VwGH 96/01/0205

VwGH96/01/020530.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Bismarck Owusu-Fosu in Graz, vertreten durch Dr. Peter Kolar, Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Juli 1995, Zl. 5-11.0/30 - 93/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
StbG 1985 §10 Abs3;
AVG §37;
StbG 1985 §10 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. Juli 1995 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines ghanesischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 3 in Verbindung mit § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.

Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Antrages im wesentlichen darauf, daß das Ermittlungsverfahren keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG ergeben habe. Auch das am 22. Mai 1995 von seiten des Beschwerdeführers als "besondere Gründe" mitgeteilte Vorbringen, ihm sei in Österreich, welches für ihn "zur zweiten Heimat" geworden sei und wo sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befinde, Asyl gewährt worden, er sei seit Dezember 1993 an der Karl Franzens Universität inskribiert, wolle Medizin studieren und bekomme ein Stipendium vom Afro-Asiatischen Institut in Höhe von S 7.800,--, sei nicht geeignet, eine Änderung in der Entscheidung herbeizuführen, da der Beschwerdeführer über kein Einkommen verfüge - ein Stipendium könne nicht als solches angesehen werden - und auch keine abgeschlossene Berufausbildung nachweisen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen kann von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt, weil er erst seit Juli 1990 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat. Es ist daher zu prüfen, ob gemäß § 10 Abs. 3 leg. cit. vom Erfordernis des zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes wegen Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes abgesehen werden kann. Als solche Gründe hat der Beschwerdeführer die mit seiner Anerkennung als Konventionsflüchtling verbundene Ayslgewährung in Österreich sowie die Umstände geltend gemacht, daß Österreich für ihn "zur zweiten Heimat" geworden sei, sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich befinde, er Medizin studiere und vom Afro-Asiatischen Institut ein Stipendium in der Höhe von S 7.800,-- beziehe.

Zunächst ist festzuhalten, daß es die belangte Behörde unterlassen hat, sich im einzelnen mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründen auseinanderzusetzen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich aber im Ergebnis als richtig. So ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darstellt, sondern erst bei der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz leg. cit. "gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen ist, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. für viele andere z.B. die Erkenntnisse vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1255, und vom 22. Mai 1996, 96/01/0091).

Der belangten Behörde ist weiters beizupflichten, wenn sie das ins Treffen geführte Vorbringen des Beschwerdeführers, in Österreich - welches zu seiner "zweiten Heimat" geworden sei - befinde sich sein Lebensmittelpunkt, nicht als besonders berücksichtigungswürdiger Grund gewertet hat, handelt es sich hiebei doch um die mit einer mehrjährigen Aufenthaltsdauer in einem Land automatisch verbundenen Begleiterscheinungen. Ebensowenig vermag das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Studium als besonders berücksichtigungswürdiger Grund angesehen zu werden. Wenn der Beschwerdeführer erstmalig in der Beschwerde geltend macht, er "führe in Österreich eine feste Liebesbeziehung" in Form einer zeitweiligen Lebensgemeinschaft, so wird - abgesehen davon, daß diese Ausführungen dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegen - darauf verwiesen, daß weder Liebesbeziehungen noch Lebensgemeinschaften für eine vorzeitige Einbürgerung sprechende besonders berücksichtigungswürdige Gründe darstellen.

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers anbelangt, er sei in Österreich "beinahe durchgehend geregelter Arbeit nachgegangen", so ist dem entgegenzuhalten, daß es sich bei der Sicherung des Lebensunterhaltes - welche in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgt - nach § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung handelt. Die Ausübung einer Beschäftigung an sich kann daher nicht zusätzlich als besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 leg. cit. angesehen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0091). Ob und auf welche Weise der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall als "hinreichend gesichert" zu beurteilen ist, erübrigte sich insofern zu prüfen, als es der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vermochte, einen die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 StbG rechtfertigenden besonders berücksichtigungswürdigen Grund aufzuzeigen und es ihm daher schon an dieser zwingenden Verleihungsvoraussetzung mangelt.

Damit kann auch aus der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe bezüglich seines Vorbringens keine ausreichenden Erhebungen betrieben, nichts für ihn gewonnen werden, weil die belangte Behörde, auch wenn sie weitere Ermittlungen in dieser Hinsicht geführt hätte, mangels Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können. Denn wenn auch das Verwaltungsverfahren vom Grundsatz der materiellen Wahrheitsforschung geprägt ist, so ist es nicht Aufgabe der Behörde, im Fall eines bezüglich des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht hinreichend belegten Ansuchens von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob allenfalls noch weitere, vom Antragsteller nicht näher ausgeführte Gründe in dieser Hinsicht vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1988, Zl. 88/01/0120).

Zum Vorwurf des Beschwerdeführers, es sei dem Grundsatz des Parteiengehörs nicht hinreichend entsprochen worden, wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten verwiesen, woraus sich eindeutig entnehmen läßt, daß dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und ihm die durch sein Schreiben vom 19. Mai 1995 auch genützte Gelegenheit geboten wurde, dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hätte im Zuge des Verwaltungsverfahrens jederzeit die Beiziehung eines Dolmetschers gemäß § 39a AVG verlangen können, wenn er tatsächlich das Gefühl gehabt hätte, der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig zu sein. Ebenso wäre es dem Beschwerdeführer auch nach Durchführung des Parteiengehörs jederzeit möglich gewesen, seine Ausführungen im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG zu ergänzen, weshalb das Vorbringen, er habe nicht alle in Betracht kommenden besonders berücksichtigungswürdigen Gründe "vollständig und präzise dokumentieren" können, nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Selbst wenn jedoch die Beiziehung eines Dolmetschers gemäß § 39a AVG erforderlich gewesen wäre, wofür sich allerdings kein Anhaltspunkt aufgrund der Aktenlage ergibt, wird vom Beschwerdeführer damit die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels nicht dargetan, da er auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keinen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorbringt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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