OGH 6Ob2119/96b

OGH6Ob2119/96b14.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate R*****, vertreten durch Dr.Ekardt Blahut, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen 1,812.000 S, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18.April 1996, GZ 17 R 63/96a-45, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin war Hauptmieterin einer noch nicht ausgebauten Dachbodenwohnung. Die Beklagte mietete diese Wohnung (der Mietvertrag wurde später auf die Agnes G***** GmbH übertragen) und zahlte an die Vormieterin eine Investitionsablöse von 1,812.000 S. Die Vormieterin (Klägerin) verzichtete auf ihr Mietrecht.

Im Vorprozeß (eingeleitet beim LGZ Wien, dann überwiesen an das Bezirksgericht für Innere Stadt Wien zu 48 C 330/90) klagte die Mieterin die Vormieterin erfolgreich auf Rückzahlung der Investitionsablöse, die als verbotene Ablöse nach § 27 MRG qualifiziert wurde. Die beklagte Mieterin hatte sich zur Berechtigung der Ablöse auf eigene Leistungen und Aufwendungen am Mietobjekt und den von ihr erklärten Verzicht auf das Mietrecht berufen (ON 7 des Vorprozesses). Das Erstgericht hatte einen völlig unausgebauten Dachboden festgestellt (S 4 in ON 20 des Vorprozesses) und die Negativfeststellung getroffen, es könne nicht festgestellt werden, da die Beklagte 1,812.000 S an irgend jemanden gezahlt hätte. Das Berufungsgericht gab der Klage statt. Die außerordentliche Revision der beklagten Vormieterin wurde zurückgewiesen (7 Ob 1533/93 = ON 28 des Vorprozesses).

Rechtliche Beurteilung

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Vormieterin den Ablösebetrag von 1,812.000 S. Sie stützt ihren Anspruch auf erbrachte Leistungen am Mietobjekt (Kosten der Einreichpläne, Polierplanung, Bauüberwachung, Aufschließungskosten, Verlängerung der Steigleitungen, des Aufzuges etc) und machte dazu die Rechtsgründe der List (weil die Nachmieterin die Rückzahlung der Ablöse wider besseres Wissen über die vorgenommenen Investitionen der Vormieterin betrieben habe), des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie der Bereicherung nach § 1435 ABGB geltend. Der beklagten Nachmieterin sei ein Vorteil von 300.000 S zugekommen, weil das Mietobjekt eine um 10 m2 größere Nutzfläche als zugesagt aufgewiesen habe. Aus einem lukrierten Vorsteuerabzug ergebe sich eine Bereicherung von 302.000 S (ON 4).

Insoweit die Klägerin wiederum eigene Investitionen am Mietobjekt releviert, liegt das von den Vorinstanzen bejahte Prozeßhindernis der entschiedenen Sache vor. Die Voraussetzungen der materiellen Rechtskraft und der Bindungswirkung liegen vor, wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des bereits rechtskräftig entschiedenen Anspruchs ist (hier: gesetzwidrige Ablöse, weil keine Investitionen erfolgten, gegenüber dem Anspruch auf Investitionsersatz, weil Investitionen erfolgten), das zweite Begehren also die reine Negation des ersten ist (1 Ob 527/94). Neues Vorbringen zu einem nicht geänderten Sachverhalt ist wegen der Bindungswirkung ausgeschlossen (3 Ob 52/93 = JBl 1994, 482). Im übrigen wurde ein anderer Sachverhalt als im Vorprozeß, nämlich dahin, daß die Klägerin nach Schluß der Verhandlung erster Instanz des Vorprozesses Leistungen erbracht bzw Aufwendungen getätigt habe, im Verfahren erster Instanz nicht behauptet.

Die Identität der Begehren ergibt sich hier aus den ziffernmäßig identischen Zahlungsbegehren und den identen Klagegründen (Durchführung von Investitionen am Mietobjekt). Bei Urteils- und Streitgegenstandsidentität besteht die Verpflichtung des Beklagten des Vorprozesses, dort bereits entstandene Einwendungen und Gestaltungsrechte (zB eine Irrtumsanfechtung) bei sonstiger Präklusion geltend zu machen (SZ 68/12 mwN: dieser Entscheidung lagen ein Vorprozeß, in dem die auf Zuhaltung eines Kaufvertrages geklagten Verkäufer einer Liegenschaft mit dem Einwand der laesio enormis nicht durchdrangen und ein Folgeprozeß, in dem die Verkäufer auf Aufhebung des Kaufvertrages wegen Irrtums klagten, zugrunde). Aus diesem Grund kann im vorliegenden Fall der Klagsanspruch auch nicht auf die Teilnichtigkeit des Mietvertrages der Beklagten (der Ablösevereinbarung) gestützt werden. Wohl ist nach SZ 63/23 bei einer nichtigen Ablösevereinbarung auch die damit im Zusammenhang stehende Leistungsverpflichtung des Vermieters (etwa auf Einräumung eines Weitergaberechtes) hinfällig (nichtig), was bei erbrachten Leistungen zur Rückabwicklung führt. Dies setzt aber wieder voraus, daß nicht schon über das Thema "erbrachte Leistungen des Vermieters" (hier: des Vormieters) eine bindende Vorentscheidung vorliegt.

Unter Punkt 3. der Zulassungsbeschwerde rügt die Rekurswerberin die unterlassene Behandlung ihres Rekursvorbringens zum Thema der Bereicherung der Beklagten, die sich wegen der getätigten Bauaufwendung der Klägerin jährlich 288.000 S an Mietzins erspare, in den letzten sieben Jahren also mehr als 2,000.000 S lukriert habe. Auch dieser (wohl nicht gesetzmäßig ausgeführte) Rekurseinwand setzt positive Feststellungen über Investitionen der Klägerin voraus. Solche Feststellungen wären aber das begriffliche Gegenteil der Feststellungen aus dem Vorprozeß.

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