OGH 7Ob171/11i

OGH7Ob171/11i21.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** S*****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 43.384,24 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Juli 2011, GZ 2 R 24/11d-11, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 29. Dezember 2010, GZ 6 Cg 65/10b-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Bund ist Eigentümer, die Beklagte Fruchtgenussberechtigte einer zum GB ***** H***** gehörenden Waldparzelle.

Am 1. 8. 2009 gingen der Kläger und seine Ehefrau auf dem links von der Bundesstraße bergwärts führenden Weg, der von der Beklagten für Waldarbeiten benützt wird, spazieren. Später verließen sie den Weg, um durch den Wald in Form einer Schleife zum unterhalb der Waldparzelle geparkten Fahrzeug zurückzukehren. Sie gelangten nach einiger Zeit auf einen Waldhang, bei dem es sich um einen „unbefestigten Durchgang“ handelte, der aber nicht durch Hinweistafeln oder sonstige Kennzeichen für die Benützung durch die Allgemeinheit gekennzeichnet ist. In unmittelbarer Umgebung des Waldhangs befindet sich kein Forst- oder Wanderweg.

Als sie den Waldhang hinuntergingen, merkte der Kläger, als er einen Schritt nach vorne machen wollte, dass er sein linkes Bein nicht bewegen konnte, „weshalb er stärker anzog“. Er dachte, es handle sich um einen Brombeerstrauch, an dem er hängen geblieben sei. Erst als er nach unten blickte, sah er, dass er „in einem Stacheldraht eingefädelt war“, welcher ihn bereits oberhalb des Rists an der Vorderseite seines Beins „durchbohrt“ hatte. Der Stacheldraht war verrostet und für den Kläger nicht sichtbar, weil er mit Sträuchern überwuchert war. Nach dem Vorfall bemerkten der Kläger und seine Ehefrau, dass sich der Stacheldraht über den gesamten Waldhang erstreckte. Der Stacheldraht verletzte den Kläger am linken Unterschenkel. Die Wunde blutete nur leicht.

Der zuständige Förster der Beklagten wusste vom dort liegenden Stacheldraht, der vor mehr als 22 Jahren von der Weidegenossenschaft als Schutzzaun aufgestellt worden war, nichts. Grundsätzlich stellt die Beklagte das Material für den Schutzzaun zur Verfügung und die Weideberechtigten, die ihr Vieh austreiben, errichten die Zäune, um Jungwald vor dem Vieh zu schützen. Im Idealfall werden derartige Zäune nach drei bis fünf Jahren, im Extremfall nach acht bis zehn Jahren entfernt. In der Vergangenheit wurden derartige Zäune sowohl von der Beklagten als auch von den Weideberechtigten entfernt. Jedes Jahr geben Vertreter der Beklagten im Rahmen einer Versammlung den Weidegenossenschaften bekannt, welche Flächen schutzbedürftig sind und daher noch eingezäunt bleiben müssen und welche nicht. Die Repräsentanten der Beklagten kontrollieren die Entfernung der Zäune nicht, weil aus ihrer Sicht ein Zaun auch bestehen bleiben kann, wenn der Wald schon kräftig genug ist.

Der Kläger begehrt die Bezahlung von Schmerzengeld und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden. Auf der Waldfläche seien zahlreiche verrostete Stacheldrähte über den gesamten Hang verteilt gelegen, ohne dass dies zunächst erkennbar gewesen sei. Die Beklagte sei als Fruchtgenussberechtigte und damit Halterin der Waldparzelle verpflichtet, das von ihr zur Verfügung gestellte Material für die Weidezäune zu entfernen. Nach § 33 Forstgesetz dürfe jedermann den Wald zu Erholungszwecken betreten. Der Weidezaun wachse mit der Zeit ein und roste, sodass er kaum sichtbar sei und eine immense Gefahr für Personen, welche den Wald benützten, darstelle. Durch die Verletzung habe der Kläger eine lebenslange massive Beeinträchtigung der Lebensqualität erlitten. Er verspüre ständig Schmerzen, Belastungen des Beins seien nicht möglich. Er sei voraussichtlich dauernd arbeitsunfähig.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß § 176 Abs 1 und 2 Forstgesetz habe jeder, der sich im Wald abseits von öffentlichen Straßen und Wegen aufhalte, selbst auf alle ihm durch den Wald drohenden Gefahren zu achten. Der Waldeigentümer und dessen Leute sowie sonstige an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Personen seien nicht verpflichtet, Gefahren abzuwenden, die abseits von öffentlichen Straßen und Wegen durch den Zustand des Waldes entstehen könnten. Das Unterlassen der Beseitigung einer aus dem Waldzustand entstehenden Gefahr sei nicht rechtswidrig. Der Beklagten sei nicht bekannt gewesen, dass auf der Grundfläche Reste eines Weidezauns gelegen seien. Der Weidezaun sei in der zweiten Hälfte der 70er Jahre von den Mitgliedern der Weidegenossenschaft errichtet worden.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Anspruchsgrund ein. Es wies das Klagebegehren ab. Der Vorfall habe sich außerhalb von öffentlichen Straßen und Wegen nach § 176 Forstgesetz ereignet. Unter Zustand des Waldes sei nicht nur der Waldboden und Bewuchs zu verstehen, sondern auch Grundstückszubehör wie Gräben und Einfriedungen. Der Weidezaun stelle eine Einfriedung und damit „Zustand des Waldes“ dar. Die Anwendung des Ingerenzprinzips würde Sinn und Zweck der Haftung nach dem Forstgesetz zuwider laufen, die Sorgfaltspflicht des Waldhalters überspannen und eine vom Verschulden losgelöste Haftung etablieren. Der Beklagten sei nicht zumutbar, regelmäßig die gesamte Waldfläche auf Gefahren hin zu kontrollieren. Sie habe auch die Gefahrenquelle nicht selbst geschaffen. Die weitgehenden Haftungsausschlüsse zu Gunsten des Waldeigentümers außerhalb von Verkehrsflächen seien auch sachlich gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Die Beklagte sei im Hinblick auf § 176 Abs 2 Forstgesetz nicht verpflichtet gewesen, den von der Weidegenossenschaft zum Schutz des Jungwalds vor Weidevieh aufgestellten Stacheldraht zu entfernen, um für erholungsuchende Waldbenutzer Gefahren zu minimieren. Der Stacheldraht sei mit Sträuchern überwuchert am Boden gelegen, sei also dem „Zustand des Waldbodens“ zuzurechnen. Hinzu komme, dass er auch als Einfriedung, die nach § 176 Abs 2 Forstgesetz zum „Zustand des Waldes“ gehöre, zähle. Beim Betreten einer (bloßen) Waldfläche sei das allgemeine Ingerenzprinzip auszuschließen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Frage, ob trotz der Haftungsbeschränkung des § 176 Abs 2 Forstgesetz eine allgemeine Ingerenzhaftung in Betracht komme, über diesen Rechtsstreit hinaus Bedeutung habe.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, ein Zwischenurteil zu erlassen, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Jedermann darf - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten (§ 33 Abs 1 Forstgesetz). § 33 Abs 1 Forstgesetz hat eine Legalservitut zum Gegenstand (RIS-Justiz RS0081078). § 176 Forstgesetz enthält allgemeine Haftungsbestimmungen. Wer sich im Wald abseits von öffentlichen Straßen und Wegen aufhält, hat selbst auf alle ihm durch den Wald, im Besonderen auch durch die Waldbewirtschaftung drohenden Gefahren zu achten (§ 176 Abs 1 Forstgesetz). Den Waldeigentümer und dessen Leute sowie sonstige an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Personen (wie Nutznießer …) und deren Leute trifft, vorbehaltlich des Abs 4 oder des Bestehens eines besonderen Rechtsgrundes, keine Pflicht zur Abwendung der Gefahr von Schäden, die abseits von öffentlichen Straßen und Wegen durch den Zustand des Waldes entstehen könnten; sie sind insbesondere nicht verpflichtet, den Zustand des Waldbodens und dessen Bewuchses so zu ändern, dass dadurch solche Gefahren abgewendet oder vermindert werden (§ 176 Abs 2 Forstgesetz). Wird im Zusammenhang mit Arbeiten im Zuge der Waldbewirtschaftung ein an diesen nicht beteiligter Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine ihm gehörige Sache beschädigt, so haftet der Waldeigentümer oder eine sonstige, an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Person für den Ersatz des Schadens, sofern sie oder einer ihrer Leute den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet haben. Ist der Schaden durch Leute des Haftpflichtigen verschuldet worden, so haften auch sie nur bei Vorsatz oder bei grober Fahrlässigkeit. Entsteht der Schaden in einer gesperrten Fläche, so wird nur für Vorsatz gehaftet. Das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz bleibt unberührt (§ 176 Abs 3 Forstgesetz). Für die Haftung für den Zustand einer Forststraße oder eines sonstigen Weges im Wald gilt § 1319a ABGB; zu der dort vorgeschriebenen Vermeidung von Gefahren durch den mangelhaften Zustand eines Weges sind der Waldeigentümer und sonstige an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Personen jedoch nur bei Forststraßen verpflichtet sowie bei jenen sonstigen Wegen, die der Waldeigentümer durch eine entsprechende Kennzeichnung der Benützung durch die Allgemeinheit ausdrücklich gewidmet hat. Wird ein Schaden auf Wegen durch den Zustand des danebenliegenden Waldes verursacht, so haften der Waldeigentümer, sonstige an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Personen und deren Leute keinesfalls strenger als der Wegehalter (§ 176 Abs 4 Forstgesetz).

§ 176 Abs 2 und 4 Forstgesetz belasten den Waldeigentümer nur mit der Obsorgepflicht bei erkennbar gefährlichem Waldzustand entlang öffentlicher Straßen und Wege (RIS-Justiz RS0115175). Der Kläger befand sich aber nicht in der Nähe eines Weges.

Zu § 176 Abs 3 Forstgesetz wurde schon ausgesprochen, dass „im Zusammenhang mit Arbeiten im Zuge der Waldbewirtschaftung“ insbesondere Arbeiten stehen, die zur Begründung, Pflege und forstlichen Nutzung des Waldes dienen, und die erforderlichen Begleitarbeiten. Das Fällen eines (beschädigten) Baums fällt jedenfalls darunter (RIS-Justiz RS0114856). Die in dieser Gesetzesstelle genannten Haftungseinschränkung bedeutet für sich noch keine Einschränkung der Sorgfaltspflicht, also der Verpflichtung zu der nach den Umständen des Einzelfalls erforderlichen und üblichen zumutbaren Vorsicht und Aufmerksamkeit (RIS-Justiz RS0058877). Die Verletzung des Klägers ereignete sich allerdings nicht im Zusammenhang mit Arbeiten im Sinn von § 176 Abs 3 Forstgesetz. Im Übrigen diente der Stacheldraht schon seit vielen Jahren nicht mehr der Waldwirtschaft.

§ 176 Abs 1 Forstgesetz stellt klar, dass der Wald auch abseits von öffentlichen Straßen und Wegen grundsätzlich betreten werden darf, aber auf eigene Gefahr, soweit sie vom Wald, insbesondere durch die Waldbewirtschaftung, ausgeht. § 176 Abs 2 Forstgesetz normiert, dass der Waldeigentümer, der Nutznießer und die sonst dort genannten Personen keine Pflicht zur Abwendung der Gefahr von Schäden abseits von öffentlichen Straßen und Wegen haben, allerdings mit der Einschränkung, dass sich einerseits der Haftungsausschluss auf den Zustand der Waldes und dessen Bewuchs bezieht und andererseits dass kein besonderer Rechtsgrund besteht.

In der Judikatur wurde etwa eine Haftung für Immissionen trotz des Haftungsprivilegs des § 176 Abs 3 Forstgesetz bejaht (6 Ob 21/01h mwN).

Auch die Haftung nach dem Ingerenzprinzip ist als besonderer Rechtsgrund anzusehen, weil sich diese Haftung auf die Abwendung einer geschaffenen Gefahr bezieht, die nicht auf die natürlichen Gefahren des Waldes zurückzuführen ist (vgl 6 Ob 21/01h). Weder der Waldeigentümer noch andere Personen dürfen durch positives Tun Gefahrenquellen (wie zB Fallgruben oder Fangeisen) für Waldbesucher schaffen, ohne diese gleichzeitig entsprechend abzusichern (Jäger, Forstgesetz, § 176 Abs 1, Anm 2). Die Haftung nach dem Ingerenzprinzip wird durch § 176 Abs 2 Forstgesetz nicht ausgeschlossen. Zu prüfen ist damit, ob die Beklagte in ihrem Bereich eine Gefahr bestehen hat lassen, die nicht zu den natürlichen Gefahren des Waldes zu zählen ist.

Die Verkehrssicherungspflichten bestehen nach Lehre und Rechtsprechung - unabhängig von Sonderhaftungsnormen - dann, wenn jemand eine Gefahrenquelle schafft. Die Verpflichtung zur Beseitigung der Gefahrenquelle und damit die Verpflichtung zum positiven Tun folgt aus der vorhergehenden Verursachung der Gefahrensituation. Eine gleiche Verpflichtung trifft auch denjenigen, in dessen Sphäre gefährliche Zustände bestehen. Hier folgt die Verpflichtung zur Beseitigung aus der Zusammengehörigkeit von Verantwortung und Bestimmungsgewalt. Die Verkehrssicherungspflicht trifft denjenigen, der die Gefahr erkennen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kann. Wer demnach eine Gefahrenquelle schafft oder bestehen lässt, muss die notwendigen und ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer nach Tunlichkeit abzuwenden. Für die Sicherung von Gefahrenquellen ist in umso höherem Maß zu sorgen, je weniger angenommen werden kann, dass die von der Gefahr betroffenen Personen sich ihrerseits vor Schädigungen vorzusehen und zu sichern wissen. Die Verkehrssicherungspflicht entfällt bei Schaffung oder Duldung einer besonderen Gefahrenquelle nicht schon dann, wenn jemand ohne Gestattung in einen fremden Bereich eingedrungen ist. Besteht die Möglichkeit, dass Personen versehentlich in den Gefahrenbereich gelangen oder dass Kinder und andere Personen, die nicht die nötige Einsichtsfähigkeit haben, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, gefährdet werden oder besteht eine ganz unerwartete und große Gefährdung, so kann eine Interessenabwägung ergeben, dass der Inhaber der Gefahrenquelle dennoch zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen zu ergreifen hat (4 Ob 280/00f, 8 Ob 164/00a, 7 Ob 24/02h je mwN,; RIS-Justiz RS0114361).

Künstlich auf Straßen geschaffene Hindernisse und Gefahrenquellen sind, wenn sie nicht entfernt werden können, jedenfalls so abzusichern, dass sie auch bei schlechten Sichtverhältnissen für vernünftige Durchschnittsfahrer keine ernstliche Gefahr darstellen (1 Ob 75/00m, 8 Ob 164/00a). Für das Verschulden reicht es aus, dass der Verletzer die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der betreffenden Art im Allgemeinen hätte erkennen müssen (4 Ob 280/00f, 8 Ob 164/00a). Der Verkehrssicherungspflichtige hat zu beweisen, dass er die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat oder dass deren Einhaltung unzumutbar gewesen ist (8 Ob 164/00a mwN).

Grundsätzlich ist derjenige nicht schutzwürdig, der sich unbefugt in den Gefahrenbereich begeben hat, weil er nicht damit rechnen kann, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten unbefugt Eindringender getroffen werden (RIS-Justiz RS0114361 [T2 und T3] = 5 Ob 116/04h und 8 Ob 114/04d).

Klar ist, dass der Waldeigentümer vorbehaltlich § 176 Abs 4 Forstgesetz keine Verpflichtung zur Gefahrenabwehr bezüglich solcher Gefahren hat, die sich aus dem (natürlichen) Waldzustand ergeben (Brawenz/Kind/Reindl, Forstgesetz, § 176 Anm 7; Jäger Forstrecht, § 176 Abs. 1, Anm 1). Zum Grundstückszubehör gehören auch Einfriedungen, die im direkten Zusammenhang mit der Durchführung von Waldbewirtschaftungsarbeiten (Brawenz/Kind/Reindl aaO) stehen.

Der Kläger und seine Frau waren zweifellos befugt, durch das Waldstück zu gehen. Sie mussten grundsätzlich selbst auf die natürlichen Gefahren des Waldes achten. Feststeht, dass der Stacheldraht für den Kläger nicht sichtbar war.

Ursprünglich wurde der Stacheldrahtzaun aus forstwirtschaftlichen Gründen, nämlich zum Schutz des Jungwalds vor Weidevieh errichtet. Diese Funktion hat der mehr nun schon seit vielen Jahren in der Natur liegende Stacheldraht längst verloren. Nicht nur das, er wurde auch von Pflanzen überwuchert und lag nicht mehr sichtbar am Boden. Damit wurde er zu einer für den durchschnittlichen Waldbenützer nicht erkennbaren und auch nicht zu erwartenden Gefahr, zumal er sich nach den Feststellungen über den gesamten Waldhang erstreckte. Er ist mit der (natürlichen) Beschaffenheit des Waldbodens nicht gleichzusetzen, sondern stellte eine unsichtbare, künstlich geschaffene Gefahrenquelle dar.

Diese Gefahrenquelle musste den Repräsentanten der Beklagten bekannt sein, forderten sie doch seinerzeit das Aufstellen des Stacheldrahtzauns von den Weidegenossenschaften. Sie ordneten auch jährlich an, ob der Stacheldraht weiter benötigt werde oder abgebaut werden könne. Hier ließen sie den Stacheldraht, der sich über einen ganzen Waldhang erstreckte, bestehen, obwohl er seinen Zweck schon längst nicht mehr erfüllt hat. Es ist für jedermann einsichtig, dass der Zaun im Laufe der Jahre zu Boden sinken und von der Natur überwuchert wird. Dennoch wurde der Stacheldraht einfach im Wald belassen. Damit wurde eine Gefahrenquelle geschaffen, die nicht im Zusammenhang mit dem Wald und seiner Bewirtschaftung steht. Die Beklagte hätte nach dem Ingerenzprinzip für die Absicherung oder Beseitigung der Gefahrenquelle sorgen müssen. Die Entfernung des Stacheldrahts war der Beklagten auch zumutbar. Sie hätte lediglich dafür sorgen müssen, dass er von den Weideberechtigten oder eigenen Mitarbeitern entfernt wird, so wie dies in der Vergangenheit in anderen Waldgebieten auch gehandhabt wurde. Die Haftung der Beklagten ist damit grundsätzlich zu bejahen.

Ein Zwischenurteil kann aber noch nicht gefällt werden. Dies ist erst dann möglich, wenn alle dem Grund des Anspruchs entgegenstehenden Einwendungen erledigt sind (RIS-Justiz RS0040935). Wird Mitverschulden des Klägers eingewendet, so kann ein Zwischenurteil nur dann gefällt werden, wenn gleichzeitig über die Frage des Mitverschuldens und über das Ausmaß der Schadensteilung entschieden wird (RIS-Justiz RS0106185, vgl auch RS0040750). Das Erstgericht hat sich eine diesbezügliche Erörterung und Verfahrensdurchführung vorbehalten.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 ZPO.

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