VwGH 2002/21/0185

VwGH2002/21/018519.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des TO in S, geboren am 9. Juli 1976, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 58/14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. August 2002, Zl. Fr 4588/02, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, in Nigeria gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Zur Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf die wiedergegebenen Aussagen des Beschwerdeführers vom 31. Juli 1997 vor dem Bundesasylamt einerseits und vom 24. April 2002 vor der Fremdenbehörde andererseits. Weiters gab sie die Begründung des Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30. Mai 2002 wieder, mit dem sein Asylantrag als unbegründet abgewiesen worden war. Die belangte Behörde verwies weiters darauf, dass die Beschwerde gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylsenates mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2000 als unbegründet abgewiesen worden sei. Im Hinblick auf die angegebenen Fluchtgründe - so die belangte Behörde weiter - schließe sie sich der (mangels Relevanz im Beschwerdeverfahren hier nicht wiedergegebenen) Argumentationslinie der Asylbehörden an. Es sei ersichtlich, dass es sich um eine "konstruierte Geschichte" handle, um in Österreich einen begründeten Asylantrag stellen zu können. Die Fluchtgründe würden sich an vielen Stellen widersprechen bzw. erschienen völlig unglaubwürdig. So habe der Beschwerdeführer etwa behauptet, dass die Angehörigen der "Ijaw" zwei Wochen unter Wasser bleiben könnten und insbesondere kleine Kinder 1 1/2 Meter lange Fische fangen würden. Die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Einlieferung ins Militärgefängnis bzw. die Geschehnisse im Spital stimmten nicht überein. Im Wesentlichen schließe sich die belangte Behörde somit der Beurteilung des unabhängigen Bundesasylsenates an und verweise diesbezüglich insbesondere auch auf mögliche inländische Fluchtalternativen. Daran würden auch allgemeine Ausführungen zur Lage in Nigeria nichts ändern, weil der Beschwerdeführer konkret gegen ihn gerichtete Flucht bzw. Verfolgungsgründe darzulegen gehabt hätte. Darüber hinaus beziehe sich der Beschwerdeführer auf Vorfälle, die bereits vor fünf Jahren passiert wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 Abs. 1 FrG hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG im Verfahren gemäß § 75 leg. cit. die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 7. April 2000, Zl. 99/21/0001.)

Die Beschwerde wendet sich in keiner Weise argumentativ gegen die behördliche Beweiswürdigung, sondern meint diesbezüglich lediglich, die belangte Behörde habe bloß die Ausführungen des Beschwerdeführers und die der Asylbehörden wiedergegeben und im Ergebnis das Vorbringen des Beschwerdeführers für unglaubwürdig erachtet. Diesem Vorwurf ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde in zulässiger Weise die Ergebnisse des Asylverfahrens verwerten durfte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 97/21/0325). Es blieb ihr unbenommen, sich der Beweiswürdigung der Asylbehörden anzuschließen und deren Argumente für ihre eigene Beweiswürdigung zu verwenden. Gegen die Schlüssigkeit dieser Beweiswürdigung zeigt die Beschwerde - wie bereits angesprochen - nichts auf.

Nicht zutreffend ist der weitere Vorwurf, aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht hervor, dass die Abschiebung zulässig wäre, sondern es werde lediglich über die Frage der Asylgewährung abgesprochen. Dem gegenüber verneinte nämlich die belangte Behörde nicht nur das Vorhandensein den Beschwerdeführer betreffender Fluchtgründe (iSd § 57 Abs. 2 FrG), sondern auch das Vorliegen einer Gefährdung im Sinn des von der belangten Behörde auch zitierten § 57 Abs. 1 FrG. Da sie das Vorbringen des Beschwerdeführers für unglaubwürdig gehalten hat, bedurfte es keiner weiteren Ausführungen über das Nichtvorliegen solcher Verfolgungsgründe.

Letztlich verweist die Beschwerde darauf, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen "von sich aus" zu prüfen, ob der Beschwerdeführer Verstößen gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es sei bekannt, dass eine Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz - der Beschwerdeführer sei zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Monaten verurteilt worden - dazu führe, dass ein nach Nigeria abgeschobener Straftäter der Gefahr ausgesetzt sei, noch einmal verurteilt zu werden, weil er das Ansehen Nigerias im Ausland verletzt habe; die Haftbedingungen in Nigeria seien unmenschlich. Damit wird aber in keiner Weise behauptet, dass ein derartiges Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren erstattet worden sei, weshalb es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige und unbeachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

Eine amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde besteht entgegen der Beschwerdeansicht nur in dem Umfang, in dem ein ausreichend konkretes, eine maßgebliche Gefährdung und/oder Bedrohung nach § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG aufzeigendes Vorbringen erstattet wird (vgl. das zit. Erkenntnis Zl. 99/21/0001). Im Blick auf die dem Fremden im Verfahren nach § 75 FrG obliegende Glaubhaftmachung einer Gefährdung und/oder Bedrohung im genannten Sinn ist es dessen Aufgabe, von sich aus die insoweit relevanten Fakten mitzuteilen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. November 2002

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