OGH 2Ob223/15f

OGH2Ob223/15f19.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** T*****, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler Rechtsanwalt KG in Zwettl, gegen die beklagten Parteien 1. A***** N*****, und 2. F***** K*****, beide vertreten durch Mag. Manfred Sigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen 50.000 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse 10.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden und der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2015, GZ 13 R 42/15i‑30, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. November 2015, GZ 13 R 42/15i‑36, womit infolge der Berufungen der klagenden und der erstbeklagten Partei das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 26. Jänner 2015, GZ 6 Cg 30/14t‑20, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00223.15F.1219.000

 

Spruch:

 

1. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die klagende Partei ist schuldig, beiden beklagten Parteien die mit 1.658,41 EUR (darin 276,40 EUR USt) und der zweitbeklagten Partei die mit weiteren 829,21 EUR (darin 138,20 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Der außerordentlichen Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird unter Ausschaltung der im angefochtenen Urteil enthaltenen Entscheidung über den Kostenrekurs der zweitbeklagten Partei dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt lautet:

„Das Klagebegehren,

a) die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 50.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 20. 3. 2014 zu bezahlen, und

b) es werde festgestellt, dass die beklagten Parteien der klagenden Partei zur ungeteilten Hand für alle zukünftigen Schadensfolgen des Unfalls vom 14. 2. 2013 auf der Schipiste in (richtig) K***** haften,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, beiden beklagten Parteien die mit 10.463,22 EUR (darin 1.743,86 EUR USt), der erstbeklagten Partei die mit weiteren 3.422,06 EUR (darin 389,01 EUR USt und 1.088 EUR Barauslagen) und der zweitbeklagten Partei die mit weiteren 1.546,96 EUR (darin 257,83 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 2.551,44 EUR (darin 198,24 EUR USt und 1.362 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die „Berichtigung des Kostenverzeichnisses“ wird zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Der 1956 geborene Kläger wurde am 14. 2. 2013 gegen 20:15 Uhr bei einem Schiunfall auf der Schipiste in K***** im Bezirk Z***** schwer verletzt. Er stieß frontal gegen einen bergaufwärts fahrenden Schidoo, wodurch ihm ein Bein abgetrennt wurde. Der Erstbeklagte war der Lenker des Schidoos, die zweitbeklagte Partei betreibt den (einzigen) Schlepplift und ist Halterin des Schidoos.

Zu den Umständen des Unfalls steht im Wesentlichen fest (bzw ist unstrittig):

Am Unfallstag stand der Schilift nicht der Allgemeinheit zur Verfügung, weil ein Schitag der Fa. S***** als „geschlossene Gesellschaft“ mit einem Schirennen, einem (bei Flutlicht) in zwei Durchgängen ausgetragenen Riesentorlauf, stattfand. Von der Talstation aus gesehen war der linke Teil (links von den Licht- und Beschneiungsmasten) zum freien Schilauf freigegeben, der rechte Teil der Piste (rechts von den Masten) war für das Rennen reserviert (dort war der Riesentorlauf ausgeflaggt). Der allgemeine Bereich der Piste war von der Rennstrecke im oberen und im unteren Bereich durch rot‑weiß‑rote Bänder abgesperrt, zusätzlich waren Schilder mit der Aufschrift „gesperrt“ aufgestellt. Die Sicht war durch Nebel etwas beeinträchtigt, von knapp unterhalb des Starthäuschens konnte man aber bis zur Talstation sehen.

Der Obmann der zweitbeklagten Partei erlaubte dem (mit ihm befreundeten) Kläger auf der Piste zu fahren (der Kläger arbeitet in einem Sportartikelgeschäft und wollte „Schi testen“). Der Kläger kaufte eine Liftkarte. Er wusste von dem Rennen. Ihm war klar, dass mit der Erlaubnis des Obmanns nur der nicht für das Rennen reservierte Teil der Piste gemeint war. Er fuhr fünf- bis sechsmal den nicht gesperrten Teil der Piste ab. In der Rennpause zwischen den beiden Durchgängen des Schirennens fuhr der Kläger jedoch 50 bis 70 m unterhalb des Starthäuschens unter der Absperrung hindurch in die Rennstrecke ein und diese hinab.

Der Erstbeklagte (er war Startrichter) hatte sich in der Rennpause zunächst in der Talstation aufgehalten, wo er auch den Kläger getroffen hatte. Als er mit dem Schidoo wieder bergwärts losfuhr, sah er sämtliche Rennteilnehmer gerade mit dem Schlepplift nach oben fahren. Auf der Piste bemerkte er niemanden. Er wusste nicht, dass der Kläger und andere Personen die Erlaubnis hatten, den nicht gesperrten Teil der Piste zu benützen.

Der Schidoo war mangelhaft ausgestattet. Er gab während der Vorwärtsfahrt kein akustisches Warnsignal ab, die gelbe Drehleuchte war beschädigt und funktionierte nicht. Hätte sie funktioniert, wäre sie mit Inbetriebnahme des Schidoos automatisch in Betrieb gewesen. Der Erstbeklagte wusste, dass man laut „Betriebsanleitung“ (richtig: Betriebsanweisung) auf der öffentlichen Schipiste mit eingeschalteter Drehleuchte fahren muss.

Der Erstbeklagte fuhr von der Talstation in langsamer Fahrt am nördlichen Pistenrand bergwärts und unterhalb einer „Schanze“ in die Rennstrecke ein. Bei einem Richtungstor hielt er an, um eine Vertiefung „zu entschärfen“. Danach setzte er die Fahrt fort. Während eines Rechtsbogens, immer noch unterhalb der (die wechselseitige Sicht behindernden) „Schanze“ kam es zur Kollision.

Die Unfallstelle lag zwischen zwei Richtungstoren, die 35 m voneinander entfernt standen. Der mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h fahrende Kläger erkannte die Gefahr ca 20 m oder 1,5 bis 2,3 sec vor der Kollision, die für ihn nicht mehr vermeidbar war. Um die Kollision noch verhindern zu können, hätte seine Ausgangsgeschwindigkeit unter 30 km/h liegen müssen. Ein gelbes Rundumlicht bzw dessen Schein hätte der Kläger schon aus einer Entfernung von 33 m zur Kollisionsstelle sehen können. In diesem Fall hätte er seine Fahrlinie problemlos noch derart verändern können, dass es nicht zur Kollision gekommen wäre.

Die Wahrnehmbarkeit der akustischen Warnsignale („Piepstöne“) konnte bei der damaligen Beschallung der Piste mit Lautsprechermusik reduziert sein. Es kann daher nicht festgestellt werden, ob und allenfalls wann der Kläger ein akustisches Warnsignal erstmals hätte wahrnehmen können und ob er darauf noch unfallvermeidend hätte reagieren können.

Der Kläger begehrt den Ersatz seines mit 50.000 EUR sA bezifferten Schadens sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für alle künftigen Schäden aus dem Schiunfall vom 14. 2. 2013.

Dem Erstbeklagten wirft er vor, dass dieser die Rennstrecke befahren und die Fahrlinie potenzieller Benützer der Rennstrecke gekreuzt habe. Bei dem Schidoo handle es sich um ein Transportgerät, das nicht für die Pistenpräparierung verwendet werden dürfe. Der Schidoo sei mangelhaft ausgestattet gewesen, er habe keine gelbe Drehleuchte gehabt und auch über kein akustisches Warnsignal verfügt.

Die zweitbeklagte Partei hafte vertraglich aus dem abgeschlossenen Beförderungsvertrag. Sie hätte dafür sorgen müssen, dass ihre Vertragspartner nicht durch mangelhaft ausgestattete Schidoos gefährdet werden. Dennoch habe sie dem Erstbeklagten einen solchen Schidoo zur Verfügung gestellt. Als Halterin des Schidoos hafte sie auch nach dem EKHG. Die Abgrenzung der Rennstrecke zur allgemeinen Piste sei nicht ausreichend gewesen, der bergwärts fahrende Schidoo habe eine atypische Gefahr dargestellt. Die möglicherweise unzulässige Benützung der Rennstrecke stehe mit dem Unfall in keinem „Risikozusammenhang“. Die teilweise Absperrung der Piste habe nur dazu gedient, die Rennteilnehmer vor den von „allgemeinen Schifahrern“ ausgehenden Gefahren zu schützen. Ein Mitverschulden des Klägers liege daher nicht vor.

Die beklagten Parteien wandten ein, die Schipiste sei für den allgemeinen Schilauf komplett gesperrt gewesen, nur dem Kläger sei die Abfahrt auf dem nicht abgesperrten Teil der Piste gestattet worden. Die Rennpiste sei eindeutig und für jedermann ersichtlich als solche gekennzeichnet und gesperrt gewesen. Damit sei gegenüber sämtlichen Pistenbenützern klargestellt worden, dass Gefahren auf dem gesperrten Teil ungesichert blieben, zumal dort mit besonderen Gefahren zu rechnen gewesen sei. Insbesondere habe der Kläger während der Rennpause mit Erhaltungs- und Ausbesserungsarbeiten auf der Rennpiste rechnen müssen, eine atypische Gefahr sei dadurch nicht begründet worden.

Der Erstbeklagte sei in der Rennpause den Rennkurs zur Durchführung etwaiger Ausbesserungen und Vorbereitungen für den zweiten Durchgang hinaufgefahren und habe mit entgegenkommenden Schifahrern nicht rechnen müssen. Die Rennläufer seien zu dieser Zeit entweder in der Talstation oder im Begriff gewesen, mit dem Lift hinaufzufahren. Der Schidoo sei für eine gesperrte Piste geeignet gewesen. Die Verwendung der gelben Drehleuchte und des akustischen Warnsignals sei nur bei Befahren einer dem freien Schilauf gewidmeten Piste geboten. Der Schutzzweck dieser Einrichtungen bestehe in der Warnung von Schiläufern, die eine solche Schipiste verwendeten.

Die zweitbeklagte Partei habe sämtliche Sorgfaltspflichten eingehalten und dem Kläger das Befahren des abgesperrten Pistenteils ausdrücklich untersagt. Der Kläger habe sich eigenmächtig über diese Anweisung hinweggesetzt. Die analoge Anwendung des EKHG komme nur in Betracht, wenn die verwirklichte Gefahr derjenigen Gefahr nahekomme, die aus der Teilnahme eines Kraftfahrers am Straßenverkehr entspringe. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Pistengerät während der Betriebszeiten der Schilifte auf einer dem allgemeinen Schiverkehr gewidmeten Piste eingesetzt werde, was hier aber nicht geschehen sei.

Den Kläger, der die Absperrung missachtet und gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstoßen habe, treffe das Alleinverschulden.

Das Erstgericht erkannte mit Teil- und Zwischenurteil das Leistungsbegehren hinsichtlich des Erstbeklagten dem Grunde nach mit 50 % als zu Recht bestehend und gab auch dem Feststellungsbegehren hinsichtlich des Erstbeklagten in diesem Umfang statt. Das jeweilige Mehrbegehren wurde abgewiesen, ebenso zur Gänze das Klagebegehren hinsichtlich der zweitbeklagten Partei.

Das Erstgericht verneinte zunächst die analoge Anwendung des EKHG. Diese komme außerhalb des Pistenbetriebs nicht in Betracht. Da der allgemeine Pistenbetrieb von der Rennstrecke durch Absperrungen und Schilder abgegrenzt gewesen sei, sei der Schidoo außerhalb des Pistenbetriebs verwendet worden. Es bestehe auch keine vertragliche Haftung der zweitbeklagten Partei. Der Beförderungsvertrag habe sich ausschließlich auf den nicht abgesperrten Teil der Piste bezogen, die Benützung der Rennstrecke sei nicht Vertragsinhalt gewesen. Die Voraussetzungen einer Haftung nach § 1315 ABGB oder § 1319a ABGB lägen nicht vor.

Im Mittelteil der Piste seien allerdings keine Absperrungen vorhanden gewesen. Die beklagten Parteien hätten damit rechnen müssen, dass Schifahrer dort auf die Rennstrecke gelangen. Außerdem wäre damit zu rechnen gewesen, dass Teilnehmer des Schitags berechtigterweise außerhalb der eigentlichen Rennveranstaltung die Piste benützen könnten. Der Erstbeklagte hätte die Piste deshalb nicht ohne gelbe Drehleuchte befahren dürfen.

Der Kläger sei aber nicht versehentlich auf die Rennstrecke gelangt, sondern er sei bewusst unter einer Absperrung durchgefahren. Er habe mit Arbeiten auf der Piste rechnen müssen, die nur während einer Rennpause ausgeführt werden könnten. Außerdem habe er das Gebot des Fahrens auf Sicht verletzt.

Weil das Verschulden keines der Beteiligten deutlich überwiege, sei von einem gleichteiligen Verschulden des Klägers und „der Beklagten“ auszugehen.

Das in der Hauptsache vom Kläger und vom Erstbeklagten angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung in teilweiser Stattgebung der Berufung des Erstbeklagten dahin ab, dass es dem Erstbeklagten die Haftung nur für ein Drittel der Unfallschäden auferlegte. Das Zahlungs- und Feststellungsmehrbegehren im Umfang von 33.333,33 EUR sA bzw zwei Drittel der künftigen Schäden wies es jeweils ab. Hingegen wurde die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der zweitbeklagten Partei bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im Übrigen gab es einem Kostenrekurs der zweitbeklagten Partei nicht Folge.

Das Berufungsgericht teilte zu den wesentlichen Fragen – mit Ausnahme der Verschuldensteilung – die Rechtsansicht des Erstgerichts:

Zur Haftung der zweitbeklagten Partei:

Der zwischen dem Kläger und der zweitbeklagten Partei geschlossene Vertrag habe die Beförderung des Klägers mit dem Schilift sowie die Benützung der offenen Piste zum Inhalt gehabt. Hingegen habe der Kläger den gesperrten Teil der Piste nicht benützen dürfen. Die Sperre sei ihm bekannt gewesen, eine spezielle Erlaubnis zum Befahren der Rennstrecke habe er nicht gehabt.

Die nebenvertragliche Verkehrssicherungspflicht der zweitbeklagten Partei habe sich nicht auch auf den abgesperrten Pistenteil erstreckt. Die zweitbeklagte Partei habe dort keinen allgemeinen Schiverkehr eröffnet und sei auf der Rennstrecke zu Sicherungsmaßnahmen gegenüber den am allgemeinen Schiverkehr teilnehmenden Schifahrern nicht verpflichtet gewesen. Auch ein sorgfältiger Pistenbetreiber hätte daher einen Schifahrer, der unzulässigerweise den für ein Schirennen abgesperrten Pistenteil befuhr, vor den von einem dort bergwärts fahrenden Motorschlitten ausgehenden Gefahren nicht bewahren müssen.

Aus dem Umstand, dass auf dem gesperrten Teil der Piste eine Rennveranstaltung stattgefunden habe, sei für den Kläger nichts zu gewinnen, habe er doch nicht behauptet, dass die zweitbeklagte Partei auch Veranstalterin des Schirennens gewesen sei oder unmittelbaren Einfluss auf den Ablauf der Veranstaltung gehabt habe. Zudem habe sich die „erhöhte Gefahr eines Rennens“ durch den gegenständlichen Unfall nicht verwirklicht.

Eine analoge Anwendung des EKHG komme nach 2 Ob 119/12g beim Betrieb eines Pistengeräts jedenfalls außerhalb der Betriebszeiten der Lifte bzw außerhalb des Pistenbetriebs nicht in Betracht. Dabei reiche nicht jeglicher Pistenbetrieb aus, um die Rechtsfolgen des EKHG auszulösen. Zwar sei im vorliegenden Fall der Lift in Betrieb und die Rennstrecke nicht für jedermann gesperrt gewesen. Es habe sich aber nur um einen eingeschränkten Betrieb gehandelt, bei dem ein Aufeinandertreffen von teilnehmenden Schifahrern nicht habe stattfinden sollen. Damit habe dieser Betrieb keine solche Gefahr bewirken können, die der aus der Teilnahme eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr resultierenden Gefahr nahekomme.

Zur Haftung des Erstbeklagten:

Der Erstbeklagte hafte deliktisch. Der Oberste Gerichtshof habe zu 2 Ob 113/09w im Falle der Bergfahrt mit einem Schidoo noch vor dem Beginn des regulären Liftbetriebs, bei der aber aufgrund einer Vereinbarung schon zu dieser Zeit mit abfahrenden Schifahrern gerechnet habe werden müssen, ausgesprochen, dass der Lenker des Schidoos die in der Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten einzuhalten gehabt hätte.

Die vorliegende Situation sei vergleichbar: Es sei keineswegs unwahrscheinlich gewesen, dass Rennteilnehmer während der Rennpause die Strecke zu Übungszwecken befahren oder sich zur Besichtigung der Rennstrecke dort aufhalten könnten. Weiters hätten – wie dem Erstbeklagten bekannt gewesen sei – neben dem Kläger auch noch andere Schifahrer die unmittelbar angrenzende offene Schipiste befahren. Dass einer von ihnen – wenn auch unerlaubt – die Rennstrecke hinabfahren könnte, sei nach der Lebenserfahrung durchaus denkbar gewesen, zumal ein Einfahren in die Rennstrecke im Mittelteil der Piste ungehindert möglich gewesen sei. Zu rechnen sei aber primär nicht mit Schifahrern gewesen, die die Piste in Unkenntnis der Sperre benützen würden, sondern mit solchen, die die Strecke gerade wegen des ausgesteckten Rennkurses befahren.

Daran ändere nichts, dass die Rennteilnehmer gerade mit dem Schlepplift nach oben gefahren seien, weil die ersten von ihnen während der Bergfahrt des Erstbeklagten womöglich schon das Starthaus erreichen hätten können. Allenfalls hätte auch ein den Lift vorzeitig verlassender Schiläufer die Piste talwärts fahren können. Dass das Rennen noch nicht fortgesetzt worden sei und ohne den Erstbeklagten als Startrichter wohl auch nicht fortgesetzt hätte werden können, habe nichts an der konkreten Möglichkeit geändert, dass sich Personen auf der Rennstrecke befinden konnten.

Daraus folge, dass der Erstbeklagte mit abfahrenden Schiläufern auf der Rennpiste rechnen habe müssen und deshalb bei Inbetriebnahme des Schidoos zu Vorsichts- und Schutzmaßnahmen verpflichtet gewesen sei. Er hätte daher den Schidoo nicht mit unzureichender Ausstattung in Betrieb nehmen dürfen. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob dies dem Schutz eines Rennteilnehmers oder eines anderen Schifahrers, möge er sich auch unerlaubterweise im konkreten Bereich aufgehalten haben, gedient hätte. Zweifellos bezwecke nämlich „die Vorschrift“, dass ein Motorfahrzeug auf einer Schipiste mit Warnlicht ausgestattet sein müsse, nicht nur den Schutz von sich regelkonform verhaltenden Schifahrern, sondern auch von solchen, die unverantwortlich handeln würden. Der „Risikozusammenhang“ sei daher zu bejahen.

Zum Mitverschulden des Klägers:

Der Kläger sei zum Befahren der Rennstrecke auch während der Rennpause nicht berechtigt gewesen. In Rennpausen sei mit Pistenarbeiten zu rechnen, die auch mittels Motorschlitten vorgenommen werden könnten. Dabei handle es sich um eine typische Gefahr. Der Kläger habe überdies eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten und das Gebot des Fahrens auf Sicht verletzt.

Zur Verschuldensabwägung:

Diese ergebe, dass die Rechtsverstöße des Klägers gewichtiger seien als jene des Erstbeklagten. Das Einfahren in die gesperrte Piste habe eine bewusste Missachtung des eingeräumten Benützungsrechts und eine Außerachtlassung der gebotenen Vorsicht trotz Erkennbarkeit der Gefahr bedeutet. Der Kläger habe sich einer Gefahrensituation ausgesetzt, ohne dieser durch Fahren auf Sicht Rechnung zu tragen. Demgegenüber wiege das Verschulden des Erstbeklagten, dem lediglich ein Verstoß anzulasten sei und der aufgrund der Sperre der Piste nur einen „außerordentlichen Pistenbetrieb“ erwarten habe dürfen, deutlich geringer, sodass eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Klägers angemessen sei.

Gegen dieses Berufungsurteil richten sich die außerordentlichen Revisionen des Klägers und des Erstbeklagten. Während der Kläger die gänzliche Stattgebung seines Klagebegehrens anstrebt, begehrt der Erstbeklagte die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass das Klagebegehren auch ihm gegenüber zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Parteien beantragen in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Nur die Revision des Erstbeklagten ist zulässig, weil den Vorinstanzen bei der Beurteilung seiner Haftung eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Dieses Rechtsmittel ist auch berechtigt.

I. Zur Revision des Klägers:

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

1. Soweit der Kläger weiterhin vom Alleinverschulden des Erstbeklagten, allenfalls von dessen Verschulden im Ausmaß von drei Viertel ausgeht und dazu die Entscheidungen 2 Ob 113/09w SZ 2010/11 sowie 7 Ob 76/07p zitiert, ist er auf die folgenden Ausführungen zur Revision des Erstbeklagten zu verweisen.

2. War die zweitbeklagte Partei am Unfallstag nicht selbst Veranstalterin des Schirennens (vgl 5 Ob 1/08w ZVR 2008/202 [Kathrein]; 8 Ob 95/14z ZVR 2015/60), wovon das Berufungsgericht unbekämpft ausging, so stand sie jedenfalls mit dem Veranstalter in einem Vertragsverhältnis, aus dem sie diverse Verpflichtungen trafen (Bereitstellen der Rennpiste; Absperrungen und Beschilderungen; Stellen eines Startrichters etc) und in dessen Rahmen auch der Erstbeklagte zumindest als Startrichter tätig wurde.

Davon zu trennen sind die Pflichten der zweitbeklagten Partei als Pistenhalterin, die aus dem Beförderungsvertrag mit dem Kläger resultierten. Das Berufungsgericht hat dessen Inhalt jedenfalls vertretbar dahin ausgelegt, dass sich die dem Kläger eingeräumte Befugnis zur Pistenbenützung unter den gegebenen, für jedermann, so auch für den Kläger klar ersichtlichen Umständen nur auf den nicht gesperrten Teil der Piste bezog (vgl zum Verhältnis Veranstalter – Pistenhalter und den sich daraus ergebenden Haftungsfragen RIS‑Justiz RS0023239, RS0023509, RS0108741, RS0121039; eingehend Thöny, Skirennen und Pistenbetrieb, ZVR 1996, 258 sowie jüngst Stabentheiner, Pistensicherung und verwandte Fragenkreise – 35 Jahre Seilbahnsymposium, ZVR 2016, 217 [254 ff: Sonderbeilage ZVR 6a]).

3. Unter dieser Prämisse lässt aber auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verantwortlichen der zweitbeklagten Partei hätten mit der Möglichkeit eines verbotswidrigen Verhaltens des Klägers (und seiner daraus resultierenden Gefährdung) nicht rechnen müssen, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erkennen. Die Annahme ausreichender Sicherheitsvorkehrungen gegenüber den Benützern des nicht gesperrten Teils der Piste steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang, wonach auch gegenüber den erst nach Pistenschluss abfahrenden „Spätheimkehrern“ Sperren und Warnhinweise ausreichende Maßnahmen zur Sicherung gewisser künstlicher Gefahrenstellen sind (vgl 2 Ob 119/12g; 2 Ob 99/13t; je zur „Seilwindenpräparierung“; RIS‑Justiz RS0124299).

Warum die zweitbeklagte Partei aufgrund des Beförderungsvertrags auch auf der Rennstrecke selbst Maßnahmen zum Schutz des Klägers treffen hätte müssen, wird im Rechtsmittel nicht ausgeführt. Der Kläger verkennt offensichtlich, dass er die dem Veranstalter des Rennens und den Rennteilnehmern geschuldeten Sicherheitsvorkehrungen für sich nicht in Anspruch nehmen kann (Stabentheiner aaO). Jene Rechtsprechung, wonach Pistengeräte, aber auch Motorschlitten nach Möglichkeit während der Liftbetriebszeit nicht eingesetzt werden sollen (3 Ob 232/12g mwN; zuletzt 2 Ob 154/15h), ist daher für die hier vorzunehmende Beurteilung nicht einschlägig.

4. In der Entscheidung 2 Ob 119/12g, auf die sich das Berufungsgericht stützte, äußerte der Oberste Gerichtshof, an seine Vorjudikatur anknüpfend (9 ObA 49/04b SZ 2004/138 = ZVR 2005/30 [Apathy]; vgl auch 2 Ob 30/10s ZVR 2012/7), dass eine analoge Anwendung des EKHG beim Betrieb eines Pistengeräts „jedenfalls außerhalb der Betriebszeiten der Lifte bzw außerhalb des Pistenbetriebs“ nicht in Betracht komme.

Das Berufungsgericht interpretierte diese Aussage in einer an den vorliegenden Sachverhalt angepassten, zulässigen und vertretbaren Art und Weise, indem es betonte, dass hier nur ein eingeschränkter Pistenbetrieb geherrscht habe, bei welchem mit dem Aufeinandertreffen von Schifahrern – analog jenem von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr – gerade nicht zu rechnen gewesen sei. Mit dem diese Argumentation ignorierenden Beharren auf einer „Ähnlichkeit zum öffentlichen Verkehr“ zeigt der Kläger abermals keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Auf die Frage, ob unter dieser vom Kläger unterstellten, von den Vorinstanzen aber mit zumindest vertretbarer Begründung verneinten Voraussetzung die Haftungsbestimmungen des EKHG auf Pistenfahrzeuge analog anzuwenden wären, die der Oberste Gerichtshof bisher stets offen gelassen hat (vgl 2 Ob 30/10s ZVR 2012/7 mwN), ist daher auch diesmal nicht weiter einzugehen.

5. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

II. Zur Revision des Erstbeklagten:

Der Erstbeklagte macht geltend, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts habe auch er nicht damit rechnen müssen, dass in einer Rennpause Schifahrer in die gesperrte Rennstrecke einfahren würden. Aufgrund der Sperre sei dem Kläger die Benutzung dieses Teils der Piste untersagt gewesen, bei den Rennteilnehmern habe es sich um eine „geschlossene Gesellschaft“ gehandelt. Das Berufungsgericht habe die Frage des „Risikozusammenhangs“ unrichtig gelöst. Die Drehleuchte des Schidoos habe nicht den Zweck, verantwortungslose Schifahrer, die in eine für jedermann gesperrte, dem Rennlauf gewidmete Piste einfahren, vor den von einer Pistenpäparierung ausgehenden Gefahren zu warnen.

Hiezu wurde erwogen:

1. Vorbemerkung:

Der Erstbeklagte stand mit dem Kläger in keinem Vertragsverhältnis. Für ihn kommt daher nur die deliktische Haftung in Betracht. Mögliche Anspruchsgrundlagen wären der Verstoß gegen eine Schutznorm iSd § 1311 ABGB oder die Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Das gegen den Erstbeklagten eingeleitete Strafverfahren wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 StGB endete durch Diversion und wurde rechtskräftig eingestellt (Strafakt ON 26).

2. Zum Verstoß gegen eine Schutznorm:

2.1 Der Vorwurf gegen den Erstbeklagten lautet vor allem, dass er einen nur mangelhaft ausgestatteten Schidoo verwendet hat. Es stellt sich die Frage nach einer Norm, die die vorgeschriebene Ausstattung regelt. Anders als in anderen Bundesländern ist der Betrieb von Schidoos (Motorschlitten) in Niederösterreich nicht landesgesetzlich geregelt (vgl Stabentheiner, Pistensicherung und verwandte Fragenkreise – 35 Jahre Seilbahnsymposium, ZVR 2016, 217 [241 f; FN 81 und 85]).

2.2 Der Kläger hat sich dazu einerseits auf nicht näher bezeichnete „Richtlinien für den Einsatz von Motorschlitten“ berufen (AS 33) und meint damit offenbar die Thesen des Seilbahnsymposiums, denen allerdings keine Rechtsnormqualität zukommt (2 Ob 212/06z); andererseits stützte er sich auf eine „Betriebsanleitung“ (AS 41). Die beklagten Parteien stellten ausgedehntere Überlegungen zum „Schutzzweck des gelben Drehlichts und eines Piepstons auf einem Motorschlitten“ an (AS 21), ohne aber eine konkrete Schutznorm zu nennen.

2.3 Das Erstgericht bezog sich in seinen Feststellungen auf eine „Betriebsanleitung“. Tatsächlich findet sich im Strafakt – mit dessen „Verwertung“ sich sämtliche Parteien ausdrücklich für einverstanden erklärten (AS 43) – eine „Betriebsanweisung gemäß § 23 (2) AM‑VO“ mit dem Anwendungsbereich „Betrieb von Motorschlitten“, die im Abschnitt „Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln“ unter der Überschrift „Personen“ ua die wie folgt formulierte Anordnung trifft:

Muss der Motorschlitten während des Betriebes (offenbar des Schilifts) eingesetzt werden, müssen folgende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden:

- Das optische ist einzuschalten

- Der Steilhang darf nicht befahren werden

Unter der Überschrift „Instandhalten/Verhalten im Gefahrenfall“ heißt es ua:

Bei Defekten an sicherheitsrelevanten Teilen ist der Betrieb (offenbar des Motorschlittens) sofort einzustellen“ (Strafakt ON 2 AS 49).

Außerdem befindet sich im Strafakt ein (auf einer Empfehlung des Technikerkomitees der WKO beruhendes) „Merkblatt für Lenker von Pistenfahrzeugen“, nach dessen Punkt 6. bei Einsätzen auf geöffneter Schipiste die Rundumleuchte des Pistenfahrzeugs in Betrieb zu nehmen und gemäß Punkt 8. beim Befahren unübersichtlicher Geländestellen (Kuppen) entgegen der Abfahrtsrichtung der Schifahrer das akustische Warnsignal abzugeben ist (ON 2 AS 87).

2.4 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann auch eine Betriebsvorschrift, die sich nur an Betriebsangehörige richtet, ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB sein, wenn sie auf dem Bescheid einer Verwaltungsbehörde beruht und hiedurch eine Gefährdung von Personen vermieden wird (RIS‑Justiz RS0027539). Dasselbe gilt, wenn einer solchen Vorschrift ein genereller Verwaltungsakt, also eine Verordnung zugrunde liegt (vgl 1 Ob 2047/96b SZ 69/188 zu bestimmten, durch eine Verordnung genehmigten Technischen Richtlinien).

2.5 Allerdings ist der Anwendungsbereich der AM‑VO nach dessen § 1 Abs 1 auf Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das ASchG fallen, beschränkt. § 23 AM‑VO regelt die sichere Abwicklung des innerbetrieblichen Verkehrs mit selbstfahrenden Arbeitsmitteln, das sind gemäß § 2 Abs 8 AM‑VO motorisch angetriebene schienengebundene oder nicht-schienengebundene Fahrzeuge, die entsprechend dem vom Hersteller angegebenen Verwendungszweck für die Durchführung von Arbeitsvorgängen bestimmt sind. Insbesondere sind nach § 23 Abs 1 AM‑VO geeignete Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, um eine Gefährdung der ArbeitnehmerInnen ua durch einen „Gefahr bringenden Kontakt“ mit dem Arbeitsmittel zu verhindern.

Gemäß § 23 Abs 2 AM‑VO sind für die Benützung von selbstfahrenden Arbeitsmitteln unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten schriftliche Betriebsanweisungen zu erstellen. Für die Einhaltung der Betriebsanweisungen ist zu sorgen. Durch die Betriebsanweisungen sind die notwendigen Maßnahmen im Sinne des Abs 1 festzulegen, insbesondere Sicherheits- und Verkehrsregeln (ua) für den Fahrbetrieb (Z 5).

2.6 Nun handelt es sich bei der aufgrund dieser Bestimmung erstellten Betriebsanweisung zwar um ein Schutzgesetz (2 Ob 211/12m SZ 2013/86), Personen (Schifahrer), die nicht dem Betrieb der zweitbeklagten Partei zugerechnet werden können, werden vom Schutzzweck dieser Norm jedoch nicht erfasst. Der Regelungszweck des § 23 Abs 1 und 2 AM‑VO zielt allein auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen ab (vgl 2 Ob 211/12m).

2.7 Das erwähnte „Merkblatt“ der WKO hat keinen normativen Charakter. Auf einen den Betrieb des Schidoos betreffenden Bewilligungsbescheid samt Auflagen, wie er der vom Kläger zitierten Entscheidung 7 Ob 76/07p zugrundelag, haben sich die Parteien nicht berufen; ein solcher Bescheid ist auch nicht aktenkundig.

2.8 Unter diesen Umständen ist dem Erstbeklagten ein Verstoß gegen eine Schutznorm iSd § 1311 ABGB, in dessen Schutzbereich der Kläger einbezogen gewesen wäre, nicht vorwerfbar. Es kann daher auch dahinstehen, ob und inwieweit der Erstbeklagte überhaupt als Adressat entsprechender Verhaltensgebote in Frage käme.

3. Zur Verletzung der Verkehrssicherungspflicht:

3.1 Die Gefährdung absolut geschützter Rechte, somit auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit, ist grundsätzlich verboten (RIS‑Justiz RS0022946). Aus diesem Verbot werden Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten abgeleitet (1 Ob 97/15v EvBl 2015/147 [Nordmeyer] mwN). Diese bestehen – unabhängig von Sonderhaftungsnormen – dann, wenn jemand eine Gefahrenquelle schafft. Die Verpflichtung zur Beseitigung der Gefahrenquelle und damit die Verpflichtung zum positiven Tun folgt aus der vorhergehenden Verursachung der Gefahrensituation. Eine gleiche Verpflichtung trifft auch denjenigen, in dessen Sphäre gefährliche Zustände bestehen (7 Ob 171/11i; 1 Ob 97/15v).

Nach ständiger Rechtsprechung trifft die Verkehrssicherungspflicht denjenigen, der die Gefahr erkennen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kann. Wer demnach eine Gefahrenquelle schafft oder bestehen lässt, muss die notwendigen und ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer nach Tunlichkeit abzuwenden (Ingerenzprinzip; 2 Ob 70/12a SZ 2012/134; 1 Ob 97/15v; 7 Ob 59/16a; RIS‑Justiz RS0022778). Voraussetzung ist das bei gehöriger Sorgfalt mögliche Erkennen einer Gefahrenlage. Diese Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden. Die Grenzen des Zumutbaren sind zu beachten. Im Einzelfall kommt es auf die Wahrscheinlichkeit der Schädigung an (7 Ob 59/16a; RIS‑Justiz RS0023487 [T7]). Der Verkehrssicherungspflichtige hat zu beweisen, dass er die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich diese Pflicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Ingerenzprinzip) oder aus einem Vertrag ergibt (RIS‑Justiz RS0022476).

3.2 Nun schafft die Inbetriebnahme eines Schidoos auf einer – wenn auch nur für einen bestimmten Personenkreis „geöffneten“ – Schipiste ohne funktionierende Warneinrichtungen grundsätzlich eine besondere Gefahrenquelle, für die, falls sie einen Schaden verursacht, auch ohne Vertragsverhältnis deliktisch nach dem Ingerenzprinzip gehaftet wird. Eine solche Haftung würde unter den oben genannten Voraussetzungen auch den Erstbeklagten treffen, ist doch davon auszugehen, dass er als Lenker des Schidoos in der Lage war, die Gefahr zu beherrschen (RIS‑Justiz RS0023251; Koziol, Haftpflichtrecht² II 63), etwa indem er den Schidoo nicht benützt. Darauf, dass er im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Schidoos bloß als unselbständiger Gehilfe im Auftrag des Veranstalters oder der zweitbeklagten Partei tätig geworden wäre, hat sich der Erstbeklagte nicht berufen (vgl 2 Ob 64/98w; 2 Ob 156/05p ZVR 2008/5 [Huber]).

Ob der Erstbeklagte während der Rennpause zwischen den beiden Durchgängen mit abfahrenden Rennläufern rechnen musste, wie das Berufungsgericht meinte, kann allerdings dahinstehen, weil sich ein solches Szenario nicht verwirklicht hat. Zu prüfen ist vielmehr nur, ob die Haftung gegenüber dem Kläger besteht, der die gesperrte Piste unbefugt benützt hat.

3.3 Grundsätzlich wird jemand nicht für schutzwürdig erachtet, der sich unbefugt in den Gefahrenbereich begeben hat, weil er nicht damit rechnen kann, dass Schutzmaßnahmen zugunsten unbefugt Eindringender getroffen werden (8 Ob 114/04d; RIS‑Justiz RS0027526, RS0114361 [T3]). Die aus dem Ingerenzprinzip abgeleitete allgemeine Verkehrssicherungspflicht wird aber nicht schon allein dadurch ausgeschlossen, dass der Verletzte unbefugt in ein fremdes Rechtsgut eingedrungen ist (6 Ob 294/05m; 2 Ob 89/07p; RIS‑Justiz RS0023801). Insbesondere wenn die Möglichkeit besteht, dass Personen versehentlich in den Gefahrenbereich gelangen oder dass Kinder und andere Personen, die nicht die nötige Einsichtsfähigkeit haben, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, gefährdet werden, oder wenn eine ganz unerwartete und große Gefährdung besteht, kann eine Interessenabwägung ergeben, dass der Inhaber der Gefahrenquelle dennoch zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen zu ergreifen hat (4 Ob 280/00f; RIS‑Justiz RS0114361; Koziol, Haftpflichtrecht² II 63; gegen die Interessenabwägung, sonst aber zustimmend Reischauer in Rummel, ABGB³ II/2a § 1294 Rz 17a und Rz 72).

3.4 Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

(a) Aufgrund der jedenfalls ausreichenden Absperrungen und Beschilderungen, der für jedermann erkennbaren Widmung des gesperrten Pistenteils nur für die „geschlossene Gesellschaft“ der Rennteilnehmer und der wenigen ausdrücklich erteilten Ausnahmebewilligungen für die Benützung (bloß) des nicht gesperrten Teils der Piste war auszuschließen, dass ein Schifahrer „versehentlich“ in die für das Rennen gesperrte Piste gelangte. Auch der Kläger hat die Absperrung nicht etwa übersehen, sondern sie ganz bewusst ignoriert.

(b) Die Frage nach einer allfälligen Gefährdung von Kindern oder sonstigen Personen, die nicht die nötige Einsichtsfähigkeit haben, stellt sich hier nicht. Der Kläger zählt nicht zu diesem Personenkreis.

(c) Die von dem unbeleuchteten Schidoo auf der gesperrten Rennstrecke ausgehende Gefahr konnte bei objektiver Wertung für den Kläger auch nicht „ganz unerwartet“ sein. Innerhalb einer gesperrten Rennstrecke, die schon per se eine atypische, hier jedoch ausreichend gesicherte Gefahrenquelle bildet (vgl Thöny, Skirennen und Pistenbetrieb, ZVR 1996, 258 [262]; Druml, Sicherungspflicht des Pistenhalters bei Sperre einer Piste, ZVR 2014/60, 100 [103]), sind auch unbeleuchtete Hindernisse während einer Rennpause nicht ungewöhnlich, dienen doch gerade solche Pausen bekanntermaßen dazu, zur Sicherheit der Rennläufer Arbeiten an der Rennpiste, etwa zur Ausbesserung schadhafter oder zur „Entschärfung“ gefährlicher Stellen durchzuführen. Durch wen und auf welche Weise dies zu geschehen hatte, betraf aber nur das Verhältnis des „Pistenarbeiters“ zum Veranstalter des Rennens, ebenso die Frage, wie und womit sich diese Person auf der Rennstrecke vorwärts bewegen durfte.

3.5 Damit spricht gegen eine Verkehrssicherungspflicht des Erstbeklagten gegenüber dem Kläger schon der Umstand, dass der Kläger unbefugt und mutwillig, noch dazu unter Überwindung der Absperrung in den Bereich der gesperrten Piste eingedrungen ist (ähnlich 10 Ob 237/02d [ungesicherte Baugrube auf einer Straßenbaustelle]).

3.6 Schließlich fehlt es auch an der weiteren Haftungsvoraussetzung der Erkennbarkeit einer Gefahrenlage. Die Nutzung der Rennstrecke durch jene wenigen Personen, die eine Ausnahmebewilligung für die Nutzung (nur) des nicht gesperrten Teils der Rennstrecke hatten, und eine daraus resultierende Gefährdung dieser Personen war bei objektiver Betrachtung nicht zu erwarten. Aus denselben Erwägungen, aus denen das Berufungsgericht für die Pistenhalterin (die zweitbeklagte Partei) die Erkennbarkeit einer möglichen Gefährdung dieser Schifahrer verneint hat (oben Punkt I.3), musste auch der Erstbeklagte mit der widmungswidrigen Benützung der Rennstrecke nicht rechnen.

3.7 Aus der Entscheidung 2 Ob 113/09w SZ 2010/11 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts anderes ableitbar, hatte sie doch einen völlig anders gelagerten Sachverhalt zum Gegenstand. Diesem zufolge gab es nämlich seit langem eine Vereinbarung des Pistenhalters mit einer Schischule, aufgrund deren mit vor dem Beginn des Liftbetriebs zulässigerweise abfahrenden Schilehrern zu rechnen war. Dem Schidoo‑Lenker wurde dort angelastet, dass er, obwohl ihm solche Schifahrer bereits begegnet waren, auf der schmalen Strecke seine Fahrt fortsetzte und dabei auch seine Geschwindigkeit beibehielt. Damit ist der gegenständliche Fall nicht vergleichbar.

Auch aus der Entscheidung 7 Ob 76/07p, nach der der Lenker des Motorschlittens entgegen einer behördlichen Auflage während der Liftbetriebszeiten auf der dem allgemeinen Schiverkehr gewidmeten Piste bergwärts fuhr, sind keine den Erstbeklagten belastende Erkenntnisse zu gewinnen.

3.8 Selbst wenn die Inbetriebnahme des Schidoos ohne funktionsfähige Warneinrichtungen auf der Rennstrecke gegenüber dem Veranstalter oder den Rennteilnehmern als sorgfaltswidriges und damit auch rechtswidriges Verhalten des Erstbeklagten zu beurteilen wäre, fehlte es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem Schaden des Klägers, der nur dann zu bejahen wäre, wenn das Sorgfaltsgebot gerade jenen Schaden, wie ihn der Kläger erlitten hat, verhindern sollte (vgl RIS‑Justiz RS0022933). Dies trifft aus den vorstehenden Gründen nicht zu. Ob der Fall anders zu bewerten wäre, wenn tatsächlich ein Rennläufer während der Rennpause die Piste befahren hätte, muss nicht beantwortet werden.

4. Ergebnis und Kosten:

4.1 In Stattgebung der berechtigten Revision des Erstbeklagten ist das Klagebegehren daher, auch soweit es gegen ihn gerichtet ist, zur Gänze abzuweisen.

4.2 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.

Bei der neu zu fassenden Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz war zu berücksichtigen, dass der von den beklagten Parteien erlegte Kostenvorschuss nicht verbraucht wurde. Dem unterschiedlichen Berufungsinteresse des Klägers gegenüber dem Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei war bei der Bestimmung der Kosten ebenso Rechnung zu tragen, wie dem Umstand, dass die Entscheidung über den vom Berufungsgericht zugunsten des Klägers erledigten Kostenrekurs der zweitbeklagten Partei durch die abändernde Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos ist (vgl 1 Ob 147/01a; Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 424).

Auch in dritter Instanz war auf das unterschiedliche Revisionsinteresse des Klägers gegenüber dem Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei Bedacht zu nehmen. Die (überdies unrichtige) nachträgliche „Berichtigung des Kostenverzeichnisses“ in der Revision der erstbeklagten Partei ist unzulässig (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny ³ II/1 § 54 ZPO Rz 10). Sie ist daher zurückzuweisen.

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