VwGH 2008/18/0087

VwGH2008/18/008728.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des D B, geboren am 5. April 1978, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 10. Dezember 2007, Zl. E1/443.067/2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §125 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §27 Abs1;
StGB §107 Abs1;
FrPolG 2005 §125 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §27 Abs1;
StGB §107 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom 10. Dezember 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Laut seinen unbestätigten Angaben sei der Beschwerdeführer am 5. Mai 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle, in einem LKW versteckt, in Österreich eingereist und habe am selben Tag beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Oktober 2003 unter gleichzeitiger Feststellung, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Jugoslawien zulässig sei, abgewiesen worden sei.

Der Beschwerdeführer, dessen vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz mit 18. November 2003 widerrufen worden sei, habe sich in der Folge illegal im Bundesgebiet aufgehalten und sei mit Strafbescheid der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) vom 10. August 2004 wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. Der von der Erstbehörde daraufhin gegen ihn wegen Mittellosigkeit erlassene Aufenthaltsverbotsbescheid vom 10. August 2004 sei mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2005 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben worden.

Wie einem vom Beschwerdeführer bei der Erstbehörde gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu entnehmen sei, habe er am 19. Oktober 2004 in Wien eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Sein Antrag sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 (rechtskräftig seit 2. Juli 2007) vor allem deshalb abgewiesen worden, weil seine Ehe mit 16. Februar 2006 rechtskräftig geschieden worden sei.

Der Beschwerdeführer sei am 12. Juli 2005 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, weil er seine Ex-Gattin am 15. Mai 2005 durch die Äußerung, er würde sie schlagen, wobei er diese Drohung insofern bekräftigt habe, als er einen Sessel aufgehoben habe, sowie die sinngemäße Äußerung, er würde sie umbringen und wüsste jetzt schon ganz genau, wann und wo er sie umbringen würde, wobei es ihm egal wäre, ob er hiefür zehn oder zwanzig Jahre ins Gefängnis käme, gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Gegen den Beschwerdeführer habe ein von der Bundesrepublik Deutschland ausgeschriebenes und bis 21. Oktober 2006 gültiges "Einreise-/Aufenthaltsverbot für das Schengener Gebiet" bestanden, wobei er von der Staatsanwaltschaft in Hildesheim wegen des Vorwurfes der Urkundenfälschung zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben worden sei. Zuletzt sei er von der Erstbehörde wegen des unrechtmäßigen Aufenthalts mit Strafverfügung vom 25. September 2007 (rechtskräftig mit 16. Oktober 2007) bestraft worden.

Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers jedenfalls seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens bzw. nach der rechtskräftigen Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unrechtmäßig gewesen sei, seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung im Grund des § 53 Abs. 1 FPG - vorbehaltlich des § 66 Abs. 1 leg. cit. - gegeben gewesen.

Der Beschwerdeführer sei geschieden und habe keine Sorgepflichten. Zuletzt seien - nach einer Versöhnung - neuerlich familiäre Bindungen zu seiner Ex-Gattin behauptet worden.

Im Hinblick auf den bisher über viereinhalbjährigen, jedoch zuletzt über neunmonatigen unrechtmäßigen Aufenthalt sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer trotz der mehrfachen Äußerungen seiner Ex-Gattin - die von ihm offenbar nichts mehr wissen habe wollen - insofern Glauben schenken wollte, dass diese "im Begriff sei, eine neue Beziehung einzugehen", wäre dieser Eingriff in sein allfälliges Familienleben zulässig, weil er zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Freiheit anderer - dringend geboten sei. Da der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch zwei rechtskräftige und noch nicht getilgte schwerwiegende Bestrafungen im Sinn des § 60 Abs. 2 Z. 2 FPG aufweise, wären sogar die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegeben gewesen. Zudem habe der Beschwerdeführer augenscheinlich dargelegt, dass er nicht davor zurückschrecke, andere Menschen mit dem Umbringen zu bedrohen und diese dadurch in massive Furcht und Unruhe zu versetzen. Dazu komme, dass er unter den gegebenen Umständen rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Die Ausweisung sei daher dringend geboten und im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig.

Mangels besonderer, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer am 27. Oktober 2004 die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger" beantragt habe, er auf Grund seiner Eheschließung am 19. Oktober 2004 nach dem Fremdengesetz 1997 - FrG ein Aufenthaltsrecht gehabt habe und ihm nach diesem Gesetz eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen gewesen wäre, wobei auch der Umstand, dass seine Ehe seit 16. Februar 2006 rechtskräftig geschieden sei, keinen Eingriff in das Aufenthaltsrecht gerechtfertigt hätte.

1.2. Dieses Vorbringen ist bereits deshalb nicht zielführend, weil dem angefochtenen Bescheid nicht die Rechtslage nach dem FrG, sondern jene nach dem FPG zugrunde zu legen war. Ab dem In-Kraft-Treten des FPG (mit 1. Jänner 2006) waren und sind nämlich sämtliche Sachverhalte, die als Grundlage für die Erlassung einer Ausweisung (oder eines Aufenthaltsverbotes) herangezogen wurden bzw. werden, nur mehr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen (vgl. § 125 Abs. 1 leg. cit.).

Das weitere Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer als (früherer) Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin nach dem NAG ein von seiner Ehegattin abgeleitetes, trotz der Scheidung weiterhin geltendes, für die Dauer von fünf Jahren abgeleitetes Aufenthaltsrecht habe, welches Vorbringen offenbar auf die Bestimmung des § 27 Abs. 1 NAG abzielt, geht schon deshalb fehl, weil diese Bestimmung u.a. voraussetzt, dass dem Familienangehörigen eines Zusammenführenden bereits eine Niederlassungsbewilligung erteilt wurde, was hier jedoch nicht der Fall war.

1.3. Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht, dass dem Beschwerdeführer, dessen vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz mit 18. November 2003 widerrufen worden war, auch kein sonstiger Aufenthaltstitel erteilt wurde. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte und die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den rund viereinhalbjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers und seine Behauptung, dass er im Begriff sei, mit seiner Ex-Gattin eine neue Beziehung einzugehen, einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Zu Recht hat sie jedoch auch die Auffassung vertreten, dass dieser Eingriff zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0372). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer, der sich nach seiner illegalen Einreise am 5. Mai 2003 bis zum Widerruf seiner asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nur auf Grund eines sich als unberechtigt erweisenden Asylantrages und darüber hinaus nur auf Grund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die jedoch mit 16. Februar 2006 rechtskräftig geschieden wurde, im Bundesgebiet aufhalten konnte und dessen Aufenthalt jedenfalls seit In-Kraft-Treten des NAG (mit 1. Jänner 2006) zur Gänze unrechtmäßig war, gravierend beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid am 15. Mai 2005 straffällig geworden war, sodass er am 12. Juli 2005 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt wurde, und er darüber hinaus zweimal wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes bestraft wurde, wobei er auch nicht in Abrede stellt, dass er sich trotz eines von der Bundesrepublik Deutschland ausgeschriebenen und bis 21. Oktober 2006 gültigen "Einreise-/Aufenthaltsverbotes für das Schengener Gebiet" in Österreich aufgehalten hat.

In Anbetracht dieses Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers und selbst unter Zugrundelegung der Beschwerdebehauptung, dass er in Österreich arbeite, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung der Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Interessen im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

Im Übrigen kann - entgegen der Beschwerdeansicht - auch keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde gegen ihre Ermittlungsverpflichtung verstoßen und den angefochtenen Bescheid mangelhaft begründet habe.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. Februar 2008

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