OGH 5Ob270/09f

OGH5Ob270/09f19.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton R*****, vertreten durch Dr. Paul Vavrovsky und Mag. Peter Graf, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Karl W*****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, und des Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei „S***** AG", *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 104.819,03 EUR sA und Mängelbehebung (Revisionsinteresse: 11.099,52 EUR; Revisionsrekursinteresse: 57.420,06 EUR), über die außerordentliche Revision und den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungs- und Rekursgericht vom 11. September 2009, GZ 4 R 126/09s-76, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur außerordentlichen Revision des Beklagten:

Nach den maßgeblichen Feststellungen ist mit dem Wohnungseigentum des Klägers an der Wohnung Top B unter anderem Wohnungseigentum am überdachten Carport Nr 2 mit zwei Stellplätzen verbunden. Entgegen der Zusage des Beklagten als Verkäufer weist dieser Carport keine Glasabdeckung, sondern bloß eine Kunststoffabdeckung auf. Das Begehren des Klägers im Umfang von 11.099,52 EUR betrifft die Kosten der Herstellung des vertraglich zugesagten Zustands. Der Austausch der Carportabdeckung ist isoliert auch nur für den Carport des Klägers möglich, ohne dass dadurch die Abdeckung des daneben befindlichen Carports eines anderen Wohnungseigentümers betroffen wäre.

Die vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfene Frage, ob es sich beim Carportdach um einen allgemeinen Teil der Liegenschaft iSd § 2 Abs 4 WEG oder einen ausschließlich dem Wohnungseigentumszubehör des Klägers zuzurechnenden Teil handelt, ist aber nicht entscheidungsrelevant:

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger selbständig Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen kann, selbst wenn die Mängel allgemeine Teile der Anlage beträfen, steht in Einklang mit ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0108158 [T6; T7; T8; T10]; RS0108157; zuletzt 5 Ob 21/09p). Demnach ist zwar zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Herstellung eines mängelfreien Zustands allgemeiner Teile, auch wenn es um die Herstellung des einem bestimmten Wohnungseigentümer vom Verkäufer vertraglich zugesagten Zustands geht, nur die Mehrheit der Wohnungseigentümer (insbesondere bei Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen, wo die Wahl zwischen Preisminderungsanspruch und Verbesserungsanspruch oder zwischen Naturalrestitution oder Geldersatz zu treffen ist) legitimiert, doch gilt das nicht, wenn Gemeinschaftsinteressen dadurch nicht gefährdet sind, dass ein einzelner Wohnungseigentümer einen Anspruch allein geltend macht. Das ist hier nach den maßgeblichen Feststellungen eindeutig der Fall. Der Kläger macht das Deckungskapital für die Dacherneuerung nur seines Carports geltend, wovon andere Wohnungseigentumsobjekte oder Zubehörobjekte nicht berührt sind.

Es stellt sich daher in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO, sodass die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen war.

2.) Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten:

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger unter anderem, den Beklagten zur Sanierung des Parkettbodens auf der gesamten Fläche von ca 170 m2 sowohl im Obergeschoß als auch im Untergeschoß seiner Wohnung zu verpflichten.

Im Verfahren 1 Cg 248/03t war am 4. 5. 2004 ein Gutachten über die Mangelhaftigkeit des Parkettbodens erstattet worden. Mit Zustimmung beider Parteien kam es in der Streitverhandlung vom 9. 11. 2006 zur Verlesung und Verwertung dieser Gutachten im gegenständlichen Verfahren. Daraufhin erklärte der Beklagte ein Teilanerkenntnis im Sinn des Klagebegehrens, zur Sanierung des Parkettbodens auf der gesamten Fläche von ca 170 m2 sowohl im Obergeschoß als auch im Untergeschoß der Wohnung des Klägers verpflichtet zu sein. Das Erstgericht erließ am 9. 11. 2006 hierüber antragsgemäß ein Teilanerkenntnisurteil (ON 22). Dieses erwuchs in Rechtskraft.

Am 23. 3. 2007 dehnte der Kläger sein Klagebegehren um den Betrag von 57.420,06 EUR mit der Begründung aus, die Verpflichtung des Beklagten zur Mängelbehebung sei noch dahin zu präzisieren, dass (wie sich aus den Gutachten ergäbe) ein Gesamtaustausch des Parkettbodens in der Wohnung des Klägers zur Mängelbehebung erforderlich sei. Der Beklagte verweigere jedoch den Austausch und sei nur zum Abschleifen des bestehenden Parkettbodens bereit. Deshalb sei der Kläger berechtigt, aus dem Titel Gewährleistung und Schadenersatz Zahlung in Höhe der Behebungskosten zu verlangen (ON 31).

Diesen Teil des Klagebegehrens wies das Erstgericht wegen Bestehens des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache zurück. Nachdem der Kläger bereits ein rechtskräftiges Teilanerkenntnis erwirkt habe, stehe ihm die Geltendmachung weiterer Gewährleistungsansprüche denselben Mangel betreffend nicht mehr zu. Zwar hätte er während des Verfahrens von seinem Verbesserungsbegehren auf Geldersatz umstellen können, nunmehr stehe dem aber die Rechtskraft des Teilanerkenntnisurteils entgegen. Dieses sei nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung durchzusetzen.

Einem dagegen erhobenen Rekurs des Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob die Klagszurückweisung auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über den entsprechenden Teil des Klagebegehrens auf. Es liege kein Verstoß gegen § 411 ZPO vor, weil der Kläger weder dieselbe Leistung fordere noch die zur Begründung des späteren Begehrens vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen ident mit jenen seien, auf die sich die rechtskräftige Entscheidung gründe. Das neue Begehren auf Zahlung der Kosten für den Austausch des Parkettbodens sei mit der Begründung erhoben worden, eine Sanierung könne nur durch gänzlichen Austausch erfolgen, den der Beklagte jedoch verweigere. Es handle sich also weder um ein gleiches Begehren, noch sei dieses auf denselben rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt worden.

In Übereinstimmung mit dazu ergangener Judikatur hat das Rekursgericht die Identität des Geldanspruchs (hier auf Ersatz von Deckungskapital) mit der dem Kläger bereits rechtskräftig zuerkannten Verpflichtung des Beklagten, „den Parkettboden zu sanieren", verneint. Identität eines Anspruchs iSd § 411 ZPO liegt nämlich nur dann vor, wenn das neu gestellte Begehren sowohl inhaltlich dieselbe Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung fordert, wie sie bereits Gegenstand des rechtskräftigen Vorerkenntnisses war, und auch zur Begründung des neuen Begehrens vorgetragene rechtserzeugenden Tatsachen dieselben sind, auf die sich die rechtskräftige Entscheidung gründet (vgl RIS-Justiz RS0041229, zuletzt 10 Ob 11/08b; RIS-Justiz RS0039347, zuletzt 5 Ob 75/09g).

Unvorgreiflich der gesondert zu beurteilenden Frage der Berechtigung des Begehrens (vgl zur Präklusionswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung: 10 Ob 11/08b; RIS-Justiz RS0041157), hat das Rekursgericht in Übereinstimmung mit bestehender Rechtsprechung die Zurückweisung des diesbezüglichen Teils des Klagebegehrens aufgehoben.

Rechtsfragen von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO waren in diesem Zusammenhang daher ebenfalls nicht entscheidungswesentlich.

Die außerordentliche Revision und der außerordentliche Revisionsrekurs waren daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte