ist deren Echtheit, jedenfalls aber deren inhaltliche Richtigkeit vor dem Hintergrund der eingeholten medizinischen Gutachten, welche demgegenüber als schlüssig erachtet werden, zu bezweifeln, weshalb sich auch das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht des Bundesamtes anschließt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig war. Dies insbesondere auch deshalb, weil der Beschwerdeführer mit dem ärztlich festgestellten Mindestalter von mehr als 21 Jahren das 18. Lebensjahr bereits deutlich überschritten hat, weshalb Zweifel bezüglich seiner Volljährigkeit nicht bestehen und dieser beim BVwG zudem angegeben hat, dass er sein Geburtsdatum von seiner Mutter wisse, dort aber auch vorgebracht hat, dass diese Analphabetin sei. Bemerkt wird ferner, dass der Beschwerdeführer am XXXX angab, seine Tazkira verloren zu haben, jedoch im Besitz von Schulzeugnissen und einer Flüchtlingskarte von UNHCR zu sein, diese Unterlagen im Asylverfahren aber nicht vorgelegt hat und schließlich am XXXX angab, keine Dokumente zu besitzen, welche sein Alter bestätigen könnten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen, ist ebenfalls nicht glaubhaft:

Das erkennende BVwG geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung vom XXXX bzw. aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes nicht davon aus, dass die Schilderung des Beschwerdeführers, dass sein Vater als Dolmetscher für die Regierung gearbeitet und von den Taliban getötet wurde sowie der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund dessen und seines Aufenthalts im Ausland von den Taliban getötet werden werden würde, der Wahrheit entspricht.

Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

Die Aussagen des Beschwerdeführers hinsichtlich der von ihm geschilderten Ermordung seines Vaters in Afghanistan wiesen zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Auch wenn das BVwG dem Beschwerdeführer einräumt, dass sich das von ihm behauptete Fluchtgeschehen bereits cirka 12 Jahre vor seiner nunmehrigen Ausreise aus Pakistan ereignet haben soll, der Beschwerdeführer damals noch ein Kind war und dieses zum Teil nur aus Erzählungen kennt, so haben sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auch hinsichtlich des Kerns des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers Widersprüche ergeben. Vielmehr war der Beschwerdeführer nicht in der Lage dieses Vorbringen gleichbleibend zu schildern.

Die Behörde kann einen Sachverhalt allerdings grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

So gab der Beschwerdeführer anlässlich seiner Erstbefragung am XXXX noch an, dass er 5 Jahre die Schule in XXXX besucht habe, brachte jedoch im Laufe des Verfahrens beim Bundesamt am XXXX vor, Afghanistan im Alter von vier Jahren verlassen bzw. in Pakistan 5 Jahre die Schule besucht zu haben. Diese Angaben sind nicht gleichbleibend und auch nicht miteinander in Einklang zu bringen. Legt man allerdings die genannten Schulbesuchszeiten insgesamt zu Grunde, dann resultiert daraus ein Schulbesuch von 5 Jahren in Afghanistan, ein Schulbesuch von 5 Jahren in Pakistan und eine Tätigkeit als Bäcker von 6 bis 7 Jahren in Pakistan und daraus ein tatsächliches Lebensalter des Beschwerdeführers von cirka 22 Jahren, was durchaus mit den Ergebnissen der medizinischen Altersfeststellung vom XXXX korreliert. Allerdings steht dies im Widerspruch zu seinen Angaben, er habe Afghanistan im Alter von vier Jahren verlassen, weil er nach seinen ursprünglichen Angaben über den Schulbesuch in Afghanistan damals bereits ca. 10 bzw. 11 Jahre alt gewesen sein müsste. Seine Angaben zum Schulbesuch bzw. seiner Ausreise aus Afghanistan sind daher selbst unter Bedachtnahme auf sein Vorbringen, die Dolmetscherin bei der Erstbefragung nicht gut verstanden zu haben, nicht miteinander in Einklang zu bringen und werden daher nicht als glaubwürdig erachtet. Dazu kommt noch, dass er sich bezüglich der Rückübersetzung der Erstbefragung in Widersprüche verwickelte, indem er deren Rückübersetzung am XXXX mit seiner Unterschrift bestätigte, jedoch am XXXX beim Bundesamt vorbrachte, dass damals viele Fehler passiert seien und keine Rücküberse tzung erfolgt sei. Anlässlich seiner Einvernahme am XXXX brachte er zu einem Vorhalt zu seinen Angaben bei der Erstbefragung vor, dass der Dolmetscher falsch übersetzt habe, dass der Beschwerdeführer mehrmals bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer habe dies dem Dolmetscher bei der Rückübersetzung gesagt und dieser habe gemeint, der Beschwerdeführer könne bei der Einvernahme richtigstellen, dass er nur einmal bedroht worden sei. Aus diesen widersprüchlichen Angaben des Beschwerdefühers über die Rückübersetzung der Erstbefragung ergibt sich nach Ansicht des BVwG zudem, dass auch seine Angaben über eine falsche Protokollierung wegen Übersetzungsfehlern nicht glaubhaft sind, insbesondere auch deswegen, weil sich dieser Vorgang nach Rückübersetzung der Verhandlungsschrift beim BVwG am XXXX auf ähnliche Weise wiederholte. In der Verhandlung wurde dieses Vorbringen von Seiten des vom BVwG bestellten und von diesen für die Verhandlung beeideten Dolmetschers nach ausdrücklicher Rückfrage des verfahrensleitenden Richters einerseits unverzüglich und ausdrücklich abgelehnt und haben sich andererseits keine Anhaltspunkte ergeben, dass dieser eine falsche Übersetzung vornehmen hätte wollen.

Auch die Schilderungen zum Vorbringen, dass der Vater des Beschwerdeführers wegen seiner Dolmetschertätigkeit von den Taliban ermordet worden sei, sind widersprüchlich und somit selbst unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer zum behaupteten Vorfallszeitpunkt noch ein Kind war, nicht glaubhaft: So brachte der Beschwerdeführer beim BVwG zunächst vor, dass die Leute, die den Leichnam seines Vaters zu ihnen nach Hause gebracht hätten, seiner Mutter erzählt hätten, dass der Grund der Ermordung seines Vater von Seiten der Taliban darin gelegen wäre, dass diese in ihm einen Spion gesehen hätten. Ebenso sei dieser in den Drohbriefen explizit aufgefordert worden seine Spionagetätigkeit einzustellen. Erhalten habe er diese Drohbriefe ungefähr eine Woche oder zwei Wochen vor diesem Vorfall. Dieser Umstand lässt sich allerdings mit seinen nachfolgenden Ausführungen nicht in Einklang bringen, als dieser im Zusammenhang der Dauer der Tätigkeit seines Vaters ausführte, dass dieser zwischen sechs Monaten und einem Jahr diese Tätigkeit ausgeübt habe. Jeden Freitag sei sein Vater dabei von dieser Tätigkeit nach Hause zurückgekehrt. In Widerspruch zu seiner ursprünglichen Aussage gab der Beschwerdeführer nunmehr an, dass dieser bereits in der zweiten Woche seiner Tätigkeit den ersten und in der dritten Woche der Tätigkeit den zweiten Drohbrief erhalten habe. Ungereimtheiten ergeben sich überdies im Zusammenhang mit dem Erhalt des dritten Briefes, als dieser zunächst ausführte, dass der Vater des Beschwerdeführers diesen kurz vor seiner Ermordung erhalten habe und die Taliban seinem Vater gegenüber die letzte Warnung ausgesprochen hätten. Im Laufe der Verhandlung gab dieser dann allerdings an, dass dieser Vorfall bereits im vierten oder fünften Monat seiner Arbeit stattgefunden habe, was wiederum mit seiner ursprünglichen Antwort, auf die Frage, wann der Vater des Beschwerdeführers Drohbriefe erhalten habe, dies ungefähr eine Woche oder zwei Wochen vor dessen Ermordung gewesen wäre, nicht in Einklang zu bringen ist. Insofern ist der Umstand irrelevant, dass der Beschwerdeführer nach Rückübersetzung des Protokolls anführte an Stelle einer oder zwei Wochen vor dem Vorfall ungefähr ein Monat gesagt zu haben. Der Vollständigkeit halber wird in diesem Zusammenhang noch einmal, wie bereits oben angemerkt, erwähnt, dass der Beschwerdeführer entgegen diesen übersetzten Angaben nach Rückübersetzung des Protokolls auch beim BVwG behauptete, dass die widersprüchlichen Daten falsch übersetzt worden seien, obwohl die Einvernahme in seiner Muttersprache Dari erfolgte. Dies kann jedoch lediglich als Schutzbehauptung gewertet werden, als der für die Verhandlung beeidete Dolmetscher auf ausdrückliches Hinterfragen versichern konnte, dass der Beschwerdeführer ursprünglich ein oder zwei Wochen vor dem Vorfall angegeben hat.

Abgesehen von diesen widersprüchlichen Angaben ist es für das BVwG nicht plausibel, dass die Taliban einer Person gegenüber, die sie der Spionage bezichtigt haben sollen, unter den vom Beschwerdeführer geschilderten Umständen derart gemäßigt auftreten würden. Ebenso ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Taliban in diesem Fall mit der Verwirklichung ihrer Drohung solange zuwarten hätten sollen, nachdem sie mehr oder weniger bereits unmittelbar nach Beginn der Dolmetschertätigkeit des Vaters mit den Drohungen diesem gegenüber begonnen haben sollen.

Ungereimtheiten ergeben sich überdies in der Darstellung der Reaktion des Vaters des Beschwerdeführers auf die an ihn gerichteten Drohbriefe, als dieser zunächst ausführte, dass diese von ihm zerrissen worden wären, nachdem er sie gelesen habe. Einerseits gab dieser als unmittelbare Reaktion auf den Erhalt dieser Briefe an, dass er Angst gehabt habe, andererseits es als Scherz einer seiner Freunde aufgefasst habe. Im Laufe der Verhandlung gab dieser dann allerings wiederum an, dass sein Vater Angst gehabt habe, aber gezwungen gewesen wäre arbeiten zu gehen. Abgesehen davon, dass es für das BVwG in einer solchen Situation nicht nachvollziehbar ist, dass der Vater des Beschwerdeführers im Hinblick der von den Taliban mehrfach ergangenen Drohungen, seine Arbeit noch fortgesetzt haben will, ist es überdies nicht verständlich, dass dieser in einer solchen Situation keine Vorkehrungen gegen etwaige Übergriffe getroffen hat. Die Behauptung, dass der Beschwerdeführer sehr arm gewesen sei und deshalb nicht die Möglichkeit gehabt habe sich Waffen zu besorgen bzw. nicht bewaffnet unterwegs gewesen sei, lässt sich jedenfalls mit seinen späteren Angaben, dass dieser bei den Amerikanern als Dolmetscher gut verdient habe nicht in Einklang bringen.

Ebenso sind auch seine Angaben beim BVwG darüber, wann er Afghanistan verlassen habe, in sich widersprüchlich, indem er zunächst vorbrachte, dass dies XXXX gewesen sei, im weiteren Verlauf der Einvernahme jedoch angab, er sei im Jahr XXXX aus Afghanistan ausgereist. Insbesondere nach seinem erneuten Versuch, dies nach Rückübersetzung auf XXXX richtig zu stellen, ist sein diesbezügliches Vorbringen nicht glaubhaft.

Nicht nachvollziehbar ist für das BVwG des weiteren, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten Tätigkeit seines Vaters als Dolmetscher nicht einmal Angaben darüber machen konnte, in welcher Provinz dieser tätig gewesen sein soll. Gerechtfertigt wurde dies insbesondere damit, dass die Mutter des Beschwerdeführers Analphabetin gewesen sei und diese ihm auch auf Nachfrage darüber nichts erzählen habe können. Insofern ist es umso unglaubwürdiger, dass ihm seine Mutter, die Strecke, die sein Vater von deren Heimatdorf bis zu der Provinz, in der er gearbeitet haben soll, zurücklegen habe müssen, als sehr gefährlich bzw. von den Taliban kontrolliert, beschreiben habe können, wenn diese gleichzeitig aber nicht in der Lage war den Ort des Arbeitsplatzes ihres Mannes zumindest der entsprechenden Provinz zuzuordenen oder gar zu benennen. Unabhängig davon ist es für das BVwG nicht nachvollziehbar, dass die Mutter des Beschwerdeführers mit ihren Ehegatten nicht über dessen Einsatzort gesprochen haben will, sodass dieser ein solcher zumindest phoenetisch bekannt gewesen sein musste und dieser mündlich wiedergegeben werden hätte könne, als diese ansonsten dem Beschwerdeführer auch entsprechende Auskunft geben konnte.

Das BVwG geht somit im Hinblick des Vorbringen des Beschwerdeführers in der Verhandlung davon aus, dass der Vater des Beschwerdeführers weder als Dolmetscher tätig gewesen ist bzw. von den Taliban auf Grund seiner Tätigkeit auch nicht als Spion betrachtet worden ist, noch jemals auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt worden ist, sodass es nunmehr auch nicht nachvollziehbar erscheint, weshalb am Beschwerdeführer Rache genommen werden sollte. Der Beschwerdeführer legte in der Verhandlung zwar zwei Berichte vor, wonach Dolmetscher Opfer von Anschlägen in Afghanistan geworden sind, doch lassen diese weder einen Rückschluss auf den Vater des Beschwerdeführers noch dessen Familie zu.

Abgesehen von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers, ist es aber auch vor dem Hintegrund der getroffenen Länderfeststellungen nicht plausibel, dass er in die Fänge der Taliban geraten sollte. Zwar wurden danach in einigen Fällen Zivilisten Ziele von Angriffen auf Grund des Verdachtes, dass ein Familienmitglied für die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte arbeitete, jedoch wäre im vorliegenden Fall der Vater, welcher als Dolmetscher tätig gewesen sein soll, bereits getötet worden, weshalb nicht ersichtlich ist, dass dem Beschwerdeführer wegen dieser Tätigkeit seines Vaters noch eine Verfolgung durch die Taliban in Afghanistan drohen würde.

Sein weiteres Vorbringen in der Verhandlung beim BVwG, dass ihm die Taliban wegen seines Auslandsaufenthaltes eine Spionagetätigkeit unterstellen und ihn alleine deswegen töten würden, hat er hingegen erstmals beim BVwG erstattet und stellt dies daher eine unglaubwürdige Steigerung seines bisherigen Vorbringens dar, zumal er dies schon längst vor dem BFA vorbringen hätte können.

Seinem Vorbringen zum Fluchtgrund kann somit auf Grund von Widersprüchlichkeiten bzw. nicht plausiblen Ausführungen, insbesondere auch wegen der erheblichen Abweichungen im Kern des Fluchtvorbringens im Zusammenhalt mit seinen unglaubwürdigen Angaben zu seinem Alter keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden, sodass davon auszugehen ist, dass das vom Beschwerdeführer behauptete Vorbringen zu seinen Fluchtgründen nicht den Tatsachen entspricht und er auch im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht der Gefahr ausgesetzt ist, von den Taliban verfolgt zu werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Mangels anderslautender Vorschriften in den auf den gegenständlichen Fall anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. 12013/33 i.d.F. BGBl. 1 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Im vorliegenden Fall ist das AsylG 2005, BGBl. 1 Nr. 100/2005 anzuwenden, da der Antrag auf internationalen Schutz am XXXX gestellt wurde.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idgF sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Antrag auf internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (Ziffer 1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund gesetzt hat (Ziffer 2).

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH vom 22.12.1999, ZI. 99/01/0334; vom 21.12.2000, ZI. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, ZI. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, ZI. 93/01/0284; vom 15.03.2001, ZI. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Ein in seiner Intensität asylrefevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt daher nur dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einen in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, ZI. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, ZI. 98/20/0233).

Bei der Beurteilung, ob die Furcht "wohlbegründet" ist, kommt es nicht auf den subjektiven Angstzustand des Asylwerbers an, sondern es ist vielmehr zu prüfen, ob die Furcht objektiv nachvollziehbar ist, ob also die normative Maßfigur in derselben Situation wie der Asylwerber ebenfalls Furcht empfinden würde. Das UNHCR-Handbuch spricht davon, dass nicht nur die seelische Verfassung der entsprechenden Person über ihre Flüchtlingseigenschaft entscheidet, sondern dass diese seelische Verfassung durch objektive Tatsachen begründet sein muss. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, wenn substantielle Gründe für das Vorliegen der Gefahr sprechen. Erst dann kann vom Bestehen einer "Verfolgungsgefahr" ausgegangen werden (vgl. FranklAnerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, Asylgesetz 2005 idF Asylgerichtshofgesetz 2008, 5. Auflage, K7 und K8 zu § 3 AsylG; Seite 66). In diesem Sinne ergibt sich auch aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine "Verfolgungsgefahr' dann anzunehmen ist, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, ZI. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, ZI. 2001/20/0011). Die Verfolgung muss konkret dem Asylwerber drohen-nicht etwa einem Verwandten oder Bekannten. Nur wenn auch diesbezüglich die erforderliche Wahrscheinlichkeit vorliegt, ist die Furcht objektiv begründet (vgl. FranklAnerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, Asylgesetz 2005 idF Asylgerichtshofgesetz 2008, 5. Auflage, K13 zu § 3 AsylG; Seite 67). Damit die Verfolgung asylrelevant ist, muss sie in einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) stehen, wobei der Konventionsgrund ein wesentlicher Faktor für die Verfolgung sein, jedoch nicht als einziger oder beherrschender Faktor vorliegen muss (vgl. dazu Putzer - Rohrböck, Asylrecht, Leitfaden zur neuen Rechtslage nach dem AsylG 2005, Wien 2007, Rz 72).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539; 17.3.2009, 2007/19/0459).

3.2.2. Es haben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer, der der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben angehört im Herkunftsland auf Grund generalisierender Merkmale einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

3.2.3. Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer - wie in der Beweiswürdigung dargelegt - nicht glaubhaft machen, dass ihm eine Verfolgung aus Gründen der GFK droht.

3.2.4 Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aus den von ihm geltend gemachten Gründen verlassen hat, und es lässt sich auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten:

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

3.2.5. Eine konkret gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr aus in der GFK genannten Gründen ist somit nicht ersichtlich. Da der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht hat, liegen die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht vor. Die Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht erblickte im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; im Einzelnen wird hiezu auf die ausführliche Begründung verwiesen.

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