OGH 9ObA171/13g

OGH9ObA171/13g26.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. M***** O*****, vertreten durch Frysak & Frysak Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei H***** A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.100 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 1.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. November 2013, GZ 10 Ra 85/13p‑46, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00171.13G.0226.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtskraftwirkung eines Urteils erstreckt sich grundsätzlich nur auf den geltend gemachten Anspruch, über den im Urteil entschieden wurde, und zwar auf den Spruch; nur soweit es für die Individualisierung des Anspruchs und dessen Tragweite erforderlich ist, sind auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0041357; RS0043259).

Wenn hingegen bestimmte Tatsachen im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens bildeten, sondern lediglich eine Vorfrage darstellten, dann kommt der Entscheidung dieser Vorfrage im Vorprozess keine bindende Wirkung im folgenden Prozess zu (RIS‑Justiz RS0041357 [T6]; RS0041567 [T8]; RS0041572 [T6]; RS0102102 [T11]; RS0041157 [T13, T15, T22]). Nicht präjudizielle Feststellungen können keine Bindungswirkung entfalten (5 Ob 227/11k; RIS‑Justiz RS0036826).

Aufgrund des Vorprozesses (mit umgekehrter Verteilung der Parteirollen) steht fest, dass die Beklagte gegen den Kläger einen Geldanspruch aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis hat. Über einen Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wurde im Vorprozess nicht entschieden. Zur Individualisierung des Urteilsspruchs des Vorprozesses reichen hier die Feststellungen über das Dienstverhältnis und deren Beendigung aus. Der als Hauptfrage entschiedene Anspruch auf restliches Entgelt und Kündigungsentschädigung kann unabhängig vom konkreten Austrittsgrund eindeutig bestimmt werden. Auf die im Urteil des Vorprozesses festgestellten Gründe, die die Klägerin zum vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis berechtigten, erstreckte sich die materielle Rechtskraft daher nicht. Die Vorinstanzen waren bei ihrer Entscheidung somit an diese Feststellungen nicht gebunden.

Im Hinblick auf die zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Bindungswirkung, deren Anwendung durch das Berufungsgericht auf den Einzelfall keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO darstellt und die hier auch nicht zu beanstanden ist, ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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