OGH 10Ob50/23k

OGH10Ob50/23k19.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Faber sowie die Hofräte Mag. Schober, Dr. Annerl und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „A*“ * Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, und ihrer Nebenintervenientin S* GmbH, *, vertreten durch Mag. Wolfgang M. Fritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F* GMBH, *, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Rechtsanwalt in Wien, und ihren Nebenintervenienten Ing. H*, vertreten durch Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. C* GmbH, *, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in Perg, wegen 2.560.919,29 EUR sA, über den Rekurs und die Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. September 2023, GZ 33 R 60/23w‑123, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 23. Dezember 2022, GZ 39 Cg 4/21p‑117, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00050.23K.1119.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts über die Zurückweisung der Klage im Umfang des Begehrens von 5.775,29 EUR (Kosten der Beweissicherung) wird mit der Maßgabe bestätigt, dass auch das darüber abgeführte Verfahren sowie das darüber ergangene Urteil des Erstgerichts für nichtig erklärt werden.

2. Aus Anlass der Revision wird die Klage, soweit sie vorprozessuale Rechtsberatungs- und Vertretungskosten von 30.537,35 EUR samt 7,88 % Zinsen von 25. 9. 2014 bis 25. 5. 2015 sowie 4 % Zinseszinsen ab 8. 10. 2015 geltend macht, zurückgewiesen und das darüber abgeführte Verfahren sowie die darüber ergangenen Urteile der Vorinstanzen für nichtig erklärt.

3. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Im über die Punkte 1. und 2. hinausgehenden Umfang werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

4. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Gegenstand desVerfahrens sind Schadenersatzansprüche aus von der Klägerin behaupteter mangelhafter Ausführung der Feuchtigkeitsisolierung und mangelhafter Errichtung der Duschen in den Gästebadezimmern eines Hotels.

[2] Die U* GmbH & Co KG (nunmehr A* GmbH, künftig bezeichnet als die Generalunternehmerin) war die Generalunternehmerin bei der Errichtung des Hotels. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 19. 6. 2013 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren (ab 4. 7. 2013 Konkursverfahren) eröffnet.

[3] Ihre Bauherrin und Auftraggeberin war die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin (künftig: die Bauherrin). Diese verkaufte das Objekt an die D* GmbH. Eine weitere GmbH war die Pächterin und Betreiberin des Hotels.

[4] Die Zweitbeklagte ist die Rechtsnachfolgerin der S* AG, *, die von der Generalunternehmerin mit dem Gewerk „Heizung, Erdgas, Lüftung, Sanitär, Kühlung, Elektro“ beauftragt war.

[5] Die Erstbeklagte war mit dem Gewerk „Abdichtung und Fliesen – Bäder“ beauftragt. Das Verfahren gegen die Erstbeklagte war infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16. 1. 2019 unterbrochen. Seit 25. 6. 2020 ist die Erstbeklagte wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht.

[6] Die Vereinbarung zwischen der Generalunternehmerin und der Zweitbeklagten bestand aus einem Auftragsschreiben vom 12. 9. 2002, das von der Zweitbeklagten am 23. 10. 2002 gegengezeichnet wurde, Allgemeinen Vertragsbedingungen und einer Auftragsbestätigung.

[7] Die Ausführung des Nassbereichs entsprach nicht den Regeln der Technik, nicht den Vorgaben des Herstellers und nicht dem bei der Herstellung aktuellen Stand „der Normen“. Das Erstgericht traf dazu detaillierte Feststellungen zur Durchführung der einzelnen Gewerke und in diesem Zusammenhang stattgefundene bzw nicht stattgefundene Warnungen.

[8] Das Hotel eröffnete am 11. 11. 2003.

[9] Am 19. 8. 2004 meldete die Hotelbetreiberin der Generalunternehmerin einen Installationsfehler, nämlich das Nichteinhalten des Überstands der Dichtlippe von einem Zentimeter in mehreren Zimmern, weshalb Wasser eindringe und Folgeschäden verursache. In der Folge setzte die Zweitbeklagte Blechringe ein. Zum 12. 12. 2005 waren keine Feuchtigkeitsschäden in den Duschelementen „offen“.

[10] Am 17. 2. 2012, 31. 7. 2012 und 13. 12. 2012 (zu diesem Termin erstmals unter Beiziehung der Generalunternehmerin) wurde ein bestimmtes Zimmer begangen und untersucht und die Konstruktion im Nassbereich an mehreren Stellen geöffnet. Ursache der Begehung waren „dauernde“ Beschwerden von Hotelgästen, dass sich Wasser im Duschbereich aufstaue. Es wurden diverse Mängel in der Abdichtung, unter anderem in der Anbindung der Duschelemente zur Bodenabdichtung, entdeckt.

[11] Im Duschbereich war die Fußbodenkonstruktion unter dem Zementestrich nass. Wasser konnte durch das Grundset in die Bodenkonstruktion eindringen. Die Abdichtung war nicht fachgerecht an die Elemente des Duschelements angebunden und das Grundset des Duschelements war mangelhaft montiert. Es war davon auszugehen, dass die vorgefundenen Mängel systemisch in allen Nassbereichen des Hotels anzutreffen seien.

[12] Am 30. 6. 2004 hatte eine Bank zugunsten der Bauherrin eine Garantie über 2.022.575,29 EUR abgegeben, die zuletzt am 8. 3. 2013 bis 1. 11. 2013 verlängert wurde. Bereits am 1. 4. 2010 hatte die Bank der Generalunternehmerin einen Garantiekreditrahmen von 185 Mio EUR eingeräumt.

[13] Am 27. 6. 2013 rief die Bauherrin die Garantie in voller Höhe ab. Am 16. 7. 2013 überwies die Bank der Bauherrin 2.022.575,29 EUR zur Begleichung der Kosten der Ersatzvornahme für die – vom Erstgericht im Einzelnen festgestellten – Mängel und Mangelfolgeschäden und belastete das Konto der Generalunternehmerin.

[14] Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien wurden davon 1.922.575,29 EUR für Ersatzvornahmen aufgewendet.

[15] Die Bank meldete im Konkurs der Generalunternehmerin – neben etlichen anderen Forderungen – aus dem Garantierahmenvertrag 5.708.160,03 EUR unbedingt und 88.632.643,13 EUR bedingt an.

[16] Der Masseverwalter der Generalunternehmerin trat der Klägerin die Forderung gegen die Beklagten im Zusammenhang mit der Feuchtigkeitsisolierung zuerst in Form einer Inkassozession, dann durch entgeltliche Vollzession ab. Der vereinbarte symbolische Kaufpreis von einem Euro ging beim Masseverwalter der Generalunternehmerin ein. Für den Fall des Obsiegens ist vorgesehen, dass das Ersiegte teilweise der Masse, teilweise der Klägerin zukommt.

[17] „Die Klägerin“ wandte vor Klageeinbringung 30.537,35 EUR netto für rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung zur Abwehr gegenüber der Bauherrin, zur Betreibung gegenüber den Beklagten und zur Prozessvorbereitung auf.

[18] Am 5. 2. 2014 wurde über Auftrag des Masseverwalters der Generalunternehmerin ein Beweissicherungsbefund über den Bodenaufbau und die Duschsäulen erhoben. „Die Klägerin“ wandte in diesem Beweissicherungsverfahren für ihre Vertretung, Barauslagen und Kostenersatz 5.775,29 EUR auf.

[19] Am 20./21. 5. 2021 schlossen die Bauherrin, der Masseverwalter der Generalunternehmerin, die Klägerin und eine Sachverständige einen Schiedsgutachtervertrag. Die Bauherrin verpflichtete sich zur Zahlung des Honorars der Schiedsgutachterin von 40.000 EUR und erhielt dafür eine anerkannte Insolvenzforderung.

[20] Die Duschsäulen eigneten sich nicht für einen Beherbergungsbetrieb, ihre Abdichtung ist unverhältnismäßig schwieriger als bei in der Wand montierten Armaturen. Ein sorgfältiger Fachmann in der Situation der Zweitbeklagten hätte darauf hingewiesen.

[21] Es konnte nicht festgestellt werden, welchen Anteil am Schaden (Sanierungskosten) die im Einzelnen angeführten Fehler hatten. Eine Aufteilung der Schadensverursachung zwischen der Erst- und der Zweitbeklagten ist nicht möglich.

[22] Die durch erfolglose Sanierungsversuche entstandenen Kosten konnten nicht festgestellt werden. Für die erforderliche Sanierung entsprechen Kosten von 1.735.582,97 EUR netto dem Stand der Baubranche zum Zeitpunkt der Ausführung.

[23] Die durchschnittlich erwartbare Nutzungsdauer der Installationen betrug etwa 10 bis 12 Jahre. Wie weit die Sanierung zu einer Verbesserung gegenüber dem ursprünglich geschuldeten Ergebnis führte, konnte nicht festgestellt werden.

[24] Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von 2.560.919,29 EUR zuzüglich Zinsen. In der Klage hatte sie auch ein Feststellungsbegehren (Haftung der Beklagten für künftige Schäden) gestellt.

[25] Die Beklagten seien mit Auftragsschreiben vom 16. 4. 2003 (Erstbeklagte) und vom 12. 9. 2002 (Zweitbeklagte) beauftragt worden. Aufgrund der Verzahnung der geschuldeten Leistungen und der mangelnden Bestimmbarkeit der Schadensanteile hafteten die Beklagten solidarisch.

[26] Das Zahlungsbegehren setze sich zusammen wie folgt:

a) Schaden laut Schiedsgutachten: 2.484.606,65 EUR, darin enthalten sind 404.136,27 EUR Pachtzinsentgang für 9.639 Zimmerausfallstage zu je 41,93 EUR, von der Schiedsgutachterin festgestellte angemessene Baukosten von 1.603.236,37 EUR netto samt „Nebenkosten“ von 132.346,51 EUR netto und Aufwendungen von 344.860,50 EUR netto, die zur Feststellung zur Schadensursachen‑ und zur kurzfristigen Schadensbehebung erfolgt und erforderlich gewesen seien;

b) rechtliche Beratung zur Abwehr gegenüber der Bauherrin, zur Betreibung gegenüber den Beklagten und zur Prozessvorbereitung von 30.537,35 EUR;

c) Kosten eines Beweissicherungsverfahrens von 5.775,29 EUR;

d) Kosten der Schadensermittlung mit Hilfe eines Schiedsgutachtens von 40.000 EUR.

[27] Eine Minderung des geschuldeten Schadenersatzes wegen des Arguments „neu für alt“ sei abbedungen worden. Für den Einwand „neu für alt“ komme es überdies nicht auf die üblichen Erneuerungsintervalle an, sondern auf das konkrete Bauvorhaben und die Absicht des konkreten Hotelbetreibers. Da noch weitere, noch nicht konkretisierte Forderungen Dritter (etwa auf entgangenen Gewinn des Betreibers durch den Ausfall von Zimmern während der Sanierung) drohten, sei das (ursprünglich erhobene, später fallen gelassene, vgl unten 3.5.) Feststellungsbegehren berechtigt. Auch die zukünftigen Forderungen seien von der Zession erfasst. Die von der Zweitbeklagten behauptete Sittenwidrigkeit der Zession liege nicht vor, weil die Beklagten im Fall ihres Obsiegens durchaus davon ausgehen könnten, die zugesprochenen Prozesskosten ersetzt zu bekommen. Die Klägerin gründe ihre Ansprüche auf Regress nach § 1313 Satz 2 ABGB sowie auf Schadenersatz aus den zwischen der Generalunternehmerin und den Beklagten abgeschlossenen Subwerkverträgen. Die Ansprüche aus beiden Anspruchsgrundlagen seien nicht verjährt. Auch die Ansprüche der Bauherrin gegen die Generalunternehmerin seien zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Haftrücklassgarantie nicht verjährt gewesen. Die Kosten des Beweissicherungsverfahrens seien gemäß Punkt 13 der AVB zu ersetzen.

[28] Die Zweitbeklagte bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die Berechtigung von Ansprüchen der Bauherrin gegen die Generalunternehmerin. Sie habe ihr Gewerk mängelfrei ausgeführt. Die Schäden (zB Wassereintritte) seien auf nicht von ihr zu vertretende Umstände zurückzuführen. So sei etwa die Sekundär- bzw Alternativabdichtung so ausgeführt worden, wie es von der Generalunternehmerin vorgegeben worden sei. Es liege ein einem Alleinverschulden gleichkommendes Verschulden der Generalunternehmerin vor. Diese habe nachträglich Haltestangen und Glastüren montiert, die die Dichtebene des Bodens durchdrungen hätten. Aufgrund der Konzeption der Duschen sei das zu kurze Abschneiden der Duschtöpfe durch die Zweitbeklagte nicht schadenskausal gewesen. Die Bauherrin habe einen tauglichen Sanierungsvorschlag abgelehnt und unzweckmäßige und überschießende Sanierungsschritte vorgenommen. Sie habe die überschießenden Sanierungskosten selbst zu tragen. Die Generalunternehmerin habe eine Abwehr unberechtigter Ansprüche schuldhaft unterlassen. Die Insolvenzmasse der Generalunternehmerin sei durch die Inanspruchnahme der Garantie lediglich in Höhe der Insolvenzquote belastet; daher könne sie die Zweitbeklagte höchstens in diesem Umfang in Anspruch nehmen. Im Bereich der Fünf-Stern-Hotellerie seien Investitionsintervalle von 10 Jahren üblich. Dass die Generalunternehmerin der Bauherrin gegenüber den Einwand „neu für alt“ nicht erhoben habe, begründe ein Mitverschulden. Die Zession der Klageforderung an die Klägerin sei unwirksam, weil sie unentgeltlich erfolgt sei und daher mangels Verfügungsgeschäfts eines Notariatsakts bedurft hätte, an dem es fehle. Es liege ein sittenwidriges Scheingeschäft vor. Die unentgeltliche Zession könnte aus Sicht der Konkursmasse den Zweck haben, angesichts der Prozesskosten und des Prozessrisikos die Klägerin als leistungsunfähiges „Prozessführungsvehikel“ einzusetzen, das im Fall des Prozessverlustes „entsorgt“ werden könnte. Die Klägerin habe im zuletzt veröffentlichten Jahresabschluss ein negatives Eigenkapital sowie einen Bilanzverlust jeweils im sechsstelligen Euro-Bereich ausgewiesen. Die Zession sei auch deshalb sittenwidrig, weil das Vorgehen der Zedentin (der Generalunternehmerin bzw des Masseverwalters), zu Lasten der beklagten Subunternehmerinnen Einwendungen gegenüber der Bauherrin nicht zu erheben, das Konkursverfahren zu „umgehen“ und eine Forderung über mehr als zwei Millionen Euro unentgeltlich abzutreten, den einzigen Grund habe, die Beklagten zu schädigen. Die Forderungen seien verjährt. Die Beratung und Vertretung durch den Klagevertreter seien nicht erforderlich gewesen. Für die Kosten des Beweissicherungsverfahrens sei der Rechtsweg nicht zulässig.

[29] Mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 24. 3. 2020 sprach das Erstgericht aus, das Klagebegehren (Zahlungs- und Feststellungsbegehren [dazu vgl unten 3.5.]) sei (gegenüber der Zweitbeklagten) nicht verjährt.

[30] Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren statt. Die Generalunternehmerin hafte gegenüber der Bauherrin für ein allfälliges Fehlverhalten der Zweitbeklagten nach § 1313a ABGB, sodass sie einen Regressanspruch gegen die Zweitbeklagte nach § 1313 zweiter Satz ABGB erworben habe. Die Insolvenzeröffnung über die Generalunternehmerin führe nicht dazu, dass der mangelhaft erfüllende Subunternehmer dadurch von jeder Regresspflicht befreit werde. Die Zweitbeklagte habe für die mangelhafte Ausführung der Duschen einzustehen und der Klägerin den in den Kosten der Schadensfeststellung und Sanierung, der entgangenen Pacht und der rechtlichen Begleitung bestehenden Schaden zu ersetzen. Die Zweitbeklagte habe die Schäden zwar nicht alleine verursacht, hafte allerdings solidarisch mit der Erstbeklagten, gegen die das Verfahren unterbrochen sei.

[31] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Zweitbeklagten Folge. Es wies die Klage im Umfang von 5.775,29 EUR (Kosten des Beweissicherungsverfahrens) samt darauf entfallenden Zinsen zurück. Im restlichen Umfang von 2.555.144 EUR zuzüglich Zinsen wies es das Klagebegehren ab. Geltend gemacht sei ein Regressanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB. Dieser Anspruch entstehe mit der Zahlung desjenigen, der in der Folge Regress bei seinem Erfüllungsgehilfen nehme. In der Leistung der Bank aufgrund des Garantieabrufs sei aber keine Zahlung der Generalunternehmerin an die Bauherrin und kein dem gleichzuhaltender Vorgang zu sehen. Der Masseverwalter sei rechtlich gar nicht in der Lage gewesen, die Garantieleistung der Bank zu einer Leistung der insolventen Schuldnerin zu machen. Aufgrund der Insolvenzeröffnung müsse die garantierende Bank ihren Regressanspruch gegen die Generalunternehmerin im Konkurs anmelden. Der „Insolvenzausfall“ sei ein Kreditausfall, in dessen Umfang die Bank die Bankgarantie „aus eigenen Mitteln“ erfüllt habe. Der vorliegende Fall unterscheide sich von den zu 3 Ob 186/10i und 3 Ob 182/11b entschiedenen Konstellationen dadurch, dass die Leistung der garantierenden Bank aufgrund der Insolvenzeröffnung nicht in eine solche der Generalunternehmerin „umgewandelt“ werden könne. Für einen Regressanspruch der Generalunternehmerin gegen die beklagte Subunternehmerin fehle es daher an der Voraussetzung der Zahlung durch die Generalunternehmerin. Das führe zur Klageabweisung. Das betreffe auch die Kosten für rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung, die die Klägerin sämtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgewendet habe. Dafür, dass die Zweitbeklagte die Kosten eines Schiedsgutachterverfahrens, an dem sie nicht beteiligt gewesen sei, tragen müsse, gebe es keine Anhaltspunkte. Für die Kosten des vom Insolvenzverwalter beantragten Beweissicherungsverfahrens sei der Rechtsweg nicht zulässig.

[32] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die, soweit sie den Zurückweisungsbeschluss bekämpft, als Rekurs zu werten ist, womit die Klägerin die Abänderung des angefochtenen Urteils und der Klagezurückweisung im klagestattgebenden Sinn beantragt. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[33] Die Zweitbeklagte beantragt in ihrerRevisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[34] Der Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluss ist rechtzeitig (§ 521 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm RS0041696), gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, aber nicht berechtigt.

[35] Aus Anlass der Revision ist eine dem Verfahren teilweise anhaftende Nichtigkeit wahrzunehmen.

[36] Die Revision ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig, sie ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Zu 1. des Spruchs

[37] 1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der Feststellung, „die Klägerin“ habe im Beweissicherungsverfahren die Kosten von 5.775,29 EUR aufgewendet, offensichtlich um eine Fehlbezeichnung handelt, ergibt sich doch aus dem Beweissicherungsakt, dass dort nicht die Klägerin, sondern die Generalunternehmerin bzw deren Masseverwalter Antragsteller und somit Kostenschuldner nach § 388 Abs 3 Satz 1 ZPO war.

[38] 1.2. Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren im Umfang des Anspruchs auf Ersatz der Kosten des Beweissicherungsverfahrens (5.775,29 EUR) zuzüglich der darauf entfallenden Zinsen wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.

[39] 1.3. Den Ersatz der Kosten des Beweissicherungsverfahrens kann der Antragsteller grundsätzlich nur als Teil der Prozesskosten des Hauptprozesses ersetzt verlangen, weil auch dieser Kostenersatzanspruch akzessorisch ist (RS0036022). Nur dann, wenn feststeht, dass es zum Hauptprozess überhaupt nicht kommen wird, können die Kosten der Beweissicherung mit gesonderter Klage geltend gemacht werden (Fucik in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ § 1 JN Rz 343; vgl RS0111906; RS0036014).

[40] 1.4. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil – wie das gegenständliche Verfahren zeigt – es zum Hauptprozess schon gekommen ist. Dass die mit der Beweissicherung zusammenhängenden Ansprüche nach den Klagebehauptungen abgetreten wurden, ändert daran nichts (Rassi in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ § 388 ZPO Rz 13 mwN; vgl 7 Ob 573/91 aE), zumal die Zession nur die Rechtszuständigkeit, nicht aber den Charakter der Forderung ändert.

[41] 1.5. Die Klägerin beruft sich in der Revision darauf, die Beklagte habe sich in den AVB vertraglich verpflichtet, auch die Kosten der Schadensfeststellung und somit auch der Beweissicherung zu ersetzen. Somit bestehe eine privatrechtliche Vereinbarung hinsichtlich dieser Kosten, weshalb der Rechtsweg zulässig sei.

[42] Zwar ist für die Geltendmachung von vorprozessualen Kosten, wozu auch die Kosten der Beweissicherung gehören, der Rechtsweg ausnahmsweise zulässig, wenn ein eigener Privatrechtstitel besteht (vgl RS0035770).

[43] Dazu genügt aber die hier von der Klägerin ins Treffen geführte allgemeine Vereinbarung in den AVB nicht: Eine Verselbständigung des Kostenanspruchs tritt nämlich nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung nur ein, wenn eine abschließende über die Verfahrensvorschriften hinausgehende und von der zwangsweisen Durchsetzung des Hauptanspruchs unabhängige vertragliche Regelung über die Kostentragung vorliegt (RS0002209). Eine selbständige Einklagung des Kostenersatzanspruchs ist dann möglich, wenn sich der Schuldner zum Ersatz der mit einem bestimmten Geldbetrag pauschalierten Vertretungskosten verpflichtet hat (so etwa 3 Ob 264/54). Hingegen führen Vereinbarungen, wonach sich ein Schuldner zum Ersatz „sämtlicher Mahn- und Inkassokosten“, der „notwendigen Kosten“ oder der „Kosten anwaltlicher Mahnschreiben“ verpflichtet, noch nicht zu einer Verselbständigung des Kostenersatzanspruchs (8 Ob 83/22x Rz 11 f).

[44] Ob ein Anerkenntnis vorliegt, das die Zulässigkeit des Rechtswegs für die geltend gemachte Kostenforderung eröffnet, ist nach den Klagebehauptungen zu beurteilen (RS0045584; RS0005896). Ein bloßes Anerkenntnis dem Grunde nach stellt keinen selbständigen Verpflichtungsgrund dar, weil keine Einigung über die Höhe des Anspruchs vorliegt und der Umfang der Zahlungspflicht sich deshalb nach den für den ursprünglichen Anspruch geltenden Vorschriften richtet. Die pauschale Zusage einer Kostenübernahme – wie hier in den AVB – ist deshalb nicht geeignet, den Kostenersatzanspruch der Klägerin seines öffentlich-rechtlichen Charakters zu entkleiden und eine selbständige Anspruchsgrundlage zu schaffen (8 Ob 83/22x Rz 13 f).

[45] 1.6. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die Kosten der Beweissicherung sei der Rechtsweg unzulässig, ist daher zutreffend, weshalb die berufungsgerichtliche Entscheidung insoweit mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe (vgl § 477 Abs 1 ZPO) zu bestätigen war.

2. Zu 2. des Spruchs

[46] 2.1. Auch zu den Rechtsberatungs- und Vertretungskosten von 30.537,35 EUR ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, dass nicht – wie das Erstgericht feststellte – „die Klägerin“, sondern die Generalunternehmerin bzw deren Insolvenzmasse diese Kosten aufwendete. Es handelt sich somit um eine offensichtliche, berichtigungsfähige (vgl § 419 ZPO) Fehlbezeichnung.

[47] 2.2. Kosten für Mahnschreiben sind wie alle Kosten der Beweissammlung und der Prozessvorbereitung sogenannte vorprozessuale Kosten, die als Prozesskosten iSd § 41 ZPO anzusehen sind, wenn der Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Besteht nicht ein eigener Privatrechtstitel, ist deren Durchsetzung im Rechtsweg unzulässig (RS0035770).

[48] Auch für die eingeklagten vorprozessualen Rechtsberatungs- und Vertretungskosten von 30.537,35 EUR samt Zinsen ist somit der Rechtsweg unzulässig. Diese Nichtigkeit (§ 477 Abs 1 Z 6 ZPO) war aus Anlass der zulässigen Revision von Amts wegen wahrzunehmen (RS0041942 [T11, T12]).

3. Zu 3. des Spruchs

3.1. Zur Aktivlegitimation der Klägerin (Wirksamkeit der Zession)

[49] 3.1.1. Die Frage der strittigen Wirksamkeit der Zession der Klageforderungen und somit der Aktivlegitimation der Klägerin wurde im erwähnten Zwischenurteil nach § 393a ZPO vom 24. 3. 2020 ausdrücklich nicht behandelt. Auch im jetzigen Endurteil hat sich das Erstgericht mit der Wirksamkeit der Zession gar nicht befasst, das Berufungsgericht musste sich im angefochtenen Urteil auf Basis seiner – vom erkennenden Senat nicht geteilten – Rechtsansicht, die Klageansprüche seien schon aus anderen Gründen unberechtigt, nicht auseinandersetzen.

[50] 3.1.2. Bei der Forderungsabtretung iSd § 1392 ABGB handelt es sich um ein kausales Verfügungsgeschäft. Die Zession ist daher nur dann wirksam, wenn ihr ein gültiges Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) zugrunde liegt (RS0032510 [T1]). Als Verpflichtungsgeschäft kommen etwa Kauf, Schenkung oder Sicherungsabtretung in Frage (8 Ob 33/13f [ErwGr 3.1.]).

[51] Das Grundgeschäft kann nach allgemeinen Regeln formpflichtig sein. So ist bei der Schenkung einer Forderung entweder ein Notariatsakt (§ 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG; vgl RS0011186) oder ein nach außen als Übergabe ersichtlicher Akt iSd § 427 ABGB, der etwa in der Verständigung des Schuldners liegen kann, erforderlich (RS0011184; Neumayr in KBB7 § 1392 ABGB Rz 5).

[52] Die für die Annahme einer Schenkung erforderliche Unentgeltlichkeit wird durch jede synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung, die in einer Handlung oder Unterlassung bestehen kann und keinen Vermögenswert haben muss, ausgeschlossen. Es genügt, dass auf Seiten des Leistenden ein Interesse an einem bestimmten Verhalten des Empfängers der Leistung besteht (8 Ob 3/09p; RS0018852 [T7]; vgl RS0018833 [T3]). Die Beweislast für die Schenkungsabsicht trägt derjenige, der sich hierauf beruft (8 Ob 3/09p; RS0018852 [T8]).

[53] Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung der Zweitbeklagten jedenfalls keine unentgeltliche Zession vor:

[54] Bei einer Abtretung zum Inkasso ist die eingehobene Leistung im Innenverhältnis an den Zedenten abzuführen. Überdies kommt es nach den Feststellungen auf die Inkassozession schon deshalb nicht an, weil diese durch die nachfolgende „entgeltliche Vollzession“ (als Novation) abgelöst wurde. Die Qualifikation dieser Vollzession als entgeltlich stellt freilich eine vorweggenommene rechtliche Beurteilung dar. Diese ist jedoch im Ergebnis zutreffend, weil das Entgelt der Zessionarin für den Erwerb der Forderungen nicht bloß im symbolischen Kaufpreis von einem Euro bestand, sondern auch in der Abrede, dass im Fall eines Obsiegens der Klägerin ein Teil des ersiegten Betrags der Insolvenzmasse zufließen sollte. Darin liegt angesichts der Ungewissheit über den Ausgang des Prozesses zwar ein aleatorisches Element. Dieser Umstand schließt jedoch die Qualifikation der auf Herausgabe eines Teils des ersiegten Betrags gerichteten Vereinbarung als Entgelt für die Zession und somit der Zession insgesamt als entgeltlich nicht aus (vgl § 1267 Satz 2 ABGB).

[55] Die Zession ist daher entgeltlich, weshalb keine Formnichtigkeit aufgrund der Nichteinhaltung der für Schenkungen erforderlichen Form vorliegt.

[56] 3.1.3. Nach der Rechtsprechung ist eine Zession an einen Vermögenslosen nur zu dem Zweck, damit sich der Zedent dem Kostenersatzrisiko eines Prozesses entzieht und dieses einseitig auf den Prozessgegner des Zessionars verlagert, sittenwidrig (rechtsmissbräuchlich) und somit wirkungslos (RS0016540). Rechtsmissbrauch liegt nach ständiger Rechtsprechung (schon) dann vor, wenn das unlautere Motiv einer Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt. Der Schädigungszweck muss so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten. Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei selbst relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt (7 Ob 206/08g mwN).

[57] Die Frage, was mit einer Zession bezweckt wurde, ist dem Tatsachenbereich zuzuordnen (RS0016540 [T2]).

[58] Das eingangs dargestellte Vorbringen der Zweitbeklagten zur Zession als sittenwidrigem Scheingeschäft und die Bestreitung der Sittenwidrigkeit durch die Klägerin beziehen sich erkennbar auf die soeben zitierte Judikatur. Die Feststellungen zur Zession reichen zwar für deren Qualifizierung als entgeltlich aus, sagen aber weder über die Bonität der Klägerin noch den Kenntnisstand und die Motivenlage der Partner der Zession (Masseverwalter der Generalunternehmerin, Vertreter der Klägerin) etwas aus. Es fehlen daher Feststellungen dazu, ob die an der Zession faktisch beteiligten (natürlichen) Personen von einer allfällig vorliegenden oder möglichen zukünftigen Unfähigkeit der Klägerin, im Falle eines Prozessverlusts den Prozessgegnern die Prozesskosten (voll) ersetzen zu können, wussten oder sie ernstlich für möglich hielten und (im Sinne der zitierten Judikatur) sich damit zumindest abfanden (bedingter Vorsatz genügt, vgl RS0026603).

[59] Das Erstgericht wird diese Rechtslage mit den Parteien erörtern und ihnen Gelegenheit geben müssen, dazu allenfalls weiteres Vorbringen zu erstatten, weitere Beweise aufnehmen (so wurde etwa der Masseverwalter der Generalunternehmerin zum die Zession betreffenden Bestreitungsvorbringen der Klägerin als Zeuge beantragt [ON 23, 5], bei seiner Einvernahme [ON 31, 1 ff] dazu aber nicht befragt) und entsprechende Feststellungen treffen müssen.

[60] Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass die Zession wirksam ist, werden die im Folgenden dargelegten Erwägungen zu beachten sein.

3.2. Anspruchsgrundlagen: Gehilfenregress versus eigene Schadenersatzansprüche der Generalunternehmerin

[61] 3.2.1. Wie ausgeführt, stützt die Klägerin ihre Ansprüche sowohl auf den sich aus § 1313 Satz 2 ABGB ergebenden Regressanspruch des Masseverwalters der Generalunternehmerin wegen an die Bauherrin bezahlten Schadenersatzes als auch auf vertraglichen Schadenersatz aus der Verletzung der Pflichten der Zweitbeklagten aus dem mit der Generalunternehmerin abgeschlossenen Werkvertrag.

[62] 3.2.2. Der Subunternehmer, der vom Generalunternehmer den Auftrag erhält, einen Teil des dem Generalunternehmer obliegenden Werks auszuführen, steht nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen. Er ist selbständiger Erfüllungsgehilfe des Generalunternehmers (6 Ob 103/24a [Rz 9]; 9 Ob 236/99t; RS0021876). Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer bestehen grundsätzlich unabhängig davon, welche Ansprüche zwischen dem Bauherrn und dem Generalunternehmer bestehen und in welchem Umfang davon Gebrauch gemacht wird (9 Ob 236/99t; RS0021876 [T6, T12]).

[63] 3.2.3. Der (General-)Unternehmer, der einen Teil der Arbeit weitergibt, hat als Besteller gegen seinen Subunternehmer eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung und einen allfälligen eigenen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Pflichten aus dem Subwerkvertrag. Diese Ansprüche sind von seinem Regressanspruch zu unterscheiden, der sich darauf gründet, dass der Generalunternehmer als Geschäftsherr vom Besteller (dem Bauherrn) für mangelhafte Leistungen seines Erfüllungsgehilfen (des Subunternehmers) in Anspruch genommen wurde (9 Ob 236/99t).

[64] 3.2.4. Da somit die beiden von der Klägerin angezogenen Anspruchsgrundlagen unterschiedliche Voraussetzungen haben und die geltend gemachten Ansprüche somit je nach Anspruchsgrundlage ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können, sind im Folgenden beide Anspruchsgrundlagen zu prüfen.

3.3. Zum Regressanspruch der Generalunternehmerin gegen die Zweitbeklagte als ihre Erfüllungsgehilfin

[65] 3.3.1. Nach ständiger Rechtsprechung entsteht der Rückersatzanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB noch nicht mit dem Schaden des Dritten (hier: der Bauherrin) oder mit der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch den geschädigten Dritten, sondern erst dann, wenn und soweit der in Anspruch genommene Teil dem Dritten tatsächlich Ersatz geleistet hat (RS0028394). Der Zahlung steht die sonstige Erfüllung gleich (vgl 3 Ob 279/06k; 1 Ob 6/19t [ErwGr 3.4.]: Aufrechnung).

[66] Die Haftung des Ersatzpflichtigen (hier: der Subunternehmerin) nach § 1313 Satz 2 ABGB setzt darüber hinaus voraus, dass die Haftung des Geschäftsherrn (der Generalunternehmerin) tatsächlich bestand, es muss sich also um berechtigte Ansprüche des geschädigten Dritten (der Bauherrin) gegen die Generalunternehmerin handeln (RS0028394 [T3, T7]).

[67] 3.3.2. Im vorliegenden Fall bestreitet die Zweitbeklagte das Vorliegen beider Voraussetzungen: Sie bestreitet, dass die Generalunternehmerin der Bauherrin tatsächlich Ersatz geleistet hat und dass berechtigte Ansprüche der Bauherrin gegen die Generalunternehmerin bestanden. Auf beide Aspekte ist im Folgenden einzugehen.

[68] 3.3.3. Zur Frage, ob die Inanspruchnahme der Haftrücklassgarantie als Leistung der Generalunternehmerin zu werten ist, wurde Folgendes erwogen:

[69] Ausgangspunkt der Erwägungen ist, dass die Generalunternehmerin ohne Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtung gegenüber der Bauherrin (noch) keinen Anspruch gegenüber der Subunternehmerin als ihrer Erfüllungsgehilfin hat (3 Ob 279/06k; vgl RS0028394).

[70] Das Berufungsgericht wertete die Inanspruchnahme der von der Generalunternehmerin beauftragten Haftrücklassgarantie durch die Bauherrin im Wesentlichen deshalb nicht als eine der Generalunternehmerin zuzurechnende Leistung, weil wegen deren Insolvenz der Bank ein Aufwandersatzanspruch nur in Höhe der Insolvenzquote zukomme. Diese Beurteilung ist aus folgenden Gründen nicht zutreffend.

3.3.4. Allgemeines zur Haftrücklassgarantie und zur Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis

[71] 3.3.4.1. Der Haftrücklass (das vertragliche Recht des Bestellers/Käufers, einen Teil des Werklohns/Kaufpreises zurückzubehalten) oder die Haftrücklassgarantie (mit dem Zweck, den Begünstigten so zu stellen, als ob er die fragliche Summe noch gar nicht aus der Hand gegeben hätte) sollen Gewährleistungsansprüche sichern und somit auch den Anspruch des Bestellers/Käufers auf Verbesserung des mangelhaften Werks/der mangelhaften Kaufsache (6 Ob 140/16f; RS0017002; RS0018098; RS0018099).

[72] 3.3.4.2. Das Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Garantin ist als Auftragsverhältnis zu qualifizieren (RS0116445). Bei Inanspruchnahme durch den Begünstigten gebührt dem Garanten ein Aufwandersatzanspruch nach § 1014 ABGB (RS0107384 [T1]; zum zusätzlich zustehenden Rückgriffsrecht gemäß § 1358 ABGB vgl RS0107384; 8 Ob 200/02y).

[73] 3.3.4.3. Der Streit über die Rechtfertigung einer über die Zahlung des Garanten zu Lasten des Kausalschuldners als dessen Auftraggeber erfolgten Vermögensverschiebung ist zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen (6 Ob 559/85): Steht dem aus einer Bankgarantie Begünstigten in Wahrheit kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann grundsätzlich nur der Garantieauftraggeber, nicht der Garant Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger geltend machen (4 Ob 2195/96i; 1 Ob 182/98s; vgl RS0016985). Umgelegt auf einen Fall wie den vorliegenden bedeutet das, dass die Auseinandersetzung darüber, ob dem Abruf der Haftrücklassgarantie zu Recht bestehende Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche der Bauherrin zugrunde lagen oder nicht, im Verhältnis zwischen dem Werkunternehmer und der Bauherrin zu klären ist.

[74] 3.3.4.4. Der Garantieauftraggeber kann seine (allfälligen) Ansprüche gegen den Empfänger mittels einer Leistungskondiktion analog § 1431 ABGB geltend machen (4 Ob 2195/96i; 1 Ob 182/98s; RS0016985 [T3]; zur Begründung der analogen anstelle der direkten Anwendbarkeit vgl 6 Ob 559/85; 6 Ob 140/16f [ErwGr 2]; RS0106545).

[75] Im Ergebnis macht der Werkunternehmer, der als Garantieauftraggeber vom garantiebegünstigten Werkbesteller die Rückzahlung der zu Unrecht abgerufenen Garantieleistungen begehrt, nichts anderes als den restlichen Werklohn geltend: Nach dem Abruf sind die Parteien so gestellt, als hätte der Werkbesteller den entsprechenden Teil des Werklohns nicht gezahlt und der Werkunternehmer diesen Betrag noch nicht erhalten (6 Ob 140/16f [ErwGr 1]; RS0106545 [T7]).

[76] 3.3.4.5. Die dem Garantieauftraggeber in Analogie zu § 1431 ABGB gegen den Empfänger gewährte Kondiktion setzt freilich voraus, dass die Leistung der Garantin dem Garantieauftraggeber als dessen Zahlung an den Garantiebegünstigten im Valutaverhältnis zugerechnet werden kann.

[77] Im Hinblick auf die Verjährung von Ansprüchen der Generalunternehmerin nach § 1313 Satz 2 ABGB gegen die Subunternehmerin sprach der Oberste Gerichtshof aus, die Leistung des Garanten sei keine Erfüllungshandlung des Kausalschuldners, sondern der Ausgleich für die ausgebliebene Erfüllung durch den Kausalschuldner (vgl RS0016998); in Ansehung des Valutaverhältnisses (zwischen der Generalunternehmerin und der Bauherrin) habe die Garantieleistung vorläufigen Charakter und werde erst dann zu einer endgültigen, wenn der Kausalschuldner (die Generalunternehmerin) dies ausdrücklich oder schlüssig zugestehe. Stelle die Einlösung der Bankgarantie aber keine endgültige Zahlung dar, werde allein mit dieser Vermögensverschiebung die Verjährungsfrist für den Regressanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB noch nicht in Gang gesetzt (3 Ob 186/10i [ErwGr 3.]). Die Frage, wann die Garantieleistung dem Kausalschuldner als Erfüllung seiner Verbindlichkeit zuzurechnen sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Erhebe der Regressberechtigte Klage gegen den Subunternehmer mit dem Vorbringen, er stütze sein Begehren darauf, dass er seinem Auftraggeber die Ersatzleistung erbracht habe, sei jedenfalls von einem Zugeständnis auszugehen (3 Ob 186/10i [ErwGr 4.]; 3 Ob 182/11b [ErwGr 3.1.]).

3.3.5. Insolvenz des Garantieauftraggebers

[78] 3.3.5.1. Ist der Garantieauftraggeber insolvent und wurde die Garantie vor Insolvenzeröffnung gelegt, so führt die Anwendung dieser Grundsätze dazu, dass der zahlenden Bank der Aufwandersatzanspruch gegen den Insolvenzschuldner nur als Insolvenzforderung zusteht. Das gilt selbst dann, wenn die Zahlung erst nach Insolvenzeröffnung erfolgt, weil schon mit Eröffnung der Garantie ein aufschiebend bedingter Anspruch (§ 16 IO) entstand (RS0051527; 8 Ob 200/02y mwN; zu den Möglichkeiten der Garantin, ihre Ansprüche insofern abzusichern, vgl Hoyer, Übermäßiger Abruf der Haftrücklaßgarantie und Konkurs des Werkunternehmers, wbl 1987, 227; Wratzfeld, Kondiktion einer zu Unrecht in Anspruch genommenen Garantie im Konkurs des Auftraggebers? ecolex 1998, 12; Graf, Übermäßige Inanspruchnahme der Garantie: Voraussetzungen der Rückforderung durch den Garanten, ecolex 1998, 15).

[79] Dem in Insolvenz verfallenen Werkunternehmer hingegen steht im Fall einer nach dem Kausalverhältnis zu Unrecht (weil die Werkleistung vertragskonform erbracht wurde) in Anspruch genommenen Haftrücklassgarantie analog § 1431 ABGB gegen die Bauherrin eine Forderung in voller Höhe der ausgezahlten Garantiesumme zu.

[80] 3.3.5.2. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die von der Garantin erbrachte Leistung der Garantieauftraggeberin auch dann als deren volle Zahlung, die sie zum Regress nach § 1313 Satz 2 ABGB berechtigt, zu werten ist, wenn die Garantin in der Insolvenz der Garantieauftraggeberin mit ihrem Aufwandersatzanspruch nach § 1014 ABGB auf eine Insolvenzforderung verwiesen ist, verneint.

[81] 3.3.5.3. Dem ist nicht zu folgen: Nach den unter 3.3.4.5. dargestellten Kriterien ist nämlich auch im vorliegenden Fall von einem schlüssigen Zugeständnis der Generalunternehmerin von der Berechtigung des Garantieabrufs auszugehen: Denn genau so, wie die Erhebung einer auf den Rechtsgrund des § 1313 Satz 2 ABGB gestützten Klage gegen die Subunternehmerin als Zugeständnis der Generalunternehmerin anzusehen ist, dass die Garantieleistung in Erfüllung ihrer Verbindlichkeit gegenüber der Bauherrin erfolgt sei, ist hier die Zession (auch) der Regressansprüche gegen die Subunternehmer durch den Masseverwalter der Generalunternehmerin an die Klägerin als Zugeständnis dieses Inhalts zu werten: Aus der Abrede, im Fall des Obsiegens der Klägerin einen Teil des Ersiegten an die Masse abzuführen, ergibt sich nämlich implizit, dass die Parteien der Zession die klageweise Verfolgung des Regressanspruchs gegen die Subunternehmer durch die Zessionarin beabsichtigten. Diese Klage wurde auch eingebracht. Die Zahlung der Garantin an die Bauherrin ist daher auch im vorliegenden Fall (in dem unter 3.3.6. ausgeführten Ausmaß) der Insolvenzmasse der Generalunternehmerin zuzurechnen.

[82] 3.3.5.4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Masseverwalter sei rechtlich nicht in der Lage gewesen, der von der Bank an die Bauherrin geleisteten Zahlung „den Charakter einer Zahlung durch die Generalunternehmerin zu verleihen“, ist angesichts der umfassenden Befugnisse des Insolvenzverwalters gemäß § 83 IO nicht nachvollziehbar.

[83] 3.3.5.5. Es ist nicht zu erkennen, dass die dargestellte Zurechnung der Garantieleistung an die Garantieauftraggeberin nicht auch in der Insolvenz der Garantieauftraggeberin stattfinden sollte. Der Umstand, dass die Garantin auf die Insolvenzquote verwiesen ist, während die Insolvenzmasse den dargestellten Regressanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB gegen den Subunternehmer in vollem Umfang geltend machen kann, ist schlicht Ausfluss allgemeiner Prinzipien des Insolvenzrechts.

[84] 3.3.6. Eine Zurechnung der Garantieleistung zur Generalunternehmerin als Leistung aus der mangelhaften Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten bei der Errichtung der Gästebäder hat jedoch nur im Umfang von 1.922.575,29 EUR zu erfolgen. Die Klägerin hat nämlich mit Schriftsatz vom 17. 6. 2021 selbst vorgebracht, dass die Bauherrin vom abgerufenen Garantiebetrag von 2.022.575,29 EUR nur einen Teil von 1.922.575,29 EUR zur Bestreitung der Kosten der Ersatzvornahme samt Nebenkosten verwendet habe, was von der Generalunternehmerin so anerkannt worden sei. Der darüber hinausgehende Teil sei für die Bereinigung eines anderen Rechtsstreits verwendet worden.

[85] 3.3.7. Zusammengefasst ist festzuhalten: Da die Leistung an die Bauherrin aus der Inanspruchnahme der Haftrücklassgarantie im Umfang von 1.922.575,29 EUR der Generalunternehmerin zuzurechnen ist, scheitern die auf § 1313 Satz 2 ABGB gestützten Ansprüche der Klägerin gegen die Zweitbeklagte in diesem Umfang nicht daran, dass es an einem der Zahlung durch die Generalunternehmerin an die Bauherrin gleichzuhaltenden Vorgang fehlte.

[86] Aus der mangelhaften Ausführung des Nassbereichs erwuchsen der Bauherrin als Liegenschaftseigentümerin Schäden, aus denen eine Schadenersatzpflicht der Generalunternehmerin gegenüber der Bauherrin als eine Voraussetzung des gegenständlichen Regressanspruchs gemäß § 1313 Satz 2 ABGB resultiert. Insoweit die der Generalunternehmerin zuzurechnende Zahlung aus der Bankgarantie Schäden aus der mangelhaften Ausführung des Nassbereichs betrifft, besteht der Regressanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB dem Grunde nach zu Recht.

3.4. Zum Schadenersatzanspruch aus der Verletzung des Werkvertrags zwischen Generalunternehmerin und Zweitbeklagter

[87] 3.4.1. Diese alternative Anspruchsgrundlage hat das Berufungsgericht gänzlich unbeachtet gelassen. Die Haftung der Zweitbeklagten aus dieser Anspruchsgrundlage ist grundsätzlich unproblematisch: Die mangelhafte Ausführung des Gewerks ist eine rechtswidrige Vertragsverletzung, das Verschulden der Zweitbeklagten, die als Sachverständige nach § 1299 ABGB dem objektiven Verschuldensmaßstab unterliegt, wird gemäß § 1298 ABGB vermutet. Da eine Zuordnung der einzelnen Schäden zwischen der Erst- und der Zweitbeklagten nicht möglich ist, haftet diese gemäß § 1302 ABGB (solidarisch mit der Erstbeklagten) für den ganzen Schaden.

[88] 3.4.2. Bei dieser Anspruchsgrundlage ist ein ersatzfähiger Schaden eines Vertragspartners (hier: der Generalunternehmerin) bereits dann entstanden, wenn er aufgrund einer Vertragsverletzung seines Vertragspartners (hier: der Zweitbeklagten) einem Dritten (hier: der Bauherrin) gegenüber ersatzpflichtig wird (vgl RS0022568; RS0022518). Für den Schadenersatzanspruch aus Vertrag ist also nicht – wie für den Regressanspruch nach § 1313 Satz 2 ABGB – erforderlich, dass die Generalunternehmerin dem Dritten (der Bauherrin) bereits geleistet hat.

3.5. Zum Verjährungseinwand betreffend das ausgedehnte Zahlungsbegehren

[89] In der Klage hatte die Klägerin auch noch ein Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für alle zukünftigen Schäden aus und im Zusammenhang mit der mangelhaften Ausführung der Duschkonstruktion in den Gästebadezimmern des betroffenen Hotels gestellt. In ihrer (nach dem die Verjährung auch des Feststellungsbegehrens verneinenden Zwischenurteil vom 24. 3. 2020 erfolgten) Klageausdehnung vom 17. 6. 2021 (ON 78) ließ die Klägerin das Feststellungsbegehren erkennbar deswegen fallen, weil sie mit der vorgenommenen Ausdehnung des Zahlungsbegehrens ihren gesamten Schaden beziffern konnte.

[90] Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Einbringung der Feststellungsklage (der später stattgegeben wurde) die Verjährung aller in diesem Zeitpunkt zukünftigen Schadenersatzansprüche unterbrochen (RS0034771; RS0034286). Hier wurde der Feststellungsklage zwar nicht stattgegeben (es wurde nur die Verjährung der zugrunde liegenden Ansprüche verneint), weil die Klägerin das Feststellungsbegehren fallengelassen hat. Nach ebenso ständiger Rechtsprechung unterbricht aber die Feststellungsklage die Verjährung auch dann, wenn das Feststellungsbegehren nach Erhebung des Leistungsbegehrens versehentlich aufrecht erhalten und deshalb abgewiesen wurde (7 Ob 622/82 SZ 55/159; RS0034700). Nichts anderes kann gelten, wenn – wie im vorliegenden Fall – das Feststellungsbegehren (wegen der zwischenzeitlich eröffneten und ergriffenen Möglichkeit der Erhebung eines Leistungsbegehrens) zu Recht nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Das ausgedehnte Zahlungsbegehren war von der Unterbrechungswirkung des auf Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Schäden aus und im Zusammenhang mit der mangelhaften Ausführung der Duschkonstruktion sowie der Abdichtungs- und Fliesenarbeiten des konkreten Hotels gerichteten Begehrens inhaltlich erfasst. Dass die Klägerin in der Folge die Klage über ihre Schadenersatzansprüche nicht gehörig fortgesetzt hätte (§ 1497 ABGB), hat die Zweitbeklagte nicht einmal behauptet.

[91] Somit ist auch der für die im Rahmen der Klageausdehnung geltend gemachten Zahlungsansprüche erhobene Verjährungseinwand unberechtigt.

3. 6. Zum Mitverschuldenseinwand

[92] 3.6.1. Ein allfälliges Mitverschulden der Generalunternehmerin kann der Klägerin aufgrund des zessionrechtlichen Verschlechterungsverbots entgegengehalten werden (vgl Neumayr in KBB7 §§ 1395 –1396 Rz 4).

[93] Dies gilt für beide erörterten Anspruchsgrundlagen (3.3. und 3.4.): Denn in Fällen, in denen nicht nur den Gehilfen, sondern auch den Geschäftsherrn ein Vorwurf trifft, ist auch der Rückgriffsanspruch iSd § 1304 ABGB zu kürzen (vgl Reischauer in Rummel, ABGB³ [2004] § 1313 Rz 4). Im Zweifel ist nach Kopfteilen aufzuteilen (vgl Reischauer in Rummel, ABGB3 [2004] § 1313 Rz 4: Reduktion des Regressanspruchs auf die Hälfte bei Aufteilung zwischen dem Geschäftsherrn und einem Gehilfen; zur Behandlung des Mitverschuldens des Geschädigten gegenüber mehreren Schädigern siehe Perner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 891 ABGB Rz 11).

[94] 3.6.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die fehlende Dichtmanschette, die zu kurz abgeschnittenen Duschtöpfe und die mangelnde Eignung der Duschvorrichtung allen am Bau Tätigen, somit auch dem Personal der Generalunternehmerin, hätten auffallen müssen. Dass die Generalunternehmerin diese Ausführungsmängel sowie die fehlende Eignung der Duschvorrichtungen nicht erkannte, ist als Sorglosigkeit der Generalunternehmerin in eigenen Angelegenheiten zu werten. Zusätzlich steht fest, die Erstbeklagte habe an den Ansprechpartner der Generalunternehmerin (C*, dies sei der Bauleiter gewesen) herangetragen, die Anbindung des Estrichs an die Duschsäulen sei ungeeignet („zu weich, weil Estrich an Plastik anschloss“), dieser habe aber dennoch keine geänderte Vorgangsweise angeordnet (Ersturteil Seite 6).

[95] Darüber hinaus hat die Zweitbeklagte Vorbringen dazu erstattet, dass die Generalunternehmerin den Bodenaufbau zu hoch ausgeführt habe, was zur Schadensentstehung beigetragen habe. Dazu wurden bisher keine Feststellungen getroffen.

[96] Aufgrund dieses Feststellungsmangels kann eine Gewichtung der Zurechnungsgründe im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht vorgenommen werden.

[97] Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu den von der Zweitbeklagten behaupteten Gründen für ein Mitverschulden der Generalunternehmerin nach § 1304 ABGB zu treffen und dieses entsprechend zu gewichten haben.

3.7. Zum Einwand „neu für alt“

[98] 3.7.1. Nach ständiger Rechtsprechung zum Schadenersatzrecht muss sich der Geschädigte im Fall der Verbesserung oder Neuherstellung einer gebrauchten Sache, die einer beschränkten Nutzungsdauer unterliegt, jenen Vorteil anrechnen lassen, der darin gelegen ist, dass er nunmehr über eine Sache verfügt, die er entsprechend länger nutzen kann (RS0022726; RS0114929; 2 Ob 69/24x [Rz 12]). Dadurch soll eine dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechende Bereicherung des Geschädigten verhindert werden (1 Ob 272/07t; 8 Ob 115/23d).

[99] Bei Erneuerung von Sachbestandteilen ist folgendermaßen zu unterscheiden: Werden Teile einer Sache erneuert, die ohne Beschädigung vor dem natürlichen Zugrundegehen beziehungsweise Unbrauchbarwerden der Sache nicht hätten erneuert werden müssen und erfährt die alte Sache in ihrer Gesamtheit keine Werterhöhung, so hat der Haftende im Rahmen der Tunlichkeit einer Reparatur die gesamten Reparaturkosten zu ersetzen. Werden hingegen Teile einer Sache erneuert, die ohne Beschädigung vor dem Zugrundegehen beziehungsweise vor dem Unbrauchbarwerden der Sache ohnehin hätten erneuert werden müssen, so führt eine Erneuerung der Teile unter Tragung der Gesamtkosten durch den Schädiger dann zu einer Bereicherung des Geschädigten, wenn die Sache auch insgesamt keine Wertsteigerung erfährt, wie dies etwa bei Häusern, Installationen etc der Fall ist (1 Ob 272/07t = RS0022849 [T7]; RS0030645 [T1]; 4 Ob 185/22t [Rz 11]).

[100] Um eine Bereicherung des Geschädigten zu vermeiden, sind ihm nur aliquote Anteile der Erneuerungskosten zu ersetzen. Dabei sind in erster Linie die Restlebensdauer, die der beschädigte Sachteil gehabt hätte, und die Lebensdauer, die der erneuerte Sachteil haben wird, in Beziehung zu setzen. Dabei basiert der Abzug „neu für alt“ auf einer objektiven wirtschaftlichen Berechnung (4 Ob 185/22t [Rz 11]).

[101] 3.7.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die erwartbare Nutzungsdauer „solcher Installationen“ 10 bis 12 Jahre betrug. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung ist der Einwand der Klägerin, die Duschsäulen würden konkret länger verwendet werden, nicht maßgeblich.

[102] Der Feststellung können allerdings weder die Sanierungsmaßnahmen noch die jeweiligen Sanierungszeitpunkte entnommen werden. Daher kann die Frage, in welchem Umfang dem von der Zweitbeklagten erhobenen Einwand „neu für alt“ Berechtigung zukommt, auf Basis des bisher festgestellten Sachverhalts nicht beurteilt werden.

[103] 3.7.3. Die Negativfeststellung dazu, ob die Sanierung zu einer Verbesserung gegenüber dem ursprünglich geschuldeten Ergebnis geführt habe, schließt einen Abzug „neu für alt“ jedenfalls noch nicht schlechthin aus, weil je nach der im Reparaturzeitpunkt gegebenen Restlebensdauer des reparierten oder erneuerten Sachbestandteils eine Bereicherung des Geschädigten auch aus der späteren Herstellung des bereits ursprünglich geschuldeten Erfolgs resultieren kann.

[104] 3.7.4. Soweit die Klägerin auf dem Standpunkt steht, der Einwand „neu für alt“ sei der Zweitbeklagten verwehrt, weil sich aus Punkt 11.3. der AVB ein Verzicht auf diese Einrede ergebe, übersieht sie, dass die Zweitbeklagte den Einwand bereits auf die der Generalunternehmerin gegenüber der Bauherrin entstandene Verpflichtung bezogen hat: Nach dem Vorbringen der Zweitbeklagten hätte die Generalunternehmerin ihren Schaden – das Entstehen einer Verbindlichkeit gegenüber der Bauherrin – geringer halten können, hätte sie der Bauherrin ihrerseits den Einwand „neu für alt“ entgegengehalten.

[105] 3.7.5. Die dargelegten Erwägungen stehen einer Entscheidung über die als Teil des „Schadens laut Schiedsgutachten“ geltend gemachten Baukosten samt Nebenkosten im derzeitigen Verfahrensstadium entgegen, weil die Berechtigung des Einwands „neu für alt“ nicht geprüft werden kann. Das Erstgericht wird die Parteien insofern zu einer Präzisierung ihres Vorbringens anzuhalten und auf dieser Grundlage Feststellungen zu treffen haben, die eine Beurteilung des Abzugs „neu für alt“ erlauben.

3.8. Zu den geltend gemachten Ansprüchen

3.8.1. Zur Haftung für den „Schaden laut Schiedsgutachten“: Sanierungskosten, Kosten der Ursachenermittlung und kurzfristigen Schadensbehebung:

[106] 3.8.1.1. Die Klägerin begehrt den Ersatz von Pachtzinsentgang, Baukosten samt Nebenkosten sowie Kosten der Schadensermittlung und kurzfristigen Schadensbehebung.

[107] Wie ausgeführt, besteht nach dem festgestellten Sachverhalt die Haftung der Zweitbeklagten dem Grunde nach für den Ersatz der Baukosten samt Nebenkosten, Kosten der Schadensermittlung und kurzfristigen Behebung.

[108] Die Zweitbeklagte wandte sich allerdings gegen die von der Klägerin behauptete Bindungswirkung an die im Schiedsgutachten festgelegte Höhe. In diesem Zusammenhang brachte sie bereits im Verfahren erster Instanz vor (und rügte dies auch in der Berufung), Punkt 15.1. der AVB der Generalunternehmerin sei dahin abgeändert worden, dass ein Sachverständiger, dessen Gutachten sich die Vertragsparteien unterwerfen, nicht einseitig von der Generalunternehmerin ausgewählt werden dürfe, sondern von den Parteien gemeinsam zu bestimmen sei. Zu dieser behaupteten Änderung der AVB durch das Auftragsschreiben vom 12. 9. 2002 hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, es liegt darin ein sekundärer Feststellungsmangel.

[109] 3.8.1.2. Soweit für die Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche daher die Frage der Bindung der Zweitbeklagten an den Inhalt des Schiedsgutachtens maßgeblich ist, kann über diese Ansprüche nach derzeitigem Verfahrensstand noch nicht abgesprochen werden.

[110] Das betrifft konkret die Höhe der Aufwendungen zur Feststellung der Schadensursachen und zur kurzfristigen Schadensbehebung, wofür die Klägerin 344.860,50 EUR begehrte. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass die Zweitbeklagte an die Bewertung durch das Schiedsgutachten nicht gebunden ist, wird das Erstgericht Feststellungen zur Anspruchshöhe zu treffen haben. Dabei wird auch auf den Einwand des Mitverschuldens der Klägerin sowie auf den Einwand eines Abzugs „neu für alt“ einzugehen sein.

[111] 3.8.1.3. Soweit die Klägerin Sanierungskosten von 1.735.582,79 EUR netto (bestehend aus Baukosten von 1.603.236,37 EUR samt Nebenkosten von 132.346,51 EUR) geltend macht, entsprechen diese Kosten dem Stand der Baubranche im Sanierungszeitpunkt. Sie sind daher – unabhängig von der Bindungswirkung des Schiedsgutachtens – der Höhe nach als angemessen zu beurteilen.

3.8.2. Zur Haftung für den „Schaden laut Schiedsgutachten“: Pachtzinsentgang

[112] 3.8.2.1. Unter dem Titel des Pachtzinsentgangs begehrt die Klägerin den Ersatz jenes Schadens, der der Käuferin des Hotels dadurch entstanden sei, dass die zu ihr in einem Pachtverhältnis stehende Hotelbetreibergesellschaft wegen der Unvermietbarkeit von Hotelzimmern während der Sanierungsarbeiten keinen Pachtzins für die betroffenen Zimmer an die Eigentümerin (Käuferin des Hotels) geleistet habe. Nach dem Klagevorbringen hatte die Bauherrin der Käuferin für diesen Entfall einzustehen, wofür sie die Generalunternehmerin in Anspruch genommen habe, der dadurch ein – im Rahmen des Vertragsverhältnisses zu ersetzender bloßer – Vermögensschaden entstanden sei.

[113] Die Zweitbeklagte hielt dem Anspruch einerseits entgegen, dass der Pachtzinsentfall durch den Nachweis einer entsprechenden Auslastung des Hotels darzutun sei, andererseits, dass die Bauherrin gegenüber der Käuferin des Hotels unberechtigte weil verfristete (Gewährleistungs-)Ansprüche erfüllt habe.

[114] 3.8.2.2. Das Erstgericht hat zu diesem Themenkomplex keine Feststellungen getroffen. Daher kann weder beurteilt werden, ob die von der Käuferin geltend gemachten Ansprüche überhaupt von der Auslastung abhängig waren, noch kann beurteilt werden, ob allfällige Leistungen der Bauherrin gegenüber der Käuferin berechtigt erbracht wurden oder nicht.

[115] Mangels Feststellungen kann daher die Berechtigung des Anspruchs auf Ersatz des überwälzten Pachtzinsentgangs bereits dem Grunde nach nicht beurteilt werden. Ein allfälliges Mitverschulden der Generalunternehmerin würde sich freilich auch auf diese Schadenersatzposition mindernd auswirken.

3.8.3. Zu den Kosten des Schiedsgutachterverfahrens

[116] Bei den Kosten des Schiedsgutachterverfahrens handelt es sich um einen Aufwand, der der Generalunternehmerin – ihr wurde das Honorar der Schiedsgutachterin im Weg der Anmeldung einer Insolvenzforderung angelastet – zur Schadensbereinigung erwuchs. Dass eine tatsächliche Zahlung für das Entstehen eines vertraglichen Schadenersatzanspruchs der Generalunternehmerin gegen die Zweitbeklagte nicht erforderlich ist, wurde bereits dargelegt.

[117] Angesichts des noch ungewissen Mitverschuldens der Generalunternehmerin kann auch über die Kosten des Schiedsgutachtens noch nicht abgesprochen werden.

3.9. Zurückverweisung in die erste Instanz

[118] Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht die Beweisrüge der Berufung nicht erledigt, sodass sein Verfahren mangelhaft geblieben ist. Da aber – wie die vorstehenden Ausführungen belegen – überdies maßgebliche Feststellungen fehlen und somit auch das erstinstanzliche Verfahren ergänzungsbedürftig ist, war gemäß § 510 Abs 1 Satz 3 ZPO mit einer Aufhebung auch des Urteils des Erstgerichts und mit Zurückverweisung der Streitsache an die erste Instanz vorzugehen. Dabei wird das Erstgericht zweckmäßigerweise bei der Beweiswürdigung im Rahmen der neuerlichen Urteilsfällung auf die Beweisrüge der Berufung Bedacht nehmen.

Zu 4. des Spruchs (Verfahrenskosten)

[119] Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und Abs 4 ZPO.

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