European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0080OB00066.24Z.0926.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Soweit die klagende Partei das Auskunftsbegehren auf das Auskunftspflichtgesetz, Art 20 Abs 4 B‑VG, das BStMG, die Wegekostenrichtlinie sowie den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz gestützt hat und die Vorinstanzen insofern über das Auskunftsbegehren inhaltlich entschieden haben, werden aus Anlass der Revision die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und es wird die Klage in diesem Umfang wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.
2. Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 20.875,02 EUR (darin 3.475,97 EUR USt) bestimmten Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen mit Sitz in Oberösterreich. Sie benutzte mit ihren LKW in den Jahren 2011 bis 2016 die österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen und zahlte dafür Maut an die Beklagte.
[2] Die P* AG, ein in der Schweiz ansässiges privates Unternehmen, erstellte im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich, Bundessparte Transport und Verkehr, am 18. 4. 2018 einen mit „Überprüfung der Mauttarife auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen“ betitelten Bericht, der zum Ergebnis kam, dass nach einer kursorischen Prüfung der öffentlich zugänglichen Unterlagen und eigenen überschlägigen Berechnungen Indizien bestünden, die darauf hindeuteten, dass die Mauteinnahmen der ASFINAG die zurechenbaren Infrastrukturkosten überdecken könnten. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse dieser Studie aufgrund der nicht zugänglichen Datenlage allein auf Indizien und eigenen Modellrechnungen beruhen sowie ohne Einblick in die Mauttarifberechnungen selbst und die ihnen zugrunde liegenden Daten endgültige Aussagen nicht möglich seien.
[3] Über Anfragen der P* AG sowie der Klägerin bzw des von dieser bestellten Privatsachverständigen erteilte die Beklagte keine Auskunft hinsichtlich der Eingangsparameter zur Berechnung der Mauttarife.
[4] Die Abrechnung der Maut gegenüber der Klägerin erfolgte durch die Beklagte in den Jahren 2011 bis 2016 unter korrekter Heranziehung der in den jeweiligen Mauttarifverordnungen festgesetzten Mauttarife.
[5] Die Klägerin begehrt zuletzt in Form einer Stufenklage Auskunft bzw Rechnungslegung über die vollständigen Eingangsparameter der Mauttarifberechnungen für die Euro-Schadstoffklassen 0-VI im Zeitraum 2011 bis 2016 sowie die Zahlung des sich daraus ergebenden Rückforderungsbetrags, welcher sich „aus der Differenz zwischen der Richtlinie 2011/76/EU bzw der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge und den tatsächlich eingehobenen Mauttarifen“ ergebe; im Klagebegehren sind dabei die als „Eingangsparameter“ begehrten Informationen näher aufgeschlüsselt. Ein Eventualbegehren ist auf Zahlung von 33.437,78 EUR sA gerichtet; dieser Betrag errechne sich aus den in der Studie der P* AG für die Jahre 2011 bis 2016 ermittelten prozentuellen Abweichungen zwischen den geleisteten Mauten und den unionsrechtlich zulässigen Beträgen, dies für 23 konkret bezeichnete LKW. Die von der Beklagten eingehobene Maut enthalte neben Infrastrukturkosten auch andere Kosten und widerspreche damit der Richtlinie 1999/62/EG (WegekostenRL) in der jeweils anwendbaren Fassung. Das Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren (Stufenklage) werde auf das AuskunftspflichtG und Art 20 Abs 4 B‑VG sowie auf die Bezug habenden Bestimmungen des BStMG im Zusammenhalt mit den darin enthaltenen Verweisungen auf die WegekostenRL gestützt, weiters auf Art 102 AEUV und § 37j Abs 2 KartG wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Zudem widerspreche die Weigerung der Beklagten zur Offenlegung der Eingangsparameter dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz. Der Klägerin sei es mangels Offenlegung der Daten nicht möglich, zu überprüfen, ob das in der WegekostenRL festgelegte Verbot der Überschreitung der Infrastrukturkosten durch die Beklagte eingehalten worden sei.
[6] Die Beklagte wendet ein, weder das BStMG noch die auf dessen Grundlage ergangenen Verordnungen seien europarechtswidrig. Die Beklagte berechne die Mauttarife auf Grundlage der Mauttarifverordnungen, die das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (in der Folge: BMVIT) erlasse, und habe dabei keinerlei Spielraum. Ansprüche nach dem AuskunftspflichtG seien nicht im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Die WegekostenRL verpflichte nicht zur Veröffentlichung der Parameter für die Berechnung der Infrastrukturkosten. Ebenso ergebe sich aus § 37j Abs 2 KartG keine Verpflichtung der Beklagten zur Auskunft oder Offenlegung, weil das gegenständliche Verfahren keine Ersatzansprüche aus einer Wettbewerbs-verletzung zum Gegenstand habe. Im Übrigen würden sich die klagsgegenständlichen Informationen nicht in der Sphäre der Beklagten befinden, da diese von Gesetzes wegen auf die Erstattung eines Vorschlags beschränkt sei und nicht über sämtliche der vom Bundesminister zur Festsetzung der Mauttarife herangezogenen Parameter verfüge.
[7] Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Bestimmungen des Art 20 Abs 4 B‑VG sowie des AuskunftspflichtGseien keine taugliche Anspruchsgrundlage für das Auskunfts- bzw Rechnungslegungsbegehren, weil ein solches nach Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO eine Verpflichtung bürgerlichen Rechts zur Rechnungslegung voraussetze. Der Rechnungslegungsanspruch lasse sich auch nicht durch das BStMG samt dessen Verweis auf die WegekostenRL begründen, aus der ein gegenüber dem Einzelnen unmittelbar bestehender Auskunftsanspruch über die Infrastrukturkosten gerade nicht abzuleiten sei. Dem Begehren der Klägerin lägen keine wettbewerbsrechtlichen Ersatzansprüche zugrunde, weshalb sie sich nicht auf § 37j KartG oder Art 102 AEUV stützen könne; diese Bestimmungen gewährten im Übrigen keinen Informationsanspruch im Sinne des Klagebegehrens. Die Voraussetzungen einer erweiterten Aufklärungspflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis seien nicht gegeben. Der Klägerin sei der Nachweis einer Überdeckung der tatsächlichen Infrastrukturkosten durch die von der Beklagten vereinnahmten Mautgebühren nicht gelungen. Eine Beweislastumkehr wegen der Nähe der Beklagten zum Beweis habe nicht zu erfolgen.
[8] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die von der Beklagten eingehobene Maut entspreche den Mauttarifverordnungen. Für das gegen die Beklagte gerichtete Rechnungslegungsbegehren der Klägerin gebe es keine Rechtsgrundlage, weil die Mauttarife vom zuständigen Bundesministerium festgesetzt worden seien; die Beklagte habe dazu nur Vorschläge erstattet. Die Voraussetzungen einer Verschiebung der Beweislast wegen eines Beweisnotstands der Klägerin lägen nicht vor. Im vorliegenden Fall bestehe auch kein Problem mit der Beweislast, sondern mit der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung, nämlich ob sie (gemeint:) § 9 Abs 8 BStMG entspreche und damit gesetzmäßig erlassen worden sei. Die Zivilgerichte seien nach Art 89 Abs 1 B‑VG funktional zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit innerstaatlicher Verordnungen nicht zuständig. Auch das als Eventualbegehren erhobene Leistungsbegehren scheitere an den aufrechten Mauttarifverordnungen. Da sich die Beklagte bei der Bemessung der Mauttarife an diese gehalten habe, habe sie keine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Weder die WegekostenRL noch das BStMG noch die Mauttarifverordnungen verlangten eine Aufschlüsselung der Infrastrukturkosten. Insofern bestehe keine Auslegungsfrage der europarechtlichen Normen, die ein Vorabentscheidungsersuchen rechtfertigen könnte. Die Überprüfung der gesetzmäßigen Berechnung der Grundtarife könnte nur in einem Verordnungsprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erfolgen, Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Mauttarifverordnungen bestünden aber nicht. Da es keine direkte horizontale Wirkung von Richtlinienbestimmungen gebe, könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg gegenüber der Beklagten als ihrer Vertragspartnerin unmittelbar auf Bestimmungen der WegekostenRL berufen.
[9] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand als 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision zu, weil der Auslegung und Einhaltung der Bestimmungen des BStMG 2002 und der Mauttarifverordnungen 2010 bis 2015 über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.
[10] Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Revision ist zulässig, weil der Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, über die Eingangsparameter zur Berechnung der LKW‑Maut Rechnung zu legen, über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Außerdem ist aus Anlass der Revision die Nichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen über das Auskunftsbegehren und des vorangegangenen Verfahrens wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs wahrzunehmen. Im Übrigen ist die Revision aber nicht berechtigt.
[12] 1.1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist eine absolute, in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft der Entscheidung (auch) von Amts wegen wahrzunehmende Prozessvoraussetzung (RS0046249 [T4]; RS0046861 [T5]; Garber in Fasching/Konecny 3 I § 42 JN Rz 15).
[13] 1.2. Eine den Obersten Gerichtshof nach § 42 Abs 3 JN bindende Entscheidung liegt nicht vor. Die Vorinstanzen haben nämlich über eine Unzulässigkeit des Rechtswegs weder im Spruch noch in den Gründen ihrer Entscheidungen abgesprochen. Die bloß implizite Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs durch die meritorische Behandlung des Begehrens reicht für die Annahme einer der Wahrnehmbarkeit des Mangels der Prozessvoraussetzung entgegenstehenden bindenden Entscheidung, die das Prozesshindernis verneint hätte, nicht aus (RS0046249 [T3, T5, T7]).
[14] 1.3. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs sind in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch iSd § 1 JN erhoben wurde, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben. Unerheblich ist, ob der behauptete Anspruch berechtigt ist, weil hierüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen ist (RS0045584; RS0045718; RS0005896; RS0045491; Mayr in Rechberger ZPO5 Vor § 1 JN Rz 7; Sengstschmid in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom, § 1 JN Rz 25).
[15] 1.4. Die Kompetenz der ordentlichen Gerichte hängt nach § 1 JN davon ab, ob ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht ausdrücklich durch das Gesetz vor eine andere Behörde verwiesen wird (RS0045584 [T32]; Ballon in Fasching/Konecny³ § 1 JN Rz 61; Sengstschmid in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom, § 1 JN Rz 48; Rassi in Kodek/Oberhammer, ZPO‑ON, § 1 JN Rz 16).
[16] 2.1. Unternehmensgegenstand der Beklagten, deren gesamte Anteile gemäß § 1 ASFINAG‑G vom Bund gehalten werden, ist insbesondere die Finanzierung, die Planung, der Bau und die Erhaltung von Bundesstraßen, sowie die Einhebung von zeit- und fahrleistungsabhängigen Mauten von den Nutzern dieser Straßen (§ 2 ASFINAG‑G). Aufgrund von § 2 ASFINAG‑ErmächtigungsG wurde der Beklagten das Recht der Fruchtnießung an allen Bestandteilen bestehender und künftig zu errichtender Bundesstraßen übertragen.
[17] 2.2. Gemäß § 1 BStMG ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten. Mautschuldner sind zur ungeteilten Hand der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer (§ 4 BStMG), Mautgläubiger ist aufgrund der ihr eingräumten Fruchtnießung die Beklagte (§ 3 BStMG). Bei der Maut handelt es sich daher nicht um eine Abgabe im Sinne des F‑VG 1948, sondern um ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung bestimmter Straßen (10 Ob 78/15s; 2 Ob 33/01v; 2 Ob 133/00y; VwGH 98/06/0002 VwSlg 18848 A; VfSlg 17.676/2005).
[18] 2.3.1. Die Höhe der für LKW zu entrichtenden fahrleistungsabhängigen Maut (§ 6 BStMG) unterliegt allerdings nicht der privatautonomen Vereinbarung zwischen dem jeweiligen Mautschuldner und der Beklagten, sondern ist durch Verordnungen festgelegt.
[19] 2.3.2. Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2011 bis 2016 waren die Mauttarifverordnungen 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 (gültig jeweils für das Folgejahr) maßgeblich. Die Verordnungsermächtigung fand sich in § 9 Abs 1 BStMG idF BGBl I 2008/135 (insofern unverändert durch BGBl I 2013/99; die ab 9. 6. 2016 geltende Novelle BGBl I 2016/38 war aufgrund der Übergangsvorschrift des § 9 Abs 14 BStMG idF BGBl I 2016/38 erst für die Mauttarifverordnung 2016 von Bedeutung), wonach der BMVIT im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen (in der Folge: BMF) den Grundkilometertarif für Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen für die fahrleistungsabhängige Maut durch Verordnung festsetzte. Die Beklagte hatte entsprechende Vorschläge zu erstellen.
[20] 2.3.3. In den genannten Mauttarifverordnungen wurde jeweils der Grundtarif festgesetzt, und zwar gemäß § 9 Abs 5 BStMG idF BGBl I 2008/135 (insofern inhaltlich unverändert durch BGBl I 2013/99) differenziert nach EURO‑Emissionsklassen.
[21] 2.4. Nach § 9 Abs 8 BStMG idF BGBl I 2008/135 hatte die Berechnung der Mauttarife den Bestimmungen der Art 2 lit aa, Art 7 Abs 9 bis 11 sowie Art 7a Abs 1 und 7 der RL 1999/62/EG (WegekostenRL) idF RL 2006/38/EG zu entsprechen, nach § 9 Abs 8 BStMG idF BGBl I 2013/99 jenen der Art 2 lit aa, 7b, 7e Abs 3, 7f und 7g WegekostenRL idF RL 2011/76/EU . Aus diesen (statischen) Verweisen auf die WegekostenRL (sofern diese in weiterer Folge ohne Bezugnahme auf eine Fassung genannt wird, bezieht sich dies gleichermaßen auf beide soeben genannten Fassungen) ergab sich, dass für die Jahre 2011 bis 2016 beim Grundtarif ausschließlich die Infrastrukturkosten im Sinne der dortigen Definition berücksichtigt werden durften. Externe Kosten (die verkehrsbedingt durch Luftverschmutzung und durch Lärmbelastung entstehen) durften nach § 9 Abs 1 iVm Abs 14 BStMG idF BGBl I 2016/38 erstmals bei der ab 1. 1. 2017 geltenden Mauttarifverordnung angesetzt werden.
[22] 2.5. Aufbauend auf diesen Mauttarifverordnungen war die Beklagte zur Erlassung der jeweiligen Mautordnung verpflichtet, mit der die Tarife für die einzelnen Mautabschnitte festgelegt wurden (§ 9 Abs 4 BStMG idF BGBl I 2008/135). Neben dem Grundtarif waren dabei die in Abs 2 leg cit genannten Verhältniszahlen für Fahrzeuge mit mehr als zwei Achsen und die auf den Hauptfahrbahnen des Mautabschnitts zurückzulegenden Wegstreckenzugrunde zu legen. Diese Mautordnungen, die gemäß § 14 BStMG (sofern in der Folge dieses Gesetz ohne Angabe der Fassung genannt wird, bezieht sich dies sowohl auf die Fassung BGBl I 2008/135 als auch die Fassung BGBl I 2013/99) der Genehmigung des BMVIT im Einvernehmen mit dem BMF bedurften, sind als Durchführungsverordnungen iSd Art 18 Abs 2 B‑VG zu qualifizieren (2 Ob 178/07a; VwGH Ra 2020/06/0156; 2001/06/0096; 2001/06/0173). Bei ihrer Erlassung handelte die Beklagte sohin hoheitlich.
[23] 2.6. Gleiches gilt auch für die Erstellung der Vorschläge für die Mauttarifverordnungen: Hier handelt es sich um eine Verwaltungstätigkeit, die zur Vorbereitung des hoheitlichen Akts der Erlassung der jeweiligen Verordnung diente. Auch diese Vorbereitungstätigkeit ist demnach nicht als privatrechtlich, sondern als hoheitlich zu qualifizieren (RS0104351).
[24] 3.1. Im gegenständlichen Fall ist nicht strittig, dass die Beklagte in ihren Mautordnungen die Mauttarifverordnungen des BMVIT korrekt umgesetzt und die Mauten der Klägerin entsprechend diesen Mautordnungen abgerechnet hat. Vielmehr vermutet die Klägerin, dass die Beklagte in ihrem Vorschlag und in weiterer Folge der BMVIT bei Erlassung der Mauttarifverordnungen die Infrastrukturkosten zu hoch angesetzt und/oder nicht zu diesen gehörende Positionen in Anschlag gebracht hat. Daraus leitet sie die Gesetz- und Unionsrechtswidrigkeit der Mauttarifverordnungen ab.
[25] 3.2. Sie strebt mit ihrem Hauptklagebegehren demnachprimär eine Auskunft über jene Eingangsparameter an, die von der Beklagten im Zuge ihrer Vorschläge dem BMVIT übermittelt wurden bzw hätten übermittelt werden müssen. Dementsprechend bezeichnet sie ihr Begehren auch als „Auskunftsbegehren“.
[26] 4.1. Den folgenden Ausführungen zum AuskunftspflichtG ist voranzustellen, dass das InformationsfreiheitsG BGBl I 2024/5 und die damit verbundenen verfassungsrechtlichen Änderungen (soweit hier relevant) erst am 1. 9. 2025 in Kraft treten. Die Frage der Auskunftspflicht ist deshalb nach den bisher geltenden Normen zu prüfen.
[27] 4.2.1. Nach § 1 AuskunftspflichtG haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung jedermann (§ 2 AuskunftspflichtG) über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist nach § 4 AuskunftspflichtG auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen, wobei als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, das AVG festgelegt wird, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.
[28] 4.2.2. Beim AuskunftspflichtG handelt es sich daher um eine verwaltungsrechtliche Norm, über deren Einhaltung letztlich im Verwaltungsweg und durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entscheiden ist.
[29] 4.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur zum Anwendungsbereich der Art 20 Abs 4 B‑VG umsetzenden Auskunftspflichtgesetze einen umfassenden Ansatz; danach knüpft Art 20 Abs 4 B‑VG mit der Wendung „alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe“ nicht an einen organisatorischen, sondern einen funktionellen Organbegriff an. Damit werden nicht nur Organe, die organisatorisch den Gebietskörperschaften zuzurechnen sind und Verwaltungsaufgaben besorgen, zur Auskunftserteilung nach Art 20 Abs 4 B‑VG verpflichtet, sondern auch solche, die – ohne organisatorisch in die Verwaltungsorganisation eingegliedert zu sein – mit der „Besorgung von Verwaltungsaufgaben“ betraut sind. Eine „systematische Reduktion“ des ersten Satzes des Art 20 Abs 4 B‑VG kommt wegen des erschließbaren Willens des historischen Gesetzgebers nicht in Betracht. Es ist davon auszugehen, dass dann, wenn der einfache Gesetzgeber erkannt hätte, dass er auch für die beliehenen und die sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts eine Regelung zu treffen gehabt hätte, er von dieser (durch Analogie anzunehmenden) Kompetenz auch Gebrauch gemacht und – weil Art 20 Abs 4 B‑VG die größtmögliche Einheitlichkeit der Vorschrift über die Auskunftspflicht zum Ziel hat – für diese die gleichen Regelungen getroffen hätte (VwGH Ra 2022/10/0166; Ro 2021/10/0009; Ro 2021/11/0005 mwN). Die Auskunftspflicht nach den Auskunftspflichtgesetzen besteht nach dieser Rechtsprechung gleichermaßen im Bereich der Hoheitsverwaltung wie in jenem der Privatwirtschaftsverwaltung (VwGH Ro 2023/13/0001; Ra 2022/10/0166; Ro 2021/10/0009; Ra 2015/03/0038 mwN). Soweit einem Rechtsträger (Fonds: Ra 2022/10/0166; Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit: Ro 2021/11/0005; GmbH: Ro 2017/07/0026; Anstalt: 2008/17/0151) die Besorgung von Verwaltungsaufgaben übertragen ist, ist dieser als jenes Organ, an welches Auskunftsbegehren und Antrag auf Bescheiderlassung gerichtet waren, im Fall der Verweigerung einer Auskunft ermächtigt und verpflichtet, einen Bescheid zu erlassen (Ra 2022/10/0166; Ro 2017/07/0026). § 4 AuskunftspflichtG sieht eine Verpflichtung zur Bescheiderlassung vor, die die Organe nach § 1 AuskunftspflichtG im Rahmen ihres Wirkungsbereichs trifft; diese Norm stellt eine eigene Ermächtigungsnorm zur Bescheiderlassung für diese Organe dar. Durch § 4 AuskunftspflichtG werden auch an sich nicht bescheidfähige Verwaltungsorgane partiell mit Behördenqualität ausgestattet (Ro 2017/07/0026 mwN).
[30] 4.3.3. Der Oberste Gerichtshof erachtet diese Auffassung für überzeugend und schließt sich dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs an. Demgemäß sind auch Auskunftsbegehren gegen die Beklagte nach dem AuskunftspflichtG zu behandeln, soweit sie deren Besorgung von Verwaltungsaufgaben betreffen. Im Verweigerungsfall hat die Beklagte auf Antrag einen Bescheid nach dem AVG zu erlassen. Der Umstand, dass sie als Kapitalgesellschaft des Privatrechts (nämlich als Aktiengesellschaft) organisiert ist, ändert daran nichts (VwGH Ro 2017/07/0026).
[31] 5.1. Ihr Begehren auf Auskunftserteilung über die der hoheitlichen Tätigkeit der Beklagten zugrunde liegenden Eingangsparameter stützt die Klägerin unter anderem ausdrücklich auf das AuskunftspflichtG (sowie Art 20 Abs 4 B‑VG; vgl dazu jedoch VfSlg 12.838, wonach diese Bestimmung keine subjektiven Rechte gewährt, sondern der einfachgesetzlichen Ausführung bedarf). Darüber ist jedoch nach den dargestellten Grundsätzen im Verwaltungsweg zu entscheiden.
[32] 5.2. Das BStMG, auf das sich die Klägerin ebenfalls bezieht, enthält keine explizite Regelung über Auskunftspflichten der Beklagten oder der (nunmehrigen) Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und verändert den Anwendungsbereich des AuskunftspflichtG demnach nicht.
[33] 5.3.1. Gleiches gilt für die WegekostenRL: Selbst wenn man diese im Sinne des Vorbringens der Klägerin für unmittelbar anwendbar erachtete und dahin interpretierte, dass sie (auch aufgrund des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes) eine ihr gegenüber bestehende Auskunftspflicht der Beklagten statuiere, wäre die Richtlinie insofern korrekt umgesetzt, als dieser Anspruch im Verwaltungsweg nach dem AuskunftspflichtG durchsetzbar wäre. Eine Regelung, welche innerstaatlichen Behörden oder Gerichte für einen derartigen Anspruch zuständig wären, enthält die WegekostenRL nämlich zweifelsfrei nicht. Sie legt daher auch nicht fest, ob über einen allfälligen Auskunftsanspruch die ordentlichen Gerichte oder die Beklagte als Verwaltungsbehörde mit einem Rechtszug zu den Verwaltungsgerichten zu entscheiden hat. Aus dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz ist insofern nichts Gegenteiliges abzuleiten, weil die Verwaltungsgerichtsbarkeit spätestens seit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 sämtliche Ansprüche an ein unparteiisches Gericht („Tribunal“) iSd Art 47 GRC erfüllt (Ballon in Fasching/Konecny³ § 1 JN Rz 63; Sengstschmid in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom, § 1 JN Rz 8; Rassi in Kodek/Oberhammer, ZPO‑ON, § 1 JN Rz 16; Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1 ABGB Rz 7; siehe auch 1 Ob 246/14d; 1 Ob 116/16i; 1 Ob 98/16t). Demnach sind keinerlei Gründe ersichtlich, den dortigen Rechtsschutz als gegenüber der Zivilgerichtsbarkeit nachteilig oder weniger effizient zu werten.
[34] 5.3.2. Daher bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass ein allfälliger aus der WegekostenRL abzuleitender Offenlegungsanspruch im Einklang mit der genannten Richtlinie und den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätzen auf den Verwaltungsweg verwiesen werden konnte. Im Sinne der acte‑clair‑Theorie ist eine Anrufung des EuGH zu diese Thema entbehrlich (RS0082949; RS0123074).
[35] 5.3.3. Die Frage, ob aus der WegekostenRL ein Auskunftsanspruch eines jeden Mautschuldners gegen die Beklagte über die Höhe der Infrastrukturkosten abzuleiten ist, erweist sich dagegen für den gegenständlichen Zivilprozess als nicht relevant. Der Anregung in der Revision, ein Vorabentscheidungsverfahren zu dieser Frage einzuleiten, ist demnach nicht nachzukommen (RS0082949 [T4, T7]). Soweit in der Revision die unterlassene Einholung einer Vorabentscheidung auch als Verfahrensmangel geltend gemacht wird, ist dies im Übrigen schon deshalb verfehlt, weil den Parteien diesbezüglich kein Antragsrecht zukommt (RS0058452 [insb T16]) und ein nicht letztinstanzliches Gericht zu einem Ersuchen nach Art 267 AEUV nur berechtigt, nicht aber verpflichtet ist.
[36] 5.3.4. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die WegekostenRL nichts an der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und ‑gerichte zur Beurteilung des Auskunftsbegehrens der Klägerin ändert. Gegebenenfalls ist also im Verwaltungsweg darüber zu entscheiden, ob aufgrund einer richtlinienkonformen Interpretation allfällige nach dem AuskunftspflichtG bestehende Verweigerungsgründe eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
[37] 6.1. Die Klägerin gründet ihr Hauptklagebegehren aber auch als Rechnungslegungsbegehren iSd Art XLII EGZPO auf Bereicherungsrecht und Schadenersatz, insbesondere wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art 102 AEUV und § 5 KartG. Damit macht sie einen zivilrechtlichen Rechtsgrund geltend.
[38] 6.2. Wie aus ihren Ausführungen zur unmittelbaren Anwendbarkeit der WegekostenRL ersichtlich ist, gründet die Klägerin diese Ansprüche darauf, dass die Beklagte bei der privatrechtlichen Verrechnung der Mauten überhöhte Beträge angesetzt habe; angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts wären dafür die Mautordnungen der Beklagten ebenso wenig relevant wie die Mauttarifverordnungen des BMVIT. Demgemäß stützt sie sich nicht auf eine fehlerhafte Erlassung der Mautordnungen oder eine diesbezüglich unterlassene Korrektur (die der Beklagten nur mit Genehmigung des BMVIT im Einvernehmen mit dem BMF möglich gewesen wäre), sondern auf behauptete Fehler im privatrechtlichen Verhalten der Beklagten. Der Zulässigkeit des Rechtswegs steht insofern auch § 9 Abs 5 AHG (zur Anwendung dieser Bestimmung auf juristische Personen des Privatrechts siehe RS0124590) nicht entgegen (RS0050139 [T5]).
[39] 7. Im Ergebnis erweist sich der Rechtsweg also insofern als unzulässig, als die Klage unmittelbar auf das AuskunftspflichtG, Art 20 Abs 4 B‑VG, das BStMG oder die WegekostenRL (samt dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz) gestützt ist; insoweit die Vorinstanzen über dieses Auskunftsbegehren inhaltlich entschieden haben, waren ihre Urteile als nichtig aufzuheben und die Klage zurückzuweisen (siehe 9 Ob 11/08w; vgl weiters 4 Ob 154/12v). Der Rechtsweg ist jedoch hinsichtlich des auf Bereicherungs- und Schadenersatzrecht, insbesondere Art 102 AEUV und § 5 KartG iVm § 37j KartG, gestützten Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehrens zulässig.
[40] 8.1. Bei der inhaltlichen Prüfung des zuletzt genannten Anspruchs ist zunächst festzuhalten, dass eine Pflicht zur Rechnungslegung nach Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht bloß deshalb verneint werden kann, weil die Klägerin die angestrebte Auskunft allenfalls auch aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs im Verwaltungsverfahren erlangen könnte (RS0106852).
[41] 8.2. Eine Stufenklage nach Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO begründet allerdings keinen eigenen materiell‑rechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung, sondern setzt voraus, dass eine solche Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht (RS0034986). Die Verpflichtung zur Rechnungslegung muss sich entweder unmittelbar aus einer Norm des bürgerlichen Rechts oder aus einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien ergeben (vgl RS0019051). Eine öffentlich‑rechtliche Norm kann dagegen nicht als Anspruchsgrundlage für ein Rechnungslegungsbegehren herangezogen werden (RS0035110; RS0106848; RS0004011; Konecny inFasching/Konecny 3 Art XLII EGZPO Rz 22; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO5 Art XLII EGZPO Rz 2).
[42] 8.3.1. Ein Rechnungslegungsanspruch kann sich zwar auch aus dem Gesetz ergeben, jedoch muss das grundsätzlich ausdrücklich aus der zugrunde liegenden Norm geschehen, wobei Art XLII EGZPO nicht ausdehnend auszulegen ist (RS0019051). Soweit in Teilen der Rechtsprechung vom Erfordernis einer expliziten gesetzlichen Grundlage abgegangen wurde (1 Ob 2370/96b; 10 Ob 47/07w; 3 Ob 197/13m; Konecny in Fasching/Konecny 3 Art XLII EGZPO Rz 33; Weber in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom, Art XLII EGZPO Rz 9), wurde ein Rechnungslegungsanspruch jeweils aus den spezifischen Gegebenheiten der rechtlichen Sonderbeziehung abgeleitet (1 Ob 2370/96b; 10 Ob 47/07w) oder verneint (3 Ob 197/13m); weiters wurde dafür ein dem Grunde nach zu Recht bestehender Anspruch vorausgesetzt (vgl etwa 1 Ob 2370/96b; 10 Ob 47/07w; Konecny in Fasching/Konecny 3 Art XLII EGZPO Rz 33).
[43] 8.3.2. Letzteres steht im gegenständlichen Fall gerade nicht fest; vielmehr soll die Offenlegung der Eingangsparameter die Klägerin nach ihren Behauptungen überhaupt erst in die Lage versetzen zu prüfen, ob ihr ein Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte zusteht oder nicht.
[44] 8.3.3. Im Übrigen ist in der Judikatur anerkannt, dass aus dem Gesetz abgeleitete Schadenersatzansprüche mangels Sonderregelung keinen Anspruch auf eine Stufenklage begründen (7 Ob 48/12b; 6 Ob 40/19d; 4 Ob 171/20f). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist deshalb eine Klage nach Art XLII EGZPO zur Vorbereitung einer Schadenersatzklage und zur Bezifferung des Schadens unzulässig (RS0034949). Auch ein Bereicherungsanspruch rechtfertigt im Allgemeinen (Ausnahmen bestehen etwa bei unechter Geschäftsführung ohne Auftrag, vgl RS0110732; RS0019851; siehe weiters 5 Ob 94/13d zum Reparaturkostenvorschuss) keine Klage auf Rechnungslegung (Weber in Höllwerth/Ziehensack, ZPO‑TaKom, Art XLII EGZPO Rz 9).
[45] 8.4. Das AuskunftspflichtG ist als öffentlich-rechtliche Norm jedenfalls ungeeignet, den Rechnungslegungsanspruch der Klägerin nach Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO zu stützen. Wie bereits dargestellt, sind auch allfällige aus dem BStMG und der WegekostenRL abgeleitete Ansprüche auf Transparenz der Eingangsparamater im Verwaltungsweg nach dem AuskunftspflichtG durchzusetzen; sie sind ebenfalls keine tauglichen Grundlagen für die Bejahung eines zivilrechtlichen Rechnungslegungsanspruchs.
[46] 8.5.1. Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf Art 102 AEUV und § 5 KartG iVm § 37j KartG stützt, ist zunächst festzuhalten, dass Tätigkeiten, die in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erfolgen, keinen wirtschaftlichen Charakter haben, der die Anwendung der im AEUV vorgesehenen Wettbewerbsregeln rechtfertigen würde (EuGH, 18. 1. 2024, C‑128/21 , Lietuvos notarų rūmai, Rn 61; 6. 5. 2021, C‑142/20 , Analisi G. Caracciolo, Rn 56; 12. 7. 2012, C‑138/11 , Compass-Datenbank, Rn 36 mwN). Auch nach nationalem Kartellrecht, das gemäß Art 3 Abs 1 der Verordnung (EG) 1/2003 neben Art 102 AEUV anwendbar bleiben kann (RS0124844), sind hoheitliche Tätigkeiten der Kontrolle des Kartellgerichts entzogen. Die Prüfung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach § 5 KartG bezieht sich daher nur auf die unternehmerische, nicht aber die hoheitliche Tätigkeit eines Rechtsträgers (16 Ok 8/14h; 16 Ok 12/03; 16 Ok 9/95; vgl auch 16 Ok 3/15z).
[47] 8.5.2. Da die privatrechtliche Tätigkeit der Beklagten im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer hoheitlichen Tätigkeit steht, kann im vorliegenden Fall fraglich sein, ob der Anwendungsbereich der von der Klägerin angeführten wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen überhaupt eröffnet ist (vgl dazu ErwGr 3 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 11. 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union [in der Folge: SchadenersatzRL]).
[48] 8.5.3. Dies kann jedoch ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob ein Preismissbrauch iSd § 5 Abs 1 Z 1 KartG bzw Art 102 lit a AEUV, der nur dann vorliegt, wenn der vom Marktbeherrscher verlangte Preis „stark“ bzw „eindeutig“ überhöht ist (RS0132203), von der Klägerin überhaupt schlüssig behauptet wurde und ob § 37j Abs 1 KartG die diesbezüglichen Anforderungen auch für die Behauptung des Wettbewerbsverstoßes an sich reduziert.
[49] 8.5.4. Selbst wenn man nämlich einen hinreichend behaupteten Wettbewerbsverstoß unterstellt, ist daraus der geltend gemachte Rechnungslegungsanspruch nicht abzuleiten:
[50] § 37j KartG ermöglicht eine Offenlegung von Beweismitteln (erst) in Verfahren, die Ersatzansprüche aus einer Wettbewerbsrechtsverletzung zum Gegenstand haben. Ein Rechtsträger, der sich durch einen Kartellverstoß geschädigt erachtet, muss daher die Schadenersatzklage einbringen, bevor er Anträge auf Offenlegung nach § 37j KartG stellen kann (16 Ok 1/22s; 16 Ok 1/23t; 16 Ok 8/23x).
[51] Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung des Art 5 SchadenersatzRL mit § 37j KartG bewusst – im Unterschied zum deutschen Recht (vgl die Nachweise bei Egger/Gänser in Egger/Harsdorf-Borsch, Kartellrecht § 37j KartG 2005 Rz 3) – keinen materiell‑rechtlichen Rechnungslegungsanspruch iSd Art XLII EGZPO, sondern eine innerprozessuale Offenlegungspflicht betreffend Beweismittel normiert, die als Erweiterung der (ansonsten weiterhin anwendbaren) Bestimmungen der §§ 303 ff ZPO zu verstehen und über die im Zuge des Verfahrens mit Beschluss zu entscheiden ist (ErläutRV 1522 BlgNR 25. GP 11).
[52] Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Art 5 Abs 1 iVm Art 2 Nr 4 SchadenersatzRL bestehen auch keine vernünftigen Zweifel, dass die gesetzgeberische Entscheidung, wonach eine Offenlegung iSd § 37j KartG erst in einem Verfahren über eine Schadenersatzklage zu erfolgen hat, den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht. Auch hier ist im Sinne der acte‑clair‑Theorie eine Anrufung des EuGH entbehrlich (RS0082949; RS0123074).
[53] Bei § 37j KartG handelt es sich daher um eine rein verfahrensrechtliche Norm, die damit als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist (RS0035110; RS0004011). Auch sie ist deshalb schon vom Ansatz her ungeeignet, das gegenständliche Rechnungslegungsbegehren zu stützen. Im Übrigen betrifft sie inhaltlich die Herausgabe von Beweismitteln und nicht eine Rechnungslegung.
[54] 8.6. Im Ergebnis erweist sich die Abweisung des Manifestationsbegehrens durch die Vorinstanzen als zutreffend. Nach ständiger Judikatur kann diesfalls das – dem Wesen der Stufenklage entsprechend – unbestimmte Leistungsbegehren allein nicht bestehen und ist daher ebenfalls abzuweisen (RS0035113).
[55] 9.1. Die in der Revision zum Eventualbegehren gerügten Verfahrensmängel beziehen sich großteils auf das erstinstanzliche Verfahren. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können aber nicht nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (RS0042963).
[56] 9.2. Die unterlassene Einholung einer Vorabentscheidung begründet ebenso keinen Verfahrensmangel iSd § 503 Z 2 ZPO (siehe oben ErwGr 5.3.3.). Eine Überraschungsentscheidung durch das Berufungsgericht liegt entgegen den Revisionsausführungen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[57] 10.1. Das auf Bereicherung gestützte Begehren auf Rückzahlung des – nach Ansicht der Revisionswerberin – gezahlten Mautübermaßes könnte nur dann erfolgreich sein, wenn eine Nichtigkeit bzw Teilnichtigkeit der jeweiligen Straßenbenutzungsverträge vorläge. Dies wäre dann der Fall, wenn ein Rechtsträger als Adressat der Pflicht zur Umsetzung zwingenden Unionsrechts Verträge mit Straßenbenutzern schließt, die sich gerade ihm gegenüber auf die Einhaltung zwingenden, auf die Vertragsbeziehung unmittelbar anwendbaren Unionsrechts berufen dürften und im Straßenbenutzungsvertrag Bedingungen vorgesehen sind, mit denen die maßgebenden zwingenden Normen des Unionsrechts verletzt werden (10 Ob 78/15s; 1 Ob 57/04w). Der Umstand, dass die verrechneten Mauten den Mauttarifverordnungen und Mautordnungen entsprachen, wäre diesfalls aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ohne Bedeutung (vgl 10 Ob 78/15s; 1 Ob 57/04w).
[58] 10.2.1. Eine Richtlinie ist grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss von den Mitgliedstaaten in das innerstaatliche Recht umgesetzt werden. Der Einzelne kann durch die Richtlinie nicht unmittelbar verpflichtet werden. Ebenso wenig besteht eine unmittelbare Wirkung von Bestimmungen nicht umgesetzter Richtlinien im Verhältnis zwischen Privatpersonen. Es gibt also keine direkte horizontale Wirkung von Richtlinienbestimmungen (RS0111214).
[59] 10.2.2. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich der Einzelne aber in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber einem Mitgliedstaat vor dessen Gerichten auf diese Bestimmungen berufen, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat (EuGH, 12. 9. 2024, C‑243/23 , Drebers, Rn 87 mwN; 28. 10. 2020, C‑321/19 , BY und CZ, Rn 35).
[60] 10.2.3. Wenn sich der Einzelne nicht einem Privaten, sondern dem Staat gegenüber auf eine Richtlinie berufen kann, kann er dies jedoch unabhängig davon tun, in welcher Eigenschaft – als Arbeitgeber oder als Hoheits-träger – der Staat handelt. In dem einen wie dem anderen Fall muss nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen kann (EuGH 10. 10. 2017, C‑413/15 , Farrell, Rn 32 mwN).
[61] 10.2.4. Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist auch anerkannt, dass sich die Einzelnen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie nicht nur gegenüber einem Mitgliedstaat und allen Trägern seiner Verwaltung wie den dezentralen Stellen berufen können, sondern auch gegenüber Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten. Solche Organisationen oder Einrichtungen unterscheiden sich von Privatpersonen und sind dem Staat gleichzustellen, entweder weil sie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, die zum Staat im weiteren Sinne gehören, oder weil sie einer öffentlichen Stelle oder deren Aufsicht unterstehen, oder weil sie von einer solchen Stelle mit der Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut sind und hierzu mit den genannten besonderen Rechten ausgestattet wurden. Daher können einer – selbst privatrechtlichen – Organisation oder Einrichtung, die von einem Mitgliedstaat mit der Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut wurde und hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten, die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen einer Richtlinie entgegengehalten werden (EuGH 10. 10. 2017, C‑413/15 , Farrell, Rn 33–35 mwN).
[62] 10.2.5. Dass dies auf die Beklagte zutrifft und sie demnach zu den Rechtssubjekten gehört, denen die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen einer Richtlinie entgegengehalten werden können, wurde ebenfalls bereits ausgesprochen (EuGH, C‑157/02 , Rieser, Rn 25–29).
[63] 10.2.6. Der EuGH hat weiters bereits entschieden, dass Art 7 Abs 9 WegekostenRL idF RL 2006/38/EG (anders als diese Bestimmung in der Stammfassung, vgl EuGH, C‑157/02 , Rieser, Rn 41) unmittelbar anwendbar ist. Der Einzelne kann sich daher vor den nationalen Gerichten gegenüber einem Mitgliedstaat unmittelbar auf die aus dieser Bestimmung resultierende Verpflichtung, ausschließlich die Infrastrukturkosten zu berücksichtigen, berufen, wenn der Mitgliedstaat dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist oder sie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat (EuGH 28. 10. 2020, C‑321/19 , BY und CZ, Rn 35).
[64] 10.2.7. Außerdem steht Art 7 Abs 9 WegekostenRL idF RL 2006/38/EG jeder Überschreitung der Infrastrukturkosten des betreffenden Verkehrswegenetzes entgegen, die auf nicht unerhebliche Berechnungsfehler oder die Berücksichtigung von Kosten zurückzuführen ist, die nicht zu den in dieser Bestimmung genannten Kosten gehören. Abweichungen von 3,8 % bzw 6 % wurden dabei für nicht unerheblich erachtet (EuGH 28. 10. 2020, C‑321/19 , BY und CZ, Rn 32–33).
[65] 10.2.8. Für die inhaltsgleiche Bestimmung des Art 7b WegekostenRL idF RL 2011/76/EU kann nichts anderes gelten. Auch diese Bestimmung ist daher unmittelbar anwendbar und steht jeder nicht unerheblichen Überschreitung der Infrastrukturkosten des betreffenden Verkehrswegenetzes entgegen.
[66] 11.1. Das Erstgericht hat lediglich eine Negativfeststellung zu einer deutlichen Überdeckung der jeweiligen Infrastrukturkosten durch die jeweils vereinnahmten Mauterlöse getroffen. Angesichts der Judikatur, dass jede nicht unerhebliche (und nicht nur eine deutliche) Überschreitung der Infrastrukturkosten der WegekostenRL entgegensteht, kann dies zwar nicht ausreichen. Ein sekundärer Feststellungsmangel ist aber dennoch zu verneinen, weil die Klägerin selbst vorbringt, mangels Kenntnis der Eingangsparameter der Beklagten eine solche Überschreitung nicht überprüfen und damit auch nicht beweisen zu können.
[67] 11.2. Derjenige, der sich auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Zahlungsempfängers beruft, hat nachzuweisen, dass die Vermögensverschiebung zu Unrecht oder gar missbräuchlich stattfand (RS0033564 [T4]). Dass dies auch für die Rückforderung angeblich überhöhter Maut gilt, hat der Oberste Gerichtshof – in einem ebenfalls zwischen denselben Parteien geführten Verfahren – bereits ausgeführt (10 Ob 78/15s).
[68] 11.3. Nach diesem Grundsatz trifft die Klägerin die Beweislast dafür, dass ihr durch die Mauttarifverordnungen nicht nur die (richtig im Sinne der WegekostenRL berechneten) Infrastrukturkosten angelastet wurden.
[69] 11.4.1. Die von der Klägerin geforderte Beweislastverschiebung ist nach ständiger Rechtsprechung auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die „Nähe zum Beweis“ – im Einzelfall – den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen“ (RS0037797 [T47]). Voraussetzung ist aber zum einen, dass derjenige, den die Beweislast nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt (RS0037797 [T17]). Zum anderen setzt eine Verschiebung der Beweislast wegen der Nähe zum Beweis nach der Rechtsprechung voraus, dass es dem Beweisnäheren ohne Weiteres zumutbar ist, die Informationen dem anderen zu offenbaren (vgl RS0040182 [T4, T5, T9]; Rassi, Kooperation und Geheimnisschutz bei Beweisschwierigkeiten im Zivilprozess [2020] Rz 27 mwH).
[70] 11.4.2. Wie bereits dargestellt, steht der Klägerin der Verwaltungsweg nach dem AuskunftspflichtG zur Verfügung, um jene Informationen zu erlangen, die sie zur Überprüfung der Gesetzes- und Unionsrechtskonformität der Mauttarifverordnungen bedarf. Sollte sie damit nicht durchdringen, steht auch für die ordentlichen Gerichte bindend fest, dass die Beklagte ihr diese Informationen nicht offenbaren muss. Diese Entscheidungskompetenz der zuständigen Verwaltungsbehörden und -gerichte darf nicht durch die von der Klägerin angestrebte Beweislastverschiebung umgangen werden (vgl 9 ObA 38/20h).
[71] 11.5.1. Soweit die Klägerin ihren Anspruch auch auf Art 102 AEUV und § 5 KartG stützt, ist festzuhalten, dass aus einer Verletzung einer Offenlegungsanordnung nach § 37j KartG allenfalls eine Beweislastumkehr abgeleitet werden könnte (vgl Art 8 und ErwGr 33 SchadenersatzRL).
[72] 11.5.2. Dies bedarf hier aber ebenso wenig einer Klärung wie die Frage, ob die Klägerin der Beklagten überhaupt hinreichend schlüssig den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen hat (vgl oben ErwGr 8.5.1. ff):
[73] Das Erstgericht hat nämlich keine Offenlegungsanordnung erlassen, sondern den Antrag der Klägerin auf Offenlegung nach § 37j KartG unerledigt gelassen. Ob die Klägerin dies in ihrer Berufung als Verfahrensmangel gerügt hat, muss dahingestellt bleiben. Den Umstand, dass das Berufungsgericht ihre diesbezüglichen Ausführungen nicht als Mängelrüge behandelt hat, macht die Klägerin in ihrer Revision nämlich nicht als Verfahrensmangel iSd § 503 Z 2 ZPO geltend. Demnach ist für den Obersten Gerichtshof bindend von einer Verneinung dieses innerprozessualen Offenlegungsantrags auszugehen.
[74] Mangels einer Offenlegungsanordnung iSd § 37j KartG scheidet eine auf eine Verletzung derselben gegründete Beweislastumkehr aus.
[75] 12.1. Da der Klägerin der Nachweis, dass ihr durch die Mauttarifverordnungen nicht nur die (richtig im Sinne der WegekostenRL berechneten) Infrastrukturkosten angelastet wurden, nicht gelungen ist, und angesichts der Anwendbarkeit des AuskunftspflichtG auch keine Rechtsschutzlücke besteht, hegt der Oberste Gerichtshof keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in den Jahren 2011 bis 2016 geltenden Mauttarifverordnungen oder die Verfassungskonformität des BStMG. Der Anregung der Revision auf Einleitung eines Verordnungs- und/oder Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof ist daher nicht zu folgen.
[76] 12.2. Fragen der Auslegung von Unionsrecht sind zum Eventualbegehren ebenfalls nicht zu beantworten, weshalb ein Vorabentscheidungsersuchen auch insofern entbehrlich ist.
[77] 13. Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs auf § 51 Abs 1 ZPO, im Übrigen auf den §§ 41, 50 ZPO. Es ist der Klägerin als Verschulden anzulasten, dass sie das Verfahren trotz eines zum Teil bestehenden absoluten Prozesshindernisses einleitete, obwohl der geltend gemachte Anspruch bereits nach der Klagserzählung auf eine Auskunft einer Behörde über eine Angelegenheit ihres Wirkungsbereichs gerichtet war. Die Beklagte hat bereits in der Klagebeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtswegs für Ansprüche nach dem AuskunftspflichtG hingewiesen. Die Klägerin hat ihr daher die Kosten aller drei Instanzen zu ersetzen, über die zu entscheiden ist, weil von der teilweisen Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen auch deren Kostenentscheidung betroffen ist (vgl 1 Ob 246/14d). Dabei sind – entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts – die Einwendungen der Klägerin nur insofern berechtigt, als der Fristerstreckungsantrag vom 12. 5. 2022 nicht zu honorieren ist.
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