BVwG L508 2150241-1

BVwGL508 2150241-124.5.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L508.2150241.1.00

 

Spruch:

L508 2150241-1/6E

 

L508 2150244-1/6E

 

L508 2150239-1/6E

 

L508 2150238-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX , diese wiederum vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX , diese wiederum vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführer, gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als BF1 bis BF4 bezeichnet, sind Staatsangehörige des Iran sowie der persischen Volksgruppe und der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, reisten im Dezember 2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 24.12.2014 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei den BF3 und BF4 handelt es sich um die minderjährigen Söhne des Ehepaares BF1 und BF2.

 

Am 24.12.2014 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF1 und der BF2 statt. Auf die Frage, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe (Fluchtgrund), gab der BF1 an, dass er im Jahr 2009 bei einer Demonstration dabei gewesen sei. Seither sei er unter Beobachtung und Kontrolle der Sicherheitsbeamten gewesen. Man habe ihn immer wieder verhört. Bei einer Rückkehr aus Dubai sei ihm am Flughafen der Reisepass abgenommen worden, was für ihn ein Zeichen dafür gewesen sei, dass sein Leben in Gefahr sei. Bei einer Rückkehr habe er Angst um das eigene Leben und das Leben seiner Familienangehörigen. Die BF2 schilderte auf die gleiche Frage, dass ihr Gatte Schwierigkeiten mit der Sicherheitsbehörde habe. Seinetwegen hätte sie den Iran verlassen. Man habe ihnen die Reisepässe abgenommen, um sie an der Ausreise zu hindern. Bei einer Rückkehr habe sie Angst um das eigene Leben und das Leben ihrer Familienangehörigen.

 

2. Am 19.10.2016 wurden der BF1 und die BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD OÖ Außenstelle Linz, im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

 

Auf Befragung zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates (Fluchtgründe) brachte der BF1 vor, im Jahr 2009 sei im Iran die Wahl von Mahmud Ahmadinedschad gewesen. Was passiert sei, wisse er nicht genau - glaublich Wahlbetrug. Aus diesem Grunde seien viele Iraner auf der Straße gewesen und habe er einmal mit seiner Gattin und seinen Kindern zugesehen. Nachdem sich die Situation beruhigt habe - ca. drei Monate später - seien zwei Geheimdienste bei ihm zu Hause gewesen. Diese hätten ihm Fotos gezeigt und ihn beschuldigt, dass er auf der Straße und gegen die iranische Republik gewesen sei. Er hätte zu erklären versucht, nur als Zuschauer anwesend gewesen zu sein. Man habe zu ihm gesagt, sie müssten genau schauen, ob dies stimme oder nicht. Jeden zweiten oder dritten Monat habe ihn der Geheimdienst besucht. Zwischen 2009 bis 2014 sei es so gewesen, dass sie ihn immer zu Hause und in der Arbeit aufgesucht hätten. Er habe zunächst geglaubt, dass es sich beruhigt habe. Dann habe sein Nachbar - ein gläubiger Moslem - dem Geheimdienst Informationen gegeben, dass er im Jahr 2009 bewusst auf der Straße gewesen sei und gegen das Regime geschimpft hätte. Vom Geheimdienst hätte er Bescheid bekommen, wenn er den Iran verlasse, müsse er der Behörde Bescheid geben. Aber er habe noch den Reisepass gehabt. Er habe lediglich Bescheid geben müssen. Als er nach Italien oder in die Türkei gewollt habe, hätten sie ihm genehmigt, dort Urlaub machen zu können. Bei der vorletzten Reise in die Türkei hätten sie das Haus als Sicherheit verlangt. Als er allein gereist sei, habe man keine Sicherheit verlangt, aber bei der Ausreise der gesamten Familie hätten sie von ihm das Haus als Sicherheit verlangt. Er habe mit seiner Familie nochmals Urlaub machen wollen und vom Reisebüro ein Last Minute Angebot erhalten. Die Reise sei innerhalb von drei oder vier Tagen gewesen. Er habe die Reise gebucht und der Behörde Bescheid geben wollen. Es sei aber niemand erreichbar gewesen. Er habe sich gedacht, es sei kein Problem. Er würde mit seiner Familie nach Dubai reisen und bei seiner Rückkehr dort Bescheid geben.

 

Als er mit seiner Familie in den Iran zurückkehrte, hätten sie ihn am Flughafen in ein anderes Zimmer gebracht, seinen Reisepass sichergestellt und drei bis vier Stunden befragt. Er sei am nächsten Tag bei meinem Anwalt gewesen. Dieser habe ihm versichert, dass er Probleme bekommen würde. Es könnte sein, dass sie ihn abholen und festnehmen. Man werde ihm und seiner Familie Probleme machen.

 

Nach der Ausreise der Familie sei der Geheimdienst bei der Familie seiner Frau gewesen, um ihren Aufenthaltsort zu erfahren. Die Familie seiner Frau habe diesen nicht gekannt. Erst vier Monate nach der Auseise hätten sie Kontakt mit diesen aufgenommen.

 

Darüber hinaus gab der BF zu Protokoll, dass er nicht oft bei offiziellen Gebeten dabei gewesen sei. Daher hätten sie gewusst, dass er kein so gläubiger Moslem sei und geglaubt, dass er gegen die Regierung sei. Des Weiteren hätte er oft schlecht gegen die Regierung gesprochen.

 

Bei einer Rückkehr in den Iran würden sie ihn glaublich am Flughafen festnehmen, aber seine Familie freilassen. Hinzu komme, dass er illegal ausgereist sei und da würde er noch mehr Probleme bekommen. Normalerweise würden sie Kinder in Ruhe lassen. Seine Ehefrau sei die Mutter von den Kindern und als Betreuerin der Kinder würden sie sie auch in Ruhe lassen.

 

Für den BF3 und den BF4 würden die gleichen Asylgründe wie für ihn selbst gelten.

 

Die BF2 führte im Wesentlichen aus, dass sie den Iran verlassen hätte, weil ihr Ehemann Probleme bekommen habe. Für sie würden dieselben Gründe wie für ihren Ehepartner gelten.

 

Im Falle der Rückkehr in den Iran würde man sie mindestens ein Jahr und ihren Ehemann mehrere Jahre inhaftieren, nachdem die Familie illegal vom Iran weggegangen sei. Vielleicht würden sie auch ihre Kinder festnehmen. Bislang sei ihre Familie nach ihrer Ausreise noch nicht von der Polizei belästigt worden.

 

Einmal sei der Geheimdienst bei ihnen gewesen. Die Söhne seien zu Hause gewesen. Als sie die Tür geöffnet habe, hätten sich diese vorgestellt und ein paar Fragen über ihren Mann gestellt, etwa mit wem ihr Mann Kontakt habe, mit wem er arbeite oder ob sie zu Hause Satellit hätten. Insgesamt seien sie fünf- oder sechsmal bei ihnen zu Hause gewesen und hätten immer wieder die gleichen Fragen gestellt.

 

Sie selbst habe keine Probleme. Sie habe nur Probleme wegen ihres Ehemannes.

 

Im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde brachte der BF1 - jeweils in Kopie - die Geburtsurkunden der Beschwerdeführer, seinen Personalausweis, die Reisepässe des BF1 und der BF2, ein Deutschkurszertifikat Niveau A2 vom 11.07.2016 und Unterstützungsschreiben der Pfarre XXXX als Unterkunftgeber und der NMS XXXX in Vorlage.

 

Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin wurden im Übrigen die länderkundlichen Feststellungen zur Lage im Iran ausgehändigt und hierbei eine dreiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme vereinbart. Der BF1 und die BF2 ließen die Stellungnahmefrist ungenützt verstreichen.

 

3. Im Verlauf des Verfahrens legten die Beschwerdeführer zudem ein weiters Unterstützungsschreiben der Pfarre XXXX als Unterkunftgeber vom 26.03.2016 und der NMS XXXX vom 04.04.2016 vor. Zudem brachten sie ein Referenzschreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde XXXX vom 29.03.2016 und zahlreiche weitere iranische Dokumente in Vorlage.

 

4. Mit jeweiligem Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11.11.2016 bezüglich des BF1, vom 18.11.2016 bezüglich der BF2, vom 16.11.2016 bezüglich des BF3 und vom 11.11.2016 bezüglich des BF4 wurde der belangten Behörde zum Untersuchungsbegehren mitgeteilt, dass es sich bei den zur Untersuchung vorgelegten Urkunden (Personenstandsurkunde und Führerschein des BF1, Personenstandsurkunde und Heiratsurkunde der BF2, Geburtsurkunde des BF3 und Personenstandsurkunde des BF4) um Originaldokumente handelt.

 

5. Mit den angefochtenen Bescheiden des BFA vom 28.02.2017 wurde der jeweilige Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der jeweilige Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran traf das BFA insbesondere Feststellungen zur politischen Lage, Sicherheitslage, zum Rechtsschutz/ Justizwesen, Frage der Minderheiten/ Ethnien, zur Justiz, zu Sicherheitsbehörden und Menschenrechten, zur Bewegungsfreiheit, zur Grundversorgung/ Wirtschaft und zu Rückkehrfragen sowie zur Situation der Frauen (bezüglich der BF2).

 

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubhaft sei. Die Zweitbeschwerdeführerin und der Dritt- sowie der Viertbeschwerdeführer seien wegen des Vorbringens ihres Gatten/ Vaters aus dem Iran ausgereist, wobei bezüglich dessen - als nicht glaubhaft qualifizierten - Ausreisevorbringens auf die Beweiswürdigung im Bescheid des Erstbeschwerdeführers verwiesen werde.

 

In der rechtlichen Beurteilung wurde jeweils begründend dargelegt, warum der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

 

6. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 08.03.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

6.1. Zunächst wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

 

* die angefochtenen Entscheidungen dahingehend abändern, dass dem jeweiligen Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und den Beschwerdeführern der Status der Asylberechtigten zuerkannt werde;

 

* in eventu die angefochtenen Entscheidungen beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückverweisen;

 

* in eventu die angefochtenen Entscheidungen dahingehend abändern, dass gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt werde;

 

* allenfalls die gegen die Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufheben und feststellen, dass ihre Abschiebung in den Iran nicht zulässig sei und

 

* eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.

 

6.2. Sodann wurde ausgeführt, dass das BFA festgestellt habe, dass keine Verfolgung des BF1 in seinem Heimatland vorliege und der BF1 zu keiner Zeit eine tatsächliche personenbezogene, asylrelevante Verfolgung vorgebracht habe. Die Behörde habe zudem festgestellt, dass aus divergierenden Aussagen die Ausreise aus dem Iran betreffend zu schließen sei, dass der BF1 und die BF2 nicht die Wahrheit gesagt hätten und der einzige Grund für das Verlassen des Heimatlandes, im Wunsch eine bessere Zukunft für die ganze Familie zu sichern, liege. Dem sei zu entgegnen, dass der BF1 bezüglich der Ausreisegründe ausführliche Angaben gemacht habe. Obwohl der BF1 ausdrücklich einer Überprüfung im Heimatstaat zugestimmt habe, habe die belangte Behörde keine Überprüfung getätigt bzw. in Auftrag gegeben, sondern pauschal alle Angaben als unwahr bezeichnet. So hätte die Behörde z.B. prüfen können, ob das Haus im Iran - genauso wie die Reisepässe - beschlagnahmt worden sei.

 

In der Erstbefragung wie auch in der Einvernahme sei vom BF1 und der BF2 nie behauptet worden, dass Heimatland wegen der schlechten finanziellen Situation verlassen zu haben. Wie das BFA zur Feststellung komme, dass der Grund für das Verlassen des Iran, im Wunsch eine bessere Zukunft für die Kinder zu sichern, liege, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Ganz im Gegenteil, die wirtschaftliche Situation der Familie im Iran sei sehr gut gewesen. Auch hier hätte die Behörde prüfen können, ob die Angaben des BF1 über seine Baufirma stimmen würden.

 

Er sei jedenfalls nicht klar aus welchem "sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens" sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhalts, welcher zur Gewährung von Asyl bzw. von subsidiären Schutz führen würde, ergeben würden, da das BFA kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe.

 

6.3. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

 

7. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die Verwaltungsakte des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer, des jeweiligen Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen die Bescheide des BFA erhobenen Beschwerde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Verfahrensbestimmungen

 

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

1.3. Prüfungsumfang

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

1.4. Familienverfahren

 

§ 34 AsylG 2005 lautet:

 

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

 

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen (BF1 bis BF4) vor.

 

2. Zur Entscheidungsbegründung:

 

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer, der bekämpften Bescheide sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

 

2.1.1. Zur Person der Beschwerdeführer und deren Fluchtgründen:

 

Die Beschwerdeführer sind iranische Staatsangehörige und gehören der persischen Volksgruppe sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft an.

 

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest. Die Beschwerdeführer tragen den im Spruch angeführten Namen und sind an dem angegebenen Datum geboren.

 

Die Mutter des BF1, drei Brüder und eine Tante des BF1, die Eltern der BF2 und sieben Geschwister der BF2 leben nach wie vor ohne erkennbare Schwierigkeiten im Iran.

 

Der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Fluchtgrund (Verlassen des Heimatlandes aufgrund wiederkehrender Befragungen des BF1 und der BF2 durch die iranischen Geheimdienste samt Abnahme der Reisepässe) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. deren Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer Gefahr liefen, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würden.

 

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführer in ihrem Heimatland festgestellt werden.

 

Die Beschwerdeführer nehmen in Österreich weder psychotherapeutische noch medizinische Hilfe in Anspruch; sie leiden an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

 

Die Beschwerdeführer lebten vor ihrer Ausreise zuletzt in der iranischen Hauptstadt Teheran. Der BF1 und die BF2 besuchten im Iran für 12 Jahre die Schule. Anschließend legten sie erfolgreich die Matura ab. Der BF1 absolvierte eine dreijährige Lehre im Baubereich. Die BF2 studierte vier Jahre Englisch für Dolmetscher. Vor der Ausreise war der BF1 als Bauunternehmer tätig und die BF2 organisierte den Haushalt der Familie. Nebenbei gab sie Kleinkindern Privatunterricht für die englische Sprache und führte für Studenten Übersetzungen durch. Der BF3 und der BF4 besuchten in Teheran die Schule.

 

Die Beschwerdeführer haben in Österreich keine Verwandten. Der BF1 und die BF2 besuchen Deutschkurse. Der BF1 absolvierte bereits einen Kurs auf dem Niveau A2, die BF2 auf dem Niveau A1. Der BF3 und die BF4 gehen hier zur Schule. Die Beschwerdeführer knüpf(t)en in ihrem Wohnort freundschaftliche Kontakte. Sie befinden sich in der Grundversorgung und leben von staatlicher Unterstützung. Der BF1 verrichtet ehrenamtlich Dolmetschertätigkeiten und auch die BF2 ist einmal pro Woche für ein bis zwei Stunden gemeinnützig für € 30,-- in der Pfarre tätig. Des Weiteren hilft die BF2 auch bei unterschiedlichen Veranstaltungen mit. Die Beschwerdeführer brachten Unterstützungsschreiben (vom Bürgermeister der Wohnortgemeinde, vom Unterkunftgeber und von einem Mitglied der Unterstützungsplattform für Flüchtlinge im Wohnort der Beschwerdeführer/ Leiterin der NMS im Wohnort) in Vorlage. Die Beschwerdeführer sind unbescholten.

 

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration der Beschwerdeführer in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

 

Sie haben mit Ausnahme ihres nunmehrigen Aufenthalts in Europa - abgesehen von Geschäfts- oder Urlaubsreisen - ihr gesamtes Leben im Iran verbracht, wo sie sozialisiert wurden und wo sich nach wie vor ihre nächsten Verwandten aufhalten.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr zumindest vorübergehend bei ihren Familienangehörigen wohnen werden können. Davon abgesehen sind der BF1 und die BF2 als arbeitsfähig und -willig anzusehen, was auch durch ihre jeweilige Ausbildung bzw. bisherige berufliche Tätigkeit im Iran belegt wird. Die Beschwerdeführer sprechen Farsi.

 

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Iran festzustellen ist.

 

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran wird auf die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde in den bekämpften Bescheiden verwiesen, die auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden. Insbesondere wurden nachstehende länderkundliche Feststellungen (unter Heranziehung der zitierten Quellen) getroffen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die nachstehenden Ausführungen zum Themenbereich "Frauen" lediglich im Bescheid der Zweitbeschwerdeführerin zu finden sind:

 

1. Politische Lage

 

Höchste politische Instanz ist Ayatollah Ali Khamenei, der "Oberste Führer der Islamischen Revolution". Dieser verfügt als Ausdruck des Prinzips der "Herrschaft der Islamischen Rechtsgelehrten" über eine verfassungsrechtlich verankerte Richtlinienkompetenz, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen. Die beiden Kernelemente der "Herrschaft des Rechtsgelehrten" sind zum einen das "göttliche Recht" als einzige Quelle staatlicher Legitimität und politischer Autorität sowie zum anderen die verbindliche Interpretation dieses Rechts durch den religiösen (Revolutions‑)Führer bis zur Wiederkehr des verborgenen Imams (AA 9.12.2015).

 

Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden. Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (derzeitiger Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Madschlis – Majlese Shorâ-ye Eslami / Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Über dem Präsidenten, der lt. Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer, seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran; Abk.: IRGC) und damit auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Für die entscheidenden Fragen der Islamischen Republik ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich. Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern, sowie der Wächterrat mit 12 Mitgliedern (davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs vom Majlis gewählte Juristen). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Normenkontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 10.2015, vgl. AA 9.12.2015, FH 27.1.2016). Weiters gibt es den Schlichtungsrat, der zwischen dem Parlament und dem Wächterrat, der als Verfassungsgericht fungiert vermittelt, wenn zwischen beiden ein Patt eintritt. Dann kann der Schlichtungsrat im Interesse der Staatsräson das Inkrafttreten eines Gesetzes erzwingen (FAZ 11.3.2015). Ausschließlich politische Parteien und Fraktionen, die sich dem Establishment und der Staatsideologie als loyal erweisen, ist es erlaubt, im Iran zu arbeiten. Reformistische Parteien und Politiker sind seit 2009 immer wieder unter Druck geraten (FH 27.1.2016).

 

Mit dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm und der Einigung auf ein Abkommen ("Joint Comprehensive Plan of Action") geht die Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft einher. Nach der Implementierung der im Atomabkommen vorhergesehenen Bestimmungen (starke Einschränkung iranischer Atomanreicherung, Umbau des Reaktors in Arak) ist eine schrittweise Aufhebung der bisher bestehenden Sanktionen vorgesehen (ÖB Teheran 10.2015, vgl. AA 9.12.2015). Die Sanktionen der USA und EU gegen den Iran sind aufgehoben. Das teilten US-Außenminister John Kerry und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am 16.1.2016 in Wien mit. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bescheinigte zuvor dem Iran, allen Verpflichtungen nachgekommen zu sein, die in dem 2015 geschlossenen Atomabkommen vereinbart wurden. Ohne Sanktionen wird der Iran unter anderem wieder viele Industriegüter frei einführen und Öl auf dem Weltmarkt frei verkaufen können. Zahlreiche westliche Länder warten darauf, wieder Geschäfte mit der Islamischen Republik machen zu können. Eine Reihe von Sanktionen, wie die zum Verkauf schwerer Waffen, bleibt jedoch noch für einige Jahre in Kraft. Beim Verstoß gegen die Vereinbarungen kann es zum Wiedereinsetzen der UN-Sanktionen ("snapback") kommen. Das wäre zugleich das Ende des Atom-Deals (Welt.de 16.1.2016).

 

Nach seiner Wahl zum Präsidenten kündigte der Kleriker Hassan Rohani in innen- und außenpolitischen Fragen einen moderaten Kurs und eine Abkehr von Extremismus und Konfrontation an. Rohanis Regierung von "Weitsicht und Hoffnung" (tadbir va omid) – so der Slogan seiner Wahlkampagne – gipfelte im Juli 2015 in der Unterzeichnung des "Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans" (JCPOA), der vorläufigen Beilegung des Streits über das iranische Atomprogramm und der bevorstehenden wirtschaftlichen Öffnung des Landes. Gleichzeitig konnte Rohani die in ihn gesetzten – wohl auch zu optimistischen – Erwartungen hinsichtlich substantieller Reformen innerhalb des Landes nicht erfüllen. Dies mag auch daran liegen, dass er sein gesamtes politisches Kapital in die Nuklearfrage investiert (hat) und sein Handlungsspielraum gering ist. Tatsache ist, dass bis dato weder das Wahlversprechen Rohanis einer Lockerung der Zensur noch die Freilassung politischer Gefangener (von wenigen Ausnahmen zu Anfang seiner Regierungsperiode, die rückblickend eher den Eindruck einer PR-Kampagne erwecken, abgesehen) eingelöst wurden. Mir Hussein Moussavi und Mehdi Karroubi stehen nach wie vor unter Hausarrest. Twitter, Facebook, YouTube und Millionen anderer Websites sind weiterhin blockiert; regierungskritischen Nutzern sozialer Netzwerke drohen hohe Haftstrafen. Die Anzahl an Hinrichtungen stieg seit Rohanis Amtsübernahme an und verbleibt weiterhin auf hohem Niveau. Bislang gibt es auch keine stichhaltigen Hinweise, dass der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen zu einer größeren Dynamik hinsichtlich innerer Reformen führen wird. Die vorläufige Bilanz der Regierung Rohanis ist daher eher ernüchternd. Ein stärkerer Durchgriff der moderaten Regierungskräfte auf Sicherheitsapparat und Judikative zeichnete sich weder ab, noch erscheint er angesichts des internen Machtgefüges realistisch. Die Initiative einer Bürgerrechts-Charta der Regierung Rohani, die den Schutz der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte stärken soll, ist bislang ohne konkretes Ergebnis geblieben. Ein Entwurf der Charta wurde am 26. November 2013 veröffentlicht; die Annahme der endgültigen Version steht weiterhin aus. Allerdings wurde die Charta von MenschenrechtsverteidigerInnen als nicht weit genug gehend kritisiert, insbesondere da alle von ihr garantierten Rechte unter der Einschränkung "im Rahmen des Gesetzes" und der Voraussetzung, dass sie die "Prinzipien des Islam nicht verletzen" stehen (ÖB Teheran 10.2015). Zwei Jahre nach Amtsantritt von Präsident Hassan Rohani ist eine punktuelle Liberalisierung etwa im Bereich der Kulturpolitik und an Hochschulen spürbar, angekündigte grundlegende Reformen auf den Gebieten Pressefreiheit und Frauenrechte bleiben bislang aus. Verfassungsmäßige Vetorechte des Revolutionsführers und des von ihm ernannten Wächterrates sowie der Umstand, dass Spitzenfunktionäre in Justiz und Sicherheitsorganen vom Revolutionsführer ernannt werden, setzen der gewählten Regierung bei ihren Reformbemühungen sehr enge Grenzen (AA 9.12.2015).

 

Das Konstrukt der Islamischen Republik gibt regelmäßigen Wahlen einen festen Platz, schränkt aber die Kandidaten durch Vorselektion ein. Dies erlaubt einen begrenzten Wettbewerb innerhalb einer prinzipiell systemtreuen Elite, über den das Regime flexibel auf innere und äußere Herausforderungen reagiert. Rohani steht für das Lager der Pragmatiker und Technokraten. Deren Vertreter wollen die Stabilität des Regimes über wirtschaftliche Entwicklung und konstruktive Außenbeziehungen sichern. Rohanis Kandidatur wurde von einem breiten politischen Spektrum getragen – angefangen von den Reformern über die traditionelle Geistlichkeit bis hinein ins konservative Lager. Die iranischen Wähler wollten Veränderung, doch der Verlauf der Protestbewegung nach den Präsidentschaftswahlen von 2009 und auch das Beispiel Syriens hatten ihnen gezeigt, wohin die direkte Konfrontation mit einem gewaltbereiten Regime führen konnte. Also stimmten sie für graduellen Wandel und zeigten damit eine in der Region kaum erreichte politische Reife. Doch Rohanis Versprechen von mehr Freiheiten und Bürgerrechten blieb bislang weitgehend unerfüllt. Zwar sind in der Presse Tabus gefallen und sogar Regierungsmitglieder kommunizieren über die eigentlich zensierten sozialen Netzwerke im Internet. Auch veröffentlichte Rohani einen vielbeachteten Entwurf einer Charta der Bürgerrechte. Doch Justiz und Sicherheitsapparat tun alles, um den Eindruck von größerer Offenheit zu trüben. Trotz Freilassung einiger prominenter politischer Gefangener sitzen noch immer dutzende Aktivisten und Kritiker in Haft. Erneut wurden Zeitungen geschlossen und Generalstaatsanwalt Mohseni Ejei warnte vor einer Wiedereröffnung der unabhängigen Journalistengewerkschaft. Die Zahl der Hinrichtungen ist alarmierend. Der Iran drängt selbstbewusst auf die internationale Bühne und agiert dabei keinesfalls immer so, als wäre er nach Jahren der Konfrontation endlich durch internationalen Druck auf eine konziliante Linie gebracht worden. Rohani vertritt die Interessen des Regimes und handelt in Übereinstimmung mit dem Revolutionsführer (IPG 27.1.2014).

 

Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt. Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt (AA 1 .2016a).

 

Die Machtkämpfe zwischen Hardlinern und Reformern dauern im Iran schon fast vierzig Jahre an. Nie zuvor jedoch disqualifizierten die greisen Kleriker des allmächtigen Wächterrates so viele Bewerber bei einer Parlamentswahl [26.2.2016] wie diesmal. Sieben lange Wochen dauerte das Ringen hinter den Kulissen, sieben kurze Tage der eigentliche Wahlkampf. Am Ende kam auf den Stimmzetteln ein Reformkandidat auf 30 Hardliner. Landesweit lag die Zahl der zugelassenen Politiker, die für eine Öffnung der Islamischen Republik eintreten, bei kümmerlichen 200 und damit sogar unterhalb der Gesamtmenge von 290 Wahlkreisen. Und trotzdem erteilte das Volk den durch beispiellose klerikale Machtwillkür dezimierten Mitstreitern des moderaten Präsidenten Hassan Rohani ein eindeutiges Mandat. In der 16-Millionen-Metropolregion Teheran eroberten die Reformer sämtliche Sitze. In der Provinz verschoben sich ebenfalls die Gewichte, wenn auch nicht so fundamental wie in der Hauptstadt. Noch stehen nicht alle Ergebnisse fest, weil in zwanzig Prozent der Wahlkreise Stichwahlen nötig sind. Doch die lähmende Dominanz der Erzkonservativen ist vorbei. Die Mehrheit der Iraner zeigte auf dem Stimmzettel, dass sie dem Ende des Atomkonflikts zustimmt und für mehr Offenheit und Pluralität im Inneren votiert. Hassan Rohani, der den Wahltag zu einem Referendum über seine Politik erklärt hatte, ist gestärkt. Er kann künftig bei der Regierungsbildung freier agieren. Das vorherige Parlament hatte mehreren Ministerkandidaten den Weg ins Kabinett verbaut, allein für den Hochschulminister brauchte der Regierungschef drei Anläufe. Zudem sind die Hardliner durch diese Niederlage mit ihrem Ziel gescheitert, den Handlungsspielraum des Präsidenten in einer möglichen zweiten Amtszeit ab 2017 einzuschränken. Nun aber hat Rohani gute Chancen, während der ersten Neuwahl eines Revolutionsführers in der Geschichte der Islamischen Republik Präsident zu sein. Machthaber Ali Chamenei ist betagt [76 Jahre] und hat [Prostata]Krebs. 2009 verhinderten er und seine erzkonservative Gefolgschaft den Ansturm der Reformer mit einer Unterdrückungskampagne. Doch seit dem Atomkompromiss verschieben sich die innenpolitischen Gewichte massiv. Das Volk will nach dem außenpolitischen Aufbruch nun auch die Umsetzung der Reformen im Inneren. 2013 bei seiner Wahl hatte Rohani den Bürgern sogar eine Grundrechtecharta in Aussicht gestellt, die die Willkürmacht der islamischen Herrschaft begrenzen soll. Gut zwei Jahre hielten die 81 Millionen Iraner still und ertrugen die Betonfraktion, wohl wissend, dass ihr Präsident zunächst den Atomstreit lösen würde. Die Zahl der Hinrichtungen stieg auf ein Rekordniveau, politische Aktivisten und sogar Musiker wurden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, Zeitungen geschlossen. Entsprechend lang ist die politische, soziale und kulturelle Forderungsliste der Menschen für die nächsten beiden Jahre – angefangen von Pressefreiheit und Parteienvielfalt bis hin zur Freilassung aller politischen Häftlinge, allen voran der Ikonen der Grünen Bewegung von 2009, die damaligen Präsidentschaftsbewerber Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi. Ob Rohani diese Erwartungen erfüllen kann, ist ungewiss. Bei den Atomgesprächen jedenfalls entpuppte er sich als Meisterstratege. Und so könnte es jetzt auch daheim noch einige Überraschungen geben (Zeit Online 29.2.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Sicherheitslage

 

Auch wenn die allgemeine Lage als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land, speziell in den größeren Städten. Sie haben in der Vergangenheit gelegentlich zu Kundgebungen geführt, besonders während (religiösen) Feiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das Risiko von Anschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 21.3.2016). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 21.3.2016b).

 

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Die iranische Regierung hat die Provinz im November 2007 für ausländische Staatsangehörige zur "no-go-area" erklärt. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschieht vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 21.3.2016b, vgl. BMEIA 21.3.2016).

 

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gab es vor einigen Jahren wiederholte Anschlagsserien gegen lokale Repräsentanten aus Justiz, Sicherheitskräften und sunnitischem Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr bereits seit Frühjahr 2009 intensiviertes Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt Kampfhandlungen zwischen Militär und der kurdischen Separatistenorganisation PJAK mit mehreren Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kommt es weiterhin zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Revolutionsgarden und der PJAK nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), sind am 8.9.2015 zwei Angehörige der Revolutionsgarden getötet und zwei weitere verletzt worden. Daneben soll es zwei PJAK-Todesopfer und fünf verletzte PJAK-Mitglieder gegeben haben. In Kurdistan besteht ein erhöhtes Aufkommen an Sicherheitskräften, mit häufigen Kontrollen bzw. Checkpoints ist zu rechnen (AA 21.3.2016b, vgl. BMEIA 21.3.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

3. Rechtsschutz/Justizwesen

 

Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 10.2015). In der Verfassung ist eine unabhängige Justiz verankert, in der Praxis steht sie unter politischem Einfluss. Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Der Oberste Führer ernennt den Chef der Judikative. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 25.6.2015).

 

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung des Iran steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß Art. 167, 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden.

 

Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative; Er ist laut Art. 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. In Iran gibt es eine Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA) sowie das "Centre for Legal Consultants of the Judiciary", dessen Mitglieder ebenfalls als Rechtsanwälte tätig werden dürfen. Die IBA gilt als unabhängige Organisation und arbeitet mit vielen internationalen Anwaltskammern eng zusammen. Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt. So kritisiert die IBA beispielsweise ein am 22.06.2015 in Kraft getretenes Gesetz, wonach Verteidiger von Angeklagten, denen politische oder sicherheitsgefährdende Straftaten vorgeworfen werden, zukünftig von der Justiz dafür zugelassen werden müssen (AA 9.12.2015).

 

Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Einschränkungen. Die Vorgehensweise zahlreicher Gerichte bei politischen Verfahren lässt darauf schließen, dass die Justiz in der Praxis nicht unabhängig ist, weder gegenüber der Exekutive noch gegenüber dem Revolutionsführer. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane – wie etwa der Geheimdienst oder die Revolutionsgarden – trotz formalen Verbots in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung genommen haben. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption; nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. Unzureichende Ausbildung der jungen Richter fördert zudem Abhängigkeit vom direkten Vorgesetzten (AA 9.12.2015).

 

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015).

 

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

 

 

 

 

 

 

 

Durch entsprechende Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft und arbiträr weite Auslegung der Straftatbestände kann die Zuständigkeit anderer Gerichte umgangen werden. Grundsätzlich finden Verfahren mit politischem Bezug vor dem Revolutionsgericht statt, da die Anklage regelmäßig auf "Handlungen gegen die Sicherheit des Landes" lautet. Die Revolutionsgerichte sind mit besonders linientreuen Richtern besetzt. Die Verfahren vor Revolutionsgerichten sind häufig kurz und summarisch, eine umfassende Überprüfung des Sachverhalts findet kaum statt, die Verteidigung hat oft nur unzureichend oder keine Zeit zur Vorbereitung und zur angemessenen Verteidigung ihres Mandanten. In vielen Fällen findet trotz gegenteiliger Anweisung des Chefs der Judikative keine oder nur eine mangelhafte Verteidigung durch einen Anwalt statt. Gegen Entscheidungen der ordentlichen Strafgerichte und der Revolutionsgerichte können Rechtsmittel zunächst beim Berufungsgericht und dann beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden, die jeweils spezielle Kammern für Verfahren vor dem Revolutionsgericht haben. Bei Todesurteilen, Haftstrafen von mehr als zehn Jahren und Amputationsstrafen ist der Oberste Gerichtshof alleinige Rechtsmittelinstanz (AA 9.12.2015, vgl. AI 24.2.2015).

 

Im Juni 2015 trat die neue Strafprozessordnung in Kraft, die nahezu ein Jahrzehnt in Arbeit war. Es sind nun einige überfällige Reformen im Justizsystem enthalten, wie Einschränkungen der provisorischen Untersuchungshaft bei Fällen von Fluchtgefahr oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit, striktere Regulierungen betreffend Befragungen von beschuldigten Personen und die Ausweitung des Rechts auf einen Anwalt. Nichtsdestotrotz scheitert die Strafprozessordnung an vielen großen Mängeln im iranischen Strafjustizsystem (AI 11.2.2016). Die neue Strafprozessordnung verbesserte zwar den Zugang von Häftlingen zu einem Rechtsbeistand; sie garantierte allerdings nicht den Kontakt zu einem Rechtsanwalt unmittelbar nach der Festnahme. Dies wäre aber notwendig, um Häftlinge vor Folter zu schützen. Außerdem konnte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeiständen die Einsicht in die Fallakten ihrer Mandanten teilweise oder gänzlich verweigern, wenn sie der Ansicht war, dass eine Akteneinsicht "die Wahrheitsfindung" behindern würde, sowie in Fällen, die die innere oder äußere Sicherheit betreffen. Damit wurde das Recht der Rechtsanwälte auf eine angemessene Vorbereitung der Verteidigung behindert. Im August 2014 brachte die Justiz- und Gesetzeskommission des Parlaments einen Gesetzentwurf ein, um das geplante Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung im Oktober zu verschieben. Begründet wurde dies mit "ernsthaften Problemen und Hindernissen bei der Umsetzung". Die Gesetzesvorlage zielte außerdem darauf ab, geplante Reformschritte wieder rückgängig zu machen, indem Änderungen zu 19 Artikeln vorgeschlagen wurden, in denen es zumeist um einen besseren Zugang zu Rechtsbeiständen ging (AI 25.2.2015).

 

Gerichte verurteilten Angeklagte weiterhin in Abwesenheit eines Rechtsbeistandes und aufgrund von "Geständnissen" oder anderen Informationen, die durch Folter und Misshandlung erpresst worden waren. In einigen Fällen wurden auf Anordnung der Behörden bereits vor der Gerichtsverhandlung "Geständnisse" der Angeklagten im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt und damit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Im September 2014 verabschiedete das Kabinett ein Gesetz über die Anwaltschaft, das von den Justizbehörden entworfen worden war, und legte es dem Parlament zur Zustimmung vor. Der Gesetzentwurf diskriminiert Nichtmuslime, weil er sie vom Vorstand der iranischen Rechtsanwaltskammer ausschließt. Auch die Unabhängigkeit der Kammer ist durch den Entwurf gefährdet (AI 24.2.2015).

 

Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Es ist kodifiziert im "Gesetz über die islamischen Strafen" vom 30. Juli 1991. Die letzte Änderung des Gesetzes trat am 18.06.2013 in Kraft. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

 

 

 

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutionen. Während für Hudud- und Qesas- Straftaten das Strafmaß vorgeschrieben ist, hat der Richter bei Taazirat-Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum (AA 9.12.2015).

 

Die seit Juli 2008 kontrovers zwischen Parlament und Wächterrat diskutierte Strafrechtsnovelle ist im Juni 2013 in Kraft getreten. Entgegen anfänglicher Erwartungen ist die Steinigung als Bestrafung für Ehebruch noch immer vorgesehen, auch wenn der Richter auf eine andere Form der Hinrichtung ausweichen kann. Darüber hinaus wurden alternative Maßnahmen für Kinder im Alter von 9 bis 15 implementiert, wie zum Beispiel Besuche beim Psychologen oder die Unterbringung in einer Besserungsanstalt, Auch nach neuem Strafrecht ist die Verhängung der Todesstrafe für Minderjährige möglich, wobei im Einzelfall auch die mangelnde Reife des Täters festgestellt und stattdessen eine Haft- oder Geldstrafen verhängt werden kann (AA 9.12.2015).

 

Strafverfolgungspraxis ist insbesondere in Bezug auf politische Überzeugungen diskriminierend. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, teils, weil ihnen das Recht verwehrt wird, teils, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten, z.B. Spionage für das Ausland oder Drogendelikten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch (AA 9.12.2015).

 

Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor an der Tagesordnung. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, sowie auf Vergehen wie Drogenkonsum oder außerehelichen Geschlechtsverkehr (ÖB Teheran 10.2015).

 

Es gibt verfahrensrechtliche Bestimmungen, die den Richtern die Anweisung geben, Quellen zu kontaktieren, wenn es keinen Gesetzestext zum Vorfall gibt. Weiters gibt es eine Bestimmung im Strafgesetzbuch, die Richtern ermöglicht, sich auf ihr persönliches Wissen zu berufen, wenn sie Urteile fällen (ICHR 7.12.2010).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

4. Sicherheitsbehörden

 

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung zur Vollstreckung der Gesetze und Aufrechterhaltung der Ordnung. So das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums und die Revolutionsgarden, die direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen in Städten und Dörfern, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Die Sicherheitskräfte werden nicht als völlig effektiv bei der Verbrechensbekämpfung angesehen und Korruption und Straffreiheit sind weiter problematisch. Menschenrechtsgruppen beschuldigten reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Missbräuche der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt auch keine Berichte, dass die Regierung Täter disziplinieren würde (US DOS 25.6.2015).

 

Seit 1991 sind die islamischen Revolutionskomitees, die Polizei und die Gendarmerie zu einer einzigen Sicherheitsbehörde mit einheitlichem Befehlsstrang und einheitlicher Verwaltung verschmolzen. Seit 2005 gibt es eine klare Aufgabenverteilung und Zuständigkeitsregelung zwischen den einzelnen Polizeikräften (Kriminalpolizei, Sittenpolizei und Verkehrspolizei). Das "Sepah-Pasdaran-Corps" ("Revolutionswächter") ist ein Instrument zur gewaltsamen Durchsetzung der Revolution und Islamisierung der Gesellschaft. Es war ursprünglich eine kleine Elitetruppe mit dem Ziel, die Revolution gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen. Im Laufe des Krieges gegen den Irak entwickelte es sich zu einer eigenständigen zweiten Streitmacht, dessen einzige Verbindung zum regulären Militär die Eingliederung des eigenen Generalstabs in den gemeinsamen Generalstab der Streitkräfte ist. Die Pasdaran besitzen inzwischen eine höhere Bedeutung als das reguläre Militär, sind moderner ausgerüstet und stellten beispielsweise während der Proteste im Juni 2009 einen Großteil der Sicherheitskräfte. Die Aufgaben sind gemäß ihrem Statut:

 

 

 

 

 

Die Pasdaran verfügen über eigene Gefängnisse und einen eigenen Geheimdienst. Die Liquidierung Oppositioneller wurde in den Jahren nach der Revolution v.a. von den Pasdaran durchgeführt. Sie sind darüber hinaus eng mit der Politik verzahnt und konnten in den vergangenen Jahren ihren wirtschaftlichen Einfluss ausbauen. Sie sind in allen Sektoren aktiv, mit teilweise monopolartigen Stellungen in der Rüstungs- und Bauindustrie, bei Energieprojekten, im Schmuggel von Konsumgütern und im Telekommunikationssektor (AA 9.12.2015, vgl. DW 13.6.2013, FH 2.11.2015).

 

Die sog. Bassij-Bewegung wurde 1980 von Staatsgründer Ayatollah Khomeini als schnell mobilisierbare Volksmiliz aufgestellt. Sie ist ein paramilitärischer Freiwilligenverband, der organisatorisch den Sepah-Pasdaran unterstellt ist. Ihm gehören auch Frauen an. Mitglieder ohne militärische Ausbildung erhalten von den Sepah-Pasdaran in sogenannten Aschura-Bataillonen eine militärische Grundausbildung (AA 9.12.2015). Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da vor allem die Basijis nicht nach iranisch-rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander. Viele Schätzungen nehmen an, dass heute mehrere Millionen Basijis im Iran tätig sind. Bereits auffälliges Hören (insb. westlicher) Musik, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam oder gemeinsame Autofahrten junger nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen kann den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Verprügelung durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Zu Verhaftungen kommt es immer wieder auch, wenn (junge) Menschen gemischtgeschlechtliche Partys feiern oder sie sich nicht an die Bekleidungsvorschriften halten. Manchmal kann bei Frauen schon ein zu kurzer/ enger Mantel oder das Hervorlugen von Haarsträhnen unter dem Kopftuch für eine Verhaftung, bei Männern zu eng anliegende Jeans, das Tragen von Goldschmuck oder ein außergewöhnlicher Haarschnitt reichen (ÖB Teheran 10.2015).

 

Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst ("Vezarat-e Etela’at") mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Die Organisation ist aufgeteilt in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität. Der Inlandsgeheimdienst hat die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition. Er stellt eine engmaschige Überwachung der Bürger sicher, die potentiell für das Regime gefährlich werden könnten. Seine Mitglieder sitzen in den Ministerien und öffentlichen Behörden, in staatlichen und privaten Betrieben sowie in den Universitäten. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz. Ladungen zu Anhörungen beim Geheimdienst ergehen grundsätzlich nur mündlich. Der Trakt 209 des Evin-Gefängnisses in Teheran untersteht der Kontrolle des Geheimdienstes.

 

Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung (AA 9.12.2015).

 

Neben einem "Hohen Rat für den Cyberspace" wurde am 23. Januar 2011 die iranische Internet-Polizei (FATA) gegründet, die sich nur mit Internetkriminalität beschäftigt. Im Anfangsstadium hat diese Polizei-Einheit vor allem bei der Überwachung von Oppositionellen und Menschenrechts-Aktivisten eine maßgebliche Rolle gespielt. Nachdem der Blogger Sattar Beheshti im November 2012 unter ungeklärten Umständen nach Inhaftierung durch die FATA starb, verlegte die Einheit ihren Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfälle und Verletzungen von Privatsphäre im Internet (AA 9.12.2015).

 

Staatsschutzeinrichtungen und Geheimdienste unterhielten eigene Haftzentren, die trotz anderslautender Gesetze nicht der staatlichen Gefängnisbehörde unterstanden. In diesen Haftzentren waren Folter und andere Misshandlungen an der Tagesordnung. In einigen Fällen "verschwanden" Todeskandidaten vor ihrer Hinrichtung, indem man sie in diese Einrichtungen verlegte (AI 24.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

5. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Der Iran zählt zu den Ländern mit einer beunruhigenden Lage der Menschenrechte, was sich auch auf die Asyl- und Migrationsströme auswirkt (ÖB Teheran 10.2015). Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit waren 2015 weiterhin stark eingeschränkt. Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschafter und Personen, die Kritik äußerten, wurden aufgrund von vage formulierten und überaus weit gefassten Anklagen festgenommen und inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen waren an der Tagesordnung und blieben straflos. Die Haftbedingungen waren hart. Gerichtsverfahren waren unfair und in einigen Fällen endeten sie mit Todesurteilen. Frauen sowie Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wurden durch Gesetze und im Alltag diskriminiert. Die Behörden vollstreckten grausame Körperstrafen. Gerichte verurteilten Menschen wegen einer Reihe von Verbrechen zum Tode. Viele Gefangene wurden hingerichtet, darunter mindestens vier, die zur Tatzeit noch minderjährig waren (AI 24.2.2015, vgl. US DOS 25.6.2015, UN Human Rights Council 12.3.2015).

 

Repressive Elemente innerhalb des Sicherheitsapparates, des Geheimdienstes und der Justiz bewahrten ihre Macht und blieben weiterhin die Haupttäter bei Menschenrechtsverstößen. Exekutionen, vor allem bei Drogenvergehen stiegen im Vergleich zu früheren Jahren nochmals an. Sicherheitsbehörden und Geheimdienst inhaftierten Journalisten, Blogger und Social Media Aktivisten, und die Revolutionsgerichte verhingen schwere Strafen gegen sie (HRW 27.1.2016).

 

Neben Menschenrechtsverteidigern sind insbesondere auch Menschenrechts-Anwälte von staatlicher Verfolgung bedroht. Nach Angaben des Iran Human Rights Documentation Center sind zurzeit 24 Menschenrechtsaktivisten in Iran inhaftiert. In zahlreichen Fällen werden Berufungsverfahren von Menschenrechtsaktivisten oder -anwälten bewusst in der Schwebe gehalten, um die Betroffenen so in Unsicherheit zu belassen und iranischen oder internationalen Akteuren keine Angriffspunkte durch ein rechtskräftiges Urteil zu bieten (AA 9.12.2015, vgl. HRW 27.1.2016). Trotz all dieser Probleme begrüßt der UN Human Rights Council die Freilassung von politischen Gefangenen und Gefangenen, die aufgrund ihrer Überzeugung eingesperrt waren, jedoch gibt der Grund der ursprünglichen Verhaftung weiterhin Grund zur Sorge. Weiters wird die "überaus weite Interpretation" der Gesetze zur nationalen Sicherheit und Propaganda gegen den Staat kritisiert (UN Human Rights Council 12.3.2015).

 

Wenige Veränderungen in Bezug auf die Menschenrechtssituation konnte zwischen Jänner und Juni 2015 beobachtet werden. Zum Teil verschlechterte sich die Lage. Beispielsweise wurden im ersten Halbjahr 2015 mehr Menschen hingerichtet als im gesamten Jahr 2014. In den ersten sechs Monaten 2015 wurden 533 Personen exekutiert, im gesamten Jahr 2014 waren es 482. Über die Hälfte davon wurden für Straftaten mit Bezug zu Drogen hingerichtet (FCO 15.7.2015). UNO-Berichten zufolge wurden im Iran im vergangenen Jahr mindestens 966 Menschen hingerichtet. Damit seien dort so viele Todesurteile vollstreckt worden wie seit 20 Jahren nicht mehr. Und von den 73 Minderjährigen, die seit dem Jahr 2005 hingerichtet worden sind, wurden allein 16 in den beiden vergangenen Jahren exekutiert. Zahlreiche regimekritische Persönlichkeiten sind zudem inhaftiert oder leben im Exil (WZ 28.3.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6. Meinungs- und Pressefreiheit

 

Obwohl Meinungs-, Ausdrucks- und Pressefreiheit in der Verfassung verankert sind, werden diese Grundrechte durch die Kriminalisierung öffentlicher Äußerungen und öffentlichen Handelns bis in den Kernbereich eingeschränkt. Die Justiz geht weiterhin streng gegen regimekritische Stimmen vor. Durch Vorgabe sogenannter "roter Linien" für die Berichterstattung erfolgt Zensur vor der Publikation, durch Verwarnungen und ggf. Schließung bestimmter Medien sowie Verhaftungen von Journalisten wird die Abweichung von diesen Vorgaben sanktioniert. Diese Vorgehensweise der Sicherheitsorgane gegen unliebsame Berichterstattung fördert die Selbstzensur und sorgt für große Zurückhaltung bei Kommentaren und Leitartikeln. Seit dem Amtsantritt Präsident Rohanis am 3. August 2013 bekennt sich die Regierung zu einem Ausbau der Meinungs- und Pressefreiheit im Iran – kann aber aufgrund des Widerstandes konservativer Hardliner kaum Fortschritte vorweisen. Neben der Schließung reformnaher Zeitungen werden immer wieder Festnahmen kritischer Journalisten berichtet. So wurden auch Ende Oktober 2015 mehrere Journalisten verhaftet oder einbestellt. Am 22. Juli 2014 wurde der US-amerikanische Journalist Jason Rezaian verhaftet. Der gegen ihn im Mai 2015 aufgenommene Prozess wegen Spionage und Kooperation mit feindlichen Regierungen fand hinter verschlossenen Türen statt und soll nach Aussage seiner Rechtsanwältin vom 31.08.2015 in ein noch nicht veröffentlichtes Urteil gemündet sein (AA 9.12.2015, vgl. FH 27.1.2016). Jason Rezaian, Teheran-Korrespondent der US-amerikanischen Zeitung Washington Post, ist am 16. Januar 2016 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen dem Iran und den USA freigelassen worden (AI 17.2.2016).

 

Die Regierung beschnitt auch 2015 massiv die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Die Behörden blockierten Internetseiten von Facebook, Twitter und anderen sozialen Medien, schlossen Medienbetriebe und verboten Medienerzeugnisse, wie die monatlich erscheinende Frauenzeitschrift Zanan. Ausländische Satellitensender wurden gestört, Journalisten und Personen, die im Internet oder anderweitig Kritik äußerten, mussten mit Festnahmen und Inhaftierung rechnen. Friedliche Protestaktionen wurden unterdrückt (AI 24.2.2015, vgl. HRW 27.1.2016).

 

Im Ranking der Pressefreiheit der NRO "Reporter ohne Grenzen" aus dem Jahr 2015 liegt Iran auf Platz 173 von 180 (AA 9.12.2015, vgl. RSF 12.1.2016). Reporter ohne Grenzen geht im Bericht vom Jänner 2016 von 37 inhaftierten Journalisten und Bürgerjournalisten aus und bezeichnet den Iran als eines von den fünf größten Gefängnissen der Welt für News und Informationsanbieter (RSF 12.1.2016).

 

In den großen Städten haben längst "moderne" Errungenschaften Einzug gehalten, die die Alltagskultur prägen. Nahezu jede iranische Familie hat eine Satellitenschüssel, auch wenn diese offiziell verboten sind. Das Internet ist weit verbreitet, die Zahl der Internetcafés (Cofee Net) nimmt stetig zu, chatten (und zunehmend auch bloggen) ist eine Art Volkssport unter jungen Iranern. Dazu nimmt die Zahl an Handys weiterhin zu, auch wenn Sim-Karten sehr teuer sind. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Filme aus Hollywood, die überall auf den Straßen zu kaufen sind. Die dürftige Qualität und die auch bei diesen Raubkopien greifende islamische Zensur schrecken niemanden ab (GIZ 1.2016a).

 

Zeitungen und Medien sind stets der Gefahr ausgesetzt, bei regierungskritischer oder für hohe Regimevertreter unliebsamer Berichterstattung geschlossen zu werden – dies gilt auch für Regimemedien. Oft werden in diesem Zusammenhang die Zeitungsherausgeber verhaftet. Mitarbeiter von ausländischen Presseagenturen sowie unabhängige Journalisten sind Berichten zufolge oft mit Verzögerungen bei Gewährung der Presselizenz durch die iranischen Behörden, Verhaftungen sowie Einschüchterung ihrer Familienmitglieder konfrontiert. Insbesondere im Zusammenhang mit politischen Ereignissen z.B. Wahlen, war ein verstärktes Vorgehen gegen Journalisten zu beobachten. Meist werden dabei unverhältnismäßig hohe Strafen wegen ungenau definierten Anschuldigungen wie etwa "regimefeindliche Propaganda" verhängt (ÖB Teheran 10.2015).

 

Ebenso unter Druck stehen Filmemacher und bildende Künstler, vor allem dann, wenn ihre Kunst als "unislamisch" oder regimekritisch angesehen wird, oder sie ihre Filme an ausländische Filmproduktionsfirmen verkaufen oder auch nur im Ausland aufführen (dazu wurde jüngst eine Genehmigungspflicht verhängt). Über zahlreiche Künstler wurden Strafen wegen zumeist "regimefeindlicher Propaganda" und anderen Anschuldigungen verhängt. Viele sind regelmäßig in Haft bzw. zu langjährigen Tätigkeits- und Interviewverboten verurteilt (ÖB Teheran 10.2015, vgl. AA 9.12.2015).

 

Die Regierung hat ein Monopol auf sämtliche Radio- und Fernsehanstalten im Land. Es wird von der "Organisation für Funk und Fernsehen" ("Sazman-e Seda va Sima" bzw. IRIB) überwacht, deren Leiter direkt vom Revolutionsführer ernannt wird. Der Empfang von Satellitenprogrammen ist ohne spezielle Genehmigung untersagt. Der Besitz von Satellitenschüsseln ist dennoch vor allem in den Städten weit verbreitet und wird durch die Behörden meist geduldet, Beschlagnahmen kommen jedoch immer wieder vor. Allerdings werden unter Einsatz von hochfrequenten Störsendern zahlreiche Programme blockiert, ungeachtet damit einhergehender gesundheitlicher Risiken (AA 9.12.2015, vgl. FH 27.1.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

 

Die in der Verfassung garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird nur eingeschränkt gewährleistet. Öffentliche Versammlungen sind genehmigungspflichtig. Da Demonstrationen der Opposition seit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 nicht mehr genehmigt werden, gehen Polizei und Sicherheitskräfte unter Einsatz von Gewalt gegen solche Versammlungen vor. Bei Demonstrationen der Regierungsunterstützer werden hingegen Anreize gesetzt und Druck ausgeübt, um eine hohe Teilnehmerzahl zu gewährleisten. Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung und Schüler werden mitunter zur Teilnahme gezwungen. Zahlreiche öffentliche Plätze in Teheran sind mit Überwachungskameras ausgestattet, um so illegale Demonstrationen beobachten und auflösen zu können (AA 9.12.2015).

 

Gewerkschaften können gemäß der Verfassung gegründet werden. Im Arbeitsgesetz sind "Islamische Arbeitsräte" (Shoraha-ye Eslami-ye Kar) als Vertreter der Arbeitnehmer aufgeführt. Das "Haus der Arbeiter" ("Khane-ye Kargar") spielt im iranischen Gewerkschaftssystem eine zentrale Rolle. Das Streikrecht ist prinzipiell gewährleistet. Eine unabhängige Arbeit ist Gewerkschaften allerdings nicht möglich. Auch gewerkschaftliche Aktivitäten werden zum Teil mit dem Vorwurf der "Propaganda gegen das Regime" und "Handlungen gegen die nationale Sicherheit" verfolgt. Eine Demonstration der Lehrergewerkschaft im Juli 2015 vor dem iranischen Parlament wurde von der Polizei aufgelöst, es gab zahlreiche Verhaftungen. Esmail Abdi, Präsident der Lehrergewerkschaft, wurde im Juni 2015 festgenommen und sitzt seitdem in Haft (AA 9.12.2015, vgl. ÖB Teheran 10.2015, FH 27.1.2016). Viele Leute werden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer verbotenen Partei, Gewerkschaft oder studentischen Gruppierung inhaftiert (HRW 27.1.2016).

 

Im Iran gibt es keine politischen Parteien mit vergleichbaren Strukturen von Parteienlandschaften westlich-demokratischer Prägung; auch im Parlament existiert keine in festen Fraktionen organisierte parlamentarische Opposition. Die entscheidende Konfliktlinie im iranischen Parlament liegt aktuell zwischen den Rohani/Rafsanjani-Loyalen, den Moderaten einerseits und den Anhängern der Revolutionstreuen (Parlamentspräsident Ali Larijani, Oberster Führer Khamenei) andererseits. Besonders geschwächt wird eine potentielle Opposition stets dadurch, dass bei Wahlen (sowohl Präsidenten- als auch Parlamentswahlen) der Wächterrat die Auswahl der Kandidaten vornimmt. Kandidaten werden streng "ausgesiebt". Dies gilt vor allem bei Präsidentenwahlen (2013 wurden von mehreren hundert registrierten Kandidaten lediglich acht genehmigt), in etwas geringerem Maße bei Parlamentswahlen, wo 2012 von über 5000 registrierten Kandidaten immerhin noch über 3000 genehmigt wurden. An sich gäbe es ein breites Spektrum an Ideologien, die die Islamische Republik ablehnen, angefangen von den vielen Nationalisten bis hin zu Monarchisten und Kommunisten. Eine markante Führungspersönlichkeit fehlt bei sämtlichen oppositionellen Gruppen. Der Spielraum für außerparlamentarische Opposition wird vor allem durch einen allumfassenden Überwachungsstaat eingeschränkt, was die Vernetzung oppositioneller Gruppen extrem riskant macht (Telefon- und Internet-Überwachung, Spitzelwesen, Omnipräsenz von Basij-Vertretern u.a. in Schulen, Universitäten, sowie Basij-Sympathisanten im öffentlichen Raum, etc.). Hinzu kommen immer wieder verhängte drakonische Strafen auf Grund diffuser Strafrechtstatbestände ("regimefeindliche Propaganda" etc.) (ÖB Teheran 10.2015).

 

Der offene Widerstand der Oppositionsbewegung ist nach 2009 zum Erliegen gekommen. Die prominentesten Vertreter der Reformorientierten, Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi, befinden sich noch immer unter Hausarrest. Demonstrationen der Opposition blieben im vergangenen Jahr weitgehend aus. Betroffen von der staatlichen Verfolgung als Oppositionelle sind Angehörige vieler gesellschaftlicher Gruppen, darunter Journalisten, Studenten, Künstler oder Rechtsanwälte, soweit sie in Fällen mit politischer Dimension aktiv werden. Zunehmend zu beobachten ist die Praxis der Gerichte, politische Häftlinge gegen unverhältnismäßig hohe Kautionszahlungen von mehreren hunderttausend Dollar zu entlassen. Angehörige oppositioneller Inhaftierter berichten von Misshandlungen und Folter. Seit 2010 werden Studenten und Dozenten Charaktertests unterzogen, um diejenigen auszufiltern, die nicht den ideologischen Vorstellungen des Regimes entsprechen. Ziel ist die weitere Islamisierung der iranischen Hochschulen. (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

8. Frauen

 

Der Unterschied zwischen Stadt und Land macht sich auch im Verhältnis zwischen Mann und Frau und in der Rolle der Frauen in der Gesellschaft bemerkbar. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenmodell noch weitgehende Gültigkeit, der Tschador, der Ganzkörperschleier, dominiert hier noch das Straßenbild. In den großen Städten hat sich dieses Rollenverständnis inzwischen verschoben. Schon während der Islamischen Revolution spielten Frauen eine wichtige Rolle, wodurch ihnen von Beginn an ein gewisses Selbstbewusstsein erwuchs. Dazu beigetragen, Frauen im öffentlichen Leben zu verankern, hat der Krieg gegen den Irak. Während dieser acht Jahre war allen eventuellen ideologischen Bedenken zum Trotz die Arbeitskraft der Frauen unabdingbar. Nach dem Krieg waren sie aus dem öffentlichen Leben dann nicht mehr wegzudenken oder zu entfernen. Die veränderte Stellung der Frau zeigt sich auch an den Kinderzahlen: Während in vielen ländlichen, gerade den abgelegeneren Gebieten fünf Kinder der Normalfall sind, sind es in Teheran und Esfahan im Durchschnitt etwa zwei. Gerade viele junge Frauen begehren heute gegen die nominell immer noch sehr strikten Regeln auf, besonders anhand der Kleidungsvorschriften für Frauen wird heute der Kampf zwischen der säkular orientierten Jugend der Städte und dem System in der Öffentlichkeit ausgefochten. Eine Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist der islamische Feminismus. Dieser will die Rechte der Frau mittels einer islamischen Argumentation durchsetzen. Auch wenn die Stellung der Frau in Iran, entgegen aller Vorurteile gegenüber der Islamischen Republik, besser ist als in vielen Ländern der Region, sind sie jedoch noch lange nicht gleichberechtigt (GIZ 1.2016).

 

Eine Generalisierung der Situation von Frauen im Iran ist schwierig. Prinzipiell ist es von großer Bedeutung für eine Frau, in welche Art von Familie sie hinein geboren wurde, welchen sozialen Hintergrund sie hat, ihr Bildungsniveau, die Ethnie, welchem religiösen Glauben sie angehört und wo sie im Land wohnt. Frauen aus Großstädten sind zum Großteil besser gebildet als Frauen am Land, was ihr Leben erleichtern kann. Frauen aus ländlichen Gegenden können sich sozialem Druck ausgesetzt sehen, sind meist schlechter ausgebildet, haben weniger Bewegungsfreiheit, wissen wenig über ihre eigenen Rechte und haben auch bei der Wahl eines Ehemannes oft wenig Mitsprache (Landinfo 22.5.2009). Frauen, vor allem aus ländlichen Gebieten, die allein reisen, sahen sich manchmal Belästigungen gegenüber und ihre Bewegungsfreiheit außerhalb ihres Heimes bzw. ihres Dorfes ist beschränkt, da sie eine Erlaubnis ihres männlichen Vormunds brauchen (US DOS 25.6.2015, vgl. ÖB Teheran 10.2015).

 

Frauen sind durch die Gesetzgebung und im täglichen Leben benachteiligt. Frauen und Mädchen drohten Verschlechterungen im Hinblick auf ihre sexuellen und reproduktiven Rechte. Das Parlament debattierte 2015 über mehrere Gesetzentwürfe, die die Rechte von Frauen weiter untergraben könnten, wie z.B. das Gesetz zur Erhöhung der Geburtenrate und zur Verhinderung des Bevölkerungsrückgangs, das den Zugang zu Informationen über Empfängnisverhütung unterbinden und freiwillige Sterilisation verbieten würde. Am 2. November verabschiedete das Parlament die Grundzüge eines weiteren Gesetzesvorhabens: Das Gesetz zur Bevölkerungsentwicklung und Aufwertung der Familie sieht vor, dass alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber Männer mit Kindern bevorzugt einstellen müssen, dann verheiratete Männer ohne Kinder und schließlich verheiratete Frauen mit Kindern. Das Gesetz könnte außerdem dazu führen, dass häusliche Gewalt noch stärker als bisher als private "Familienangelegenheit" betrachtet würde. Bereits jetzt hatten Frauen Mühe, bezahlbare moderne Verhütungsmittel zu bekommen, weil das Budget des staatlichen Familienplanungsprogramms 2012 gekürzt und seither nicht wieder aufgestockt wurde. Frauen und Mädchen waren nach wie vor kaum gegen sexuelle Gewalt und andere gewaltsame Übergriffe wie Früh- und Zwangsverheiratungen geschützt. Die Regierung brachte keine Gesetze gegen diese Missstände auf den Weg. Ebenso wenig bekämpfte sie Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt. Aufgrund des gesetzlichen Zwangs, ein Kopftuch (Hidschab) zu tragen, standen Frauen im Visier von Polizei und paramilitärischen Kräften und waren Schikanen, Gewalt und Inhaftierungen ausgesetzt. (AI 24.2.2016, vgl. Landinfo 22.5.2009, HRW 27.1.2016).

 

Unabhängig vom Alter kann eine Frau nicht ohne Erlaubnis ihres männlichen Vormunds heiraten. Auch können iranische Frauen ihre iranische Staatsbürgerschaft nicht an ausländische Ehemänner oder ihre Kinder weitergeben. Obwohl Kinderehen nicht die Norm sind, werden diese teils weitergeführt, da das Gesetz Mädchen mit 13 und Jungen mit 15 Jahren die Heirat erlaubt. Sind die Kinder noch jünger, braucht es für eine Heirat eine Zustimmung eines Richters (HRW 27.1.2016).

 

Die stagnierende wirtschaftliche Lage Irans hat ein stetiges Wachstum der Arbeitslosenrate in den vergangen Jahren zur Folge gehabt. Insbesondere hat die hohe Arbeitslosigkeit im Land auch Einfluss auf die wirtschaftliche Situation von alleinstehenden Frauen genommen. Die Arbeitslosenrate bei Frauen ist doppelt so hoch wie jene der Männer. Offizielle Statistiken über die Situation der Arbeitslosen im Iran sind nicht besonders zuverlässig. Gemäß dem Global Gender Gap Report 2014 sind nur 17% der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren in den Arbeitsmarkt integriert. Selbst gut qualifizierte Frauen haben Schwierigkeiten eine Arbeitsstelle zu finden (48,1% der Frauen mit höherer Ausbildung sind arbeitslos, im Vergleich dazu sind es bei Männern nur 14,7% im Jahr 2012). Dieses Ungleichgewicht hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Vor allem junge Frauen sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Dem Bericht einer internationalen NGO ist ein drastischer Anstieg der Anzahl arbeitsloser Frauen im Alter von 15-24 Jahren zu entnehmen. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und die beruflichen Möglichkeiten für Frauen sind durch soziale und rechtliche Regelungen eingeschränkt. Spezifische gesetzliche Regelungen bestimmen die Arbeit von Frauen und unterstreichen die traditionelle Rolle der Frau in der Gesellschaft - nämlich als Mutter und Ehefrau. Zum Beispiel legt das Gesetz es Frauen nahe, sich für drei Viertel der regulären Arbeitszeit von Männern zu bewerben. Aufgrund der Schwierigkeit für Frauen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist der familiäre Rückhalt für alleinstehende Frauen umso bedeutender. Jedoch erhalten manche Frauen die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben (wie zum Beispiel lesbische Frauen od. Prostituierte) keine Unterstützung durch die Familie und werden Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat (ÖB Teheran 10.2015).

 

Gesetzliche Regelungen räumen geschiedenen Frauen das Recht auf Alimente ein. Geschiedene Frauen haben auch das Recht auf Entschädigung für erbrachte Hausarbeit während der Ehe, vor allem wenn der Mann die Scheidung ohne triftigen Grund verlangt hat. Angaben über (finanzielle) Unterstützung vom Staat für alleinerziehende Frauen sind nicht auffindbar. Krisenzentren und Frauenhäuser nach europäischem Modell existieren im Iran nicht. Angeblich sollen staatlich geführte Einrichtungen für alleinstehende Frauen, Prostituierte, Drogenabhängige oder Mädchen, die von Zuhause davon gelaufen sind, vorhanden sein. Jedoch sind Informationen über diese Einrichtungen der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Genauere Informationen über mögliche Unterstützungen des Staates für alleinstehende Frauen sind nicht eruierbar. Alleinstehende, nicht geschiedene Frauen haben Schwierigkeiten, selbstständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen, da gesellschaftliche Normen verlangen, dass eine unverheiratete Frau im Schutze ihrer Familie oder eines männlichen Familienmitglieds lebt. Im Gegensatz dazu dürfte es gesellschaftlich akzeptiert sein, dass geschiedene Frauen alleine wohnen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass alleinstehende Frauen im Iran Unterstützung vom Staat und der Gesellschaft nicht erwarten können. Vorwiegend Frauen, denen kein familiärer Rückhalt zuteilwird und die außerhalb der gesellschaftlichen Normen leben (Prostituierte, Betroffene des Frauenhandels, weggelaufene Mädchen, Geschiedene, lesbische Frauen) sind Diskriminierungen und Unterdrückung durch Staat und Gesellschaft ausgesetzt. Die schwierige wirtschaftliche Lage und die hohe Arbeitslosigkeit unter Frauen, vor allem in ländlichen Regionen, veranlassen Frauen das Land zu verlassen (ÖB Teheran 10.2015).

 

Frauen sind in öffentlichen Ämtern und vielen Berufen unterrepräsentiert. Von einigen staatlichen Ämtern (Vorsitzende Richter, Chef der Justiz, Oberster Religionsführer, Staatspräsident) sind Frauen ausgeschlossen (AA 9.12.2015, vgl. IGFM o.D.). Im Wächter- oder Expertenrat gab es bislang keine weiblichen Mitglieder. Weil Minister vom Parlament bestätigt werden müssen, gibt es im Kabinett von Staatspräsident Rohani keine Ministerin aber drei Vize-Staatspräsidentinnen: Shahindokht Molaverdi (Frauen), Masonme Ebtekar (Umwelt) und Elnam Aminzade (Recht) (AA 9.12.2015).

 

Im August 2012 wurden an 36 iranischen Universitäten insgesamt 77 Studiengänge für Frauen gesperrt. Dazu gehörten vor allem Studiengänge in den Bereichen Ölindustrie, Ingenieurswesen, Buchhaltung, Bildung, Beratung, Gebäuderestauration und Chemie AA 9.12.2015).

 

Für Frauen gilt eine strenge Kleiderordnung. Nach herrschender orthodoxer islamischer Lehre müssen Frauen die Konturen ihres Körpers und ihre Haare verhüllen. In Großstädten werden die Kleidungsregelungen lockerer gehandhabt als in ländlichen Gebieten, in den Sommermonaten werden die Kontrollen landesweit ausgeweitet. Der Verstoß gegen die islamische Kleiderordnung kann mit Freiheitsstrafe (zehn Tage bis zu zwei Monaten) oder Geldstrafe geahndet werden. Schwere Verstöße gegen die Kleiderordnung können im Einzelfall auch als Verstoß gegen die öffentliche Moral gewertet werden (Geldstrafe oder bis zu 74 Peitschenhiebe). Jeden Sommer wiederholen sich offizielle Androhungen, man werde Verstöße gegen die Kleiderordnung strenger ahnden (AA 9.12.2015).

 

Der Staat ist verpflichtet, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen. So wird z.B. die Belästigung oder Beleidigung von Frauen in der Öffentlichkeit mit Haftstrafe von zwei bis sechs Monaten und bis zu 74 Peitschenhieben bestraft, gemäß Art. 224 d iStGB wird bei Vergewaltigung einer unverheirateten Frau der Täter mit dem Tod (durch Erhängen) bestraft. Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.1. Rechtliche Bestimmungen bez. Frauen

 

Aufenthaltsbestimmungsrecht: Der Ehemann hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich und seine Frau (Art. 1104 des iranischen Zivilgesetzbuchs, iZGB). Sie benötigt die schriftliche Einwilligung ihres Ehemannes, um einen Reisepass zu beantragen (Art. 18 III Passgesetz). Der Ehemann hat das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen eine Ausreisesperre gegen seine Ehefrau zu verhängen. In einigen Städten benötigen allein reisende Frauen eine behördliche Erlaubnis, um in öffentlichen Hotels und Gästehäusern übernachten zu können (AA 9.12.2015).

 

Volljährigkeit: Mädchen werden mit dem 9. Lebensjahr volljährig, Jungen mit Vollendung des 15. Lebensjahres. Geschäftsfähigkeit erlangen beide in der Regel erst mit 18 Jahren (AA 9.12.2015).

 

Eherecht: Die Ehe eines nicht-muslimischen Mannes mit einer Muslimin ist verboten (Art. 1059 ZGB); für die Ehe einer iranischen Frau mit einem Ausländer ist eine behördlichen Sondergenehmigung erforderlich (Art. 1060 ZGB). Eine ledige Frau benötigt unabhängig von ihrem Alter zur ersten Eheschließung die Zustimmung des gesetzlichen Vormunds, in der Regel des Vaters (Art. 1043 ZGB). Laut Art. 1108 ZGB hat eine Ehefrau, die ihre Ehepflichten (Gehorsam und Ehebeziehungen) nicht erfüllt, keinen Anspruch auf Unterhalt. Der Ehemann hat das Recht zur Vielehe (bis zu vier Frauen) (AA 9.12.2015).

 

Scheidungsrecht: Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss. Ebenso kann er nach einer widerrufbaren Scheidung die Ehe innerhalb von drei Monaten wieder aufnehmen. Eine Frau kann bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemanns (Art. 1122, 1125 ZGB), wegen einer unerträglichen Härte im Falle der Fortführung der Ehe z.B. bei stark unislamischer Lebensführung des Ehemanns oder bei Verletzung der Unterhaltspflicht (Art. 1130 ZGB) die Scheidung beantragen. Zusätzlich zu diesen gesetzlich geregelten Fällen werden in standardisierten, notariell beurkundeten Eheverträgen oft weitere Scheidungsgründe vereinbart (z.B. für die Frau gefährliche Erkrankung, Drogenkonsum, weitere nicht-konsentierte Heirat des Ehemanns). Das Vorliegen der Scheidungsbedingungen nachzuweisen ist für die Frau sehr schwierig. Im Streitfall kann sich ein solcher Rechtsstreit über mehrere Jahre hinziehen. Die Frau hat jedoch in den meisten Fällen die Möglichkeit, dem Mann gegen die Scheidung die Morgengabe zu schenken, wobei es sich häufig um große Summen handelt. Lässt sich der Mann scheiden, muss er diese der Frau auszahlen. Die Zahl der Scheidungen im ersten Quartal des iranischen Jahres 1394 (21.3.-20.6. 2015) ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,5 % gestiegen. Einen besonders hohen Anteil stellen einvernehmliche Scheidungen dar (AA 9.12.2015).

 

Sorgerecht: Das Sorgerecht gliedert sich nach den Vorschriften des iZGB in zwei Kategorien: Die Vermögenssorge sowie alle Fragen der Stellvertretung (sog. "Welayat") liegen immer beim Vormund des Kindes, in der Regel also beim Vater. Über Fragen des körperlichen und geistigen Wohls des Kindes (sog. "Hezanat") entscheiden beide Ehegatten gemeinsam. Bei einer Scheidung erhält die Frau für Kinder bis zum Alter von sieben Jahren die "Hezanat" (Sorgerecht in Bezug auf körperliches und geistiges Wohl des Kindes) (Art. 1169 ZGB). Bei Erreichen der Altersgrenze fällt sie automatisch an den Vater. Nur in Fällen der Beeinträchtigung des physischen oder moralischen Wohls der Kinder kann das Sorgerecht ausnahmsweise durch ein Gericht auch nach Erreichen der Altersgrenze der Mutter zugesprochen werden. Sie verliert das Sorgerecht, wenn sie wieder heiratet (AA 9.12.2015).

 

Erbrecht: Bei mehreren Abkömmlingen erhalten männliche Kinder doppelt so viel von der Erbmasse wie weibliche Kinder (Art. 907 ZGB). Auch der Ehemann erhält einen größeren

 

Erbteil als die Ehefrau, wenn der Partner verstirbt (AA 9.12.2015).

 

Strafmündigkeit: Nach dem neuen Strafgesetz wird bei der Bestimmung der Straffähigkeit zwischen Jungen und Mädchen nicht mehr unterschieden. Für Kinder zwischen 9 und 15 Jahren können ausschließlich Jugendstrafen angewendet werden (AA 9.12.2015).

 

Blutgeld (Diyat): Das Blutgeld für eine Frau beträgt halb so viel wie für das Leben eines Mannes. Versicherungsleistungen (z.B. nach einem tödlichen Autounfall) werden allerdings seit 2006 in gleicher Höhe ausgezahlt. Dies ist im Strafgesetz so vorgesehen (AA 9.12.2015).

 

Bekleidungsvorschriften: Von den die Nichtbeachtung der Kleidungsvorschriften betreffenden

 

Strafen sind ausschließlich Frauen betroffen (AA 9.12.2015).

 

Zeugen: Der Aussage zweier Frauen wird so viel Gewicht beigemessen wie der Aussage eines Mannes (AA 9.12.2015).

 

Staatsangehörigkeit: Die ausländische Ehefrau eines Iraners erwirbt durch die Eheschließung automatisch die iranische Staatsangehörigkeit und wird dann ausschließlich als Iranerin behandelt. Erwirbt die iranische Ehefrau unmittelbar durch eine Eheschließung die Staatsangehörigkeit ihres ausländischen Ehemannes, verliert sie die iranische Staatsangehörigkeit. Nach dem Tod des Ehemanns oder nach Trennung der Eheleute hat die Frau ein Recht auf Wiedererwerb der iranischen Staatsangehörigkeit. Wird der Ehemann eingebürgert, erwerben Ehefrau und minderjährige Kinder automatisch ebenfalls die iranische Staatsangehörigkeit. Eine mit einem iranischen Staatsangehörigen verheiratete Frau kann weder eine andere Staatsangehörigkeit erwerben noch aus der iranischen Staatsangehörigkeit entlassen werden. Das Kind eines iranischen Vaters erwirbt seine Staatsangehörigkeit. Das Kind erwirbt in der Regel aber nicht die Staatsangehörigkeit von seiner iranischen Mutter, es kann sich jedoch nach Erreichen der Volljährigkeit einbürgern lassen (AA 9.12.2015).

 

Internationales Privatrecht: Haben die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, richtet sich das auf die persönlichen und finanziellen Beziehungen anzuwendende Recht nach dem Heimatrecht des Ehemannes. Das Recht, welches auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern anzuwenden ist, richtet sich nach der Staatsangehörigkeit des Vaters (AA 9.12.2015).

 

Einwilligungsvorbehalt: Der Ehemann einer iranischen Frau hat das Recht, der Ehefrau die Ausübung eines Berufs zu versagen, wenn dies den Interessen der Familie widerspricht und seiner Würde zuwiderläuft (AA 9.12.2015).

 

Sozialversicherung: Das Sozialversicherungswesen ist darauf ausgelegt, dass der Mann die Familie unterhält. Der Fall, dass eine Frau für das Familieneinkommen sorgt, obwohl auch der Mann dazu in der Lage wäre, ist nicht vorgesehen. Eine Frau erhält in der Regel lediglich dann Leistungen aus der Sozialversicherung, wenn sie die einzige Ernährerin der Familie ist (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

9. Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor, es gab jedoch einige Einschränkungen in der Praxis. Die Behörden arbeiteten mit dem Büro von UNHCR zusammen, um afghanischen und irakischen Flüchtlingen Hilfe bereitzustellen. Die Regierung verlangt von allen Bürgern für Auslandsreisen Ausreisebewilligungen. Einige Bürger, speziell jene, deren Fähigkeiten im Iran eine hohe Nachfrage haben oder jene, die auf Staatskosten ausgebildet wurden, müssen eine Bürgschaft vorweisen, um eine Ausreisebewilligung zu bekommen. Die Regierung schränkte auch die Reisefreiheit von einigen religiösen Führern und Mitgliedern von religiösen Minderheiten ein. Ebenso gibt es diese Einschränkungen für Wissenschaftler in sensiblen Bereichen und immer öfter sind auch Journalisten, Akademiker, oppositionelle Politiker und Aktivisten – darunter auch Frauenrechtsaktivisten – von Reiseverboten und Konfiszierung der Reisepässe betroffen (US DOS 25.6.2015). Das iranische Gesetz gibt Ehemännern die Entscheidung darüber, ob ihre Frauen das Land oder auch nur die Stadt verlassen dürfen (Die Welt 6.10.2015). Soweit Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit unterschiedslos (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

9.1. Aus/Einreise

 

Zur Ausreise aus dem Iran benötigt ein iranischer Staatsangehöriger einen gültigen Reisepass, und einen Nachweis über die Bezahlung der Ausreisegebühr (derzeit 750.000 Rial, ca. 19 €), kann direkt am Flughafen erledigt werden). Bei jeder Ausstellung eines Reisepasses wird neben den regulären Sicherheitsbehörden auch der Geheimdienst eingeschaltet. Eventuelle Reisebeschränkungen werden je nach Passserie entweder auf einem Datenchip gespeichert, als Barcode oder Stempel in den Pass eingedruckt. Auch Minderjährige können seit dem Jahr 2001 auf Antrag der Sorgeberechtigten einen eigenen Reisepass erhalten. Besondere Beschränkungen bestehen ggf. für Wehrpflichtige (vgl. II. 1.6), Soldaten, Frauen und Regierungsangestellte. Bei Ausreise werden Datenbanken auf eventuell nachträglich verhängte Ausreiseverbote überprüft (z.B. laufendes Gerichtsverfahren, Ausreisesperre durch den Ehemann). Es ist nahezu ausgeschlossen, dass jemand, der von den iranischen Sicherheitsbehörden gesucht wird, mit eigenen Papieren über den internationalen Flughafen Imam-e Khomeini, etwa 40 km südlich des Stadtzentrums von Teheran, ausreisen kann. Dieser steht unter vollständiger Kontrolle der Pasdaran. Auch eine Ausreise mit gefälschten Papieren ist angesichts der bestehenden Kontrolldichte äußerst schwierig, je nach Qualität der Fälschung und ggf. Kontakten des Schleusers innerhalb des Flughafens aber in Einzelfällen möglich. Auch am iranisch-türkischen Grenzübergang Bazargan werden die Pässe vor Erteilung des Ausreisestempels von Sicherheitskräften, Passbehörden und Informationsministerium überprüft. Die Kontrollen in Bazargan sind noch strenger und langwieriger als am Flughafen. Die illegale Ausreise erfolgt zumeist auf dem Landweg unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Türkei oder über angrenzende GUS-Staaten zunächst nach Russland und dann weiter in die EU-Mitgliedstaaten, vereinzelt auch auf dem Seeweg in die Golfstaaten. Die Vorbereitung und Durchführung der Ausreise liegen zumeist in der Hand professioneller Schlepper. Nach Angaben von Amnesty International besteht ein informelles Abkommen zwischen der Türkei und Iran, nach dem aus dem Iran illegal eingereiste Personen sofort zurückgeschoben werden, wenn sie im Umkreis von 50 km hinter der Grenze oder im Transitbereich von Flughäfen aufgegriffen werden (AA 9.12.2015).

 

Nach Angaben des Chefs der Judikative können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von den iranischen Auslandsvertretung ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise werde die frühere illegale Ausreise legalisiert. Personen, die während des Krieges illegal das Land verlassen haben, ohne den Wehrdienst abzuleisten, könnten mit Passersatzpapieren zurückkehren, wenn sie während ihres Aufenthaltes im Ausland nicht gegen Iran aktiv gewesen sind (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

10. Grundversorgung/Wirtschaft

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet. Die Wirtschaftslage ist aufgrund der anhaltenden Sanktionen, der hohen Arbeitslosigkeit und der noch immer bestehenden Inflation besonders für sozial schwache Iraner angespannt. Rückkehrer erhalten keine staatlichen Leistungen, es existieren jedoch wohltätige Organisationen, die eine Grundversorgung bereitstellen. Es gibt soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Die Hilfen an Bedürftige werden durch den Staat, die Moscheen, die Armenstiftungen und oft auch privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 9.12.2015).

 

Die Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs bereitet in Teheran keinerlei Schwierigkeiten. Neben einer Vielzahl kleiner Läden mit einem breiten Sortiment gibt es mehrere Basare, auf denen etwa frisches Obst, Gemüse und weitere Lebensmittel zu sehr niedrigen Preisen gekauft werden können. Außerdem eröffnen in Teheran in letzter Zeit immer mehr große Einkaufszentren nach westlichem Vorbild. Anders als auf dem Basar wird in den Läden und Supermärkten nicht gehandelt, auch wenn die Waren nicht immer ausgezeichnet sind. Verboten ist der Verkauf von Alkohol und Schweinefleisch (GIZ 1.2016b).

 

Seit Amtsantritt der Regierung Rohani 2013 konnte sich die iranische Wirtschaft trotz verschärfter Sanktionen im Jahr 2012 etwas erholen. Die Kontraktion der Wirtschaft (-6,6 % im Jahr 2012; -1,9 % im Jahr 2013) konnte weitestgehend gestoppt werden. Hauptauslöser des vormalig massiven Konjunktureinbruchs war ein starker Verfall der iranischen Währung seit Mai 2012, verbunden mit einer massiven Inflation in praktisch allen Produktklassen und einem starken Rückgang der Erdölexporte als wichtigste Devisenquelle durch die Erdölsanktionen. Für 2015 rechnet die Regierung in ihrem im April verabschiedeten Budget mit einer signifikanten Erholung der Wirtschaft zwischen 4 - 6%. Dies ist jedoch wesentlich von den Sanktionserleichterungen abhängig und ohne einen stark zunehmenden Außenhandel in der Form nicht realistisch. Seit Anfang 2014 ist es der iranischen Regierung gelungen, den Abwärtstrend des Rial zu stoppen und auch die Inflation ist seit Dezember 2013 leicht rückläufig. Im vergangenen iranischen Jahr 1393 betrug die Durchschnittsinflation 15,6% (ÖB Teheran 10.2015).

 

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr weitere Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Die Arbeitslosenrate im Iran betrug im Juni 2015 nach offiziellen Statistiken rund 16% mit Tendenz nach oben. Inoffiziellen Zahlen zufolge ist der Wert jedoch fast doppelt so hoch. Neben Arbeitslosigkeit spielt im Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird. Eine nachhaltige Erholung der iranischen Wirtschaft wird auch davon abhängen, ob es der Regierung gelingt, die Devisenknappheit und das Inflationsproblem langfristig unter Kontrolle zu bringen. Devisenreserven befinden sich großteils im Ausland und können von der iranischen Regierung nur eingeschränkt verwendet werden. Beide Problembereiche sind eng mit dem Zugang zu ausländischen Devisenquellen und Investitionen aus dem Ausland verbunden. Gegenwärtig halten sich sowohl einheimische als auch ausländische Investoren aufgrund der derzeit nicht absehbaren politischen Risiken mit Investitionen zurück. Die Lösung der wirtschaftlichen Probleme ist daher ebenfalls mit dem schrittweisen Wegfall der Sanktionsarchitektur verbunden, wodurch die politischen Risiken zumindest teilweise ausgeräumt und die Voraussetzungen für Investitionen aus dem Ausland gebildet werden (ÖB Teheran 10.2015).

 

Die Regierung ist bemüht, das unter Präsident Ahmadinejad eingeführte, nicht finanzierbare, großzügige System indirekter Subventionen an die Bevölkerung schrittweise zurückzufahren. Im Gegenzug wurden die Direkttransfers schrittweise erhöht und betragen nunmehr umgerechnet um die 40 USD pro Person. Auch dieses System ist jedoch langfristig unfinanzierbar. Die amtierende Regierung Rohani schränkte im Jänner 2014 daher den Kreis der Empfänger noch einmal erheblich ein. Im April 2015 wurden Treibstoffpreise und Gaspreise noch einmal erhöht und werden aktuell nicht mehr direkt subventioniert. Die negativen Auswirkungen dieser Erhöhungen sowohl auf die Popularität der Regierung als auch auf die Inflationsentwicklung waren vergleichsweise gering. Für die amtierende Regierung ist die Subventionsfrage einer der wichtigsten Punkte in der Innenpolitik und hat direkten Einfluss auf die Kaufkraft wie auch die Moral der Bevölkerung. Im neuen Budget 1394 sind zwar noch Mittel für die Direkttransfers vorgesehen, viele Direktzahlungen (vor allem für Energie und Brot; im Ausland lebende IranerInnen) wurden aber stark gekürzt bzw. ganz eingestellt. Der starke Verfall des Erdölpreises seit Oktober 2014 stellt für das iranische Budget eine ernsthafte Belastung dar. Im Budget 1394 wurden die Erdölpreise mit 53.7 USD/Barrel kalkuliert, ein Einnahmensverlust von fast 50% im Vorjahresvergleich (im Budget 1393 wurde von 100 USD/Barrel ausgegangen) (ÖB Teheran 10.2015).

 

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast komplett unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher kaum eine eigenständige Wirtschaft entwickeln. Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten Jahren wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da etwa 60% des Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran komplett von den Öleinnahmen abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch das politische Überleben iranischer Regierungen hängt vom Ölpreis ab. Das große Problem der iranischen Ölförderung ist, neben den Schwankungen des Ölpreises, die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Diese, meist noch von den USA in den 70er Jahren an die Regierung des Schahs geliefert, können sich längst nicht mehr mit den modernsten Anlagen etwa in Saudi-Arabien messen, was zu großen Verlusten führt. Aufgrund der jahrelangen Sanktionen konnte der Iran sie jedoch lange nicht durch importierte Teile modernisieren, wodurch es in iranischen Raffinerien in den letzten Jahren immer wieder zu Unfällen kam. Diese Hindernisse bei der Modernisierung führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen. Vor diesem Hintergrund darf man davon ausgehen, dass der Modernisierung der Infrastruktur des Erdölsektors nach dem Ende der Sanktionen eine hohe Priorität eingeräumt werden wird (GIZ 2.2016c).

 

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil‑)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 2.2016c).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

10.1. Sozialbeihilfen

 

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 12.2015).

 

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Obgleich der Iran keine universelle soziale Absicherung bietet, schätzte das Iranische Zentrum für Statistik (the Iranian Center for Statistics) 1996, dass mehr als 73% der iranischen Bevölkerung von der Sozialversicherung erfasst waren. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialversicherung sichert allen Arbeitnehmern einen Schutz bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Berufsunfällen zu. Im Jahr 2003 begann die Regierung ihre Wohlfahrtsorganisationen zusammenzulegen, um Überflüssigkeiten und Ineffizienz zu beseitigen. Im Jahr 2003 lag die Mindestrente bei 50% des Lohns, aber bei nicht weniger als dem Mindestlohn. Der Iran gab 22,5% seines Haushaltes für Sozialhilfeprogramme aus, von welchen mehr als 50% die Renten betrafen. Von 15.000 Obdachlosen im Iran im Jahr 2015 waren 5.000 Frauen. Arbeitnehmer im Alter von 18 und 65 Jahren werden vom Sozialversicherungssystem erfasst. Die Finanzierung ist zwischen Arbeitnehmer (7% des Lohns), Arbeitgeber (20–23%) und dem Staat, welcher den Beitrag des Arbeitnehmers um weitere 3% erhöht, aufgeteilt. Das Sozialversicherungssystem ist für Selbständige zugänglich, sofern diese zwischen 12% und 18% ihres Einkommens freiwillig zahlen. Beamte, Soldaten, Polizisten und IRGC haben ihre eigenen Rentensystems. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 12.2015). BEHZISTI ist die Staatliche Wohlfahrtsorganisation (SWO), die sich um Personen mit Behinderungen, benachteiligte Personen und Personen mit geringen Einkommen kümmert (SWO o.D.).

 

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten sollen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden im Moment dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 2.2016c).

 

Quellen:

 

 

 

 

11. Behandlung nach Rückkehr

 

Allein der Umstand, dass eine Person im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, löst keine staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Iran aus. Es kann in Einzelfällen aber zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Nach Angaben des Chefs der Judikative können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von den iranischen Auslandsvertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise werde die frühere illegale Ausreise legalisiert. Personen, die während des Krieges illegal das Land verlassen haben, ohne den Wehrdienst abzuleisten, könnten mit Passersatzpapieren zurückkehren, wenn sie während ihres Aufenthaltes im Ausland nicht gegen den Iran aktiv gewesen sind. Die iranischen Behörden bestehen darauf, dass ein Heimreisedokument von der zuständigen iranischen Auslandsvertretung ausgestellt wird. Diese wiederum haben Anweisung, jedem Iraner, der bei ihnen vorspricht und freiwillig die Ausstellung eines Reisepasses beantragt, einen solchen auszustellen. Dies gilt auch für Personen, die im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Soweit Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit unterschiedslos. Ausweichmöglichkeiten bestehen somit nicht (AA 9.12.2015).

 

Rückkehrer erhalten keine staatlichen Leistungen, es existieren jedoch wohltätige Organisationen, die eine Grundversorgung bereitstellen. Die Pflege von Angehörigen erfolgt üblicherweise innerhalb des Familienverbandes (AA 9.12.2015).

 

Quellen:

 

 

2.2. Das BVwG stützt sich im Hinblick auf diese Feststellungen auf folgende Erwägungen:

 

2.2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

 

2.2.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erhoben und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die aus seiner Sicht bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das BVwG schließt sich im entscheidungswesentlichen Umfang diesen Ausführungen mit den nachstehenden Erwägungen an.

 

An dieser Stelle ist zur Vollständigkeit festzuhalten, dass im Bescheid des BFA bezüglich des BF1 in der Beweiswürdigung zum Privat- und Familienleben angeführt wird, dass sich die Anzeigen aus dem Akteninhalt ergeben würden der (AS 165 im Bescheid des BF1). Im jeweiligen Bescheid des BFA bezüglich der BF2 und des BF4 wird zudem in der rechtlichen Beurteilung festgehalten, dass sich diese Personen erst seit ca. 1 ¿ Jahren in Österreich aufhalten würden (AS 214 im Bescheid der BF2 und AS 92 im Bescheid des BF4). Aus diesen Mangelhaftigkeiten bzw. Aktenwidrigkeiten resultiert jedoch weder die Notwendigkeit zur Behebung des Bescheides noch zu einer mündlichen Verhandlung, da nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts dem jeweiligen Bescheid in einer Gesamtbetrachtung eindeutig entnommen werden kann, dass es sich hierbei um Flüchtigkeitsfehler handelt und speziell die vorliegende Beweiswürdigung trotz dieser Mängel durchaus die Entscheidung des BFA rechtlich zu tragen vermag. Auch bei Nichtberücksichtigung der hier angeführten Aktenwidrigkeiten - tatsächlich ist der BF1 unbescholten und liegen keine Anzeigen gegen ihn vor und befanden sich die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidungen des BFA bereits etwas mehr als zwei Jahre in Österreich - gelangt man aufgrund der sonstigen - nicht zu beanstandenden - Argumentation des BFA zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis.

 

2.2.3. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Einklang mit dem Akteninhalt.

 

Die Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) ergeben sich vor allem aus den von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren vorgelegten iranischen Geburtsurkunden der Beschwerdeführer, dem iranischen Führerschein des BF1 und der iranischen Heiratsurkunde des BF1 und der BF2. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Beschwerdeführer in Bezug auf ihre Identität zum gegenwärtigen Verfahrenszeitpunkt falsche Angaben hätten machen sollen.

 

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volksgruppen- sowie Religionszugehörigkeit der BF1 bis BF4 getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung einer für den Iran gebräuchlichen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten des Iran.

 

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung leiden und sich nicht in medizinischer Behandlung befinden, ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren diesbezüglich keinerlei Angaben getätigt haben.

 

Die Feststellungen zum persönlichen Umfeld bzw. Lebensunterhalt im Herkunftsstaat ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben im Verfahren, zumal kein Grund ersichtlich ist, warum die Beschwerdeführer etwa in Bezug auf ihren Lebensunterhalt im Iran falsche Angaben hätten machen sollen.

 

Die Feststellungen zu den persönlichen Lebensumständen der Beschwerdeführer in Österreich beruhen auf den glaubhaften Angaben der BF im Verfahren vor dem BFA und den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (Deutschkurszertifikat Niveau A2 vom 11.07.2016 bezüglich des BF1 und Unterstützungsschreiben vom Bürgermeister der Wohnortgemeinde, vom Unterkunftgeber und von einem Mitglied der Unterstützungsplattform für Flüchtlinge im Wohnort der Beschwerdeführer/ Leiterin der NMS im Wohnort), an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind. Die Feststellung betreffend die Unbescholtenheit und den Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich und das GVS-Betreuungsinformationssystem).

 

2.2.4. Die Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführer bzw. deren Fluchtgründen und zu ihrer Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des BF1 und der BF2 in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, den getroffenen Länderfeststellungen sowie auf den Ausführungen in der Beschwerde.

 

Die Feststellung zum Nichtvorliegen einer asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen Gefährdung der Beschwerdeführer ergibt sich einerseits aus dem seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes als nicht asylrelevant erachteten Vorbringen der Beschwerdeführer sowie andererseits aus den detaillierten, umfangreichen und aktuellen Länderfeststellungen zur Lage im Iran.

 

Hinweise auf asylrelevante die Person der Beschwerdeführer betreffende Bedrohungssituationen konnten diese nicht dartun.

 

2.2.4.1. Die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren auf einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fassen in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Das Bundesamt hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der Beschwerdeführer gebracht.

 

Das Bundesamt legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen sei, ihr Ausreisevorbringen glaubhaft zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den beweiswürdigenden Argumenten der belangten Behörde an.

 

2.2.4.2. So ist dem BFA nicht entgegenzutreten, wenn es im Ergebnis festhält, dass wohl nicht asylrelevante Gründe, sondern der Wunsch nach einer besseren Zukunft für die Familie in Europa ausreisekausal waren, zumal die Beschwerdeführer die Ausreise nach Österreich einer Verlegung des Wohnsitzes innerhalb des Irans vorzogen, was auch die Aussage des BF1 im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 19.10.2016 offenbart, dass er in Österreich zukünftig in der Baubranche weiterarbeiten und eine eigene Firma gründen wolle. Er hätte genug Freunde in Deutschland und England, die ihm helfen würden. Insoweit von Seiten der Beschwerdeführer im Rechtsmittelschriftsatz ausgeführt wird, im Verfahren nie erwähnt zu haben, den Iran wegen der finanziellen/ wirtschaftlichen Situation verlassen zu haben, so ist diesbezüglich anzumerken, dass dies weder von Seiten der belangten Behörde noch von Seiten der erkennenden Richterin behauptet wird. Wenn man allerdings berücksichtigt, dass der vom BF1 vorgebrachte Sachverhalt - wie sogleich noch aufzuzeigen sein wird - als nicht glaubhaft zu qualifizieren ist, so erscheint es durchaus naheliegend, dass die Beschwerdeführer aus dem Iran ausreisten, um jedenfalls den Kindern eine bessere Zukunft in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zu ermöglichen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht teilt ferner die Auffassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass der BF1 sein Vorbringen im Zuge der gestellten Fragen und Vorhalte bezüglich der Befragungen durch den Geheimdienst mäandrierend abänderte, etwa auch dadurch, dass er zunächst ausführte, dass er in den Jahren 2009 bis 2014 jeden zweiten oder dritten Monat vom Geheimdienst zu Hause oder in der Arbeit aufgesucht worden sei. Wenig später legte der BF1 in der Einvernahme vor dem BFA allerdings dar, dass der Geheimdienst zwischen 2009 und 2011 jeden zweiten Monat bei ihnen gewesen sei bzw. er ihn zu sich bestellt hätte. Auf entsprechenden Vorhalt dieses Widerspruchs erwiderte der BF1 schließlich lediglich, dass es die ersten zwei Jahre schlimm gewesen sei. Anschließend seien sie etwas freundlicher gewesen und hätten es nicht mehr so ernst genommen.

 

Des Weiteren ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beizupflichten, dass der BF1 im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt am 19.10.2016 ein von der Erstbefragung erheblich abweichendes Vorbringen, in Bezug auf die unmittelbar fluchtauslösenden Vorfälle, geschildert hat. Nun ist zwar grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der oder den Einvernahme(n) im Hinblick auf ein gesteigertes Vorbringen nicht zielführend, zumal die Erstbefragung lediglich einer ersten Orientierung dienen soll und sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat.

 

Im gegenständlichen Fall stellt das Vorbringen in der Einvernahme jedoch kein im Verhältnis zur Erstbefragung detaillierteres Vorbringen dar, sondern schilderte der BF1 sein Vorbringen doch in erheblich unterschiedlicher Weise.

 

So führte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung aus, dass er bei einer Demonstration im Jahr 2009 dabei gewesen sei. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 19.10.2016 gab der Beschwerdeführer hingegen zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er im Jahr 2009 eine Demonstration in seiner Straße als Zuschauer wahrgenommen habe, folglich er nicht direkt bei der Demonstration dabei gewesen sei.

 

Wenngleich die Erstbefragung oftmals unmittelbar nach längerer Reisebewegung stattfindet, so hat der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen in diesem Punkt doch in gravierender Weise unterschiedlich dargestellt und hat er einen plausiblen Grund hierfür nicht anzugeben vermocht.

 

Illustrativ wird hierzu ausgeführt, dass es der erkennenden Richterin des Bundesverwaltungsgerichts bekannt ist, dass geradezu typischerweise bei im Ergebnis unberechtigten Asylanträgen erst im Rahmen einer späteren Befragung neue Vorbringen erstattet bzw. die Vorbringen ausgewechselt werden, wodurch jedenfalls eine positivere Verfahrensprognose bzw. auch eine Verfahrensverzögerung beabsichtigt wird. Einen denkmöglichen Erklärungsversuch für diese unterschiedlichen Angaben im Fluchtvorbringen, konnte der BF1 sohin nicht dartun.

 

Darüber hinaus ist dem BFA zuzustimmen, dass die vom BF1 und der BF2 in der Einvernahme vor dem BFA am 19.10.2016 getätigten Aussagen bezüglich der Nachforschungen des Geheimdienstes bei der Familie der BF2 nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. So schilderte der BF1, dass der Geheimdienst bei der Familie seiner Gattin bezüglich ihres Aufenthaltsortes nachgefragt hätte. Wie vom BFA richtig ausgeführt, steht diese Aussage des BF1 aber in erheblichem Widerspruch zu den Schilderungen seiner Gattin, wonach ihre Familie bis jetzt noch nicht belästigt worden sei. Sie hätte ein- bis zweimal im Monat Kontakt mit ihrer Familie, bislang aber nichts gehört. Widersprüchlich zeigen sich die Aussagen des BF1 und der BF2 zudem auch in folgendem Punkt. So gab der BF1 zu Protokoll, dass er gemeinsam mit seiner Gattin den Entschluss gefasst habe, den Iran zu verlassen. Die BF2 schilderte allerdings, dass der BF1 dies ca. eine Woche vor der Ausreise entschieden habe.

 

Darüber hinaus darf richtigerweise nicht außer Acht gelassen werden, dass hätte der BF1 tatsächlich eine asylrelevante Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen befürchtet, so hätte er den Iran mit seiner Familie nicht erst auf Anraten seines Anwalts verlassen. Dass der BF1 das Bedrohungspotential selbst offenbar nicht sehr hoch eingeschätzt hat, weist daher ebenfalls auf eine Ausreise wegen eines nicht asylrelevanten Grundes hin.

 

Es wird von Seiten der erkennenden Richterin schließlich - dem BFA folgend - nicht verkannt, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund der im Jahr 2009 stattgefundenen Massendemonstrationen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der BF1 aufgrund der bloßen Teilnahme an bzw. des bloßen Betrachtens der Demonstration als Zuschauer damals derart in das Blickfeld der iranischen Behörden geraten ist, dass er diesfalls mit einer Verfolgung seiner Person zu rechnen hätte, vielmehr ist die einfache Demonstrationsteilnahme bzw. Beobachtung derselben allenfalls als Tätigkeit niedrigen Profils zu qualifizieren, welche kaum eine über mehrere Jahre andauernde wiederkehrende Befragung des BF1 nach sich ziehen würde.

 

Zur Zweitbeschwerdeführerin und dem Dritt- sowie dem Viertbeschwerdeführer bleibt festzuhalten, dass sich diese in ihren jeweiligen Verfahren den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers in dessen Verfahren angeschlossen haben. Relevante eigene Ausreisegründe haben sie nicht dargelegt. Wie soeben ausgeführt, erachtete die belangte Behörde - und dieser folgend die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts - das Vorbringen des BF1 bezüglich einer Verfolgung durch die iranischen Geheimdienste als nicht glaubhaft, weshalb auch für die Zweitbeschwerdeführerin und dem Dritt- sowie dem Viertbeschwerdeführer aus diesem Vorbringen nichts zu gewinnen war.

 

2.2.4.3. Die seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegenzutreten.

 

2.2.4.4. Ferner bestehen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführer; dies aus folgenden Gründen:

 

2.2.4.4.1. So darf nicht außer Acht gelassen werden, dass wenn die Beschwerdeführer tatsächlich eine asylrelevante Verfolgung aus den von ihnen genannten Gründen befürchten würden, sie wohl bereits etwa bei ihrem Aufenthalt in Griechenland oder Ungarn einen Asylantrag gestellt hätten.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinie 2011/95/EG des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes zu verweisen, welche in ihrem Art. 4 Abs. 5 lit. d vorsieht, dass dann, wenn für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise fehlen, diese Aussagen keines Nachweises bedürfen, wenn der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war. Wendet man diese sekundärrechtliche Norm im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung auf das gegenständliche Verfahren an, so ergibt sich um Umkehrschluss, dass gegenständlich jedenfalls - glaubwürdige - Beweise erforderlich gewesen wären.

 

Weiters ist auf Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes zu verweisen, wonach die Mitgliedstaaten festlegen können, dass das Prüfungsverfahren im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II beschleunigt und/oder an der Grenze oder in Transitzonen nach Maßgabe von Artikel 43 durchgeführt wird, wenn nach dessen lit. h der Antragsteller unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingereist ist oder seinen Aufenthalt unrechtmäßig verlängert hat und es ohne stichhaltigen Grund versäumt hat, zum angesichts der Umstände seiner Einreise frühestmöglichen Zeitpunkt bei den Behörden vorstellig zu werden oder einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

 

Die Beschwerdeführer mussten auf ihrer Reise nach Österreich zudem auch durch andere als sicher geltende Staaten reisen und wäre es ihnen möglich und zumutbar gewesen schon dort um Schutz anzusuchen. Durch das Unterlassen kann geschlossen werden, dass sie andere Motive als jene der Schutzsuche haben.

 

2.2.4.4.2. Des Weiteren war es dem BF1 nicht möglich plausibel zu erklären, warum er nach dem Beginn dieser Befragungen im Jahr 2009 noch für etwa fünf Jahre (Ausreise aus dem Iran erfolgte gemäß seinen Angaben etwa im August 2014) in Teheran an seiner Wohnadresse verblieben ist und dort auch seiner beruflichen Tätigkeit nachging. Dies ist ferner ein Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens hinsichtlich der von ihm geschilderten zahlreichen Kontrollen durch den Geheimdienst und weist eher auf eine Ausreise wegen eines nicht asylrelevanten Grundes hin.

 

2.2.4.4.3. Schließlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der BF1 widersprüchliche Zeitangaben zu den Ereignissen tätigte. So gab der BF1 im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 19.10.2016 zunächst zu Protokoll, dass er mit seiner gesamten Familie im September 2014 in Dubai auf Urlaub gewesen sei. Abweichend von diesem Vorbringen behauptete der BF1 - entsprechend auch die BF2 - wenig später, den Iran aufgrund der dortigen Ereignisse bereits im August 2014 verlassen zu haben. Auch in der Beschwerde wurde dieser Widerspruch von Seiten der Beschwerdeführer nicht thematisiert oder gar entkräftet.

 

2.2.4.4.4. Die Zulässigkeit für das Bundesverwaltungsgericht über die Beweiswürdigung des Bundesamtes hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 21 Abs. 7,

2. Fall, BFA-VG (entspricht in diesem Punkt der Vorgängerbestimmung § 41 Abs. 7 AsylG 2005 aF), wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus dem sinngemäß anwendbaren § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [das Bundesverwaltungsgericht] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier in § 21 Abs. 7, 2. Fall, BFA-VG bzw. zuvor in § 41 Abs. 7, 2. Fall, AsylG 2005 aF mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich

unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario

offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 21 Abs. 7, 2. Fall, BFA-VG (entspricht in diesem Punkt der Vorgängerbestimmung § 41 Abs. 7, 2. Fall, AsylG 2005 aF) - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen des Ermittlungsverfahrens des BFA.

 

Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem. § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hierzu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde (bzw. das Gericht) ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

Der Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 18.06.2014, Zl. Ra 2014/20/0002-7) hielt in diesem Zusammenhang nunmehr auch explizit fest, dass, insoweit das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, das im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzende Anführen weiterer - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Gründe, nicht dazu führt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht erfüllt sind.

 

2.2.4.5. Selbst wenn man jedoch das Vorbringen der Beschwerdeführer der rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, gelangt man - wie unten näher ausgeführt werden wird - zu keinem anderen Ergebnis.

 

2.2.4.6. Wenn in der Beschwerdeschrift das durchgeführte Ermittlungsverfahren bemängelt wird, ist diesbezüglich anzumerken, dass die jeweiligen Protokolle der Einvernahmen vor dem BFA den Eindruck vermitteln, dass der zuständige Organwalter den BF1 und die BF2 ausführlich und objektiv zu ihrem behaupteten Herkunftsstaat und ihrem Fluchtvorbringen befragt und sie mit entscheidungswesentlichen Fragen konfrontiert hat. Bei Betrachtung der gegenständlichen Niederschriften vom 19.10.2016 kann dieser Vorwurf daher nicht nachvollzogen werden. Die Asylbehörde hat die materielle Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Hierbei kann oftmals nur auf eine genaue Befragung des Asylwerbers zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Fragestellung lassen sich aber keine Besonderheiten feststellen und bei genauer Betrachtung hinterlassen die Niederschriften den Eindruck, dass sie den konkreten Verlauf wiedergeben. Den Niederschriften ist weiters nicht zu entnehmen, dass der BF1 oder die BF2 während der Einvernahme diese Beanstandung kundtaten, was aber ihrer Mitwirkungsverpflichtung entsprochen hätte. Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass der BF1 und die BF2 am Ende der Einvernahme vor dem BFA nach der Rückübersetzung der Niederschrift keine Einwendungen gegen die Niederschriften vorbrachten. Des Weiteren bestätigten der BF1 und die BF2, dass sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden haben.

 

Die Beschwerdeführer wurden im Rahmen des Asylverfahrens umfassend niederschriftlich vom BFA einvernommen, wobei der BF1 und die BF2 in diesen Einvernahmen die Gelegenheit hatten, sich zu ihren Verfolgungsgründen und Rückkehrbefürchtungen zu äußern. Das BFA beließ es dabei nicht bei offenen Fragen, sondern versuchte auch durch konkrete Fragestellung den Grund ihrer Furcht und zu erwartende Rückkehrprobleme zu erhellen, was nach Ansicht der erkennenden Richterin auch hinreichend geschehen ist. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

 

Die Behörde ist auch im Rahmen der Refoulementprüfung nur in dem Umgang zu amtswegigen Ermittlungen verhalten, in dem ein ausreichend konkretes, eine maßgebliche Bedrohung aufzeigendes Vorbringen erstattet wird, nicht aber zur Prüfung, ob die Partei denkbarerweise irgendwelchen Gefährdungen ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.11.2002, 2002/21/0185, 3.9.1997, 96/01/0474, 30.9.1997, 96/01/0205).

 

2.2.4.7. Des Weiteren ist nochmals festzuhalten, dass der BF1 und die BF2 seitens des BFA aufgefordert wurden, die Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen und alle zur Begründung des Antrages erforderlichen Anhaltspunkte wahrheitsgemäß darzulegen. Das BFA stellte die für den Gang der Fluchtgeschichte erforderlichen Fragen, die von den Beschwerdeführern in knapper Weise beantwortet wurden. Zusammengefasst blieben die Aussagen des BF1 und der BF2 farblos und lassen erkennen, dass sie keine Detailkenntnisse haben und offenbar versuchen, möglichst wenig konkrete Angaben zu machen, um sich nicht in Widersprüche zu verwickeln. Es ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen, und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Die widersprüchlichen und unplausiblen Angaben des BF1 und der BF2 waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die sie dazu getrieben hat, ihr Heimatland zu verlassen. Somit erscheint es kaum vorstellbar, dass die Beschwerdeführer die von ihnen behauptete Fluchtgeschichte tatsächlich erlebt haben. Die Behörde ist - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - nicht dazu verpflichtet, derart mangelhafte und bereits als objektiv unglaubwürdig einzustufende Angaben durch weitere Erhebungen im Herkunftsland zu überprüfen. Insgesamt war in Bezug auf die Fluchtgründe von bloßen Behauptungen auszugehen, sodass sich auch eine nähere Überprüfung dieser Angaben im Heimatland der Beschwerdeführer somit erübrigte. Die Beschwerdeführer versuchen offenbar, das für wirklich verfolgte Menschen so wichtige Institut des Asyls für ihre Zwecke zu gebrauchen und - in Umgehung der sonst geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften - zu einem Aufenthaltsrecht in Österreich zu gelangen. Da weitere Fluchtgründe weder behauptet wurden, noch von Amts wegen hervorgekommen sind, und weiters davon auszugehen war, dass die konkret vorgebrachte Fluchtgeschichte nicht der Wahrheit entsprach, konnte eine Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden.

 

Dem BF1 und der BF2 wurde im vorliegenden Fall im Rahmen einer Einvernahme ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände gegenüber dem BFA vorzubringen. Die belangte Behörde hat die Angaben des BF1 und der BF2 der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt und hat anschließend die Rechtsfragen grundsätzlich übersichtlich zusammengefasst.

 

Von den Beschwerdeführern wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch die belangte Behörde ausgehen. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der Beschwerdeführer ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Der Sachverhalt bezüglich der entscheidungswesentlichen Fragen ist als geklärt anzusehen, weshalb nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation der Beschwerdeführer unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu § 52 AVG).

 

Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass sich das BFA mangels adäquater Recherchen nicht ausreichend mit dem persönlichen Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt habe, so ist dem zu entgegnen, dass sich die belangte Behörde auf die Ausführungen der Beschwerdeführer in der Einvernahme und die vom BFA in das Verfahren eingeführten aktuellen Länderfeststellungen stützen konnte.

 

Zudem ist in nochmals festzuhalten, dass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die belangte Behörde in der Begründung des jeweiligen angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Den Beschwerdeführern ist es nicht gelungen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an deren Inhalt aufgekommen wären.

 

2.2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:

 

Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und im jeweiligen Bescheid bzw. Erkenntnis angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

 

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben, wobei festzuhalten ist, dass die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen überwiegend aus den Jahren 2015 und 2016 stammen.

 

Aufgrund des Umstandes, dass die dem Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zum überwiegenden Teil aus den Jahren 2015 und 2016 datieren, hat die erkennende Richterin in aktuelle Länderberichte zum Iran Einsicht genommen, wie etwa den Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 08.12.2016, den aktuellen USDOS-Bericht "Country Reports on Human Rights Practices for 2016" vom 03.03.2017 sowie insbesondere auch in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Iran vom 12.05.2017 und ist diesbzgl. festzuhalten, dass sich aus all diesen Berichten keine aktuelle wesentliche Verschlechterung der allgemeinen Situation und der Sicherheitslage im Iran ergibt, weswegen es, insbesondere nach Prüfung der Situation im Iran anhand aktueller Berichte, auch nicht erforderlich war, dem Verfahren aktuellere Länderfeststellungen zu Grunde zu legen. Letztlich ist noch festzuhalten, dass die Aktualität der Länderfeststellungen in der Beschwerdeschrift auch nicht thematisiert wurde.

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Schließlich ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass ein Asylantrag allein nach vorliegenden Erkenntnissen keine staatlichen Repressionen auslöst. Bei Rückkehr kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch iranische Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Nach Angaben des Chefs der Judikative können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise werde die frühere illegale Ausreise legalisiert.

 

Weiters ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Menschenrechtssituation im Allgemeinen zwar unbefriedigend ist, die Grundversorgung für die Bevölkerung aber gesichert ist und stellt sich auch die medizinische Behandlung vor allem in Teheran als befriedigend dar. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern. Die Beschwerdeführer haben durch ihre Familienangehörigen (Eltern und Geschwister) auch weiterhin ein soziales Netz im Iran.

 

Zusammengefasst ergibt sich daher aus den unbestrittenen Länderfeststellungen kein Hindernis an der Durchsetzung einer negativen Asylentscheidung gegen die Beschwerdeführer.

 

Die Beschwerdeführer traten den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen. Die Beschwerdeführer sind in der gegenständlichen Beschwerde den in den angefochtenen Entscheidungen getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht entgegengetreten und haben weder deren Unvollständigkeit, noch eine allfällige Unrichtigkeit vorgebracht. Die belangte Behörde hat ihrerseits Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, wobei die Beschwerdeführer den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Berichte in der Beschwerde nicht anzweifeln.

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

2.2.6. Die Beschwerdeführer beantragten in ihrer Beschwerdeschrift eine mündliche Verhandlung. Hierbei wurde aber nicht angeführt, was bei einer weiteren - persönlichen Einvernahme im Asylverfahren - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (z.B. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der Beweiswürdigung des BFA, der sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt, nicht substantiiert entgegengetreten wird.

 

2.2.7. Der Beschwerdeschriftsatz enthält im Übrigen keine konkreten Ausführungen, die zu einer anders lautenden Entscheidung führen könnten und vermag daher die erkennende Richterin auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

3.1. Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten

 

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit, Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).

 

3.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richterin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Die Beschwerdeführer vermochten nämlich keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen (vgl. Punkt 2 ff des gegenständlichen Erkenntnisses).

 

3.1.3. Auch wenn man das Vorbringen der Beschwerdeführer der rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, konnten die Beschwerdeführer keine Umstände dartun, die die Annahme rechtfertigen würden, dass sie in ihrem Heimatstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt seien, und konnten daher die von ihnen geltend gemachten Fluchtgründe nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Es ist den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang nicht gelungen, eine gezielt und konkret gegen sie gerichtete, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende, Asylrelevanz erreichende Verfolgung darzutun.

 

3.1.3.1. Maßgeblich und damit entscheidungswesentlich ist in diesem Zusammenhang letztlich, dass die behaupteten Eingriffe in die Rechtssphäre der Beschwerdeführer in Form von mehreren Befragungen des BF1 und der BF2 sowie die einmalige Abnahme der Reisepässe der Beschwerdeführer nicht die für die Annahme einer Verfolgung erforderliche erhebliche Intensität aufwiesen.

 

Nach Artikel 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie des Europäischen Parlaments und Rates gelten als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 A der Genfer Flüchtlingskonvention Handlungen, die a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a) beschriebenen Weise betroffen ist.

 

So werden etwa nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch kurzfristige Inhaftierungen und Hausdurchsuchungen, die folgenlos bleiben, mangels Intensität nicht als asylrechtlich relevante Verfolgung angesehen (Feßl/Holzschuster AsylG 2005, Kommentar, E.63 zu § 3 unter Hinweis auf VwGH 14.10.1998, 98/01/0262; 12.05.1999, 98/01/0365 und E.71 zu § 3 AsylG unter Hinweis VwGH 21.04.1993, 92/01/1059 mwN; 21.02.1995, 94/20/0720, 19.12.1995, 95/20/0104; 10.10.1996, 95/20/0487).

 

Auch Beschimpfungen, Bewerfen eines Hauses mit Steinen und verbale Drohungen begründen keine Verfolgung von asylrelevanter Intensität (EGMR, Rs 18670/03, BERISHA & HALJITI v. Mazedonien, 16.06.2005).

 

Einer bloßen Ladung zur Behörde ermangelt es aber jedenfalls an der für die Asylgewährung nötigen Eingriffsintensität (vgl zB das hg Erkenntnis vom 11 November 1998, Zl 98/01/0312, mwN.). (VwGH 7. 9. 2000, 2000/01/0153).

 

Nach ständiger Rechtssprechung des VwGH stellen Nachfragen allein noch keine Verfolgungshandlung im Sinne des AsylG dar. Dies selbst im Falle wiederholter Nachfragen (VwGH v. 17.06.1992, Zl. 92/01/0546). Aus Polizeiladungen und der subjektiven Befürchtung des Asylwerbers, verhaftet oder verfolgt zu werden, ergibt sich, wenn objektiv keine Gefahr eines ungerechtfertigten Eingriffes von erheblicher Intensität zu erkennen ist, kein Asylgrund, zumal Ladungen, Nachfragen, selbst kurzfristige Inhaftierungen nicht als derart gravierend angesehen werden können, dass sie einen Verbleib im Heimatland unerträglich machen (VwGH vom 12.09.1996, Zl. 95/20/0285 oder Erkenntnis d. VwGH vom 31.03.1993, Zl. 92/01/0717)).

 

Der Verwaltungsgerichtshof anerkennt in ständiger Rechtsprechung kurzzeitige Inhaftierungen, wenn sie ohne Folgen blieben, und Hausdurchsuchungen aufgrund mangelnder Intensität nicht als asylrechtlich relevante Verfolgung (VwGH E vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0262; VwGH E vom 12.5.1999, Zl. 98/01/0365).

 

Die Beschwerdeführer haben gegenständlich lediglich wiederkehrende Befragungen behauptet, die sich nach ihren Angaben über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckt hätten. Des Weiteren nahm man ihnen einmal ihre Reisepässe ab. Es sei jedoch nie zu erheblichen Eingriffen oder Gefährdungen gekommen. Abgesehen davon, dass die Ernsthaftigkeit der genannten Befragungen - auch ohne gravierende Drohungen - im Hinblick auf den langen Zeitraum, über den der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin diesen ausgesetzt gewesen sein wollen, in Frage steht, ist ferner in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass den Angaben des Erstbeschwerdeführers zufolge, er nach diesen Befragungen ab Anfang 2009 weiterhin an seiner Wohnadresse verblieb und auch seinen Beruf bis zu seiner Ausreise im Jahr 2014 ausübte. Zum Beleg dieser Argumentation kann im Übrigen auch auf folgende Passage aus der Einvernahme des BF1 verwiesen werden, die ebenfalls zeigt, dass dem BF1 die mangelnde Ernsthaftigkeit der Befragungen bewusst war: "[ ] Schlimm war es die ersten 2 Jahre, nachher waren sie etwas freundlicher. Sie haben es nicht mehr so ernst genommen. Sie kamen zu mir z.B. auf die Baustelle und fragten mich freundlich, wie es mir geht und was ich so mache. Hin und wieder haben sie Spaß gemacht, von wem weißt du das, dass die gegen die Regierung sind. Die Leute, die außerhalb vom Iran sind und gegen die Regierung sind. [ ]". Geschehnisse dieser Art sind noch nicht als asylrelevant zu qualifizieren und war dem Vorbringen auch kein stichhaltiger Hinweis dahin gehend zu entnehmen, dass allfällige gravierendere Bedrohungen oder Eingriffe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren.

 

Die vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin geschilderten Ereignisse erreichen weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit die Intensität einer asylrelevanten Verfolgungshandlung (vgl. VwGH RS 1, 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

3.1.4. Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung der getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen der persischen Volksgruppe festgestellt werden können. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage sowie der Lage der Mehrheitsethnie oder der wirtschaftlich-sozialen Lage im Iran ergeben würde.

 

3.1.5. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es schließlich keine Anhaltspunkte dafür, dass Iraner, die aus dem Ausland in den Iran zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass ein Asylantrag allein nach vorliegenden Erkenntnissen keine staatlichen Repressionen auslöst. Bei Rückkehr kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch iranische Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Nach Angaben des Chefs der Judikative können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise werde die frühere illegale Ausreise legalisiert. Eine asylrelevante Verfolgung ist darin aber nicht erkennbar.

 

3.1.6. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung im gegebenen Fall nicht existent ist.

 

3.1.7. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA jeweils abzuweisen. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beschwerdeführer auch aus dem Verfahren ihrer jeweiligen Familienangehörigen keinen derartigen Status ableiten können, da deren Beschwerden mit Erkenntnis des heutigen Tages im Ergebnis ebenfalls gleichlautend entschieden wurden.

 

3.2. Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran

 

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (Abs 3 leg cit).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

3.2.2. Weder auf der Grundlage der im gegenständlichen Verfahren vom BFA und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen, welchen die Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegen getreten sind, noch vor dem Hintergrund des persönlichen Vorbringens der Beschwerdeführer ist ersichtlich, dass sie bei einer Rückführung in ihr Heimatland in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wären. Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich, auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.

 

Die Beschwerdeführer haben weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf ihre jeweilige Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Im Iran erfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.

 

Da sich der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass nun bereits ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 12.05.2017 sowie dem Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 08.12.2016 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran nicht zu entnehmen, vielmehr hat sich die innenpolitische Lage nach den Turbulenzen im Jahr 2009 wieder - zumindest oberflächlich - beruhigt. Das iranische Volk hat am 26. Februar 2016 das Parlament und den Expertenrat gewählt. Während Letzterer weiterhin stark konservativ dominiert ist, ist das neue Parlament deutlich zentristischer als zuvor. Der wiedergewählte traditionell-konservative Parlamentspräsident Larijani und Teile seiner Unterstützer haben sich im Zuge des Konflikts um die Verabschiedung des Nuklearabkommens im letzten Sommer der Regierung sichtbar angenähert. Die pragmatische Unterstützung Rohanis durch Larijani dürfte sich auch in Zukunft fallabhängig wiederholen und wirkt insgesamt systemstabilisierend. Weiterhin zeigen institutionelle Vetorechte des konservativen Establishments der Regierung Rohani und ihrer innenpolitischen Agenda von mehr Bürgerrechten und mehr Freiheiten Grenzen auf. Die Regierung Rohani ist überdies weiterhin bestrebt, Iran aus seiner außenpolitischen Isolierung herauszuführen. Wichtige Grundlage hierfür war der Abschluss des Nuklearabkommens. Es gelang der Regierung, den dramatischen Rückgang der Wirtschaftsaktivität seit 2011 aufzuhalten, die Inflation auf unter 10 % zurückzufahren und die Währung zu stabilisieren. Eine Liberalisierung und Stärkung von gesellschaftlichen und persönlichen Freiheiten ist trotz Neuwahl des iranischen Parlaments sowie des Expertenrats kaum abzusehen. Auch ist die Gewaltenteilung weiterhin stark eingeschränkt, was sich in der Justiz besonders in der Behandlung von Strafsachen zeigt. Nennenswerte oppositionelle Kräfte gibt es nicht. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Irans moderater Präsident Hassan Rohani die Präsidentenwahl am 19.05.2017 gewonnen hat und diese Wiederwahl für weitere Fortschritt in der Außenpolitik und auch für die Umsetzung von Reformen im Inneren (wie beispielsweise die Verbesserung der Menschenrechte und die Einrichtung einer Bürgerrechtscharta) bedeutsam ist.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.

 

Der Verfassungsgerichtshof entschied mit Erkenntnis vom 20. September 2010, U 1863/09-12, unter Hinweis auf das im Vorabsatz erwähnte Urteil des EGMR, dass bei einer Rückkehr in den Iran bezüglich der Prüfung der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung neben der zuvor erwähnten Berücksichtigung der angespannten Situation auch die speziellen Risiken bedacht werden müssen, denen Iraner ausgesetzt sind, wenn sie, ohne über Beweismittel für ihre legale Ausreise aus dem Iran zu verfügen, in ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssen. Auf Grund aktueller Länderberichte stehe fest, dass diese besonders leicht einer genauen Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Ausreise aus dem Iran unterzogen werden. Diesfalls wäre es wahrscheinlich, dass ein Iraner ohne gültige Ausreisepapiere die Aufmerksamkeit der iranischen Sicherheitsbehörden auf sich ziehen und seine Vergangenheit dabei offen gelegt würde. Diese beiden Gesichtspunkte zusammen können dazu führen, dass die Ausweisung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat angesichts der gegenwärtigen Umstände eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung darstellt. Dieses Judikat ist im konkreten Fall nun aber nicht einschlägig, da die Beschwerdeführer zwar nach ihrem letzten Aufenthalt im Iran illegal ausgereist sein könnten, im Unterschied zur genannten VfGH-Judikatur im Zuge ihres Antrages auf internationalen Schutz jedoch ein unglaubwürdiges Vorbringen erstattet haben, den Iran insoweit nicht vorverfolgt verlassen haben und ihr gesamtes Vorbringen als unglaubwürdig zu werten ist, weshalb letztlich keine Gefährdung vorliegt.

 

Ferner ist in diesem Zusammenhang auch auf das jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137-14 zur Frage der Zuerkennung von subsidiärem Schutz zu verweisen, in welchem sich der VwGH mit der Frage einer Rückkehrgefährdung iSd Art. 3 EMRK aufgrund der bloßen allgemeinen Lage (hier: Irak), insbesondere wegen wiederkehrenden Anschlägen und zum anderen einer solchen wegen – kumulativ mit der allgemeinen Lage – zu berücksichtigenden individuellen Faktoren, befasst hat und die Revision gegen das Erkenntnis des BVwG als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Es ist unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation (gesunde erwachsene Personen mit sozialem Netz durch ihre Familienangehörigen im Iran; mehrjährige Schulausbildung mit Maturaabschluss des BF1 und der BF2; vierjähriges Studium der BF2; jahrzehntelange Berufserfahrung des BF1 in der Baubranche) nicht ersichtlich, warum dem BF1 und der BF2 eine Existenzsicherung im Iran, auch an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen des Iran, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Es wäre diesen Personen letztlich auch zumutbar, durch eigene und notfalls wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandte, sonstige ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung ihrer gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können.

 

Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich, dass die Grundversorgung der Bevölkerung im Iran sehr wohl gesichert ist. Die Beschwerdeführer sind nach allgemeiner Lebenserfahrung arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass sie ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass sich die wirtschaftliche Situation im Iran schlechter darstellt als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

 

Wiederum ist festzuhalten, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen (alle unterschiedslos treffenden) Sicherheitslage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage im Iran ergeben würde; auch hierzu ist seitens der Beschwerdeführer in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen erfolgt.

 

Im Fall der Beschwerdeführer kann bei einer Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Fall einer Rückkehr in den Iran gegenwärtig einer spürbar stärkeren, besonderen Gefährdung ausgesetzt wären. Die Familien des BF1 und der BF2 leben nach wie vor im Iran und ist somit ein soziales Netz gegeben, in welches sie bei einer Rückkehr wieder Aufnahme finden werden. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Iran völlig allein und ohne jede soziale Unterstützung wären. Es sind zudem keine Gründe ersichtlich, warum der BF1 und die BF2 als Erwachsene nicht selbst im Iran einer Erwerbstätigkeit nachgehen können sollten. Die Beschwerdeführer sind im Iran aufgewachsen, haben dort die überwiegende Zeit ihres Lebens verbracht und die Schule besucht, wurden dort sozialisiert und es kam nicht hervor, dass sie im Iran keine familiären und privaten Anknüpfungspunkte mehr haben. Die Mutter des BF1, drei Geschwister des BF1, die Eltern der BF2 und sieben Geschwister der BF2 leben nach wie vor im Iran und ist für ihre Versorgung im Falle der Rückkehr in den Iran gesorgt.

 

Wie bereits oben ausgeführt, besteht für die Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall weder von staatlicher noch von privater Seite eine Verfolgungsgefahr auf Grund ihres behaupteten Fluchtvorbringens, da dieses als nicht glaubhaft bzw. asylrelevant erachtet wurde.

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der Beschwerdeführer (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichten, welcher im Iran mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. Ebenso betreffen die festgestellten Problemfelder zu einem erheblichen Teil Bereiche, von denen die Beschwerdeführer nicht betroffen sind.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der Beschwerdeführer begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils abzuweisen. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beschwerdeführer auch aus dem Verfahren ihrer Familienangehörigen keinen derartigen Status ableiten können, da deren Beschwerden mit diesem Erkenntnis des heutigen Tages im Ergebnis gleichlautend entschieden wurden.

 

3.3. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§§ 57 und 55 AsylG sowie § 52 FPG):

 

3.3.1. Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

3.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

3.3.2.1. Die Beschwerdeführer befinden sich seit Ende Dezember 2014 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die jeweilige Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

3.3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

3.3.3.1. Die Beschwerdeführer sind als Staatsangehörige des Iran keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres jeweiligen Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

3.3.4. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

3.3.4.1. Die Beschwerdeführer stellten jeweils Ende Dezember 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerden gegen die Entscheidungen des BFA wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag jeweils in allen Spruchpunkten abgewiesen, sodass sämtliche Familienmitglieder in gleichem Maße von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

 

Ansonsten verfügen die Beschwerdeführer hier über keine Verwandten. Nach Ansicht der erkennenden Richterin liegt somit kein schützenswertes Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich vor.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008,

 

Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Die bisherige Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer beträgt rund zwei Jahre und fünf Monate, womit diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch relativ kurz ist, um bereits jetzt von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration zu sprechen. In Anbetracht des Umstandes, dass die jeweiligen Anträge auf internationalen Schutz unbegründet sind, sie versuchten diesen mit einem nicht glaubhaften Sachverhalt zu begründen und die Beschwerdeführer zur Antragstellung jeweils illegal in das Bundesgebiet von Österreich eingereist waren, sind gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine aufenthaltsbeendende Rückkehrentscheidung sprechen. Diese Interessen überwiegen in ihrer Gesamtheit das private Interesse der Beschwerdeführer am weiteren Verbleib, selbst wenn der BF1 und die BF2 in Österreich Sprachkurse sowie der BF3 und der BF4 die Schule besuchen, die Familie soziale Kontakte knüpft(e), der BF1 ehrenamtlich als Dolmetscher fungiert, die BF2 gemeinnützig tätig ist und bei verschiedenen Veranstaltungen mithilft und ihnen die Dauer des Verfahrens nicht zuzurechnen sein sollte. Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN).

 

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der Beschwerdeführer in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die relativ kurze Dauer ihres bisherigen Aufenthalts in Österreich (seit Ende Dezember 2014) nicht anzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführer über gewisse Deutschkenntnisse (Niveau A1 hinsichtlich der BF2 und Niveau A2 hinsichtlich BF1 sowie in der Schule erworbene Deutschkenntnisse hinsichtlich BF3 und BF4) verfügen. Auch Deutschkenntnisse allein reichen nämlich noch nicht aus, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen. Was die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführer betrifft, so sei in diesem Zusammenhang auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Soweit die Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügen, ist ferner darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in den Iran gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführer hierdurch gezwungen werden, den Kontakt zu jenen Personen, die ihnen in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihnen frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten.

 

Der Erstbeschwerdeführer übernahm "ehrenamtlich" Dolmetschertätigkeiten und die Zweitbeschwerdeführerin verrichtete in Österreich gemeinnützige Tätigkeiten iSd § 7 Grundversorgungsgesetz im Pfarrhof ihrer Wohnortgemeinde und brachte die Familie mehrere Referenzschreiben in Vorlage. Der BF1 und die BF2 üben in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus, sind nicht selbsterhaltungsfähig und befinden sich in der Grundversorgung. Sie konnten auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen.

 

Auch der Umstand, dass die BF2 im Rahmen des § 7 Grundversorgungsgesetzes als Asylwerberin gemeinnützige Tätigkeiten ausführt und bei Veranstaltungen mithilft, fällt bei der gegenständlichen Abwägungsentscheidung nicht besonders stark ins Gewicht, zumal hierdurch eine nachhaltige Integration der BF2 im Arbeitsmarkt, welche auch künftig auf ihre Selbsterhaltungsfähigkeit schließen ließe, aktuell nicht erkannt werden kann. Selbiges gilt für die "ehrenamtlichen" Dolmetschertätigkeiten des BF1. Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer von 2 Jahren und fünf Monaten kann ihnen dies nicht zum Vorteil gereichen.

 

Was die Unterstützungsschreiben betrifft, welche vom Bürgermeister der Wohnortgemeinde, vom Unterkunftgeber und von einem Mitglied der Unterstützungsplattform für Flüchtlinge im Wohnort der Beschwerdeführer/ der Leiterin der NMS im Wohnort verfasst wurden, so sind diese Unterlagen vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Beschwerdeführer erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhalten und die persönlichen Bindungen bereits unter diesem Aspekt als nicht besonders eng angesehen werden können. Des Weiteren haben die in den Schreiben erwähnten Personen bzw. Initiativen zur Integration von sich aus den Großteil der angeführten integrativen Maßnahmen getätigt und ist die diesbezügliche Integration der Beschwerdeführer eher in geringem Ausmaß auf ihrer eigene Initiative zurückzuführen, wenngleich die Leistungen dieser Personen und Gruppierungen anerkannt werden und festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführer diese Angebote angenommen haben. Es wird auch nicht verkannt, dass die Beschwerdeführer freundlich, hilfsbereit, engagiert, höflich und verlässlich sind. Der Aspekt der sozialen Vernetzung, welche sich aus den vorgelegten Schreiben ergibt, ist allerdings gerade im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer noch nicht besonders berücksichtigungswert, zumal die Beschwerdeführer erst seit Mitte August 2015 in XXXX wohnhaft sind. Die in diesen Schreiben ebenfalls betonte Integration der Beschwerdeführer sowie die Deutschkenntnisse werden nicht verkannt.

 

Bei den Verfassern der Referenzschreiben handelt es sich im Wesentlichen um Personen aus dem nicht unmittelbaren Lebensbereich der Beschwerdeführer, welche keinen umfassenden, sondern lediglich einen partiellen Einblick in die privaten Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer haben und im Wesentlichen aus ihrer subjektiven Sichtweise angeben, dass die Beschwerdeführer allgemein anerkannte Regeln eines geordneten Zusammenlebens in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld einhalten. Hieraus ergibt sich zwar, dass die Beschwerdeführer in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld nicht in sozialer Isolation leben, sondern mit einem überschaubaren Personenkreis im Kontakt stehen, bzw. zum Teil Freundschaften aufbauten und bestrebt sind, die deutsche Sprache zu erlernen.

 

Für eine nachhaltige Integration in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht sind diese privaten Anknüpfungspunkte allerdings - vor allem in Zusammenhang mit der geringen Aufenthaltsdauer - doch auf jeden Fall zu wenig. Werte wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Engagement, Verlässlichkeit und Höflichkeit etc. sind nicht als Zeichen besonderer Integration anzusehen und werden gerade für Personen, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, von der erkennenden Richterin als selbstverständlich vorausgesetzt.

 

Der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführer liegt im Iran, wo die Mutter des BF1, drei Geschwister und eine Tante des BF1, die Eltern der BF2 und sieben Geschwister der BF2 leben und sie somit über ein soziales Netz verfügen, zumal die Beschwerdeführer in Bezug auf ihr Lebensalter erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig sind und kann auch aufgrund der nicht übermäßig langen Abwesenheit (etwa 2 ¿ Jahre) aus ihrem Heimatland Iran nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine völlige Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat und somit bestehen nach wie vor Bindungen der Beschwerdeführer zum Iran.

 

Der Umstand, dass die Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden sind, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Soweit Kinder von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (EGMR, Üner vs Niederlande, 18.10.2006, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58; Neulinger und Shuruk vs Schweiz, 06.07.2010, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146).

 

Maßgebliche Bedeutung hat dabei der EGMR der Frage beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaates sprechen und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden EGMR, 31.07.2008, Darren Omoregie ua vs Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66; VwGH 21.04.2001, 2011/01/0132-0137-10).

 

Unter Berücksichtigung, dass der BF3 und die BF4 die Schule besuchen, ist fallbezogen nicht zu erkennen, dass die während des bisherigen Aufenthaltes im Bundegebiet erlangte Integration ein solches Ausmaß erlangt hätte und von solchem Gewicht wäre, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK von der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hätte Abstand genommen werden müssen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass weder in den Einvernahmen vor dem BFA noch in der Beschwerde dargelegt wird, aus welchen Gründen den minderjährigen Beschwerdeführern ein derart hohes Maß an Integration, demzufolge ihnen ein aus Art. 8 EMRK resultierender Anspruch auf Verbleib im Bundesgebiet einzuräumen wäre, zugebilligt werden könnte (dazu auch VwGH 12.12.2012, 2012/18/0204,0205).

 

Dass die Kinder der Sprache Farsi nicht mächtig wären, wurde nicht vorgebracht. Diese verbrachten ihr Leben bis etwa August 2014 im Iran und halten sich erst rund 2 ¿ Jahre in Österreich auf. Was die Frage des anpassungsfähigen Alters betrifft (EGMR 26.01.1999, Sarumi, 43.279/98), so ist es zwar richtig, dass in der Rechtsprechung für Kinder im Alter von sieben und elf Jahren eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit angenommen wurde. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob dies für Kinder im Alter von - wie vorliegend - 14 und zwölf Jahren nicht (mehr) gilt. Es ist nämlich darauf Bedacht zu nehmen, dass die beiden Kinder ihre Heimat erst im Alter von elf bzw. neun Jahren verlassen haben und demnach ihre grundsätzliche Sozialisierung bereits im Herkunftsland erfahren haben, was eine Wiedereingliederung jedenfalls zumutbar erscheinen lässt (vgl. zu all dem die Erkenntnisse des VwGH vom 19. September 2012, 2012/22/0143 bis 0146, und vom 23. Juni 2015, Ra 2015/22/0026, 0027).

 

Die Rückreise in den Iran im Familienverbund mit den Eltern ist sohin auch den minderjährigen Beschwerdeführern zumutbar.

 

Auch der Verfassungsgerichtshof erblickte in einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen kosovarischen (ehemaligen) Asylwerber keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl dieser im Laufe seines rund achtjährigen Aufenthaltes seine Integration u.a. durch gute Kenntnisse der deutschen Sprache, Besuch von Volkshochschulkursen in den Fachbereichen Rechnen, Computer, Deutsch, Englisch, Engagement in einem kirchlichen Verein, erfolgreiche Kursbesuche des Ausbildungszentrums des Wiener Roten Kreuzes und ehrenamtliche Mitarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz sowie durch die Vorlage einer bedingten Einstellungszusage eines Bauunternehmers unter Beweis stellen konnte (VfGH 22.09.2011, U 1782/11-3, vgl. ähnlich auch VfGH 26.09.2011, U 1796/11-3).

 

Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch sonst keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der Beschwerdeführer erkennen: Die Beschwerdeführer beherrschen nach wie vor die Sprache Farsi, sodass auch ihre Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bezüglich der BF1 und BF2 an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Beschwerdeführer den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht haben, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort ihre engsten Familienangehörigen (Mutter des BF1, drei Geschwister und eine Tante des BF1, die Eltern der BF2 und sieben Geschwister der BF2) leben. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführer ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würden. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Iran - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Angesichts der - somit in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt somit, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wider die Beschwerdeführer keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.

 

Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung im Übrigen zutreffend eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 unterlassen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen – wie hier – eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

 

3.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

3.3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung ihres jeweiligen Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

3.3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

3.3.6.1. Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.

 

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

 

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt.

 

Die in § 24 Abs. 4 VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des § 67d Abs. 4 AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält § 24 Abs. 4 VwGVG nicht (mehr).

 

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:

trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

 

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

 

* der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und

 

* bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen

 

* die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und

 

* das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen

 

* in der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

 

Im gegenständlichen Fall ist den angefochtenen Bescheiden ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde im Verfahren den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde daher nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt.

 

Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer jeweiligen Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung (vgl. diesbezüglich die auch unter Punkt 2.2.4. wiedergegebene Argumentation des BFA).

 

Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weisen die Entscheidungen des BFA vom 28.02.2017 immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.

 

Was das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe. Auch treten die Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der belangten Behörde getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

 

Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

Letztlich ist auch nochmals auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.06.2014, Zl. Ra 2014/20/0002-7 hinzuweisen, in welchem dieser nunmehr auch explizit festhält, dass, insoweit das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, das im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzende Anführen weiterer - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Gründe, nicht dazu führt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht erfüllt sind.

 

Des Weiteren ist auch auf nachfolgend angeführte Entscheidungen des Verwaltungsgerichts-hofes sowie des Verfassungsgerichtshofes, in welchen insbesondere die Frage der Zulässigkeit vom Absehen der Verhandlungspflicht thematisiert wird, zu verweisen. In diesen Entscheidungen wurden, gegen Erkenntnisse der Gerichtsabteilung L508 (folglich der auch in diesem Verfahren zuständigen Gerichtsabteilung) eingebrachte Revisionen wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen bzw. wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Vgl. etwa VwGH: Ra 2014/01/0029-4 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/20/0002-7 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0047-5 vom 16. Juli 2014, Ra 2014/18/0020-5 vom 02.09.2014, Ra 2014/01/0003-10 vom 28.11.2014, Ra 2014/19/0106-7 vom 26.11.2014, Ra 2014/180059-12 vom 22.04.2015, Ra 2016/20/0245-5 vom 22.11.2016 sowie Ra 2016/20/0235-5 vom 28. Oktober 2016 sowie VfGH: E 1191/2014-7 vom 18.09.2014)

 

Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 2. bis 4. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht der erkennenden Richterin auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, zur Frage der erforderlichen Intensität einer Verfolgungshandlung, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.

 

Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.

 

Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 ergeben sich aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. der angefochtenen Bescheide an.

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