VwGH 99/20/0586

VwGH99/20/05868.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des IMJ in Salzburg, geboren am 20. November 1975, vertreten durch Mag. Rainer Hessenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alter Markt 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. Oktober 1999 (schriftlich ausgefertigt am 8. November 1999), Zl. 209.958/0-V/13/99, betreffend Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 Asylgesetz und Feststellung gemäß § 8 Asylgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
EMRK Art3;
AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
EMRK Art3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone betreffenden Spruchpunkt II wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundeskanzleramt) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste am 12. Jänner 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Er gab bei seiner Vernehmung durch das Bundesasylamt am 18. Februar 1999 an, am 20. November 1975 in "Mayeni Kambia Sierra Leone" geboren und Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein. Zuletzt habe er in "Sierra Leone, Nr. 248 Bockarrystreet, Koluhr" mit seinem Vater und seiner Mutter gewohnt. Seit 1994 sei er Leibwächter bei dem König seines Dorfes gewesen. Am 19. Oktober 1998 sei sein König überfallen worden. Zwei der Leibwächter seien zu Beginn des Überfalls weggelaufen, er jedoch sei geblieben, um seinen König zu verteidigen. Als sein König sich weggezaubert hätte, sei auch er weggelaufen. Ein verfeindeter Nachbar habe den Vater des Beschwerdeführers beschuldigt, an dem Überfall beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin sei sein Vater wegen Hochverrats gehängt, das Haus mit seiner Mutter verbrannt und er selbst verhaftet und in das weit entfernte Zentralgefängnis in "Koindu" eingeliefert worden. Es sei ihm aber gelungen, die Gefängniswand mit einem Messer und einem Löffel in zwei Tagen aufzuritzen und am 22. Dezember 1998 zu fliehen. Er wäre auch in einem anderen Dorf in Sierra Leone nicht sicher gewesen. Wegen seiner anglikanischen Religion habe er keine Probleme gehabt und er sei auch nicht politisch tätig gewesen.

Mit Bescheid vom 27. April 1999 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab. In einem zweiten Spruchpunkt des Bescheides wurde ausgesprochen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone sei zulässig.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer u.a. aus, der demokratisch gewählte Dorfkönig der "Peoples Party", dessen Leibwächter er gewesen sei, trachte nach seinem Leben. Es gehe dem König auch darum, die privaten Güter der Familie des Beschwerdeführers zu bekommen. Das Verfolgungsrisiko erhöhe sich noch auf Grund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur christlichen Religion. Er könne in seinem Heimatland mit keiner Verfolgungssicherheit mehr rechnen. Seine Eltern seien bereits umgekommen und ihm drohe das selbe. Er beantragte die Beischaffung geeigneter Unterlagen zum Beweis seiner Angaben.

In einem in Übersetzung vorliegenden, eigenhändig geschriebenen und der Berufung beigelegten "Ansuchen um Asyl" führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, er sei "am 20. November 1975 in Mayeni, in der Stadt Kambia in Sierra Leone geboren" und habe "in 24B Bockary St., Gbaru, Koluhr, in der Kenema-Region, Sierra Leone" gewohnt. Der König Mami, dem er als Leibwächter gedient habe, sei ein sehr gefährlicher, herzloser und bestechlicher Mann. Er habe bei kleinsten Vergehen Christen getötet, um sich ihr Land zu nehmen, und gehöre zur Geheimkultorganisation der "Reformed Ogboni Fraternity". Als der Beschwerdeführer nach seiner Flucht aus Sierra Leone nach Europa gekommen sei, habe er keine Dokumente gehabt, weil ihm diese im Gefängnis weggenommen worden seien. Seine Identität könnte aber leicht "durch einen Krio oder Mende-Übersetzer" nachgewiesen werden.

Dem Ausspruch über die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Sierra Leone trat der Beschwerdeführer mit dem Argument entgegen, er sei Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und die aktuelle militärische Lage sei extrem unsicher. Regierungs- und Rebellentruppen lieferten sich Kämpfe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers nicht sicher machen würden. Sowohl auf Grund der geschilderten individuellen Fluchtgründe als auch der allgemeinen schlechten Sicherheitslage habe er im Falle seiner Rückkehr mit unmenschlicher Behandlung zu rechnen. Sollte er in seine Heimat abgeschoben werden, würde er dort der Gefahr ausgesetzt sein, eine unmenschliche Behandlung durch die Behörden Sierra Leones oder durch König Mami zu erleiden. Eine gefahrlose Rückkehr könne nicht erfolgen, weil in Sierra Leone ein Bürgerkrieg herrsche und durch die Intensität der Kämpfe und die unerträglichen Lebensverhältnisse eine extreme allgemeine Gefahrenlage entstanden sei, bei der er im Falle einer Abschiebung mit schweren Rechtsgutverletzungen rechnen müsse.

Zum Beweis hiefür legte der Beschwerdeführer mit der Berufung Auszüge aus einem Urteil eines deutschen Verwaltungsgerichtes vom Mai 1998 und einer vom Februar 1998 stammenden Auskunft von Amnesty International vor. In der Entscheidung des deutschen Verwaltungsgerichtes wurde in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, in Sierra Leone sei durch die Intensität der Kämpfe, die unerträglichen Lebensverhältnisse und eine insgesamt katastrophale Lage eine extreme allgemeine Gefahrenlage entstanden, bei der praktisch jeder Ausländer im Falle seiner Abschiebung mit schweren Rechtsgutverletzungen rechnen müsse. Sierra Leone sei ein nach jahrelangem Bürgerkrieg in weiten Teilen zerstörtes Land, in dem ein Wirtschaftsleben nicht mehr existiere und die medizinische Versorgung nirgendwo gewährleistet sei. Nochmals drastisch zugespitzt habe sich die Situation durch die schweren Kämpfe im Februar 1998. Auch in der Folgezeit sei keine Beruhigung der Lage eingetreten. Angesichts des desolaten Zustandes des Landes und im Hinblick auf die in regelmäßigen Abständen besonders zu Lasten der Zivilbevölkerung immer wieder neu aufflammenden Kämpfe habe die Ablösung der AFRC-Regierung und die Wiedereinsetzung des gewählten Präsidenten noch nicht zu einer Verbesserung der Lage geführt.

Darüber hinaus beantragte der Beschwerdeführer zu diesem Beweisthema seine persönliche Einvernahme und die Einholung von Stellungnahmen des UNHCR, von Amnesty International und des Ludwig Bolzmann - Institutes für Menschenrechte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung die Berufung gemäß § 7 AsylG ab und sprach gemäß § 8 AsylG aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone zulässig sei.

In der Begründung dieser Entscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass die vom Antragsteller behaupteten Umstände bzw. Ereignisse, insbesondere die Identität und die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, nicht festgestellt werden können, weil dessen Angaben aus näher ausgeführten Gründen unglaubwürdig seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/1999, (im Folgenden: AsylG) hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, (im Folgenden: FlKonv) ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die belangte Behörde hat den Aussagen des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt. Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde den schriftlichen Beweisanträgen des Beschwerdeführers vom 8. Oktober 1999 auf Beiziehung eines Sachverständigen für Geographie zum Zwecke der Auffindung der Stadt "Koluhr" in der Kenema-Region nicht entsprochen habe. In der ersten Verhandlung (am 30. August 1999) sei weiters ein Dolmetscher (Sallieu K. für die Sprache Krio) beigezogen worden, der in der zweiten Verhandlung (am 28. Oktober 1999) neben zwei weiteren Personen (M. für die Sprache Mende und Samuel K. für die Sprache Krio) als "Sachverständiger" einvernommen und beeidet worden sei. Der Beschwerdeführer habe gegen Sallieu K. bereits in der ersten Verhandlung und sodann mit Schreiben vom 2. September 1999 Einwände erhoben.

In dem genannten Schreiben hatte der Beschwerdeführer ausgeführt:

"When you brought in the Mr. K., I don't know why he was telling you the things he told you about my Krio. I have met Mr. K. in Traiskirchen while he was serving in the kitchen there. He is known among other asylum seekers as a salesman of information - especially about Sierra Leone.

I do not feel comfortable with Mr. K. as a translator or a witness. From having experienced Mr. K. myself and the reports I have since obtained from other asylum seekers, he is not to be trusted. Consequently, I would not trust his so-called friends who supposedly speak the Mende tribal language.

(...) When I experienced Mr. K. lying at our meeting on 30 August 1999, I again felt very worried and scared about corruption."

Bei den beiden anderen oben genannten, als Sachverständige einvernommenen Personen habe die belangte Behörde nach den weiteren Ausführungen in der Beschwerde nicht dargelegt, wie sie zur Ansicht gelange, dass es sich um Staatsangehörige von Sierra Leone handle. Die "Sachverständigen" hätten auch nicht Befund und Gutachten erstattet, sondern lediglich Fragen an den Beschwerdeführer gerichtet und dazu Erklärungen abgegeben. Sie hätten auch nicht als nichtamtliche Sachverständige herangezogen werden dürfen, weil die belangte Behörde nicht ermittelt habe, ob Amtssachverständige zur Verfügung stünden. In der zweiten Verhandlung vom 28. Oktober 1999 habe der Beschwerdeführer Herrn M. vorgeworfen, nicht Mende, und Herrn Sallieu K., nicht Krio mit ihm zu sprechen. Schließlich sei die belangte Behörde nicht auf den Vorschlag des Beschwerdeführers eingegangen, einen Textauszug auf Krio zu lesen und (in die englische Sprache) zu übersetzen.

Bekämpft wird die Beweiswürdigung der belangten Behörde auch im Hinblick auf die Schlüsse, die im angefochtenen Bescheid aus den Angaben des Beschwerdeführers über die Nationalspeise und die Essgewohnheiten in Sierra Leone und über das Schicksal der von ihm in Kopie vorgelegten Personaldokumente gezogen werden. Auch der (nach ihren Ausführungen allerdings "nicht entscheidungswesentlichen") Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sein schon bei der Ersteinvernahme erstattetes Vorbringen in der Berufungsverhandlung "zu glatt und lückenlos" wiederholt und sei daher "von seinem Rechtsvertreter unter Zuhilfenahme des Erstprotokollss offenbar gebrieft" worden, wird entgegengetreten. Die "teilweise bestehenden Abweichungen" seien auf Protokollierungsfehler zurückzuführen, die der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren ausdrücklich und begründet gerügt habe.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer in Bezug auf den hier zu erörternden Spruchpunkt aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Ihre Ansicht, dem Beschwerdeführer sei jegliche persönliche Glaubwürdigkeit abzusprechen, hat die belangte Behörde nämlich zunächst auf den persönlichen Eindruck gestützt, den sie im Zuge der Verhandlungstagsatzungen während des Berufungsverfahrens vom Beschwerdeführer gewinnen konnte. Danach habe der Beschwerdeführer den "dringenden Eindruck" erweckt zu glauben, beliebige Angaben machen bzw. seine Aussage auf Vorhalt nach Belieben modifizieren zu können. Er habe belustigt gewirkt und nach dem Eindruck des Verhandlungsleiters Vergnügen daran gehabt, die Wahrheitsfindung zu behindern.

Dieser persönliche Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wird in der Bescheidbegründung nach einem allgemein gehaltenen Hinweis auf den - zuvor wörtlich wiedergegeben

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann der Eindruck, den die belangte Behörde vom Beschwerdeführer gewonnen hat, schon auf Grund der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben über die Ausstellung seiner Identitätskarte (Seite 7 und 21 der Bescheidbegründung) und

Ob die Stadt Koluhr, in der die Dokumente ihrem Inhalt nach ausgestellt wurden und in der der Beschwerdeführer danach - im Widerspruch zu seinen Angaben vor dem Bundesasylamt und in der Berufung - auch geboren worden wäre, existiert oder nicht, ist im Zusammenhang mit der Würdigung seiner Unfähigkeit, über die Lage dieser Stadt in der Berufungsverhandlung auch nur halbwegs konkrete Angaben zu machen (Seite 20 der Bescheidbegründung), gleichfalls nicht von Bedeutung. Die Verfahrensrüge, es sei entgegen dem im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag des Beschwerdeführers kein Geographieexperte beigezogen worden, um die Frage der Existenz und Lage dieser nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ganz unbedeutenden, im herangezogenen Kartenmaterial aber nicht auffindbaren Stadt endgültig aufzuklären, geht schon deshalb ins Leere.

Was die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers anlangt, so hat sich die belangte Behörde auch in diesem Punkt zunächst auf das widersprüchliche Aussageverhalten des Beschwerdeführers gestützt. Der weiteren Ansicht der belangten Behörde, auf Grund der Angaben der als Sachverständige beeideten "sprachkundigen Personen" steht fest, dass der Beschwerdeführer weder "Krio" noch "Mende" spreche, tritt der Beschwerdeführer mit Argumenten entgegen, die sich auf den Vorrang amtlicher gegenüber nichtamtlichen Sachverständigen, auf das Fehlen nachvollziehbarer Befunde und Gutachten sowie darauf beziehen, dass der Beschwerdeführer gegen eine der drei "sprachkundigen Personen" schon im Verwaltungsverfahren Einwände erhoben habe und ihm hinsichtlich der anderen beiden Personen keine Gelegenheit dazu gegeben worden sei. Diese Kritik erscheint zumindest teilweise als berechtigt, wobei hinsichtlich des zuletzt erwähnten Punktes freilich anzumerken ist, dass in der Beschwerde keine Einwendungen nachgetragen werden. Das Thema ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber insgesamt nicht entscheidungswesentlich, weil es angesichts des schon aus anderen Gründen nachvollziehbaren Eindruckes, den die belangte Behörde von der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers gewonnen hat, nicht mehr darauf ankommt, ob er die Sprachen "Krio" und "Mende" beherrscht. Aus dem gleichen Grund braucht auch auf die Frage, inwieweit er über die Essgewohnheiten in Sierra Leone informiert ist, nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war daher insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides:

Zur Feststellung über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone hat der Verwaltungsgerichtshof in dem auch in der Beschwerde zitierten, ebenfalls Sierra Leone betreffende Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0465, vor dem Hintergrund der dort zu Beginn des Jahres 1999 herrschenden außergewöhnlichen politischen Verhältnisse ausgesprochen, dass eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in den Staat, in dem diese Gefahrenlage herrscht, abgeschoben wird, auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei der konkreten Gefahr einer Verletzung im Besonderen der auch durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegen stünde; der Gerichtshof hat die erwähnten Umstände im bezeichneten Zeitraum als eine extreme Gefahrenlage dieser Art bewertet.

Ein Grund, im Falle einer behaupteten extremen Gefahrenlage von einer Prüfung derselben Abstand zu nehmen, besteht für die Behörde - entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung - auch dann nicht, wenn sie den Angaben des Beschwerdeführer über seine Identität und seine Herkunft keinen Glauben schenkt. Fragen der Identität und der Herkunft spielen nur dort eine Rolle, wo Zweifel an den diesbezüglichen Angaben des Fremden zu dem Ergebnis führen, die den Abschiebungsschutz begründende Bedrohung - hier die extreme Gefahrenlage - sei nicht glaubhaft (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0465 m.w.N.).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem zweiten, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone betreffenden Spruchpunkt II gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitierte wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 8. Juni 2000

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