OGH 3Ob197/13m

OGH3Ob197/13m22.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H*****, Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Dr. Fritz Vierthaler und Dr. Christoph Mizelli, Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagten Parteien 1. H***** KG, und 2. L*****, beide vertreten durch Mag. Christian Grasl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bekanntgabe (100.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2013, GZ 1 R 86/13v‑17, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 26. Februar 2013, GZ 5 Cg 137/12p‑13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.168,48 EUR (darin 361,41 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Partei, eine Kommanditgesellschaft, betreibt eine Auskunftei und das Sicherheitsgewerbe, eingeschränkt auf das Gewerbe der Berufsdetektive, den Handel mit Sicherheitstechnik und die Sicherheitstechnik. Der Zweitbeklagte ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der erstbeklagten Partei.

Der Kläger erbte ein beträchtliches Vermögen. Im Februar 2012 observierten zwei Mitarbeiterinnen der erstbeklagten Partei den Kläger und dessen Familie (Ehefrau und zwei Kleinkinder). Sie brachten an seinem Pkw einen GPS‑Peilsender an. Dem Kläger gelang es, die Beklagten auszuforschen, und er erstattete Strafanzeige. Im Zuge des Strafverfahrens übermittelten die beiden beklagten Parteien sowie die beiden Mitarbeiterinnen der erstbeklagten Partei Unterlassungserklärungen, in denen sie sich verpflichteten, an Fahrzeugen, die im Eigentum und in der Haltereigenschaft des Klägers stehen, keine GPS‑Peilsender mehr anzubringen. Das Strafverfahren wegen des Verdachts der beharrlichen Verfolgung gemäß § 107a StGB wurde daraufhin eingestellt.

Die beklagten Parteien gaben dem Kläger ihren Auftraggeber nicht bekannt. Der Auftraggeber entband die Beklagten ausdrücklich nicht von ihrer Verschwiegenheitspflicht. Es liegen keine Observierungsergebnisse vor und es wurden auch keine Daten an den Auftraggeber weitergeleitet.

Gestützt vor allem auf seine durch § 16 ABGB in das Privatrecht übertragene grundrechtliche Position und den systematischen Eingriff in Persönlichkeitsrechte begehrt der Kläger von den Beklagten, ihm die Daten des/der Auftraggeber(in) betreffend die im Februar 2012 durchgeführte Überwachung seiner Person bekanntzugeben.

Die beklagten Parteien bestritten einen entsprechenden Anspruch des Klägers und wandten im Wesentlichen ein, dass aus der Observierung (die beklagten Parteien behaupten diesbezüglich lediglich einen Zeitraum von 28. Februar 2012, 8:00 Uhr, bis 29. Februar 2012, 16:30 Uhr) keine Daten an die Auftraggeberseite weitergeleitet worden seien, dass keine Observierungsergebnisse vorlägen und dass den beklagten Parteien aus berufsrechtlichen Gründen (staatlich anerkannte Verschwiegenheitspflicht nach § 130 Abs 5 GewO) die Bekanntgabe der Auftraggeberin bzw des Auftraggebers nicht möglich sei; § 321 Abs 1 Z 3 ZPO und § 49 Abs 1 Z 2 AVG statuierten auch entsprechende Entschlagungsrechte im Verfahren, wovon die beklagten Parteien auch Gebrauch machten. Eine Norm, aufgrund derer die beklagten Parteien zur gewünschten Auskunft verpflichtet seien, existiere nicht. Die beklagten Parteien stünden mit der klagenden Partei in keinerlei Rechtsverhältnis.

Insbesondere bei der Beauftragung durch Rechtsanwälte sei der Detektei oft nicht einmal bekannt, in welchem Namen entsprechende Rechercheergebnisse einzuholen seien. Rechtsanwaltskanzleien könnten aufgrund der noch strengeren Verschwiegenheitspflichten keinesfalls verpflichtet werden, Informationen hinsichtlich Mandanten etc zur Verfügung zu stellen. Eine allenfalls erzwungene Bekanntgabe des Auftraggebers würde für die beklagten Parteien einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil mit sich bringen. Im Übrigen seien die Beklagten auch nicht in der Lage, die begehrten Informationen bekannt zu geben, sodass die begehrte Leistung unmöglich sei.

Nach Aufnahme allein der Urkundenbeweise verpflichtete das Erstgericht die beklagten Parteien, dem Kläger die Daten des/der Auftraggeber(in) betreffend die im Februar 2012 durchgeführte Überwachung bekanntzugeben. In seiner rechtlichen Beurteilung nahm das Erstgericht eine Interessenabwägung zwischen der den Berufsdetektiven auferlegten gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 130 Abs 5 GewO) und dem Interesse des Klägers auf Achtung des Privat‑ und Familienlebens (Art 8 EMRK) vor, das als höherrangig angesehen wurde, weshalb die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im klageabweisenden Sinn ab. Aufgrund ihrer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit seien die beklagten Parteien gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet, die Identität des Auftraggebers preiszugeben; eine Interessenabwägung habe nicht stattzufinden. Auch ein Arzt sei beispielsweise nicht verpflichtet , sondern unter gewissen Voraussetzungen berechtigt , ein Berufsgeheimnis preiszugeben.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Gegen die Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagestattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist wegen des Fehlens höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob und inwieweit ein Auskunftsanspruch des Überwachten gegen den Privatdetektiv betreffend dessen Auftraggeber besteht, zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Das Revisionsvorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass im Fall der Verneinung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs jeglicher Rechtsschutz des verdeckt Observierten entfallen würde, weil es ihm nicht möglich sei, sich gegen weitere entsprechende Eingriffe wirksam zu schützen. Die einfachgesetzlich normierte Verschwiegenheitsverpflichtung gemäß § 130 Abs 5 GewO müsse zum Schutz gegen Verletzungen der Persönlichkeitsrechte im Sinne des § 16 ABGB und insoweit auch grundrechtsrelevante Angriffe (Art 8 EMRK) hinter den Auskunftsanspruch zurücktreten. Eine Interessenabwägung müsse schon deshalb unterbleiben, weil die Mitarbeiterinnen der erstbeklagten Partei nicht die schonendsten Mittel angewendet hätten. Selbst wenn eine Interessenabwägung vorgenommen würde, müsste diese zugunsten des Klägers ausfallen, weil seine Interessen am Schutz seiner Grund‑ und Persönlichkeitsrechte bei weitem schwerwiegender seien als die Interessen der beklagten Partei und ihrer Auftraggeber an der Geheimhaltung; der Kläger wäre bei Verneinung eines Auskunftsanspruchs der Willkür der Auftraggeber der beklagten Parteien schutzlos ausgeliefert.

Die beklagten Parteien entgegnen in ihrer Revisionsbeantwortung, dass der österreichischen Rechtsordnung keine Pflicht zur Offenlegung des Berufsgeheimnisses zu entnehmen sei. Im Sinne des § 130 Abs 5 GewO seien die beklagten Parteien ohne entsprechende Zustimmung des Auftraggebers nicht berechtigt, Informationen, Daten etc über den Auftraggeber bekannt zu geben. Eine Interessenabwägung habe nicht stattzufinden. Die Persönlichkeitsrechte des Klägers seien durch die Möglichkeit der Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen ausreichend gesichert.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Es liegt am behauptungspflichtigen Kläger, sein Vorbringen so weit zu spezifizieren, dass es als Anspruchsgrundlage für den behaupteten Anspruch ausreicht (RIS‑Justiz RS0042828); eine Rechtsnorm muss er nicht nennen.

Der Kläger sieht die Anspruchsgrundlage für sein Auskunftsbegehren darin, dass er betreffend die Durchführung weiterer Observationen (insbesondere unter Verwendung eines GPS‑Senders) einen Unterlassungsanspruch gegenüber den beklagten Parteien habe, darüber hinaus aber auch gegen den/die nach wie vor unbekannten Auftraggeber/in der beklagten Parteien, weshalb er ein dringendes Interesse daran habe, Unterlassungsansprüche auch gegen den/die unbekannten Auftraggeber durchzusetzen. Seinen Anspruch auf Bekanntgabe stütze er insbesondere auf den Umstand, dass er unverschuldet keine Informationen über den/die Auftraggeber der beklagten Partei besitze und demnach auf die Bekanntgabe seitens der beklagten Parteien angewiesen sei, um sich und seine Familie vor weiteren Angriffen zu schützen. „Um den … bestehenden Unterlassungsanspruch auch gegen den/die unbekannten Auftraggeber durchsetzen zu können, ist die gegenständlich geltend gemachte Drittauskunft rechtmäßig und unter Heranziehung natürlicher Rechtsgrundsätze zur Wahrung des Rechtsschutzes (insbesondere betreffend Persönlichkeits- und Menschenrechte) erforderlich. Zudem werden die geschilderten Rechtsgutsverletzungen auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt.“ (Seiten 7 ‑ 8 der Klage).

Weiters wird angeführt, dass das Begehren auf Auskunftserteilung zur Abwendung gewichtiger Schäden „jedenfalls als höherwertigeres Rechtsgut ‑ im Gegensatz zur bloßen Neugierde oder eines allenfalls bloß dem Vermögensbereich zuordenbares Interesse Dritter ‑ zu betrachten“ sei. Eine entsprechende Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht habe allgemein dann zu erfolgen, wenn die Offenlegung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen erforderlich sei. Genau dies sei hier der Fall. Um die zu befürchtenden Verstöße und drohenden Schäden bestmöglich vermeiden zu können, sei die Aufrechterhaltung einer allfälligen Verschwiegenheitspflicht der beklagten Parteien gegenüber dem Kläger als gröblich benachteiligend zu betrachten und nach einer entsprechenden Interessenabwägung nicht zu rechtfertigen. Zudem könnten durch die Weitergabe allfälliger Details zum Privat- und Familienleben auch strafgesetzlich relevante Tatbestände (beispielsweise Kindesentführung) verwirklicht werden, weshalb ein erhöhtes Interesse gegeben sei. Durch die verdeckten und überschießenden Überwachungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum sei systematisch in absolute Persönlichkeitsrechte des Klägers eingegriffen worden; die vorgenommenen Handlungen stellten jedenfalls einen rechtswidrigen und unverhältnismäßigen Eingriff in das gemäß § 16 ABGB (in Verbindung mit Art 8 EMRK) geschützte Recht auf Achtung der Geheim‑ und Familiensphäre dar (Schriftsatz ON 5, Seiten 9 ‑ 12).

2. Der Kläger stützt sich nicht explizit auf möglicherweise aus dem Datenschutzrecht hervorgehende Offenlegungsverpflichtungen. Tatsächlich gewährt das Datenschutzrecht keine Anspruchsgrundlage für eine Klage auf Offenlegung, sind doch Auskunftsrechte nach dem DSG 2000 sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Bereich nicht vor den Zivilgerichten (§ 32 DSG), sondern vor der Datenschutzkommission durchzusetzen ( Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim , DSG 2 § 32 Anm 3 [Stand 4. 6. 2013]; Kimm , Rechtsschutz im Datenschutz, in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht [2009] 153 [161]; Lukas , Schadenersatz bei Verletzung der Privatsphäre, RZ 2004, 33 [36]).

3. § 16 ABGB anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert (RIS‑Justiz RS0008993 [T4]; aus dem Schrifttum anstatt vieler Koch in KBB 3 § 16 ABGB Rz 3). Aus dieser Norm erfließen in Verbindung mit anderen Normen (beispielsweise Art 8 EMRK, § 1 DSG, § 77 UrhG) einzelne Persönlichkeitsrechte, die die verschiedenen Aspekte der Person betreffen und in ihrer Intensität und ihrem Schutzbereich verschieden sein können ( Aicher in Rummel 3 § 16 Rz 14). So wird aus § 16 ABGB auch das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereiches und seiner Geheimsphäre abgeleitet (RIS‑Justiz RS0008993 [T2]; RS0009003; Lukas , RZ 2004, 35). Dieses bietet Schutz sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßig erlangter Information aus der und über die Geheimsphäre (4 Ob 91/78 = SZ 51/146 = ZAS 1979, 176 [Marhold] = DRdA 1979, 394 [Raschauer]).

Im Fall von Persönlichkeitsverletzungen leitet die Rechtsprechung aus § 16 ABGB Feststellungsansprüche sowie Abwehransprüche ab, nämlich Unterlassungsansprüche (3 Ob 511/83 = SZ 56/63 uva), die bei bereits erfolgtem Verstoß auch Beseitigungs‑ bzw Vernichtungsansprüche umfassen (3 Ob 131/00m; 6 Ob 190/01m = SZ 74/168), und Entschädigungsansprüche (RIS‑Justiz RS0008994; zum weitgehend deckungsgleichen Meinungsstand im Schrifttum siehe insbesondere Aicher in Rummel 3 § 16 Rz 35a, Posch in Schwimann/Kodek 4 § 16 Rz 53 ff, Koch in KBB 3 § 16 ABGB Rz 9, Schauer in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 16 Rz 28 ff und Egger in Schwimann , ABGB‑TaKomm 2 § 16 Rz 18). In speziellen Fällen wurde der Persönlichkeitsschutz auch zur Begründung eines Kontrahierungszwangs herangezogen, wie beispielsweise bei einem diskriminierenden Lokalverbot (1 Ob 554/86 = SZ 59/130) oder zur Duldung der Benützung einer der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Tiefgarage, wenn die betroffene Person davon ausgeschlossen werden soll, weil sie an einem Verwaltungsverfahren gegen den Betreiber der Tiefgarage beteiligt ist (3 Ob 548/91 = SZ 64/97; Schauer in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 16 Rz 32).

4. Mit seiner auf Auskunft gerichteten Klage zielt der Kläger laut seinem Vorbringen in erster Linie darauf ab, dass er mit der erlangten Auskunft in die Lage versetzt werde, einen Unterlassungsanspruch gegen den Auftraggeber der erstbeklagten Partei geltend machen zu können.

4.1. Fehlen einem Kläger prozesswichtige Informationen, liegt das Beschaffungsrisiko jedenfalls dann bei ihm, wenn das für eine erfolgreiche Prozessführung nötige Wissen bloß bei einem Dritten vorhanden ist. Für den Fall, dass die prozessrelevanten Informationen dem (potenziellen) Beklagten bekannt sind, liegt es am Gesetzgeber, sachgerechte Mitwirkungsregelungen zu schaffen, sei es auf materiellrechtlichem Gebiet durch Verankerung von Aufklärungspflichten, Ansprüche auf Rechnungslegung oder Einsicht in Unterlagen etc, sei es auf prozessualem Gebiet in Form von Fragerechten und Antwortpflichten, der Pflicht zur Vorlage von Beweismitteln usw ( Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 1 mit Hinweis auf die zu beachtenden Interessenlagen).

4.2. Typischerweise setzt eine Offenlegungspflicht eine entsprechende materiellrechtliche Grundlage voraus (vgl Art XLII Abs 1 1. Fall EGZPO). Gerade Art XLII EGZPO allein bietet keine Grundlage für die Annahme umfassender Informationsansprüche ( Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 11 f). Das Zivilrecht wiederum enthält keine generelle bzw einheitliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen, worüber und in welcher Weise jemand einem anderen eine Aufklärung schuldig ist. Vielmehr sind gesetzlich normierte Auskunftsansprüche und Offenlegungspflichten (zB § 14a UWG, § 79 f GTG, § 30 PSG) auf zahlreiche Bestimmungen zerstreut, die weder in ihren Voraussetzungen für die Offenlegung noch in deren Inhalt und Umfang einheitlich sind ( Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 24).

4.3. Bei auf gesetzliche Schuldverhältnisse bezogenen Auskunftsansprüchen verlangte ein Teil der Rechtsprechung ‑ im Unterschied zu den auf einer vertraglichen Vereinbarung basierenden ‑ eine unmittelbare und ausdrückliche Anordnung im Gesetz (6 Ob 2296/96g = SZ 69/260). Ein anderer Teil der Rechtsprechung sieht von einem solchen Erfordernis ab (1 Ob 2370/96b). Der zweitgenannten Ansicht ist zuzustimmen (4 Ob 237/02k; RIS‑Justiz RS0117020), ist doch dem österreichischen Recht das von der erstgenannten Ansicht aufgestellte Erfordernis nicht zu entnehmen (in diesem Sinn auch Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 31). Auf diese Weise kann auch der Gleichklang mit Auskunftspflichten, die auf vertraglicher Grundlage beruhen, besser gewahrt werden. Hier wird durchwegs keine unmittelbare und ausdrückliche Festlegung der Auskunftspflicht verlangt (Fucik/Rechberger in Rechberger, ZPO3 Art XLII EGZPO Rz 2); in der Vielzahl der Fälle wird die Offenlegungspflicht im Weg einer ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt (Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 36). Die Rechtsprechung zu Art XLII EGZPO prüft dabei, ob ein Vertragsteil in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der andere aber unschwer in der Lage ist, eine solche Auskunft zu erteilen und ihm dies nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0033946, RS0035050).

4.4. Eine vertragliche Beziehung zwischen dem Kläger und der erstbeklagten Partei liegt nicht vor, weshalb sich die begehrte Auskunftsverpflichtung aus gesetzlichen Rechtsgrundlagen ergeben müsste.

In Deutschland hat das OLG Koblenz in einem Urteil vom 30. Mai 2007 (1 U 1235/06) den Auskunftsanspruch betreffend den Auftraggeber eines Detektivs ‑ wenn auch unter Erwähnung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ‑ auf die Grundsätze von Treu und Glauben gestützt und hiezu auf die Entscheidung des BGH vom 8. Februar 2007 (III ZR 148/06 = NJW 2007, 1528) verwiesen. In dieser Entscheidung wird allerdings die Auskunftspflicht auf einen zwischen den Prozessparteien geschlossenen Vertrag gegründet. Eine unbesehene Übernahme der in der Entscheidung des OLG Koblenz angeführten Argumente in das österreichische Recht muss schon aus diesem Grund scheitern.

In der Entscheidung 7 Ob 189/11m hat der Oberste Gerichtshof in Anwendung deutschen Rechts einen Auskunftsanspruch eines Dritten gegen einen Internetprovider wegen möglicher Persönlichkeitsrechtsverletzungen abgelehnt.

4.5. Im Zusammenhang mit einem Unterlassungsanspruch hat der Oberste Gerichtshof jüngst zu 6 Ob 256/12h (AnwBl 2013, 332 [Fischer 476] = jusIT 2013/40, 85 [Thiele] = MR 2013, 64 [Zöchbauer 59] = EvBl 2013/104, 732 [Karner] = ÖBl 2013/56, 228 [Büchele] ausgesprochen, dass bereits die Herstellung eines Bildnisses einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann. Der entsprechende Unterlassungsanspruch wird mit dem Hinweis begründet, dass schon das fotografische Festhalten einer bestimmten Tätigkeit oder Situation vom Abgebildeten als unangenehm empfunden werden könne und ihn an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit hindere.

Auch im vorliegenden Verfahren hat der Kläger vorgebracht, dass er und seine Familienangehörigen die detektivische Observierung als unangenehm empfunden hätten. Selbst unter Bedachtnahme auf die Entscheidung 6 Ob 256/12h kann allerdings daraus der begehrte Auskunftsanspruch nicht abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass die Herstellung eines rechtlich relevanten Zusammenhangs zwischen einer als möglicherweise als unangenehm empfundenen Situation und dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht schwierig ist (insoweit treffend die Kritik von Noll, Aufnehmen verboten? ÖBl 2013, 196 [198 f]), ist die „unangenehme Situation“ hier durch das Verhalten der beiden Mitarbeiterinnen der erstbeklagten Partei herbeigeführt worden; diese Mitarbeiterinnen und die erstbeklagte Partei selbst haben Unterlassungsansprüche des Klägers bereits anerkannt.

5. Wie bereits unter 3. ausgeführt, sind als Schutz gegen Eingriffe in Persönlichkeitsrechte aus § 16 ABGB grundsätzlich nur Feststellungsansprüche sowie Abwehransprüche (in Form von Unterlassungs- und Entschädigungsansprüchen) abzuleiten. Ein über einen Abwehranspruch hinausgehender Auskunftsanspruch (zur Vorbereitung eines Unterlassungsbegehrens) müsste sich ‑ über § 16 ABGB und Art 8 EMRK hinausgehend ‑ aus einer besonderen gesetzlichen Wertung ergeben, die darauf hinauslaufen müsste, dass zum Schutz von Persönlichkeitsrechten gegenüber jeder Person, von der „interessantes Wissen“ erwartet werden kann, ein Auskunftsanspruch besteht.

5.1. Eine allgemeine Grundlage für einen solchen weitgehenden, prinzipiell gegen jedermann gerichteten Auskunftsanspruch ist jedoch nicht erkennbar (vgl zuletzt 9 ObA 65/13v zum Fehlen einer entsprechenden Anspruchsgrundlage im Arbeitsverhältnis). Die Vielzahl von ‑ auch dem Schutz von Persönlichkeitsrechten dienenden ‑ gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften (siehe beispielsweise auch § 130 Abs 5 GewO) steht der Annahme einer entsprechenden, in Richtung eines allgemeinen Auskunftsanspruchs gehenden gesetzlichen Wertung ebenso entgegen wie die lediglich punktuelle Normierung von gesetzlichen Offenlegungsverpflichtungen (siehe 4.2.).

5.2. Entsprechend reserviert steht die jüngere Rechtsprechung der Annahme von gesetzlichen Auskunftsansprüchen jenseits der gesetzlich geregelten gegenüber. So wurden zuletzt Manifestationsansprüche des Noterben gegenüber einem dritten Geschenknehmer (8 Ob 55/13s), des erbantrittserklärten Erben gegen einen Miterben vor Einantwortung (5 Ob 225/12t) und des Geschädigten betreffend die Haftpflichtversicherung eines Gerichtssachverständigen (7 Ob 110/13x) jeweils verneint. Auf die unter Anwendung deutschen Rechts ergangene Entscheidung 7 Ob 189/11m, in der ein Auskunftsanspruch eines Dritten gegen einen Internetprovider wegen möglicher Persönlichkeitsverletzungen verneint wurde, wurde bereits unter 4.4. hingewiesen.

5.3. Auch eine Parallele zu § 1330 ABGB führt nicht zum begehrten Auskunftsanspruch. Über den in § 1330 ABGB ausdrücklich genannten Schadenersatzanspruch hinaus wird aus der Absolutheit des Persönlichkeitsrechts Ehre ein ‑ gegebenenfalls auch vorbeugender ‑ Unterlassungsanspruch abgeleitet (anstatt vieler Harrer in Schwimann 3 § 1330 Rz 57 mwN), der darauf beruht, dass die Verhinderung von Rechtsverletzungen im Fall einer Gefährdung Vorrang vor deren Beseitigung hat (8 Ob 510/95; Reischauer in Rummel 3 § 1294 Rz 23 mwN). Ist die fremde Rechtssphäre bereits verletzt worden und dauert die unzulässige Einwirkung an, ist die unzulässige Einwirkung zu beseitigen; an die Stelle der Gefährdung, die den Unterlassungsanspruch begründet, tritt der unzulässige Eingriff als Grundlage des Beseitigungsanspruchs (vgl 7 Ob 89/97g = JBl 1997, 641; Reischauer in Rummel 3 § 1294 Rz 45).

Unterlassungs‑ und Beseitigungsansprüche bestehen gegenüber dem Täter bzw Störer. Außerhalb sondergesetzlicher Normen ist eine Zurechnung des Handelns Dritter nur im Rahmen der Haftung für Repräsentanten und Besorgungsgehilfen möglich (anstatt vieler Reischauer in Rummel 3 § 1294 Rz 23). Wird diese Wertung auf den vorliegenden Fall übertragen, ist zu berücksichtigen, dass der nach den Behauptungen des Klägers drohende erneute Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist (die beklagten Parteien haben bereits Unterlassungserklärungen abgegeben), für das die beklagten Parteien nicht einzustehen haben.

5.4. Dazu kommt, dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche im weitesten Sinn auf die Abwehr von Eingriffen in eine geschützte Sphäre gerichtet sind. Der Kläger begehrt nun nicht bloß eine Abwehr, sondern ‑ darüber hinausgehend ‑ ein aktives Handeln der beklagten Parteien in Form einer Preisgabe von Wissen. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die beklagten Parteien dem Kläger gegenüber zum Schutz seiner privaten Sphäre verpflichtet wären. Das Bestehen einer solchen allgemeinen (außervertraglichen) Fürsorgepflicht ist allerdings nicht zu erkennen.

6. Insgesamt ist der vom Kläger behauptete Auskunftsanspruch zu verneinen, weshalb die Revision erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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