OGH 7Ob41/99a

OGH7Ob41/99a23.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*, vertreten durch Puttinger, Vogel & Partner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Martin Sch*, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder und Dr. Josef Strasser, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wegen (restlich) S 375.000,‑‑ sA und Feststellung (Streitinteresse S 52.500,‑‑), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26. November 1998, GZ 6 R 189/98a‑24, womit infolge Berufung beider Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 20. Juli 1998, GZ 2 Cg 301/97p‑14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1999:E53036

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 19.080,‑- (hierin enthalten S 3.180,‑‑ USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Am 24. 10. 1994 ereignete sich im Gemeindegebiet von B* ein Verkehrsunfall zwischen einem vom Kläger gelenkten und gehaltenen PKW einerseits sowie einem von Renate H* gelenkten, Johann H* gehaltenen und bei der Klägerin haftpflichtversicherten weiteren PKW. Das Alleinverschulden am Zustandekommen dieses Unfalles trifft Renate H*, die trotz Abwertung durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" und Sichtstrecke von mindestens 200 m mit ca 50 km/h die vom Beklagten benützte Vorrangstraße zu überqueren versuchte und dessen Fahrzeug annähernd rechtwinkelig mit eben dieser Geschwindigkeit rammte (Strafakt U 42/95 BG Sch*). Dabei wurde der am rechten vorderen Beifahrersitz mitfahrende Sohn des Beklagten, der am 6. 12. 1985 geborene Martin Sch* jun, schwerst verletzt (apallisches Syndrom). Weder der Beklagte noch sein Sohn waren angegurtet. Die klagende Partei leistete (bisher) an den Minderjährigen Zahlungen in Höhe von S 2,087.560,‑‑, davon S 1,500.000,‑- Schmerzengeld (diese Ansprüche des Minderjährigen waren Gegenstand eines Vorprozesses zu 1 Cg 23/96x des Landesgerichtes Ried im Innkreis, in welchem Verfahren trotz der Feststellung, wäre der Genannte angegurtet gewesen, wären "mit Sicherheit wesentlich geringere Verletzung entstanden", ein Mitverschulden samt Schmerzengeldkürzung wegen Verletzung der Gurtenanlegepflicht rechtskräftig verneint wurde, weil "ohne Vorrangverletzung durch Renate H* überhaupt kein Schaden eingetreten wäre, der Vater des mj Klägers also keinen eigenständigen Beitrag zum Schadenseintritt geleistet hat" [Seite 7 des Berufungsurteils OLG Linz, 4 R 80/97f]).

Die klagende Partei begehrt mit der am 23. 10. 1997 eingebrachten Klage die Verurteilung des Beklagten als Vater des verletzten Minderjährigen zum Ersatz eines Drittels der von ihr an den Genannten erbrachten Leistungen, sohin zur Zahlung von S 695.853,33 samt 4 % Zinsen seit 21. 10. 1997, sowie weiters die Feststellung seiner Haftung für ein Drittel aller von ihr in Zukunft an den Minderjährigen noch zu erbringenden Leistungen aufgrund des Verkehrsunfalles vom 24. 10. 1994. Die klagende Partei brachte zur Begründung - zusammengefaßt - vor, der Beklagte habe seine Sorge- und Aufsichtspflichten gegenüber seinem minderjährigen Sohn dadurch verletzt, daß er ihn ohne Anlegung eines Sicherheitsgurtes am Beifahrersitz mitgeführt habe. Ein Großteil der erlittenen Verletzungen wäre bei Beachtung der Gurtenanlegepflicht vermeidbar gewesen. Den Beklagten treffe hieraus ein Mitverschulden von einem Drittel.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren mit der wesentlichen Einwendung, keinen eigenständigen Beitrag zum Schadenseintritt bzw zu einer Schadensvergrößerung geleistet zu haben.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 125.000,‑- samt 4 % Zinsen seit 21. 10. 1997 und stellte seine Haftung zu einem Zwölftel für alle von der klagenden Partei in Zukunft zu erbringenden Schmerzengeldzahlungen aufgrund des genannten Verkehrsunfalles fest; das darüber hinausgehende Leistungs- und Feststellungsbegehren wurde abgewiesen. Das Erstgericht traf - soweit für das Revisionsverfahren noch von Wesentlichkeit - über den bereits einleitend wiedergegebenen (und bereits in erster Instanz außer Streit gestellten) Sachverhalt hinaus noch die Feststellung, ob und welche Verletzungen auch bei angelegtem Gurt eingetreten wären, ist nicht feststellbar; mit großer Wahrscheinlichkeit war der zum Unfallszeitpunkt acht Jahre alte Sohn des Beklagten bereits 150 cm groß.

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht ‑ zusammengefaßt - davon aus, daß sowohl die gegnerische Lenkerin Renate H* als auch der Beklagte "in unbewußtem Zusammenwirken" als Fahrlässigkeitstäter die Verletzungen des Minderjährigen verursacht und verschuldet hätten, und zwar Renate H* durch ihre vorschriftswidrige Fahrweise, der Beklagte hingegen durch das Nichtanlegen des Gurtes bei seinem minderjährigen Beifahrer. Beide hätten diesem gegenüber daher solidarisch zu haften, wobei sich der Regreßanspruch der klagenden Partei nach § 896 ABGB richte. Gegenstand dieses Regreßanspruches könne jedoch nur das bezahlte Schmerzengeld sein, weil eine Verletzung der Aufsichtspflicht keine weitreichenderen Folgen haben könne, als eine Verletzung der Gurtenanlegepflicht durch den Verletzten selbst. Die Ersatzpflicht des Aufsichtspflichtigen sei hiebei im Rahmen der Regreßforderung auf die Mitverschuldensquote eines fiktiven Deliktsfähigen zu beschränken, also auf 25 %, daß sind S 375.000,‑‑; davon habe der Beklagte ein Drittel, somit S 125.000,‑‑, zu tragen.

Dieses Urteil wurde von beiden Parteien bekämpft, und zwar vom Beklagten hinsichtlich des gesamten Zuspruches, hinsichtlich der Klägerin nur hinsichtlich eines Zuspruches weiterer S 250.000,‑- (Leistungsbegehren somit insgesamt S 375.000,‑‑) sowie hinsichtlich des Feststellungsbegehrens bezüglich einer Quote von weiteren zwei Zwölftel (zusammen sohin ein Viertel).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, wohl aber jener des Beklagten und wies das gesamte Leistungs- und Feststellungsbegehren ab. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, da keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt vorliege.

Das Berufungsgericht übernahm die Negativfeststellung des Erstgerichtes betreffend einen allenfalls vermehrten Verletzungsumfang bei angelegtem Sicherheitsgurt und führte in rechtlicher Hinsicht ‑ zusammengefaßt - aus: Der Beklagte sei als Vater zu Wahrung des Wohles seines minderjährigen Sohnes nach den Bestimmungen der §§ 137 Abs 1, 144, 146 ABGB verpflichtet und daher auch insoweit gegenüber seinem Sohn schadenersatzpflichtig. Ausgehend von der zitierten Negativfeststellung hätte aber die Klägerin als Regreßnehmerin die Beweislast getroffen, welche Verletzungsfolgen zumindest ihrer Schwere nach auf die Mißachtung dieser Aufsichtspflicht des Beklagten zurückzuführen seien. Die Umkehr der Beweislast nach Art III Abs 2 der dritten KFG‑Novelle komme der Klägerin nicht zugute, weil es hier nicht um eine Verletzung der Gurtenanlegepflicht als solche, sondern um eine Verletzung der aus dem Familienrecht abgeleiteten Aufsichtspflicht des Vaters gehe. Eine Bindung an die Feststellung im Vorverfahren (des Minderjährigen gegen seine Unfallgegner) wonach bei Anlegung des Sicherheitsgurtes die Verletzungen wesentlich geringer ausgefallen wären, bestehe nicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei, welche es "in seinem gesamten Umfange" (gemeint - in Verbindung auch mit den maßgeblichen Revisionsanträgen und ausgehend von der im Berufungsverfahren nur teilweise bekämpften Abweisung ihres Mehrbegehrens - im Umfang der Abweisung des Leistungsbegehrens im Betrag von S 375.000,‑‑ sA sowie des Feststellungsbegehrens zu einem Viertel) mit dem Begehren bekämpft, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren hinsichtlich eines Betrages von S 375.000,‑‑ samt 4 % Zinsen seit 21. 10. 1997 sowie dem Feststellungsbegehren dahin, daß der beklagten Partei gegenüber festgestellt werde, daß diese der Klägerin zu einem Viertel für alle in Zukunft noch an den Minderjährigen zu erbringenden Leistungen aufgrund des Verkehrsunfalles vom 24. 10. 1994 haftet, stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung - zulässig; sie richtet sich nämlich keinswegs bloß gegen eine Einzelfallentscheidung ohne Rechtsfragencharakter iSd § 502 Abs 1 ZPO, weil der Oberste Gerichtshof zur Regreßpflicht des gesetzlichen Vertreters eines nicht gurttragenden Minderjährigen, der auch nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 106 Abs 1a KFG (kleiner als 150 cm) fällt, bisher noch nicht Stellung genommen hat. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) und der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegen nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 3. Satz ZPO keiner weitergehenden Begründung bedürfte. Den diesbezüglichen Revisionsausführungen sei jedoch in Kürze folgendes entgegengehalten: Eine Mitteilungspflicht des Berufungsgerichtes im Sinne des gerügten § 473a Abs 1 ZPO idF der WGN 1997 BGBl I 1997/140 an die Klägerin als Berufungsgegnerin lag schon deshalb nicht vor, weil sich der Beklagte als Berufungswerber seinerseits bereits ausdrücklich (§ 468 Abs 2 Satz 2 ZPO) auf die Negativfeststellung des Erstgerichtes (zum Verletzungsumfang bei Tragen des Sicherheitsgurtes durch den minderjährigen Beifahrer) und dessen rechtliche Relevanz in seinem Berufungsschriftsatz unter Punkt III desselben bezogen hatte (§ 473a Abs 1 letzter Halbsatz ZPO). Darüber hinaus kommt aber dieser Negativfeststellung - wie noch zu zeigen sein wird - ohnedies keine für die Berechtigung der Klageforderung entscheidungswesentliche Relevanz zu.

Auf die - als weiterer Verfahrensmangel gerügte - unrichtige Anwendung der §§ 266, 269 ZPO in Zusammenhang mit dem Bindungsumfang an Feststellungen im Schadenersatz‑Vorprozeß des minderjährigen Klägers (Sohn des Beklagten) gegen die hier klagende Partei als dortige Drittbeklagte und Haftpflichtversicherer der (unstrittig) den Unfall allein verschuldenden Lenkerin des gegnerischen Fahrzeuges wird im folgenden noch näher einzugehen sein.

Als Aktenwidrigkeit wird schließlich die bereits mehrfach wiedergegebene Negativfeststellung ebenfalls unter Hinweis auf dieses und ein weiteres Vorverfahren (des hier Beklagten als Schadenersatzklägers: 1 Cg 4/96b des Landesgerichtes Ried), freilich mit Beweiswürdigungsargumenten, bekämpft, hiebei jedoch übersehen, daß als Ersatz für eine im Revisionsverfahren absolut unzulässige (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 503) Beweisrüge dieser Revisionsgrund nicht herangezogen werden kann und in der Übernahme von Feststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen kann (Kodek, aaO Rz 4 zu § 503; 2 Ob 171/97d).

Soweit beide Parteien in ihren im Revisionsverfahren erstatteten Schriftsätzen eine Bindungswirkung zu den erwähnten beiden Vorurteilen - jeweils im Sinne ihres Prozeßstandpunktes (die Klägerin hinsichtlich des Feststehens wesentlich geringerer Verletzungsfolgen beim minderjährigen Beifahrer, wäre er angegurtet gewesen; der Beklagte hinsichtlich des Nichtzurechtbestehens einer gegnerischen Gegenforderung im Vorprozeß und damit Negierung jeglicher Regreßforderungsberechtigung ebenfalls bis zur Höhe dieser früheren Gegenforderung) - behaupten, soll hierauf vorweg und klarstellend eingegangen werden:

Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung kann eine inhaltliche Bindung für ein Folgeverfahren auslösen, wenn zwar die Begehren nicht identisch sind, der rechtskräftig entschiedene Anspruch aber Vorfrage für den neuen Anspruch ist oder aber ein im Gesetz begründeter so enger inhaltlicher Zusammenhang besteht, daß aus Gründen der Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie eine inhaltliche Bindung an die Vorentscheidung angenommen werden muß (SZ 68/103, JBl 1996, 463, 6 Ob 254/98s). Bindung an präjudizielle Zivilentscheidungen wird dabei bejaht, sofern Parteienidentität vorliegt und wenn die bindende Entscheidung im Vorprozeß dort die entscheidende Hauptfrage darstellte, also der dort als Hauptfrage entschiedene Anspruch nunmehr eine Vorfrage bildet (SZ 70/60 [verst Senat], 1 Ob 254/97b6 Ob 254/98s). Für das Ausmaß der Bindung sind sowohl der Spruch der Entscheidung als auch die diesen individualisierenden, tragenden Entscheidungsgründe maßgeblich (JBl 1996, 463; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 10 zu § 411), was vor allem auch für anspruchsabweisende Entscheidungen gilt, bei denen die Bindung auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen maßgeblichen Sachverhalt beschränkt bleibt (Rechberger, aaO; SZ 55/74, 6 Ob 254/98s). Soweit Ansprüche geltend gemacht werden, die das begriffliche Gegenteil eines bereits rechtskräftigen Anspruches darstellen, erstreckt sich die materielle Rechtskraft (samt Bindungswirkung) auch auf einen solchen später geltend gemachten Anspruch (10 Ob 335/97f).

Soweit sich die Klägerin hier auf Feststellungen im Vorprozeß 1 Cg 23/96x des Landesgerichtes Ried bzw 4 R 80/97f des Oberlandesgerichtes Linz (im Verfahren des Minderjährigen als Kläger gegen Lenker, Halter und Versicherer des Gegenfahrzeuges) stützt, wonach "wäre der Kläger angegurtet gewesen, mit Sicherheit wesentlich geringere Verletzungen entstanden wären", mangelt es bereits am Erfordernis der Parteienidentität (SZ 68/103, JBl 1996, 463), ist doch Beklagter des gegenständlichen Verfahrens nicht dieser, sondern dessen (wenngleich namensgleicher) Vater (welcher bloß Kläger im weiteren Verfahren 1 Cg 4/96b bzw zu 4 R 270/96w war). Soweit im zuletzt genannten Verfahren die dort beklagtenseits (= Klägerin hier) eingewendete Gegenforderung bis zur Höhe der mit S 399.715,48 sA als berechtigt erkannten Klageforderung (des hier Beklagten persönlich) als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde, wird übersehen, daß in einem dreigliedrigen Urteil, das - wie dort vom Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht zu 4 R 270/96w gemäß § 545 Abs 3 Geo gefaßt - aufgrund der Einwendung einer Gegenforderung ergeht, weder die Entscheidung über die Klageforderung noch jene über die Gegenforderung für sich allein und wegen des rechtlichen Zusammenhanges zueinander der Rechtskraft fähig, sondern vielmehr nur logische Prämisse ("Vorstufe": 2 Ob 49/79) der Entscheidung über das Zahlungsbegehren sind; der Rechtskraft fähig ist daher nur der Zuspruch der Differenz zwischen gestellter Haupt- und eingewendeter Gegenforderung (SZ 42/168, 7 Ob 69/98t). Die dortige Entscheidung über die Gegenforderung vermag damit die Entscheidung über die Klageforderung in diesem Verfahren nicht zu präjudizieren. Schon allein aus diesen verfahrensrechtlichen Überlegungen ist eine rechtskraftabhängige Bindungswirkung auf den gegenständlichen Rechtsstreit - ungeachtet der zur Verneinung dieser Gegenforderung vom damaligen Berufungsgericht angestellten rechtlichen Überlegungen (S 15 in 4 R 270/96w) - ebenfalls zu verneinen.

Zum verbleibenden Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

Zunächst ist vorauszuschicken, daß die Revisionswerberin - indem sie den (gegenüber der ursprünglichen Klageforderung reduzierten) 25 %igen Mitverschuldensanteil des Beklagten nur mehr von dem dessen Sohn geleisteten Schmerzengeld in Höhe von (unstrittig) S 1,500.000,‑- und nicht (wie ebenfalls noch in der Klage) vom gesamten geleisteten Schadenersatzbetrag in Höhe von S 2,087.560,‑- berechnet - ein allfälliges (in der Verletzung elterlicher Fürsorgepflichten durch Vernachlässigung der Gurtenanlegepflicht seines minderjährigen Sohnes und Beifahrers erblicktes) Mitverschulden des Beklagten als Unfallmitbeteiligter nur mehr für diesen Teil des eingetretenen (Personen‑)Schadens im Sinne des Art III Abs 1 2. Satz der 3. KFG‑Novelle als ursächlich wertet. Der Nachweis, daß dieser Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten (nämlich Anlegung des Sicherheitsgurtes) eingetreten wäre (vgl Art III Abs 1 letzter Satz leg cit) muß zufolge der von den Tatsacheninstanzen hiezu getroffenen Negativfeststellung als gescheitert angesehen werden; für den Schmerzengeld begründenden Körperschaden seines Sohnes ist daher "die Kausalität seiner [des Beklagten] Pflichtwidrigkeit" (ZVR 1993/122 mwN) - nämlich Mißachtung des Kindeswohls durch Unterlassung einer nachdrücklichen Aufforderung samt pflichtgemäßer Einhaltung dieser Anlegepflicht statt eines bloß "reaktionslosen Hinnehmens" (vgl OLG Linz 4 R 80/97f im Vorakt 1 Cg 23/96x) des Mitfahrens am Beifahrersitz in seinem PKW ohne gleichzeitig angelegten Sicherheitsgurt - als gegeben zu erachten. Insoweit ist diese Verpflichtung nämlich nicht weniger als Schutzgesetz iS des § 1311 ABGB zu werten, mit dem für Kinder die höhere Gefährdung bei der Beförderung vermieden bzw deren Verletzungsrisiko herabgesetzt werden soll, als die die Personenbeförderung von Kindern unter 12 Jahren, welche kleiner als 150 cm sind, regelnden Abs 1a und 1b des § 106 KFG: Sorgt der Fahrzeuglenker nicht für die vorgeschriebene Sicherung eines solchen mitbeförderten Kindes durch Verwendung der hierin vorgeschriebenen Kinderrückhalteeinrichtungen, so kann sich eine dritte Person, die (etwa wie hier) einen Verkehrsunfall alleine verschuldet hat, nach Befriedigung der Schadenersatzansprüche des Kindes mit Rückgriffs- und Ausgleichsansprüchen an den Halter und Lenker (bzw den Kfz‑Haftpflichtversicherer des das Kind befördernden Fahrzeuges) wenden, vor allem dann, wenn die nach Nichtverwendung der Kinderrückhalteeinrichtungen festgestellten Verletzungen des Kindes nach einem Verkehrsunfall aufgrund der unterbliebenen Sicherung erwiesenermaßen schwerer waren als sie es bei ordnungsgemäßer Sicherung gewesen wären. In diesem Fall trifft jedenfalls den das Kind befördernden Fahrzeuglenker (Halter, Kfz‑Versicherer) die Verschuldens- und Kausalitätsvermutung; der Übertreter des Schutzgesetzes muß daher zur Haftungsbefreiung beweisen, daß die Verletzungen des Kindes auch bei vorschriftsgemäßer Verwendung der Kinderrückhalteeinrichtungen in zumindest gleicher Weise eingetreten wären. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so haftet er insoweit entsprechend dem nach den Umständen des Einzelfalles anzunehmenden Verschulden (bzw der Betriebsgefahr) nach den Regeln des § 11 EKHG zivilrechtlich anteilsmäßig für die Verletzungen des Kindes (ausführlich Messiner, Kinderrückhalteeinrichtungen in Kfz, ZVR 1993, 165 [168]). Es wäre nun ein unvertretbarer Wertungswiderspruch, einem Elternteil als Lenker zwar die Mitbeförderung eines Kindes unter 12 Jahren am vorderen Beifahrersitz, weil dieser eine Größe von über 150 cm aufweist, zu gestatten, die geschilderte zivilrechtliche Sanktion samt Verschuldens- und Kausalitätsvermutung in einem Fall wie dem hier zur Beurteilung anstehenden (Unterbleiben des vorgeschriebenen Angurtens; Negativfeststellung zum hiedurch vermeidbaren Verletzungsumfang) jedoch nicht ebenso wie bei einem zwar gleichaltrigen, jedoch nur unter 150 cm großen Kind zur Anwendung kommen zu lassen. Der Schuld- und Unrechtsgehalt eines derartigen aufsichtspflichtigen Lenkers gegenüber seinem minderjährigen, nicht gesicherten Kind kann wohl nicht anders (milder) beurteilt und bewertet werden, sodaß auch hier im Zweifel (also bei Negativfeststellung über den Schwereeintritt der Verletzungsfolgen) dieser Nachteil zu Lasten des rechtswidrig Handelnden (Vaters) eben wegen dieser Rechtswidrigkeit seines Handelns (Unterlassens) ausschlägt (vgl nochmals Messiner, aaO).

Daß den Beklagten hieran ein größeres Verschulden als (bloß leichte) Fahrlässigkeit getroffen hätte, behauptet die Klägerin nicht.

Daraus ist jedoch für sie im Ergebnis nichts gewonnen, sodaß letztlich auch unerörtert bleiben kann, ob in einem solchen Fall überhaupt die von der Revisionswerberin für ihre Regreßforderung zugrundegelegte Mitverschuldensquote von einem Viertel mit der diesbezüglich von der Rechtsprechung angenommenen Regelmitverschuldensquote eines Geschädigten selbst (vgl etwa MGA EKHG6 E 181 zu § 7) gleichgesetzt und argumentativ begründet werden kann. Dies aus folgenden weiteren Überlegungen:

Da die dem minderjährigen Sohn des Beklagten (bisher) erbrachten und künftig noch zu erbringenden Leistungen aus dem Schadensfall vom 24. 10. 1994 aus dem Versicherungsverhältnis des versicherten Halters des beteiligten anderen Fahrzeuges (welcher wiederum für das Alleinverschulden seiner Lenkerin einzustehen hat) resultiert, beruht das Regreßrecht dieser Versicherung nicht auf der Legalzessionsnorm des § 67 VersVG (der in seinem Abs 2 ein ausdrückliches sog Familienangehörigen‑Privileg gegenüber in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer lebenden Familienangehörigen statuiert), sondern vielmehr - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auf der allgemeinen Bestimmung des § 896 iVm § 1302 ABGB. Der Oberste Gerichtshof hat hiezu schon frühzeitig judiziert, daß der Versicherer des einen Fahrzeuges, welcher die Insassen des anderen Fahrzeuges entschädigt hat, jedenfalls an dem alleinschuldigen Halter dieses anderen Fahrzeuges Regreß nehmen kann (VersR 1961, 335). Selbiges muß auch bei einem bloß mitschuldigen Halter gelten; ob diese Mitschuld den Verkehrsunfall, also das eigentliche Schadensereignis an sich, oder bloß - wie hier - die durch dieses Schadensereignis ausgelöste Schadenshöhe (hier: den Verletzungsumfang) betrifft, kann hiebei keinen grundsätzlichen Unterschied bilden. Anders als der deutsche Bundesgerichtshof - begründet mit dem Schutzzweck der Versicherungsleistung (VersR 1964, 391, VersR 1979, 256) ‑, dessen Rechtsprechung zwischenzeitlich auch im deutschen Sozialgesetzbuch (SGB) X § 116 Abs 6 Niederschlag gefunden hat (siehe hiezu auch Reischauer, Familienhaftungsprivileg im Sozialversicherungs- und im Sozialrecht/Regreß auf den Haftpflichtversicherer, DRdA 1998, 1 ff und 85 ff [2]), hat der Oberste Gerichtshof eine Analogie zu § 67 Abs 2 VersVG für die Begründung eines solchen Familienhaftungsprivilegs über den Wortlaut (und die ratio) dieser Gesetzesstelle hinaus stets abgelehnt (Nachweise bei Reischauer, aaO, insbesondere ZVR 1971/128, 144 und 181, SZ 43/108) - dies unter Bezug auf die in VR 1967, 224 ff (= FS Schmitz II 353 ff) veröffentlichte grundlegende Abhandlung von Krejci, Der Ausschluß des Überganges von Schadenersatzforderungen gegen Familienangehörige auf die Sozialversicherungsträger (§ 332 ASVG, § 1542 RVO). Inwieweit der aus § 67 Abs 2 VersVG - und ebenso auch aus den einschlägigen Sozialversicherungsgesetzen (Reischauer, aaO 3, 9, 88, 92 f) - hervorgehende Zweck der Vermeidung von auch nur mittelbaren Belastungen des Versicherungsnehmers, daß also die Leistung des Versicherers für den Versicherungsnehmer wertlos werde, weil der Regreß gegen den Angehörigen wirtschaftlich ja den letzteren trifft (MGA VersVG4 E 100 zu § 67; Prölss/Martin, VersVG26 Rn 36 zu § 67; SZ 68/107 = ZVR 1997/14; VersR 1997, 991 = VersE 1693), unter Umständen zu einem Überdenken dieser (gegenüber der deutschen Rechtslage restriktiven) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Anlaß geben könnte, kann freilich hier dahingestellt bleiben: Als besonderes Verhältnis unter den "Mitschuldigen" ist nämlich beim Regreß nach §§ 1302, 896 ABGB das Ausmaß ihrer Beteiligung, also der Verschuldensanteile und Verursachungsanteile, anzusehen, nach dem sich dann die endgültige Haftung im Innenverhältnis bestimmt (Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 14/25 spricht hier zutreffend von der "Schwere der Zurechnungsmomente"), wobei ein eigener grober Sorgfaltsverstoß unter Umständen sogar bis zur gänzlichen Vernachlässigung des Mitverschuldens des anderen Regreßpflichtigen führen kann (8 Ob 611/91; RIS‑Justiz RS0017501).

Dieses, auch vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis, trifft im hier vorliegenden Fall zu: Unter den Umständen, unter welchen sich der Unfall ereignete, nämlich einer besonders massiven Vorrangverletzung der benachrangten Lenkerin des Fahrzeuges des Versicherungsnehmers der klagenden Partei, ohne daß auch dem Beklagten als Lenker und Halter des bevorrangten Fahrzeuges ein auch nur geringes Mitverschulden am Unfallhergang anzulasten ist (schon in der Klage wurde dieses Alleinverschulden der Renate H* ausdrücklich zugestanden), tritt die (einzige) Pflichtverletzung des Beklagten als Vater und Aufsichtspflichtiger seines minderjährigen Sohnes nach Auffassung des Senates in der Tat derart zurück, daß sie bei der Festsetzung der Verschuldens- und Verursachungsanteile ("Zurechnungsmomente") bezogen auf die nach dem Vorgesagten einzig zu seinen Lasten auszulegende Negativfeststellung im Bezug auf den Verletzungsumfang durch das Nichttragen eines Sicherheitsgurtes gemäß den zitierten Gesetzesstellen zu vernachlässigen ist (RIS‑Justiz RS0017501). Einen über die Anschnallpflicht des minderjährigen Beifahrers hinausgehenden Vorwurf erhebt die Klägerin selbst nicht, ebenso nicht, daß es sich bei dieser Mißachtung am Unfalltag nicht etwa um eine bloß einmalige, sondern ständig praktizierte (geradezu gewohnheitsmäßige) Übung des Beklagten gegenüber seinem Sohn gehandelt hätte.

Wenngleich der Senat nicht übersieht, daß die Verpflichtung des Beklagten, als Vater dafür Sorge zu tragen, daß sein mitfahrendes minderjähriges Kind im PKW dem Gesetz gemäß angegurtet gewesen wäre, eine wichtige und für die Sicherheit im Verkehr überaus bedeutsame (im Regelfall auch zivilrechtlich entsprechend sanktionierte) Schutzvorschrift ist, so ist doch im vorliegenden Fall das klageabweisliche Ergebnis des Berufungsgerichtes damit nicht nur - und zwar nicht zuletzt auch in fallbezogener Wertung und Würdigung der Ergebnisse des Vorverfahrens 1 Cg 23/96x des Landesgerichtes Ried, in welchem ein direktes und schmerzengeldkürzendes Mitverschulden des unangegurteten Beifahrers aus ähnlichen Erwägungen rechtskräftig verneint worden war - sachgerecht, sondern auch rechtsrichtig, weshalb der hiegegen ankämpfenden Revision der klagenden Partei aus allen diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen ist. Diese Ausführungen betreffen dabei gleichermaßen das Leistungs- wie auch das Feststellungsbegehren.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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