VfGH G233/2021 ua, V191/2021 ua

VfGHG233/2021 ua, V191/2021 ua15.12.2021

Abweisung eines Drittelantrags von Abgeordneten des Nationalrats auf Aufhebung von Bestimmungen des COVID-19-FörderungsprüfungsG, ABBAG-G, COVID-19-WohlverhaltungsG, BGG 2021, BilanzbuchhalterG und WirtschaftstreuhandberufsG betreffend die – nicht hoheitliche – Leistung und Überprüfung von COVID-19-Hilfen durch die COFAG; weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der – unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes und sachlicher Kriterien – Gewährung finanzieller Maßnahmen; Regelungsgegenstand der privatrechtsförmigen Förderungsgewährung durch klare Zielsetzungen – ua Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten, steuerliches Wohlverhalten, Unternehmenssitz in Österreich, Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes – hinreichend determiniert; ausreichender Rechtsschutz der begünstigten Unternehmen durch die Möglichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Förderungsleistungen vor den ordentlichen Gerichten; keine "Rollenvermischung" im Hinblick auf die Tätigkeit des Finanzamts als Gutachter einer- und als Abgabenbehörde andererseits

Normen

B-VG Art18
B-VG Art140 Abs1 Z2
EMRK Art6 Abs1
ABBAG-G §2, §3a, §3b, §6a, §6b, §6c
COVID-19-FörderungsprüfungsG §1, §6, §7, §8, §8b
COVID-19-WohlverhaltensG
BFG 2021 ArtVI
BilanzbuchhaltungsG §2
WirtschaftstreuhandberufsG 2017 §2
BAO §148
EStG 1988 §124b
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G233.2021

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Aufhebung des §1 Z1, §6, §7, §8 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG sowie des §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §3b, §6a Abs2, §6b und §6c ABBAG-Gesetz, des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I Nr 11/2021, des ArtVI Z5 BFG 2021, des §2 Abs1 Z4 BiBuG 2014 sowie des §2 Abs1 Z4 WTBG 2017 wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z2 B‑VG gestützten Antrag begehren 85 Abgeordnete zum Nationalrat,

"der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie ('CFPG'), Art8 BGBl I Nr 44/2020 idF BGBl I Nr 118/2021 und des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes ('ABBAG-Gesetz'), BGBl I Nr 127/2015 idF BGBl I Nr 4/2010 sowie die folgenden damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen als verfassungswidrig aufheben:

 

a/1. §6 und §7 CFPG jeweils idF BGBl I Nr 44/2020 jeweils zur Gänze, samt Überschrift

 

sowie

 

in §8b Abs1 CFPG idF BGBl I Nr 4/2021 den dritten Satz: 'Für die Erstellung des Ergänzungsgutachtens kann eine Förderungsprüfung gemäß §7 beauftragt werden.'

 

sowie weiters wegen untrennbaren Zusammenhangs

 

§1 Z1 CFPG idF BGBl I Nr 44/2020 zur Gänze

 

und

 

§8 CFPG idF BGBl I Nr 44/2020 zur Gänze samt Überschrift

 

in eventu

 

a/2. §6 CFPG idF BGBl I Nr 44/2020 zur Gänze samt Überschrift

 

in eventu

 

a/3. §2 Abs1 und Abs2 CFPG idF BGBl I Nr 44/2020 zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs

 

das übrige CFPG, BGBl I Nr 44/2020 idF BGBl I Nr 118/2021 zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs damit

 

§2 Abs1 Z4 Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 66/2020 sowie §2 Abs2 Z7a Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 97/2020 (wobei dieser mit 31.08.2021 außer Kraft tritt),

 

§2 Abs1 Z4 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 idF BGBl I Nr 67/2020,

 

die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Übermittlung von Daten der Kurzarbeitsbeihilfe durch das Arbeitsmarktservice (AMS-Datenübermittlungsverordnung – AMS-DÜV), BGBl II Nr 207/2021, zur Gänze

 

und

 

die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die nähere Ausgestaltung der Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie, BGBl II Nr 284/2021, zur Gänze

 

und

 

b/1. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 23/2020 zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs

 

§2 Abs1 Z3 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 zur Gänze,

 

§2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 zur Gänze,

 

§2 Abs5 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 zur Gänze,

 

§2 Abs7 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 zur Gänze,

 

§3a ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 zur Gänze samt Überschrift,

 

§3b Abs1, 2 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 12/2020 und Abs4 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 4/2021 zur Gänze (insgesamt also §3b ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 4/2021 zur Gänze samt Überschrift),

 

§6a Abs2 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 23/2020 zur Gänze

 

und

 

§§6b und 6c ABBAG-Gesetz jeweils idF BGBl I Nr 44/2020 jeweils zur Gänze samt Überschrift

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs mit §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz

 

§124b Z348 litc Einkommenssteuergesetz idF BGBl I Nr 112/2021,

 

ArtVI Z5 des Bundesfinanzgesetzes 2021 idF BGBl I Nr 89/2021,

 

das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I Nr 11/2021 zur Gänze,

 

das CFPG, BGBl I Nr 44/2020 idF BGBl I Nr 118/2021 zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs damit

 

§2 Abs1 Z4 Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 66/2020 sowie §2 Abs2 Z7a Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 97/2020 (wobei dieser mit 31.08.2021 außer Kraft tritt),

 

§2 Abs1 Z4 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 idF BGBl I Nr 67/2020,

 

die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Übermittlung von Daten der Kurzarbeitsbeihilfe durch das Arbeitsmarktservice (AMS-Datenübermittlungsverordnung – AMS‑DÜV, BGBl II Nr 207/2021, zur Gänze

 

und

 

die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die nähere Ausgestaltung der Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie, BGBl II Nr 284/2021, zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs mit §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes folgende Verordnungen:

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, samt Anhang, BGBl II Nr 143/2020 idF BGBl II Nr 313/2021;

 

2. Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, BGBl II Nr 154/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 225/2020 idF BGBl II Nr 249/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit für standortrelevante Unternehmen durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 326/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 467/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses von bis zu EUR 800.000 durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung des Fixkostenzuschuss 800.000 – VO FKZ800.000), samt Anhang, BGBI II 497/2020 idF BGBl II Nr 253/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), samt Anhang, BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für vom Lockdown direkt betroffene Unternehmen (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), samt Anhang, BGBl II Nr 567/2020 idF BGBl II Nr 608/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes), samt Anhang, BGBI II 568/2020 idF BGBl II Nr 252/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II für vom Lockdown indirekt erheblich betroffene Unternehmen (VO Lockdown-Umsatzersatz II), samt Anhang, BGBl II Nr 71/2021 idF BGBl II Nr 131/2021

 

und

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), samt Anhang, BGBl II Nr 74/2021 idF BGBl II Nr 163/2021

 

in eventu

 

b/2. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 23/2020 zur Gänze

 

sowie wegen untrennbaren Zusammenhangs die Verordnungen:

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, samt Anhang, BGBl II Nr 143/2020 idF BGBl II Nr 313/2021;

 

2. Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, BGBl II Nr 154/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 225/2020 idF BGBl II Nr 249/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit für standortrelevante Unternehmen durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 326/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), samt Anhang, BGBl II Nr 467/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses von bis zu EUR 800.000 durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung des Fixkostenzuschusses 800.000 – VO FKZ800.000), samt Anhang, BGBl II 497/2020 idF BGBl II Nr 253/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), samt Anhang, BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für vom Lockdown direkt betroffene Unternehmen (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), samt Anhang, BGBl II Nr 567/2020 idF BGBl II Nr 608/2020;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Verlustersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines Verlustersatzes), samt Anhang, BGBl II 568/2020 idF BGBl II Nr 252/2021;

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II für vom Lockdown indirekt erheblich betroffene Unternehmen (VO Lockdown-Umsatzersatz II), samt Anhang, BGBl II Nr 71/2021 idF BGBl II Nr 131/2021

 

und

 

Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), samt Anhang, BGBl II Nr 74/2021 idF BGBl II Nr 163/2021

 

in eventu

 

b/3. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz idF BGBl I Nr 23/2020 zur Gänze."

II. Rechtslage

1. Das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 207/2021 lautet:

"ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes

 

§1. (1) Die Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG) wird gemäß §§239 ff Aktiengesetz (AktG), BGBl Nr 98/1965, in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, die ihren Sitz in Wien hat. Die Umwandlung ist in einer nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes unverzüglich abzuhaltenden Hauptversammlung zu beschließen. In diesem Beschluss ist die Firma in 'ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes' (ABBAG), im Folgenden als Gesellschaft bezeichnet, zu ändern. Die nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlichen Satzungsänderungen sind vorzunehmen. Der Umwandlung ist die Bilanz der ABBAG zum 31. Dezember 2014 zugrunde zu legen. §243 Aktiengesetz ist auf die Umwandlung nicht anwendbar. Die Geschäftsanteile an der ABBAG haben mehrheitlich im Eigentum des Bundes zu stehen. Die Verwaltung der Anteile namens des Bundes obliegt dem Bundesminister für Finanzen, der die Eigentumsrechte für den Bund in der Generalversammlung auszuüben hat.

 

(2) Sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes, RGBl Nr 58/1906 in der geltenden Fassung, auf die ABBAG anzuwenden.

 

(3) Soweit es für den Betrieb und eine angemessene Kapitalausstattung der Gesellschaft erforderlich ist, wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, als Sacheinlage die Anteile, die der Bund an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 Finanzmarktstabilitätsgesetz – FinStaG, BGBl I Nr 136/2008, hält oder die damit zusammenhängenden bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten oder eine Bareinlage in die Gesellschaft einzubringen.

 

Unternehmensgegenstand

 

§2. (1) Der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft besteht in

1. der Verwaltung einschließlich der Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten des Bundes und der Gesellschaft an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG, sowie

2. der Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die jeweils für eine bestmögliche Verwertung des Vermögens und die Liquidation einer Abbaugesellschaft erforderlich oder zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind.

3. der Erbringung von Dienstleistungen und dem Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

(2) Zu diesem Zweck obliegt der Gesellschaft nach Maßgabe einer gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen,

1. der Erwerb und die Übernahme von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

2. das Ausüben von Eigentumsrechten sowie das Halten, die Verwaltung und Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

3. die Veräußerung und Abgabe von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

4. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die jeweils für eine bestmögliche Verwertung des Vermögens und die Liquidation einer Abbaugesellschaft erforderlich oder zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind und

5. das Ergreifen von Maßnahmen, durch die die Abwicklung einer Abbaugesellschaft oder eines Rechtsträgers nach §1 FinStaG sichergestellt wird. Die Maßnahmen müssen erforderlich sein, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Österreichs zu beheben, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen oder die österreichische Volkswirtschaft zu schützen, und geeignet sein, wesentlich zur Herstellung nachhaltig geordneter Haushalte im Sinne der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012, BGBl I Nr 30/2013, beizutragen.

6. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind.

7. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

(2a) Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen hat die Gesellschaft eine oder mehrere Tochtergesellschaften zu gründen, deren Stamm- oder Grundkapital zur Gänze im Eigentum der Gesellschaft steht. Der Unternehmensgegenstand dieser Tochtergesellschaften hat ausschließlich die Durchführung von Aufgaben, Dienstleistungen und Maßnahmen zu umfassen, die nach diesem Gesetz der Gesellschaft obliegen und von der Gesellschaft über Auftrag des Bundesministers für Finanzen einer oder mehrerer dieser Tochtergesellschaften übertragen und von diesen durchgeführt oder von diesen für die Gesellschaft erfüllt werden können.

 

(3) Die genannten Aufgaben sind in die Satzung der Gesellschaft aufzunehmen. Die Gesellschaft hat diese Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben.

 

(4) Abbaugesellschaften gemäß Abs1 sind

1. die Abbaueinheit gemäß §3 des Bundesgesetzes zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), BGBl I Nr 51/2014,

2. Abbaueinheiten gemäß §83 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (BaSAG), BGBl I Nr 98/2014 und

3. Abbaugesellschaften gemäß §162 BaSAG.

 

(5) Der Bund hat die Finanzierung der Gesellschaft und des Verwaltungsaufwandes der Gesellschaft im Verhältnis seiner Anteile an der Gesellschaft sicherzustellen. Die Finanzierung von Maßnahmen gemäß Abs2 hat nach Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen zu erfolgen.

 

(6) Das Bankwesengesetz – BWG, BGBl Nr 532/1993, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 – WAG 2018, BGBl I Nr 107/2017, und die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, sind für die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen gemäß Abs2 sowie für den Abschluss damit im Zusammenhang stehender Hilfsgeschäfte der ABBAG nicht anzuwenden. Die ABBAG hat §38 BWG mit der Maßgabe einzuhalten, dass §38 Abs1 2. Satz BWG auch für Geheimnisse gilt, die aufgrund von Auskunftspflichten gemäß diesem Bundesgesetz und gemäß FinStaG dem Bund bekannt zu geben sind. Das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz – FM‑GwG, BGBl I Nr 118/2016 ist anzuwenden.

 

(7) §66, §67 und §69 Insolvenzordnung – IO, RGBl Nr 337/1914, und die Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes – URG, BGBl I Nr 114/1997, sind auf die ABBAG nicht anzuwenden.

 

Bestellung der Organe

 

§3. (1) Die Geschäftsführung der Gesellschaft obliegt dem von der Generalversammlung auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler zu bestellenden Geschäftsführer. Die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes, BGBl I Nr 26/1998, finden Anwendung. Erster Geschäftsführer ist für die vertraglich mit der Gesellschaft vereinbarte Funktionsdauer der bei Umwandlung gemäß §1 bestellte Vorstand.

 

(2) Bei der Gesellschaft ist ein Aufsichtsrat einzurichten. Die näheren Regelungen sind in der Satzung der Gesellschaft festzulegen. Der nicht auf Arbeitnehmer entfallende Teil der Mitglieder des Aufsichtsrates ist auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler zu bestellen.

 

Bevollmächtigter des Bundes

 

§3a. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, die banktechnische Behandlung (bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung und Bearbeitung) der Ansuchen um finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 und die Ausfertigung der Finanzierungsverträge sowie die Wahrnehmung der Rechte der ABBAG aus diesen Finanzierungsverträgen, ausgenommen deren gerichtliche Geltendmachung, einem Bevollmächtigten des Bundes nach §1002 ff ABGB zu übertragen. Der Bevollmächtigte muss über die entsprechende Berechtigung zum Betrieb von Bankgeschäften gemäß §1 Abs1 Z1, 3, 4, 7, 8, 10 und 18 BWG oder gemäß §9 BWG in Österreich verfügen.

 

(2) Die Bevollmächtigung ist zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem im Einzelnen vertraglich zu regeln.

 

Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen

 

§3b. (1) Finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 dürfen nur zu Gunsten von Unternehmen gesetzt werden, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben.

 

(2) Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.

 

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU-Beihilfenrechtes per Verordnung Richtlinien zu erlassen, die insbesondere nachstehende Regelungen zu enthalten haben:

1. Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen,

2. Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen,

3. Höhe der finanziellen Maßnahmen,

4. Laufzeit der finanziellen Maßnahmen,

5. Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten.

 

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 (COVID‑19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die materiellen und finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.

 

Veräußerung von Anteilen

 

§4. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, nach Maßgabe beihilfenrechtlicher Genehmigungen, Anteile des Bundes an der Gesellschaft bestmöglich zu veräußern. Der Veräußerungserlös fließt dem Bund zu.

 

Gebühren und Abgaben

 

§5. (1) Die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen sind von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben, den Bundesverwaltungsabgaben sowie den im Gerichtsgebührengesetz – GGG, BGBl Nr 501/1984, geregelten Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit.

 

(2) Der Bund und die Gesellschaft sind überdies von der Entrichtung der im GGG geregelten Gebühren in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten befreit, die Angelegenheiten des Vollzugs dieses Bundesgesetzes zum Gegenstand haben.

 

Übergangsbestimmung

 

§5a. Bis zum Inkrafttreten Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018 – WAG 2018, BGBl I Nr 107/2017, ist das Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl I Nr 60/2007, für die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen gemäß Abs2 sowie für den Abschluss damit im Zusammenhang stehender Hilfsgeschäfte der ABBAG nicht anzuwenden.

 

Vollziehung

 

§6. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich der Befreiung von Gebühren nach dem GGG 1984 gemäß §5 der Bundesminister für Justiz, hinsichtlich des §3 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen betraut.

 

Tochtergesellschaften

 

§6a. (1) Auf Tochtergesellschaften, die von der Gesellschaft gemäß §2 Abs2a gegründet werden, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde gemäß §2 Abs2a die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) gegründet und dieser die Erbringung der Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 übertragen. Der Bund stattet die COFAG so aus, dass diese in der Lage ist, kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen, die ihr gemäß §2 Abs2 Z7 übertragen wurden, bis zu einem Höchstbetrag von 15 Milliarden Euro zu erbringen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Die COFAG hat Forderungen, die ihr von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung (AWS) oder der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT) gemäß §1 Abs2d Garantiegesetz 1977, BGBl Nr 296/1977, oder gemäß §7 Abs2d KMU-Förderungsgesetz, BGBl Nr 432/1996, zum Zweck der Betreibung übertragen wurden, im eigenen Namen zu betreiben. Der Erlös aus der Betreibung dieser Forderungen reduziert die Ausstattungsverpflichtung des Bundes.

 

Bürgerlich-rechtliche Sonderbestimmungen

 

§6b. Die Bestimmungen des §1396a Abs1 und 2 ABGB gelten nicht für im Zusammenhang mit einer finanziellen Maßnahme gemäß §2 Abs2 Z7 vereinbarte Zessionsverbote.

 

§6c. Abweichend von §1346 Abs2 ABGB bedarf es für eine finanzielle Maßnahme gemäß §2 Abs2 Z7, mit der eine Haftung von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft nach §2 Abs2a übernommen wird, zu ihrer Wirksamkeit nur einer elektronischen Übermittlung. Die Unterzeichnung einer Garantieerklärung durch die Bevollmächtigte kann in diesem Fall durch eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift (Faksimile) erfolgen.

 

Inkrafttreten

 

§7. §§1, 2, 3 und 5 treten mit 1. Juli 2015 in Kraft.

 

Verweisung auf andere Rechtsvorschriften

 

§8. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Artikel 1

Umsetzungshinweis

 

Mit diesem Bundesgesetz werden folgende Rechtsakte der Europäischen Union umgesetzt:

1. die Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU , ABl. Nr L 173 vom 12.06.2014 S. 349, zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2016/1034 , ABl. Nr L 175 vom 23.06.2016 S. 8, in der Fassung der Berichtigung, ABl. Nr L 64 vom 10.03.2017 S. 116 und

2. die delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf den Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden, Produktüberwachungspflichten und Vorschriften für die Entrichtung beziehungsweise Gewährung oder Entgegennahme von Gebühren, Provisionen oder anderen monetären oder nicht-monetären Vorteilen, ABl. Nr L 87 S. 500.

Weiters dient dieses Bundesgesetz dem wirksamen Vollzug folgender Rechtsakte der Europäischen Union:

1. der Verordnung (EU) Nr 600/2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr 648/2012, ABl. Nr L 173 vom 12.06.2014 S. 84, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2016/1033 , ABl. Nr L 175 vom 23.06.2016 S. 1,

2. der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl. Nr L 87 S. 1, und

3. der delegierten Verordnung (EU) 2017/567 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr 600/2014 im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, Transparenz, Portfoliokomprimierung und Aufsichtsmaßnahmen zur Produktintervention und zu den Positionen, ABl. Nr L 87 S. 90."

2. Das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie (COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG), BGBl I 44/2020, idF BGBl I 118/2021 lautet:

"1. Abschnitt

Allgemeines

Prüfungsgegenstand

 

§1. Gegenstand einer Prüfung nach diesem Bundesgesetz sind

1. folgende finanzielle Maßnahmen auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 des ABBAG-Gesetzes, BGBl I Nr 51/2014:

a) Zuschüsse

b) Haftungen betreffend Finanzierungen, für die die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) oder die Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH (ÖHT) das Kreditrisiko vollständig übernommen haben, wofür der Bundesminister für Finanzen die Verpflichtung zur Schadloshaltung der AWS bzw der ÖHT gemäß §7 Abs1 in Verbindung mit §7 Abs2a des KMU-Förderungsgesetzes, BGBl Nr 432/1996 eingegangen ist ('Garantieübernahmen');

2. Zuschüsse aus dem Härtefallfonds gemäß Härtefallfondsgesetz, BGBl I Nr 16/2020;

3. Kurzarbeitsbeihilfen gemäß §37b Abs7 des Arbeitsmarktservicegesetzes – AMSG, BGBl Nr 313/1994;

4. Förderungen nach dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds;

5. Förderungen nach dem Bundesgesetz über die Errichtung einer 'Überbrückungsfinanzierung für Künstlerinnen und Künstler'.

6. Förderungen nach dem Bundesgesetz über eine COVID‑19 Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG), BGBl I Nr 88/2020.

 

§1a. Gegenstand einer Plausibilisierung nach diesem Bundesgesetz sind in strukturierter Form im Wege von FinanzOnline übermittelte Anträge auf einen Zuschuss gemäß §1 Z1 lita.

 

Rechtsrahmen der Prüfung

 

§2. (1) Bei der Erfüllung der Aufgaben, die durch dieses Bundesgesetz übertragen werden, handeln die Finanzämter als Gutachter und nicht in ihrer Funktion als Abgabenbehörde des Bundes.

 

(2) Auf die Prüfung von Förderungen gemäß §1 sind §143, §144, §146, §146a, §148 Abs1, 2, 4 und 5, §149, §150 sowie §153f Abs1 und 3 der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, sinngemäß anzuwenden.

 

(3) Soweit durch einen Bediensteten der Republik Österreich im Rahmen der in diesem Gesetz oder in einer auf §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes gestützten Verordnung geregelten Tätigkeit ein Schaden verursacht wird, haftet dieser einem Dritten nicht unmittelbar. Der Bund kann den Bediensteten nach den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG), BGBl Nr 80/1965, wie ein Versicherer in Anspruch nehmen.

 

[…]

 

2. Abschnitt

Prüfung von finanziellen Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz

 

Prüfung im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen

 

§6. (1) Zuständig für die Prüfung des gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz begünstigten Unternehmens (Empfänger von Zuschüssen im Sinn des §1 Z1 lita bzw garantiewerbendes Unternehmen im Sinn des §1 Z1 litb) ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt bzw das Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des begünstigten Unternehmens zuständig wäre, wenn dieses Unternehmer im Sinn des §2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl Nr 663/1994, wäre.

 

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1.einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO,

2. einer Nachschau gemäß §144 BAO oder

3. einer begleitenden Kontrolle gemäß §153a BAO,

die Richtigkeit der vom begünstigten Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses (§1 Z1 lita) oder der Garantieübernahme (§1 Z1 litb) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses oder der Grantieübernahme angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Förderungsprüfung

 

§7. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung des Zuschusses (§1 Z1 lita) oder der Garantieübernahme (§1 Z1 litb) auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§8. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses (§1 Z1 lita) oder einer Garantieübernahme (§1 Z1 litb) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses (§1 Z1 lita) oder der Garantieübernahme (§1 Z1 litb) angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und

1. im Fall des §1 Z1 lita der COFAG sowie dem Bundesminister für Finanzen

2. im Fall des §1 Z1 litb der AWS bzw der ÖHT und dem Bundesminister für Finanzen

zu übermitteln.

 

Plausibilisierung

 

§8a. (1) Wird ein Antrag betreffend einen Zuschuss (§1 Z1 lita) in strukturierter Form im Wege von FinanzOnline gestellt, hat der Bundesminister für Finanzen eine automatisierte Plausibilisierung der im Zuge der Antragstellung übermittelten Daten durchzuführen und das Ergebnis in einem Bericht darzustellen. Der Bericht ist der COFAG zum Zweck der Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses elektronisch zu übermitteln.

 

(2) Für die Durchführung der automatisierten Plausibilisierung ist der Bundesminister für Finanzen berechtigt, zusätzlich zu den vom Antragsteller für Zwecke der Zuschussgewährung übermittelten personenbezogenen Daten auch für Zwecke der Abgabenerhebung vorhandene personenbezogene Daten zu verarbeiten. Er ist weiters berechtigt, eine Transparenzportalabfrage durchzuführen. Der zu übermittelnde Bericht darf ausschließlich personenbezogene Daten des Antragstellers oder dessen Bevollmächtigten enthalten.

 

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend die Übermittlung von Daten betreffend die Kurzarbeitsbeihilfen gemäß §37b Abs7 AMSG zu regeln, soweit diese für die Plausibilisierung erforderlich sind.

 

(4) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Übermittlung von sozialversicherungsrechtlichen Daten zu regeln, soweit sie für diese Plausibilisierung erforderlich sind.

 

Ergänzungsgutachten

 

§8b. (1) Hat die COFAG auf Grund des übermittelten Berichts (§8a) begründete Zweifel am Ergebnis der automationsunterstützten Risikoanalyse kann sie vom Bundesminister für Finanzen im Einzelfall eine ergänzende Analyse (Ergänzungsgutachten) anfordern. In der Anforderung ist der Grund für den Zweifel anzugeben. Für die Erstellung des Ergänzungsgutachtens kann eine Förderungsprüfung gemäß §7 beauftragt werden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Erstellung des Ergänzungsgutachtens mit Verordnung näher zu regeln.

 

(2) Abs1 gilt nicht für Zuschüsse auf Grundlage der Verordnung BGBl II Nr 503/2020.

 

3. Abschnitt

Prüfung von Zuschüssen aus dem Härtefallfonds

Prüfung im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen

 

§9. (1) Zuständig für die Prüfung von Zuschüssen aus dem Härtefallfonds ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Zuschussempfängers zuständige Finanzamt bzw das Finanzamt, das zuständig wäre, wenn der Zuschussempfänger Unternehmer wäre.

 

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1. einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO,

2. einer Nachschau gemäß §144 BAO oder

3. einer begleitenden Kontrolle gemäß §153a BAO,

die Richtigkeit der vom Zuschussempfänger zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses aus dem Härtefallfonds (§1 Z2) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Förderungsprüfung

 

§10. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung eines Zuschusses aus dem Härtefallfonds (§1 Z2) auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§11. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Zuschussempfänger zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und der jeweiligen Abwicklungsstelle (insbesondere Wirtschaftskammer Österreich oder Agrarmarkt Austria) sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

4. Abschnitt

Prüfung von Kurzarbeitsbeihilfen gemäß §37b Abs7 AMSG

Prüfung im Rahmen der Lohnsteuerprüfung

 

§12. (1) Zuständig für die Prüfung von Kurzarbeitsbeihilfen gemäß §37b Abs7 AMSG ist das für die Lohnsteuerprüfung (§86 des Einkommensteuergesetzes 1988 – EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) zuständige Finanzamt.

 

(2) Das die Lohnsteuerprüfung durchführende Organ ist berechtigt, anlässlich der Durchführung einer Lohnsteuerprüfung die Richtigkeit der vom Kurzarbeitsbeihilfenempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Kurzarbeitsbeihilfe gemäß §37b Abs7 AMSG erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Auszahlung angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Überprüfung außerhalb der Lohnsteuerprüfung

 

§12a. (1) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, Kurzarbeitsbeihilfen gemäß §37b Abs7 und 9 AMSG mittels Durchführung von allgemeinen Aufsichtsmaßnahmen (§143, §144 BAO) auch außerhalb einer Lohnsteuerprüfung zu überprüfen. Das zuständige Finanzamt darf um deren Durchführung das Amt für Betrugsbekämpfung sowie den Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge ersuchen. Organe des Amtes für Betrugsbekämpfung sowie des Prüfdienstes für Lohnabgaben und Beiträge werden dabei als Organe des zuständigen Finanzamtes tätig.

 

(2) Das die Aufsichtsmaßnahme durchführende Organ ist berechtigt, die Richtigkeit der vom Kurzarbeitsbeihilfenempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Kurzarbeitsbeihilfe gemäß §37b Abs7 und 9 AMSG erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Auszahlung angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Kurzarbeitsbeihilfenprüfung

 

§13. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt oder das Amt für Betrugsbekämpfung die Prüfung einer Kurzarbeitsbeihilfe gemäß §37b Abs7 AMSG (§1 Z3) auch dann vorzunehmen, wenn keine Lohnsteuerprüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll. Organe des Amtes für Betrugsbekämpfung werden bei der Prüfung der Kurzarbeitsbeihilfe als Organ des zuständigen Finanzamtes tätig.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§14. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Kurzarbeitsbeihilfenempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Kurzarbeitsbeihilfe gemäß §37b Abs7 AMSG erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Beihilfe angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und dem Arbeitsmarktservice sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

4a. Abschnitt

Prüfung von Förderungen nach dem Bundesgesetz über die Errichtung eines

Non-Profit- Organisationen Unterstützungsfonds

Prüfung im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen

 

§14a. (1) Zuständig für die Prüfung von Förderungen nach dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Förderungsempfängers zuständige Finanzamt bzw das Finanzamt, das zuständig wäre, wenn der Förderungsempfänger Unternehmer wäre.

 

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1. einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO oder

2. einer Nachschau gemäß §144 BAO

die Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung nach dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds (§1 Z4) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Förderungsprüfung

 

§14b. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung einer Förderung nach dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds (§1 Z4) auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§14c. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und der AWS, dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

4b. Abschnitt

Prüfung von Förderungen nach der Überbrückungsfinanzierung für

Künstlerinnen und Künstler

Prüfung im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen

 

§14d. (1) Zuständig für die Prüfung von Förderungen aus der Überbrückungsfinanzierung für Künstlerinnen und Künstler ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Förderungsempfängers zuständige Finanzamt bzw das Finanzamt, das zuständig wäre, wenn der Förderungsempfänger Unternehmer wäre.

 

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1. einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO oder

2. einer Nachschau gemäß §144 BAO

die Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung aus dem Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler (§1 Z5) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Förderungsprüfung

 

§14e. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung einer Förderung aus dem Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler (§1 Z5) auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§14f. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und der SVS, dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

4c. Abschnitt

Prüfung von Förderungen nach dem Investitionsprämiengesetz

Prüfung im Rahmen von Abgabenbehördlichen Maßnahmen

 

§14g. (1) Zuständig für die Prüfung von Förderungen nach dem Investitionsprämiengesetz ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Förderungsempfängers zuständige Finanzamt bzw das Finanzamt, das zuständig wäre, wenn der Förderungsempfänger Unternehmer wäre.

 

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1. einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO,

2. einer Nachschau gemäß §144 BAO oder

3. einer begleitenden Kontrolle gemäß §153a BAO,

die Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung nach dem Investitionsprämiengesetz erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten zu überprüfen.

 

Beauftragte Förderungsprüfung

 

§14h. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung einer Förderung nach dem Investitionsprämiengesetz auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.

 

Übermittlung des Prüfungsergebnisses

 

§14i. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Förderungsempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Förderung erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und der AWS, der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, der Bundesministerin für Klimaschutz sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

 

5. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Jahresbericht

 

§15. Der Bundesminister für Finanzen hat bis zum 30. Juni des Folgejahres einen statistischen Bericht über die im abgelaufenen Kalenderjahr erfolgten Prüfungen gemäß §1 auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen zu veröffentlichen.

 

Anzeigepflicht

 

§16. Hat das Finanzamt nach Abschluss der Prüfungshandlung den Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sein könnte, unterliegt es der Anzeigepflicht gemäß §78 der Strafprozessordnung, BGBl Nr 631/1975.

 

Verordnungsermächtigung

 

§17. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, mit Verordnung die nähere Ausgestaltung der Prüfungen nach diesem Bundesgesetz zu regeln. Das betrifft insbesondere

1. die Übermittlung der für die Prüfungen erforderlichen Daten;

2. die Übermittlung der Prüfungsberichte.

 

Verweisungen

 

§18. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Vollziehung

 

§19. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

 

Inkrafttreten

 

§20. §1a, §8a und §8b treten mit 20. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft."

3. Das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, lautet:

"Ausschluss von der Förderung

 

§1. (1) Unternehmen, denen eine Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie gewährt wird, müssen sich für einen Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung bis zum Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) steuerlich wohlverhalten haben.

 

(2) Unternehmen, die sich steuerlich nicht wohlverhalten haben, sind von der Gewährung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie ausgeschlossen; bereits erlangte Förderungen sind verzinst zurückzuzahlen.

 

Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie

 

§2. Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie sind Zuschüsse, die auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 des ABBAG-Gesetzes, BGBl I Nr 51/2014, geleistet werden.

 

Steuerliches Wohlverhalten

 

§3. Ein Unternehmen hat sich steuerlich wohlverhalten, wenn

1. beim Unternehmen in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, vorliegt, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens 100 000 Euro im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

2. das Unternehmen in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als 100 000 Euro vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl Nr 401/1988, oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen ist; steuerliches Wohlverhalten liegt ebenfalls vor, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt, den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht 500 000 Euro übersteigt;

3. das Unternehmen keinen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist hat, und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr nicht überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielt. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht;

4. über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist; steuerliches Wohlverhalten liegt jedoch, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von 10 000 Euro nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

 

Rückzahlungsverpflichtung

 

§4. Wurde eine Förderung des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an ein Unternehmen, das sich steuerlich nicht wohlverhalten hat, ausgezahlt und erlangt die Stelle, welche die Förderung gewährt hat, innerhalb von fünf Jahren ab dem Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) davon Kenntnis, hat sie diese vollständig zurückzufordern, wenn sich das nicht bereits aufgrund des Fördervertrages oder aufgrund unmittelbar anwendbaren Rechts der Europäischen Union ergibt.

 

Verzinsung

 

§5. Der zurückzuzahlende Betrag ist ab dem Zeitpunkt der Auszahlung bis zur Rückzahlung mit einem Zinssatz von viereinhalb Prozent über dem Basiszinssatz pro Jahr zu verzinsen, wenn sich eine Verzinsung nicht bereits aufgrund des Fördervertrages oder aufgrund unmittelbar anwendbaren Rechts der Europäischen Union ergibt.

 

Informationsverpflichtung

 

§6. Hat das Amt für Betrugsbekämpfung oder ein Finanzamt aufgrund einer Prüfung nach dem Covid-19-Förderungsprüfungsgesetz, BGBl I Nr 44/2020, davon Kenntnis erlangt, dass ein Unternehmen sich im relevanten Zeitraum (§1 Abs1) nicht steuerlich wohlverhalten hat, hat es die Stellen, die Förderungen im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährt haben, davon zu informieren. Zum Zweck der Umsetzung dieser Verpflichtung sind das Amt für Betrugsbekämpfung und die Finanzämter berechtigt, eine Transparenzportalabfrage durchzuführen.

 

Verweisungen

 

§7. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Vollziehung

 

§8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport und das Bundesministerium für Finanzen betraut.

 

Inkrafttreten

 

§9. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Förderungen anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist.

 

Außerkrafttreten

 

§10. Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft."

4. §124b Z348 Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl 400/1988, idF BGBl I 112/2021 lautet:

"348. Steuerfrei sind ab dem 1. März 2020:

a) Zuwendungen, die aus Mitteln des COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds gemäß dem Bundesgesetz über die Errichtung des COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds – COVID‑19‑FondsG, BGBl I Nr 12/2020, aufgebracht werden.

b) Zuschüsse aus dem Härtefallfonds gemäß dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz, BGBl I Nr 16/2020).

c) Zuschüsse auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz, BGBl I Nr 51/2014 idF BGBl I Nr 44/2020.

d) Sonstige vergleichbare Zuwendungen der Bundesländer, Gemeinden und gesetzlichen Interessenvertretungen, die für die Bewältigung der COVID‑19-Krisensituation geleistet werden.

Von der Steuerfreiheit ausgenommen sind ab der Veranlagung 2020 Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze nach litb und c sowie der NPO‑Lockdown-Zuschuss gemäß §7a der 2. NPO-FondsRLV, BGBl II Nr 99/2021, und ab der Veranlagung 2021 Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze nach lita und d. Zahlungen zum Ersatz entgehender Umsätze sind bei Anwendung der Kleinunternehmerpauschalierung gemäß §17 Abs3a im Rahmen der Veranlagung 2020 wie Umsätze im Sinne des UStG 1994 zu behandeln, sofern der dem Jahr 2020 zuzuordnende Umsatzersatz höher ist als die Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus Umsätzen gemäß §1 Abs1 Z1 UStG 1994."

5. Artikel VI des Bundesgesetzes über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021), BGBl I 122/2020, idF BGBl I 89/2021 lautet:

"Überschreitung finanzierungswirksamer Mittelverwendungen mit Bedeckung

durch Kreditoperationen ohne Ausgleich im Ergebnishaushalt

 

Artikel VI. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Finanzjahr 2021 die Zustimmung zur Überschreitung zu geben

1. gemäß §54 Abs6 BHG 2013 bei variablen Mittelverwendungsobergrenzen einer Untergliederung, die aufgrund der Anwendung der Parameter gemäß §12 Abs4 BHG 2013 den im Bundesvoranschlag vorgesehenen Betrag übersteigen, wenn zuvor alle Rücklagen des jeweiligen variablen Bereiches, der überschritten werden soll, entnommen wurden und die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist;

2. gemäß §56 Abs2 BHG 2013 bei finanzierungswirksamen Mittelverwendungsobergrenzen eines Globalbudgets in jener Höhe, in der bis zum Ende des Finanzjahres 2020 Rücklagen gebildet wurden, wenn

a) dies – nach vorheriger Ausschöpfung aller gesetzlich zulässigen Umschichtungen und Bedeckungen innerhalb der betroffenen Untergliederung – zur Erfüllung von fälligen Zahlungsverpflichtungen (Artikel 51b Abs1 B‑VG iVm §50 Abs2 BHG 2013) unbedingt erforderlich ist und

b) unter gleichzeitiger Reduzierung der dem jeweiligen Detail- oder Globalbudget zuzuordnenden Rücklage die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist;

3. gemäß §54 Abs8 BHG 2013 bei fixen Mittelverwendungsobergrenzen einer Untergliederung jeweils bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Auszahlungsobergrenze einer Rubrik und der ihr zugehörigen Untergliederungen, wenn die Auszahlungsobergrenzen der jeweiligen Rubrik im Bundesfinanzrahmengesetz nicht überschritten werden und die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist;

4. bei der Voranschlagsstelle 45.02.06 für die Dotierung des COVID‑19 Krisenbewältigungsfonds bis zu einem Betrag von 5.000 Millionen Euro, wenn die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist;

5. bei der Voranschlagsstelle 45.02.06 für die Dotierung des COVID‑19 Krisenbewältigungsfonds bis zu einem Betrag von 4.000 Millionen Euro für Zuschüsse der COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH ('COFAG') im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz), BGBl I Nr 51/2014, wenn die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist;

6. gemäß §54 Abs8 BHG 2013 in allen Fällen von Mittelverwendungsüberschreitungen aufgrund von Maßnahmen, welche im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union finanziert werden sollen. Innerhalb der

a) Untergliederung 21 bis zu 4,340 Millionen Euro;

b) Untergliederung 24 bis zu 5,5 Millionen Euro;

c) Untergliederung 41 bis zu 15 Millionen Euro;

d) Untergliederung 43 bis zu 20,5 Millionen Euro;

wenn die Auszahlungsobergrenzen der jeweiligen Rubrik im Bundesfinanzrahmengesetz nicht überschritten werden und die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sichergestellt ist. Im Rahmen der Anwendung der gegenständlichen Bestimmung entfallen die Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 des §54 Abs8 BHG 2013. Die im Rahmen der Z6 abgerufenen Mittel unterliegen nicht dem Verfahren zur Bildung von Rücklagen gemäß §55 Abs1 BHG 2013."

6. §2 Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014), BGBl I 191/2013, idF BGBl I 97/2020 lautet:

"Berechtigungsumfang – Bilanzbuchhalter

 

§2. (1) Den zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des §4 Abs3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl Nr 400/1988,

2. den Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen) nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der durch §221 Abs1 in Verbindung mit §221 Abs4, 6 und 7 des Unternehmensgesetzbuches, dRGBl S 219/1897 festgesetzten Merkmale,

3. die Beratung in Angelegenheiten der Arbeitnehmerveranlagung und die Abfassung und Übermittlung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung an die Abgabenbehörden des Bundes als Bote auch auf elektronischem Weg unter Ausschluss jeglicher Vertretung,

4. die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren für Bundes‑, Landes- und Gemeindeabgaben, ausgenommen die Vertretung vor den Abgabenbehörden des Bundes, den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof, sowie die Vertretung in Angelegenheiten des COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetzes (CFPG), BGBl I Nr 44/2020,

5. die Akteneinsicht auf elektronischem Wege gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes, sowie das Stellen von Rückzahlungsanträgen,

6. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Zusammenfassenden Meldungen, sowie die Erklärung zur Verwendung von Gutschriften (§214 der Bundesabgabenordnung, BGBl Nr 194/1961),

7. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Lohnverrechnung und der lohnabhängigen Abgaben, sowie die Vertretung im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben, jedoch nicht die Vertretung im Rechtsmittelverfahren und

8. die kalkulatorische Buchhaltung (Kalkulation).

 

(2) Die zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. sämtliche Beratungsleistungen im Zusammenhang ihres Berechtigungsumfanges gemäß Abs1,

2. die Beratung in Beitrags‑, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen,

3. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten,

4. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden Tätigkeiten gemäß Abs1 unmittelbar zusammenhängen,

5. die Vertretung in Angelegenheiten der Kammerumlagen gegenüber den gesetzlichen Interessenvertretungen,

6. sämtliche Tätigkeiten gemäß §32 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194,

7. die Vertretung in allen Angelegenheiten der An- und Abmeldung von Registrierkassen,

8. die Beratung und Vertretung in Angelegenheiten des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer einschließlich der Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers auf der Basis der Angaben ihrer Mandanten und der Feststellung und Überprüfung des wirtschaftlichen Eigentümers im Auftrag ihrer Mandanten und

9. die Tätigkeit als Mediator, wenn sie in die Liste der Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG), BGBl I Nr 29/2003, eingetragen sind."

7. §2 Abs2 Z7a Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014), BGBl I 191/2013, idF BGBl I 97/2020, der gemäß §68 Abs3 BiBuG 2014 am 31. August 2021 außer Kraft getreten ist, lautete:

"§2. (2) Die zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

[…]

7a. in der Zeit vom 20. Mai 2020 bis 31. August 2021 die Vertretung in Beihilfeangelegenheiten in Zusammenhang mit Zuschüssen, die einem Unternehmen auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes, BGBl I Nr 51/2014, gewährt werden,

[…]"

8. §2 Abs1 Z4 Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017), BGBl I 137/2017, idF BGBl I 67/2020 lautet:

"Berechtigungsumfang – Steuerberater

 

§2. (1) Den zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

[…]

4. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes‑, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfeangelegenheiten vor den Finanzbehörden, dem Amt für Betrugsbekämpfung, den übrigen Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgerichten sowie bei allen Amtshandlungen, die von Organen des Amtes für Betrugsbekämpfung im Rahmen der ihnen übertragenen finanzpolizeilichen Aufgaben und Befugnisse (§3 Z2 lite des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung) gesetzt werden, davon ausgenommen Maßnahmen im Dienste der Strafrechtspflege gemäß §6 des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes, BGBl I Nr 113/2015, sowie die Vertretung in Angelegenheiten des COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetzes (CFPG), BGBl I Nr 44/2020,

[…]".

9. §143, §144, §146, §146a, §148 Abs1, 2, 4 und 5, §149, §150, §153a sowie §153f Abs1 und 3 Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl 194/1961, idF BGBl I 3/2021 lauten:

"D. Befugnisse der Abgabenbehörden.

1. Allgemeine Aufsichtsmaßnahmen.

 

§143. (1) Zur Erfüllung der im §114 bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt.

 

(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.

 

(3) Die Bestimmungen der §§170 bis 174 finden auf Auskunftspersonen (Abs1) sinngemäß Anwendung.

 

(4) Die Bestimmungen über Zeugengebühren (§176) gelten auch für Auskunftspersonen, die nicht in einer ihre persönliche Abgabepflicht betreffenden Angelegenheit herangezogen werden.

 

§144. (1) Für Zwecke der Abgabenerhebung kann die Abgabenbehörde bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben, Nachschau halten. Nachschau kann auch bei einer anderen Person gehalten werden, wenn Grund zur Annahme besteht, daß gegen diese Person ein Abgabenanspruch gegeben ist, der auf andere Weise nicht festgestellt werden kann.

 

(2) In Ausübung der Nachschau (Abs1) dürfen Organe der Abgabenbehörde Gebäude, Grundstücke und Betriebe betreten und besichtigen, die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen verlangen und in diese Einsicht nehmen.

 

[…]

 

§146. Die mit der Vornahme einer Nachschau beauftragten Organe haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert über ihre Person und darüber auszuweisen daß sie zur Vornahme einer Nachschau berechtigt sind. Über das Ergebnis dieser Nachschau ist, soweit erforderlich eine Niederschrift aufzunehmen. Eine Abschrift hievon ist der Partei auszufolgen.

 

1a. besondere Befugnisse

Betretungsrecht

 

§146a. Die Organe der Abgabenbehörden der Bundes sind für Zwecke der Abgabenerhebung und zur Wahrnehmung anderer durch unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union oder Bundesgesetz übertragener Aufgaben berechtigt, Grundstücke und Baulichkeiten, Betriebsstätten, Betriebsräume und Arbeitsstätten zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, wenn Grund zur Annahme besteht, dass dort Zuwiderhandlungen gegen die von den Abgabenbehörden zu vollziehenden Rechtsvorschriften begangen werden.

 

[…]

 

§148. (1) Die von der Abgabenbehörde mit der Vornahme von Außenprüfungen beauftragten Organe haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert über ihre Person auszuweisen und den Auftrag der Abgabenbehörde auf Vornahme der Prüfung (Prüfungsauftrag) vorzuweisen.

 

(2) Der Prüfungsauftrag hat den Gegenstand der vorzunehmenden Prüfung zu umschreiben. Soweit es sich nicht um eine unter §147 Abs2 fallende Prüfung handelt, hat der Prüfungsauftrag die den Gegenstand der Prüfung bildenden Abgabenarten und Zeiträume zu bezeichnen.

 

[…]

 

(4) Gegen den Prüfungsauftrag ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

 

(5) Außenprüfungen sind dem Abgabepflichtigen oder seinem Bevollmächtigten tunlichst eine Woche vorher anzukündigen, sofern hiedurch der Prüfungszweck nicht vereitelt wird.

 

§149. (1) Nach Beendigung der Außenprüfung ist über deren Ergebnis eine Besprechung abzuhalten (Schlußbesprechung). Zu dieser sind der Abgabepflichtige und, wenn bei der Abgabenbehörde ein bevollmächtigter Vertreter ausgewiesen ist, auch dieser unter Setzung einer angemessenen Frist vorzuladen. Über die Schlußbesprechung ist eine Niederschrift aufzunehmen.

 

(2) Die Schlußbesprechung kann entfallen, wenn sich nach dem Prüfungsergebnis entweder keine Änderung der ergangenen Bescheide oder keine Abweichung gegenüber den eingereichten Erklärungen ergibt oder wenn der Abgabepflichtige oder sein Vertreter in einer eigenhändig unterfertigten Erklärung auf die Schlußbesprechung verzichtet oder wenn trotz Vorladung weder der Abgabepflichtige noch dessen Vertreter zur Schlußbesprechung erscheint.

 

§150. Über das Ergebnis der Außenprüfung ist ein schriftlicher Bericht zu erstatten. Die Abgabenbehörde hat dem Abgabepflichtigen eine Abschrift des Prüfungsberichtes zu übermitteln.

 

[…]

 

Merkmale der begleitenden Kontrolle

 

§153a. Anstelle einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 ist auf Antrag eine begleitende Kontrolle durchzuführen. Die begleitende Kontrolle kann einen einzelnen Unternehmer oder einen Kontrollverbund umfassen. Während der begleitenden Kontrolle besteht eine erhöhte Offenlegungspflicht nach Maßgabe des §153f Abs1 und ein laufender Kontakt zwischen den Unternehmern und den Organen des Finanzamtes für Großbetriebe nach Maßgabe des §153f Abs4. Das Finanzamt für Großbetriebe hat dem einzelnen Unternehmer oder den Unternehmern des Kontrollverbunds Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen.

 

[…]

 

Rechte und Pflichten während der begleitenden Kontrolle

 

§153f. (1) Ab der Rechtskraft des Bescheides gemäß §153d Abs1 haben die Unternehmer des Kontrollverbunds unbeschadet anderer abgabenrechtlicher Offenlegungspflichten jene Umstände unaufgefordert vor Abgabe der Abgabenerklärungen offenzulegen, hinsichtlich derer ein ernsthaftes Risiko einer abweichenden Beurteilung durch das Finanzamt für Großbetriebe besteht, wenn sie nicht unwesentliche Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis haben können.

 

[…]

 

(3) Das Finanzamt für Großbetriebe hat einheitlich für alle Unternehmer des Kontrollverbunds die mit der Vornahme der begleitenden Kontrolle beauftragten Organe und die den Gegenstand der begleitenden Kontrolle bildenden Abgabenarten (Auftrag zur begleitenden Kontrolle) elektronisch im Verfahren FinanzOnline bekannt zu geben. Der Antragsteller hat den Auftrag zur begleitenden Kontrolle im Namen aller Unternehmer des Kontrollverbunds im Verfahren FinanzOnline zu bestätigen. Gegen den Auftrag zur begleitenden Kontrolle ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

 

[…]".

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellenden Abgeordneten legen ihre Bedenken wie folgt dar:

"B. Verfassungsrechtliche Bedenken

 

1. Vorbemerkungen

 

Nach Ansicht der Antragsteller/innen erweist sich die dargelegte Ausgestaltung der Vergabe der genannten Unterstützungen und deren Kontrolle als verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich im Wesentlichen aus Überlegungen zu zwei Themenkomplexen: Erstens die Vermischung von hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Handlungsformen, vor allem in Verbindung mit mangelnden Rechtsschutzmöglichkeiten (siehe dazu Pkt B.3) und zweitens die nicht ausreichende Determinierung der gesetzlichen Grundlagen (siehe dazu Pkt B.4).

 

2. Kompetenzrechtliche Zuordnung von ABBAG-Gesetz und CFPG

 

Die Materialien zur Novellierung des ABBAG-Gesetzes im Rahmen der COVID‑19-Maßnahmen (BGBl I Nr 12/2020) nehmen zur kompetenzrechtlichen Situation nicht Stellung. […]

 

Die hier gegenständliche Novellierung des ABBAG-Gesetzes betrifft die Ausgestaltung des Unternehmensgegenstandes, die Errichtung von Tochtergesellschaften sowie die Finanzierung der Gesellschaft. Inhaltlich sind daher damit zum einen Maßnahmen der Hoheitsverwaltung im Sinne der Bundesfinanzen gemäß Art10 Abs1 Z4 B‑VG […] angesprochen, zum anderen stellen die gesellschaftsrechtlichen Aspekte des §2 ABBAG-Gesetz Sonderprivatrecht im Sinne des Art10 Abs1 Z6 B‑VG (Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaftlichen Assoziationswesens) dar.

 

Auch die Materialien zum CFPG sagen nichts über die kompetenzrechtliche Basis aus. […] Im vorliegenden Fall steht die Tätigkeit der Finanzämter als Gutachter iSd §2 CFPG im Vordergrund und nicht ihre Rolle als Abgabenbehörden (die BAO stützt sich kompetenzrechtlich auf §7 Abs6 F‑VG […]). Auch wenn die Auszahlung durch die COFAG privatrechtlich erfolgt, ist – wie noch näher darzulegen sein wird (siehe Pkt B.3.2.1) – die gutachterliche Tätigkeit als hoheitlich zu qualifizieren. Kompetenzrechtlich können sich die Überprüfungsregeln nicht auf das F‑VG stützen, da die Finanzämter gerade nicht als Abgabenbehörden tätig werden sollen. Auch hier kann daher nur Art10 Abs1 Z4 (Bundesfinanzen) als kompetenzrechtliche Grundlage für die hoheitliche Tätigkeit der Finanzämter bei der Überprüfung der Finanzierung von Subventionen dienen. Dies ergibt sich daraus, dass die Überprüfung von Subventionen als verfahrensrechtliche Annexkompetenz zur Finanzierung von Subventionen zu sehen ist, deren allgemeine Kompetenzgrundlage wiederum Art10 Abs1 Z4 (Bundesfinanzen) darstellt. […]

 

Kompetenzrechtlich steht daher für die einschlägigen Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes und des CFPG Art10 Abs1 Z4 B‑VG (Bundesfinanzen) im Vordergrund, soweit nicht gemäß Art10 Abs1 Z6 gesellschaftliches Sonderprivatrecht geschaffen wurde. Auch wenn die konkrete Förderung privatwirtschaftlich organisiert wird, sind sowohl die bundesfinanzrechtlichen Vorgaben als auch ihre Überprüfung als hoheitlich zu qualifizieren.

 

3. Verfassungswidrige Kombination von hoheitlichem und privatwirtschaftlichem Verwaltungshandeln

 

3.1. Privatrechtliche Tätigkeit der ABBAG und der COFAG

 

Wie bereits erwähnt, wurde das ABBAG-Gesetz im Rahmen der Bewältigung der Krise um die verstaatlichte Bank Hypo Alpe-Adria 2014 erlassen. Es stützte sich kompetenzrechtlich auf Art10 Abs1 Z4 (Bundesfinanzen) und Z5 B‑VG (Börse- und Bankwesen). […] Die Aufgaben der Abbaueinheit bezogen sich auf privatrechtliche Tätigkeiten. Mit BGBl I Nr 127/2015 wurden die Aufgaben der ABBAG deutlich erweitert. Dabei handelte es sich um bundesfinanzrechtliche sowie sonderprivatrechtliche Regelungen, die der ABBAG wiederum privatrechtliche Aufgaben zuwiesen. […]

 

Im Rahmen des COVID‑19 Gesetzes […] wurde das ABBAG-Gesetz um die hier gegenständlichen Aufgaben ergänzt, nämlich um 'die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind' (§2 Abs2 Z7 ABBAG‑G).

 

Hinsichtlich der Änderung des ABBAG-Gesetzes anlässlich der COVID‑19-Maßnahmen formulieren die Erläuterungen zum Initiativantrag wie folgt: 'Die konkrete Ausgestaltung der von der ABBAG zu gewährenden finanziellen Maßnahmen ist nach den Vorgaben dieses Gesetzes durch Richtlinien des Bundesministers für Finanzen näher zu regeln. Es besteht kein Rechtsanspruch und kein subjektives Recht auf Ergreifung finanzieller Maßnahmen durch die ABBAG.' […] Eine konkrete kompetenzrechtliche Zuordnung findet sich in den Erläuterungen, wie bereits ausgeführt, nicht.

 

Die ABBAG ist eine auf Basis des ABBAG-Gesetzes eingerichtete privatrechtliche Gesellschaft, die zu 100 % im Eigentum des Bundes steht. Ihre Aufgaben bestanden ursprünglich zweifellos in der Durchführung rein privatrechtlicher Tätigkeiten, nämlich der Verwaltung von Anteilen einer Abbaueinheit aus der Hypo Alpe-Adria‑Bank International AG.

 

Wenngleich Unternehmensgegenstand und Tätigkeitsbereich der ABBAG durch das COVID‑19 Gesetz wesentlich erweitert wurden, so bleibt doch davon auszugehen, dass die ABBAG und ihre Tochtergesellschaften im Rahmen des Privatrechts agieren. [...] Die ABBAG und deren Tochtergesellschaft COFAG selbst sind nicht mit Zwangsbefugnissen ausgestattet. Die Subventionsvergabe ist als Förderungsverwaltung ein anerkanntes Gestaltungsmittel der nicht hoheitlichen Verwaltungstätigkeit. [...] Auch die Gewährung der finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz durch die COFAG erfolgt daher im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung. Davon geht auch die Praxis aus: Über die Maßnahmen werden keine Bescheide erlassen, ein Verfahren nach dem AVG wird nicht durchgeführt. Auch die als Verordnung des Bundesministers für Finanzen erlassenen Förderrichtlinien zum Fixkostenzuschuss I gehen in ihrem Anhang Pkt 7.6. davon aus, dass die 'Fixkostenzuschüsse […] auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung gewährt' werden. […]

 

Ein Rechtsschutz der betroffenen Unternehmen besteht daher nur vor den ordentlichen Gerichten im Zivilrechtsweg. Nach der Rechtsprechung […] steht die öffentliche Hand auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen der Grundrechte und des aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebots (Fiskalgeltung der Grundrechte). Aus dem Gleichheitssatz lässt sich ein zivilrechtlicher Kontrahierungszwang (Anspruch auf Vertragsabschluss) ableiten, sodass der/die einzelne Bürger/in auf dem Zivilrechtsweg die Abgabe der zur Vertragsperfektion erforderlichen Willenserklärung einklagen kann. [...] Bei unsachlicher Weigerung, eine Vereinbarung abzuschließen, besteht ein Anspruch auf Schadenersatz (§1295 Abs2 ABGB). Im Fall willkürlicher Vertragsverweigerung besteht sogar ein Anspruch auf Leistung, wenn der/die Kläger/in eine sachwidrige Begünstigung von mit ihm/ihr in äußerlich gleicher Situation befindlichen Personen bzw eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung gegenüber anderen beweisen kann. [...] Der Wortlaut des §3b Abs2 ABBAG‑G, wonach auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen kein Rechtsanspruch besteht, ist daher für den/die Rechtsunterworfene/n irreführend, legistisch unglücklich formuliert und somit rechtstechnisch bedenklich. [...] Auch in zahlreichen, auf Grundlage von §3b Abs3 ABBAG-Gesetz erlassenen Verordnungen des Bundesministers für Finanzen findet sich eine ähnliche irreführende Formulierung. [...]

 

3.2. Gutachterliche Tätigkeit der Finanzämter für das privatwirtschaftliche Handeln der COFAG

 

3.2.1. Hoheitliche Gutachtertätigkeit der Finanzämter gemäß CFPG

 

Das CFPG sieht vor, dass die Finanzämter zur Prüfung von gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz begünstigten Unternehmen berufen sind. Eine solche Prüfung kann entweder im Rahmen abgabenbehördlicher Maßnahmen (§6 Abs1 CFPG) oder auf Weisung des Bundesministers für Finanzen (§7 CFPG) erfolgen. Darüber hinaus kann die COFAG bei begründeten Zweifeln an der automationsunterstützten Risikoanalyse ('Plausibilisierung') ein sogenanntes Ergänzungsgutachten beim Bundesminister für Finanzen anfordern, der in weiterer Folge eine Prüfung gemäß §7 CFPG anordnen kann (§8b CFPG).

 

Die Finanzämter werden bei all diesen Tätigkeiten gemäß §2 Abs1 CFPG 'als Gutachter und nicht in ihrer Funktion als Abgabenbehörde des Bundes' tätig. Bei Zweifeln an Richtigkeit oder Plausibilität der vom Unternehmen erteilten Auskünfte bzw vorgelegten Unterlagen erstellen die Finanzämter einen gesonderten Prüfungsbericht und übermitteln diesen gemäß §8 Z1 C[FP]G der (privatrechtlichen) COFAG sowie dem Bundesminister für Finanzen. Ein Rechtsbehelf gegen diesen Prüfbericht steht nicht zu.

 

Die Prüfung von finanziellen Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz kann gemäß §6 CFPG im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen stattfinden. Diesbezüglich wird das zuständige Finanzamt dazu ermächtigt, anlässlich der Durchführung einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO, einer Nachschau gemäß §144 BAO oder einer begleitenden Kontrolle gemäß §153a BAO die Richtigkeit der 'erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses oder der Garantieübernahme angegebenen Daten zu überprüfen.'

 

Überdies enthält §2 Abs2 CFPG einen Verweis auf die BAO, der den gutachterlich tätigen Finanzämtern die Kompetenzen zuweist, gemäß §143 leg cit Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen […] und Nachschau nach §144 leg cit zu halten. […] Gemäß §146 leg cit besteht hierbei eine Ausweispflicht der handelnden Organe; außerdem ist gemäß §149 leg cit eine Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung unter Ladung des/der Abgabepflichtigen abzuhalten und gemäß §150 leg cit ein schriftlicher Bericht über die Prüfung zu erstellen. Ebenso wird auf §148 Abs1, 2, 4 und 5 leg cit verwiesen, die den bei der Außenprüfung vorzuweisenden Prüfungsauftrag und dessen notwendigen Inhalt regeln, sowie, dass gegen den Prüfungsauftrag ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist (Abs4 leg cit) und dass die Prüfung eine Woche im Vornhinein angekündigt werden muss (Abs5 leg cit). Der Verweis auf §146a leg cit beruht wohl auf einem Redaktionsversehen; [...] ebenso erscheint der Verweis auf §153f Abs1 und 3 leg cit sinnwidrig.

 

All diese Kompetenzen seien 'sinngemäß' anzuwenden. Angesichts des Regelungsgehalts der beschriebenen Normen der BAO kann das Handeln der Finanzämter als Gutachter nur hoheitlich sein. Eine nicht-hoheitliche 'sinngemäße' Deutung ist nicht vorstellbar, gewähren sie doch gerade typische behördliche Befugnisse, wie eben zB das umfassende Betretungsrecht (privater) Gebäude, Grundstücke und Betriebe gemäß §144 Abs2 BAO und die Befugnis, von jedem/jeder, unabhängig von dessen/deren Stellung als Abgabenpflichtige/r, gemäß §143 BAO Auskünfte zu verlangen.

 

Darüber hinaus sieht §6 CFPG die Prüftätigkeit des Finanzamtes 'im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen' vor, woraus sich jedenfalls hinsichtlich dieser Prüftätigkeiten die Rechtsposition als Abgabenbehörde im organisatorischen Sinn ergibt. An dieser Stelle entsteht unmittelbar eine Rollenvermischung, als die Abgabenbehörde sowohl als Behörde im abgabenrechtlichen Sinn als auch als Gutachter tätig werden soll und dabei zum Teil dieselben Befugnisse ausüben darf (um unterschiedliche Sachverhalte zu ermitteln). Eine genaue Trennung dieser beiden Rollen ist dabei im Detail nicht möglich. Letztlich ist für den/die jeweils von der Maßnahme Betroffene/n nicht ersichtlich, ob die Behörde beispielsweise eine bestimmte Auskunft gerade in ihrer abgabenbehördlichen, ihrer gutachterlichen oder gar beiden Funktionen verlangt.

 

Die parlamentarischen Materialien stellen aber zugleich ebenso klar, dass das Finanzamt bezüglich der Förderungsüberprüfung nicht als Abgabenbehörde handelt. So heißt es im Initiativantrag: 'Obwohl die Förderungen im Rahmen einer abgabenbehördlichen Maßnahme mitüberprüft werden sollen, handelt das Finanzamt bezüglich der Förderungen daher nicht als (Abgaben‑)behörde, sondern erstellt ein Gutachten.

 

Im Regime der abgabenrechtlichen Außenprüfung kann ein weisungsbefugtes Organ (insbesondere der Bundesminister für Finanzen) Prüfungshandlungen anordnen, wenn das für zweckmäßig erachtet wird. Die §§7, 10 und 13 bilden dieses Regime für die Förderungsprüfungen nach diesem Bundesgesetz spiegelbildlich nach. Die für eine Außenprüfung geltenden Regelungen sollen auch hinsichtlich der eigentlichen Prüfungshandlungen sinngemäß angewendet werden. Das bedeutet beispielsweise, dass die Prüfung der jeweiligen Förderungsmaßnahme auf dem Prüfungsauftrag enthalten sein wird, dass auch hinsichtlich der Prüfung der jeweiligen Förderungsmaßnahme das Parteiengehör zu wahren ist und eine Schlussbesprechung stattzufinden hat'. [...]

 

Aus dem Regelungskonzept des CFPG folgt, dass die Finanzämter im Rahmen ihrer gutachterlichen Tätigkeiten iSd §2 Abs1 CFPG ihre Handlungen nichtsdestoweniger hoheitlich durchführen. Die Tätigkeit besteht aus einseitigen Zwangsmaßnahmen, die nicht der Zustimmung der Betroffenen bedürfen; im Gegenteil, die Betroffenen werden gesetzlich zur Kooperation verpflichtet.

 

§2 Abs1 CFPG ist daher so zu verstehen, dass die Finanzämter hinsichtlich ihres Gutachtens als Amtssachverständige tätig werden. Die Abgabenbehörde wird funktionell als Gutachter tätig, ohne dabei ihre Rechtsposition als Abgabenbehörde im organisatorischen Sinne einzubüßen. []

 

Findet diese Tätigkeit im Rahmen abgabenbehördlicher Maßnahmen statt, sind die Finanzämter zugleich als Abgabenbehörden tätig. Die Amtshandlungen, die vor Ort gesetzt werden, sind als hoheitlich zu beurteilen. Bei gesetzwidrigem Vorgehen der Finanzämter kann gegen diese Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ [etwa das Betreten privater Gebäude]) Maßnahmenbeschwerde erhoben werden [] bzw können bei Schadenseintritt überdies gemäß den Vorschriften im Amtshaftungsgesetz die ordentlichen Gerichte angerufen werden.

 

3.2.2. Rollenvermischung von behördlicher und gutachterlicher Tätigkeit

 

Die Trennung von Sachverständigentätigkeit und Behördentätigkeit ist ein rechtsstaatliches Gebot, […] das sich konkret in Befangenheitsregeln (§179 iVm §76 Abs1 litc BAO) aber auch im Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art6 EMRK manifestiert. §6 CFPG sieht vor, dass das zuständige Finanzamt 'anlässlich der Durchführung' einer abgabenrechtlichen Prüfung ebenso die Überprüfung gemäß CFPG als Gutachter iSd §2 CFPG vornehmen kann. Auch wenn somit zwei unterschiedliche Verfahren gleichzeitig gegenüber demselben/derselben Betroffenen durchgeführt werden, so agiert das Finanzamt in einem Moment als Behörde (nämlich im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung) und im nächsten Moment als Sachverständiger (nämlich im Zuge der Begutachtung iSd §2 CFPG), um sodann wieder Behördenkompetenzen wahrzunehmen. Auf diese Weise lässt sich aber die Sachverständigenfunktion nicht unabhängig ausüben; es liegt geradezu der Paradefall der Befangenheit vor. Insofern wird gesetzlich eine Situation angeordnet, die dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot widerspricht. In ähnlichen Konstellationen einer Doppelrolle des erkennenden Landesagrarsenats bzw Grundverkehrssenates sowohl als Gutachter als auch als Entscheidungsträger nahm der VfGH einen Verstoß gegen Art6 EMRK an. […]

 

In VfSlg 19.636/2012 hielt der VfGH fest: 'Es ist dem Gesetzgeber ungeachtet seines in staatsorganisatorischen Fragen besonders weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums daher von Verfassung wegen verwehrt, auf dem Gebiet der Aufgabenverteilung auf Behörden und Organe eine Regelung staatsorganisatorischen Inhalts zu treffen, die in einer in sich nicht kohärenten Weise dadurch das gewählte Organisationskonzept wechselt, indem sie das Modell der Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch die erkennende Behörde mit jenem der Einschaltung einer Amtspartei zur Wahrung der öffentlichen Interessen in der Weise ver-mischt, dass ein und dasselbe Organ in bestimmten Verfahren zugleich als Amtspartei und als erkennende Behörde tätig wird.' Zwar handelt es sich bei der abgabenrechtlichen Prüfung und der gutachterlichen Tätigkeit gemäß §2 CFPG um zwei unterschiedliche Verfahren; das verfassungsrechtliche Problem, das die Verknüpfung dieser beiden Verfahren durch §6 CFPG eröffnet, ist aber dasselbe: Die notwendige Unbefangenheit des Sachverständigen kann nicht gewährleistet werden, das rechtsstaatliche Gebot wird verletzt.

 

3.2.3. Kombination hoheitlicher und privatrechtlicher Handlungsformen

 

Die soeben erwähnten behördlich durchgeführten Zwangsmaßnahmen können mittels Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden. Gegen das Gutachten/den Prüfbericht besteht hingegen kein vergleichbarer Rechtsschutz. Angesichts der behördlichen Befugnisse der gutachterlich tätigen Finanzämter liegt somit ein erhebliches Ungleichgewicht zu Ungunsten der privaten Unternehmen vor. Die COFAG als privatrechtliche Akteurin kann das mit hoheitlichen Mitteln gewonnene Gutachten ihrer privatrechtlichen Entscheidung (zB Rückforderung der geleisteten Zuschüsse) zu Grunde legen. Zwar kann gegen eine Forderung der COFAG aus einem privatrechtlichen Vertrag wiederum Rechtschutz vor einem ordentlichen Gericht bemüht werden. Das zivilrechtliche Rechtsschutzsystem ist aber nicht nur mit wesentlich höheren Hürden für die Betroffenen ausgestattet (insbesondere den hohen Gerichtskosten und der drohenden Kostenersatzpflicht an die/den Gegner/in), im konkreten Fall ist nicht einmal die für das Privatrecht notwendige Waffengleichheit gewahrt: Anders als jede/r andere Privatrechtsakteur/in kann sich die COFAG in ihrer Beweisführung auf Beweismittel stützen, die nicht nur mit hoheitlicher Zwangsgewalt erlangt wurden (und daher für ein anderes Rechtssubjekt nicht erlangbar wären), sondern unter Umständen auch mit besonderer Beweiskraft ausgestattet sind (vgl die erhöhte Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde gemäß §292 ZPO, die Möglichkeit der Einvernahme einer informierten Amtsperson als Sachverständige [] etc).

 

In der Gesamtbetrachtung der Konstellation sichert der Staat die Einhaltung seiner privatrechtlichen Verträge durch die Setzung von Hoheitsakten und vermischt hoheitliche Verwaltung und nicht-hoheitliche Privatwirtschaftsverwaltung auf eine Weise, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht mehr entspricht. […] Dies ergibt sich insbesondere in Hinblick darauf, dass der/die Einzelne eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten gegen das mit hoheitlichen Mitteln gewonnene Gutachten der Finanzämter hat. Während gegen die AuvBZ der Finanzämter Rechtsschutz besteht, kann das betroffene Unternehmen gegen die auf Basis der AuvBZ ermittelten Informationen und gegen die daraus gezogenen Schlussfolgerungen keinen Rechtsschutz im Bereich des öffentlichen Rechts geltend machen. Das betroffene Unternehmen kann nur im Rahmen des Rechtsschutzes gegen den privatrechtlichen Vertrag bzw die daran anschließenden privatrechtlichen Handlungen des Bundes (insbesondere Rückforderungen) gegen die durch hoheitliche Amtssachverständigentätigkeit erzielten Schlussfolgerungen des Gutachtens der Finanzämter vorgehen. Dies ist eine verfassungsrechtlich unzulässige Vermischung der dem Bund zur Verfügung stehenden Handlungsformen, die die gebotene Trennung der Rechtsschutzwege unterwandert. Diese Kombination von hoheitlichen und privatrechtlichen Handlungen, die beide dem Bund zuzurechnen sind, ist daher als verfassungswidrig zu qualifizieren.

 

Der Einsatz der Finanzämter zur Überprüfung der Zuschüsse gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz erweist sich als verfassungswidrig. Er verstößt gegen Art18 Abs1 B‑VG (Legalitätsprinzip), weil eine unzulässige Vermischung hoheitlicher Verwaltung und nicht-hoheitlicher Privatwirtschaftsverwaltung vorliegt und überdies dem verfassungsrechtlich vorgesehenen System des Rechtsschutzes gemäß Art83ff iVm 129ff B‑VG nicht entsprochen wird.

 

Darüber hinaus verstößt die Einbindung der Finanzämter mit behördlicher Befugnis als Gutachter gegen die von Art6 EMRK ('Recht auf ein faires Verfahren') geschützte Waffengleichheit. Die Doppelfunktion als Behörde und Sachverständiger nimmt der Behörde nämlich die Möglichkeit, unbefangen das Gutachten einzuschätzen. [] Die Unparteilichkeit der Behörde ist im Fall dieser Doppelfunktion (Entscheidungsträger und Sachverständiger) nicht mehr gegeben […] bzw bestehen zumindest nach dem äußeren Anschein […] Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Tribunal im Sinne des Art6 EMRK. […]

 

3.3. Grundrechtseingriff

 

Die hier in ihrer Ausgestaltung kritisierte Vergabe, Kontrolle und Rückforderung von Förderungen hat freilich eine grundrechtliche Dimension:

 

Zum einen betrifft die Förderungsvergabe, insbesondere die allfällige Rückforderung und die potentielle Verweigerung eines nach dem Gleichheitssatz gebotenen Fördervertragsabschlusses das Grundrecht des Eigentums nach Art1 1. ZP‑EMRK, sind doch Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn alle vermögenswerten Privatrechte. Geschützt sind bloß Rechtspositionen, keine wirtschaftlichen Interessen. [….] Nach neuerer Judikatur zu Art1 1. ZP‑EMRK, kommt es dabei nicht darauf an, ob die Rechtsposition privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist. [...] Ein Eingriff in das Eigentum liegt stets dann vor, wenn ein unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff subsumierbares Recht entzogen oder beschränkt wird.

 

Zum anderen greifen die Kontrollbefugnisse des Finanzamtes bei Plausibilisierung oder nachträglicher Prüfung der 'Anträge' bzw der Maßnahmen potentiell massiv in das nach Art8 EMRK gewährte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ein, das auch das Recht auf Achtung der Wohnung schützt. Der Begriff der Wohnung in Art8 EMRK entspricht dabei im Wesentlichen jenem des Hauswesens iSd Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes (RGBl 1862/88, vgl Art9 StGG), sodass insbesondere auch Betriebs- und Geschäftsräume vom Schutzbereich umfasst sind. [...] Anders als der Hausrechtsschutz gewährleistet Art8 EMRK ein allgemeines Recht auf Achtung der Wohnung [] (nicht nur im Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen), in das eben etwa auch durch ein mit Zwangsmaßnahmen durchsetzbares Betreten des Betriebs gemäß §144 Abs2 BAO eingegriffen wird.

 

Bei den angefochtenen Bestimmungen handelt es sich somit um eingriffsintensive Gesetze, bei denen die Maßstäbe an die erforderliche Determinierung besonders hoch sind und die Vermischung von hoheitlichem und nicht-hoheitlichem Handeln besonders problematisch ist (siehe sogleich Pkt B.3.4).

 

3.4. Rechtsprechung des VfGH zur Vermischung von hoheitlichem und privatrechtlichem Verwaltungshandeln

 

Bereits im Jahr 1961 sprach der VfGH in VfSlg 3980/1961 zum damaligem Mietengesetz aus, dass die Zusammenfassung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Funktionen in der Hand eines Verwaltungsorgans verfassungsrechtlich an sich zulässig sei, es müsse jedoch vermieden werden, dass dadurch die der Gebietskörperschaft gegenüberstehende Privatrechtspartei unsachlicherweise schlechter gestellt wird als andere Privatrechtsparteien.

 

In G47/87 hält der VfGH fest, dass der Gesetzgeber zwar in seiner Wahl der Handlungsform grundsätzlich frei ist, 'es kann aber nicht im Belieben des Gesetzgebers stehen, Zwangsakte von Verwaltungsbehörden einfach zu privatrechtlichen Tätigkeiten zu erklären und so das Verbot der Trennung von Justiz und Verwaltung zu unterlaufen.' Wenngleich in diesem Fall ein als letztlich rein privatwirtschaftlich beurteiltes Handeln in Frage stand, wird hier dasselbe Problem wie im gegenständlichen Fall angesprochen: die Unzulässigkeit der Anwendung von staatlicher Zwangsgewalt (die freilich dem privaten Gegenüber nicht zukommt) in der reinen Privatwirtschaftsverwaltung.

 

In mehreren Entscheidungen […] billigt der VfGH die Doppelstellung einer Behörde als privatrechtliche Antragstellerin und hoheitliches Entscheidungsorgan. Dabei stellt er aber etwa in VfSlg 11.645/1988 zum Tiroler Straßengesetz gerade auf die Befangenheitsregeln ab, die eine personelle Verflechtung verhindern und so die Einhaltung des fairen Verfahrens nach Art6 Abs1 EMRK wahren. Im vorliegenden Fall ist – trotz getrennter Verfahren – gerade diese Trennung nicht gewährleistet, tritt doch ein und derselbe Amtsträger etwa im Rahmen einer Abgabenprüfung mit Zwangsgewalt auf und verwendet die damit gewonnenen Erkenntnisse gleichzeitig für seine privatwirtschaftliche Tätigkeit als Gutachter.

 

In VfSlg 15.625/1999 zur Salzburger Vertragsraumordnung sah der VfGH durch eine kausale Verknüpfung von Privatwirtschaftsverwaltung und hoheitlichem Handeln sowohl das Legalitätsprinzip als auch das Rechtsstaatsprinzip verletzt: 'Wenn […] mit kombinierten privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Maßnahmen in erheblicher Weise in die Grundrechtsposition des Grundstückseigentümers eingegriffen wird, muß von Verfassungs wegen ein die Rechte der Betroffenen ausreichend sichernder Rechtsschutz eröffnet sein.' Eine 'zwingende Verknüpfung von privatwirtschaftlichen Maßnahmen mit hoheitlichen Maßnahmen' sei 'vom System der Bundesverfassung nicht vorgesehen'.

 

Letztlich zeigt sich also, dass nach der Rechtsprechung des VfGH die Grenze der zulässigen Kombination von privatwirtschaftlichem und hoheitlichem Handeln dort überschritten wird, wo einerseits unmittelbar und erheblich in Grundrechte eingegriffen wird und andererseits ein Rechtsschutzdefizit auf Seiten des/der Rechtsunterworfenen entsteht. Beides ist, wie oben dargelegt, im vorliegenden Fall gegeben.

 

3.5. Schlussfolgerungen

 

Das ABBAG-Gesetz ist als Bundesfinanzrecht sowie als Sonderprivatrecht zu qualifizieren, die Tätigkeiten der ABBAG sowie ihrer Tochtergesellschaft COFAG als privatrechtliches Handeln.

 

Der VfGH sieht wie ausgeführt bei der Kombination von hoheitlichen und privatrechtlichen Maßnahmen insbesondere dann ein verfassungsrechtliches Problem, wenn die Rechtsschutzmöglichkeiten des/der Einzelnen beschränkt werden und es sich darüber hinaus um eingriffsintensive Normen handelt.

 

Aus dem Regelungskonzept des CFPG folgt, dass die Finanzämter im Rahmen ihrer gutachterlichen Tätigkeiten iSd §2 Abs1 CFPG ihre Handlungen zwar nicht als Abgabenbehörde des Bundes, aber nichtsdestoweniger hoheitlich durchführen. §2 Abs1 CFPG ist daher insoweit zu verstehen, als die Finanzämter als Amtssachverständige tätig werden. Die Amtshandlungen, die vor Ort gesetzt werden, sind als hoheitlich zu beurteilen. Aufgrund paralleler Tätigkeiten als Abgabenbehörden und als Gutachter iSd CFPG besteht eine rechtsstaatswidrige Doppelfunktion bei ein- und derselben Amtshandlung, die im Widerspruch mit der Unbefangenheit und der Unabhängigkeit der Rolle des Amtssachverständigen steht.

 

Die im CFPG vorgesehene hoheitliche Sachverständigentätigkeit der Finanzämter zur Überprüfung der Zuschüsse gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz erweist sich als verfassungswidrig. Sie verstößt gegen Art18 Abs1 B‑VG (Legalitätsprinzip), weil eine unzulässige Vermischung hoheitlicher Verwaltung und nicht-hoheitlicher Privatwirtschaftsverwaltung vorliegt. Der Staat ermöglicht unter Rückgriff auf hoheitliche Handlungsformen Überprüfungen eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses, um an die Hoheitsakte anschließend privatrechtliche Schritte (zur Vertragsauflösung bzw Rückforderung) setzen zu können, ohne dem/der Einzelnen gegen den zentralen Rechtsakt des unter Anwendung hoheitlicher Mittel erstellten Gutachtens einen öffentlich-rechtlichen Rechtsschutz zuzugestehen. Damit verstößt die Regelung überdies gegen das verfassungsrechtlich vorgesehene System des Rechtsschutzes gemäß Art83ff iVm 129ff B‑VG. Darüber hinaus verstößt die Einbindung der Finanzämter mit behördlicher Befugnis als Gutachter gegen die von Art6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) geschützte Waffengleichheit.

 

3.6. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die einzelnen Normen

 

3.6.1. Unmittelbar verfassungswidrige Normen

 

§6 CFPG, der für die Prüfung von finanziellen Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz die Finanzämter für zuständig erklärt, Prüfungen 'im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen' durchzuführen (Abs1 leg cit) und den zuständigen Finanzämtern dafür bestimmte Berechtigungen nach der BAO erteilt (Abs2 leg cit), erweist sich daher als verfassungswidrig. Die gleichzeitige Tätigkeit als Gutachter und als Behörde beim selben Prüfungsvorgang verletzt das Rechtsstaatlichkeitsprinzip und das Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK (siehe dazu oben Pkt B.3.2.2); ebenso führt die hoheitliche gutachterliche Tätigkeit in Kombination mit dem privatwirtschaftlichen Handeln zu einem Rechtsschutzdefizit, sodass die Norm dem Legalitätsprinzip des Art18 Abs1 B‑VG und dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK widerspricht (siehe dazu oben Pkt B.3.2.3).

 

Diese Bedenken treffen auch auf §7 CFPG zu, der dem Bundesminister für Finanzen das Weisungsrecht zur Durchführung einer Prüfung außerhalb einer abgabenbehördlichen Maßnahme einräumt. Der Umstand, dass die Behörde hier nicht im selben Prüfungsvorgang beide Funktionen ausübt, kann die grundsätzlichen Bedenken der Befangenheit und mangelnden Waffengleichheit nicht beseitigen. Insbesondere ist das Rechtsschutzdefizit der/des Betroffenen dasselbe wie bei der Prüfung nach §6 CFPG.

 

Die §§6 und 7 CFPG sind daher zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

 

Die zu §7 CFPG ausgeführten Bedenken betreffen freilich auch §8b Abs1 3. Satz CFPG, wonach für die Erstellung des Ergänzungsgutachtens bei der Plausibilisierung des Antrags des Unternehmens eine Förderungsprüfung gemäß §7 leg cit beauftragt werden kann.

 

Die bloße Plausibilisierung der Angaben des förderungswerbenden Unternehmens stellt sich nicht als hoheitliches Handeln dar, sodass die Bedenken der Vermischung der Tätigkeitsformen – abgesehen von der grundsätzlichen Problematik der gutachterlichen Tätigkeit durch die Finanzämter – nicht greifen. Daher sind die §§8a und 8b CFPG im Übrigen bei dieser Betrachtungsweise nicht verfassungswidrig. Freilich führt aber die Durchführung einer hoheitlichen Prüfung nach §7 CFPG gerade wieder zu der hier relevierten unzulässigen Verquickung von privatwirtschaftlichem und hoheitlichem Handeln. Festzuhalten ist allerdings, dass die §§8a und 8b CFPG ohnehin am 31.12.2021 außer Kraft treten.

 

In §8b Abs1 CFPG ist daher der 3. Satz 'Für die Erstellung des Ergänzungsgutachtens kann eine Förderungsprüfung gemäß §7 beauftragt werden.' als verfassungswidrig aufzuheben.

 

3.6.2. I[n] untrennbare[m] Zusammenhang stehende Normen

 

In untrennbarem Zusammenhang mit der Prüfbefugnis der Finanzämter nach §§6, 7 CFPG steht §8 CFPG, der die Übermittlung des Prüfungsergebnisses regelt. Diese Norm ergibt ohne die vorangegangene Prüfung freilich keinen Sinn und wird daher mit den §§6, 7 CFPG zur Gänze aufzuheben sein.

 

Wird die Prüfung von finanziellen Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz nach dem 2. Abschnitt aufgehoben, bleibt kein Anwendungsbereich für die Z1 des §1 CFPG, wonach das CFPG eben gerade auf diese Prüfungen anzuwenden ist. Auch diese Norm steht daher i[n] untrennbare[m] Zusammenhang mit den verfassungswidrigen Bestimmungen, sodass sie aufzuheben sein wird.

 

3.6.3. In eventu: Verfassungswidrigkeit des gesamten CFPG

 

Nach der hier vertretenen Ansicht ergibt sich die Verfassungswidrigkeit der bekämpften Bestimmungen insbesondere in Zusammenschau mit §2 Abs1 und Abs2 CFPG, wo die gutachterliche Tätigkeit, aber auch die Anwendbarkeit der typisch hoheitlichen Mittel der BAO geregelt sind, ebenso wie mit der Anzeigepflicht des §16 CFPG. Die hier dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen in erster Linie aufgrund der Verquickung dieses hoheitlichen Handelns mit der privatwirtschaftlichen Tätigkeit der COFAG nach dem ABBAG-Gesetz, die dazu führt, dass gegen die Schlussfolgerungen und Konsequenzen der Tätigkeit des Finanzamts kein öffentlich-rechtlicher Rechtsschutz besteht.

 

Die allgemeinen Bestimmungen im 1. und 5. Abschnitt des CFPG stellen sich nach dieser Ansicht daher nicht per se als verfassungswidrig dar und können einen verfassungskonformen Anwendungsbereich dort haben, wo Förderungen hoheitlich über Behörden oder belehnte Rechtssubjekte vergeben werden. Die Förderungen und Beihilfen nach den Abschnitten 3., 4., 4a., 4b. und 4c. des CFPG sind, wie eingangs ausgeführt, nicht primär Gegenstand dieses Antrags auf Normenkontrolle. Nun werfen die ebenfalls in Privatwirtschaftsverwaltung vergebenen Förderungen und Beihilfen möglicherweise ähnliche verfassungsrechtliche Probleme auf, wie die hier in Bezug auf ABBAG und COFAG ausgeführten. Zur Zulässigkeit eines Antrags auf abstrakte Normenkontrolle ist es aber grundsätzlich nicht notwendig, sämtliche Normen, die möglicherweise aus ähnlichen (oder anderen) Gründen von einer Verfassungswidrigkeit betroffen sind wie die bekämpften Normen, ebenfalls zu bekämpfen. […]

 

Allerdings ist auch die Sichtweise möglich, dass gerade §2 Abs1 und Abs2 CFPG die verfassungsrechtlich unzulässige Verquickung von privatwirtschaftlichem und hoheitlichem Handeln anordnen. Sieht man in der gutachterlichen Tätigkeit der Finanzämter ohne notwendiges Hinzutreten weiterer Voraussetzungen ein grundsätzliches Problem, so erweist sich freilich das gesamte CFPG, das eben derartige privatwirtschaftliche Überprüfungen durch mit Zwangsgewalt ausgestattete Finanzämter anordnet, als verfassungswidrig. Die Antragsteller/innen begehren daher für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Anträge auf Aufhebung von Teilen des CFPG zurück- oder abweist, die Aufhebung des §2 Abs1 und Abs2 CFPG wegen unmittelbarer Verfassungswidrigkeit und die Aufhebung des gesamten CFPG wegen untrennbaren Zusammenhangs mit diesen Normen, die eben den Rechtsrahmen der im übrigen CFPG angeordneten Prüfungen festlegen.

 

Wird das gesamte CFPG aufgehoben, so sind einige Normen ebenfalls wegen untrennbaren Zusammenhangs aufzuheben, für die kein Anwendungsbereich verbleibt. Dies sind §2 Abs1 Z4 Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 66/2020, §2 Abs2 Z7a Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 97/2020 (wobei dieser mit 31.08.2021 außer Kraft tritt) und §2 Abs1 Z4 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 idF BGBl I Nr 67/2020. Diese Bestimmungen verweisen auf Tätigkeiten nach dem CFPG, sodass ihnen bei Aufhebung des CFPG jeglicher Anwendungsbereich entzogen ist. Diese Normen stehen in untrennbarem Zusammenhang mit den verfassungswidrigen Bestimmungen und sind daher aufzuheben.

 

Darüber hinaus stehen die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Übermittlung von Daten der Kurzarbeitsbeihilfe durch das Arbeitsmarktservice (AMS-Datenübermittlungsverordnung – AMS‑DÜV), BGBl II Nr 207/2021, die die Datenverarbeitung und ‑übermittlung zum Zwecke der Prüfungen nach dem CFPG regelt, und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die nähere Ausgestaltung der Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie, BGBl II Nr 284/2021 i[n] untrennbare[m] Zusammenhang mit den bekämpften gesetzlichen Bestimmungen. Den auf Basis des §8a Abs3 CFPG bzw des §17 CFPG erlassenen Verordnungen fehlte es bei Aufhebung der bekämpften Verordnungsermächtigungen an der gesetzlichen Grundlage. Zur Problematik der Bekämpfung von Verordnungsermächtigungen und Verordnungen siehe zur Vermeidung von Wiederholungen unten Pkt B.4.5.3.

 

4. Mangelnde Determinierung der Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz

 

4.1. Inhalt der Verordnungsermächtigung

 

Gemäß Art18 Abs2 B‑VG kann jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz enthält eine explizite Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Finanzen. Eine ausdrückliche Verordnungsermächtigung steckt den Rahmen für die Verordnung ab und kann – falls sie zu eng gefasst ist – nicht unter Berufung auf Art18 Abs2 B‑VG inhaltlich ergänzt werden. [] Die Formulierung 'auf Grund der Gesetze' ist in dieser Hinsicht im Vergleich zur Ursprungsfassung ('im Rahmen der Gesetze') als einengende Klarstellung zu verstehen. […]

 

Im ABBAG-Gesetz finden sich hinsichtlich der Verordnungen folgende Vorgaben für den Bundesminister für Finanzen:

 

Der Unternehmensgegenstand ist gemäß §2 Abs1 Z3 ABBAG-Gesetz definiert als 'Erbringung von Dienstleistungen und dem Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.' Unter §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz ist die Passage wortgleich erneut abgedruckt und bestimmt hier den Zweck.

 

Der Kreis der Begünstigten ist gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz auf jene Unternehmen eingeschränkt, die einen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben.

 

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen muss gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz einen gewissen Mindestinhalt aufweisen, nämlich den Kreis der begünstigten Unternehmen festlegen, die Ausgestaltung, den Verwendungszweck, die Höhe und die Laufzeit der finanziellen Maßnahmen regeln sowie die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten normieren.

 

4.2. Strenges Bestimmtheitsgebot

 

Die Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz ist jedenfalls hoheitlich zu deuten und erfolgt schon aufgrund der gewählten Handlungsform nicht im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung; die gesetzliche Ermächtigung zur Verordnungserlassung bedeutet die Ermächtigung zu einem hoheitlichen Handeln. Die Verordnungsermächtigung ist damit unter dem kompetenzrechtlichen Blickwinkel einerseits als die hoheitliche Erlassung von Normen im Rahmen der Bundesfinanzen (Art10 Abs1 Z4 B‑VG), andererseits, aufgrund der Festlegung des Inhalts des abzuschließenden Förderungsvertrags, als Sonderprivatrecht (Art10 Abs1 Z6 B‑VG) in Verordnungsform zu verstehen. Es entsteht auf diese Weise eine Kombination von hoheitlichem und nicht-hoheitlichem Verwaltungshandeln, das bei adäquatem Rechtsschutz des/der Einzelnen grundsätzlich noch verfassungsrechtlich zulässig ist.

 

Auch aus Grundrechtsbestimmungen werden zusätzliche Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit von Gesetzen abgeleitet.[…] Ganz allgemein muss in Regelungen, die nicht bloß zufällig und ausnahmsweise, sondern in der Regel in ein Grundrecht eingreifen, der Eingriffstatbestand besonders deutlich umschrieben werden.[…] Gerade derartige eingriffssensible Regelungen liegen im konkreten Fall vor (siehe Pkt B.3.3.).

 

Das Legalitätsprinzip erfordert aber, den Maßstab des aus Art18 B‑VG abgeleiteten Determinierungsgebots auch auf Verordnungsermächtigungen, die die Privatwirtschaftsverwaltung betreffen, anzulegen. Da hier das Gesetz eine Verordnungsermächtigung enthält, die den Zweck verfolgt, die Anwendung des Gesetzes von der Erlassung näherer Regeln in Verordnungsform abhängig zu machen, gilt das Erfordernis einer genauen gesetzlichen Determinierung für die Verordnungen ('Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz'): […] Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen als Kehrseite des Verbots formalgesetzlicher Delegation bereits aus dem Gesetz alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können; […] zu regeln sind das zuständige Organ, das einzuhaltende Verfahren und vor allem der Inhalt der von der Behörde zu treffenden Entscheidung. […] Aus Art18 B‑VG ist daher das Erfordernis abzuleiten, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber gewisse Grundentscheidungen vorgeben muss, wenn für einen Regelungsgegenstand der Sache nach gänzlich verschiedene Regelungsmodelle in Frage kommen. […] Eine besonders genaue gesetzliche Determinierung ist in jenen Bereichen geboten, in denen das Rechtschutzbedürfnis eine solche erfordert. […]

 

Im Hinblick auf das demokratische Prinzip hat der Gesetzgeber jedenfalls die wesentlichen Gesichtspunkte seiner Regelungen eindeutig zu determinieren ('Wesentlichkeitstheorie'). Wesentlich ist dabei vor allem das, was vom Regelungsziel her betrachtet oder unter Gerechtigkeitsaspekten wichtig ist, das heißt, etwa die rechtspolitischen Eckpunkte einer Reform oder das, was politisch strittig ist. […]

 

Die Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz entspricht diesem Maßstab nicht.

 

Im Erkenntnis VfGH 14.07.2020, V411/2020 hat der VfGH hinsichtlich der Determinierung der COVID‑19-Maßnahmenverordnung durch das COVID‑19-Maßnahmengesetz zwar ausgesprochen, dass im Falle einer krisenhaften Situation wie der vorliegenden COVID‑19-Pandemie der Grundsatz der Vorherbestimmung verwaltungsbehördlichen Handelns nicht überspannt werden darf. Allerdings nennt er auch zwei bedeutende Einschränkungen: Zum einen könne eine zum Zeitpunkt ihrer Erlassung dringend erforderliche – unter Umständen unter erleichterten Voraussetzungen zustande gekommene – Maßnahme dann rechtswidrig werden und aufzuheben sein, wenn der Grund für die Erlassung fortgefallen ist; […] zum ande-ren erlegt der VfGH dem Verordnungsgeber in so einem Fall besondere Dokumentationspflichten im Verordnungserlassungsverfahren auf, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten: 'Determiniert das Gesetz die Verordnung inhaltlich nicht so, dass der Verordnungsinhalt im Wesentlichen aus dem Gesetz folgt, sondern öffnet die Spielräume für die Verwaltung so weit, dass ganz unterschiedliche Verordnungsinhalte aus dem Gesetz folgen können, muss der Verordnungsgeber die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände entsprechend ermitteln und dies im Verordnungserlassungsverfahren auch nachvollziehbar festhalten, sodass nachgeprüft werden kann, ob die konkrete Verordnungsregelung dem Gesetz in der konkreten Situation entspricht […]'. […]

 

Die kurzfristige krisenhafte Situation hat sich mittlerweile, mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie, aufgrund der inzwischen geringen Infektionszahlen etwas beruhigt und ist in einen längerfristigen Ausnahmezustand übergegangen, der mit dem Steigen der Impfrate der Bevölkerung möglicherweise bald sein Ende finden wird. Damit sind auch die Bestimmtheitsanforderungen wieder nach einem strengeren Maßstab zu beurteilen, die Notwendigkeit besonders rascher Maßnahmen und Hilfsleistungen ist nicht mehr unbedingt gegeben. Es ist seit der hier gegenständlichen Änderung des ABBAG-Gesetzes im März 2020 ausreichend Zeit vergangen, die eine detailliertere Regelung zugelassen hätte.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Judikaturlinie des VfGH zu verweisen, derzufolge der Gesetzgeber zwar lediglich Planungsziele vorgeben und die finale Determinierung dem Verordnungsgeber überlassen kann; diesfalls müssten dem Gesetz aber Kriterien für die geforderte Abwägungsentscheidung oder Vorgaben für ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren entnommen werden können. […] In ähnlicher Weise stellte der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg 15.888/2000 bezüglich der Gestaltung von Systemnutzungstarifen in der Elektrizitätswirtschaft fest, dass '[d]er Gesetzgeber […] zwar […] die Notwendigkeit erkannt [hat], Grundsätze für die Gestaltung der Systemnutzungstarife aufzustellen, er hat es aber verabsäumt, diese Grundsätze selbst zu regeln. Der Hinweis auf die Notwendigkeit, die Tarife einfach, flexibel, transparent und kostengerecht zu bestimmen, vermag das Hinwegsetzen über das Erfordernis ausreichender gesetzlicher Determinierung nicht zu rechtfertigen.' Darüber hinaus stellte er fest, dass das Argument, die Beschlussfassung über das Gesetz sei unter großem Zeitdruck gestanden, am verfassungsrechtlichen Gebot der gesetzlichen Determinierung des Verordnungsgebers nichts zu ändern vermag.

 

Das Richtmaß der gebotenen Determinierung lässt sich so zusammenfassen, dass jedenfalls dann, wenn in einer Regelung aufgrund der mit dieser Regelung vorhersehbaren Betroffenheit grundrechtlicher Interessenpositionen in einem Abwägungsprozess Wertentscheidungen notwendig sind, der Gesetzgeber diese Wertentscheidungen selbst dermaßen konkretisiert vorzunehmen hat, dass die verwaltungsbehördliche Entscheidung anhand der vom Gesetzgeber festgelegten Wertungen überprüft werden kann. […] Grundrechtssensible Eingriffstatbestände müssen besonders deutlich umschrieben werden. […] Dass Vergabe und potentielle Rückforderung der COVID‑19-Hilfen in das Grundrecht der betroffenen Unternehmen auf Eigentum eingreifen, wurde bereits oben (Pkt B.3.3) dargelegt.

 

Im vorliegenden Fall ist auch zu berücksichtigen, dass die besondere Bedeutung nicht nur auf Seiten der betroffenen Unternehmen, sondern auch aus dem Blickwinkel des Staatshaushaltes zu sehen ist, wird doch durch die COFAG über einen wesentlichen Teil des Budgets verfügt (siehe dazu auch sogleich Pkt B.4.4).

 

§3b Abs3 ABBAG-Gesetz enthält lediglich Vorgaben über den Mindestinhalt der damit verbundenen Verordnungen. Dem Gesetz sind aber keinerlei inhaltliche Vorgaben hinsichtlich der damit verbundenen Abwägungsentscheidungen zu entnehmen. Die grobe Definition des Unternehmensgegenstandes durch §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz sowie die Einschränkung des Begünstigtenkreises auf Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte und wesentlicher operativer Tätigkeit in Österreich gemäß §3 Abs1 ABBAG-Gesetz erfüllt – gerade mit Blick auf die grundrechtliche Bedeutung für die Betroffenen und die enorme praktische volkswirtschaftliche Bedeutung durch die Dotierung der COFAG mit einem Betrag von 15 Milliarden Euro – die Anforderungen an eine ausreichende gesetzliche Determinierung nicht.

 

4.3. Unzulässige Übertragung der Wertungsentscheidungen an den Verordnungsgeber

 

Hinsichtlich der durch die COFAG zu ergreifenden Maßnahmen werden, wie ausgeführt, durch die Verordnungsermächtigung sämtliche Wertungsentscheidungen in unzulässiger Weise dem verordnungsgebenden Verwaltungsorgan überlassen:

 

So wird etwa in den Richtlinien zur Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes, die vom Bundesminister für Finanzen mittels Verordnung erlassen wurden, […] unter anderem der Begünstigtenkreis auf bestimmte Branchen eingeschränkt (Pkt 3.1.3),[…] Ausschlusskriterien wie etwa eine Finanzstrafe in den letzten fünf Jahren (Pkt 3.1.7) oder die Kündigung von Mitarbeiter/innen im Betrachtungszeitraum (Pkt 3.2.4), die Höhe und Berechnungsmethode des Ersatzes je nach Umsatz festgelegt (Pkt 4.2) […] und notwendig einzugehende Pflichten des Antragstellers/der Antragstellerin eingeführt, wie etwa die Erlaubnis der Einsichtnahme in Aufzeichnungen und Belege durch die COFAG und den Bundesminister für Finanzen (Pkt 6.2.2). Auch in den übrigen, unter Pkt 2.4 angeführten Verordnungen finden sich ähnliche Regelungen und andere derartige Wertungsentscheidungen. In den Richtlinien BGBl II Nr 143/2020 idF BGBl II Nr 313/2021, […] wird etwa angeordnet, das Unternehmen dürfe seinen Organen und Angestellten keine unangemessenen Zuwendungen leisten, vor allem keine Boni an Geschäftsführer/innen bezahlen, die über 50 % der Boni des Vorjahres hinausgehen (Pkt 12.1.5). Ebenso wird bereits die Entscheidung, welche finanziellen Maßnahmen ('Direktzuschüsse', 'Garantien', 'Direktkredite' etc) […] die COFAG genau ergreifen kann, an den Verordnungsgeber ausgelagert. In den Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit für standortrelevante Unternehmen durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG),[…] wird die Wertungsentscheidung getroffen, welche Unternehmen standortrelevant sind (Pkt 4.1.1) und daher in den Genuss eines Zuschusses kommen. Die Verordnung BGBl II Nr 154/2020 enthält überhaupt nur einen Auftrag zur Übernahme der Verpflichtungen, die der Bundesminister für Finanzen gemäß §1 Abs1 iVm Abs2a des Garantiegesetzes 1977 und gemäß §7 Abs1 iVm Abs2a des KMU-Förderungsgesetzes eingegangen ist. Ob dies einer 'Richtlinie' im Sinne des Gesetzgebers entspricht, lässt sich – eben gerade aufgrund der mangelnden Determinierung der Verordnungsermächtigung – nicht abschließend beantworten.

 

Zusammengefasst werden hier – gerade entgegen den oben unter Pkt B.4.2 dargestellten Anforderungen – sämtliche relevanten Wertungsentscheidungen dem Verordnungsgeber übertragen und nicht vom Gesetzgeber getroffen. Die gesetzliche Verordnungsermächtigung selbst regelt bloß, zu welchen Themen der Verordnungsgeber Anordnungen treffen muss, gibt diese aber inhaltlich in keiner Weise vor. Die gesetzliche Determinierung ist daher mangelhaft, widerspricht dem Verbot der formalgesetzlichen Delegation und ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

 

4.4. Folgen der mangelnden Determinierung

 

Eine genauere Fassung des gesetzlichen Rahmens für die Verordnungsermächtigung wäre vor allem angesichts der enormen finanziellen Ausmaße der zu verteilenden Hilfen in der Höhe von 15 Milliarden Euro notwendig und geboten. Diese Summe entspricht rund 15 % der Bundesausgaben im Jahr 2020 […] und hat daher einen maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage. Aus dem Umfang ergibt sich auch die starke Abhängigkeit und Betroffenheit einer Vielzahl von Unternehmen von der genauen Ausgestaltung der Hilfen.

 

Die praktischen, mit den aufgrund der Verordnungsermächtigung erlassenen Verordnungen verbundenen Probleme sind allgemein bekannt: Abgesehen von langen Bearbeitungsdauern und mangelnder Auskunft an betroffene Unternehmen erweisen sich die letztlich im Verordnungsweg erlassenen Voraussetzungen für die Förderverträge als äußerst komplex, sodass betroffene Unternehmen einen erheblichen Aufwand zur Erlangung einer Förderung betreiben müssen; die mangelnde Verbesserbarkeit von Ansuchen führt zu weiteren Verzögerungen. Für viele betroffene Unternehmen besteht so freilich die Gefahr, an den knappen Fristen zu scheitern.

 

Die mangelnde gesetzliche Determinierung der Entscheidungsgrundlagen über die Durchführung der finanziellen Maßnahmen durch die COFAG bewirken aus rechtsstaatlicher Sicht, dass der Bundesminister für Finanzen ohne hinreichend parlamentarisch konkretisierte Vorgaben über die Verwendung eines erheblichen Teils der österreichischen Staatsausgaben verfügen kann.

 

Im Ergebnis ist die Determinierung sowohl der Verordnungsermächtigung als auch der Verordnungen gemessen an dem strengen Maßstab des Art18 B‑VG als verfassungswidrig anzusehen.

 

4.5. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die einzelnen Normen

 

4.5.1. Unmittelbar verfassungswidrige Normen

 

Die Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz ist aufgrund der gänzlichen Übertragung sämtlicher Wertungsentscheidungen an den Verordnungsgeber nicht ausreichend determiniert, erweist sich daher als Art18 B‑VG widersprechend und wird daher aufzuheben sein.

 

4.5.2. I[n] untrennbare[m] Zusammenhang stehende Normen

 

§3b Abs3 ABBAG-Gesetz statuiert nicht nur eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler, sondern eine Verpflichtung zur Erlassung derartiger Richtlinien für die finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz (arg 'hat … zu erlassen'). Auch die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass Richtlinien zu erlassen sind: 'Die konkrete Ausgestaltung der von der ABBAG zu gewährenden finanziellen Maßnahmen ist nach den Vorhaben dieses Gesetzes durch Richtlinien des Bundesministers für Finanzen näher zu regeln. […]

 

Fällt die Verordnungsermächtigung weg, fehlt die Rechtsgrundlage zur Erlassung von Richtlinien, was wiederum bedeuten würde, dass die Durchführung der Maßnahmen zur Gänze in das Belieben von ABBAG bzw COFAG gestellt würde. Dies widerspricht dem eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers, der eben gerade bewusst die – mögliche, aber ungewöhnliche – Rechtsmethode der Determinierung des privatwirtschaftlichen Handelns durch hoheitliche Verordnungen gewünscht und gewählt hat.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH müssen die Grenzen der Aufhebung so gezogen werden, dass der verbleibende Gesetzes- oder Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und die mit der aufzuhebenden Gesetzes- oder Verordnungsstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 17.101/2004; 14.740/1997 ua). Ohne die mangels ausreichender Determinierung als verfassungswidrig aufzuhebende Verordnungsermächtigung lässt sich der Gesetzgeberwille zu den über die ABBAG bzw COFAG auszuzahlenden COVID‑19-Hilfen nicht verwirklichen. Die einschlägigen Bestimmungen im ABBAG-Gesetz, etwa §2 Abs2 Z7 stehen daher i[n] untrennbare[m] Zusammenhang mit der unmittelbar angefochtenen Bestimmung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz, sodass sie mit diesem aufzuheben sind.

 

In untrennbarem Zusammenhang mit den aufzuhebenden Normen des ABBAG-Gesetzes stehen freilich auch die bekämpften Normen des CFPG, das ja die Prüfung der finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz regelt, und die mit diesen wiederum in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen – insoweit sei auf Pkt B.3.6 dieses Antrags verwiesen.

 

Mit §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz in untrennbarem Zusammenhang steht darüber hinaus aufgrund der jeweiligen Verweise §124b Z348 litc Einkommenssteuergesetz idF BGBl I Nr 112/2021, wonach Zuschüsse auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz steuerfrei sind. Ebenso in untrennbarem Zusammenhang steht ArtVI Z5 des Bundesfinanzgesetzes 2021 idF BGBl I Nr 89/2021, wonach der Bundesminister für Finanzen für Zuschüsse der COFAG im Rahmen der Erbringung von Leistungen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz die Zustimmung zur Budgetüberschreitung geben kann. Auch das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (BGBl I Nr 11/2021) knüpft zur Gänze an Förderungen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz an. Fällt §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz weg, so verbleibt diesen Normen kein Anwendungsbereich. Sie sind daher mit der Bestimmung des §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz aufzuheben.

 

4.5.3. Verordnungen i[n] unmittelbare[m] Zusammenhang

 

Schließlich stehen auch die aufgrund der als unmittelbar verfassungswidrig bekämpften Verordnungsermächtigung erlassenen Verordnungen (siehe oben unter Pkt A.2.4) in untrennbarem Zusammenhang mit der nicht ausreichend determinierten Verordnungsermächtigung, enthalten sie doch mit ihren Richtlinien gerade jene Wertentscheidungen, die in verfassungswidriger Weise dem Verordnungsgeber vorbehalten wurden.

 

Nach der Entscheidung des VfGH VfSlg 16.144 soll die Bekämpfung der Verordungsermächtigung nicht zulässig sein, wenn nicht ebenfalls die auf ihrer Basis ergangenen Verordnungen bekämpft werden; die Verordnungen müssten vielmehr gemäß Art139 B‑VG gesondert angefochten werden. In seinem Beschluss G194/2014 scheint der VfGH dies auf die nach Art139 B‑VG antragsberechtigten Personen einzuschränken, denen eine gemeinsame Anfechtung zumutbar sei. Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller/innen keine Antragsbefugnis zur Verordnungsprüfung nach Art139 B‑VG. Würde man VfSlg 16.144 auf den gegenständlichen Fall anwenden, würde dies zu dem offenkundig unbefriedigenden und unrichtigen Ergebnis führen, dass dem nach Art140 Abs1 Z2 B‑VG antragsberechtigten Drittel der Abgeordneten des Nationalrates die Bekämpfung von Verordnungsermächtigungen ganz grundsätzlich verwehrt wäre, wenn aufgrund der Verordnungsermächtigung bereits Verordnungen ergangen sind. Für eine derartige Einschränkung gibt Art140 B‑VG aber keinen Anhaltspunkt, sodass in diesem Fall den Antragstellern/Antragstellerinnen auch die Bekämpfung der auf Basis der bekämpften Ermächtigung ergangenen Verordnungen, denen es bei Stattgebung des Antrags durch den VfGH zweifellos an der gesetzlichen Grundlage mangelt, sodass sie jederzeit über Antrag eines/einer nach Art139 B‑VG Berechtigten aufzuheben wären, wegen untrennbaren Zusammenhangs mit der bekämpften Norm möglich sein muss. Jedenfalls aber muss die Bekämpfung der Verordnungsermächtigung zulässig sein, wäre doch dem Drittel der Nationalratsabgeordneten sonst ihr verfassungsmäßiges Kontrollrecht bei mangelhaft determinierten Verordnungsermächtigungen entzogen."

2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie teilweise die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den im Antrag erhobenen Bedenken inhaltlich wie folgt entgegentritt:

"II. Zur Zulässigkeit:

 

1. Soweit mit dem vorliegenden Antrag auch Verordnungen angefochten werden, wird darauf hingewiesen, dass diese nicht Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art140 B‑VG sein können. Der in Verfahren gemäß Art139 B‑VG zur Vertretung dieser Verordnungen zuständige Bundesminister für Finanzen (vgl §58 Abs1 VfGG) wurde in der dg. Verfügung ohnehin auch aufgefordert, zur Zulässigkeit des Antrags betreffend die Verordnungen Stellung zu nehmen. In der vorliegenden Äußerung der Bundesregierung unterbleibt daher eine nähere Auseinandersetzung betreffend die Gesetzmäßigkeit der Verordnungen.

 

2. Soweit Gesetzesbestimmungen angefochten werden, erweisen sich die Anträge aus folgenden Gründen – zumindest teilweise — als unzulässig.

 

2.1. Gemäß §62 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, dh dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die jeweils bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl VfSlg 11.150/1986, 13.851/1994, 14.802/1997, 19.933/2014). Ein Gesetzesprüfungsantrag, der sich auf ein Gesetz seinem ganzen Inhalt nach richtet, muss auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit aller Bestimmungen des Gesetzes darlegen (vgl VfGH 13.9.2013, G61/2013 mwN).

 

2.2. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist ein untrennbarer Zusammenhang anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl VfSlg 8155/1977, 8461/1978 uva.). Der Umstand allein, dass die nach Aufhebung einer Norm allenfalls verbleibenden Bestimmungen ganz oder zum Teil nicht mehr vollziehbar sind, ist hingegen in aller Regel zwangsläufige (und durchaus auch mitunter ganze Teile von Gesetzen und Verordnungen erfassende) Folge eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens, begründet aber für sich allein keinen solchen Sachzusammenhang, als dessen Folge die eine Norm ohne jene anderen Bestimmungen nicht in Prüfung gezogen werden dürfte (vgl VfSlg 17.023/2003). Insbesondere schadet ein allfälliges Ins-Leere-Gehen einer Bestimmung zufolge Aufhebung einer anderen nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht (vgl VfGH 7.10.2014, G27/2014 ua mwN).

 

2.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag im Hinblick auf 'wegen untrennbaren Zusammenhangs' angefochtene Bestimmungen als zu weit und fehlt darüber hinaus eine Darlegung der Bedenken im Einzelfall. Der behauptete untrennbare Zusammenhang wird nämlich im Wesentlichen damit begründet, dass diese Normen ohne die angefochtenen Normen keinen Sinn ergäben, Verweise auf die angefochtenen Normen enthielten oder an diese anknüpften. Ein untrennbarer Zusammenhang im Sinne der oben dargestellten Judikatur wird damit aber nicht in jedem Fall dargetan. So wird etwa im Antrag a/1 auch die Aufhebung von §1 Z1 CFPG wegen untrennbaren Zusammenhangs beantragt. Die Antragsteller erheben allerding[s] nur gegen die §§6, 7 und 8 Abs1 3. Satz das Bedenken einer unzulässigen Verquickung von privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Handelns. Hinsichtlich des §8a (Durchführung einer automatische[n] Plausibilisierung), der in Abs1 ebenfalls auf §1 Z1 (genauer: lita) verweist, wird aber (auf S. 29 des Antrags) ausdrücklich festgehalten, dass diese Bedenken einer Vermischung von hoheitlichen und nicht hoheitlichen Tätigkeiten nicht greifen. Ein untrennbarer Zusammenhang von §1 Z1 mit den angefochtenen §§6, 7 und 8b Abs1 dritter Satz liegt daher im Hinblick auf die erhobenen Bedenken offenkundig nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich.

 

Soweit eventualiter die Aufhebung des gesamten CFPG begehrt wird, fehlt es an der oben genannten Voraussetzung, dass Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit aller Bestimmungen des Gesetzes dargelegt werden müssen. Beispielsweise ist dieser Mangel im Hinblick auf §15 CFPG offenkundig. Die Bestimmung verpflichtet den Bundesminister für Finanzen, bis zum 30. Juni des Folgejahres einen statistischen Bericht über die im abgelaufenen Kalenderjahr erfolgten Prüfungen gemäß §1 auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen zu veröffentlichen.

 

2.4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es Sache des Verfassungsgerichtshofes, im Gesetzesprüfungsverfahren zu entscheiden, wie der Aufhebungsumfang im konkreten Fall abzugrenzen ist. Der Antragsteller muss daher all jene Bestimmungen mitanfechten, die in diese Abwägung bei der Abgrenzung des Aufhebungsumfanges miteinzubeziehen sind, und darf nicht durch Anfechtung nur eines Teils dieser Bestimmungen das Ergebnis der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorwegnehmen (siehe VfGH 10.3.2015, G201/2014; 7.10.2015, G315/2015 ua; 10.12.2015, G639/2015; 25.11.2016, G252/2016).

 

2.5. Im Antrag wird die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des CFPG mit einer unzulässigen Vermischung von Hoheitsverwaltung mit nicht-hoheitlicher Privatwirtschaftsverwaltung im Rahmen gewisser Prüftätigkeiten begründet. Die Vermischung ergebe sich zum einen daraus, dass die Finanzämter gemäß §6 CFPG 'im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen' auch im Bereich der Förderprüfung tätig werden (können), und zum anderen daraus, dass den Finanzämtern für die Förderprüfung in §2 Abs2 CFPG über einen Verweis auf Bestimmungen der BAO 'typische behördliche Befugnisse, wie eben zB das umfassende Betretungsrecht (privater) Gebäude, Grundstücke und Betriebe gemäß §144 Abs2 BAO und die Befugnis, von jedem/jeder, unabhängig von dessen/deren Stellung als Abgabenpflichtige/r, gemäß §143 BAO Auskünfte zu verlangen' (Antrag S. 22). Es sei 'auch die Sichtweise möglich, dass gerade §2 Abs1 und Abs2 CFPG die verfassungsrechtlich unzulässige Verquickung von privatwirtschaftlichem und hoheitlichem Handeln anordnen' (S. 30). Eine gemeinsame Anfechtung der §§6 und 7 CFPG und des §2 Abs1 und 2 CFPG wurde im Antrag allerdings unterlassen. §2 Abs1 und 2 CFPG wird nur eventualiter (Antrag a/3.) angefochten (die gleichzeitige Anfechtung des übrigen CFPG wegen untrennbaren Zusammenhangs erfüllt die oben genannten Voraussetzungen der Rechtsprechung nicht). Bei dieser Sichtweise erweist sich der Antrag hinsichtlich des CFPG als zu eng gefasst und aus diesem Grund unzulässig.

 

2.6. Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Rechtsvorschrift durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Normsetzung wäre (vgl VfSlg 12.465/1990; 13.915/1994; 19.755/2013, VfGH 18.2.2016, G434/2015 jeweils mwN).

 

2.7. Im Antrag wird ausgeführt, der Wegfall der Verordnungsermächtigung führe dazu, dass die Durchführung der Maßnahmen zur Gänze in das Belieben von ABBAG bzw COFAG gestellt würde. Dies widerspreche 'dem eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers, der eben gerade bewusst die – mögliche, aber ungewöhnliche – Rechtsmethode der Determinierung des privatwirtschaftlichen Handelns durch hoheitliche Verordnungen gewünscht und gewählt' habe (Antrag S. 37). Nach dem Antragsvorbringen selbst würde sich daher der Eventualantrag b/2. als unzulässig erweisen, weil nur §3b Abs3 des ABBAG-Gesetzes angefochten wird.

 

Nach Ansicht der Bundesregierung erweisen sich die Anträge daher — zumindest teilweise — als unzulässig. In der Sache nimmt die Bundesregierung wie folgt Stellung:

 

III. In der Sache:

 

1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Rollenvermischung von behördlicher und gutachterlicher Tätigkeit:

 

2.1. Im Antrag wird vorgebracht, die mangelnde Trennung der Tätigkeit des Finanzamts als Abgabenbehörde und als Sachverständiger verletze das Rechtsstaatsprinzip und das Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK. Auf diese Weise lasse sich die Sachverständigenfunktion nicht unabhängig ausüben; es liege geradezu der Paradefall der Befangenheit vor.

 

2.2. Wie auch im Antrag erwähnt wird, hat der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen verwehrt ist, vorzusehen, 'dass ein und dasselbe Organ in bestimmten Verfahren zugleich als Amtspartei und als erkennende Behörde tätig wird' (VfSlg 19.636/2012). Auch in Bezug auf eine Doppelfunktion sowohl als Gutachter als auch als Entscheidungsträger in ein und demselben Verfahren, hat der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass dadurch zumindest nach dem äußeren Anschein Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Tribunal im Sinne des Art6 EMRK entstehen können (vgl VfSlg 16.827/2003 mwN).

 

Die angefochtenen Bestimmungen sehen demgegenüber vor, dass das zuständige Finanzamt im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen (§6 CFPG) oder unabhängig davon (§7 CFPG) in Bezug auf gewisse Förderungsprüfungen als Gutachter tätig wird. Das Organ des Finanzamtes ist im Abgabenverfahren als Vertreter der Abgabenbehörde und gleichzeitig im parallel abgeführten Verfahren zur Kontrolle der Förderungsgewährung nach dem CFPG als Gutachter tätig. In diesen Verfahren kommt dem Finanzamt bzw dem jeweiligen Prüforgan keine Entscheidungskompetenz zu. So obliegt etwa die Entscheidung, ob eine Förderung zurückgefordert wird, ausschließlich der Förderstelle (COFAG). Die Bestimmungen im CFPG sind daher mit den oben dargestellten, als verfassungswidrig befundenen Konstellationen nicht vergleichbar. Letztlich wird eine mangelnde Unbefangenheit im Rahmen der Gutachtenserstellung im vorliegenden Antrag bloß behauptet, ohne aber Argumente dafür anzuführen.

 

2.3. Der behauptete Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und das Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK liegt daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht vor.

 

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Kombination hoheitlicher und privatrechtlicher Handlungsformen:

 

3.1. Nach Ansicht der Antragsteller erweise sich der Einsatz der mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Finanzämter zur Überprüfung der Zuschüsse gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz als verfassungswidrig. Diese Konstellation verstoße gegen Art18 Abs1 B‑VG (Legalitätsprinzip), weil eine unzulässige Vermischung hoheitlicher Verwaltung und nicht-hoheitlicher Privatwirtschaftsverwaltung vorliege und überdies dem verfassungsrechtlich vorgesehenen System des Rechtsschutzes gemäß Art83 ff iVm 129 ff B‑VG nicht entsprochen werde. Die Einbindung der Finanzämter mit behördlicher Befugnis als Gutachter verstoße gegen die von Art6 EMRK ('Recht auf ein faires Verfahren') geschützte Waffengleichheit.

 

3.2. Das einen Teil des Rechtsstaatsprinzips bildende Legalitätsprinzip (vgl etwa Öhlinger, Verfassungsrecht10 Rz. 597ff; siehe auch VfSlg 15.625/1999, wo zwischen Bedenken gegen das Legalitätsprinzip und das Rechtsstaatsprinzip unterschieden wird) besagt, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf (siehe Art18 Abs1 B‑VG). Bei den angefochtenen Bestimmungen des CFPG handelt es sich um gesetzliche Bestimmungen. Im Antrag werden keine Bedenken im Hinblick auf eine unzureichende Determinierung dieser Bestimmungen vorgebracht; eine solche ist auch nicht ersichtlich. Inwieweit daher ein Verstoß dieser Bestimmungen gegen das Legalitätsprinzip vorliegen soll, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere liegt keine mit den VfSlg 15.625/1999 (Salzburger Vertragsraumordnung) zugrunde liegenden Bestimmungen vergleichbare Konstellation vor. Der Verstoß gegen das Legalitätsprinzip wurde in dieser Entscheidung darin gesehen, dass die Erlassung von Flächenwidmungsplänen nicht (nur) vom Gesetz, sondern vom Inhalt von privatrechtlichen Verträgen abhängig gemacht wurde. Eine solche Junktimierung enthält das CFPG jedoch nicht.

 

3.3. Selbst wenn man entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung im Antrag (siehe S. 25 und 28) davon ausgeht, dass mit diesem Vorbringen allgemein rechtsstaatliche Bedenken geltend gemacht werden, erweisen sich diese nicht als zutreffend. Im Prüfungsbeschluss zu VfSlg 15.625/1999 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass 'aus dem rechtsstaatlichen Prinzip […] das verfassungsrechtliche Gebot [erfließt], die Einhaltung von Verfassung und Gesetz durch entsprechende Einrichtungen zu sichern (vgl VfSlg 13.834/1994). Wenn […] mit kombinierten privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Maßnahmen in erheblicher Weise in die Grundrechtsposition des Grundstückseigentümers eingegriffen wird, muß von Verfassungs wegen ein die Rechte der Betroffenen ausreichend sichernder Rechtsschutz eröffnet sein'. Ein solcher ist im vorliegenden Fall auch gegeben:

 

3.3.1. Sowohl die Förderungsbeantragung und ‑auszahlung als auch eine allfällige Rückforderung findet ausschließlich im Bereich des Privatrechts statt. Sowohl der Förderwerber als auch der Fördergeber haben, was die Abwicklung des Fördervertrages betrifft, ausschließlich privatwirtschaftliche Instrumente zu[r] Verfügung.

 

3.3.2. Hoheitliche Aspekte kommen ausschließlich zu Überprüfungszwecken im Rahmen des §2 Abs2 CFPG ins Spiel. Dabei sind zwei Aspekte zu unterscheiden, nämlich die Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit Amtshandlungen und der Inhalt eines allfälligen Prüfungsberichts.

 

3.3.3. Wird bei der Amtshandlung selbst durch das Organ des Finanzamtes eine rechtswidrige Handlung gesetzt, hat der Geprüfte die Rechtsschutzmöglichkeiten der Maßnahmenbeschwerde gemäß Art130 Abs1 Z2 B‑VG (dies wird auch im Antrag (S. 23) zugestanden; vgl auch Lehner, Die Förderungsprüfung und Kontrolle durch die Finanzverwaltung, SWK 14/2020, 764 (767)). Insoweit besteht kein Rechtsschutzdefizit im Vergleich zu einem rein öffentlich-rechtlichen Außenprüfungsverfahren.

 

3.3.4. Im Zuge der CFPG-Prüfung wird bei Zweifeln des Prüfungsorgans an der Richtigkeit der vom Unternehmen erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Förderung angegebenen Daten ein Prüfungsbericht erstellt und an den Fördergeber (COFAG) übermittelt. Dieser Prüfungsbericht kann eine Entscheidungsgrundlage für das Setzen zivilrechtlicher Maßnahmen durch den Fördergeber sein. Ein Rechtsschutz hinsichtlich des Inhaltes des Prüfungsberichts ist im Zuge des zivilrechtlichen Verfahrens gegeben. Im Vergleich dazu besteht auch im öffentlich-rechtlichen Abgabenverfahren kein eigener Rechtsschutz betreffend den Inhalt des Prüfungsberichts, weil dieser als bloßer Aktenvermerk anzusehen ist (vgl dazu Stoll, BAO 1670 f; Ritz BAO3 §150 Rz 2; Stieger in Kerstinger/Macho/Schuh, Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung34, Prüfungsbericht – §150 BAO). Die Abgabenbehörde ist bei der Bescheiderlassung an den Inhalt des Prüfungsberichts nicht gebunden (VwGH 28.3.2001, 98/13/0026; VwGH 31.10.2000, 95/15/0114). Da die rechtlichen Konsequenzen sich erst aus der rechtlichen Würdigung der festgestellten Sachverhalte im Bescheid ergeben, besteht nur gegen diesen ein Rechtsschutzbedarf, der im Abgabenverfahren durch das öffentlich-rechtliche Beschwerdeverfahren abgedeckt wird.

 

3.3.5. Ebenso wenig ist der Fördergeber (COFAG) an die Feststellungen des Prüfungsberichts gebunden und kann frei entscheiden, ob und gegebenenfalls welche zivilrechtlichen Schritte er gegen den geprüften Fördernehmer setzen möchte. Im zivilrechtlichen Verfahren können inhaltliche Fehler des Prüfungsberichts releviert werden. Ein Rechtsschutzdefizit für den Förderwerber im Hinblick auf den Inhalt des Prüfungsberichts, der im Rahmen einer Außenprüfung nach der BAO erstellt wird, ergibt sich aus dem Zusammenspiel von öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Maßnahmen daher nicht.

 

3.3.6. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt daher der von den Antragstellern behauptete Verstoß gegen die Art18 Abs1, 83 ff iVm 129 ff B‑VG und Art6 EMRK nicht vor.

 

4. Eigentumsgrundrecht /Art8 EMRK

 

4.1. Die Antragsteller verweisen zudem auf mögliche Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht (Art1 [1.] ZP‑EMRK) bzw den Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK (S. 26) im Zusammenhang mit der Förderungsvergabe bzw den Kontrollbefugnissen des Finanzamts. Eine ausdrückliche Behauptung, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen diese Grundrechte verstoßen würden, enthält der Antrag aber nicht. Es wäre daher nicht erforderlich, im Rahmen dieser Äußerung näher auf diese Grundrechte einzugehen.

 

4.2. Solange eine Förderungsvergabe mit privatrechtlichen Mitteln vorgesehen ist, ist aber schon ein Grundrechtseingriff fraglich, selbst wenn die Förderungsbedingungen die Förderwerber vertraglich etwa zur Auskunftserteilung oder Duldung von Prüfungshandlungen verpflichten, wie dies bei zahlreichen Förderungen des Bundes üblich ist (vgl zB §24 der Verordnung über Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln). Allfällige Eingriffe in diese Grundrechte durch eine Prüfung der Förderungen mittels Hoheitsbefugnissen, wie im CFPG vorgesehen, wären nach Ansicht der Bundesregierung jedenfalls gerechtfertigt (vgl etwa den Vorbehalt gemäß Art8 Abs2 EMRK betreffend das wirtschaftliche Wohl des Landes).

 

Dazu sei nur kurz auf den konkreten Zusammenhang, in dem die Bestimmungen erlassen wurden, hingewiesen: Zweck der Förderungen ist die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen. Um diesen Zweck zu erreichen, ist eine rasche Auszahlung einer außerordentlich hohen Zahl von beantragten Förderungen notwendig. Die COFAG ist mit wenig Personal und Datenressourcen aufgrund der pandemiebedingten Krisensituation gezwungen gewesen, eine Unmenge von Förderanträgen in möglichst kurzer Zeit zu erledigen, um sowohl auf Ebene der Antragsteller als auch auf Ebene der Volkswirtschaft drohende Probleme abzuwenden. Ein Erfordernis der vorherigen Bereitstellung sämtlicher relevanter Unterlagen sowie eine abschließende Überprüfung vor Auszahlung der Förderungen wäre diesem Zweck entgegengestanden. Die Auszahlung der Förderungen erfolgte daher nach rasch durchgeführten Plausibilitätsprüfungen im überwiegenden Interesse auch der Fördernehmer, alleine um Liquiditätsproblemen rasch Abhilfe zu verschaffen. Um dieses Ungleichgewicht (insbesondere die Informationsasymmetrie) zu Lasten des Fördergebers im Zeitpunkt der Förderungsauszahlung aufzuwiegen, wurde die Förderungsprüfung durch die Finanzämter mit hoheitlichen Befugnissen vorgesehen.

 

Die effektive nachträgliche Kontrollmöglichkeit kann zudem eine Abschreckungswirkung in Hinblick auf mögliche betrügerische Antragstellungen entfalten. Mediale Berichte über Missbräuche sind bereits kurz nach Beginn von Förderungsvergaben – vor allem in Deutschland – aufgetaucht. […] In Anbetracht der enormen Höhe der für staatliche Beihilfen bereitgestellten Finanzmittel war die Verankerung von nachträglichen Kontrollmöglichkeiten und weiteren Maßnahmen zur Abschreckung von betrügerischen Antragstellungen nach Ansicht der Bundesregierung unerlässlich. […] Ein Verzicht auf solche Vorkehrungen wäre hingegen geradezu dem Vorwurf eines strukturellen Kontrolldefizits und dem Effizienzgebot (vgl die Haushaltgrundsätze gemäß Art51 Abs8 und die Maßstäbe der Rechnungshofkontrolle gemäß Art126b Abs5 B‑VG) widersprechend ausgesetzt.

 

4.3. In Anbetracht der im Interesse der geförderten Unternehmen liegenden raschen Bearbeitung von Anträgen stellt sich die Förderungsabwicklung in einer Gesamtsicht (insbesondere unter Berücksichtigung des oben (Pkt 3.3.) dargestellten Rechtsschutzes) nach Ansicht der Bundesregierung als ausgewogen und verhältnismäßig dar.

 

5. Zu den Bedenken im Hinblick auf die mangelnde Determinierung der Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz:

 

5.1. Nach Ansicht der Antragsteller verstoße die Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz gegen Art18 B‑VG, weil sie sämtliche Wertungsentscheidungen an den Verordnungsgeber übertrage und daher nicht ausreichend determiniert sei. Es würde sich auch um eingriffsnahe Regelungen handeln, die einer besonders genauen gesetzlichen Determinierung bedürften. Da §3b Abs3 ABBAG-Gesetz keine inhaltlichen Vorgaben für die zu erlassenden Verordnungen zu entnehmen seien, liege ein verfassungswidriger Verstoß gegen das Verbot der formalgesetzlichen Delegation vor (Punkt 4. des Antrags, S. 31 ff).

 

Die Bundesregierung tritt diesem Bedenken wie folgt entgegen:

 

5.2. Wie auch die Antragsteller (S. 33) erwähnen, hat der Verfassungsgerichtshof die Verordnungsermächtigung des §1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes (idF BGBl I Nr 23/2020) bereits für verfassungskonform befunden (VfSlg 20.399/2020). Auf dieser Grundlage erlassene Verordnungen (betreffend Betretungsverbote) greifen massiv in Grundrechte des Einzelnen ein. Der Verfassungsgerichtshof erkannte, dass diese Verordnungsermächtigung 'angesichts ihres spezifischen Regelungsgegenstands den verfassungsrechtlichen Determinierungsanforderungen' entspricht: Nach Art18 B‑VG könne der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber Abwägungs- und Prognosespielräume einräumen und, solange die wesentlichen Zielsetzungen, die das Verwaltungshandeln leiten sollen, der Verordnungsermächtigung in ihrem Gesamtzusammenhang mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sind, die situationsbezogene Konkretisierung des Gesetzes dem Verordnungsgeber überlassen. Das COVID‑19-MaßnahmenG gebe den Zweck der Betretungsverbote konkret vor. Weiters übertrage der Gesetzgeber dem Bundesminister Einschätzungs- und Prognosespielraum, ob und inwieweit er zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 auch erhebliche Grundrechtsbeschränkungen für erforderlich hält, womit der Verordnungsgeber seine Entscheidung als Ergebnis einer Abwägung mit den einschlägigen grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Unternehmen zu treffen hat.

 

Diese Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs können nach Ansicht der Bundesregierung sinngemäß auch auf eine – im Zusammenhang mit der (wirtschaftlichen) Bewältigung der COVID‑19-Pandemie stehende – Verordnungsermächtigung wie §3b Abs3 ABBAG-Gesetz, die Förderungsvergaben mit privatrechtlichen Mitteln betrifft, übertragen werden, wobei (argumento a maiore ad minus) der Umstand, dass solche Förderungen von vornherein keine vergleichbaren Rechtseingriffe bewirken bzw bewirken können wie Maßnahmen nach dem COVID‑19-Maßnahmengesetz, zu berücksichtigen ist.

 

5.3. Die in §2 Abs2 Z7 des ABBAG-Gesetzes vorgesehenen Förderungen werden unstrittig mit privatrechtlichen Mitteln vergeben.

 

5.3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 (zum COVID‑19 Maßnahmengesetz) festgehalten hat, hat die Gesetzgebung ua 'im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung (Art17 B‑VG)' Unterstützungs- und Förderungsmaßnahmen bereitgestellt (Pkt III.2.3.6.5 des Erkenntnisses). Der Verfassungsgerichtshof nennt in diesem Zusammenhang das Härtefallfondsgesetz und das COVID‑19-FondsG; zudem wird in diesem Punkt des Erkenntnisses auch der sogenannte 'Fixkostenzuschuss' (Verordnung BGBl II Nr 143/2020, idF BGBl II Nr 267/2020) beispielhaft genannt.

 

5.3.2. Derartige Förderungen werden zumeist durch bloße Selbstbindungsgesetze, die sich (als sog 'Innenrecht') ausschließlich an die Verwaltung richten, geregelt. Auch nach §3b Abs2 ABBAG-Gesetz besteht auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen kein Rechtsanspruch, unbeschadet der aus der sog Fiskalgeltung der Grundrechte abgeleiteten Vorgaben wie vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten. Es kommt daher zu keinen subjektiven Berechtigungen durch solche Selbstbindungsgesetze, sondern nur zu reflexartigen Begünstigungen (Schäffer, Die sogenannte Privatwirtschaftsverwaltung und das Gesetz, in Ermacora/Winkler/Koja/Rill/Funk (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 253 (267)).

 

5.3.3. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb es sich beim ABBAG-Gesetz um eingriffsnahe Regelungen handeln soll, die einer besonders genauen gesetzlichen Determinierung bedürften. Die von den Antragstellern genannten Beispiele aus der Rechtsprechung ergingen zum Fremdenrecht, zu Systemnutzungsentgelten oder Frequenznutzungsplänen und sind auf den gegenständlichen Fall einer Fördergewährung mit privatrechtlichen Instrumenten nicht übertragbar. Für den Teilbereich der Förderkontrolle mit hoheitlichen Befugnissen gemäß CFPG erheben auch die Antragsteller keine Bedenken, dass das CFPG den Anforderungen an gesetzlicher Determinierung nicht entsprechen würde, noch sind solche für die Bundesregierung ersichtlich.

 

5.3.4. Art18 B‑VG ist zudem auf die privatrechtsförmige (nicht hoheitliche) Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht anwendbar. Für den Staat als Träger von Privatrechten ist das Gesetz nicht Voraussetzung, sondern bloß Schranke seines Handelns (vgl VfSlg 7716/1975; Grabenwarter/Frank, B‑VG Art18 Rz. 3 (Stand 20.6.2020, rdb.at)). Grundsätzlich hätten – eine entsprechende haushaltsrechtliche Ermächtigung vorausgesetzt – daher die in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesminister im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes (vgl Art104 B‑VG) – mit Ausnahme der hoheitlichen Elemente der Förderkontrolle nach dem CFPG – auch ohne weitere ausdrückliche gesetzliche Grundlage Förderungen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie gewähren können. Bereits dieser Umstand kontraindiziert, dass eine Verordnungsermächtigung an einen Bundesminister, die Voraussetzungen für Förderungen des Bundes, die mit privatrechtlichen Mitteln vergeben werden, näher zu regeln, eine besonders genaue Determinierung erfordern würde.

 

5.3.5. Im Zusammenhang mit Selbstbindungsgesetzen hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 20.199/2017 zu – im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zu gewährenden – Wohnbeihilfen nach dem Stmk Wohnungsunterstützungsgesetz festgehalten: 'Das in Art18 Abs1 B‑VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Im vorliegenden Fall richten sich die Bestimmungen […] bloß an die Verwaltung selbst, nicht aber an die Normunterworfenen. Für Selbstbindungsgesetze gelten aber nicht dieselben strengen Anforderungen an die Bestimmtheit wie für Rechtsvorschriften, die sich an Rechtsunterworfene richten und zu Eingriffen durch die Hoheitsverwaltung ermächtigen.'

 

5.4. Diese Rechtsprechung ist auch auf die gegenständlichen Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes übertragbar. Die Antragsteller verkennen zudem, dass die Verordnungsermächtigung dem Bundesminister für Finanzen ohnehin einen relativ engen Rahmen vorgibt:

 

5.4.1. Die Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz ist nicht isoliert zu sehen, vielmehr baut diese in Bezug auf finanzielle Maßnahmen der COFAG auf jenen Bestimmungen auf, mit welchen die Rolle und der Unternehmensgegenstand der COFAG festgelegt wurden. Finanzielle Maßnahmen, deren genauen Inhalt die Verordnungen festlegen, dürfen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz ausschließlich 'zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten' von Unternehmen in Zusammenhang mit der Pandemie gewährt werden. Die Maßnahmen dürfen gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz ausschließlich zugunsten von Unternehmen gesetzt werden, die Sitz oder Betriebsstätte in Österreich haben und zudem ihre wesentlichen operativen Tätigkeiten in Österreich entfalten. §3b Abs3 ABBAG-G nennt fünf grundsätzliche Parameter, die zu erlassende Verordnungen folgen müssen.

 

5.4.2. Schließlich schafft der Beihilfenhöchstbetrag in §6 Abs2 ABBAG‑G eine weitere wichtige Schranke. Der Höchstbetrag von EUR 15 Milliarden zwingt den Verordnungsgeber zu einer grundsätzlichen Ausgewogenheit seiner finanziellen Maßnahmen.

 

5.4.3. Darüber hinaus hat der Bundesminister für Finanzen vor Kundmachung jeder Verordnung gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz das 'Einvernehmen mit dem Vizekanzler' herzustellen.

 

5.4.4. Eine starke Determinierung für den Verordnungsgeber ergibt sich schließlich auch aus den europarechtlichen Vorgaben. Nach §3b Abs3 ABBAG-Gesetz sind die Richtlinien in Verordnungsform 'unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU‑Beihilferechts zu erlassen'.

 

Der Großteil aller genehmigten Beihilfen im Zusammenhang mit der Pandemie stützt sich auf Art107 Abs3 litb AEUV. Beihilferegelungen zur Beseitigung von beträchtlichen Störungen im Wirtschaftsleben müssen, um eine Genehmigung der Europäischen Kommission als zuständige Behörde in Beihilfesachen zu erhalten, den Vorgaben des Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmens entsprechen. Mitteilungen der Europäischen Kommission, wie jene, in denen der Befristete COVID‑19 EU‑Beihilferahmen kundgetan bzw geändert wurde, fassen die Rechtsprechung der europäischen Gerichte sowie die Spruchpraxis der Europäischen Kommission in Beihilfesachen zusammen und sind für die Mitgliedstaaten (de facto) bindend.

 

Der Befristete COVID‑19 EU‑Beihilferahmen enthält für die dort genannten Instrumente allgemeine Vorgaben hinsichtlich Beihilfehöchstgrenzen, Ausschluss von bestimmten Branchen (insb. Kredit- und Finanzinstitute), Ausschluss von Unternehmen in Schwierigkeiten, Anspruchsvoraussetzungen, Bevorzugung von kleinen und mittleren Unternehmen, Transparenz und Veröffentlichungspflichten etc. Bezüglich Garantien und Darlehen werden zudem verpflichtende Mindestrenditen und bezüglich Beihilfen in Form von Unterstützungen für ungedeckte Fixkosten Vorgaben zur Höhe von Umsatzeinbußen (als Anspruchsvoraussetzung), zur Beihilfenintensität (max. Ersatzrate) sowie zur Berechnungsmethodik bei der Verlustermittlung festgelegt.

 

Die laufende – krisenbedingte – Anpassung des Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmens (zuletzt mit der 5. Mitteilung der Europäischen Kommission vom 28.1.2021) erfordert zudem auch eine ausreichend flexible Verordnungsermächtigung, auf [deren] Grundlage der österreichische Verordnungsgeber jeweils rasch auf Änderungen im Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmen reagieren kann, das heißt bestehende finanzielle Maßnahmen anpassen und neue finanzielle Maßnahmen einführen kann. […]

 

5.4.5. Dieses Argument ist auch der Kritik der Antragsteller, dass 'die Entscheidung, welche finanzielle[n] Maßnahmen ('Direktzuschüsse', 'Garantien', 'Direktkredite' etc.) die COFAG genau ergreifen kann, an den Verordnungsgeber ausgelagert' sei, entgegenzuhalten. Die Art der finanziellen Maßnahmen sollte nach §3b Abs3 ABBAG-Gesetz und den entsprechenden Gesetzesmaterialien ganz bewusst nicht weiter eingeschränkt werden. Es soll vielmehr die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass finanzielle Maßnahmen jeder Art ergriffen werden können, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und der Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten geboten sind, abhängig davon, welche Art und welcher Umfang der Befristete COVID‑19 EU‑Beihilferahmen vorgibt bzw zulässt. Jede nähere Determinierung der Verordnungsermächtigung wäre daher kontraproduktiv, um rasch und effizient auf Änderungen im Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmen als Verordnungsgeber reagieren zu können.

 

5.5. Im Übrigen verlangt die ständige Rechtsprechung – auch schon vor der COVID‑19 Krise – immer nur einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad (zB VfSlg 19.771/2013). Das gelockerte Legalitätsprinzip gilt überall dort, wo ein rascher Zugriff und die Berücksichtigung vielfältiger örtlicher und zeitlicher Verschiedenheiten für eine sinnvolle und wirksame Regelung wesensnotwendig sind. Für das vorliegende Verfahren ist offenkundig, dass gerade das Ziel, potentiell sämtliche österreichische Unternehmen finanziell zu unterstützen, nur mit einer nicht zu eng gefassten Verordnungsermächtigung erreicht werden kann, um den völlig unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Wirtschaftszweige entsprechen zu können. […]

 

Die COVID‑19 Krise ist auch weder aus gesundheitlicher noch wirtschaftlicher Sicht zu Ende. Wie unter Punkt 2.5. ausgeführt, ändert die Europäische Kommission auch laufend den Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmen und hat in der letzten Mitteilung auch die Geltungsdauer des Befristeten COVID‑19 EU‑Beihilferahmens – aufgrund der andauernden COVID‑19 Krise – bis 31.12.2021 verlängert. […] Die Ansicht der Antragsteller (S. 33), die krisenhafte Situation habe sich mittlerweile etwas beruhigt und sei in einen längerfristigen Ausnahmezustand übergegangen, womit auch die Bestimmtheitsanforderungen wieder nach einem strengeren Maßstab zu beurteilen seien, vermag daher auch aus diesem Grund nicht zu überzeugen.

 

5.6. Nach Ansicht der Bundesregierung ist die Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBA[G]-Gesetz hinreichend bestimmt. Die Kritik der Antragsteller, dass 'sämtliche Wertungsentscheidungen in unzulässiger Weise dem verordnungsgebenden Verwaltungsorgan überlassen' würden, ist daher unzutreffend.

 

6. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

3. Der Bundesminister für Finanzen erstattete innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z2 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auch auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates. Die einschreitenden 85 Abgeordneten verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates (vgl §1 Abs1 Nationalrats-Wahlordnung 1992); dem in Art140 Abs1 Z2 B‑VG normierten Erfordernis ist daher entsprochen.

1.2. Der Umstand des späteren Ausscheidens eines oder mehrerer Antragsteller aus dem Nationalrat ändert daran nichts. Bei einem Gesetzesprüfungsverfahren, das auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates (wie auch des Bundesrates) durchgeführt wird, handelt es sich um ein Verfahren sui generis, in dem sich die Prüfung der Legitimation – in Abweichung von der grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Regel, nach der es bei der Beurteilung der Prozessvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt – auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen hat (ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes beginnend mit VfSlg 8644/1979, 20.213/2017, 20.092/2016). Ein von Mitgliedern des Nationalrates gestellter Antrag ist zulässig, sobald das Gesetz rechtswirksam erlassen wurde, und zwar auch dann, wenn es noch nicht in Kraft getreten ist (vgl zB VfSlg 16.911/2003 mwN).

1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001, 20.000/2015). Die Antragsteller haben all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Antragsteller teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Hingegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig (vgl VfSlg 20.000/2015; VfGH 13.10.2016, G219/2015). Soweit ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle die Aufhebung von Bestimmungen begehrt, gegen die im Einzelnen konkrete Bedenken in schlüssiger und überprüfbarer Weise dargelegt werden (VfSlg 14.802/1997, 17.102/2004; vgl auch VfSlg 11.888/1988, 12.223/1989; VfGH 11.6.2012, G120/11; VfSlg 19.938/2014 – die Zuordnung pauschal vorgetragener Bedenken zu einzelnen angefochtenen Bestimmungen ist demgegenüber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, siehe nur VfSlg 17.102/2004, weiters etwa VfSlg 13.123/1992, 17.099/2003), oder mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, ist der Antrag daher, wenn auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, zulässig. Umfasst ein solcher Antrag darüber hinaus noch weitere Bestimmungen, führt dies, wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind, zur partiellen Zurückweisung des Antrages (vgl bereits VfSlg 14.802/1997).

1.4. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag nicht zur Gänze als zulässig:

1.4.1. Die Antragsteller fechten im ersten Teil des Hauptantrages §6, §7 CFPG idF BGBl I 44/2020 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG idF BGBl I 4/2021 und "wegen untrennbaren Zusammenhangs" §1 Z1 und §8 CFPG idF BGBl I 44/2020 an.

1.4.2. Unter der Überschrift "Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die einzelnen Normen" behaupten die Antragsteller einen Verstoß des §6 CFPG gegen das Rechtsstaatsprinzip, das Legalitätsprinzip gemäß Art18 Abs2 B‑VG sowie gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK. Die in §6 CFPG vorgesehene Zuständigkeit der Finanzämter zur Prüfung finanzieller Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz führe zu einer "gleichzeitigen" Tätigkeit der Finanzämter als Gutachter einerseits und als zur Entscheidung berufene Behörde andererseits. Ebenso führe die Kombination (bzw "Vermischung") der als hoheitlich zu qualifizierenden Tätigkeit der Finanzämter als Gutachter mit dem privatwirtschaftlichen Handeln im Rahmen der Leistungsgewährung zu einem Rechtsschutzdefizit, weshalb §6 CFPG gegen Art18 Abs2 B‑VG und Art6 EMRK verstoße.

1.4.3. Ungeachtet der Frage, ob die Darlegung der Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §7 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG ausreichend iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG ist, besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass diese Gesetzesbestimmungen in einem Zusammenhang mit §6 CFPG stehen. Dasselbe gilt für die ebenso (mit)angefochtenen Bestimmungen des §1 Z1 und §8 CFPG.

Der erste Teil des Hauptantrages erweist sich somit als zulässig. Es erübrigt sich daher, auf die darauf Bezug habenden Eventualanträge einzugehen.

1.4.4. Im zweiten Teil ihres Hauptantrages fechten die Antragsteller §3b Abs3 ABBAG-Gesetz idF BGBl I 23/2020 sowie "wegen untrennbaren Zusammenhangs" §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7 und §3a ABBAG-Gesetz idF BGBl I 12/2020 und §3b Abs1 und 2 ABBAG-Gesetz idF BGBl I 12/2020 und §3b Abs4 ABBAG-Gesetz idF BGBl I 4/2021, §6a Abs2 ABBAG-Gesetz idF BGBl I 23/2020, §6b und §6c ABBAG-Gesetz idF BGBl I 44/2020 an und "wegen untrennbaren Zusammenhangs mit §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz" §124b Z348 litc EStG 1988 idF BGBl I 112/2021, ArtVI Z5 BFG 2021 idF BGBl I 89/2021, das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, das COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz idF BGBl I 118/2021 zur Gänze sowie "wegen untrennbaren Zusammenhangs damit" §2 Abs1 Z4 BiBuG 2014 idF BGBl I 66/2020 und §2 Abs2 Z7a BiBuG 2014 idF BGBl I 97/2020, §2 Abs1 Z4 WTBG 2017 idF BGBl I 67/2020, sowie näher bezeichnete Verordnungen des Bundesministers für Finanzen (siehe oben Punkt I.) an.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen zur Erlassung von (Richtlinien in Form von) Verordnungen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz, die nach Ansicht der Antragsteller iSd Art18 B‑VG nicht hinreichend determiniert sei. Die Verordnungsermächtigung werde – neben den Mindestinhalten der Verordnung gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz – lediglich durch die Definition des Unternehmensgegenstandes in §2 Abs1 Z3 ABBAG-Gesetz und die Einschränkung des Kreises der Begünstigten gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz beschränkt.

1.4.4.1. Es ist nichts hervorgekommen, was gegen die Zulässigkeit der Anfechtung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz spricht. Der Antrag ist daher insoweit zulässig.

1.4.4.2. Im Unterschied zur Auffassung der Antragsteller ist es – wie aus der oben angeführten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hervorgeht – für die Zulässigkeit eines Antrags nicht notwendig, dass die (mit)angefochtenen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem zulässigerweise angefochtenen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz stehen. Es genügt vielmehr, dass die (mit)angefochtenen Gesetzesbestimmungen in einem (bloßen) Zusammenhang mit §3b Abs3 ABBAG-Gesetz stehen. Ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist nicht bloß abstrakt, sondern stets vor dem Hintergrund der im Antrag dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken zu entscheiden.

Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung des Bestimmtheitsgebots gemäß Art18 Abs2 B‑VG besteht ein Zusammenhang von §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §3b Abs1, 2 und 4, §6a Abs2, §6b und §6c ABBAG-Gesetz mit dem zulässigerweise angefochtenen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz. Dabei ist im Hinblick auf §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §6b und §6c ABBAG-Gesetz der vom Verfassungsgerichtshof geforderte (bloße) Zusammenhang mit dem zulässigerweise angefochtenen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz darin zu sehen, dass diese Regelungen für die Handhabung der Kriterien des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz im Rahmen der Verordnungserlassung möglicherweise mitheranzuziehen sind.

Ein (offenkundiger) Zusammenhang besteht ferner zwischen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz und dem Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19 Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021. Da sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes insoweit in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, als sämtliche Bestimmungen des Gesetzes Grundlage für die zu erlassenden Verordnungen sein können, ist – ausnahmsweise – die (Mit‑)Anfechtung des gesamten Gesetzes zulässig (vgl dazu zB VfGH 3.3.2021, V75/2019 ua).

Obwohl ArtVI Z5 BFG 2021 eine haushaltsrechtliche Regelung enthält, der im Allgemeinen keine Außenwirkung zukommt (vgl Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12, 2019, Rz 449), ist bei einem auf Art140 Abs1 Z2 B‑VG gestützten Antrag und im Hinblick auf die von den Antragstellern dargelegten Bedenken nicht auszuschließen, dass diese (mit)angefochtene Bestimmung in einem Zusammenhang mit der Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen zur Erlassung von Verordnungen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz steht.

Der Verfassungsgerichtshof kann auch vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken einen Zusammenhang zwischen §2 Abs1 Z4 BiBuG 2014 und §2 Abs1 Z4 WTBG 2017 mit §3b Abs3 ABBAG-Gesetz ebenso wenig wie mit den im ersten Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen des §6, §7 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG von vornherein ausschließen.

1.4.4.3. Die Anfechtung der übrigen Bestimmungen ist hingegen unzulässig:

Der Verfassungsgerichtshof kann keinen Zusammenhang zwischen der (mit)angefochtenen Bestimmung des §124b Z438 litc EStG 1988 und §3b Abs3 ABBAG-Gesetz erkennen. Die Frage der steuerlichen Behandlung von Zuschüssen auf der Grundlage des §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz (§124b Z438 litc EStG 1988) hat nichts mit der Verordnungsermächtigung des §3b Abs3 ABBAG-Gesetz zu tun.

Wie sich aus Art140 Abs4 B‑VG ergibt, ist ein von Mitgliedern des Nationalrates gestellter Antrag als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (zB VfSlg 14.802/1997, 20.359/2019). Die Anfechtung des §2 Abs2 Z7a BiBuG 2014 (BGBl I 97/2020) ist sohin unzulässig (geworden), weil diese Bestimmung gemäß §68 Abs3 BiBuG 2014 am 31. August 2021 außer Kraft getreten ist.

1.4.4.4. Soweit die Aufhebung des COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetzes idF BGBl I 118/2021 (wegen untrennbaren Zusammenhangs) zur Gänze beantragt wird, erweist sich der Antrag als unzulässig: Das angefochtene COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz enthält mehrere unterschiedliche, voneinander trennbare Regelungstatbestände; eine Anfechtung des Gesetzes zur Gänze ohne ein konkretes Vorbringen gegen die einzelnen (mit)angefochtenen Bestimmungen bzw die Darlegung eines konkreten Regelungszusammenhanges ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unzulässig (VfSlg 19.894/2014, 20.112/2016; VfGH 15.10.2016, G183/2016 ua; vgl auch 10.3.2021, V573/2021).

1.4.5. Zur Anfechtung der näher bezeichneten Verordnungen des Bundesministers für Finanzen:

1.4.5.1. Die Antragsteller fechten in ihrem Hauptantrag mehrere Verordnungen des Bundesministers für Finanzen an (siehe Punkt I.).

1.4.5.2. Wie die Antragsteller selbst ausführen, besteht keine Legitimation der Antragsteller zur Anfechtung der Verordnungen auf Grundlage des Art140 Abs1 Z2 B‑VG oder einer anderen Verfassungsbestimmung. Die Anfechtung der Verordnungen des Bundesministers für Finanzen ist somit als unzulässig zurückzuweisen.

1.4.5.3. Bei diesem Ergebnis ist auf die Eventualanträge zum zweiten Teil des Hauptantrages nicht einzugehen, weil diese einen jeweils engeren Anfechtungsumfang haben als der Hauptantrag.

1.5. Da sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung des §1 Z1, §6, §7, §8 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG sowie des §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §3b, §6a Abs2, §6b und §6c ABBAG-Gesetz, des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, des ArtVI Z5 BFG 2021, §2 Abs1 Z4 BiBuG 2014 sowie §2 Abs1 Z4 WTBG 2017 als zulässig.

1.6. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.1. Zu den Bedenken gegen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz im Hinblick auf Art18 B‑VG:

2.1.1. Die Antragsteller meinen, §3b Abs3 ABBAG-Gesetz verstoße gegen Art18 B‑VG, weil die Bestimmung den Inhalt der vom Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Verordnungen nicht hinreichend determiniere. Der Gesetzgeber müsse insbesondere die wesentlichen Gesichtspunkte im Hinblick auf das Regelungsziel sowie zur Gewährleistung von Gerechtigkeit eindeutig bestimmen. Die Vergabe und potentielle Rückforderung von COVID‑19-Hilfen greife in das Grundrecht auf Eigentum der betroffenen Unternehmen ein; insoweit gelte ein strenger Maßstab für die Determinierung der Verordnungsermächtigung. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz enthalte lediglich Vorgaben für den Mindestinhalt einer Verordnung. Dem Gesetz seien aber keine inhaltlichen Vorgaben hinsichtlich der damit verbundenen Abwägungsentscheidung zu entnehmen. Daran vermöge auch die grobe Definition des Unternehmensgegenstandes in §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz sowie die Einschränkung des Kreises der Begünstigten auf Unternehmen, die einen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben (§3b Abs1 ABBAG-Gesetz), nichts zu ändern.

Nach Ansicht der Antragsteller lasse sich die fehlende Determinierung der Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen zur Verordnungserlassung in §3b Abs3 ABBAG-Gesetz auch nicht durch einen allfälligen Zeitdruck des Gesetzgebers in einer krisenhaften Situation rechtfertigen. Der Gesetzgeber könne zwar lediglich Planungsziele vorgeben und die finale Determinierung dem Verordnungsgeber überlassen; diesfalls müssten aber dem Gesetz die Kriterien für die geforderte Abwägungsentscheidung des Verordnungsgebers oder Vorgaben für ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren entnommen werden können. Im Hinblick auf Verordnungen nach §3b Abs3 ABBAG-Gesetz würden sämtliche Wertungsentscheidungen dem Verordnungsgeber überlassen.

Beispielhaft für die unzulässige Übertragung von Wertungsentscheidungen an den Bundesminister für Finanzen zählen die Antragsteller Bestimmungen der angefochtenen Verordnungen auf, in denen etwa der Kreis der begünstigten Unternehmen auf bestimmte Branchen eingeschränkt oder bestimmte Ausschlusskriterien, wie vergangene Finanzstrafen oder die Kündigung von Mitarbeitern, im Betrachtungszeitraum vorgesehen werden (Punkt 3.1.3., 3.1.7. und 3.2.4. der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-Gesetz betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für vom Lockdown direkt betroffene Unternehmen, BGBl II 567/2020, idF BGBl II 608/2020).

2.1.2. Die Bundesregierung entgegnet diesem Vorbringen im Wesentlichen damit, dass eine Verordnung nach §3b Abs3 ABBAG-Gesetz keine erheblichen Grundrechtseingriffe ermögliche und die Vergabe von Förderungen iSd §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz durch privatrechtliche Mittel erfolge. Vor diesem Hintergrund könne der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Verordnungsermächtigung gemäß §1 COVID‑19-Maßnahmengesetz (VfSlg 20.399/2020), die zu weitergehenden Grundrechtseingriffen berechtige, Abwägungs- und Prognosespielräume einräumen. Es handle sich bei den Regelungen zur Förderungsgewährung um "bloße Selbstbindungsgesetze", für die nicht derselbe (strenge) Maßstab der Determinierung gemäß Art18 B‑VG gelte. Im Übrigen sei Art18 B‑VG auf die privatrechtsförmige (nicht hoheitliche) Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht anwendbar; es hätte daher überhaupt keiner gesetzlichen Grundlage für die Förderungsgewährung bedurft.

Die Antragsteller verkannten zudem, dass dem Bundesminister für Finanzen ohnehin ein "relativ enger Rahmen" vorgegeben sei. Dieser ergebe sich aus dem Unternehmensgegenstand der COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (§2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz), der Einschränkung des Kreises der Begünstigten auf Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Österreich (§3b Abs1 ABBAG-Gesetz) und den in §3b Abs3 ABBAG-Gesetz festgelegten Determinanten für zu erlassende Verordnungen. Der Höchstbetrag an zur Förderung bereitstehenden Mitteln sei mit 15 Milliarden Euro begrenzt (§6a Abs2 letzter Satz ABBAG-Gesetz), der Bundesminister für Finanzen habe im Rahmen der Verordnungserlassung das Einvernehmen mit dem Vizekanzler herzustellen (§3b Abs3 ABBAG-Gesetz) und die unionsrechtlichen Vorgaben des Beihilfenrechtes zu beachten. Es liege daher ein dem Regelungsgegenstand adäquater Determinierungsgrad vor.

 

2.1.3. Der angefochtene §3b Abs3 ABBAG-Gesetz steht in folgendem normativen Zusammenhang:

2.1.3.1. Gemäß §6a Abs2 iVm §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz ist die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) zur Erbringung von Dienstleistungen und Ergreifung finanzieller Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen wegen der durch COVID‑19 verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zuständig. Solche finanziellen Maßnahmen dürfen nur zugunsten von Unternehmen gesetzt werden, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben (§3b Abs1 ABBAG-Gesetz).

2.1.3.2. §3b Abs3 ABBAG-Gesetz verpflichtet den Bundesminister für Finanzen, im Einvernehmen mit dem Vizekanzler mittels Verordnung Richtlinien zu finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 (§2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz) zu erlassen. Diese Richtlinien haben insbesondere Regelungen zur Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen, zur Ausgestaltung und zum Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen, zur Höhe und Laufzeit der finanziellen Maßnahmen sowie zu Auskunfts- und Einsichtsrechten des Bundes oder eines allenfalls seitens des Bundes Bevollmächtigten zu enthalten.

Im Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19‑Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, ist festgelegt, dass Unternehmen, denen eine Förderung des Bundes auf Grund der COVID‑19‑Pandemie gewährt wird, sich für einen Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung bis zum Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) steuerlich wohlverhalten haben müssen. Das – am 1. Jänner 2021 in Kraft getretene – Gesetz regelt im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen ein "steuerliches Wohlverhalten" des Unternehmens gegeben ist (§3 leg.cit .).

2.1.4. Das in Art18 Abs1 B‑VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Es ist jedoch verfassungsgesetzlich zulässig, wenn der einfache Gesetzgeber einer Verwaltungsbehörde ein Auswahlermessen einräumt und die Auswahlentscheidung an – die Behörde bindende – Kriterien knüpft (vgl zB VfSlg 5810/1968, 12.399/1990, 12.497/1990, 16.625/2002). Dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein, steht aber grundsätzlich in Einklang mit Art18 Abs1 B‑VG (vgl die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum "differenzierten Legalitätsprinzip", zB VfSlg 13.785/1994, 20.130/2016, 20.192/2017).

Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sieht für Regelungen im Bereich des Wirtschaftsrechtes keine so weitgehende gesetzliche Vorherbestimmung als erforderlich an wie in Bereichen, in denen eine exaktere Determinierung möglich ist und in denen "das Rechtsschutzbedürfnis (wie etwa im Strafrecht, im Sozialversicherungsrecht oder im Steuerrecht) eine besonders genaue gesetzliche Determinierung verlangt" (so der Prüfungsbeschluss in dem mit Erkenntnis VfSlg 11.938/1988 abgeschlossenen Verfahren betreffend das Börsegesetz; siehe auch VfSlg 15.468/1999).

Ob eine gesetzliche Vorschrift dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B‑VG entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach der Entstehungsgeschichte, dem Inhalt und dem Zweck der Regelung. Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Regelung verletzt die in Art18 B‑VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse, wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt (VfSlg 16.137/2001, 20.130/2016).

2.1.5. Der Verfassungsgerichtshof teilt die unter dem Blickwinkel des Art18 B‑VG gegen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz vorgebrachten Bedenken nicht:

2.1.5.1. Soweit die Antragsteller verfassungsrechtliche Bedenken gegen §3b Abs3 ABBAG-Gesetz mit nach ihrer Auffassung unzulässigen Wertungsentscheidungen in den Verordnungen des Bundesministers für Finanzen begründen, ist darauf hinzuweisen, dass (behauptetermaßen) gesetzwidrige Verordnungsbestimmungen nicht einen Verstoß der gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Verordnung gegen Art18 B‑VG begründen können. Die ausreichende Bestimmtheit eines Gesetzes iSd Art18 B‑VG ist unabhängig von darauf gestützten Verordnungen zu beurteilen.

2.1.5.2. Für den Verfassungsgerichtshof – wie auch für die Antragsteller und die Bundesregierung – besteht kein Zweifel, dass die Gewährung von Förderungen nach dem ABBAG-Gesetz nicht hoheitlich erfolgt. Das ABBAG-Gesetz sieht nicht vor, dass die Entscheidung über die Gewährung der einzelnen Förderungen mittels Bescheid zu treffen ist (vgl idZ auch §3b Abs2 ABBAG-Gesetz).

Dem Gesetzgeber ist bei staatlichen Beihilfen, selbst wenn sie hoheitlich gewährt werden (zur Familienbeihilfe vgl VfSlg 8605/1979 und 14.694/1996; zur Studienbeihilfe vgl VfSlg 6859/1972, 12.641/1991 und 19.105/2010), sowie bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und daran knüpfender, hoheitlich gewährter Maßnahmen (zum FamilienlastenausgleichsG 1967 vgl VfSlg 5972/1969 und 14.694/1996; zur Ausgleichszulage vgl VfSlg 18.885/2009) generell ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet (zum Studienabschluss-Stipendium, auf das kein Rechtsanspruch besteht vgl VfSlg 18.638/2008). Im Hinblick darauf und auf den Umstand, dass bei finanziellen Maßnahmen zur Abfederung negativer wirtschaftlicher Auswirkungen der COVID‑19‑Pandemie oftmals rasches Handeln und flexible Anpassungen erforderlich sein werden, ist es unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber der Vollziehung nach dem ABBAG-Gesetz entsprechende Spielräume bei der Gewährung der unterschiedlichen finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz einräumt.

Aus §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz folgt die klare Zielsetzung der Erbringung von Dienstleistungen und Ergreifung finanzieller Maßnahmen durch die COFAG, nämlich die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit den durch die COVID‑19-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen für Unternehmen. Dienstleistungen und finanzielle Leistungen dürfen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz nur erbracht werden, soweit sie zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen "geboten sind". Gemäß §3b Abs1 ABBAG-Gesetz sind finanzielle Maßnahmen zugunsten von Unternehmen begrenzt, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben. Das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19‑Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, schränkt den Kreis der Begünstigten auf solche Unternehmen ein, die sich in den fünf Jahren vor der Antragstellung bis zum Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) steuerlich wohlverhalten haben (§1 Abs1 leg.cit .). In §3b Abs3 Z1 bis Z5 ABBAG-Gesetz sind weitere Determinanten für die vom Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zu erlassenden Richtlinien festgelegt. Diese Richtlinien haben Regelungen zur Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen (Z1 leg.cit .), zur Ausgestaltung und zum Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen (Z2 leg.cit .), zur Höhe und Laufzeit der finanziellen Maßnahmen (Z3 und Z4 leg.cit .) sowie zu Auskunfts- und Einsichtsrechten des Bundes oder eines allenfalls seitens des Bundes Bevollmächtigten (Z5 leg.cit .) zu enthalten. Bei Anwendung all dieser gesetzlichen Determinanten ist der Verordnungsgeber überdies an den Gleichheitsgrundsatz gebunden, wonach Förderungen an Unternehmen unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes und nach sachlichen Kriterien zu gewähren sind (vgl VfSlg 20.397/2020).

In Anbetracht dieser Regelungen sowie des Regelungsgegenstandes der privatrechtsförmigen Förderungsgewährung ist §3b Abs3 ABBAG-Gesetz einer Auslegung zugänglich und determiniert den Verordnungsgeber in einer Art18 Abs2 B‑VG entsprechenden Art und Weise. Die Bestimmung ist dementsprechend im Hinblick auf Art18 B‑VG nicht zu beanstanden.

2.2. Zu den Bedenken gegen §6 CFPG wegen behaupteter unzulässiger Vermengung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit:

2.2.1. Nach Ansicht der Antragsteller verstößt die Zuständigkeit der Finanzämter als Gutachter im Rahmen einer Prüfung nach §6 CFPG gegen Art18 B‑VG sowie gegen das "verfassungsrechtlich vorgesehene System des Rechtsschutzes gemäß Art83ff iVm 129ff B‑VG". Es komme zu einer "Vermischung" hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Handlungsformen. Während die Auszahlung finanzieller Leistungen durch die COFAG gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz privatrechtlich erfolge, sei die gutachterliche Tätigkeit von Finanzämtern im Rahmen der nachträglichen Überprüfung dieser Leistungen gemäß §6 CFPG als hoheitlich zu qualifizieren. Hiedurch entstehe ein Rechtsschutzdefizit für von einer Überprüfung nach §6 CFPG betroffene Unternehmen, weil die COFAG als privatrechtliche Akteurin ihrer Entscheidung über allfällige Rückzahlungen "mit hoheitlichem Zwang" erlangte Beweismittel zugrunde legen könne.

Darüber hinaus sehe §6 Abs2 CFPG die Prüftätigkeit des Finanzamtes "im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen vor". Daraus entstehe eine "Rollenvermischung", weil das Finanzamt "gleichzeitig" als Abgabenbehörde und als Gutachter tätig werde. Es sei für den Betroffenen nicht ersichtlich, ob die Behörde etwa eine Auskunft in ihrer abgabenbehördlichen oder in ihrer gutachterlichen Funktion verlange.

Die Einbindung der Finanzämter als Gutachter verstoße zudem gegen Art6 EMRK, weil Finanzämter als Behörden solche Gutachten nicht unbefangen einschätzten. Die Unparteilichkeit der Behörde sei wegen ihrer "Doppelfunktion (Entscheidungsträger und Sachverständiger)" nicht gegeben.

2.2.2. Die Bundesregierung entgegnet, dass eine "Kombination" privatwirtschaftlicher und hoheitlicher Maßnahmen bereits deshalb den rechtsstaatlichen Anforderungen genüge, weil den Betroffenen ein hinreichender Rechtsschutz gewährleistet sei. Die Gewährung und allfällige Rückforderung finanzieller Maßnahmen durch die COFAG erfolge ausschließlich privatrechtlich, den begünstigten Unternehmen stehe Rechtsschutz vor den ordentlichen (Zivil‑)Gerichten offen.

Soweit im Rahmen der Überprüfung durch das Finanzamt gemäß §2 Abs2 CFPG "hoheitliche Aspekte" ins Spiel kämen, sei zwischen der Rechtswidrigkeit einer Amtshandlung und der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Prüfberichtes (§8 CFPG) zu unterscheiden. Gegen rechtswidrige Amtshandlungen des Finanzamtes stehe dem Betroffenen die Möglichkeit der Maßnahmenbeschwerde nach Art130 Abs1 Z2 B‑VG offen. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit eines Prüfberichtes lasse sich im Rahmen eines allfälligen Zivilverfahrens betreffend Rückforderungsansprüche relevieren. Ein Rechtsschutzdefizit liege somit nicht vor. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass auch im Abgabenverfahren kein eigenes Rechtsmittel gegen den Prüfbericht bestehe, zumal es sich dabei lediglich um einen Aktenvermerk handle. Die COFAG sei auch nicht an die Feststellungen des Prüfberichtes des Finanzamtes gebunden.

Soweit die Antragsteller Bedenken gegen die "Rollenvermischung" der behördlichen Tätigkeit mit der gutachterlichen Tätigkeit des Finanzamtes im Lichte des Rechtsstaatsprinzips sowie des Art6 EMRK äußern, werde verkannt, dass es sich beim Abgabenverfahren und beim Überprüfungsverfahren nach §6 CFPG um zwei getrennte Verfahren handle. Dem Finanzamt komme im Verfahren zur Überprüfung finanzieller Leistungen nach §2 Abs2 Z7 CFPG keine Entscheidungskompetenz zu. Die Entscheidung, ob eine Förderung zurückzuzahlen sei, obliege alleine der Förderstelle (COFAG).

2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die von den Antragstellern gegen §6 CFPG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht:

2.2.3.1. Gemäß §6 CFPG ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer des betreffenden Unternehmens zuständige Finanzamt berechtigt, "anlässlich" der Durchführung einer Außenprüfung gemäß §147 Abs1 BAO, einer Nachschau gemäß §144 BAO oder einer begleitenden Kontrolle gemäß §153a BAO die Richtigkeit der vom Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses (§1 Z1 lita CFPG) oder einer Garantieübernahme (§1 Z1 litb CFPG) als finanzielle Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses oder der Garantieübernahme angegebenen Daten zu überprüfen. Eine solche Prüfung hat das Finanzamt auf Grund einer Weisung des Bundesministers für Finanzen auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll (§7 CFPG).

Sofern das Finanzamt Zweifel an der Richtigkeit der vom begünstigten Unternehmen zum Zwecke der Erlangung des Zuschusses bzw der Garantieübernahme erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Leistung angegebenen Daten hat, erstellt das Finanzamt einen (gesonderten) Prüfbericht gemäß §8 CFPG. Der Prüfbericht betreffend Zuschüsse wird der COFAG und dem Bundesminister für Finanzen, der Prüfbericht betreffend Garantieübernahmen der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) bzw der Österreichischen Hotel und Tourismusbank (ÖHT) sowie dem Bundesminister für Finanzen übermittelt.

Wird ein Antrag betreffend einen Zuschuss (§1 Z1 lit.a CFPG) in strukturierter Form im Wege von "FinanzOnline" gestellt, hat der Bundesminister für Finanzen eine automatisierte Plausibilisierung der im Zuge der Antragstellung übermittelten Daten duchzuführen und das Ergebnis in einem Bericht darzustellen. Der Bericht ist der COFAG zum Zweck der Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses elektronisch zu übermitteln (§8a Abs1 CFPG).

Hat die COFAG auf Grund des ihr übermittelten Berichts nach §8a CFPG begründete Zweifel am Ergebnis der automationsunterstützten Risikoanalyse ("Plausibilisierung"), kann die COFAG ein Ergänzungsgutachten beim Bundesminister für Finanzen anfordern (§8b CFPG), der dann wiederum eine Weisung zur Prüfung der Förderung durch das Finanzamt nach §7 CFPG erteilen kann.

2.2.3.2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zuständigkeit des Finanzamtes gemäß §6 CFPG und die dadurch bewirkte "Vermischung" privatrechtlichen und hoheitlichen Handelns beruhen auf der Auffassung der Antragsteller, die Tätigkeit des Finanzamtes als Gutachter und die Erstellung des Prüfberichtes gemäß §8 CFPG seien jeweils als hoheitlich zu qualifizieren. Die Antragsteller begründen diese Rechtsauffassung unter Berufung auf §2 Abs2 CFPG, wonach auf die Prüfung von Förderungen gemäß §1 CFPG die Bestimmungen in §143, §144, §146, §146a, §148 Abs1, 2, 4 und 5, §149, §150 sowie §153f Abs1 und 3 BAO sinngemäß anzuwenden sind. Es handle sich dabei um typische behördliche Befugnisse, wie das Betretungsrecht privater Grundstücke nach §144 Abs2 BAO oder die Befugnis, vom Abgabenpflichtigen (bzw dem zu prüfenden Unternehmen) Auskünfte gemäß §143 BAO zu verlangen.

2.2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof stimmt den Antragstellern und der Bundesregierung zu, dass die Finanzämter bei der Erfüllung der ihnen nach dem COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz auferlegten Prüfungsaufgaben nach den Vorschriften des §2 Abs2 CFPG nicht im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern im Rahmen der Hoheitsverwaltung im Dienst der konkreten Förderungsverwaltung tätig werden. Gegen Rechtsakte, welche die Finanzämter auf der Grundlage des §2 Abs2 CFPG iVm den darin genannten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung setzen, steht den betroffenen Unternehmen der Rechtsweg an das Verwaltungsgericht gemäß Art130 B‑VG offen. Insbesondere im Hinblick auf die Befugnis des Finanzamtes zur Nachschau in Bücher und Aufzeichnungen des zu prüfenden Unternehmens (§144 BAO) sowie auf Betretungsrechte (§146a BAO) ist davon auszugehen, dass es sich um hoheitliche Amtshandlungen handelt.

2.2.3.4. Anderes gilt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes für die eigentliche Prüfungstätigkeit der Finanzämter als Gutachter gemäß §§6 ff. CFPG. Wie nicht zuletzt aus §2 Abs1 CFPG hervorgeht, agieren die Finanzämter bei ihren Prüfungen nach dem COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz als Gutachter nicht in behördlicher Funktion. So ist die Erstellung des Prüfberichtes durch das Finanzamt gemäß §8 CFPG nach Überprüfung eines Unternehmens nach §6 CFPG keine behördliche Tätigkeit. An den Prüfbericht selbst knüpfen keine Rechtswirkungen für das betreffende Unternehmen, der Prüfbericht dient der COFAG (bzw der jeweiligen Förderstelle) bei der Überprüfung allfälliger Rückforderungsansprüche wegen zu Unrecht bezogener finanzieller Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz.

2.2.3.5. Anders als die Antragsteller meinen, steht es dem Staat unter den von den Antragstellern ausschließlich zu Art18 B‑VG geltend gemachten Bedenken dem Grundsatz nach frei, ob er sich bei der Gewährung von Förderungen hoheitlicher oder privatrechtsförmiger Mittel bedient. Art18 Abs1 B‑VG verlangt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine nachvollziehbare Festlegung dahingehend, ob es sich bei einem Verfahren um ein hoheitliches oder ein privatrechtliches Rechtsverhältnis handelt. Im Sinne des Art18 Abs1 B‑VG bedarf es der Vorherbestimmung konkreter Rechtswirkungen sowohl, wenn der Gesetzgeber hoheitliches Verwaltungshandeln vorsehen will, als auch dann, wenn er zur Durchsetzung öffentlicher Interessen einer Einrichtung besondere privatrechtliche Befugnisse verleiht (VfSlg 20.235/2018 unter Hinweis auf VfSlg 19.934/2014; vgl auch VfSlg 15.059/1997, 19.509/2011).

Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip erfließt das verfassungsrechtliche Gebot, die Einhaltung von Verfassung und Gesetz durch entsprechende Einrichtungen zu sichern (vgl VfSlg 13.834/1994). Wenn mit privatrechtsförmigen oder mit behördlichen Maßnahmen in erheblicher Weise in Grundrechtspositionen eingegriffen wird, muss von Verfassungs wegen ein die Rechte der Betroffenen jeweils ausreichend sichernder Rechtsschutz eröffnet sein (VfSlg 15.625/1999).

2.2.3.6. Diesen Anforderungen wird das Verfahren zur Überprüfung finanzieller Maßnahmen nach §§6 ff. CFPG gerecht. §3b Abs2 ABBAG-Gesetz ist mit der gemäß Art18 Abs1 B‑VG gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Gewährung und allfällige Rückforderung finanzieller Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz durch die COFAG privatrechtlicher Natur ist. Den begünstigten Unternehmen ist somit Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Förderungsleistungen oder mit der Rückforderung gewährter Förderungsleistungen vor den ordentlichen Gerichten eingeräumt (siehe bereits VfSlg 20.397/2020). Soweit das Finanzamt im Rahmen der Ausübung der hoheitlichen Befugnisse nach §2 Abs2 CFPG (unter Anwendung der hoheitlichen Befugnisse nach der Bundesabgabenordnung) allenfalls Rechte verletzt, steht dem betroffenen Unternehmen – worauf auch die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend hinweist – die Möglichkeit der Maßnahmenbeschwerde nach Art130 Abs1 Z2 B‑VG offen.

Die Einräumung eines eigenständigen Rechtsbehelfs gegen den Prüfbericht des Finanzamtes nach §8 CFPG ist aus rechtsstaatlichen Überlegungen nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht geboten, zumal – wie bereits ausgeführt – an den Prüfbericht als solchen keine Rechtswirkungen für das betroffene Unternehmen geknüpft werden. Eine allenfalls unzutreffende Feststellung im Prüfbericht kann das Unternehmen gegenüber der COFAG vor den ordentlichen Gerichten relevieren. Das von den Antragstellern behauptete Rechtsschutzdefizit liegt somit nicht vor.

2.2.4. Auch die behauptete "Rollenvermischung" im Hinblick auf die Tätigkeit des Finanzamtes einerseits als Gutachter nach §6 CFPG und andererseits als Abgabenbehörde liegt nicht vor. Aus §6 Abs2 CFPG folgt, dass das Finanzamt eine Prüfung von Leistungen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz "anlässlich" der Durchführung (bestimmter) abgabenbehördlicher Maßnahmen einleiten kann. Die Prüfung nach §6 CFPG erfolgt damit nicht im Rahmen der in §6 Abs2 CFPG angeführten abgabenbehördlichen Maßnahmen; lediglich aus Anlass dieser kann das Finanzamt einen Prüfauftrag einleiten und hat dies dem betroffenen Unternehmen mitzuteilen (§148 Abs5 BAO sinngemäß).

Bei der Prüfung gemäß §6 CFPG handelt es sich um ein von den in §6 Abs2 CFPG aufgezählten abgabenbehördlichen Maßnahmen getrenntes Verfahren. Das Finanzamt ist – anders als im Abgabenverfahren – nicht zur Entscheidung über einen allfälligen Rückforderungsanspruch wegen zu Unrecht bezogener finanzieller Leistungen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz berufen. Die behauptete unzulässige "Rollenvermischung" (unter Hinweis auf VfSlg 19.636/2012) liegt somit nicht vor.

2.2.5. Vor diesem Hintergrund geht auch das unter Art6 EMRK geäußerte Bedenken ins Leere: Ungeachtet der Frage, ob Art6 EMRK überhaupt in jeder in diesem Zusammenhang möglichen Verfahrenskonstellation anwendbar ist, räumen die Antragsteller (an dieser Stelle ihres Antrages) selbst ein, dass es sich bei dem Verfahren zur Überprüfung finanzieller Leistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz, bei dem das Finanzamt als Gutachter einen Prüfbericht erstellt, um ein vom Abgabenverfahren zu unterscheidendes, getrenntes Verfahren handelt. Insoweit liegt keine Konstellation vor, in der das Finanzamt sowohl als Gutachter als auch als Entscheidungsträger fungiert (vgl VfSlg 16.827/2003). Das Vorbringen der Antragsteller vermag die Befangenheit des Finanzamtes weder im Verfahren zur Überprüfung finanzieller Maßnahmen nach §6 CFPG noch im Abgabenverfahren zu begründen.

V. Ergebnis

1. Die gegen §1 Z1, §6, §7, §8 und §8b Abs1 dritter Satz CFPG sowie §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §3b, §6a Abs2, §6b und §6c ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19‑Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, ArtVI Z5 BFG 2021, §2 Abs1 Z4 BiBuG 2014 und §2 Abs1 Z4 WTBG 2017 vorgebrachten Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist in diesem Umfang daher abzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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