OGH 3Ob547/76 (RS0041157)

OGH3Ob547/7618.11.2022

Rechtssatz

Auch mangels Identität des Begehrens kann ein Urteil eines Vorprozesses zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entscheidenden Gerichtes führen, insbesondere wenn Parteien und rechtserzeugender Inhalt identisch sind und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten.

Normen

ZPO §411 Aa
ZPO §411 Ba
ZPO §411 Bf

3 Ob 547/76OGH01.06.1976

Veröff: RZ 1977/49 S 105

2 Ob 541/78OGH12.10.1978

Vgl

7 Ob 680/78OGH19.10.1978

Vgl auch

6 Ob 516/79OGH14.03.1979

Vgl auch

6 Ob 616/79OGH30.05.1979

Beisatz: Räumungsprozess, in dem das Vorliegen eines Bestandverhältnisses verneint wurde - nunmehr Kündigungsprozess. (T1)

1 Ob 632/79OGH13.06.1979

Veröff: RZ 1980/31 S 138

4 Ob 542/79OGH16.10.1979

Beisatz: In diesen Fällen ergreift die Bindungswirkung auch die Feststellung und Entscheidung des mit dem rechtskräftig gewordenen Urteilsspruch unvereinbaren Gegenteils. (T2)

5 Ob 700/79OGH13.11.1979

Vgl auch

3 Ob 616/78OGH24.10.1979

Veröff: SZ 52/151 = JBl 1980,541

5 Ob 585/81OGH20.10.1981

Beisatz: Erbrechtsklage - Erbschaftsklage. (T3)

4 Ob 538/82OGH18.05.1982

Veröff: SZ 55/74

3 Ob 548/83OGH25.05.1983

Beisatz: Wurde dem Begehren auf Feststellung des Eigentumsrechtes an einer bestimmten Sache stattgegeben, dann steht wegen der besonderen Verknüpfung mit diesem Inhalt der Vorentscheidung deren Rechtskraft der abweichenden sachlichen Entscheidung der auf den gleichen Sachverhalt gestützten Klage des Unterlegenen gegen den Sieger im Vorprozess auf Feststellung des Eigentumsrechtes des Unterlegenen entgegen. (T4)

6 Ob 761/82OGH23.06.1983

Vgl auch; Beisatz: Hier: Keine Bindungswirkung hinsichtlich der im Vorprozess gelösten Frage, wann das Bestandsverhältnis aufgelöst wurde für die im zweiten Prozess zu klärende Frage, wann der Bestandgegenstand übergeben wurde. (T5) <br/>Veröff: JBl 1984,489

8 Ob 635/85OGH03.04.1986
14 Ob 88/86OGH03.06.1986

Beisatz: Diese Bindungswirkung schließt zwar die Verhandlung und Entscheidung über das neue Klagebegehren nicht aus; der Richter hat dabei aber von dem bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruch auszugehen und ihn seiner neuen Entscheidung zugrundezulegen (SZ 55/74 ua). (T6)

14 Ob 87/86OGH03.06.1986

Beis wie T6

3 Ob 122/87OGH11.11.1987

Beisatz: Keine Bindungswirkung eines Urteils, womit eine Erhöhung des Unterhalts wegen Verwirkung des Anspruchs abgelehnt wurde, für den nachfolgenden Oppositionsprozess betreffend den ursprünglichen Unterhaltsbetrag. (T7)

3 Ob 11/89OGH12.04.1989

Beis wie T7; Veröff: RZ 1989/96 S 250

2 Ob 25/89OGH12.09.1989
8 Ob 627/89OGH30.10.1990

Vgl auch

9 ObA 203/91OGH04.12.1991
1 Ob 576/92OGH14.07.1992

Auch

3 Ob 1073/92OGH21.10.1992

Beis wie T6

9 ObA 224/92OGH21.10.1992

Beis wie T6

3 Ob 52/93OGH28.04.1993

Beisatz: Neues Vorbringen zu einem nicht geänderten Sachverhalt ist durch die Bindungswirkung ausgeschlossen. (T8)

2 Ob 42/93OGH26.08.1993
7 Ob 612/93OGH25.05.1994
1 Ob 536/94OGH29.03.1994

Auch; Beisatz: Die Frage, ob jemand Kommanditanteile anderer Kommanditisten wirksam erwarb und damit Gesellschafter wurde, kann zufolge der Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen für die Gesellschaft, ihre Komplementärin und ihre Kommanditisten nur einheitlich entschieden werden. (T9)

9 ObA 75/94OGH08.06.1994

Beis wie T8

1 Ob 527/94OGH29.08.1994

Vgl; Beis wie T6

1 Ob 545/95OGH29.05.1995

Auch; Beis wie T6<br/>Veröff: SZ 68/103

1 Ob 574/95OGH17.10.1995

Beis wie T6

1 Ob 40/95OGH22.11.1995

Auch, Beis wie T6

5 Ob 2101/96yOGH21.05.1996
1 Ob 517/95OGH23.04.1996

Vgl; Beisatz: Voraussetzung auch dieses Sonderfalls der Präjudizialität kraft Bindungswirkung ist die Parteienidentität in beiden Verfahren. (T10)

4 Ob 2023/96wOGH26.03.1996

Vgl auch

6 Ob 2119/96bOGH14.08.1996

Vgl; Beis wie T8

5 Ob 2152/96yOGH29.10.1996

Vgl auch; Beisatz: Hier: Verfahrensgegenstand war im Vorverfahren die gesetzlich zulässige Mindestzinshöhe; ein durchaus zulässiger Zwischenantrag (oder auch Hauptantrag) betreffend die maßgebende Ausstattungskategorie war dort nicht gestellt gewesen, daher: Bindung an die im Wege der Vorfragenbeurteilung vorgenommene Einstufung der Wohnung der Antragstellerin in eine bestimmte Ausstattungskategorie ist zu verneinen. (T11)

4 Ob 187/97xOGH26.06.1997

Vgl auch

2 Ob 81/97vOGH10.04.1997
9 Ob 290/97fOGH22.10.1997

Vgl auch; Beis wie T2

7 Ob 334/97mOGH11.11.1997

Auch

10 Ob 335/97fOGH16.12.1997

Vgl; Beis wie T6

7 Ob 344/97gOGH27.01.1998

Beis wie T8

9 ObA 215/98bOGH21.10.1998

Vgl auch; Beis wie T10

6 Ob 254/98sOGH26.11.1998

Beisatz: Hier: Unterlassungsanspruch nach § 1330 ABGB. (T12)

9 ObA 205/98gOGH11.11.1998

Vgl aber; Beisatz: Es reicht aber nicht aus, dass eine im Vorprozess (beziehungsweise hier: durch Teilanerkenntnis) relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses ist. Wenn eine bestimmte Tatsache im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildete, sondern lediglich eine Vorfrage darstellte, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im folgenden zu. (T13)

5 Ob 12/99xOGH09.02.1999
7 Ob 41/99aOGH23.02.1999

Auch; Veröff: SZ 72/35

7 Ob 106/98hOGH30.03.1999

Vgl aber; Beis wie T13

6 Ob 59/99sOGH20.05.1999

Auch; Beis wie T13; Beisatz: Hier: Im Vorprozess über die Zahlungsklage ergangenes abweisende Urteil, welches die Voraussetzung der Wandlung bejahte. (T14)

7 Ob 179/99wOGH14.07.1999

Auch

7 Ob 135/99zOGH14.07.1999

Vgl; Beis ähnlich wie T13

7 Ob 184/99fOGH13.10.1999
3 Ob 308/99mOGH22.12.1999

Auch

5 Ob 333/99bOGH15.02.2000

Vgl aber; Beisatz: Es reicht nicht aus, dass eine im Vorprozess relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses ist. Wenn eine bestimmte Tatsache aber im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildete, sondern lediglich eine Vorfrage darstellte, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im Folgenden zu. Die Annahme, dass auch die Feststellungen über eine Vorfrage im Vorprozess selbständig rechtskräftig werden können, würde das Institut des Zwischenantrags auf Feststellung völlig entwerten (9 ObA 205/98g, 5 Ob 12/99x). (T15)

6 Ob 88/99fOGH24.02.2000

Vgl auch; Beisatz: Hier keine Bindungswirkung: Gegenstand des Vorprozesses waren der dem Vorkaufsberechtigten (nur) beim dinglichen Vorkaufsrecht zustehende Abforderungsanspruch gegen die (außerbücherlichen) Dritterwerber gemäß § 1079 Satz 2 ABGB und ein Bereicherungsanspruch gegen diese als unredliche Besitzer. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin gegen die - mit dem Vorkaufsrecht belasteten - Verkäufer einen durch die schadenersatzrechtliche Regelung des Innenverhältnisses zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem in § 1079 Satz 1 ABGB nicht ausgeschlossenen - Erfüllungsanspruch sowie Schadenersatzansprüche geltend. (T16)<br/>Beis wie T13

6 Ob 43/00tOGH28.06.2000

Vgl auch; Beisatz: Hier geht es um ein Feststellungsurteil, das eine Bindungswirkung für das "begriffliche Gegenteil" entfaltet und der Identität des Anspruchs gleichzuhalten ist; Thema: Mietverhältnis. (T17)

5 Ob 123/00zOGH26.09.2000

Vgl auch; Beis wie T11

7 Ob 55/00iOGH30.03.2001

Vgl aber; Beis wie T13

6 Ob 87/01iOGH31.01.2002

Vgl aber; Beis wie T15

6 Ob 29/02mOGH14.03.2002

Auch

6 Ob 133/02fOGH20.06.2002

Teilweise abweichend; Beisatz: Diese in der älteren Rechtsprechung vertretene Ansicht wurde von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in dieser Form nicht aufrechterhalten. (T18)

10 ObS 176/02hOGH18.06.2002

Teilweise abweichend; Beis wie T18; Beis wie T13

7 Ob 44/02zOGH26.06.2002

Vgl; Beis wie T2; Beis wie T8; Beis ähnlich wie T17

1 Ob 35/02gOGH13.12.2002

Vgl; Beisatz: Waren Feststellungen in dem im Vorprozess ergangenen Urteil nicht entscheidungswesentlich, so kann ihnen weder als Vorfrage noch im Sinne einer Bindungsmöglichkeit aus Gründen der Entscheidungsharmonie Bedeutung zukommen. (T19)

6 Ob 131/03pOGH27.11.2003

Vgl

6 Ob 248/03vOGH11.12.2003

Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T15<br/>Veröff: SZ 2003/160

6 Ob 176/06kOGH12.10.2006

Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T15

7 Ob 56/06wOGH20.12.2006

Vgl aber; Beis wie T13; Beisatz: Eine prozessrechtliche Bindungswirkung im Sinn einer Bindung an den im Vorprozess festgestellten Verteilungsplan ist zu verneinen (hier: Nach den Bestimmungen der §§ 155, 156 VersVG aufgestellten Verteilungsplanes). (T20)

4 Ob 87/07hOGH13.11.2007

Vgl aber; Beis wie T13<br/>Veröff: SZ 2007/177

4 Ob 200/08bOGH15.12.2008

Vgl aber; Beis wie T13

6 Ob 43/08dOGH26.03.2009

Vgl; Beisatz: Hier: Abweisende Entscheidung des Strafgerichts im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c MedienG und Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 78 UrhG. (T21)<br/>Beisatz: Die ganz überwiegende jüngere Rechtsprechung nimmt eine Bindungswirkung aber nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage an, nicht aber an eine dort beurteilte Vorfrage. (T22)<br/>Beisatz: Der im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren entschiedene Anspruch ist keine Vorfrage, also das bedingende Rechtsverhältnis für den Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 78 UrhG. (T23)

2 Ob 213/08zOGH20.05.2009

Vgl aber; Beis wie T13; Vgl Beis wie T15

5 Ob 270/09fOGH19.01.2010

Auch

8 Ob 13/10kOGH21.12.2010

Vgl aber; Beis ähnlich wie T13

8 ObA 19/11vOGH29.06.2011

Vgl aber; Beis ähnlich wie T13; Beis ähnlich wie T15; Beis ähnlich wie T22

3 Ob 167/13zOGH29.10.2013

Beisatz: Hier: Unterhaltsklage - Oppositionsklage aufgrund Verwirkung: Bindungswirkung bejaht. (T24)

9 ObA 171/13gOGH26.02.2014

Auch; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T22

10 Ob 11/14mOGH23.04.2014
3 Ob 245/16zOGH26.01.2017

Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T19

1 Ob 47/17vOGH29.03.2017

Vgl aber; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T18; Beis wie T22; Beisatz: Hier war das Bestehen einer konkludent zustande gekommenen Dienstbarkeitsvereinbarung zwischen den Parteien für den Vorprozess nur Vorfrage. Die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess umfasste nicht die Feststellung, dass die von den dortigen Beklagten und nunmehrigen Klägern behauptete Servitut tatsächlich bestehe und muss daher diese Frage im nunmehr zu beurteilenden Rechtsstreit über die Einverleibung der behaupteten Grunddienstbarkeit (Rechtsgrund, Art und Umfang des Rechts) neu geprüft werden. (T25)

8 Ob 26/17gOGH28.03.2017

Vgl aber; Beisatz: Materielle Nahebeziehungen bzw Abhängigkeiten zwischen den Streitgegenständen, teleologische Sinnzusammenhänge der Entscheidungsgegenstände oder Rechtsverhältnisse, das Gebot der Entscheidungsharmonie oder das Bedürfnis nach Rechtssicherheit sind keine hinreichenden Gründe für eine Erweiterung der Bindungswirkung. (T26)

6 Ob 227/21gOGH18.11.2022

Vgl; Beis wie T13; Beis wie T15; Beis wie T18

Dokumentnummer

JJR_19760601_OGH0002_0030OB00547_7600000_001

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