OGH 8Ob627/89

OGH8Ob627/8930.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich G***, Stickereifabrikation, 6890 Lustenau, Zellgasse, vertreten durch Dr. Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei S*** Gesellschaft mbH, 6890 Lustenau, Augartenstraße 27, vertreten durch Dr. Richard Kempf, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 1,231.000,80 sA, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5. April 1989, GZ 3 R 84/89-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 7. Oktober 1988, GZ 11 Cg 124/87-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die K*** & Co Warenhandels Gesellschaft mbH (im folgenden "Fa K***" genannt) bestellte im Dezember 1986 beim Kläger für den Export in die UdSSR bestimmte Textilwaren im Werte von mehr als S 3,000.000. Der Kläger ließ diese Waren bei der beklagten Partei produzieren.

Infolge von Mängeln der gelieferten Waren fanden im Sommer 1987 zwischen der Fa K*** und den Streitteilen Verhandlungen zur Bereinigung der Angelegenheit statt. Schließlich brachte die beklagte Partei (die Bezeichnung der Parteirollen entspricht der Stellung der Parteien in dem jetzt anhängigen Verfahren) zur AZ 7 Cg 121/87 (später 7 Cg 75/88) des Landesgerichtes Feldkirch gegen den Kläger eine Klage auf Zahlung von S 953.387,03 ein. Der Kläger wendete ein, die Streitteile hätten bezüglich dieses Geschäftes eine außergerichtliche Einigung erzielt, deren Zustandekommen die beklagte Partei bestritt und die sie in eventu wegen Irrtums anfocht. Diese Klage wurde rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, zwischen den Streitteilen sei der vom Kläger behauptete Vergleich folgenden Inhaltes zustandegekommen und die Irrtumsanfechtung sei nicht berechtigt.

Die beklagte Partei verpflichtet sich, die als mangelhaft beanstandete Ware von der Fa K*** zurückzunehmen und hiefür an die Fa K*** einen Betrag von brutto S 1,231.000,80 (netto S 1,025.834) zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Kläger, S 150.000 an die Beklagte zu bezahlen. Der Kläger beantragt eine Devisenüberweisung bei der Nationalbank über die gesamten Nettoproduktionskosten von S 2,014.000. Die Beklagte holt sich die abgegebene "Mehrwertsteuer" im Betrag von S 422.000 vom Finanzamt zurück. Der Kläger verpflichtet sich, den Rückforderungsanspruch der Schweizerischen Bankgesellchaft Zürich in der Weise zu regeln, daß dort mitgeteilt wird, der Betrag von S 881.000 wurde zu Recht an die Beklagte bezahlt.

Was die im Vergleichsvorschlag enthaltenen Zahlungen des Klägers und der Beklagten betrifft, war gegenseitiges Mißtrauen vorhanden, weshalb vereinbart wurde, diese Zahlungen über Dr. S***, Notar in Dornbirn, als Treuhänder abzuwickeln. Es wurde eine Vorleistungspflicht der Beklagten insofern herausdiskutiert, als sie zunächst den Betrag von netto S 1,025.834 an den Treuhänder zu bezahlen hatte und im Gegenzug vom Kläger der vereinbarte Betrag von S 150.000 ebenfalls auf das Konto des Treuhänders zu bezahlen war. Die Abwicklung dieses Vergleiches ist von der beklagten Partei vereitelt worden.

Mit der gegenständlichen Klage begehrt der Kläger zuletzt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, "in Entsprechung des zwischen den Streitteilen am 9. Oktober 1987 geschlossenen Vergleichs dem Kläger bzw. für diesen zuhanden RA Dr. Walter J*** auf dessen Kono bei der M***-B*** AG in Wien zuhanden der Firma K*** den Betrag von S 1,231.000,80 sA zu bezahlen, und zwar Zug um Zug gegen Bezahlung des Betrages von S 150.000 durch den Kläger an die Beklagte und Zug um Zug gegen Abgabe der Erklärung des Klägers an die Firma K***, daß die reklamierte Bordüre-Stickerei-Meterware

Artikel 18240 im Ausmaß von 5.730.05 m und Artikel 18232 im Ausmaß von 4.332.74 m unfrei an die Beklagte übersandt werden kann."

Der Kläger brachte u.a. vor, daß die beklagte Partei grundlos den abgeschlossenen Vergleich nicht zuhalte. Der einvernehmlich bestellte Treuhänder Notar Dr. S*** habe mit Schreiben vom 4. November 1987 dem Kläger mitgeteilt, daß er unter Hinweis auf die schriftliche Mitteilung des Beklagtenvertreters vom 3. November 1987 den Treuhandauftrag mit sofortiger Wirkung aufkündige. Somit sei der Treuhanderlag bei Dr. S*** nicht mehr möglich. Es habe daher die Bezahlung des Klagsbetrages direkt an die Fa K*** bzw. treuhändig an deren Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr. Walter J*** zu erfolgen. Die Qualitätsreklamation betreffe Bordüre-Stickerei-Meterware Artikel 18.240 im Ausmaß von 5.730.05 m und Artikel 18.232 im Ausmaß von 4.332.74 m. Nach Einlangen des Klagsbetrages werde die Fa K*** die reklamierten Waren unfrei an die Beklagte zur Versendung bringen.

Die beklagte Partei versuche, ihre Vertragsuntreue damit zu rechtfertigen, daß der Kläger nicht zuerst S 150.000 an den Treuhänder überwiesen habe. Eine derartige Verpflichtung zur Vorleistung habe jedoch nicht bestanden. Der Kläger sei selbstverständlich bereit, S 150.000 unverzüglich zu bezahlen, wenn die Beklagte ihrer im Vergleich übernommenen Verpflichtung zur Vorausleistung von S 1,231.000,80 nachkomme.

Die beklagte Partei wendete ein, der Vergleich mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt sei nicht zustandegekommen. Im übrigen habe der Kläger seine zu erbringenden Leistungen nicht real angeboten, sondern vielmehr einen ungedeckten Scheck begeben. Insbesondere werde bestritten, daß eine Vereinbarung bestehe, die begehrte Zahlung direkt an die Fa K*** zuhanden deren Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. J*** zu bezahlen. Der vom Kläger behauptete Vergleich werde auch wegen Irrtums nach § 1385 ABGB angefochten, weil die Beklagte irrtümlich der Meinung gewesen sei, daß zwischen ihr und dem Kläger ein Vertragsverhältnis bestanden habe. Tatsächlich habe diese Vertragsbeziehung aber nur zwischen dem Kläger und der S*** AG in Au, Schweiz, bestanden.

Im übrigen sei der im Klagebegehren wiedergegebene Vergleichsinhalt unrichtig dargestellt. Sofern überhaupt ein Vergleich rechtswirksam zustandegekommen sei, so habe dieser neben den im Klagebegehren genannten Zug-um-Zug-Leistungen noch weitere Leistungen, nämlich die Beischaffung der Genehmigung der Österreichischen Nationalbank für eine Devisenüberweisung im Betrage von S 2,014.000 an Nettoproduktionskosten an die S*** AU AG sowie die Zug-um-Zug gegenüber der schweizerischen Bankgesellschaft abzugebende Erklärung des Klägers beinhaltet, daß der seitens dieser Bank an die S*** AU AG ausbezahlte Betrag von S 881.000 zu Recht an diese Firma bezahlt worden und diese Firma somit vom Rückforderungsanspruch der schweizerischen Bankgesellschaft Zürich befreit sei.

Der Kläger replizierte im wesentlichen, daß die Irrtumsanfechtung unbegründet sei und mutwillig geschehe. Vertragspartner sei die Beklagte gewesen. Die Zahlung von S 881.630 sei über Ersuchen des Mag. O*** (von der beklagten Partei) an die gleichnamige Firma in der Schweiz überwiesen worden. Der Kläger sei im übrigen jederzeit bereit, die entsprechenden Erklärungen hinsichtlich der Devisenüberweisung von S 2,014.000 sowie des Rückforderungsanspruches der Schweizerischen Bankgesellschaft Zürich abzugeben. Er sei jedoch nicht vorleistungspflichtig und nur zur Zug-um-Zug-Leistung bereit. Tatsächlich habe er die entsprechenden Kontakte schon gepflogen und werde diesbezüglich auf das im Verfahren 7 Cg 75/88 des Landesgerichtes Feldkirch schon vorgelegte Fernschreiben der Schweizerischen Bankgesellschaft Zürich hingewiesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es übernahm nach Einsichtnahme in die Akten 7 Cg 75/88 und 7 Cg 417/87 des Landesgerichtes Feldkirch vollinhaltlich die Feststellungen des Urteils des Landesgerichtes Feldkirch vom 4. Oktober 1988, 7 Cg 75/88, weil es sich auf Grund der sogenannten Tatbestands-, Reflex- und Beweiskraftwirkung daran gebunden erachtete, und sah es als nicht erwiesen an, daß die Parteien von der Vereinbarung, die Zahlungen seien an Notar Dr. S***, Dornbirn, zu leisten, einvernehmlich wieder abgekommen sind.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß zwischen den Streitteilen ein Vergleich zustandegekommen sei, wonach beide Parteien ihre Zahlungen auf das eingerichtete Treuhandkonto des Notars Dr. S*** zu erbringen hätten. Daraus folge, daß der Kläger von der beklagten Partei keine direkte Leistung verlangen könne. Bei einem solchen Verlangen handle es sich um ein aliud, da nach vernünftiger Auffassung der Sachlage die Leistung an einen Treuhänder der Parteien von der direkten Leistung an eine Partei erheblich abweiche. Nun habe der Kläger nicht einmal behauptet, daß die Parteien einvernehmlich von der ursprünglichen Erfüllungsart abgegangen seien. Bei diesem Punkt handle es sich nicht um einen Nebenumstand, sondern um einen essentiellen Teil des Gesamtvergleiches. Ohne Einigung hierüber wäre der Vergleich nicht zustandegekommen.

Es müsse nicht untersucht werden, ob und allenfalls weshalb der Treuhänder den Treuhandvertrag aufgekündigt habe, da es sich bei der allfälligen Aufkündigung um keine ursprüngliche Unmöglichkeit (§ 878 ABGB) handle. Vielmehr seien die Bestimmungen der §§ 920 f und 1447 ABGB anzuwenden. Der Irrtumsanfechtung sei zutreffend schon vom Landesgericht Feldkirch zu 7 Cg 75/88 nicht Folge gegeben worden. Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und führte im wesentlichen aus:

Das Erstgericht habe die Parteien mit der im Urteil von ihm ausgesprochenen, von ihnen bisher nicht in Betracht gezogenen Rechtsansicht überrascht, es seien die Bestimmungen der §§ 920 f und 1447 ABGB maßgeblich. Es sei weder ausdrücklich noch sinngemäß vorgebracht worden, daß der ganze Vergleich wegen der Zurücklegung der Treuhandschaft durch Dr. S*** seine Rechtswirksamkeit verloren habe. Die beklagte Partei habe nur die Pflicht zur Direktzahlung an die Fa K*** oder deren Rechtsfreund Dr. J*** bestritten und der Kläger habe bereits in der Klage vorgebracht, daß mit Rücksicht auf die - durch den Beklagtenvertreter veranlaßte - Aufkündigung des Treuhandvertrages durch Notar Dr. Reinhard S*** der im Vergleich vorgesehene Treuhanderlag nicht mehr möglich sei. Somit habe die Bezahlung des Klagebetrages direkt an die Fa K*** bzw. treuhändig an deren Rechtsvertreter, Rechtsanwalt Dr. J***, zu erfolgen. Die zu diesem Vorbringen, das als Verlangen nach einer ergänzenden Vertragsauslegung aufzufassen sei, gestellten Beweisanträge habe das Erstgericht übergangen und es habe auch übersehen, daß der Kläger mit der Formulierung "bzw" alternativ die Zahlung an Rechtsanwalt Dr. J*** begehrte. Diese Verfahrensmängel verhinderten eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung dieser Streitsache, weil die Bestellung eines Treuhänders für die Abwicklung der im Vergleich vorgesehenen Zahlungen sicherlich nur einen Nebenumstand darstellte, der die Verpflichtungen aus dem Vergleich nicht berührte. Offensichtlich sei von den Streitteilen bei Vergleichsabschluß nicht an den Fall gedacht worden, daß der Treuhänder seine Funktion zurücklegt oder aus einem anderen Grunde ausfällt. Trete nun ein Fall ein, für den die Parteien bei Abschluß eines Vergleiches keine Vorsorge getroffen haben, und könne ein Parteiwille nicht festgestellt werden, sei, wenn dieser unvorhergesehene Fall entscheidenden Einfluß auf die Leistungen habe, im Sinne der herrschenden Lehre und nach ständiger Rechtsprechung der Vertrag bzw. Vergleich gemäß § 914 ABGB durch den Richter unter Berücksichtigung der übrigen Vereinbarungen und des von den Parteien verfolgten Zweckes sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte dahin zu ergänzen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten.

Gemäß dem Grundsatz, daß ein ernstlich geschlossener Vertrag nach Möglichkeit so ausgelegt werden soll, daß er aufrechterhalten werden kann, sei die Vertragsergänzung nach dem hypothetischen Parteiwillen vorzunehmen.

Das Erstgericht werde also unter Bedachtnahme auf das bisherige Vorbringen des Klägers zu ermitteln haben, was die Streitteile entsprechend der Gesamtregelung des Vergleiches und gemessen an ihren und nach redlicher Verkehrsübung zu vermutenden Absichten für den Fall der Zurücklegung der Treuhandschaft durch Dr. S*** vereinbart hätten.

Zutreffend habe das Erstgericht auch die Bindungswirkung des zur AZ 7 Cg 75/88 desselben Gerichtes im Rechtsstreit zwischen den Streitteilen erflossenen Urteiles bejaht und demgemäß die seinerzeitigen Feststellungen über das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleiches sowie die Nichtberechtigung der Irrtumsanfechtung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Diese Bindungswirkung ergebe sich aus der Identität der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhaltes sowie dem so engen inhaltlichen Zusammenhang beider Prozesse, daß die gebotene Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatteten. Es seien auch im Hinblick auf die von der beklagten Partei implizit erhobene Einwendung des nichterfüllten Vertrages nach Aufnahme der hiezu beantragten Beweise Feststellungen darüber zu treffen, ob die vom Kläger in dem genannten Vergleich übernommenen weiteren Verpflichtungen (Antrag auf Devisenüberweisung etc) in einem Gegenseitigkeitsverhältnis mit der von ihm begehrten Zahlung stehen; dafür treffe die beklagte Partei die Beweislast, und davon hänge auch die Berechtigung der beklagten Partei zur Zurückhaltung der von ihr verlangten Zahlung ab.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Parteien sind im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Zum Rekurs des Klägers:

Auch der Kläger anerkennt die vom Berufungsgericht behauptete Notwendigkeit, den Vergleich in dem Punkte gemäß § 914 ABGB um das zu ergänzen, was redliche und vernünftige Parteien für den darin nicht geregelten Fall der Aufkündigung des Treuhandauftrages durch Dr. S*** vereinbart hätten.

Bei der ergänzenden Auslegung geht es um die Lösung von Problemfällen, insbesondere - wie hier - um Störungen in der Vertragsabwicklung, für die die Vertragsparteien nichts geregelt haben (Rummel in Rummel2, Rz 9 zu § 914 mwN). Mittel der ergänzenden Auslegung sind der hypothetische Parteiwille, die Übung des redlichen Verkehrs, Treu und Glauben und letztlich die sogenannte "Verkehrsauffassung". Der Vertrag ist also um das zu ergänzen, was für den Vertrag nach Treu und Glauben (der Übung des redlichen Verkehrs) sowie nach dem im Vertrag für die ins Auge gefaßten Verhältnisse ausgedrückten Willen zwischen den Parteien rechtens sein soll (Rummel in Rummel2, Rz 11 zu § 914 unter Hinweis auf SZ 38/164, 42/52, 45/11 und 59/86). Das kann u.a. aus Vorverhandlungen oder anderen "Umständen des Geschäftes" beantwortet werden (Rummel aaO Rz 12). Die vom Berufungsgericht geforderte Ergänzung des Beweisverfahrens durch Aufnahme der hiezu beantragten Beweise entspricht diesen Grundsätzen und ist daher nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, daß der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, einer vom Berufungsgericht im Rahmen richtiger rechtlicher Beurteilung für notwendig erachteten Beweisergänzung nicht entgegentreten darf, kann in dem hier zu beurteilenden Fall eine Vertragsergänzung im Sinne des § 914 ABGB ohne die vom Berufungsgericht geforderte Ergänzung des Beweisverfahrens schon deswegen nicht erfolgen, weil zu klären ist, welchen Stellenwert die Streitteile der Einschaltung eines Treuhänders beimaßen und welche Ziele sie damit verfolgten.

Eine Entscheidung über die - möglicherweise nur

teilweise - Berechtigung des Klagebegehrens setzt wegen des nach § 1052 ABGB zu beurteilenden Einwandes der beklagten Partei, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, auch Feststellungen darüber voraus, von welchen, im Urteilsbegehren des Klägers nicht angeführten weiteren Zug-um-Zug-Leistungen die von der beklagten Partei nach dem Klagebegehren zu leistenden Zahlungen abhängen. Es ist zwar richtig, daß über das Urteilsbegehren hinausgehende Gegenleistungen ohne Verletzung der Vorschrift des § 405 ZPO in den Urteilsspruch aufgenommen werden dürfen, doch erfordert dies mangels einer entsprechenden, dem Einwand der beklagten Partei Rechnung tragenden Zugeständnisses des Klägers die erforderlichen Feststellungen nach Durchführung des entsprechenden Beweisverfahrens. Erst dann kann nämlich beurteilt werden, ob der Einwand der beklagten Partei berechtigt ist.

Die übrigen - zutreffenden - Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Maßgeblichkeit des Gegenseitigkeitsverhältnisses und die in diesem Zusammenhang bestehende Beweislastverteilung werden vom Kläger nicht bekämpft.

2. Zum Rekurs der beklagten Partei:

Die beklagte Partei bekämpft den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß nur unter dem Gesichtspunkt, daß

a) das Erstgericht die Parteien im Hinblick auf das Vorbringen der beklagten Partei, auf das der Kläger hätte replizieren können, gar nicht mit einer Rechtsansicht überrascht habe, und

b) eine Bindungswirkung des im Verfahren zur AZ 7 Cg 75/88 des Landesgerichtes Feldkirch ergangenen Urteiles nicht bestehe. Wohl ist es richtig, wie im Rechtsmittel ausgeführt wird, daß die Anleitungspflicht des Gerichtes nicht so weit geht, ein abzuweisendes Klagebegehren durch eine Klageänderung dahin abzuändern oder zu erweitern, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine Stattgebung doch noch gegeben sein könnten (SZ 57/9). Dies fordert das Berufungsgericht auch nicht. Die beklagte Partei bestritt in der Klagebeantwortung das Zustandekommen des Vergleiches überhaupt, brachte aber keine Tatsachen vor, welche den Tatbestand der §§ 920 f und 1447 ABGB verwirklichten. Die Abweisung der Klage wegen Erfüllung der in diesen Gesetzesstellen normierten Voraussetzungen durfte daher vom Erstgericht ohne vorausgehende Erörterung mit den Parteien nicht erfolgen.

Die vom Berufungsgericht angenommene Bindungswirkung des im Vorprozeß ergangenen Urteiles besteht allerdings aus folgenden Gründen nicht:

Während die materielle Rechtskraft einer Entscheidung im Falle der Identität des Anspruches (d.h. des Sachbegehrens, das durch den der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt individualisiert wird) und der Parteien die Zurückweisung einer identischen oder bloß eine reine Negation des ersten Begehrens darstellenden Klage zur Folge hat (Fasching, Lehrbuch2, Rz 1514 - 1517), erfordert die materielle Rechtskraft der Entscheidung im Falle bloßer Präjudizialität der Vorentscheidung eine neue Sachentscheidung, der aber die rechtskräftige Vorentscheidung zu Grunde zu legen ist (Bindungswirkung der Vorentscheidung). Präjudizialität liegt vor, wenn der (im ersten Prozeß) rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage (bedingendes Rechtsverhältnis) für den neuen Anspruch ist oder die Rechtsfolgebegehren nur deshalb miteinander unvereinbar sind, weil durch die Vorentscheidung die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das neue Begehren verneint wurden (Fasching, Lehrbuch2, Rz 1517, 1518). Hingegen genügt ein bloßer Sinnzusammenhang nicht (Fasching, aaO, Rz 1519; JBl. 1990, 52), wenngleich die Rechtsprechung unter Berufung auf Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie bestrebt ist, die Bindungswirkung abweisender Urteile auszudehnen (s. MGA JN - ZPO14 § 411/E 58). Keiner der oben angeführten Präjudizialitätsfälle ist hier gegeben. Die Wirksamkeit des Vergleiches, auf den hier das Klagebegehren gestützt wird, war im Vorprozeß bloß als Vorfrage zu beurteilen. Dieser Beurteilung im Vorprozeß kommt aber nach Lehre (Fasching, aaO, Rz 1520 f) und Rechtsprechung (JBl 1990, 52) keine bindende Wirkung im Folgeprozeß zu.

Das Erstgericht wird daher auch zur Frage des Zustandekommens und (bei Bejahung des Zustandekommens) der Berechtigung der Anfechtung desselben wegen Irrtums die beantragten Beweise aufzunehmen und selbständig Feststellungen zu treffen haben. Im Ergebnis war daher beiden Rekursen der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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