VfGH V75/2019 ua, G207/2019 ua

VfGHV75/2019 ua, G207/2019 ua3.3.2021

Kein Verstoß des Apothekenvorbehalts betreffend den Verkauf von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit; Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit im öffentlichen Interesse zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, dem Gesundheits- und Konsumentenschutz sowie der Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln; Verhältnismäßigkeit des Eingriffs angesichts des besonderen Stellenwertes der öffentlichen Interessen; Apothekenvorbehalt auf Grund zahlreicher standes- und disziplinarrechtlicher Verpflichtungen der Apotheken sachlich gerechtfertigt; keine Gesetzwidrigkeit der Abgrenzungsverordnung 2004 betreffend die Abgabe nicht potenziell gefährlicher Arzneimittel durch Drogerien; Verbot der Abgabe von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Selbstbedienung, durch Fernabsatz oder Automaten im öffentlichen Interesse

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1 Z3
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
StGG Art2
StGG Art6 / Erwerbsausübung
ArzneimittelG §57, §57a, §59, §59a, §75g
ApothekenG §5
ApothekenbetriebsO §3
GewO 1994 §50, §52, 94, §104
AbgrenzungsV 2004 der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit
AusübungsvorschriftenV für das Drogistengewerbe §2
FernabsatzV §3, §4, §5
PharmakovigilanzV 2013
VfGG §7 Abs1, §57 Abs1, §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V75.2019

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Aufhebung der Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II Nr 122/2004, idF BGBl II Nr 150/2014 wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei (ohne die Hervorhebungen im Original),

"[…] 2. die Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

3a. §59 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge 'selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher' in §59 Abs3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge 'gemäß §59 Abs3' in §57 Abs1 Z2 des Arzneimittelgesetzes, BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 40/2017 (dh in der geltenden Fassung),

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

• die Wortfolgen 'die den Apotheken vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken' und 'die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' in §5 des Apothekengesetzes, RGBI 5/1907 in der Fassung BGBl I 75/2008 (dh in der geltenden Fassung),

§60 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/2013 in der Fassung BGBl I 110/2012 (dh in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) bzw in der Fassung BGBl I 100/2018 (dh in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'entgegen den §§57, 58 und 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis oder' in §83 Abs1 Z5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '3,' in §2 Abs13 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'den im §59 Abs3 genannten' in §15 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'im §59 Abs3 genannten' in §17 Abs3 Z3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59' in §57a Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 153/2005 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59 Abs3, 4, 7a und 8' in §62 Abs2 Z7 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

§86 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 114/2012 (dh in der geltenden Fassung),

• die Ausdrücke '2 und' sowie '3 und' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '§57 Abs1,' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'des §59 Abs3 und' in §96 Abs1 Z1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

§59 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §59 Abs3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge 'gemäß §59 Abs3' in §57 Abs1 Z2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl I 185/1983 in der Fassung BGBl I 40/2017 (dh in der geltenden Fassung), als verfassungswidrig aufzuheben,

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

• die Wortfolge 'gemäß Abs3' in §59 Abs4 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung) sowie die Wortfolgen 'gemäß Abs3' und 'gemäß Abs3 und 4' in §59 Abs5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung), in eventu den gesamten Abs5 des §59 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolgen 'die den Apotheken vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken' und 'die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' in §5 des Apothekengesetzes, RGBl 5/1907 in der Fassung BGBl I 75/2008 (dh in der geltenden Fassung),

§60 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/2013 in der Fassung BGBl I 110/2012 (dh in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) bzw in der Fassung BGBl I 100/2018 (dh in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'entgegen den §§57, 58 und 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis oder' in §83 Abs1 Z5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '3,' in §2 Abs13 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'den im §59 Abs3 genannten' in §15 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'im §59 Abs3 genannten' in §17 Abs3 Z3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59' in §57a Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 153/2005 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59 Abs3, 4, 7a und 8' in §62 Abs2 Z7 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

§86 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 114/2012 (dh in der geltenden Fassung),

• die Ausdrücke '2 und' sowie '3 und' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl I 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '§57 Abs1,' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'des §59 Abs3 und' in §96 Abs1 Z1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl I 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

§59 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I

48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §59 Abs3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §57 Abs1 Z2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 40/2017 (dh in der geltenden Fassung), als verfassungswidrig aufzuheben,

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

• die Wortfolge 'gemäß Abs3' in §59 Abs4 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung) sowie die Wortfolgen 'gemäß Abs3' und 'gemäß Abs3 und 4' in §59 Abs5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung), in eventu den gesamten Abs5 des §59 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolgen 'die den Apotheken vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken' und 'die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' in §5 des Apothekengesetzes, RGBl 5/1907 in der Fassung BGBl I 75/2008 (dh in der geltenden Fassung),

§60 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/2013 in der Fassung BGBl I 110/2012 (dh in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) bzw in der Fassung BGBl I 100/2018 (dh in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'entgegen den §§57, 58 und 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis oder' in§83 Abs1 Z5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '3,' in §2 Abs13 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'den im §59 Abs3 genannten' in §15 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'im §59 Abs3 genannten' in §17 Abs3 Z3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59' in §57a Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 153/2005 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59 Abs3, 4, 7a und 8' in §62 Abs2 Z7 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

§86 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 114/2012 (dh in der geltenden Fassung),

• die Ausdrücke '2 und' sowie '3 und' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '§57 Abs1,' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'des §59 Abs3 und' in §96 Abs1 Z1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

§59 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge 'selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher' in §59 Abs3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §57 Abs1 Z2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 40/2017 (dh in der geltenden Fassung), als verfassungswidrig aufzuheben,

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

• die Wortfolgen 'die den Apotheken vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken' und 'die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' in §5 des Apothekengesetzes, RGBl 5/1907 in der Fassung BGBl I 75/2008 (dh in der geltenden Fassung),

§60 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/2013 in der Fassung BGBl I 110/2012 (dh in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) bzw in der Fassung BGBl I 100/2018 (dh in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'entgegen den §§57, 58 und 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis oder' in §83 Abs1 Z5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '3,' in §2 Abs13 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'den im §59 Abs3 genannten' in §15 Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'im §59 Abs3 genannten' in §17 Abs3 Z3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59' in §57a Abs1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 153/2005 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck 'gemäß §59 Abs3, 4, 7a und 8' in §62 Abs2 Z7 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

§86 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 114/2012 (dh in der geltenden Fassung),

• die Ausdrücke '2 und' sowie '3 und' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• den Ausdruck '§57 Abs1,' in §95 Abs2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 59/2018 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolge 'des §59 Abs3 und' in §96 Abs1 Z1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 in der Fassung BGBl II 150/2014, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

und

 

3b. den Ausdruck 'Arzneimitteln,' in §50 Abs2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 in der Fassung BGBl I 85/2012 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes 1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder 2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind, abgegeben werden' in §59 Abs10 AMG, die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden' in §59 Abs11 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §59a des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

§83 Abs1 Z5 und 5a des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolgen 'Die §' sowie 'und 59a Abs1 bis 4' in §94i Abs3 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung), sowie den Ausdruck '§' sowie 'und 59a Abs1 bis 4' in §94i Abs3 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz (Fernabsatz-Verordnung), BGBl II 105/2015, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

die Absätze 2 und 3 des §50 Abs2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 in

der Fassung BGBl I 85/2012 (dh in der geltenden Fassung),

und die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes 1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder 2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind, abgegeben werden' in §59 Abs10 AMG, die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden' in §59 Abs11 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und §59a des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

und die folgenden, mit den vorgenannten Vorschriften in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Vorschriften, nämlich

§83 Abs1 Z5 und 5a des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 162/2013 (dh in der geltenden Fassung),

• die Wortfolgen 'Die §' sowie 'und 59a Abs1 bis 4' in §94i Abs3 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung), sowie den Ausdruck '§' sowie 'und 59a Abs1 bis 4' in §94i Abs3 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung),

als verfassungswidrig aufzuheben, und die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz (Fernabsatz-Verordnung), BGBl II 105/2015, als gesetzwidrig aufzuheben,

 

und

 

3c. die Wortfolge 'in Selbstbedienung oder' in §59 Abs9 des Arzneimittelgesetzes (AMG), BGBl 185/1983 in der Fassung BGBl I 48/2013 (dh in der geltenden Fassung), sowie die Wortfolge, 'Arzneimitteln sowie' in §52 Abs2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 in der Fassung BGBl I 96/2017 (dh in der geltenden Fassung), als verfassungswidrig aufzuheben, und §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, als gesetzwidrig aufzuheben".

 

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), BGBl 185/1983, idF BGBl I 104/2019 lauten samt Überschriften – auszugsweise – wie folgt:

"[…]

Vertrieb

Abgabe von Arzneimitteln

 

§57. (1) Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur abgegeben werden an

1. öffentliche Apotheken, Anstaltsapotheken und tierärztliche Hausapotheken,

2. Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß §59 Abs3 zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind,

3. Hersteller ausschließlich zum Zweck der Herstellung von Arzneimitteln oder soweit sie gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Handel mit Arzneimitteln befugt sind,

4. Arzneimittel-Großhändler,

 

[…]

 

(2) An Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgegeben werden:

1. Vollblutkonserven, Suspensionen zellulärer oder korpuskulärer Blutbestandteile, Einzelspenderzubereitungen,

2. natives menschliches oder tierisches Gewebe.

 

(3) Die Abs1 und 2 gelten nicht für radioaktive Arzneimittel. Diese dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur an Inhaber einer Bewilligung für den Umgang mit radioaktiven Stoffen gemäß dem Strahlenschutzgesetz, BGBl Nr 227/1969, abgegeben werden.

 

[…]

 

(5) Abs1 gilt nicht für Arzneispezialitäten gemäß §7 Abs4 und §59 Abs7a.

 

(6) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe im Kleinverkauf nicht den Apotheken vorbehalten ist, direkt an Bandagisten, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Zahntechniker, Fußpfleger, Inhaber einer Berechtigung für den Huf- und Klauenbeschlag und Masseure abgegeben werden, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die diese Gewerbetreibenden für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.

 

[…]

 

(8) Medizinische Gase dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe komprimierter technischer Gase berechtigt sind.

 

(9) Arzneimittel zur klinischen Prüfung dürfen vom Hersteller, Depositeur und Arzneimittel-Großhändler auch direkt an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Prüfer abgegeben werden.

 

(10) Rettungs- und Krankenbeförderungsdienste einer Gebietskörperschaft dürfen Arzneimittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Rettung und Krankenbeförderung benötigen, aus jenen Anstaltsapotheken beziehen, die von Krankenanstalten betrieben werden, deren Träger diese Gebietskörperschaft ist.

 

[…]

Abgabe von Ärztemustern

 

§58. (1) Zulassungsinhaber dürfen Muster von zugelassenen Arzneispezialitäten an Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten nur über deren schriftliche Anforderung, ausschließlich unentgeltlich und nach Aufbringung des deutlich lesbaren und nicht entfernbaren Hinweises 'Unverkäufliches Ärztemuster' in einer nicht größeren als der kleinsten im Handel befindlichen Packung nach Maßgabe des Abs2 abgeben. Diese Muster dürfen auch von den Empfängern nur unentgeltlich weitergegeben werden. Die Abgabe von Ärztemustern von Arzneispezialitäten, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe enthalten, ist verboten.

 

(2) Die Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern darf an Empfänger gemäß Abs1

1. innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach erstmaliger Abgabe der Arzneispezialität im Sinne des §57 in einer Anzahl, die zur Beurteilung des Behandlungserfolges bei höchstens zehn Patienten ausreicht, insgesamt jedoch höchstens im Ausmaß von 30 Ärztemustern einer Arzneispezialität je Empfänger, und

2. nach Ablauf des in Z1 genannten Zeitraumes pro Anforderung höchstens im Ausmaß von 2 Ärztemustern, an einen Empfänger jedoch höchstens im Ausmaß von fünf Ärztemustern einer Arzneispezialität im Jahr erfolgen.

 

(3) Über die Empfänger von unverkäuflichen Ärztemustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe derselben sind Nachweise zu führen und auf Verlangen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen vorzulegen. Der Bundesminister hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über Art und Form der Nachweise zu erlassen.

 

Abgabe im Kleinen

 

§59. (1) Arzneimittel dürfen nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

 

(2) Apothekeneigene Arzneispezialitäten dürfen nur durch die Apotheke abgegeben werden, in der sie ganz oder überwiegend hergestellt werden und deren Betreiber Registrierungsinhaber dieser apothekeneigenen Arzneispezialität ist.

 

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen.

 

(4) Soweit es sich bei Arzneimitteln gemäß Abs3 um Kontaktlinsenflüssigkeiten handelt, dürfen diese auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Kleinhandel mit Kontaktlinsen und der Anpassung von Kontaktlinsen berechtigt sind.

 

(5) Arzneispezialitäten, die ausschließlich wirksame Bestandteile enthalten, die in einer Verordnung gemäß Abs3 angeführt sind, dürfen gemäß Abs3 und 4 abgegeben werden, es sei denn, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bestimmt durch Bescheid, daß diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich aufgrund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.

 

(6) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann über Antrag des Zulassungsinhabers durch Bescheid Arzneispezialitäten, die dem Abs5 nicht entsprechen, vom Apothekenvorbehalt ausnehmen, wenn eine Gefährdung auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikation nicht zu besorgen ist. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

 

(7) Die Abs1 bis 6 gelten nicht für Arzneimittel im Sinne des §7 Abs4.

 

(7a) Wenn es sich um Arzneispezialitäten für Tiere, die zur äußeren Anwendung an der Haut bestimmt sind, oder um Arzneispezialitäten für Bienen handelt, kann auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikationen dieser Arzneispezialitäten über Antrag des Zulassungsinhabers das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen durch Bescheid eine Abgabe außerhalb von Apotheken und Drogerien vorsehen. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

 

(8) Medizinische Gase dürfen auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe von komprimierten technischen Gasen im Kleinverkauf berechtigt sind.

 

(9) Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz ist verboten.

 

(10) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten, die im Wege des Fernabsatzes

1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder

2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind abgegeben werden.

 

(11) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für Humanarzneispezialitäten, die den nationalen Rechtsvorschriften einer anderen EWR-Vertragspartei entsprechen, sofern diese dort nicht rezeptpflichtig sind, die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden.

 

Fernabsatz

 

§59a. (1) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten im Wege des Fernabsatzes gemäß §59 Abs10 Z1 und Abs11 darf nur durch öffentliche Apotheken erfolgen, die die Anforderungen gemäß Abs2 und 3 erfüllen.

 

(2) Öffentliche Apotheken, die beabsichtigen, Humanarzneispezialitäten zum Verkauf an die Öffentlichkeit im Wege des Fernabsatzes anzubieten, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen unter Angabe des Namens des Betreibers und der Anschrift, des Datums des Beginns der Tätigkeit und der Adresse der zu diesem Zweck genutzten Webseiten einschließlich aller Angaben zu deren Identifizierung anzuzeigen. Änderungen dieser Angaben sind unverzüglich anzuzeigen.

 

(3) Die Webseiten gemäß Abs2 müssen mindestens

1. die Adresse und sonstige Kontaktdaten des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen aufweisen,

2. auf jeder Seite der Webseite, die sich auf das Angebot des Verkaufs von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz bezieht, das gemeinsame Logo nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG , das eine Verbindung zur Liste gemäß Abs4 Z3 beinhalten muss, gut sichtbar anzeigen, und

3. eine Verbindung zum Internetportal des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß §27 Abs4 haben.

 

(4) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat über das Internetportal gemäß §27 Abs4 mindestens folgende Angaben zur Verfügung zu stellen:

1. Angaben zu den auf das Angebot an die Öffentlichkeit zum Verkauf von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz anzuwendenden Rechtsvorschriften,

2. Angaben über den Zweck des gemeinsamen Logos nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG ,

3. eine Liste der öffentlichen Apotheken gemäß Abs1 sowie die Adressen ihrer Webseiten,

4. Informationen über die Gefahren für die Gesundheit und das Leben von Menschen durch Humanarzneispezialitäten, die illegal im Wege des Fernabsatzes an die Öffentlichkeit abgegeben werden, und

5. eine in regelmäßigen Abständen aktualisierte Übersicht über die EWR-Vertragsparteien, in denen für die Abgabe von Arzneimitteln durch Fernabsatz den österreichischen Vorschriften vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.

 

(5) Humanarzneispezialitäten, die durch Fernabsatz abgegeben werden, dürfen nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet werden, und sind

1. so zu verpacken, transportieren und auszuliefern, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird, und

2. nachweislich der Person auszufolgen, die vom Auftraggeber der Bestellung der jeweiligen öffentlichen Apotheke mitgeteilt wurde.

 

(6) Im Rahmen des Bestellvorgangs hat eine Beratung auch über allfällige Wechselwirkungen zu erfolgen, wobei nach Maßgabe der technischen Verfügbarkeit auch die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012, BGBl I Nr 111/2012, zu nutzen ist. Der Bundesminister für Gesundheit hat durch Verordnung nähere Regelungen zu treffen, um ab der technischen Verfügbarkeit auch den Bezug von Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes in die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012 einzubeziehen.

 

(7) Der Bundesminister für Gesundheit hat unter Bedachtnahme auf die Arzneimittelsicherheit durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anforderungen an die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und an deren Versendung, insbesondere über den Bestellvorgang, die Verpackung, den Transport, die Lagerung, die Lieferung, die Abholung, die Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und das Erfordernis eines Qualitätssicherungssystems zu erlassen.

 

Abgrenzungskommission

 

§60. (1) Zur Beratung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie in Fragen der Abgrenzung der Verkaufsrechte im Sinne des §59 ist beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz eine Kommission (Abgrenzungskommission) einzurichten.

 

(2) Der Abgrenzungskommission haben als Mitglieder anzugehören:

1. der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakologie,

2. der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakognosie,

3. zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich,

4. ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer,

5. ein Vertreter der Österreichischen Ärztekammer,

6. ein Vertreter der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs,

7. ein Vertreter der Bundesarbeitskammer,

8. ein Vertreter des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger und

9. ein fachkundiger Bediensteter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit.

 

(3) Die Mitglieder der Abgrenzungskommission sind vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Abs2 Z3 bis 8 genannten Vertreter steht den betreffenden Institutionen das Vorschlagsrecht zu.

 

(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz hat für die in Abs3 genannte Zeit einen Bediensteten seines Ministeriums mit dem Vorsitz in der Abgrenzungskommission zu betrauen.

 

(5) Für jedes Mitglied der Abgrenzungskommission sowie für den Vorsitzenden ist ein Stellvertreter zu bestellen.

 

(6) Alle Mitglieder sowie der Vorsitzende und ihre Stellvertreter haben beschließende Stimme. Stellvertreter haben ein solches Stimmrecht nur bei Verhinderung jener Personen, die sie vertreten.

 

(7) Die Beratungen der Abgrenzungskommission sind nach einer vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erlassenden Geschäftsordnung zu führen.

 

(8) Die Tätigkeit in der Abgrenzungskommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Abgrenzungskommission oder deren Stellvertretern nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955 zu ersetzen.

 

[…]

 

Betriebsordnung

 

§62. (1) Soweit es geboten ist, um die für die Gesundheit und das Leben von Mensch oder Tier erforderliche Beschaffenheit der Arzneimittel oder Wirkstoffe und die Versorgung mit Arzneimitteln oder Wirkstoffen zu gewährleisten, hat der Bundesminister für Gesundheit durch Verordnung Betriebsordnungen für Betriebe, die Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellen, kontrollieren oder in Verkehr bringen, zu erlassen.

 

(2) Nicht als Betriebe im Sinne des Abs1 gelten

1. Öffentliche Apotheken, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs gemäß der Apothekenbetriebsordnung 2005, BGBl II Nr 65/2005, in der jeweils geltenden Fassung, Arzneimittel herstellen, kontrollieren oder in Verkehr bringen,

2. Anstaltsapotheken, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs gemäß der Apothekenbetriebsordnung 2005 Arzneimittel herstellen, kontrollieren oder in Verkehr bringen,

 

[…]

 

(2c) Bei der Beurteilung der Überschreitung des üblichen Apothekenbetriebs gemäß Abs2a und 2b ist – sofern zutreffend – insbesondere zu prüfen:

1. das Produktions- und Distributionsvolumen der Arzneimittel,

2. das Gefährdungspotential des Herstellungsprozesses,

3. die Häufigkeit der Lieferungen der Arzneimittel, und

4. die Anzahl der mit neuverblisterten Arzneimitteln durchschnittlich versorgten Personen pro Jahr.

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat unter Bedachtnahme auf die Arzneimittelsicherheit und die fachliche und personelle Ausstattung einer öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke durch Verordnung nähere Regelungen für die Prüfung und Bewertung der Kriterien gemäß Z1 bis 4 zu erlassen. Die Verordnung ist auf der Homepage des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen kundzumachen. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat bei Überschreitung des üblichen Apothekenbetriebs dies mit Bescheid festzustellen.

 

(3) Die Verordnung gemäß Abs1 hat insbesondere nähere Bestimmungen zu enthalten über

1. Herstellen, Inverkehrbringen, Einfuhr und Ausfuhr von Arzneimitteln oder Wirkstoffen,

1a. Personalausstattung und -qualifikation,

2. Art und Umfang der Kontrolle von Arzneimitteln oder Wirkstoffen, wie Führung eines Kontrolllabors,

3. Anforderungen an die Hygiene,

4. Beschaffenheit, Größe, Ausstattung, Widmung und Lage der Betriebsräume sowie deren Einrichtung,

5. Beschaffenheit der technischen Ausrüstung,

6. Beschaffenheit der Arbeitskleidung,

7. Beschaffenheit und Kennzeichnung der Behältnisse,

8. Führung und Aufbewahrung von Vormerkungen, Aufzeichnungen, Berichten, Proben und sonstigen Nachweisen,

9. Beschaffenheit und Haltung der bei der Herstellung der Arzneimittel verwendeten Tiere,

10. Dienstbereitschaft für Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler,

11. Lager- und Vorratshaltung sowie Transport,

12. Rücknahme, Kennzeichnung, Aussonderung oder Vernichtung von nicht verkehrsfähigen Arzneimitteln.

 

[…]

 

(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann weiters durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anforderungen an Arzneimittel-Vollgroßhändler erlassen, insbesondere hinsichtlich der ausreichenden Lagerhaltung, Sortimentgestaltung, Versorgungsbereitschaft, Versorgungsintensität, Versorgungsregelmäßigkeit und Betriebspflichten unter Berücksichtigung des zu versorgenden Gebietes. Dabei kann auch ein Verfahren zu deren Anerkennung vorgesehen werden.

 

[…]

Verwaltungsstrafbestimmungen

 

§83. (1) Wer

[…]

5. Arzneimittel entgegen den §§57, 58 und 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis oder entgegen §59a Abs5 oder 6 oder den Anforderungen einer Verordnung gemäß §59a Abs5 abgibt,

5a. Arzneispezialitäten entgegen §59a Abs1 bis 3 im Fernabsatz anbietet,

[…]

macht sich, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfalle bis zu 14 000 Euro zu bestrafen.

 

(2) Der Versuch ist strafbar."

 

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl 194/1994 (WV), idF BGBl I 45/2018 lauten samt Überschriften – auszugsweise – wie folgt:

"d) Gewerbliche Tätigkeiten außerhalb von Betriebsstätten

 

§50. (1) […]

 

(2) Der Versandhandel mit Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen (ausgenommen Kontaktlinsen), Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln an Letztverbraucher ist unzulässig. Dieses Verbot gilt auch für den Absatz von aus eigener Erzeugung stammenden Waren oder von zugekauften Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher.

 

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat, wenn es Gründe der öffentlichen Sicherheit erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, wenn es Gründe der Volksgesundheit oder des Konsumentenschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz, wenn es Gründe des Jugendschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, oder wenn es - neben den Fällen des Abs2 - wegen der besonderen Gefahr einer Irreführung oder Benachteiligung der Bevölkerung erforderlich ist, mit Verordnung auch weitere Waren zu bezeichnen, hinsichtlich derer der Versandhandel an Letztverbraucher unzulässig ist. Ein solches Verbot gilt auch für den Absatz von aus eigener Erzeugung stammenden Waren oder von zugekauften Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher.

 

[…]

 

§52. (1) […]

 

(2) Der Verkauf von Arzneimitteln sowie Heilbehelfen durch Automaten, ferner der Ausschank und der Verkauf von alkoholischen Getränken außerhalb der Betriebsräume durch Automaten ist verboten.

 

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat, soweit es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der Volksgesundheit oder des Jugendschutzes erforderlich ist, mit Verordnung zu bestimmen, daß auch andere als die im Abs2 genannten gewerblichen Tätigkeiten nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen mittels Automaten ausgeübt, insbesondere daß bestimmte Waren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen mittels Automaten verkauft oder verabreicht werden dürfen.

 

[…]

 

Bestimmungen für einzelne Gewerbe

1. Reglementierte Gewerbe

 

§94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

[…]

14. Drogisten

[…]

32. Herstellung von Arzneimitteln und Giften und Großhandel mit Arzneimitteln und Giften

33. Herstellung und Aufbereitung sowie Vermietung von Medizinprodukten, soweit diese Tätigkeiten nicht unter ein anderes reglementiertes Gewerbe fallen, und Handel mit sowie Vermietung von Medizinprodukten

 

[…]

 

Drogisten

 

§104. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Drogistengewerbe (§94 Z14) bedarf es für den Kleinhandel mit Giften, mit Präparaten, die zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind, mit sterilisiertem Verbandmaterial ausgenommen mit Verbandzeug in Behältern im Sinne des §102 Abs10 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl Nr 267, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl Nr 615/1977, und mit Arzneimitteln, sofern deren Abgabe an Letztverbraucher auch außerhalb von Apotheken durch bundesrechtliche Vorschriften gestattet ist.

 

(2) Der Handel mit Futtermitteln, die gemäß den Bestimmungen des Futtermittelgesetzes, BGBl Nr 905/1993, in den inländischen Verkehr gebracht werden, ist kein reglementiertes Gewerbe gemäß §94 Z14.

 

(3) Gewerbetreibende, die das Gewerbe der Drogisten ausüben, sind berechtigt, die im Abs1 genannten Präparate und Arzneimittel, mit denen sie den Kleinhandel betreiben dürfen, abzufüllen und abzupacken. Dies gilt allerdings nur insoweit, als dieses Abfüllen und Abpacken für die Kleinhandelstätigkeit erfolgt.

 

(4) Gewerbetreibende, die das Gewerbe der Drogisten gemäß Abs1 ausüben, sind auch zu folgenden Tätigkeiten berechtigt:

1. zur Zubereitung und zum Ausschank von Frucht- und Gemüsesäften;

2. zur Herstellung von Teemischungen und Hautsalben, denen keine Heilwirkung zukommt und zum Verkauf dieser Produkte ohne Heilanpreisung;

3. zu Schminktätigkeiten.

 

(5) Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Drogistengewerbes berechtigt sind, dürfen sich bei der Ausübung der ihnen vorbehaltenen Tätigkeiten nur hauptberuflich beschäftigter Personen bedienen, die die persönliche und fachliche Eignung zur Erfüllung ihrer jeweiligen Tätigkeiten besitzen; als persönlich und fachlich geeignet zur Erfüllung ihrer Tätigkeiten sind bei der Ausübung der im Abs1 genannten Tätigkeiten nur solche Personen anzusehen, die die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Drogist erfolgreich abgelegt oder die Studienrichtung Pharmazie an einer inländischen Universität oder eine Schule erfolgreich abgeschlossen haben, in der eine mit der Ausbildung im Lehrberuf Drogist gleichwertige Vermittlung einschlägiger Fertigkeiten und Kenntnisse erfolgt. Wird das Drogistengewerbe in eingeschränktem Umfang ausgeübt, besitzen auch Personen die persönliche und fachliche Eignung zur Erfüllung der Tätigkeiten, die der eingeschränkten Ausübung des Drogistengewerbes entsprechen, die eine Schule erfolgreich abgeschlossen haben, in der eine für die Ausführung dieser Tätigkeiten ausreichende Ausbildung vermittelt wird. Der Ausbildung von Lehrlingen im Rahmen der Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl Nr 142/1969, steht dieses Gebot nicht entgegen.

 

§367. Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, begeht, wer

[…]

14. mit den im §50 Abs2 genannten oder durch auf Grund des §50 Abs3 erlassene Verordnungen bezeichneten Waren entgegen diesen Bestimmungen den Versandhandel ausübt oder solche aus eigener Erzeugung stammende Waren oder zugekaufte Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher absetzt;

15. ein Gewerbe mittels Automaten entgegen §52 Abs2 oder entgegen den Bestimmungen einer Verordnung gemäß §52 Abs3 oder 4 ausübt, wenn nicht der Tatbestand des §366 Abs1 Z1 oder §366 Abs1 Z10 oder §367 Z8 gegeben ist;

[…]"

 

3. Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004, idF BGBl II 150/2014 lautet wie folgt:

"Abgabe von Arzneimitteln

 

§1. (1) Die in der Anlage angeführten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen dürfen, sofern diese gemäß §1 Abs1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind und ihre Abgabe nicht gemäß Abs2 beschränkt ist, im Kleinverkauf nur abgegeben werden

1. in Apotheken,

2. durch Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Drogisten gemäß §104 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 48/2003 und die Kundmachung BGBl I Nr 109/2003, berechtigt sind, oder

3. durch Gewerbetreibende, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß §116 Abs1 Z1 der Gewerbeordnung 1994 oder zur Sterilisierung und Imprägnierung von Verbandmaterial mit Arzneimitteln gemäß §116 Abs1 Z3 der Gewerbeordnung 1994 berechtigt sind.

 

(2) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, bei denen in der Anlage die Abgabe auf 'Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten' beschränkt ist, dürfen, sofern diese gemäß §1 Abs1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind, im Kleinverkauf nur in Apotheken abgegeben werden, es sei denn, es handelt sich um Bestandteile von Arzneispezialitäten (§6).

 

§2. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen im Sinne des §1 müssen der Spezifikation gemäß Anlage entsprechen. Die allgemeinen Anforderungen an Arzneimittel im Sinne der §§3 und 4 des Arzneimittelgesetzes bleiben davon unberührt.

 

§3. Sofern es sich bei Arzneimitteln im Sinne des §1 Abs1 um solche pflanzlicher Herkunft handelt, dürfen diese durch die im §1 Abs1 Z2 und 3 genannten Gewerbetreibenden im Kleinverkauf nur

1. als Ganzdroge,

2. in grob geschnittenem Zustand oder

3. in einem in der Anlage beschriebenen Zustand

abgegeben werden.

 

§4. (1) Arzneimittel im Sinne des §1 Abs1 dürfen im Kleinverkauf nur abgegeben werden, wenn sie durch folgende Angaben gekennzeichnet sind:

1. die deutsche Bezeichnung gemäß Anlage,

2. Name oder Firma und Sitz der abgebenden Apotheke oder des abgebenden Gewerbetreibenden,

3. Datum der Abgabe,

4. abgegebene Menge und

5. die in der Anlage für den jeweiligen Stoff oder die Zubereitung aus Stoffen vorgesehene Kennzeichnung.

Sofern im Abs2 nicht anderes bestimmt ist, darf die Kennzeichnung darüber hinaus keine Angaben enthalten, die sich auf die Eigenschaften, die Wirksamkeit und die Anwendungsgebiete des Arzneimittels beziehen.

 

(2) Der Apotheker ist berechtigt, auf Grund ärztlicher Anordnung oder in begründeten Einzelfällen, die er nach dem Stand der pharmazeutischen Wissenschaft individuell beurteilt hat, Ergänzungen der Kennzeichnung vorzunehmen. Die Verwendung vorformulierter Texte, wie Aufkleber oder Vordrucke, ist verboten.

 

(3) Die Abs1 und 2 gelten nicht für zugelassene Arzneispezialitäten.

 

§5. Der Betrieb eines Gewerbetreibenden im Sinne des §1 Abs1 Z2 und 3 muss, sofern dieser Arzneimittel im Kleinverkauf abgibt, technisch und apparativ sowie im Hinblick auf die erforderliche Fachliteratur so ausgestattet sein, dass die gemäß §5 Abs3 des Arzneibuchgesetzes, BGBl Nr 195/1980 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 33/2002, vorgeschriebenen Prüfungen im Betrieb durchgeführt werden können.

 

Bestandteile von Arzneispezialitäten

 

§6. Arzneispezialitäten, die ausschließlich in der Anlage angeführte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen als wirksame Bestandteile enthalten, dürfen auch von Gewerbetreibenden gemäß §1 Abs1 Z2 und 3 abgegeben werden, es sei denn, die/der für Angelegenheiten des Gesundheitswesens zuständige Bundesministerin/Bundesminister bestimmt durch Bescheid, dass diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.

 

Übergangs- und Schlussbestimmungen

 

§7. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Mai 2004 in Kraft.

 

(2) Die Abgrenzungsverordnung, BGBl Nr 568/1995, tritt mit Ablauf des 30. April 2004 außer Kraft.

 

(3) Arzneimittel, die nach §1 Abs1 abgegeben werden, dürfen bis zum Ablauf des 30. April 2005 noch eine Kennzeichnung gemäß der Abgrenzungsverordnung BGBl Nr 568/1995 aufweisen.

 

Anlage [die nicht verfahrensrelevante Spalte 'Kennzeichnung' wird im Folgenden nicht dargestellt]

 

Stoff oder Zubereitung

Spezifikation

Abgabebeschränkung

Aluminiumkaliumsulfat; Alaun (Alumen)

Ph. Eur.

 

Andornkraut (Herba Marrubii)

ÖAB

 

Angelikawurzel (Angelicae radix)

Ph. Eur.

 

Anguraté Tee (Mentzeliae cordifoliae herba)

Wichtl – Teedrogen S. 394

 

Anis (Anisi fructus)

Ph. Eur.

 

Anisöl (Anisi aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Anisspiritus, zusammengesetzter (Spiritus Anisi compositus)

ÖAB

 

Arnikablüten (Arnicae Flos)

Ph. Eur.

 

Arnikatinktur (Tinctura Arnicae)

ÖAB

 

Aromatische Salbe (Unguentum aromaticum)

ÖAB

 

Aromatische Tinktur (Tinctura aromatica)

ÖAB

 

Aromatischer Spiritus, zusammengesetzter (Spiritus aromaticus compositus)

ÖAB

 

Artischokenblätter (Folium Cynarae)

Die getrockneten Blätter von Cynara scolymus L.

 

Ascorbinsäure (Acidum ascorbicum)

Ph. Eur.

 

Augentrostkraut (Euphrasiae herba)

HMPC

Wichtl – Teedrogen S. 204

 

Baldriantinktur (Tinctura Valerianae)

ÖAB

 

Baldrianwurzel (Valerianae radix)

Ph. Eur.

 

Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium)

Ph. Eur.

 

Bärlauchkraut (Herba Alii ursini)

Die getrockneten, oberirdischen Teile von Allium ursinum L.

 

Basilikumkraut (Herba Basilici)

Die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten, oderirdischen Teile von Ocimum basilicum L.

 

Beifußkraut (Herba Artemisiae)

Die während der Blütezeit gesammelten, vorsichtig getrockneten Zweigspitzen von Artemisia vulgaris L.

 

Benzalkoniumchlorid (Benzalkonii chloridum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Benzoetinktur (Tinctura Benzoes)

ÖAB

 

Berberitzenfrucht (Fructus Berberidis)

Die reifen, getrockneten Früchte von Berberis vulgaris L.

 

Bibernellwurzel (Radix Pimpinellae)

Die getrocknete Wurzel von Pimpinella major (L.) HUDS. und Pimpinella saxifraga L.

 

Biotin (Biotinum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Birkenblätter (Betulae folium)

Ph. Eur.

 

Bittere Tinktur (Tinctura amara)

ÖAB

 

Bitterkleeblätter (Menyanthidis trifoliatae folium)

Ph. Eur.

 

Bitterorangen, unreife (Fructus Aurantii immaturi)

Die getrockneten, unreife Früchte von Citrus aurantium subspec. aurantium.

 

Bitterorangenblätter (Folium Aurantii)

Die im Sommer gesammelten und getrockneten Blätter von Citrus aurantium L. ssp. aurantium.

 

Bitterorangenblüten (Aurantii amari flos)

Ph. Eur.

 

Bitterorangenblütenöl (Aurantii amari floris aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Bitterorangenschale (Aurantii amari epicarpium et mesocarpium)

Ph. Eur.

 

Bitterorangenschalentinktur (Aurantii amari epicarpii et mesocarpii tinctura)

Ph. Eur.

 

Bitterorangensirup (Sirupus Aurantii amari)

ÖAB

 

Bittertee (Species amaricantes)

ÖAB

 

Blasentee (Species urologicae)

ÖAB

 

Bockshornsamen (Trigonella foenugraeci semen)

Ph. Eur.

 

Bohnenkraut (Herba Saturejae)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Satureja hortensis L.

 

Brennesselblätter (Folium Urticae)

Die getrockneten Laubblätter von Urtica dioica L. und Urtica urens L. sowie deren Hybriden.

 

Brennesselkraut (Herba Urticae)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Urtica dioica L. und Urtica urens L. sowie deren Hybriden.

 

Brennesselwurzel (Radix Urticae)

Der getrocknete Wurzelstock von Urtica dioica L. und Urtica urens L. sowie deren Hybriden

 

Brombeerblätter (Folium Rubi fruticosi)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten Laubblätter verschiedener Arten der Gattung Rubus L.

 

Bruchkraut (Herba Herniariae)

ÖAB

 

Brunnenkressekraut (Herba Nasturtii)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Nasturtium officinale (DC.) R. BR.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Brusttee (Species pectorales)

ÖAB

 

Buchweizenkraut (Herba Fagopyri)

Die getrockneten oberirdischen Teile von Fagopyrum esculentum MOENCH.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Calciumcarbonat (Calcii carbonas)

Ph. Eur.

 

Calciumpantothenat (Calcii pantothenas)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Campher, racemischer (Camphora racemica)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Campherlösung, alkoholische (Kampfergeist) (Solutio Camphorae spirituosa)

ÖAB

 

Cayennepfeffer (Capsici fructus)

Ph.Eur.

nur zur äußeren Anwendung

Cetylpalmitat (Cetylis palmitas)

Ph. Eur.

 

Chinarinde (Cinchonae cortex)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Chinawein (Vinum Chinae)

ÖAB

 

Citronellöl (Citronellae aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Citronenöl (Limonis aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Citronensäure (Acidum citricum)

Ph. Eur.

 

D-Campher (D-Camphora)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Dexpanthenol (Dexpanthenolum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Dostenkraut (Herba Origani)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten und von den dickeren Stengeln befreiten oberirdischen Teile von Origanum vulgare L.

 

Edelkastanienblätter (Folium Castaneae)

Die im September bis Oktober gesammelten und getrockneten Laubblätter von Castanea sativa MILL.

 

Ehrenpreiskraut (Herba Veronicae)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Veronica officinalis L.

 

Eibischblätter (Althaeae folium)

Ph. Eur.

 

Eibischblüten (Flos Althaeae)

Die gut getrockneten Blüten von Althaea officinalis L.

 

Eibischsirup (Sirupus Althaeae)

ÖAB

 

Eibischtee (Species Althaeae)

ÖAB

 

Eibischwurzel (Althaeae radix)

Ph. Eur.

 

Eichenrinde (Quercus cortex)

Ph. Eur.

 

Eisenkraut (Herba Verbenae)

Die während der Blütezeit (Juli bis September) gesammelten, getrockneten Blätter und oberen Stängelabschnitte von Verbena officinalis L.

 

Enziantinktur (Gentianae tinctura)

Ph. Eur.

 

Enzianwurzel (Gentianae radix)

Ph. Eur.

 

Erdbeerblätter (Folium Fragariae)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten Laubblätter von Fragaria vesca L. und anderen Fragariaarten.

 

Erdnussöl (Arachidis oleum)

Ph. Eur.

 

Erdnussöl, hydriertes (Arachidis oleum hydrogenatum)

Ph. Eur.

 

Essigsaure-weinsaure Tonerdelösung (Solutio Aluminii acetico-tartarici)

ÖAB

 

Ethylalkohol (Ethanolum)

Ph.Eur.

 

Ethylalkohol, Verdünnter (Aethanolum dilutum)

ÖAB

 

Eucalyptusblätter (Folium Eucalypti)

Die von älteren Bäumen gesammelten, getrockneten Laubblätter von Eucalyptus globulus LABILL.

 

Eucalyptusöl (Eucalypti aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Feigen (Fructus Caricae)

Die reifen, getrockneten Fruchtstände von Ficus carica L.

 

Fenchel, bitterer (Foeniculi amari fructus)

Ph. Eur.

 

Fenchelöl, ätherisches (Aetheroleum Foeniculi)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Flohsamen (Psyllii semen)

Ph.Eur.

 

Flohsamen, indische (Plantaginis ovatae semen)

Ph.Eur.

 

Folsäure (Acidum folicum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten, bis zu einer Tagesdosis von 0,5 mg

Frauenhaarfarn (Herba Capilli veneris)

Die getrockneten Farnwedel von Capillus veneris L.

 

Galgantwurzel (Radix Galangae)

Das getrocknete Rhizom von Alpinia officinarum L.

 

Gallentee (Species cholagogae)

ÖAB

 

Gamanderkraut (Herba Teucrii)

ÖAB

 

Gänseblümchenblüten (Flos Bellidis)

Die getrockneten Blütenköpfchen von Bellis perennis L.

 

Gänsefingerkraut (Herba Anserinae)

Die kurz vor und während der Blütezeit (Mai bis August) gesammelten, getrockneten Blätter und Blüten von Potentilla anserina L.

 

Gelatine (Gelatina)

Ph.Eur.

 

Gelbwurz, javanische (Curcumae xanthorrhizae rhizoma)

Ph. Eur.

 

Gewürznelken (Caryophylli flos)

Ph. Eur.

 

Ginsengwurzel (Ginseng radix)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Ginsengwurzel (Ginseng radix)

Ph.Eur.

 

Glucose (Glucosum)

Ph. Eur.

 

Glycerol (Glycerolum)

Ph.Eur.

 

Guaifenesin (Guaifenesinum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Guajazulen (Guajazulenum)

7-Isopropyl-1,4-dimethylazulen; C15H18; M= 198,31

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Hagebuttenschalen (Rosae pseudo-fructus)

Ph.Eur.

 

Hamamelisblätter (Hamamelidis folium)

Ph. Eur.

 

Hamamelisrinde (Cortex Hamamelidis)

Die getrocknete Rinde der Stämme und Zweige von Hamamelis virginiana L.

 

Harntreibender Tee (Species diureticae)

ÖAB

 

Hauhechelwurzel (Ononidis radix)

Ph. Eur.

 

Heidelbeeren, Getrocknete (Myrtilli fructus siccus)

Ph. Eur.

 

Heublumen (Flos Graminis)

Die Blütenstände verschiedener Wiesengräser, gelegentlich auch solche von Kleearten und anderen Wiesengewächsen.

 

Hibiscusblüten (Hibisci sabdariffae flos)

Ph. Eur.

 

Himbeerblätter (Folium Rubi idaei)

Die im Frühjahr und Sommer gesammelten, getrockneten Laubblätter von Rubus idaeus L.

 

Hoffmannstropfen (Solutio Aetheris spirituosa)

ÖAB

 

Hohlzahnkraut (Herba Galeopsidis)

Die zur Blütezeit gesammelten und getrockneten oberirdischen Teile von Galeopsis ochroleuca L. (= Galeopsis segetum NECKER).

 

Holunderblüten (Sambuci flos)

Ph. Eur.

 

Hopfendrüsen (Glandula lupuli)

Die von den Fruchtständen von Humulus lupulus L. abgesiebten Drüsenhaare

 

Hopfenzapfen (Lupuli flos)

Ph. Eur.

 

Hydroxyethylsalicylat (Hydroxyethylis salicylas)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Ingwerwurzelstock (Zingiberis rhizoma)

Ph. Eur.

 

Irländische Alge (Carrageen)

ÖAB

 

Isländisches Moos / Isländische Flechte (Lichen islandicus)

Ph. Eur.

 

Johanniskrautöl (Hyperici oleum)

HMPC

Wichtl – Teedrogen S.305

Phytokodex

nur zur äußeren Anwendung

Kakaobutter (Oleum Cacao)

ÖAB

 

Kaliseife (Sapo kalinus)

ÖAB

 

Kaliumguaiacolsulfonat; Sulfogaiacolum (Kalium guajacolsulfonicum)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Kalmuswurzel (Radix Calami)

ÖAB

 

Kamille, römische (Chamomillae romanae flos)

Ph. Eur.

 

Kamillenblüten (Matricariae flos)

Ph. Eur.

 

Kamillenöl, ätherisches (Aetheroleum Chamomillae)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Kamillentinktur (Tinctura Chamomillae)

ÖAB

 

Kardamomen (Fructus Cardamomi)

Die getrockneten, ungebleichten Kapselfrüchte von Elettaria cardamomum (L.) WHITE et MATON.

 

Kardamomöl, ätherisches (Aetheroleum Cardamomi)

Das durch Wasserdampfdestillation aus den Früchten von Elettaria cardamomum (L.) WHITE et MATON gewonnene ätherische Öl

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Kardobenediktenkraut (Herba Cardui benedicti)

ÖAB

 

Katzenpfötchenblüten (Flos Stoechados)

Der getrocknete Blütenstand von Helichrysum arenarium (L.) MOENCH.

 

Kiefernnadelöl, ätherisches (Aetheroleum Pini silvestris)

Das durch Wasserdampfdestillation der frischen Nadeln und Zweigspitzen von Pinus silvestris L. gewonnene ätherische Öl.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Klatschmohnblüten (Papaveris rhoeados flos)

Ph. Eur.

 

Klettenwurzel (Radix Bardanae)

Die im Herbst des ersten oder im Frühjahr des zweiten Jahres gesammelten, getrockneten Wurzeln von Arctium lappa L.

 

Knoblauchöl, Ätherisches (Aetheroleum Allii sativi)

Das durch Wasserdampfdestillation aus den Zwiebeln von Allium sativum L. gewonnene ätherische Öl

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Knoblauchzwiebel (Bulbus Allii sativi)

Die Zwiebel von Allium sativum L.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Kohle, medizinische (Carbo activatus)

Ph. Eur.

 

Kolasamen (Colae semen)

Ph. Eur.

 

Kollodium (Collodium)

ÖAB

 

Kondurangorinde (Cortex Condurango)

ÖAB

 

Königskerzenblüten, Wollblumen (Verbasci flos)

Ph. Eur.

 

Koriander (Coriandri fructus)

Ph. Eur.

 

Krauseminzblätter (Folium Menthae crispae)

Die getrockneten Laubblätter von Mentha spicata L. em. HUDS.

 

Kühlsalbe (Unguentum leniens)

ÖAB

 

Kümmel (Carvi fructus)

Ph. Eur.

 

Kümmelöl, ätherisches (Aetheroleum Carvi)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Kürbissamenöl (Cucurbitae oleum)

HMPC

Wichtl – Teedrogen S. 163

 

Lactose (Lactosum)

Ph. Eur.

 

Latschenkieferöl, ätherisches (Aetheroleum Pini pumilionis)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Lavendelblüten (Lavandulae flos)

Ph. Eur.

 

Lavendelöl (Lavandulae aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Leinkraut (Herba Linariae)

Die getrockneten oberirdischen Teile von Linaria vulgaris MILL.

 

Leinöl (Oleum Lini)

ÖAB

 

Leinsamen (Lini semen)

Ph. Eur.

 

Liebstöckelwurzel (Levistici radix)

Ph. Eur.

 

Lindenblüten (Tiliae flos)

Ph. Eur.

 

Linolensäure (Acidum linolenicum)

Octadecantriensäure;

C18H30O2;Mr 278,440

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Lorbeerblätter (Folium Lauri)

Die getrockneten Laubblätter von Laurus nobilis L.

 

Lorbeeröl (Oleum Lauri)

ÖAB

 

Löwenzahnblätter (Folium Taraxaci)

Die vor der Blütezeit gesammelten, getrockneten Blätter von Taraxacum officinale WIGGERS.

 

Löwenzahnwurzel (Radix Taraxaci)

ÖAB

 

Majorankraut (Herba Majoranae)

Die während der Blütezeit gesammelten und von den Stängeln abgestreiften, getrockneten Blätter und Blüten von Origanum majorana L. (Majorana hortensis MOENCH.).

 

Majoranöl, ätherisches (Aetheroleum Majoranae)

Das durch Wasserdampfdestillation aus den Früchten von Origanum majorana L. (Majorana hortensis MOENCH.) gewonnene ätherische Öl

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Malvenblätter, Käsepappelblätter (Folium Malvae)

ÖAB

 

Malvenblüten (Malvae sylvestris flos)

Ph. Eur.

 

Mandelöl, raffiniertes (Amygdalae oleum raffinatum)

Ph. Eur.

 

Manna (Manna)

ÖAB

 

Mariendistelfrüchte (Fructus Cardui Mariae)

Die reifen, vom Pappus befreiten Früchte von Silybum marianum GAERTNER.

 

Mariendistelkraut (Cardui mariae herba)

Wichtl – Teedrogen S. 112

 

Mateblätter (Folium Mate)

Die getrockneten Laubblätter von Ilex paraguariensis SAINT-HILAIRE.

 

Meisterwurzel (Radix Imperatoriae)

Der im Frühjahr oder Herbst gesammelte, getrocknete von den Wurzeln befreite Wurzelstock von Peucedanum ostruthium L.

 

Melissenblätter (Melissae folium)

Ph. Eur.

 

Melissenöl, ätherisches (Aetheroleum Melissae)

Das durch Wasserdampfdestillation aus den Blättern von Melissa officinalis L. gewonnene ätherische Öl.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Menthol (Levomentholum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Menthol, racemisches (Mentholum racemicum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Minzöl (Aetheroleum Menthae arvensis)

Das durch Wasserdampfdestillation und anschließender teilweiser Abtrennung des Menthols sowie Rektifizierung aus dem frischen, blühenden Kraut von Mentha arvensis L. var. piperascens HOLMES ex CHRISTY gewonnene ätherische Öl.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Mistelkraut (Herba Visci)

Die vor der Fruchtbildung gesammelten, getrockneten Blätter und Zweige von Viscum album L.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Myrrhe (Myrrha)

Ph. Eur.

 

Myrrhentinktur (Myrrhae tinctura)

Ph. Eur.

 

Natriumhydrogencarbonat (Natrii hydrogenocarbonas)

Ph. Eur.

 

Nelkenöl (Caryophylli floris aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Nerventee (Species sedativae)

ÖAB

 

Nicotinamid (Nicotinamidum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Odermennigkraut (Agrimoniae herba)

Ph. Eur.

 

Olivenöl, raffiniertes (Olivae oleum raffinatum)

Ph.Eur.

 

Opodeldok (Gallerta saponata camphorata)

ÖAB

 

Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium)

Ph. Eur.

 

Paprika (Fructus Capsici)

ÖAB

 

Paraffin, Flüssiges (Paraffinum liquidum)

Ph.Eur.

 

Passionsblumenkraut (Passiflorae herba)

HMPC

Wichtl – Teedrogen S. 430

Phytokodex

 

Pepsin (Pepsini pulvis)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Petersilienwurzel (Radix Petroselini)

Die im Frühjahr gesammelte, getrocknete Wurzel, von Petroselinum crispum MILL.

 

Pfeffer, schwarzer (Fructus Piperis nigri)

ÖAB

 

Pfeffer, weißer (Fructus Piperis albi)

Die ausgereiften, durch Abreiben von der äußeren Schicht befreiten, getrockneten Früchte von Piper nigrum L.

 

Pfefferminzblätter (Menthae piperitae folium)

Ph. Eur.

 

Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Pfefferminzspiritus (Spiritus Menthae)

ÖAB

 

Pflanzenlezithin (Lecithinum vegetabile)

ÖAB

 

Piment, Nelkenpfeffer (Fructus Pimentae)

Die nicht ganz reifen, noch grün gesammelten und an der Sonne getrockneten Beerenfrüchte von Pimenta dioica (LINNE) MERRILL.

 

Preiselbeerblätter (Folium Vitis-ideae)

ÖAB

 

Primelblüten (Flos Primulae)

Die sorgfältig getrockneten, ganzen Blüten von Primula veris L.

 

Primelsirup (Sirupus Primulae)

ÖAB

 

Primelwurzel (Primulae radix)

Ph. Eur.

 

Propanol (Propanolum)

n-Propanol; C3H8O; Mr = 60,09

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Pyridoxinhydrochlorid (Pyridoxini hydrochloridum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Queckenwurzelstock (Graminis rhizoma)

Ph. Eur.

 

Quendelkraut, Feldthymiankraut (Herba Serpylli)

Die während der Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Thymus serpyllum L. (s l.).

 

Quittensamen (Semen Cydoniae)

Die reifen Samen von Cydonia oblonga MILL.

 

Ratanhiatinktur (Tinctura Ratanhiae)

ÖAB

 

Ratanhiawurzel (Ratanhiae radix)

Ph. Eur.

 

Rautenkraut (Herba Rutae)

Die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile von Ruta graveolens L. var. vulgaris WILLIK.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Riboflavin (Riboflavinum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Riesengoldrutenkraut (Solidaginis herba)

Ph. Eur.

 

Ringelblumenblüten (Calendulae flos)

Ph. Eur.

 

Rosmarinblätter (Rosmarini folium)

Ph. Eur.

 

Rosmarinöl (Rosmarini aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Rosskastanientinktur (Hippocastani tinctura)

HMPC

Wichtl – Teedrogen S. 300

nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten und nur zur äußeren Anwendung

Salbeiblätter (Salviae officinalis folium)

Ph. Eur.

 

Salbeiöl, ätherisches (Aetheroleum Salviae)

Das durch Wasserdampfdestillation aus dem Kraut von Salvia officinalis L. gewonnene ätherische Öl.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Salbeitinktur (Salviae tinctura)

Ph. Eur.

 

Schachtelhalmkraut (Equiseti herba)

Ph. Eur.

 

Schafgarbenkraut (Millefolii herba)

Ph. Eur.

 

Schlehdornblüten (Flos Pruni spinosae)

Die noch vor Erscheinen der Blätter gesammelten, entfalteten, getrockneten Blüten von Prunus spinosa L.

 

Schlehdornfrüchte (Fructus Pruni spinosae)

Die getrockneten Früchte von Prunus spinosa L.

 

Seifenlösung, alkoholische (Seifengeist) (Solutio Saponis spirituosa)

ÖAB

 

Senegasirup (Sirupus Senegae)

ÖAB

 

Senegawurzel (Polygalae radix)

Ph. Eur.

 

Senfsamen (Semen Sinapis)

ÖAB

 

Sesamöl, natives (Sesami oleum virginum)

Ph.Eur.

 

Sonnentaukraut (Herba Droserae)

Die getrockneten, oberirdischen Teile von Drosera ramentacea BURCH. ex HARV. et SOND.

 

Spiköl, ätherisches (Aetheroleum Spicae)

Das durch Wasserdampfdestillation der Blüten von Lavandula latifolia MEDIK. gewonnene ätherische Öl.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Spitzwegerichblätter (Folium Plantaginis)

ÖAB

 

Spitzwegerichsirup (Sirupus Plantaginis)

ÖAB

 

Sternanis (Anisi stellati fructus)

Ph. Eur.

 

Stiefmütterchen mit Blüten, Wildes (Violae herba cum floris)

Ph. Eur.

 

Stockrosenblüten (Flos Malvae arboreae)

Die mit den Kelchen gesammelten, völlig entwickelten, gut getrockneten Blüten von Althaea rosea L.

 

Süßholzwurzel (Liquiritiae radix)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Taigawurzel (Eleutherococci radix)

Ph.Eur.

 

Tausendgüldenkraut (Centaurii herba)

Ph. Eur.

 

Teeblätter (Folium Theae)

Die fermentierten und getrockneten jungen Laubblätter nebst der Blätterknospe von Camellia sinensis (L.) O. KUNZE (Thea sinensis L.).

 

Terpentinöl, gereinigtes ätherisches (Aetheroleum Terebinthinae rectificatum)

ÖAB

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix)

Ph.Eur.

 

Thiaminchloridhydrochlorid (Thiamini hydrochloridum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Thymian (Thymi herba)

Ph. Eur.

 

Thymianöl (Thymi aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Thymianöl (Thymi aetheroleum)

Ph.Eur.

 

Thymiansirup (Sirupus Thymi)

ÖAB

 

-Tocopherol und -Tocopherolacetat (-Tocopherolum und -Tocopherylis acetas)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Trockenhefe (Faex medicinalis siccata)

ÖAB

 

Vanille (Fructus Vanillae)

Die vor der Reife gesammelten und dann fermentierten Früchte der kultivierten Vanilla planifolia ANDREWS.

 

Veilchenkraut (Herba Violae odoratae)

Die während der Blütezeit (März bis April) gesammelten, getrockneten Blätter und oberen Stängelabschnitte von Viola odorata L.

 

Veilchenwurzel (Radix Violae odoratae)

Der getrocknete Wurzelstock von Viola odorata L.

 

Vogelknöterichkraut (Herba Polygoni)

ÖAB

 

Wacholderbeere (Juniperi pseudo-fructus)

Ph. Eur.

 

Wachs Gelbes (Cera flava)

Ph.Eur.

 

Wachs, gebleichtes (Cera alba)

Ph.Eur.

 

Waldmeisterkraut (Herba Asperulae)

Das kurz vor der Blütezeit (Mai bis Juni) gesammelte, getrocknete Kraut von Galium odoratum (L.) Scor.

 

Walnussblatt (Folium Juglandis)

Die getrockneten, von den Spindeln befreiten Fiederblätter von Juglans regia L.

 

Wasserstoffperoxid-Lösung 3 % (Hydrogenii peroxidum 3 per centum)

Ph.Eur.

 

Wegwartenkraut (Herba Cichorii)

Die getrockneten oberirdischen Teile von Cichorium intybus L.

 

Wegwartenkraut, Zichorienwurzel (Radix Cichorii)

Die im Herbst gesammelte, getrocknete Wurzel von Cichorium intybus L.

 

Weinsäure (Acidum tartaricum)

Ph. Eur.

 

Weißdornblätter mit Blüten (Crataegi folium cum flore)

Ph. Eur.

 

Weißdornblüten (Flos Crataegi)

Die getrockneten Blüten von Crataegus oxyacantha L. und Crataegus monogyna JAQUIN emend. LINDMAN.

 

Weißdornfrüchte (Crataegi fructus)

Ph. Eur.

 

Wermutkraut (Absinthii herba)

Ph. Eur.

 

Wermuttinktur, zusammengesetzte (Tinctura Absinthii composita)

ÖAB

 

Windtreibender Tee (Species carminativae)

ÖAB

 

Windwasser (Aqua carminativa)

ÖAB

 

Wollwachs (Adeps lanae)

Ph.Eur.

 

Zimtöl (Cinnamomi zeylanici corticis aetheroleum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Zimtrinde (Cinnamomi cortex)

Ph. Eur.

 

Zimtrinde, chinesische (Cortex Cinnamomi chinensis)

Die getrocknete Rinde 2-3 cm dicker Zweige von Cinnamomum aromaticum NEES (= C. cassia BLUME).

 

Zinkoxid (Zinci oxidum)

Ph. Eur.

Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten

Zinkoxydsalbe (Unguentum Zinci oxydati)

ÖAB

 

Zinkpaste (Pasta Zinci)

ÖAB

 

Zittwerwurzel (Radix Zedoariae)

Die in Querscheiben zerschnittenen, seltener der Länge nach halbierten oder in Viertel gespaltenen, einrunden oder birnenförmigen, quergeringelten Knollen des Wurzelstockes von Curcuma zedoaria (BERG.) ROSC.

 

   

"

 

4. Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz (Fernabsatz-Verordnung), BGBl II 105/2015, lautet wie folgt:

"Geltungsbereich

 

§1. (1) Diese Verordnung findet Anwendung auf öffentliche Apotheken (im Folgenden: Apotheken), die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben.

 

(2) Apotheken haben bei der Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz die Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005, BGBl II Nr 65/2005, in der jeweils geltenden Fassung, zu erfüllen, soweit in dieser Verordnung nicht abweichendes bestimmt ist.

 

Begriffsbestimmungen

 

§2. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1. Fernabsatz: Abschluss eines Vertrages unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel;

2. Fernkommunikationsmittel: Kommunikationsmittel, die zum Abschluss eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien verwendet werden können, insbesondere Drucksachen mit oder ohne Anschrift, Kataloge, Pressewerbungen mit Bestellschein, vorgefertigte Standardbriefe, Ferngespräche mit Personen oder Automaten als Gesprächspartner, Hörfunk, Telefon, Telekopie, Teleshopping sowie öffentlich zugängliche elektronische Medien, die eine individuelle Kommunikation ermöglichen, wie etwa das Internet oder die elektronische Post;

3. Pharmazeutische Qualitätssicherung: die Gesamtheit aller vorgesehenen Maßnahmen, die getroffen werden, um sicherzustellen, dass Arzneispezialitäten die für die vorgesehene Verwendung erforderliche Qualität aufweisen;

4. Qualitätsrisikomanagement: ein systematischer Prozess zur Bewertung, Kontrolle, Kommunikation und Überwachung von Risiken, die die Qualität der Arzneispezialitäten beeinflussen können.

 

Allgemeine Anforderungen

 

§3. (1) Apotheken dürfen innerhalb Österreichs nur in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben.

 

(2) Die Abgabe gemäß Abs1 hat im Wege der Versendung der Humanarzneispezialitäten aus den Apothekenbetriebsräumen zu erfolgen.

 

(3) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und alle damit in Zusammenhang stehenden Vorgänge haben gleichbleibend nach Qualitätsstandards gemäß dem Stand von Wissenschaft und Technik zu erfolgen.

 

(4) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz hat unter der Verantwortung der Apothekenleiterin/des Apothekenleiters zu erfolgen; insbesondere hat sie/er sicherzustellen, dass

1. die Humanarzneispezialität nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet wird und es keine Mindestbestellmenge gibt,

2. der Kundin/dem Kunden eine Bestätigung über den Eingang der Bestellung und bei deren Annahme eine Bestätigung darüber übermittelt wird,

3. die Humanarzneispezialität ab Bestätigung der Annahme der Bestellung gegenüber der Kundin/dem Kunden ohne unnötigen Aufschub versendet wird, sofern nichts anderes vereinbart wurde,

4. die Kundin/der Kunde in geeigneter Weise davon in Kenntnis gesetzt wird, wenn erkennbar ist, dass die Versendung der Humanarzneispezialität nicht gemäß Z3 erfolgen kann,

5. die Humanarzneispezialität entsprechend den Angaben der Kundin/des Kunden versendet wird, sofern nicht §5 Abs7 zutrifft,

6. die Sendung an die Kundin/den Kunden oder an eine von dieser/diesem der Apotheke mitgeteilten Person ausgefolgt wird, wobei diese Mitteilung eine namentlich benannte natürliche Person oder einen benannten Kreis von natürlichen Personen beinhalten kann,

7. die Sendung nur gegen eine Empfangsbestätigung ausgefolgt wird, und

8. die Humanarzneispezialität, die der Apotheke rückübermittelt wurde, nicht wieder in Verkehr gebracht wird.

 

Pharmazeutische Qualitätssicherung

 

§4. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss ein wirksames und funktionstüchtiges System der pharmazeutischen Qualitätssicherung entsprechend dem Umfang der durchgeführten Tätigkeit betreiben.

 

(2) Durch das pharmazeutische Qualitätssicherungssystem ist insbesondere sicherzustellen, dass

1. die Humanarzneispezialität zur Versendung geeignet ist,

2. die zu versendende Humanarzneispezialität so verpackt, transportiert und geliefert wird, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nachweislich nicht beeinträchtigt wird,

3. für den Fall von bekannt gewordenen Beanstandungen diese systematisch aufgezeichnet und überprüft werden,

4. ein System zur Sendungsverfolgung besteht, und

5. eine Transportversicherung abgeschlossen wird.

 

(3) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss über ein Qualitätsrisikomanagement verfügen. Die Auswirkungen der Ergebnisse aus diesem Prozess, welche die Qualität der Arzneispezialitäten beeinflussen können, sind zu überwachen. Anschließend sind gegebenenfalls Korrektur- oder Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen. Im Rahmen des Qualitätsrisikomanagements müssen entsprechende Aufzeichnungen geführt und in der Apotheke aufbewahrt werden.

 

Bestellung, pharmazeutische Beratung

 

§5. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, hat auf ihrer Webseite Name, Adresse, Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse und gegebenenfalls eine Faxnummer anzugeben, damit die Kundin/der Kunde mit der Apotheke jederzeit in Kontakt treten kann.

 

(2) Auf der Webseite der Apotheke ist die Kundin/der Kunde darauf hinzuweisen, dass sie/er sich vor der erstmaligen Bestellung mit Name, Adresse, Geburtsdatum, Telefonnummer und – sofern vorhanden – E-Mail-Adresse zu registrieren hat.

 

(3) Die Kundin/der Kunde hat das Recht auf eine gemäß §6b Konsumentenschutzgesetz, BGBl Nr 140/1979, in der jeweils geltenden Fassung, entgeltfreie telefonische Beratung durch eine Apothekerin/einen Apotheker der die Humanarzneispezialität versendenden Apotheke; sie/er ist auf dieses Recht und die Zeiten seiner Inanspruchnahme auf der Webseite hinzuweisen.

 

(4) Die Webseite der Apotheke hat eine für die sachgerechte Anwendung der angebotenen Humanarzneispezialität erforderliche kurze und übersichtliche Information für die Kundin/den Kunden zu enthalten, insbesondere über deren Anwendungsgebiet, deren Anwendungs- und Dosierungshinweise und deren Zusammensetzung sowie über die in der Gebrauchsinformation enthaltenen Gegenanzeigen und allfälligen Wechselwirkungen. Die Webseite hat darüber hinaus einen Hinweis zu enthalten, gegebenenfalls die Apotheke zur Klärung von Fragen zur angebotenen Humanarzneispezialität zu konsultieren.

 

(5) Unbeschadet der Abs3, 4 und 7 hat vor Versendung einer Humanarzneispezialität eine Beratung der Kundin/des Kunden durch eine Apothekerin/einen Apotheker der versendenden Apotheke zu erfolgen, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig ist oder die Abgabe der Humanarzneispezialität eine Beratung erforderlich macht.

 

(6) Sofern im Rahmen des Bestellvorgangs eine telefonische Beratung oder eine Beratung der Kundin/des Kunden durch E-Mail erfolgt ist, ist dies zu dokumentieren.

 

(7) Die Bestellung ist von einer Apothekerin/einem Apotheker insbesondere im Hinblick auf die eindeutige Identifizierung der Humanarzneispezialität zu prüfen. Bei allfälligen Unklarheiten oder Bedenken ist die Kundin/der Kunde zu kontaktieren; sofern diesbezüglich keine Abklärung möglich ist, ist eine Versendung nicht zulässig.

 

Qualitätskontrolle

 

§6. (1) Vor Versendung der bestellten Humanarzneispezialität hat unter Aufsicht einer Apothekerin/eines Apothekers der versendenden Apotheke eine abschließende Kontrolle zu erfolgen, insbesondere ob die Lieferung mit der Bestellung übereinstimmt.

 

(2) Die Apothekerin/der Apotheker gemäß Abs1 hat die Humanarzneispezialität zur Versendung freizugeben; dies ist zu dokumentieren.

 

Transport und Lieferung

 

§7. (1) Sofern die Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, mit dem Transport und der Lieferung der zu versendenden Humanarzneispezialität ein Logistikunternehmen beauftragt, hat sie sich zu vergewissern, dass dieses im Hinblick auf seine zu verrichtende Tätigkeit über die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung sowie über ein System zur Sendungsverfolgung verfügt.

 

(2) Über die Beauftragung gemäß Abs1 muss ein schriftlicher Vertrag zwischen der versendenden Apotheke als Auftraggeberin und dem Logistikunternehmen als Auftragnehmer bestehen, der in der Apotheke im Original oder in Form einer Kopie ständig aufliegen muss und auf Verlangen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen vorzulegen ist. In einem solchen Vertrag müssen die Verantwortlichkeiten jeder Seite klar festgelegt werden.

 

(3) Die versendende Apotheke hat dem beauftragten Logistikunternehmen die für die ordnungsgemäße Beförderung und Lieferung der Sendung notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen.

 

§8. (1) Humanarzneispezialitäten, die versendet werden, sind so zu transportieren, dass

1. die Kennzeichnung nicht verloren geht,

2. sie weder andere Erzeugnisse oder Materialien kontaminieren oder durch diese kontaminiert werden,

3. ausreichende Vorkehrungen gegen Auslaufen, Beschädigung und Diebstahl bestehen,

4. sie weder in unvertretbarem Maße Hitze, Kälte, Licht, Feuchtigkeit oder einem anderen schädlichen Einfluss noch mikrobiellem Befall oder Ungeziefer ausgesetzt sind,

5. sie beim Be- und Entladen vor Witterungseinflüssen geschützt sind, und

6. sie sicher vor Zugriff durch Unbefugte sind.

 

(2) Die Transportverpackung ist zu qualifizieren, der Transportprozess, insbesondere die Transportdauer und Transporttemperatur, ist auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements zu validieren.

 

(3) Die Transportverpackung darf keinen Hinweis darauf enthalten, dass es sich bei den versendeten Produkten um Humanarzneispezialitäten handelt. Transportverpackungen sind so zu wählen, dass es leicht zu überprüfen ist, ob die Verpackung unberechtigt geöffnet oder sonst beschädigt wurde oder ob eine Entnahme oder Beschädigung des Packungsinhalts erfolgt ist.

 

§9. (1) Die versendende Apotheke hat jeder Lieferung einer Humanarzneispezialität neben ihrer Informations- und Bestätigungspflicht nach §7 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG, BGBl I Nr 33/2014, Unterlagen beizufügen, aus denen mindestens folgende Angaben zu entnehmen sind:

1. Name, Adresse, Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse und gegebenenfalls eine Faxnummer der Apotheke,

2. Datum der Versendung,

3. Name und pharmazeutische Form der Humanarzneispezialität,

4. gelieferte Menge,

5. Name und Adresse der Kundin/des Kunden und gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6, der die Sendung ausgefolgt werden soll,

6. gegebenenfalls Name und Adresse des mit der Beförderung und Lieferung beauftragten Logistikunternehmens, und

7. Hinweis, gegebenenfalls die Apotheke zur Klärung von Fragen zu konsultieren.

 

(2) Die Sendung ist der Kundin/dem Kunden oder gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6 gegen eine Empfangsbestätigung auszufolgen.

 

Dokumentation

 

§10. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss über ein ihrem Tätigkeitsbereich entsprechendes Dokumentationssystem einschließlich einem System zur Erstellung, Überarbeitung und Genehmigung von Dokumenten verfügen.

 

(2) Unbeschadet der in den §§4 Abs3, 5 Abs6 und 6 Abs2 vorgesehenen Dokumentationspflichten sind über jede im Fernabsatz abgegebene Humanarzneispezialität Aufzeichnungen zu führen, die folgende Mindestangaben zu enthalten haben:

1. das Datum der Versendung,

2. Name und pharmazeutische Form der Humanarzneispezialität,

3. die abgegebene Menge,

4. Name und Adresse der Kundin/des Kunden und gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6, der die Sendung ausgefolgt wurde,

5. Datum der Ausfolgung oder gegebenenfalls ein Vermerk, sofern die Sendung endgültig nicht ausgefolgt werden konnte, und

6. gegebenenfalls Name und Adresse des mit der Beförderung und Lieferung beauftragten Logistikunternehmens.

 

(3) Sofern die Aufzeichnungen mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung geführt werden, müssen die Aufzeichnungen gemäß den Bestimmungen des Signaturgesetzes, BGBl I Nr 190/1999, in der jeweils geltenden Fassung, digital signiert sein. Die mit solchen Systemen gespeicherten Daten müssen während ihrer Aufbewahrungsfrist jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen auf dessen Verlangen vorgelegt werden.

 

(4) Alle Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre ab der letzten datierten Unterschrift aufzubewahren.

 

Verschwiegenheit

 

§11. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, hat Datensicherheitsmaßnahmen gemäß §§14 ff Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999, in der jeweils geltenden Fassung, zu ergreifen.

 

(2) Alle Personen, die mit dem Fernabsatz von Humanarzneispezialitäten oder damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten betraut sind, haben personenbezogene Daten, die ihnen ausschließlich auf Grund ihrer diesbezüglichen Tätigkeit anvertraut wurden oder zugänglich gemacht worden sind, unbeschadet sonstiger bestehender Verschwiegenheitspflichten, sowohl während als auch nach Ende ihrer Tätigkeit geheim zu halten, soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht.

 

Überwachung

 

§12. (1) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat Apotheken, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben, periodisch, wenigstens jedoch einmal in fünf Jahren, hinsichtlich der Einhaltung der Verpflichtungen dieser Verordnung zu überprüfen.

 

(2) Die Häufigkeit hat sich an den Ergebnissen der bisherigen Überprüfungen zu orientieren. Bei Verdacht des Verstoßes gegen Bestimmungen dieser Verordnung, durch die eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen zu besorgen ist, ist umgehend eine Überprüfung vorzunehmen.

 

(3) Überprüfungen sind, außer bei Gefahr im Verzug oder wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Wirksamkeit der Amtshandlung dadurch beeinträchtigt würde, vorher anzukündigen. Die Überprüfungen sind, außer bei Gefahr im Verzug, während der Betriebszeiten durchzuführen.

 

(4) Über jede Überprüfung ist eine Niederschrift gemäß §§14f AVG aufzunehmen, deren Inhalt vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen der Apothekenleiterin/dem Apothekenleiter zur Kenntnis zu bringen ist.

 

(5) Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass den Anforderungen dieser Verordnung nicht entsprochen wird, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen der Apothekenleiterin/dem Apothekenleiter nach Einholung deren/dessen Stellungnahme die Behebung der festgestellten Mängel mit Bescheid anzuordnen. Wird dem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Maßnahmen zu verfügen, die die Abgabe von Arzneispezialitäten durch Fernabsatz hindern oder beschränken.

 

Veröffentlichung und Inkrafttreten gemäß §94i Abs3 Arzneimittelgesetz

 

§13. (1) Die Durchführungsverordnung (EU) Nr 699/2014 über die Gestaltung des gemeinsamen Logos zur Identifizierung von Personen, die der Öffentlichkeit Arzneimittel zum Verkauf im Fernabsatz anbieten, und über die technischen, elektronischen und kryptografischen Anforderungen zur Überprüfung der Echtheit desselben, ABl. Nr L 184 vom 25.06.2014 S. 5, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr L 297 vom 15.10.2014 S.41, wurde am 25.06.2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

 

(2) Gemäß §94i Abs3 Arzneimittelgesetz treten die §§59 Abs10 Z1 und 59a Abs1 bis 4 des Arzneimittelgesetzes, BGBl Nr 185/1983, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 48/2013, am 25. Juni 2015 in Kraft.

 

Inkrafttreten

 

§14. Diese Verordnung tritt mit 25. Juni 2015 in Kraft."

 

5. Die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, lautet:

"§1. (1) Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession für das Drogistengewerbe (§223 GewO 1973) berechtigt sind, dürfen bei der Ausübung dieses Gewerbes die Worte 'Drogerie', 'Drogist', 'Drogenhandlung' oder ähnliche Worte nur dann in der äußeren Geschäftsbezeichnung verwenden, wenn sie in der der Ausübung des Drogistengewerbes dienenden Betriebsstätte die im §223 Abs1 GewO 1973 genannten Waren (Gifte, zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen Körper bestimmte Präparate, sterilisierte Verbandmaterialien, zur arzneilichen Verwendung bestimmte Stoffe und Präparate, sofern deren Abgabe an Letztverbraucher auch außerhalb von Apotheken durch bundesrechtliche Vorschriften gestattet ist) feilhalten.

 

(2) Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession für das Drogistengewerbe berechtigt sind und nicht die im Abs1 angeführten Waren feilhalten, haben als Hinweis auf den Gegenstand des Gewerbes in der äußeren Geschäftsbezeichnung Worte zu verwenden, die der tatsächlichen Gewerbeausübung im Rahmen des §223 Abs2 und 3 GewO 1973 entsprechen.

 

§2. Die Abgabe der gemäß §1 Abs1 feilzuhaltenden Waren im Wege der Selbstbedienung durch Kunden ist verboten. Diese Waren sind derart zu verwahren, daß eine Abgabe dieser Waren ausschließlich im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer Person, die die persönliche und fachliche Eignung im Sinne des §225 GewO 1973 besitzt, erfolgen kann.

 

§3. Diese Verordnung tritt mit 1. September 1981 in Kraft."

 

6. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 25. Oktober 1972 über die Abgabe von Arzneimitteln auf Grund ärztlicher Verschreibung (Rezeptpflichtgesetz), BGBl 413/1972, idF BGBl I 100/2018 lauten samt Überschriften – auszugsweise – wie folgt:

"§1. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft durch Verordnung zu bestimmen, welche Arzneimittel auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden und welche deshalb nur auf Grund einer Verschreibung (Rezept) eines Arztes, Zahnarztes, Tierarztes, Dentisten oder persönlich an eine Hebamme oder einen Viehschneider abgegeben werden dürfen. Dabei ist vor allem auch zu beachten, dass vor dem Hintergrund des Informationsgehalts von Kennzeichnung und Gebrauchsinformation sowie der Beratungsfunktion von Arzt und Apotheker der Gebrauch von nicht verschreibungspflichtigen Arzneispezialitäten im Falle geringfügiger Beschwerden angezeigt sein kann, dies jedoch unter Berücksichtigung vor allem der notwendigen Behandlungsdauer sowie der besonderen Anforderungen im Hinblick auf bestimmte Verbrauchergruppen.

 

[…]

 

(3) Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat in einer Verordnung gemäß Abs1 auch festzulegen, in welchem Umfang die Arzneimittel der Verschreibungspflicht unterliegen.

 

(3a) Wurde eine Änderung der Zulassung im Sinne einer Rezeptfreistellung gemäß §24 Abs9 Arzneimittelgesetz bewilligt, so dürfen die dazu herangezogenen Daten signifikanter nichtklinischer oder klinischer Versuche für den Zeitraum von einem Jahr nach Rechtskraft des Bescheides nicht als Basis für die Änderung einer Verordnung gemäß Abs1 im Hinblick auf den betreffenden Wirkstoff herangezogen werden.

 

(4) Arzneimittel dürfen nur entsprechend ihrer gemäß §2 oder in einer Verordnung gemäß Abs1 festgelegten Einstufung in Verkehr gebracht werden.

 

(5) Arzneimittel, die der Verschreibungspflicht unterliegen, dürfen, sofern es sich nicht um die Abgabe durch Hersteller, Depositeure oder Arzneimittelgroßhändler (§§57 und 58 des Arzneimittelgesetzes) handelt, nur in Apotheken zur Abgabe bereitgehalten, angeboten oder abgegeben werden.

 

§2. (1) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat ferner bei der Zulassung einer Arzneispezialität eine Abgabebeschränkung im Sinne einer Verschreibungspflicht festzusetzen, wenn dies nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation der Arzneispezialität notwendig ist. Eine solche Festsetzung tritt sechs Monate, nachdem in der Verordnung gemäß §1 Abs1 eine Einstufung getroffen worden ist, aus der sich die Rezeptfreiheit dieser Arzneispezialität ergibt, außer Kraft, es sei denn, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen setzt wegen des besonderen Gefährdungspotentials einer Anwendung ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung mit Bescheid neuerlich eine Abgabebeschränkung fest.

 

(2) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat ungeachtet der Bestimmung des §1 Abs1 und 1a bei der Zulassung einer Arzneispezialität festzustellen, dass diese nicht einer Abgabebeschränkung im Sinne einer Verschreibungspflicht unterliegt, wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation der Arzneispezialität diese das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren bei bestimmungsmäßigem Gebrauch nicht gefährden kann.

 

[…]

 

§5. (1) Beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz ist als beratendes Organ in Fragen der Abgabebeschränkung von Arzneimitteln eine Kommission (Rezeptpflichtkommission) einzurichten.

 

(2) Der Rezeptpflichtkommission haben als Mitglieder anzugehören:

1. der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakologie;

2. ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer;

3. ein Vertreter der Österreichischen Ärztekammer;

4. ein Vertreter der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs;

5. ein Vertreter des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger;

6. ein fachkundiger Vertreter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit;

7. ein Experte der Hersteller pharmazeutischer Produkte.

 

(3) Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen.

 

(4) Die Mitglieder der Rezeptpflichtkommission und deren Stellvertreter sind, soweit es sich um Mitglieder des Lehrkörpers einer österreichischen Universität handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, die in Abs2 Z2 bis 5 und 7 genannten Mitglieder und deren Stellvertreter nach Anhören der beteiligten Interessenvertretungen vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die Tätigkeit in der Rezeptpflichtkommission ist ehrenamtlich auszuüben. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Rezeptpflichtkommission nach den Bestimmungen der für Bundesbedienstete jeweils geltenden Reisegebührenvorschrift zu ersetzen.

 

(5) Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz hat einen Bediensteten seines Ministeriums mit dem Vorsitz in der Rezeptpflichtkommission zu betrauen.

 

§6. (1) Wer

1. ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel in einer Apotheke entgegen §1 Abs1, 2 oder 2a abgibt oder

2. ein Arzneimittel entgegen §1 Abs5 zur Abgabe bereithält, anbietet oder abgibt oder

3. zum Zwecke eines unbefugten Arzneimittelbezuges ein Rezept fälscht oder verfälscht, oder

4. mit einem gefälschten oder verfälschten Rezept in einer Apotheke ein Arzneimittel bezieht oder dies versucht,

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.

 

(2) Arzneimittel, die entgegen §6 Abs1 Z2 zur Abgabe bereitgehalten, angeboten oder abgegeben werden, sowie ein aus der Abgabe erzielter Erlös, unterliegen dem Verfall.

 

(3) Wer ein rezeptpflichtiges Arzneimittel außerhalb einer Apotheke erwirbt, ist nicht wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einer Übertretung nach Abs1 Z2 strafbar; es kann jedoch auf den Verfall des Arzneimittels selbständig erkannt werden.

 

§6a. Wer ein Arzneimittel, das nicht Suchtmittel im Sinne des Suchtmittelgesetzes, BGBl I Nr 112/1997, ist, entgegen §2a verschreibt, damit das Arzneimittel zum Zweck des Dopings verwendet wird, ist, wenn die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

 

[…]

 

Umsetzung von Unionsrecht

 

§7b. Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt:

 

1. Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/24/EG (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 85) und die Richtlinie 2004/27/EG (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 34);

2. Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/28/EG (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 58);

3. Richtlinie 2006/130/EG der Kommission vom 11. Dezember 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Festlegung von Kriterien für die Ausnahme bestimmter Tierarzneimittel, die für zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bestimmt sind (ABl. L 349 vom 12.12.2006, S. 15 );

4. Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (ABl. L 88 vom 4.4.2011, S. 45);

5. Durchführungsrichtlinie 2012/52/EU der Kommission vom 20. Dezember 2012 mit Maßnahmen zur Erleichterung der Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten ärztlichen Verschreibungen (ABl. L 356 vom 22.12.2012, S. 68)."

 

7. Die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 30. August 1973 über rezeptpflichtige Arzneimittel (Rezeptpflichtverordnung), BGBl  475/1973, idF BGBl II 597/2020 lautet wie folgt:

"§1. (1) Einer Abgabebeschränkung gemäß §1 des Rezeptpflichtgesetzes unterliegen die in der Anlage angeführten Arzneimittel und deren Zubereitung, sofern sie nicht

a) durch die Anlage selbst oder gemäß Anhang I zur Anlage von der Abgabebeschränkung ausgenommen oder

b) mit dem in Anhang II zur Anlage angeführten Warnhinweis versehen sind.

 

(2) Sofern Abs3 keine andere Regelung trifft, gilt Abs1 mit der Maßgabe, daß homöopathische Arzneimittel, die in der Anlage angeführte Stoffe in einer Verdünnung der 4. Dezimalpotenz oder darüber enthalten, nicht der Rezeptpflicht unterliegen.

 

(3) Abs1 gilt für homöopathische Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile in den Anlagen 1 und 2 der Verordnung betreffend anmeldepflichtige homöopathische Arzneispezialitäten, BGBl Nr 1011/1994, genannt sind, mit der Maßgabe, daß sie nicht der Rezeptpflicht unterliegen, wenn sie in einem Verdünnungsgrad hergestellt werden, der diesen Anlagen entspricht oder darüber liegt.

 

(4) Abs2 und 3 gelten nicht für Arzneimittel zur Injektion.

 

§2. Diese Verordnung tritt mit 1. Oktober 1973 in Kraft.

 

[…]"

 

8. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Dezember 1906, betreffend die Regelung des Apothekenwesens (Apothekengesetz), RGBl. 5/1907, idF BGBl I 103/2016 lauten samt Überschriften – auszugsweise – wie folgt:

"Allgemeine Bestimmungen.

§1.

Arten der öffentlichen Apotheken.

 

Die für den allgemeinen Verkehr bestimmten Apotheken (öffentliche Apotheken) sind entweder konzessionierte oder Realapotheken.

 

[…]

 

Ausbildung, Prüfung und Tätigkeitsbereiche der Apotheker

 

§5. Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend hat die Ausbildung, die Verwendung während der Ausbildung und die Prüfung für den Apothekerberuf (§3a Abs1), die den Apothekern vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken sowie nähere Bestimmungen über die für den Erhalt der Berechtigung zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke oder die für deren Wiedererlangung erforderliche Dienstzeit (§3 Abs6) nach Anhören der Österreichischen Apothekerkammer durch Verordnung zu regeln. Den Apothekern als pharmazeutischen Fachkräften vorbehaltene Tätigkeiten in Apotheken sind insbesondere die Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln, die Beratungs- und Informationstätigkeit über Arzneimittel sowie die Überprüfung von Arzneimittelvorräten in Krankenanstalten.

 

[…]

 

§9.

Konzession.

 

Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.

 

Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.

 

Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung

 

§10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

 

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach §342 Abs1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

 

(3) Ein Bedarf gemäß Abs2 Z1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke

1. eine ärztliche Hausapotheke und

2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs2 Z1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach §342 Abs1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.

 

(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß §341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs2 Z1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.

 

(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs2 Z1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.

 

(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs2 Z3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

 

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.

 

(6) Die Entfernung gemäß Abs2 Z2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

 

(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs2 Z3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.

 

(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß §29 Abs3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

 

(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs2 Z2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl I Nr 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke."

 

9. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über den Betrieb von Apotheken und ärztlichen und tierärztlichen Hausapotheken (Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005), BGBl II 65/2005, idF BGBl II 353/2009 lauten samt Überschriften – auszugsweise – wie folgt:

"1. Abschnitt

Öffentliche Apotheken

Aufgaben

 

§1. (1) Der öffentlichen Apotheke obliegt die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.

 

(2) Die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken umfasst insbesondere

1. die Abgabe von Arzneimitteln im Kleinen,

2. die Anfertigung von Arzneimitteln nach ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung,

3. die Überprüfung der ärztlichen, zahnärztlichen und tierärztlichen Verschreibung auf Eindeutigkeit und Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorschriften,

4. die selbständige Zubereitung von Arzneimitteln für Verbraucher/Verbraucherinnen oder Anwender/Anwenderinnen,

5. die Beratung des Kunden/der Kundin im Rahmen der Selbstmedikation,

6. das Herstellen und In-Verkehr-Bringen von Arzneispezialitäten nach Maßgabe der rechtlichen Bestimmungen,

7. die Information und Beratung von Patienten/Patientinnen und Anwendern/Anwenderinnen über Arzneimittel,

8. die gelegentliche Lieferung von Arzneimitteln an andere Apotheken,

9. die Überprüfung von Arzneimittelvorräten in Krankenanstalten (nach den in Ausführung des §20 KAKuG erlassenen landesgesetzlichen Bestimmungen) und

10. den Import von Arzneimitteln gemäß den Bestimmungen des Arzneiwareneinfuhrgesetzes.

 

(3) Nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen hat auch eine Versorgung der Bevölkerung mit Medizinprodukten, die nach den Verbrauchererwartungen in Apotheken vertrieben werden, zu erfolgen.

 

(4) Der Apotheker/die Apothekerin ist berechtigt, Dienstleistungen zu erbringen, insbesondere

1. die Beratung in Gesundheits- und Ernährungsfragen,

2. die Informationsvermittlung im Bereich Gesundheitserziehung und -aufklärung mit dem Ziel einer Verbesserung einer gesunden Lebensführung,

3. die Durchführung von Vorsorgemaßnahmen und deren Überwachung,

4. die Einbeziehung in Gesundheitsaktionen in Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen,

5. die Vermittlung von Gesundheitsdienstleistungen,

6. die Mitwirkung in Gesundheitssprengeln und in der Hauskrankenpflege,

7. die Laborpharmazie,

8. die Durchführung von Umwelttests und

9. die Herstellung, den Handel und die Vermietung von gesundheitsbezogenen Informationsmedien,

soweit dadurch nicht in den Vorbehaltsbereich gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe eingegriffen wird.

 

(5) Der Apotheker/die Apothekerin ist auf Grundlage der zur Berufsausübung der Apotheker/Apothekerinnen zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten berechtigt, auch apothekenübliche Waren abzugeben bzw herzustellen und abzugeben.

 

(6) Der Apotheker/die Apothekerin darf weder marktschreierisch auftreten noch aufdringlich werben.

 

[…]

 

Apothekenleitung

 

§2. (1) Die Leitung einer öffentlichen Apotheke ist vom verantwortlichen Leiter/von der verantwortlichen Leiterin persönlich auszuüben. Die Apothekenleitung ist im Rahmen eines Volldienstes zu versehen.

 

(2) Dem Leiter/der Leiterin steht die uneingeschränkte Leitung in allen Angelegenheiten, die der Betrieb mit sich bringt, zu. Vereinbarungen, durch die sein/ihr Leitungsrecht eingeschränkt wird, sind hinsichtlich der ihm/ihr nach den apothekenrechtlichen Bestimmungen zukommenden Befugnisse und Verpflichtungen ohne rechtliche Wirkung.

 

(3) Der Leiter/die Leiterin einer Apotheke trägt die pharmazeutisch-fachliche Verantwortung für den gesamten Apothekenbetrieb, unbeschadet der pharmazeutisch-fachlichen Eigenverantwortung der anderen im Apothekenbetrieb tätigen Apotheker/Apothekerinnen, insbesondere auch die Verantwortung dafür, dass

1. die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gesichert ist,

2. die apotheken- und arzneimittelrechtlichen Vorschriften und sämtliche andere die Apotheke betreffenden Gesetze und Verordnungen eingehalten werden,

3. den allgemeinen Geboten der Hygiene und der pharmazeutischen Wissenschaft entsprochen wird,

4. den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen alle für die Ausübung ihres Berufes wesentlichen Informationen nachweislich zur Kenntnis gebracht werden und

5. die von der Österreichischen Apothekerkammer gemäß §26 Apothekerkammergesetz 2001 erlassenen Leitlinien zur Qualitätssicherung eingehalten werden.

 

(4) Bei Verhinderung des Apothekenleiters/der Apothekenleiterin ist die Apotheke von einem/einer geeigneten, gemäß §17b Apothekengesetz bestellten Vertreter/Vertreterin persönlich zu leiten, dem/der für die Dauer der Vertretung die Rechte und Pflichten des Apothekenleiters/der Apothekenleiterin zu übertragen sind.

 

Apothekenpersonal

 

§3. (1) In der öffentlichen Apotheke muss die für die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebes der Apotheke erforderliche Anzahl an Apothekern/Apothekerinnen (§1 Pharmazeutische Fachkräfteverordnung) beschäftigt werden.

 

(2) Pharmazeutische Tätigkeiten dürfen nach Maßgabe des §2 Abs2 der Pharmazeutischen Fachkräfteverordnung nur von Apothekern/Apothekerinnen ausgeübt werden.

 

(3) Pharmazeutische Tätigkeiten gemäß Abs2 sind die Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, die Beratungs- und Informationstätigkeit über Arzneimittel und die Überprüfung von Arzneimittelvorräten in Krankenanstalten.

 

(4) Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten/Assistentinnen (PKA), Apothekenhelfer/Apothekenhelferinnen oder anderes Apothekenpersonal der Apotheke darf gemäß §2 Abs3 der Pharmazeutischen Fachkräfteverordnung zur Unterstützung bei pharmazeutischen Tätigkeiten von Apothekern/Apothekerinnen herangezogen werden.

 

(5) Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten/Assistentinnen dürfen zur Abgabe von in der Abgrenzungsverordnung angeführten Arzneimitteln herangezogen werden.

 

 

 

Warenvorrat

 

§4. (1) In der öffentlichen Apotheke muss ein zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung entsprechender Arzneimittelvorrat bereitgehalten werden.

 

(2) Der Leiter/die Leiterin hat bei der Lagerhaltung unter Berücksichtigung des aktuellen Erstattungskodex insbesondere auf die Lagerung einer ausreichenden Menge der durch die Träger der Sozialversicherung erstattungsfähigen Arzneimittel zu achten.

 

(3) Der Umfang der in §1 Abs5 angeführten Waren darf den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Apotheke nicht beeinträchtigen.

 

Lagerung

 

§5. (1) Arzneimittel, Waren und Reagenzien sind übersichtlich und so zu lagern, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird und Verwechslungen vermieden werden. Soweit ihre Identität oder ordnungsgemäße Qualität nicht festgestellt ist, sind sie unter entsprechender Kenntlichmachung gesondert zu lagern und dürfen nicht verwendet oder an Kunden abgegeben werden.

 

(2) Arzneimittel, für die im Arzneibuch, in der Arzneitaxe oder in sonstigen Vorschriften eine 'sehr vorsichtige' (Venena) Verwahrung namentlich angeordnet wird, sind unter Sperre gesichert vor Zugriff unbefugter Personen aufzubewahren.

 

(3) Arzneimittel, für die im Arzneibuch, in der Arzneitaxe oder in sonstigen Vorschriften eine 'vorsichtige' (Separanda) Verwahrung namentlich angeordnet wird, sind getrennt von den übrigen Waren aufzubewahren.

 

(4) Suchtmittel und suchtmittelhältige Arzneimittel sind nach den jeweils geltenden besonderen Vorschriften zu lagern.

 

(5) Sofern nicht im Arzneibuch oder durch andere arzneimittelrechtliche Vorschriften Lagerungsbedingungen festgelegt sind, hat die Lagerung unter Bedingungen zu erfolgen, die dem Stand der Wissenschaften entsprechen.

 

(6) Die Vorratsbehältnisse müssen so beschaffen sein, dass die Qualität des Inhaltes nicht nachteilig beeinflusst wird.

 

(7) Transportgebinde dürfen als Vorratsbehältnisse verwendet werden, wenn sie sich zur Aufbewahrung der Arzneimittel eignen. Sie müssen gemäß §6 Abs1 beschriftet sein.

 

(8) Zubereitungen von Arzneimitteln, die in Apotheken auf Grund eines vorhersehbar wiederkehrenden Bedarfes auf Vorrat hergestellt werden, dürfen unter der Voraussetzung ihrer Haltbarkeit und einwandfreien Beschaffenheit auch in abgabefertiger Form zur unmittelbaren Abgabe an Anwender/Anwenderinnen oder Verbraucher/Verbraucherinnen bereitgehalten werden.

 

(9) Arzneimittel sind von allen anderen in der Apotheke gelagerten Waren, die Arzneimittel nachteilig beeinflussen können, abgesondert aufzubewahren.

 

[…]

 

Prüfung von Arzneimitteln

 

§7. (1) Arzneimittel müssen den Anforderungen des Arzneimittelgesetzes entsprechen und gemäß Arzneibuchgesetz auf Identität und Qualität geprüft werden. Fehlen für ein Arzneimittel derartige Anforderungen, sind die dem Stand der Wissenschaften entsprechenden Qualitätsnormen zu beachten. Bei Arzneispezialitäten und Rezepturbasen (§20 Abs3) kann die Identitätsprüfung entfallen.

 

(2) In regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal monatlich, sind mindestens zehn Packungen unterschiedlicher Arzneispezialitäten einer optischen Kontrolle auf Mängel zu unterziehen. Diese Kontrolle ist zu dokumentieren. Dabei sind Bezeichnung der Arzneispezialität, Chargennummer, Datum und Ergebnis der Prüfung und Name des/der Prüfenden bzw die Prüfung beaufsichtigenden Apothekers/beaufsichtigende Apothekerin festzuhalten. Der/die Prüfende bzw die Prüfung beaufsichtigende Apotheker/Apothekerin hat das Prüfprotokoll zu unterfertigen. Besteht der Verdacht auf einen Qualitätsmangel oder wird ein solcher festgestellt, so ist dies der Behörde gemäß §75 Arzneimittelgesetz zu melden. Die Dokumentation ist fünf Jahre gerechnet vom letzten Eintrag aufzubewahren.

 

(3) Die Identität jedes in der Apotheke vorhandenen Arzneimittels, welches keine Arzneispezialität ist, muss von einem/einer in der Apotheke beschäftigten Apotheker/Apothekerin geprüft werden. Darüber sind Aufzeichnungen im Sinne des §5 Arzneibuchgesetz zu führen. Der Apotheker/die Apothekerin, der/die die Prüfung durchgeführt hat, muss das Prüfprotokoll datieren, unterfertigen und Freigabe oder Zurückweisung bestätigen. Diese Dokumentation ist gerechnet vom letzten Eintrag mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

 

[…]

 

Laboratorium

 

§30. (1) Das Laboratorium dient zur Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, zur Anfertigung von Rezepturen und Rezepturvorräten, gegebenenfalls von apothekeneigenen Arzneispezialitäten, sowie zu Abfüllungs- und Verpackungsarbeiten.

 

(2) Identitätsprüfungen müssen im Laboratorium vorgenommen werden.

 

(3) Die Wände sind bei den Arbeitsplätzen bis zu einer Höhe von mindestens 1,80 m mit einem genügend widerstandsfähigen, haltbaren und leicht zu reinigenden Belag zu versehen. Wände und Decke sind glatt und leicht zu reinigend auszuführen. Weiters sind Kalt- und Warmwasser, Gas (Gaskartusche), sowie eine genügende Anzahl von elektrischen Anschlüssen vorzusehen. Sofern Arbeitsschritte ausgeführt werden, bei denen es zu Dampf-, Gas-, oder starker Geruchsentwicklung kommt, muss ein entsprechend dimensioniertes Absaugsystem vorhanden sein. Das Laboratorium ist mit einer ausreichenden Belüftung zu versehen.

 

(4) Im Laboratorium müssen in einer dem Betriebsumfang entsprechenden Anzahl und in zweckentsprechenden Ausmaßen

1. Arbeitsflächen mit einem leicht zu reinigenden, genügend widerstandsfähigen Belag,

2. hygienische Einrichtung zur staubgeschützten Unterbringung von Geräten und Bedarfsartikeln,

3. ein geeigneter Feuerlöscher, in der Nähe des Fluchtweges angebracht,

vorhanden sein. Dem Laboratorium ist ein Waschbereich zuzuordnen, der eine geeignete Abwaschvorrichtung mit Warm- und Kaltwasser, einen Geschirrspüler sowie eine geeignete Trockenmöglichkeit für Flaschen und Geräte aufweist.

 

(5) Gerätschaften und Reagenzien zur Identitätsprüfung und gegebenenfalls zur Reinheitsprüfung müssen vorhanden sein.

 

(6) Die Herstellung von Zubereitungen hat im Laboratorium, in der Offizin oder in einem eigenen Rezepturraum zu erfolgen. Wenn Rezepturen in der Offizin hergestellt werden, muss sichergestellt sein, dass dies in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich erfolgt.

 

(7) Die Herstellung steriler Arzneimittel – insbesondere Augentropfen oder parenteral zu verabreichende Arzneimittel – muss im Labor unter Verwendung eines Laminar-Flows oder eines Isolators nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgen, sofern nicht die Herstellung in einem eigenen Sterilraum oder in einem gleichwertig ausgestatteten Rezepturraum erfolgt.

 

Geräte sowie Arbeitsplätze für Zubereitungen

 

§31. (1) Die öffentliche Apotheke muss mit den für die Arzneimittelherstellung in den Darreichungsformen Kapseln, Salben, Pulver, Drogenmischungen, Drogenauszüge, Lösungen, Suspensionen, Emulsionen und Zäpfchen notwendigen Geräten ausgestattet sein. Die Herstellung von sterilen Arzneimitteln – insbesondere parenteralen Zubereitungen und Augentropfen – muss möglich sein.

 

(2) Die erforderlichen Gerätschaften müssen in einer dem Betriebsumfang entsprechenden Größe und Anzahl vorhanden sein.

 

(3) Jede öffentliche Apotheke muss über mindestens einen Arbeitsplatz für Zubereitungen im Laboratorium oder in der Offizin oder über einen eigenen Rezepturraum verfügen.

 

(4) Dieser Arbeitsplatz ist mit den üblicherweise zur Rezeptur benötigten Arzneimitteln, Geräten und Behelfen auszustatten. In der Nähe des Arbeitsplatzes ist eine Waschvorrichtung mit fließendem Warm- und Kaltwasser vorzusehen. Für eine ausreichende Belüftung ist vorzusorgen.

 

(5) Verfügt die öffentliche Apotheke über mehrere Rezepturarbeitsplätze, so ist jeder entsprechend den für die dort angefertigten Zubereitungen benötigten Arzneimitteln, Geräten und Behelfen auszustatten.

 

Dienstzimmer

 

§32. (1) Das Dienstzimmer ist wohnlich auszustatten und mit einer Schlafmöglichkeit einzurichten.

 

(2) In der Nähe des Dienstzimmers sind eine Waschgelegenheit und eine Dusche jeweils mit Kalt- und Warmwasser einzurichten.

 

Sanitäre Anlage

 

§33. Die sanitäre Anlage hat ungeachtet der Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung mindestens aus einer Waschgelegenheit (Kalt- und Warmwasser, Seifenspender, Papierhandtücher und Behälter für gebrauchte Papierhandtücher) und einer Toilette zu bestehen.

 

[…]"

 

10. Die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, mit der die Berufsausbildung im Lehrberuf Drogist/in geregelt (Drogist/in-Ausbildungsordnung) und die Ausbildungsordnung für den Lehrberuf Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenz geändert wird, BGBl II 142/2011, lautet wie folgt:

"Lehrberuf Drogist/in

 

§1. (1) Der Lehrberuf Drogist/in ist mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

 

(2) Die in dieser Verordnung gewählten Begriffe schließen jeweils die männliche und weibliche Form ein. Im Lehrvertrag, Lehrzeugnis, Lehrbrief und im Lehrabschlusszeugnis ist der Lehrberuf in der dem Geschlecht des Lehrlings entsprechenden Form (Drogist oder Drogistin) zu bezeichnen.

 

Berufsprofil

 

§2. Im Lehrberuf Drogist/in ausgebildete Lehrlinge sind nach der dualen Berufsausbildung im Lehrbetrieb und der Berufsschule befähigt, folgende Tätigkeiten fachgerecht, selbständig und eigenverantwortlich auszuführen:

1. Verkaufsgespräche führen und Kunden beraten, Zahlungen abwickeln (Kassa bedienen, Rechnungen ausstellen),

2. an den Marketingaktivitäten (Werbung, Verkaufsförderung etc.) des Unternehmens mitarbeiten,

3. das Sortiment für den Verkauf vorbereiten und verkaufsgerecht präsentieren,

4. Warenbedarf ermitteln und an der Sortimentsgestaltung mitarbeiten,

5. Waren bestellen,

6. Warenlieferungen annehmen und Identitätsprüfungen durchführen sowie gegebenenfalls Mängel rügen,

7. Waren unter Berücksichtigung der produktspezifischen Lagervorschriften (insbesondere für Gifte, gefährliche, gesundheitsschädliche und umweltgefährdende Stoffe, Chemikalien bzw Arzneimittel und Arzneispezialitäten) lagern,

8. administrative Arbeiten unter Einsatz der betrieblichen Informations- und Kommunikationstechnologie erledigen (zB Schriftverkehr, Zahlungsverkehr).

 

Berufsbild

 

§3. (1) Für die Ausbildung wird folgendes Berufsbild festgelegt. Die angeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sind spätestens in dem jeweils angeführten Lehrjahr beginnend derart zu vermitteln, dass der Lehrling zur Ausübung qualifizierter Tätigkeiten im Sinne des Berufsprofils befähigt wird, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen, Kontrollieren und Optimieren einschließt.

 

[…]

 

5.1.6

Grundkenntnisse über Arzneimittel, insbesondere traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, und Arzneispezialitäten sowie über deren Abgabe entsprechend der Abgrenzungsverordnung bzw eines Zulassungsbescheides

5.1.7

Kenntnis der zum Verkauf zugelassenen Arzneimittel und Arzneispezialitäten sowie über deren Wirkungen, Neben- und Wechselwirkungen, Indikationen und Kontraindikationen

5.1.8

Grundkenntnisse über Medizinprodukte gemäß Medizinprodukte-Verordnung wie Lichttherapiegeräte, Rotlichtlampen, Inhalationsgeräte, usw sowie über deren Abgabe und des dazu erforderlichen Beratungsgespräches

5.1.9

[…]

 

Durchführen der Identitätsprüfung der zum Verkauf in der Drogerie zugelassenen Arzneimittel

 

5.3.8

Kenntnis der branchen-, betriebs- und produktionsspezifischen Lagerungsvorschriften, insbesondere auch für Gifte, gefährliche, gesundheitsschädliche und umweltgefährdende Stoffe, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien sowie Arzneimittel (insbesondere traditionelle pflanzliche Arzneimittel) und Arzneispezialitäten

5.3.9

 

Fachgerechtes Einlagern, Lagern und Auslagern: Kontrollieren der richtigen Lagerung, Prüfen der Lagerbestände; Arbeiten mit Lagervorrichtungen und insbesondere Anwenden der

betriebs- und produktspezifischen Lagerungsvorschriften, auch für Gifte, gefährliche, gesundheitsschädliche und umweltgefährdende Stoffe, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien sowie Arzneimittel (insbesondere traditionelle pflanzliche Arzneimittel) und Arzneispezialitäten

    

 

[…]

 

(2) Bei der Ausbildung in den fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten ist unter besonderer Beachtung der betrieblichen Erfordernisse und Vorgaben auf die Persönlichkeitsbildung des Lehrlings zu achten, um ihm die für eine Fachkraft erforderlichen Schlüsselqualifikationen bezüglich Sozialkompetenz (wie Offenheit, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit), Selbstkompetenz (wie Selbsteinschätzung, Selbstvertrauen, Eigenständigkeit, Belastbarkeit), Methodenkompetenz (wie Präsentationsfähigkeit, Rhetorik in deutscher Sprache, Verständigungsfähigkeit in den Grundzügen der englischen Sprache) und Kompetenz für das selbstgesteuerte Lernen (wie Bereitschaft, Kenntnis über Methoden, Fähigkeit zur Auswahl geeigneter Medien und Materialien) zu vermitteln.

 

[…]

 

Pharmakologie und Pharmakognosie (Arzneimittel- und Drogenkunde)

 

§9. (1) Die Prüfung umfasst einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Sie ist mit einer Note zu bewerten.

 

(2) Der schriftliche Teil hat sich auf die Beschreibung von vier Arzneimitteln und/oder Drogen hinsichtlich der Definition, Zubereitung, Anwendung, Wirkung und Abgabe zu erstrecken.

 

(3) Die Prüfungskommission hat unter Bedachtnahme auf den Zweck der Lehrabschlussprüfung und die Anforderungen der Berufspraxis die schriftliche Prüfung so zu konzipieren, dass sie in 60 Minuten ausgearbeitet werden kann. Sie ist nach 90 Minuten zu beenden.

 

(4) Der mündliche Teil ist vor der gesamten Prüfungskommission abzulegen und hat sich ausgehend von der schriftlichen Arbeit auf die praktische Auswertung von verschiedenen mit dieser Arbeit zusammenhängenden Fragen in Bezug auf die Information und Beratung von Kunden über Anwendung, Wirkung und Verwendung von Arzneimitteln und Drogen, auf die einschlägige lateinische und internationale Nomenklatur und auf die Kennzeichnungs- und Abgabevorschriften (Etikettierung) zu erstrecken.

 

(5) Die mündliche Prüfung hat für jeden Prüfungskandidaten zumindest zehn Minuten zu dauern und ist jedenfalls nach 20 Minuten zu beenden.

 

[…]"

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Partei betreibt Drogeriemärkte und erbringt Schönheits- und Friseurdienstleistungen. Sie unterhält nach ihren Angaben österreichweit 389 Filialen und beschäftigt dort 6.828 Mitarbeiter.

Die antragstellende Partei verfügt über eine Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes "Drogist" gemäß §94 Z14 iVm §104 GewO 1994 sowie eine Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes "Herstellung und Aufbereitung sowie Vermietung von Medizinprodukten, soweit diese Tätigkeiten nicht unter ein anderes reglementiertes Gewerbe fallen und Handel mit sowie Vermietung von Medizinprodukten gemäß §94 Z33 GewO 1994, eingeschränkt auf den Handel mit Medizinprodukten".

Die antragstellende Partei beabsichtigt, zukünftig alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel zu vertreiben. Nach der geltenden Rechtslage – so die antragstellende Partei – sei es ihr verboten, Medizinprodukte (Arzneimittel) abzugeben, die auf Grund des Apothekenvorbehaltes im Sinne des §59 Abs1 AMG lediglich in Apotheken abgegeben werden dürfen. Darunter falle auch der größte Teil der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel. Für die antragstellende Partei bestehe in Ansehung aller dem Apothekenvorbehalt unterliegenden Arzneimittel ein absolutes (ausnahmsloses) Verkaufsverbot (vgl §59 Abs1 AMG) und ein damit korrespondierendes absolutes (ausnahmsloses) Bezugsverbot (§57 Abs1 Z2 AMG).

Die antragstellende Partei beabsichtigt ferner, zukünftig alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel in Fernabsatz (Online-Handel) sowie in ihren Filialen in Selbstbedienung abzugeben. Auch das sei ihr nach der geltenden Rechtslage verwehrt (siehe insbesondere §50 Abs2 und §52 Abs2 GewO 1994 sowie §59 Abs9 AMG).

2. Die antragstellende Partei legt ihre Antragslegitimation sowie die Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"4. Zulässigkeit des Individualantrags

 

4.1. […]

 

4.2. Aktuelle und unmittelbare (nachteilige) Betroffenheit der Antragstellerin in ihrer Rechtssphäre

 

Wie zuvor bereits dargelegt wurde […], beabsichtigt die Antragstellerin, künftighin alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel (sog 'Over the counter'-Arzneimittel bzw OTC-Arzneimittel) zu vertreiben, und zwar sowohl in den von ihr betriebenen Drogerien in Selbstbedienung als auch im Fernabsatz.

 

Aus dem Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG folgt für die Antragstellerin ein absolutes Verkaufsverbot in Ansehung aller nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel, welche nicht in der Abgrenzungsverordnung 2004 angeführt sind. Ein derartiges Verkaufsverbot bewirkt einen – für die Antragstellerin nachteiligen – Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG, genauso aber einen Eingriff in die Rechte gemäß Art15 und 16 GRC, welche der Österreichischen Rechtslage gleichen (vgl Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht-Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2016] Rz 495) sowie außerdem einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B‑VG und Art2 StGG). §59 Abs1 AMG wird für die Antragstellerin ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam, zu mal das in dieser Vorschrift enthaltene Verkaufsverbot unmittelbar ex lege gilt. Dieses – in Kraft stehende – Verbot gilt für die Antragstellerin aktuell. Ein zumutbarer Umweg, die Verfassungswidrigkeit des §59 Abs1 AMG beim VfGH geltend zu machen, steht der Antragstellerin nicht offen, da ein solcher Umweg nur über einen Verstoß gegen diese Vorschrift führen würde, was allerdings gemäß §83 Abs1 Z5 AMG verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen auslösen würde. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH ist ein Umweg über ein Verwaltungsstrafverfahren unzumutbar (vgl etwa VfSlg 20.012/2015). Das Verfahren gemäß §59 Abs6 AMG (Einzelausnahmen vom Apothekenvorbehalt) bietet der Antragstellerin von Vornherein keinen möglichen Umweg, weil eine Einzelausnahme nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur 'über Antrag des Zulassungsinhabers' gewährt werden kann, niemals also über Antrag der Antragstellerin, welche nicht Zulassungsinhaberin der rezeptfreien Arzneimittel ist, die sie zukünftig abzugeben beabsichtigt.

 

Ebenso ist die Antragstellerin durch die Abgrenzungsverordnung 2004 nachteilig in ihrer Rechtsphäre betroffen. In dieser Verordnung wird der Kreis jener Arzneimittel, die von der Antragstellerin zulässigerweise vertrieben werden darf, im Wesentlichen auf solche beschränkt, die pflanzlicher Herkunft sind und demgemäß bloß pflanzliche Wirkstoffe enthalten, wie vor allem Tees, Kräuter oder auch pflanzliche Öle. Nicht rezeptpflichtige OTC-Arzneimittel werden von der Abgrenzungsverordnung 2004 ausgeschlossen (obwohl auch diese den gesetzlichen Anforderungen des §59 Abs3 AMG entsprechen und somit in die Abgrenzungsverordnung aufgenommen werden müssten). Insoweit hat auch die Abgrenzungsverordnung 2004 für die Antragstellerin ein Verkaufsverbot für OTC-Arzneimittel zur Folge und bewirkt dadurch – wie §59 Abs1 AMG – einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit (vgl insb Art6 StGG) und den Gleichheitsgrundsatz (vgl Art7 B‑VG). Die Abgrenzungsverordnung 2004 gilt für die Antragstellerin unmittelbar (dh ohne, dass es einer Konkretisierung durch einen individuell-konkreten Rechtsakt bedürfte) und – zumal gegenwärtig in Kraft stehend – aktuell. Verstöße gegen diese Verordnung sind gemäß §83 Abs1 Z5 AMG (arg 'entgegen einer durch Verordnung gemäß §59 Abs3 festgelegten Abgabebefugnis') verwaltungsrechtlich strafbar; ein solcher Umweg ist der Antragstellerin nicht zumutbar (vgl etwa VfSlg 20.012/2015).

 

Eine Anfechtung der Verordnungsermächtigung des §59 Abs3 AMG hat der VfGH in den Beschlüssen vom 10.10.2016, G49/2016, sowie vom 25.11.2016, G197/2016, V32/2016, als unzulässig angesehen, da durch eine derartige Verordnungsermächtigung die Rechtsstellung eines Normunterworfenen unmittelbar nicht beeinträchtigt werden kann, weil sie erst über die Erlassung der – im seinerzeitigen Verfahren jedoch nicht angefochtenen – Verordnung für die Normunterworfenen wirksam wird. Im Gegensatz dazu wird die Abgrenzungsverordnung 2004 mit dem vorliegenden Individualantrag mitangefochten. Somit ist die Anfechtung (auch) des §59 Abs3 AMG zulässig (vgl zu diesen Konstellationen etwa VfGH 5.3.2014, G20/2013, V11/2013 mwN; ebenso VfSlg 19.352/2011).

 

Die Vorschrift des §57 Abs1 Z2 AMG erlaubt eine Abgabe von Arzneimitteln an Drogisten nur unter der Voraussetzung, dass sie gemäß §59 Abs3 AMG zur Abgabe von Heilmitteln befugt wären, dh dass sie nur mit jenen Arzneimitteln beliefert werden dürfen, die gemäß §59 Abs3 AMG durch Verordnung zur Abgabe an Drogisten (und andere Gewerbetreibende) zugelassen sind; alle anderen Arzneimittel dürfen an Drogisten und andere Gewerbetreibende nicht abgegeben werden. Der VfGH hat die Vorschrift des §57 Abs1 Z2 AMG als mit §59 Abs1 und 3 AMG in untrennbarem Zusammenhang stehend angesehen, weil sie ausschließt, dass die Antragstellerin gegebenenfalls in dem erforderlichen Umfang mit Arzneimitteln beliefert werden könnte (siehe VfGH 10.10.2016, G49/2016; ebenso VfGH 25.11.2016, G197/2016, V32/2016). Auch dies bewirkt also einen nachteiligen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin; das Bezugsverbot ist unmittelbar aufgrund des Gesetzes sowie aktuell gegeben. Ein Verstoß gegen §57 Abs1 Z2 AMG wäre gemäß §83 Abs1 Z5 AMG strafbar und bietet der Antragstellerin daher keinen zumutbaren Umweg, um ihre Verfassungsbedenken an den VfGH heranzutragen (vgl etwa VfSlg 20.012/2015).

 

Die Bestimmungen des §59 Abs9, 10 und 11 AMG, des §59a AMG, der Fernabsatz-Verordnung und des §50 Abs2 GewO bewirken für die Antragstellerin ein absolutes, dh ausnahmsloses Fernabsatzverbot und dadurch ebenfalls einen nachteiligen Eingriff in die Erwerbsfreiheit (vgl insb Art6 StGG) und den Gleichheitsgrundsatz (vgl Art7 B‑VG). Dieses Verbot ist für die Antragstellerin unmittelbar aufgrund des Gesetzes (dh ohne, dass es einer Konkretisierung durch einen individuell-konkreten Rechtsakt bedürfte) sowie aktuell wirksam. Würde die Antragstellerin gegen das Fernabsatzverbot verstoßen, zöge dies gemäß §83 Abs1 Z5 und 5a AMG sowie §367 Z14 GewO verwaltungsstrafrechtliche Folgen nach sich. Die Provokation eines Verwaltungsstrafverfahrens ist indes als Umweg unzumutbar (vgl etwa VfSlg 20.012/2015).

 

Schließlich bewirken die Vorschriften des §59 Abs9 AMG und des §52 Abs2 GewO sowie des §2 VO BGBl 177/1981 für die Antragstellerin ein absolutes, dh ausnahmsloses Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung, das sich abermals als Eingriff in die Erwerbsfreiheit (insb Art6 StGG) und den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG) darstellt. Dieses Verbot ist für die Antragstellerin unmittelbar aufgrund des Gesetzes (dh ohne, dass es einer Konkretisierung durch einen individuell-konkreten Rechtsakt bedürfte) sowie aktuell wirksam. Würde die Antragstellerin gegen das Verbot der Abgabe in Selbstbedienung verstoßen, zöge dies gemäß §83 Abs1 Z5 AMG und §367 Z15 GewO verwaltungsstrafrechtliche Folgen nach sich. Die Provokation eines Verwaltungsstrafverfahrens ist als Umweg unzumutbar (vgl erneut VfSlg 20.012/2015).

 

4.3. Mitanfechtung der zu einer 'untrennbaren Einheit' zusammentretenden Vorschriften

 

Weitere Vorschriften berühren die Antragstellerin zwar nicht aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtssphäre, sie treten aber mit den zuvor genannten Vorschriften zu einer untrennbaren Einheit zusammen, weshalb sie aus diesem Grund mit dem vorliegenden Individualantrag mitangefochten werden müssen (vgl dazu zB VfSlg 13.965/1997, 16.911/2003).

 

Dies gilt namentlich für:

 

• §5 ApothekenG: Der VfGH hat im Beschluss vom 25.9.2017, G8/2017 ua, V6/2017 ua, festgehalten, dass die Antragstellerin nicht Normadressatin des §5 ApothekenG ist (siehe aaO Punkt III. 2.5. der Begründung). Die Antragstellerin kann folglich durch diese Vorschrift nicht unmittelbar betroffen sein (vgl dazu allgemein VfSlg 8009/1977). Jedoch dürfte §5 ApothekenG in einem untrennbaren Zusammenhang mit §59 Abs1 AMG stehen, zumal dort an 'die den Apothekern vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken' (Satz 1) und 'die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' (Satz 2) angeknüpft wird. Die Antragstellerin kann daher aus Vorsichtserwägungen nicht davon Abstand nehmen, §5 ApothekenG in diesem Umfang mitanzufechten.

 

§60 AMG: Diese Regelung knüpft an §59 AMG an und setzt für die Abgrenzung der Verkaufsrechte die 'Abgrenzungskommission' ein. Da insoweit zwischen diesen beiden Vorschriften ein untrennbarer Zusammenhang angenommen werden könnte, wird vorsichtshalber auch §60 AMG angefochten.

 

§83 Abs1 Z5 und 5a AMG: Im Fall der Aufhebung der §§57, 59 und 59a AMG im beantragten Umfang gehen die Verweise in der Strafnorm des §81 Abs1 Z5 und 5a AMG ins Leere. Aus diesem Grund wird im korrespondierenden Umfang auch §83 Abs1 Z5 und 5a AMG angefochten.

 

Mit Blick auf die Strafbestimmung des §367 Z14 GewO stellt sich die Rechtslage insoweit anders dar, als die dort enthaltene Wortfolge 'den im §50 Abs2 genannten ... Waren' im Fall der Aufhebung des Ausdrucks 'Arzneimitteln,' in §50 Abs2 GewO zwangslos nicht mehr auf den Versandhandel mit Arzneimitteln zu beziehen wäre, sodass es keiner Aufhebung (von Teilen) des §367 Z14 GewO bedarf.

 

Dasselbe gilt für §367 Z15 GewO im Fall der Aufhebung des Ausdrucks 'Arzneimitteln sowie' in §52 Abs2 GewO. Diese Vorschrift stellt eine Gewerbeausübung 'entgegen §52 Abs2' unter Verwaltungsstrafe und würde sich auf die Abgabe von Arzneimitteln nicht mehr beziehen, wenn diese infolge Aufhebung der besagten Wortfolge von §52 Abs2 GewO nicht mehr erfasst sind.

 

• Verweisungsbestimmungen: Außer in §83 Abs1 Z5 und 5a AMG wird auch in §2 Abs13 (auf §59 Abs3, 4 und 8), in §15 Abs1 (auf §59 Abs3), in §17 Abs3 Z3 (auf §59 Abs3), in §57a Abs1 (auf §59), in §62 Abs2 Z7 (auf §59 Abs3, 4, 7a und 8), in §86 Abs2 (auf §59 Abs3), in §94i Abs3 (auf §59 Abs10 Z1 und §59a Abs1 bis 4), in §95 Abs2, 8a und 8c und in §96 Abs1 Z1 AMG auf Bestimmungen verwiesen, die mit dem vorliegenden Individualantrag angefochten werden. Da erneut ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den jeweils bezeichneten Vorschriften angenommen werden könnte, werden vorsichtshalber auch die Verweisungsbestimmungen angefochten.

 

5. Darlegung der Normbedenken

 

5.1. Grundlegende Bemerkungen zum Regelungssystem des Apothekenvorbehalts

 

§59 Abs1 AMG ist die zentrale Regelung des 'Apothekenvorbehalts'. Demnach dürfen Arzneimittel nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§57 und 58 oder in den folgenden Absätzen des §59 AMG nichts anderes bestimmt ist.

 

ln Drogerien, wie sie von der Antragstellerin betrieben werden, dürfen gegenwärtig die in der Verordnung gemäß §59 Abs3 AMG bezeichneten Arzneimittel abgegeben werden. ln der derzeit geltenden Abgrenzungsverordnung 2004, BGBl II 122/2004 idF BGBl II 150/2014, sind im Wesentlichen bloß Arzneimittel angeführt, die pflanzlicher Herkunft sind und demgemäß bloß pflanzliche Wirkstoffe enthalten, wie vor allem Tees, Kräuter oder auch pflanzliche Öle. Es sind dort also – bei weitem – nicht alle rezeptfreien Arzneimittel aufgelistet.

 

Vor diesem Hintergrund entsteht zuerst die Frage, ob die Abgrenzungsverordnung 2004 den gesetzlichen Determinanten des §59 Abs3 AMG Rechnung trägt. Dieser Frage ist daher zuerst nachzugehen (siehe Punkt 5.2.), bevor in einem weiteren Schritt die Frage der Verfassungskonformität der gesetzlichen Grundlagen des Apothekenvorbehalts sowie des Versandhandels- und Fernabsatzverbots zu stellen ist (siehe tieferstehend die Punkte 5.3. bis 5.6.).

 

5.2. Bedenken gegen die Abgrenzungsverordnung 2004

 

5.2.1. Gesetzliche Vorgaben laut §59 Abs3 AMG

 

Im Grunde der Verordnungsermächtigung des §59 Abs3 AMG hat der BMGF im Einvernehmen mit dem BMWA durch Verordnung die Arzneimittel zu bestimmen, 'die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen'.

 

Diese Regelung war im Wesentlichen bereits in der Stammfassung des AMG BGBl 185/1983 enthalten. [§59 Abs3 AMG idF BGBl 185/1983 lautete […]: 'Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz und der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie haben durch gemeinsame Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und die daher im Kleinverkauf auch durch Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer die Herstellung von Stoffen und Präparaten gemäß §220 Abs1 Z1 oder die Imprägnierung von Verbandmaterial gemäß §220 Abs1 Z4 der Gewerbeordnung 1973 umfassenden Konzession oder einer Konzession für das Drogistengewerbe (§223 der Gewerbeordnung 1973) berechtigt sind, abgegeben werden dürfen. [...]' Die Gesetzesmaterialien (RV 1060 BlgNR 15. GP 53) hielten dazu fest:

 

'Zu §59 Abs3:

 

Abs3 trägt dem Umstand Rechnung, daß §224 Abs1 bis 3 Gewerbeordnung 1973 mit dem lnkrafttreten des Arzneimittelgesetzes außer Kraft tritt (§86 Abs1 Z2) und ersetzt daher diese Verordnungsermächtigung; allerdings mit dem Unterschied, daß an die Stelle des Begriffes 'zur arzneilichen Verwendung bestimmten pflanzlichen und tierischen Drogen' der umfassendere Begriff 'Arzneimittel' tritt.

 

Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Patienten- bzw Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit für den Verkauf von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken dürfen nach dem Wortlaut dieser Verordnungsermächtigung nur solche Arzneimittel zum Verkauf durch Drogisten bestimmt werden, 'die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen'.

 

Zweifellos wird es sich bei diesen Arzneimitteln nur um nicht der Rezeptpflicht unterliegende handeln können, deren Unschädlichkeit auch bei einer versehentlichen Mehrfach- oder Vielfachüberschreitung der Normdosen gegeben ist. Hiebei ist allerdings davon auszugehen, daß die versehentlich falsche oder unrichtige Anwendung des Arzneimittels 'nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbar' sein muß. Unschädlichkeit des Arzneimittels bei mißbräuchlicher bzw unvorhersehbarer, nicht bestimmungsgemäßer Verwendung ist jedoch nicht Voraussetzung für eine Abgabe in Drogerien.'

 

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen in die Abgrenzungsverordnung nur nicht rezeptpflichtige Arzneimittel aufgenommen werden, diese jedoch schon, vorausgesetzt, sie sind 'bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung' unschädlich. Völlige Unschädlichkeit ist jedoch nicht vorausgesetzt (siehe nochmals den in den oben zitierten Gesetzesmaterialien hervorgehobenen letzten Satz).

 

Es können somit folgende drei Kategorien von Arzneimitteln unterschieden werden:

 

A. Rezeptpflichtige Arzneimittel sind gemäß §1 Abs1 RezeptpflichtG jene, die 'auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden und welche deshalb nur auf Grund einer Verschreibung (Rezept) eines Arztes, Zahnarztes, Tierarztes, Dentisten oder persönlich an eine Hebamme oder einen Viehschneider abgegeben werden dürfen'. Mit der Klassifizierung eines Arzneimittels als rezeptpflichtig geht es also einher, dass dieses Arzneimittel auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden kann.

 

B. Nicht rezeptpflichtige Arzneimittel sind – im Umkehrschluss aus §1 Abs1 RezeptpflichtG – jene, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine der in dieser Gesetzesstelle angeführten Gefahren erzeugen.

 

C. Arzneimittel im Sinne des §59 Abs3 AMG sind jene nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel, die 'selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen', ohne aber völlig unschädlich zu sein.

 

Zusammenfassend lässt sich die Abgrenzung in der folgenden Tabelle darstellen:

 

Kategorie

kategoriezugehörige Arzneimittel

Rezeptpflichtige Arzneimittel

gefährlich bei bestimmungsgemäßem

Gebrauch

Nicht rezeptpflichtige

Arzneimittel

ungefährlich bei bestimmungsgemäßem

Gebrauch

Arzneimittel iSd §59 Abs3 AMG

ungefährlich bei vorhersehbarem nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch, allerdings gefährlich bei missbräuchlichem und/oder unvorhersehbarem nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch

  

 

5.2.2. Gesetzwidrigkeit der Abgrenzungsverordnung 2004

 

5.2.2.1. Inhaltlicher Widerspruch mit den Vorgaben des §59 Abs3 AMG

 

Den eben dargelegten Vorgaben des §59 Abs3 AMG wird die Abgrenzungsverordnung 2004 nicht gerecht:

 

Der Verordnungsgeber hat ganz überwiegend nur solche 'Arzneimittel' in die (Anlage zur) Abgrenzungsverordnung 2004 aufgenommen, die pflanzlicher Herkunft sind und demgemäß bloß pflanzliche Wirkstoffe enthalten, wie vor allem Tees, Kräuter oder auch pflanzliche Öle. [Dies hat offenbar historische Gründe: Die Abgrenzung der Verkaufsrechte zwischen Apotheken und Drogerien war vor dem Inkrafttreten des AMG BGBl 185/1983 in §224 GewO 1973 geregelt. Dort war eine Verordnungsermächtigung enthalten, 'jene zur arzneilichen Verwendung bestimmten pflanzlichen und tierischen Drogen zu bestimmen, die im Hinblick auf ihre Wirkungsweise selbst bei bestimmungswidrigem Gebrauch nur zu geringen schädlichen Einwirkungen auf den Organismus führen können und die daher durch Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer die Herstellung von Stoffen oder Präparaten gemäß §220 Abs1 Z1 umfassenden Konzession oder einer Konzession für das Drogistengewerbe (§223) berechtigt sind, an Letztverbraucher abgegeben werden dürfen' (§224 Abs1 GewO 1973, BGBl 50/1974, […]).] Dies bleibt weit hinter den gesetzlichen Vorgaben laut §59 Abs3 AMG zurück. Vielmehr müssten nicht rezeptpflichtige Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung aufgenommen werden, und zwar aus folgenden Gründen:

 

Das in §59 Abs3 AMG für die Abgrenzung vorgegebene Kriterium stellt darauf ab, welche nicht bestimmungsgemäße Verwendung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbar ist. Hier ist von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen und der Maßstab des mündigen und verständigen Verbrauchers zugrunde zu legen (wie insb auch im Wettbewerbsrecht, vgl etwa RIS-Justiz RS0102654). Es ist heutzutage jedermann bekannt, dass Arzneimittel auch unerwünschte Wirkungen haben können; jede Arzneimittelwerbung hat Anwendungs- und auch Warnhinweise zu enthalten (siehe §52 Abs2 Z2 und 3 AMG), welche übrigens – notorisch – weitaus umfangreicher sind als allfällige Anwendungshinweise, die den Verbrauchern in Apotheken gegeben werden. Aufgrund dieses allgemeinen Informationsstands in der Bevölkerung ist davon auszugehen, dass jedermann sich näher informiert, bevor er Arzneimittel zu sich nimmt, sei es bei fachkundigen Personen oder durch eine Lektüre der Packungsbeilage.

 

Im Lichte dieser gegenwärtigen Verhältnisse wird es daher im Allgemeinen unvorhersehbar sein, dass Arzneimittel nicht bestimmungsgemäß verwendet werden. Nach den – insoweit entscheidenden – Erfahrungen des täglichen Lebens (vgl erneut §59 Abs3 AMG) ist im 21. Jahrhundert keineswegs davon auszugehen, dass Personen wahllos – uninformiert und unkritisch – Arzneimittel zu sich nehmen. Wer das doch tut, handelt unvorhersehbar, ja missbräuchlich. Gerade dies sind allerdings die Fälle, die nach dem Willen des Gesetzgebers keine Rechtfertigung dafür bieten, den Drogerien die Abgabe von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu untersagen (vgl nochmals den letzten Satz der Gesetzesmaterialien zu §59 Abs3 AMG: 'Unschädlichkeit des Arzneimittels bei mißbräuchlicher bzw unvorhersehbarer, nicht bestimmungsgemäßer Verwendung ist jedoch nicht Voraussetzung für eine Abgabe in Drogerien.').

 

Daraus folgt im Ergebnis, dass jedenfalls bei den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen auch alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung aufgenommen werden müssen. Mit der Abgrenzungsverordnung 2004 ist dies jedoch nicht erfolgt; diese Verordnung erweist sich daher wegen Widerspruchs zu §59 Abs3 AMG als gesetzwidrig.

 

Die Gesetzwidrigkeit besteht vorliegend im Fehlen von Regelungen, konkret einer Aufzählung (auch) der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel im Anhang zur Abgrenzungsverordnung 2004. Der VfGH ist in vergleichbaren Fällen – wenn die Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit im Fehlen von Regelungen zu sehen war – mit Aufhebung der gesamten Regelung vorgegangen (vgl VfSlg 14.075/1995, 16.316/2001, 19.282/2010). Folgerichtig muss auch im vorliegenden Fall (zumindest) die gesamte Anlage zur Abgrenzungsverordnung 2004 (sonst die gesamte Abgrenzungsverordnung 2004) aufgehoben werden, um dem Verordnungsgeber die Möglichkeit zu geben, die Verordnung im Wege einer Neuregelung in Entsprechung des §59 Abs3 AMG zu ergänzen.

 

5.2.2.2. Eventualvorbringen: Unzulängliche Grundlagenforschung

 

Wie zuvor unter Punkt 5.2.2.1. dargelegt wurde, ist die Vorhersehbarkeit einer nicht bestimmungsgemäßen Verwendung von Arzneimitteln gemäß §59 Abs3 AMG anhand der Erfahrungen des täglichen Lebens vorzunehmen, was unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Verhältnisse zum Ergebnis geführt hat, dass alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung aufzunehmen wären.

 

Wollte man jedoch die Erfahrungen des täglichen Lebens nicht genügen lassen, sondern vielmehr weitergehende Ermittlungen für erforderlich halten, ob (und gegebenenfalls welche) nicht rezeptpflichtige(n) Arzneimittel den gesetzlichen Anforderungen des §59 Abs3 AMG entsprechen, so würde sich die Grundlagenforschung des Verordnungsgebers als unzulänglich erweisen, was daher eventualiter geltend gemacht wird:

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH trifft den Verordnungsgeber eine Pflicht zur detaillierten – und aktenkundigen – Ermittlung der Grundlagen für die Verordnungserlassung (sog 'Grundlagenforschung'; zB VfSlg 11.756/1988, 11.757/1988, 11.918/1988, 11.972/1989, 17.161/2004; aus der Literatur etwa B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 [2017] Rz 792).

 

Der Antragstellerin ist nicht bekannt, dass der Erlassung der Arzneimittelverordnung 2004 jene Ermittlungen vorangegangen wären, auf die es nach den gesetzlichen Vorgaben des §59 Abs3 AMG entscheidend ankäme, nämlich die Beurteilung der Vorhersehbarkeit der nicht bestimmungsgemäßen Verwendung von Arzneimitteln. Der Verordnungsgeber hat sich offenkundig ausschließlich an der potentiellen Eignung von Arzneimitteln, eine Gefährdung für Gesundheit oder Leben zu bewirken, orientiert. Dies ist zwar ein Kriterium des §59 Abs3 AMG, aber nicht das einzige. Weiter wäre zu ermitteln gewesen, ob und inwieweit eine nicht bestimmungsgemäße und missbräuchliche Verwendung tatsächlich vorhersehbar ist. Derartige Ermittlungen des Verordnungsgebers sind, obwohl es schon nach dem Wortlaut des §59 Abs3 AMG entscheidend darauf ankommt, nicht angestellt worden. Die angefochtene Abgrenzungsverordnung 2004 ist daher (auch) aufgrund einer unzulänglichen Grundlagenforschung rechtswidrig.

 

5.3. Bedenken gegen §59 Abs1 AMG

 

5.3.1. Mit Blick auf die Erwerbsbetätigungsfreiheit (Art6 StGG)

 

Gemäß §59 Abs1 AMG dürfen Arzneimittel nur durch Apotheken abgegeben werden (sofern in den §§57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist). Diese Regelung schließt alle anderen Wirtschaftsteilnehmer, darunter Drogerien, von der Abgabe von Arzneimitteln aus. Für diese bedeutet der Apothekenvorbehalt letztlich ein absolutes Verkaufsverbot.

 

§59 Abs1 AMG greift daher in den Schutzbereich de[s] verfassungsgesetzlich gewährleistete[n] Recht[es] auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG ein, genauso in den Schutzbereich der Rechte gemäß Art15 und 16 GRC, die der Österreichischen Rechtslage gleichen (vgl Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht-Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2016] Rz 495).

 

Nach der Judikatur des VfGH zu Art6 StGG sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen aufgrund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (vgl statt vieler etwa VfSlg 17.731/2005 mwN).

 

§59 Abs1 AMG hält dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand:

 

a. Öffentliches Interesse

 

In den Gesetzesmaterialien (siehe RV 1060 BlgNR 15. GP ) wird auf die hinter §59 Abs1 AMG stehenden öffentlichen Interessen nicht spezifisch eingegangen, jedoch findet sich in den Erläuterungen zu §59 Abs3 AMG der Hinweis auf den 'Patienten- bzw Verbraucherschutz' und die 'Arzneimittelsicherheit' (vgl RV 1060 BlgNR 15. GP 53). Auch in den allgemeinen Erläuterungen ist vom 'Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsschädigungen und Gefährdungen' und vom 'Konsumentenschutz' (vgl RV 1060 BlgNR 15. GP  24) und von der 'Idee der Arzneimittelsicherheit und des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier' die Rede (vgl RV 1060 BlgNR 15. GP 25).

 

Diese Ziele liegen unzweifelhaft im öffentlichen Interesse und die Antragstellerin bekennt sich vorbehaltlos dazu. Allerdings ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass auch Drogerien, wie sie von der Antragstellerin betrieben werden, diesen Schutzinteressen vollumfänglich Rechnung tragen können.

 

Diese Überlegung schärft den Blick dafür, nach welchem öffentlichen Interesse im gegebenen Zusammenhang eigentlich zu fragen ist. Es müsste ein öffentliches Interesse gerade dafür angeführt werden können, dass Arzneimittel nur in Apotheken abgegeben werden dürfen. Anders gesagt: Es müsste öffentliche Interessen für ein Apothekenmonopol geben, welches die Apotheken vor Konkurrenz schützt.

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH kann das Ziel eines (bloßen) Konkurrenzschutzes im Allgemeinen nicht als legitimes öffentliches Interesse angesehen werden (siehe zB VfSlg 19.814/2013). Bei Apotheken ist die Judikatur differenzierter. Der VfGH bejaht – mit Blick auf die Bedarfsprüfung gemäß §10 ApothekenG – grundsätzlich ein öffentliches Interesse am Existenzschutz bestehender Apotheken (siehe VfSlg 15.103/1998, 18.736/2009). Dieser Existenzschutz ist jedoch nicht grenzenlos. So hält der VfGH im Erkenntnis VfSlg 15.103/1998 fest:

 

'Der Verfassungsgerichtshof bleibt im Prinzip bei dieser Meinung. Er kann allerdings nicht erkennen, warum das öffentliche Interesse an der Heilmittelversorgung durch die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke gefährdet sein könnte, wenn die ordnungsgemäße Heilmittelversorgung durch die bisher bestehenden öffentlichen Apotheken infolge der Neuerrichtung nicht beeinträchtigt wird. Bleibt der Versorgungsbereich der bestehenden öffentlichen Apotheken gesichert (und damit der bisherige Standard der Heilmittelversorgung gewährleistet), so kann die Zulassung weiterer öffentlicher Apotheken letztlich nur zu einer Verbesserung der Heilmittelversorgung führen.' […]

 

Vor diesem Hintergrund relativiert sich das öffentliche Interesse an einem Apothekenvorbehalt bei nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln schlagartig: Wie oben schon gesagt wurde, sind rund 68% aller in Österreich zugelassenen Medikamente rezeptpflichtig, während nur rund 32% rezeptfrei sind. […] Es geht also von Vornherein nur um einen kleineren Teilmarkt. Die Antragstellerin hat im Verfahren zu den Zlen G 8/2017 ua und V6/2017 ua des VfGH bereits darauf hingewiesen, dass – selbst wenn es der Antragstellerin gelänge, 25% des OTC-Markt[es] 'abzuwerben' – dies im Hinblick auf den gesamten Apothekenmarkt lediglich einen Rückgang von 3,5% bedeutete. Es stünde also bei weitem nicht das Überleben der Apotheken auf dem Spiel. Im Lichte dieser Verhältnisse kann der Existenzschutz bestehender Apotheken nicht als öffentliches Interesse anerkannt werden, der einen Apothekenvorbehalt zu tragen geeignet wäre. ln diesem Zusammenhang ist insbesondere nochmals auf die oben unter Punkt 2.2. zitierte Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde zu verweisen, die ausdrücklich festhält, dass die Existenz von Apotheken durch eine Liberalisierung von OTC-Arzneimittel[n] nicht bedroht wäre (siehe Bundeswettbewerbsbehörde BWB, Branchenuntersuchung Gesundheit – Teilbericht I: Der Österreichische Apothekenmarkt, BWB/AW-431 [2018], Seiten 31 ff, insb Seite 35).

 

Vielmehr muss im Hinblick auf die Ausführungen des VfGH im Erkenntnis VfSlg 15.103/1998 konstatiert werden, dass es sogar ein öffentliches Interesse gibt, das dem Apothekenvorbehalt entgegensteht, nämlich jenes der bestmöglichen Heilmittelversorgung (diese ist als öffentliches Interesse in der Rechtsprechung des VfGH anerkannt; siehe zB VfSlg 15.103/1998, 18.513/2008): Vermehren sich die Vertriebswege für Arzneimittel, so verbessert dies insgesamt die Heilmittelversorgung, indem die Bevölkerung ein dichteres Netz an Abgabestellen vorfindet, bei denen Arzneimittel bezogen werden können. Der VfGH selbst hat das Ziel der Heilmittelversorgung darin gesehen, 'die benötigten Arzneimittel in einwandfreier Beschaffenheit, rasch, überall, jederzeit und zu erschwinglichen Preisen für den Konsumenten verfügbar zu machen' (VfSlg 15.103/1998). Diese Erwägungen sprechen gegen den Apothekenvorbehalt und für eine Verdichtung des Vertriebsnetzes. Besonders ist auch an ländliche Gebiete zu denken, in denen das Apothekennetz lückenhaft ist, während Drogerien in der Regel vorhanden wären (vgl dazu die entsprechenden Erwägungen des EuGH im Urteil vom 13.2.2014, Rs C-367/12 , Sokoli-Seebacher I, Rn 42 ['(...) dazu führen könnte, dass bestimmte betroffene Einwohner keine Apotheke in vernünftiger Entfernung vorfänden und ihnen somit ein angemessener Zugang zum pharmazeutischen Dienst vorenthalten würde'] und Rn 45 f; ferner EuGH 30.6.2016, Rs C‑634/15 , Sokoli-Seebacher II, Rn 28 ff).

 

Zusammenfassend werden vom Apothekenvorbehalt also folgende öffentlichen Interessen berührt:

 

• Arzneimittelsicherheit

• Verbraucherschutz

• Existenzschutz zu Gunsten der Apotheken

• Bestmögliche Heilmittelversorgung

 

b. Geeignetheit

 

Zu fragen ist weiter, ob der Apothekenvorbehalt geeignet ist, die vorangeführten öffentlichen Interessen zu realisieren:

 

Arzneimittelsicherheit. Die Arzneimittelsicherheit wird in erster Linie durch die Produktqualität sowie den fachgerechten Transport und die fachgerechte Lagerung gewährleistet. Der Apothekenvorbehalt ist grundsätzlich geeignet, der Arzneimittelsicherheit zu dienen (wobei allerdings auch hier gleich zu betonen ist, dass die Arzneimittelsicherheit nicht nur durch Apotheken gewährleistet werden kann, sondern insb auch durch Drogerien).

 

Verbraucherschutz. Es liegt, wie oben schon gesagt wurde, unbestreitbar im öffentlichen Interesse, dass Arzneimittel nur bei qualifizierten Einrichtungen bezogen werden, solchen also, die die Verbraucher auch über gewünschte und unerwünschte Eigenschaften von Arzneimittel[n] aufklären können. Apothekerinnen und Apotheker verfügen gewiss über diese Qualifikation, weshalb der Apothekenvorbehalt insoweit geeignet ist, dem Verbraucherschutz zu dienen (auch hier ist allerdings sogleich anzumerken, dass die Apothekerinnen und Apotheker nicht die einzige Berufsgruppe sind, die den Verbrauchern qualifizierte Beratung anbieten können; siehe dazu gleich unten).

 

Existenzschutz. Der Beitrag des Apothekenvorbehalts bei nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln zum Existenzschutz der Apotheken ist gering. Wie oben bereits dargelegt wurde, sind rund 68% aller in Österreich zugelassenen Medikamente rezeptpflichtig, während nur rund 32% rezeptfrei sind. […] Es geht also von Vornherein nur um einen kleineren Teilmarkt. Die Antragstellerin hat im Verfahren zu den Zlen G 8/2017 ua und V6/2017 ua des VfGH bereits darauf hingewiesen, dass – selbst wenn es der Antragstellerin gelänge, 25% des OTC-Markt[es] 'abzuwerben' – dies im Hinblick auf den gesamten Apothekenmarkt lediglich einen Rückgang von 3,5% bedeutete. Davon wird das Überleben der Apotheken nicht abhängen (ebenso Bundeswettbewerbsbehörde BWB, Branchenuntersuchung Gesundheit – Teilbericht I: Der Österreichische Apothekenmarkt, BWB/AW-431 [2018], Seiten 31 ff, insb Seite 35). Somit wird die Geeignetheit des Apothekenvorbehalts zur Gewährleistung eines (effektiven) Existenzschutzes letztlich verneint werden müssen.

 

Bestmögliche Heilmittelversorgung. Zur Erreichung dieses Ziels ist der Apothekenvorbehalt nicht geeignet. Im Gegenteil bildet der Apothekenvorbehalt ein Hindernis dafür, 'die benötigten Arzneimittel in einwandfreier Beschaffenheit, rasch, überall, jederzeit und zu erschwinglichen Preisen für den Konsumenten verfügbar zu machen' (siehe nochmals VfSlg 15.103/1998).

 

c. Erforderlichkeit

 

Soweit der Apothekenvorbehalt überhaupt zur Verwirklichung der angeführten öffentlichen Interessen geeignet erscheint, stellt er jedenfalls nicht das gelindeste zum Ziel führende Mittel dar:

 

Arzneimittelsicherheit. Zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit ist ein Apothekenvorbehalt nicht erforderlich. Die von der Antragstellerin betriebenen Drogerien verfügen über eine Infrastruktur, die jenen von Apotheken allemal vergleichbar ist (durchgehende Kühlkette, kurzfristige Eilzustellungen, fachgerechte Lagerräume etc). Dies gilt auch für zahlreiche andere Einrichtungen, wie etwa Arztpraxen. Das gelindeste Mittel zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit wäre es, entsprechende gesetzliche Anforderungen für die Produktion und Manipulation von Arzneimittel[n] aufzustellen, denen jedermann unterworfen ist, der mit Arzneimitteln handelt.

 

Verbraucherschutz. Auch der Verbraucherschutz kann durch die Erwerbsfreiheit weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch andere Berufsgruppen über fundierte arzneimittelkundliche Kenntnisse verfügen und daher Verbraucher entsprechend informieren können. Dies gilt etwa für Ärztinnen und Ärzte, genauso aber für Drogistinnen und Drogisten. Letztere haben eine mehrjährige Ausbildung zu absolvieren, die (ua) auch die Arzneimittelkunde einschließt (siehe §3 Abs1 Drogist/in-Ausbildungsordnung, BGBl II 142/2011). Diese Kenntnisse sind im Rahmen einer Prüfung in 'Pharmakologie und Pharmakognosie (Arzneimittel- und Drogenkunde)' nachzuweisen (siehe §9 VO cit). Aber selbst wenn man die Qualität dieser Ausbildung in Frage stellen oder zumindest für nicht hinreichend halten wollte, um Verbraucher fachkundig beraten zu können (was nicht der Ansicht der Antragstellerin entspricht), wäre ein gelinderes Mittel immer noch darin zu sehen, den Drogerien gesetzlich vorzuschreiben, pharmazeutisches Personal zu beschäftigen, das für die Kundenberatung im Arzneimittelbereich im Wege einer Fernberatung via Telefon, Chat oä zur Verfügung steht, wie es bereits derzeit bei den online-Apotheken geschieht, ohne dass dem Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes entgegengebracht werden würden. ln diesem Zusammenhang darf vor allem auch auf die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Doc Morris verwiesen werden (siehe EuGH 11.12.2003, Rs C‑322/01 , Doc Morris, Rz 114):

 

'Soweit dahin argumentiert wird, dass die 'virtuellen Apotheker' geringere Reaktionsmöglichkeit hätten als die in Geschäftsräumen mit Publikumsverkehr tätigen Apotheker, wird damit auf die Nachteile verwiesen, die mit einem möglichen Fehlgebrauch des betreffenden Medikaments und mit einem etwaigen Arzneimittelmissbrauch zusammenhängen. Was den möglichen Fehlgebrauch von Arzneimitteln anbelangt, so könnte dieses Risiko dadurch vermindert werden, dass der Kunde vor einem möglichen Kauf mehr interaktive Elemente im Internet verwenden muss. Was einen möglichen Missbrauch angeht, so ist es nicht offenkundig, dass für Personen, die nicht verschreibungspflichtige Medikamente missbräuchlich erwerben wollen, der Kauf in herkömmlichen Apotheken tatsächlich schwieriger ist als der Erwerb über das Internet.'

 

In gleicher Weise hat der EuGH im Urteil Ker-Optika festgehalten. 'Die Kunden können im Rahmen des Vertriebs der Kontaktlinsen über das Internet gleichwertig vor deren Lieferung beraten werden, und zwar durch interaktive Elemente, die sich auf der betreffenden Website befinden und vom Kunden vor dem Kauf der Kontaktlinsen zwingend verwendet werden müssen' (EuGH 2.12.2010, Rs C‑108/09 , Ker-Optika, Rz 69).

 

Auch der EuGH bringt mithin einer online-Apotheke keine Bedenken unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes entgegen, weil sich ein etwaiges Informationsinteresse der Verbraucher zur Vermeidung eines Fehlgebrauchs auch auf anderem Weg als durch persönlichen Kontakt gewährleisten ließe und einem allfälligen Missbrauch von Arzneimitteln auch durch einen Kauf in den Räumlichkeiten einer Apotheke nicht besser vorgebeugt werden könnte.

 

Selbst wenn man also die Drogistinnen und Drogisten – entgegen der Meinung der Antragstellerin – als nicht hinreichend qualifiziert ansehen wollte, die Verbraucher entsprechend über den Arzneimittelgebrauch zu informieren, könnte der Verbraucherschutz allemal im Wege einer Fernberatung durch pharmazeutisches Personal in Drogerien ebenso gut gewährleistet werden wie in Apotheken, ohne dass also der Antragstellerin (und sämtlichen weiteren Marktteilnehmern) unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes ein absolutes Verbot des Verkaufs von Arzneimitteln auferlegt werden müsste.

 

Existenzschutz. Falls man die Geeignetheit des Apothekenvorbehalts zur Sicherung des Existenzschutzes von Apotheken trotz der geringen wirtschaftlichen Bedeutung des OTC-Bereichs entgegen dem oben Gesagten doch noch bejahen wollte, so wäre es – eben wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung (siehe dazu erneut auch die Publikation der Bundeswettbewerbsbehörde BWB, Branchenuntersuchung Gesundheit – Teilbericht I: Der Österreichische Apothekenmarkt, BWB/AW-431 [2018], Seiten 31 ff, insb Seite 35) – unverhältnismäßig, das Mittel des Apothekenvorbehalts zu wählen.

 

Bestmögliche Heilmittelversorgung. Mit Blick auf dieses öffentliche Interesse ist bereits die Geeignetheit des Apothekenvorbehalts zu verneinen (siehe oben). Die Frage nach der Erforderlichkeit stellt sich somit nicht mehr.

 

d. Adäquanz

 

Selbst wenn man den Apothekenvorbehalt zumindest partiell noch als erforderlich ansehen wollte, einzelnen öffentlichen Interessen im erforderlichen Umfang zu dienen (was die Antragstellerin weiterhin verneinen muss), so würde sich diese Regelung jedenfalls in einer Gesamtabwägung als unverhältnismäßig erweisen:

 

Die öffentlichen Interessen der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes wiegen gewiss schwer, jedoch nicht so schwer, dass sie ein absolutes Verkaufsverbot (auch) für Einrichtungen rechtfertigen könnten, die ohne weiteres in der Lage wären, diesen öffentlichen Interessen vollumfänglich Rechnung zu tragen, wie etwa Drogerien. Bei der Abwägung ist insbesondere auch zu veranschlagen, dass das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Heilmittelversorgung durch den Apothekenvorbehalt sogar beeinträchtigt wird. Umgekehrt kann das Anliegen des Existenzschutzes zu Gunsten bestehender Apotheken das Ergebnis der Abwägung nicht entscheidend beeinflussen, weil die wirtschaftliche Bedeutung des OTC-Bereichs zu gering ist, um den Apotheken einen effektiven Existenzschutz zu bieten.

 

Somit erweist sich der Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG insgesamt als unverhältnismäßig. Er verletzt die Antragstellerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG.

 

5.3.2. Mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG)

 

Die zuvor unter dem Gesichtspunkt der Erwerbsfreiheit angestellten Überlegungen zeigen zugleich, dass der Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes (Art7 B‑VG) sachlich nicht gerechtfertigt ist, und zwar weder durch die Arzneimittelsicherheit noch durch den Verbraucherschutz und auch nicht durch den Existenzschutz zu Gunsten öffentlicher Apotheken.

 

Im Einzelnen ergeben sich folgende Bedenken unter dem Aspekt des Art7 B‑VG:

 

a. Nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Drogerien und Apotheken

 

Die vorstehenden Überlegungen zur Erwerbsbetätigungsfreiheit haben zum Ergebnis geführt,

 

• dass Drogerien genauso wie Apotheken über eine Infrastruktur verfügen, mit der die Arzneimittelsicherheit uneingeschränkt gewährleistet werden kann und

 

• dass Drogerien genauso wie Apotheken in der Lage sind, den Verbrauchern die unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes erforderliche qualifizierte Beratung zur Anwendung von Arzneimitteln zu bieten

 

(vgl im Detail oben Punkt 5.3.1.c.). Nichtsdestoweniger werden Drogerien unterschiedlich – nämlich schlechter – behandelt als Apotheken, indem ihnen die Abgabe rezeptfreier Arzneimittel ausnahmslos untersagt ist, während Apotheken insoweit keinen Einschränkungen unterliegen.

 

Ein rechtfertigender Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar. Insbesondere kommt eine Rechtfertigung mit dem Existenzschutz zu Gunsten der Apotheken nicht in Betracht, schon weil die wirtschaftliche Bedeutung des OTC-Bereichs weit zu gering ist, um mit dem diesbezüglichen Apothekenvorbehalt einen Existenzschutz der Apotheken effektiv gewährleisten zu können (siehe dazu erneut die Studie der Bundeswettbewerbsbehörde BWB, Branchenuntersuchung Gesundheit – Teilbericht I: Der Österreichische Apothekenmarkt, BWB/AW-431 [2018], Seiten 31 ff, insb Seite 35). Umgekehrt spricht das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Heilmittelversorgung sogar dagegen, eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von Drogerien anzuerkennen (siehe zum Ganzen ausführlich oben Punkt 5.3.1.).

 

b. Nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung von rezeptfreien und rezeptpflichtigen Arzneimitteln

 

Der Gleichheitsgrundsatz enthält auch ein Verbot unsachlicher Gleichbehandlung: Wenn eine rechtliche Gleichbehandlung im Hinblick auf Unterschiede im Tatsächlichen sachlich nicht gerechtfertigt ist, ist die Regelung ebenfalls gleichheitswidrig (siehe etwa Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2016] Rz 593 mHa VfSlg 12.923/1991).

 

Anders als die rezeptfreien sind die rezeptpflichtigen Arzneimittel nicht nur mit größeren Gefahren im Fall des Fehlgebrauchs oder des Missbrauchs verbunden, sondern auch für den Existenzschutz von Apotheken von Relevanz. Aus diesen Gründen hat nicht zuletzt auch der EuGH zwischen rezeptfreien und rezeptpflichtigen Arzneimitteln differenziert (vgl EuGH 11.12.2003, Rs C-322/01 , Doc Morris, Rz 102 ff, insb Rz 112 ff und Rz 117 ff).

 

Die solcherart vorzufindenden Unterschiede zwischen rezeptfreien und rezeptpflichtigen Arzneimitteln haben jedoch nicht zu entsprechend differenzierenden Regelungen geführt. Vielmehr unterliegen beide Kategorien von Arzneimitteln unterschiedslos dem Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG, der insoweit auch gegen das Verbot unsachlicher Gleichbehandlung verstößt.

 

c. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot

 

Auch an sich ist für den Apothekenvorbehalt für rezeptfreie Arzneimittel keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen: Wie oben bereits nachgewiesen wurde, scheidet eine Rechtfertigung unter Berufung auf die Arzneimittelsicherheit, den Verbraucherschutz, den Existenzschutz zu Gunsten der Apotheken und die bestmögliche Heilmittelversorgung aus (vgl im Detail Punkt 5.3.1.).

 

Wenn somit jedoch sachliche Gründe für den Apothekenvorbehalt fehlen, verstößt dieser auch gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot, dem zufolge jede gesetzliche Regelung sachliche – 'vernünftige' (zB VfSlg 13.325/1993) – Gründe für sich beanspruchen können muss, um vor dem Gleichheitsgrundsatz des Art7 B‑VG bestehen zu können. Dies trifft nach dem Gesagten für den Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG für rezeptfreie Arzneimittel nicht zu.

 

5.3.3. Aufhebungsumfang

 

Die Verfassungswidrigkeit kann nur durch die Aufhebung des gesamten §59 Abs1 AMG beseitigt werden.

 

Zwar ließe sich auch an eine Aufhebung nur der Wortfolge 'nur durch Apotheken' denken, jedoch würde dies an der Rechtsstellung der Antragstellerin insoweit nichts ändern, als sich immer noch aufgrund des Verweises 'sofern in den §§57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist' ergeben könnte, dass die Antragstellerin OTC-Arzneimittel nicht abgeben dürfte.

 

5.4. Bedenken gegen §59 Abs3 AMG

 

Wollte man dem zu Punkt 5.2. Gesagten nicht folgen und die Wortfolge 'Arzneimittel [...], die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen' in §59 Abs3 AMG dahingehend auslegen, dass rezeptfreie Arzneimittel nicht unter diese Definition fallen, so erweist sich die Bestimmung des §59 Abs3 AMG selbst als verfassungswidrig, und zwar wiederum sowohl wegen Verletzung der Erwerbsfreiheit als auch wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:

 

5.4.1. Mit Blick auf die Erwerbsbetätigungsfreiheit (Art6 StGG)

 

Die Bestimmung des §59 Abs3 AMG greift in den Schutzbereich der Erwerbsfreiheit ein, indem sie die gesetzliche Grundlage für Verordnungsregelungen bildet, die die Reichweite des Apothekenvorbehalts definieren und somit den Verkauf der nicht durch die Verordnung 'freigegebenen' rezeptfreien Arzneimittel durch alle Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Apotheken sind, verbieten.

 

Eine solche Regelung mag zwar teilweise im öffentlichen Interesse der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes (nicht aber im öffentlichen Interesse der bestmöglichen Heilmittelversorgung) liegen, sie bedeutet jedoch eine unverhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsfreiheit der übrigen Wirtschaftsteilnehmer (wie der Antragstellerin), weil die öffentlichen Interessen genauso durch jene gelinderen Mittel erreicht werden können, wie sie zuvor unter Punkt 5.3.1. bereits dargelegt wurden.

 

Auch §59 Abs3 AMG bewirkt daher einen unverhältnismäßigen Eingriff – somit eine Verletzung – des Art6 StGG.

 

5.4.2. Mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG)

 

ln Ermangelung sachlicher Gründe für eine derart weitreichende Beschränkung, wie sie in der eingangs aufgestellten Prämisse aus §59 Abs3 AMG abgeleitet werden könnten, ist diese Vorschrift auch wegen Verletzung des Art7 B‑VG verfassungswidrig. Denn, wie gesagt, weder die Arzneimittelsicherheit noch der Verbraucherschutz und ebenso wenig der Existenzschutz zu Gunsten öffentlicher Apotheken vermögen eine solche Regelung sachlich zu rechtfertigen. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Punkt 5.3.2. verwiesen werden, die für §59 Abs3 AMG gleichermaßen relevant sind und die die Antragstellerin daher auch hier zu ihrem Vorbringen erhebt.

 

5.4.3. Aufhebungsumfang

 

Die eben dargelegte Verfassungswidrigkeit ließe sich allenfalls durch eine Aufhebung nur der Wortfolge 'selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher' beseitigen, weil es dem Verordnungsgeber dann möglich wäre, Drogerien die Abgabe aller rezeptfreien OTC-Arzneimittel zu erlauben. Dagegen könnte wohl auch nicht eingewendet werden, dass sich dem Gesetz unter diesen Umständen keine inhaltlichen Determinanten für die Verordnungserlassung mehr entnehmen ließen, weil dafür auch die sonstigen Bestimmungen des AMG und des RezeptpflichtG heranzuziehen wären, aus denen sich inhaltliche Vorgaben herleiten lassen. Vorsichtshalber wird dennoch (eventualiter) die Aufhebung des gesamten §59 Abs3 AMG beantragt.

 

5.5. Bedenken gegen §57 Abs1 Z2 AMG

 

5.5.1. Mit Blick auf die Erwerbsbetätigungsfreiheit (Art6 StGG)

 

Gemäß §57 Abs1 Z2 AMG dürfen Arzneimittel vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur abgegeben werden an 'Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß §59 Abs3 zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind'. Diese Bestimmung bewirkt mit Blick auf jene Arzneimittel, die vom Apothekenvorbehalt umfasst sind, ein absolutes Bezugsverbot zu Lasten von Drogisten und Gewerbetreibenden, welches in den Schutzbereich der Erwerbsbetätigungsfreiheit eingreift und dieses Grundrecht aus denselben Gründen unverhältnismäßig einschränkt (mithin verletzt), wie sie oben bereits unter Punkt 5.3.1. dargelegt wurden. Die Antragstellerin verweist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf dieses Vorbringen, und hebt im gegebenen Zusammenhang das Folgende hervor:

 

5.5.2. Mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG)

 

Mit Blick auf die bereits unter Punkt 5.3.2. dargelegten Aspekte gibt es für ein Bezugsverbot des §57 Abs1 Z2 AMG zu Lasten der Drogerien ebenso wenig rechtfertigende sachliche [Gründe] wie für das spiegelbildliche Abgabeverbot des §59 Abs1 AMG. Die Antragstellerin erhebt daher ihr Vorbringen zu Punkt 5.3.2. auch zu ihren gegen §57 Abs1 Z2 AMG gerichteten Bedenken.

 

5.5.3. Aufhebungsumfang

 

Die Verfassungswidrigkeit ließe sich beseitigen, indem in §57 Abs1 Z2 AMG die Wortfolge 'gemäß §59 Abs3' aufgehoben wird. Denn auf diese Weise wäre klargestellt, dass Arzneimittel von Herstellern, Depositeuren und Arzneimittel-Großhändlern an Drogisten und andere Gewerbetreibende ohne die Einschränkungen des §59 Abs3 AMG abgegeben werden dürfen. Allerdings hat der VfGH die Vorschriften des §59 Abs1 und 3 AMG und des (offenbar gesamten) §57 Abs1 Z2 AMG als in untrennbarem Zusammenhang stehend angesehen (vgl VfGH 10.10.2016, G49/2016, Punkt III. 1.2.4. der Begründung; ebenfalls VfGH 25.11.2016, G197/2016, V32/2016, Punkt III. 1.3.4. der Begründung), weshalb §57 Abs1 Z2 AMG eventualiter auch zur Gänze angefochten wird.

 

5.6. Bedenken gegen das Fernabsatzverbot (§50 Abs2 und 3 GewO, §59 Abs9, 10 und 11 AMG, §59a AMG, Fernabsatz-Verordnung)

 

Das Verbot des Vertriebs von Arzneimitteln in Fernabsatz ergibt sich aus mehreren Vorschriften, die aus den nachstehenden Gründen verfassungswidrig sind:

 

5.6.1. §50 Abs2 und 3 GewO

 

Gemäß §50 Abs2 GewO ist der Versandhandel mit Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen (ausgenommen Kontaktlinsen), Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln an Letztverbraucher unzulässig (Satz 2). Dieses Verbot gilt auch für den Absatz von aus eigener Erzeugung stammenden Waren oder von zugekauften Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher (Satz 2). In §50 Abs3 GewO ist ferner eine Ermächtigung des Verordnungsgebers vorgesehen, mit Verordnung auch weitere Waren zu bezeichnen, hinsichtlich derer der Versandhandel an Letztverbraucher unzulässig ist. Eine solche Verordnung wurde bisher nicht erlassen (vgl auch Stolzlechner/Seider/Vogelsang, GewO2 [2018] §50 GewO Rz 12).

 

Der VfGH hatte sich im Erkenntnis VfSlg 16.222/2001 mit der Verfassungsmäßigkeit des §50 Abs2 GewO zu befassen, soweit damit der Versandhandel mit Verzehrprodukten verboten wird. Der VfGH sah diese Regelung als im öffentlichen Interesse des Konsumenten- und Gesundheitsschutzes gelegen an und für 'geeignet und auch erforderlich, um eine Umgehung der behördlichen Kontrolle von Verzehrprodukten hintanzuhalten. Denn gerade die Vertriebsform des Versandhandels kann dazu benutzt werden, bedenkliche Produkte zu vertreiben.' Weiter führt der VfGH aus:

 

'Der Umstand, daß Verzehrprodukte auch anders als durch Versandhandel in Verkehr gebracht werden, widerspricht der Annahme nicht, daß speziell lebensmittelrechtlich bedenkliche Verzehrprodukte gerade auf diese Weise vertrieben werden und dabei die lebensmittelrechtlich gebotene Aufsicht und Kontrolle weitgehend versagt. Dabei ist zu beachten, daß die besondere Nähe zahlreicher Verzehrprodukte zu den Arzneimitteln eine gehörige Kontrolle gerade dieser Produkte gebietet, die nicht selten mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben und dann über den Versandhandel in Verkehr gebracht werden, ohne daß mangels Anmeldung eine Einstufung als Verzehrprodukt oder eine behördliche Zulassung gesundheitsbezogener Angaben erfolgt.' […]

 

Zur Verordnungsermächtigung des §50 Abs3 GewO hielt der VfGH fest:

 

'Wenn die Behörde von dieser Verordnungsermächtigung bislang keinen Gebrauch gemacht hat, kann dies keine Gleichheitswidrigkeit des Versandhandelsverbotes für Verzehrprodukte bewirken.'

 

Für den VfGH ist demzufolge für die Verhältnismäßigkeit des Versandhandelsverbots für Verzehrprodukte entscheidend, dass in diesem Bereich die lebensmittelrechtliche Aufsicht und Kontrolle weitgehend versagt und Verzehrprodukte keiner behördlichen Zulassung unterliegen.

 

Gerade dies ist bei Arzneimitteln anders: Diese unterliegen einer behördlichen Zulassung durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (vgl die §§7 ff AMG und umfassend Schmoll, Zulassung im Arzneimittelrecht [2015] 151 ff und passim) und einer Aufsicht und Kontrolle durch dieses Bundesamt (siehe insb die §§76 ff AMG und §85b AMG zur Mitwirkung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes). Außerdem unterliegen sie Werbebeschränkungen (vgl die §§50 ff AMG).

 

Mit anderen Worten: Es sind gerade jene Umstände anders, die der VfGH im Erkenntnis VfSlg 16.222/2001 als für die Verhältnismäßigkeit des Versandhandelsverbot[es] für Verzehrprodukte entscheidend angesehen hat. [Mit dem Versandhandelsverbot für Arzneimittel hatte sich der VfGH im Erkenntnis VfSlg 16.222/2001 mangels Präjudizialität nicht zu befassen.] E contrario ist das Versandhandelsverbot für Arzneimittel als unverhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) zu qualifizieren und aus diesem Grund verfassungswidrig.

 

Ferner liegt eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art7 B‑VG) vor, weil es nach dem Gesagten unsachlich ist, wenn §50 Abs2 GewO Verzehrprodukte und Arzneimittel gleich behandelt, obwohl diese grundlegend verschiedenen Zulassungs-, Aufsichts- und Kontrollregimen unterliegen und folglich nicht miteinander vergleichbar sind. Dies verstößt gegen das Verbot unsachlicher Gleichbehandlung, wie es sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergibt: Der Gesetzgeber hat Ungleiches ungleich zu behandeln (siehe etwa Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2016] Rz 593 mHa VfSlg 12.923/1991).

 

Der Aufhebungsumfang ergibt sich wie folgt: Die Verfassungswidrigkeit lässt sich beseitigen, indem der Ausdruck 'Arzneimitteln,' in §50 Abs2 GewO aufgehoben wird. Unter diesen Umständen könnte auch die Verordnungsermächtigung in §50 Abs3 GewO verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass sie sich nicht auf Arzneimittel bezieht. Wollte man dem nicht folgen, wären der gesamte §50 Abs2 GewO und der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende §50 Abs3 AMG zur Gänze aufzuheben, was daher tieferstehend eventualiter beantragt wird.

 

5.6.2. §59 Abs9, 10 und 11 AMG, §59a AMG, Fernabsatz-Verordnung

 

Im Arzneimittelrecht ist der Fernabsatz von Arzneimitteln folgenden Beschränkungen unterworfen:

 

§59 Abs9 AMG enthält ein grundsätzliches Fernabsatzverbot: 'Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz ist verboten.' Von diesem Verbot werden in den Abs10 und 11 des §59 AMG Ausnahmen nur zu Gunsten von Apotheken gemacht. Diese Ausnahmen werden in §59a AMG ('Fernabsatz') näher konkretisiert; in §59a Abs7 AMG ist eine Verordnungsermächtigung enthalten, auf deren Grundlage die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz (Fernabsatz-Verordnung), BGBl II 105/2015 erlassen wurde.

 

Betrachtet man die Regelungshistorie, so erhellt, dass der Gesetzgeber ursprünglich im Auge hatte, im Arzneimittelrecht dasselbe Versandhandelsverbot für Arzneimittel zu etablieren wie in §50 Abs2 GewO. Im Einzelnen vollzog sich die Rechtsentwicklung wie folgt:

 

Das AMG enthielt in seiner Stammfassung BGBl 185/1983 noch keine derartigen Regelungen. Mit der Novelle BGBl 748/1988 wurde dem §59 ein neuer Abs6 angefügt, der die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung verbot (die Vorschrift lautete: 'Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung ist verboten.'). In den Gesetzesmaterialien (vgl RV 823 BlgNR 17. GP  23) wurde dazu erläutert: 'Das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung läßt sich zwar aus gewerberechtlichen Regelungen ableiten, eine eindeutige Bestimmung erschien aber auch im Rahmen des Arzneimittelrechtes zweckmäßig.'

 

Mit der Novelle BGBl 107/1994 wurde die Regelung um ein Versandhandelsverbot ausgedehnt. §59 Abs8 AMG idF BGBl 107/1994 lautete: 'Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Versandhandel ist verboten.' Die Gesetzesmaterialien (vgl RV 1362 BlgNR 18. GP 40) halten dazu fest: 'Abs9 verbietet ausdrücklich auch die Abgabe von Arzneimittel durch Versandhandel. Dieses Verbot ist bereits in der Gewerbeordnung enthalten, gilt aber nicht für Apotheken. Durch Aufnahme einer entsprechenden Regelung in das Arzneimittelgesetz soll nunmehr klargestellt werden, daß auch Apotheken keinen Versandhandel betreiben dürfen.'

 

Ihre geltende Fassung erhielten die Abs9 bis 11 des §59 AMG durch die Novelle BGBl I 48/2013. ln den Gesetzesmaterialien wird die Änderung mit der Umsetzung des Art85c der Richtlinie 2001/83/EG [RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABI L 311 vom 28.11.2001, Seiten 0067 – 0128.] begründet (vgl ErläutRV 2010 BlgNR 24. GP  9).

 

Das arzneimittelrechtliche Fernabsatzverbot ist prinzipiell aus denselben Gründen verfassungswidrig, wie das gewerberechtliche Versandhandelsverbot. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu Punkt 5.6.1. dieses Individualantrags verwiesen werden.

 

Darüber hinaus bewirkt das arzneimittelrechtliche Fernabsatzverbot aber auch noch die folgende Ungleichbehandlung zwischen Apotheken und Drogerien: Online-Apotheken darf es geben, Online-Drogerien aber nicht. Sachliche Gründe, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, sind nicht zu erkennen: Drogerien verfügen genauso wie Apotheken über eine Infrastruktur, mit der die Arzneimittelsicherheit uneingeschränkt gewährleistet werden kann, und Drogerien sind auch genauso wie Apotheken in der Lage, den Verbrauchern die unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes erforderliche qualifizierte Beratung zur Anwendung von Arzneimitteln zu bieten. Auch der Existenzschutz zu Gunsten der Apotheken bietet für die besagte Ungleichbehandlung keine sachliche Rechtfertigung, weil der OTC-Bereich eine zu geringe wirtschaftliche Bedeutung hat, um den Existenzschutz effektiv zu gewährleisten (siehe dazu bereits oben Punkt 5.3.2.).

 

Der Aufhebungsumfang müsste, um eine Gleichstellung von Apotheken und Drogerien zu bewirken, die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes 1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder 2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind, abgegeben werden' in §59 Abs10 AMG, die Wortfolge ', die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden' in §59 Abs11 AMG sowie – infolge untrennbarer Regelungsinhalte – den gesamten §59a AMG sowie die Fernabsatz-Verordnung umfassen.

 

5.6.3. Anregung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art267 AEUV

 

Der EuGH hat ein Versandhandelsverbot für rezeptfreie Arzneimittel als Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit qualifiziert (siehe EuGH 11.12.2003, Rs C‑322/01 , Doc Morris). Auf dieser Grundlage wurden die Versandhandelsverbote des §50 Abs2 GewO und des §59 Abs9 AMG als europarechtswidrig angesehen (siehe Köck, DocMorris und die österreichische Gewerbeordnung, wbl 2006, 454 [460]). Im selben Sinne hat auch der VfGH im Erkenntnis VfSlg 18.298/2007 zum Ausdruck gebracht, dass es durch ein Versandhandelsverbot zu einer Behinderung des Marktzugangs für Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten kommt (vgl e contrario Punkt III. 1.5.2.d. der Entscheidungsgründe: 'Im Gegensatz etwa zu einem Versandhandelsverbot für Arzneimittel kommt es durch das Verbot von Naturalrabatten, das nur eine bestimmte Form der Förderung des Absatzes untersagt, nämlich nicht zu einer Behinderung des Marktzugangs für Arzneimittel aus anderen Mitgliedstaaten [...].').

 

§50 Abs2 GewO wurde dennoch nie an die europarechtlichen Erfordernisse angepasst und erweist sich damit – nach wie vor – als europarechtswidrig.

 

Das arzneimittelrechtliche Versandhandelsverbot wurde inzwischen zwar – in Umsetzung des Art85c der Richtlinie 2011/62/EU – neu geregelt (vgl die Novelle BGBl I 48/2013), doch haben die Neuregelungen für die Antragstellerin – wie ebenso wenig für alle Drogerien und Gewerbetreibenden – nichts daran geändert, dass das Versandhandelsverbot für sie – nach wie vor – uneingeschränkt gilt. Ausnahmen gibt es nach aktueller Rechtslage nur für Apotheken, was durch Art85c RL 2011/62/EU weder geboten noch gerechtfertigt ist (diese Regelung adressiert ausdrücklich alle natürlichen und juristischen Person, die Arzneimittel anbieten).

 

Vor diesem Hintergrund wird

 

angeregt,

 

dass der VfGH dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen möge,

 

a. ob das gewerberechtliche Versandhandelsverbot des §50 Abs2 GewO mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art28 ff AEUV und

b. ob das arzneimittelrechtliche Versandhandelsverbot des §59 Abs9, 10 und 11 AMG, §59a AMG sowie der Fernabsatz-Verordnung mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art28 ff AEUV und mit Art85c der Richtlinie 2011/62/EU

 

vereinbar sind.

 

5.7. Bedenken gegen das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung

 

Gemäß §59 Abs9 AMG ist die 'Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung' verboten. Das Gesetz kennt insoweit keine Ausnahme (die Abs10 und 11 leg cit beziehen sich nur auf das Fernabsatzverbot). Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht erkennbar, welches Ziel der Gesetzgeber mit diesem absoluten Verbot verfolgt; zum Ausdruck gebracht wird dort nur, dass das entsprechende gewerberechtliche Verbot in das AMG übernommen werden soll (vgl RV 823 BlgNR 17. GP  23).

 

Dieses parallele Verbot ergibt sich aus §52 Abs2 GewO (vgl dazu oben Punkt 3.3.). Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass der medizinisch oft unkundige Käufer Produkte erwerben könnte, die vom gesundheitlichen Standpunkt unbrauchbar und im schlimmsten Fall sogar schädlich sein können (vgl Gruber/Paliege-Barfuß, GewO-Kommentar [17. ErgLfg 2018] §52 GewO Anm 13; Forster in Ennöckl/Raschauer/Wessely [Hrsg], GewO-Kommentar I [2015] §52 GewO Rz 11). Derselbe Regelungszweck liegt offenkundig auch dem §2 der VO BGBl 177/1981 zugrunde.

 

5.7.1. Mit Blick auf die Erwerbsbetätigungsfreiheit (Art6 StGG)

 

Das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung nach §59 Abs9 AMG und §52 Abs2 GewO betrifft die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ('Ausübungsschranke') und greift somit in die Erwerbsbetätigungsfreiheit des Art6 StGG ein.

 

Dieser Eingriff erweist sich als unverhältnismäßig:

 

Mag man auch ein öffentliches Interesse am Verbraucherschutz bejahen und das besagte Verbot zur Verwirklichung dieses Ziel als zumindest teilweise geeignet anerkennen, so erscheint es angesichts des oben unter Punkt 5.2.2.1. geschilderten allgemeinen Informationsstands in der Bevölkerung über die Risiken der Arzneimitteleinnahme nicht erforderlich, die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung ausnahmslos, nämlich gerade auch in Ansehung der weit weniger bedenklichen rezeptfreien Arzneimittel (vgl dazu erneut die gebotene Differenzierung im Sinne des Urteils des EuGH vom 11.12.2003, Rs C-322/01 , Doc Morris, Rz 102 ff, insb Rz 112 ff und Rz 117 ff) zu verbieten. Diese Wertung entspricht auch nicht mehr jener des Gesetzgebers selbst, welcher die Abgabe von Arzneimitteln im Fernabsatz inzwischen zugelassen hat. Allerdings macht es keinen Unterschied, ob ein Verbraucher ein Arzneimittel online bestellt oder einem Selbstbedienungsregal entnimmt: In keinem dieser Fälle kommt es – wenn der Verbraucher es nicht will – zu einem Kontakt mit einer Person, die über die Handhabung des betreffenden Arzneimittels informieren könnte.

 

Aus diesem Grund bewirken §59 Abs9 AMG und §52 Abs2 GewO einen unverhältnismäßigen Eingriff in, mithin eine Verletzung des Art6 StGG, und erweist sich §2 der VO BGBl 177/1981 aus demselben Grund als gesetz- und verfassungswidrig.

 

5.7.2. Mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B‑VG)

 

Das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung nach §59 Abs9 AMG gilt für Apotheken, Drogerien und andere Gewerbetreibende in gleicher Weise. Vom Verbot des §52 Abs2 GewO und des §2 der VO BGBl 177/1981 sind Apotheken nicht erfasst (vgl auch §2 Abs1 Z11 GewO), wohl aber Drogerien und andere Gewerbetreibende.

 

Eine Ungleichbehandlung tritt insoweit in Erscheinung, als die Abgabe von Arzneimitteln im Fernabsatz unter bestimmten Voraussetzungen (freilich nur zu Gunsten von Apotheken) erlaubt ist, die Abgabe in Selbstbedienung hingegen ausnahmslos verboten, obwohl mit Blick auf das insoweit entscheidende öffentliche Interesse des Verbraucherschutzes – wie eben dargelegt wurde (Punkt 5.7.1.) – keine Unterschiede im Tatsächlichen angeführt werden können, die eine solche Unterscheidung rechtfertigen könnten.

 

Darüber hinaus ist kein rechtfertigender Grund erkennbar, dass auch rezeptfreie Arzneimittel dem Verbot der Abgabe in Selbstbedienung uneingeschränkt unterliegen, obwohl diese Kategorie von Arzneimitteln mit jener der rezeptpflichtigen Arzneimittel unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes nicht vergleichbar sind (siehe dazu nochmals die gebotene Differenzierung im Sinne des Urteils des EuGH vom 11.12.2003, Rs C-322/01 , Doc Morris, Rz 102 ff, insb Rz 112 ff und Rz 117 ff).

 

ln diesem Zusammenhang ist auch auf jene Rechtsprechung des VfGH zum Gleichheitsgrundsatz zu verweisen, der zufolge absolute (ausnahmslose) Verbote in der Regel unverhältnismäßig sind (siehe VfSlg 13.964/1994, 14.047/1995, 15.577/1999, 18.021/2006, 18.652/2008, 19.662/2012, 19.719/2012, uva). Dies trifft auch für das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung zu, welches absolut gilt, ohne eine Ausnahme für rezeptfreie Arzneimittel zu kennen, obwohl diese sich (vom Standpunkt des Verbraucherschutzes aus gesehen) für eine Abgabe in Selbstbedienung genauso bedenkenlos eignen wie für eine Abgabe im Fernabsatz.

 

Aus diesen Gründen verstößt das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung gemäß §59 Abs9 AMG und §52 Abs2 GewO auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B‑VG und erweist sich genauso §2 der VO BGBl 177/1981 als gesetz- und verfassungswidrig.

 

5.7.3. Aufhebungsumfang

 

Die Verfassungswidrigkeit kann beseitigt werden, indem in §59 Abs9 AMG die Wortfolge 'in Selbstbedienung oder' und in §52 Abs2 GewO die Wortfolge 'Arzneimitteln sowie' aufgehoben werden. Hingegen muss §2 der VO BGBl 177/1981 zur Gänze aufgehoben werden, weil dieser Vorschrift ein grundlegend veränderter Inhalt zu entnehmen wäre, wenn etwa nur die Wortfolge 'im Wege der Selbstbedienung durch Kunden' (Satz 1) und die Wortfolge 'ausschließlich im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer Person, die die persönliche und fachliche Eignung im Sinne des §225 GewO 1973 besitzt,' (Satz 2) aufgehoben werden würden."

 

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des (Individual-)Antrages bestreitet und zu den im Antrag dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen im Wesentlichen Folgendes ausführt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"II. Zur Zulässigkeit

 

1. Zur Bezeichnung des Anfechtungsgegenstandes

 

1.1. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG sind die anzufechtenden Bestimmungen genau und eindeutig zu bezeichnen (vgl VfSlg 11.888/1988, 12.062/1989, 12.263/1990, 14.040/1995, 14.634/1996). Es darf nicht offenbleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (vgl VfSlg 12.062/1989, 12.487/1990, 14.040/1995, 16.340/2001; 2.3.2015, G140/2014 ua mwN). Eine ungenaue Bezeichnung der Gesetzesvorschriften, deren Aufhebung beantragt wird, ist nach ständiger Rechtsprechung kein verbesserungsfähiger Mangel (VfSlg 14.634/1996; vgl auch VfSlg 17.570/2005). Es ist dem Verfassungsgerichtshof nämlich verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefasst haben könnte, in Prüfung zu ziehen und aufzuheben (vgl VfSlg 15.775/2000; 16.340/2001; 17.570/2005).

 

1.2. Nach Auffassung der Bundesregierung hat die Antragstellerin die Gesetzesvorschriften, deren Aufhebung begehrt wird, nicht hinreichend klar bezeichnet:

 

1.3. Mit dem Antrag wird neben dem sich auf die Abgrenzungsverordnung beziehenden Hauptantrag (Punkt 2 des Antrags) 'in eventu' die Aufhebung des §59 Abs1 AMG, näher bezeichneter Wortfolgen in §59 Abs3 AMG und in §57 Abs1 Z2 AMG sowie weiterer näher bezeichneter Bestimmungen und Wortfolgen des AMG und des Apothekengesetzes (Punkt 3a des Antrags) 'und' näher bezeichneter Wortfolgen in §50 Abs2 GewO 1994, in §59 Abs10 und 11 AMG, §59a AMG zur Gänze sowie weiterer näher bezeichneter Bestimmungen und Wortfolgen des AMG (Punkt 3b des Antrags) 'und' näher bezeichneter Wortfolgen in §59 Abs9 AMG und in §52 Abs2 GewO 1994, jeweils verbunden mit weiteren Eventualanträgen, begehrt.

 

1.4. Aus dem Antrag geht nicht klar hervor, welche Bestimmungen vom Hauptantrag erfasst sind und welche nur eventualiter aufgehoben werden sollen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob die unter Punkt 3b und 3c des Antrags aufgelisteten Bestimmungen und Wortfolgen gemeinsam mit der mit dem Hauptantrag (Punkt 2) angefochtenen Verordnung angefochten werden oder ob die unter Punkt 3b und 3c des Antrags aufgelisteten Bestimmungen und Wortfolgen – gemeinsam mit den unter Punkt 3a aufgelisteten Bestimmungen und Wortfolgen – nur für den Fall angefochten werden, dass der Hauptantrag unzulässig ist.

 

1.5.1. Auch das Eventualbegehren auf Aufhebung der 'Absätze 2 und 3 des §50 Abs2 der Gewerbeordnung 1994' ist nicht nachvollziehbar, zumal Abs2 aus Sätzen und nicht aus Absätzen besteht. Diesem Begehren kann der beabsichtigte Aufhebungsumfang daher nicht mit der gebotenen Klarheit entnommen werden.

 

1.5.2. Der Umstand, dass im Antrag auf Seite 36 ausgeführt wird, dass 'der gesamte §50 Abs2 GewO und der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende §50 Abs3 GewO zur Gänze aufzuheben [wären], was daher tieferstehend eventualiter beantragt wird', vermag ein ausdrückliches, die angefochtenen Bestimmungen genau bezeichnendes Aufhebungsbegehren nach §62 Abs1 erster Satz VfGG nicht zu ersetzen (vgl VfSlg 13.968/1994).

 

2. Zum Anfechtungsumfang

 

2.1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die Grenzen der Aufhebung so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003, VfGH 21.02.2013, G45/12).

 

2.1.2. Vor diesem Hintergrund erweist sich der vorliegende Antrag als nicht richtig abgegrenzt:

 

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es Sache des Verfassungsgerichtshofes, im Gesetzesprüfungsverfahren zu entscheiden, wie der Aufhebungsumfang im konkreten Fall abzugrenzen ist. Der Antragsteller muss daher all jene Bestimmungen mitanfechten, die in diese Abwägung bei der Abgrenzung des Aufhebungsumfanges miteinzubeziehen sind, und darf nicht durch Anfechtung nur eines Teils dieser Bestimmungen das Ergebnis der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorwegnehmen (siehe VfGH 10.3.2015, G201/2014; 7.10.2015, G315/2015 ua; 10.12.2015, G639/2015; 25.11.2016, G252/2016).

 

2.2.2. Wie die Antragstellerin selbst erkennt (vgl S 17 und 34 des Antrags), bildet §59 Abs1 AMG die 'zentrale Regelung des Apothekenvorbehalts' und steht nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in einem untrennbaren Zusammenhang mit §57 Abs1 Z2 und §59 Abs3 AMG (VfGH 10.10.2016, G49/2016).

 

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Hauptantrag die Aufhebung der Abgrenzungsverordnung 2004. Diese ordnet jedoch für sich genommen den Apothekenvorbehalt nicht an; durch ihre Aufhebung wird die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt. Die Antragstellerin hätte daher §57 Abs1 Z2 und §59 Abs1 und 3 AMG bereits mit dem Hauptantrag und nicht bloß eventualiter anfechten müssen (siehe in ähnlichem Zusammenhang VfGH 10.3.2015, G201/2014).

 

2.3.1. Die Bundesregierung verkennt nicht, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein zu weiter Anfechtungsumfang einen Antrag nicht per se unzulässig macht (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.942/2014). Allerdings erweist sich der Anfechtungsumfang hinsichtlich der mit Punkt 3b des Antrags angefochtenen Bestimmungen als zu weit gefasst:

 

2.3.2. Hinsichtlich der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Fernabsatzverbotes nach dem AMG würde nämlich bereits die Beseitigung jeweils der Wortfolge 'durch öffentliche Apotheken' in §59 Abs10 und 11 AMG sowie des §59a Abs1 AMG zu dem von der Antragstellerin gewünschten Ergebnis führen.

 

2.3.3. Auch in Bezug auf das Versandhandelsverbot nach der GewO 1994 müsste nicht dessen gesamter §50 Abs2 und 3 beseitigt werden, sofern man hinsichtlich dieser Bestimmung überhaupt von einem genau bezeichnenden Aufhebungsbegehren ausgehen kann (vgl dazu oben Pkt. II.1.):

 

2.3.4. Neben dem Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln enthält §50 Abs2 GewO 1994 auch ein Verbot des Versandhandels mit Giften, Heilbehelfen (ausgenommen Kontaktlinsen), Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln. Es ist nicht ersichtlich, welche Gründe die Aufhebung des gesamten §50 Abs2 GewO 1994 erforderlich machen sollten, um die behauptete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen, die zufolge dem Vorbringen der Antragstellerin allein im Verbot des Versandhandels mit Arzneimittel liegen soll. Vielmehr würde die Aufhebung des gesamten Abs2 weite Regelungsbereiche betreffen, die von den verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragstellerin nicht erfasst sind.

 

2.3.5. Die vorstehenden Überlegungen gelten umso mehr für das Begehren der Antragstellerin, auch den gesamten §50 Abs3 GewO 1994 aufzuheben. Abs3 verpflichtet den zuständigen Bundesminister, mit Verordnung weitere Waren zu bezeichnen, hinsichtlich deren der Versandhandel an Letztverbraucher unzulässig ist, soweit ein solches Verbot zum Schutz abschließend aufgezählter öffentlicher Interessen erforderlich ist. Durch die von der Antragstellerin begehrte Aufhebung des gesamten Abs3 würde daher weit mehr aus dem Normbestand entfernt, als zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit erforderlich ist.

 

2.3.6. Keinesfalls ist die Aufhebung des §5 des Apothekengesetzes zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit erforderlich. Dieser bestimmt ua, dass den Apothekern als pharmazeutischen Fachkräften die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln vorbehalten ist. Was unter 'den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln' zu verstehen ist, ergibt sich nicht aus dieser Regelung selbst, sondern aus §59 AMG, sodass zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit die Aufhebung (von Teilen) dieser Bestimmung ausreichend wäre.

 

2.3.7. Die Antragstellerin beantragt außerdem die Aufhebung zahlreicher weiterer, unter Punkt 3b und 3c des Antrags angeführter, Bestimmungen und Wortfolgen des AMG, da die darin normierten Verweisungen im Falle einer Aufhebung (von Teilen) der §§57, 59 und 59a AMG ins Leere gehen würden. Allein dieser Umstand führt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs jedoch nicht dazu, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den einzelnen verweisenden Normen und den §§57, 59 und 59a AMG vorläge (vgl VfGH 7.10.2014, G27/2014 ua mwN). Der Antrag erweist sich auch insofern als zu weit gefasst.

 

2.4. Die Bundesregierung ist daher der Ansicht, dass der Antrag auch aus diesen Gründen insoweit unzulässig ist.

 

3. Zur unmittelbaren Betroffenheit

 

3.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs muss bei den Ausführungen zur Zulässigkeit des Individualantrags dargelegt werden, inwieweit das Gesetz unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift und diese verletzt (vgl zB VfSlg 13.259/1992, 13.814/1994 und 15.116/1998). Anfechtungsberechtigt kann also von vornherein nur ein Rechtsträger sein, an oder gegen den sich das angefochtene Gesetz wendet (vgl zB VfSlg 12.751/1991, 12.909/1991, 13.814/1994, 15.332/1998, 16.015/2000).

 

3.2. In seinem Beschluss vom 25. September 2017 zu G8/2017 ua hat der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt, dass die Antragstellerin, die gerade keine Apotheke betreibt, nicht Normadressatin des §5 des Apothekengesetzes ist. Es ist somit von vornherein ausgeschlossen, dass diese Bestimmung die Rechtssphäre der Antragstellerin tatsächlich berührt.

 

3.3.1. Der unter Punkt 3c des Antrags teilweise bzw zur Gänze angefochtene §52 Abs2 GewO 1994 enthält ein Verbot der Abgabe von Arzneimitteln durch Automaten. Nach den Ausführungen im Antrag beabsichtigt die Antragstellerin, künftig alle rezeptfreien Arzneimittel in ihren Drogerien in Selbstbedienung sowie im Fernabsatz abzugeben (siehe Seiten 2 f. des Antrags). Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, dass dieses Verbot des Automatenverkaufs auch auf sie anwendbar sein könnte, wenn sie Arzneimittel in Form der Selbstbedienung anbietet (Seiten 10 f des Antrags).

 

3.3.2. Zum Begriff des Automaten gehört zumindest eine, wenn auch ganz einfache, durch den Kunden auszulösende technische Einrichtung, zB eine Vorrichtung bzw Mechanik, welche die betreffende Ware nach Knopfdruck, nach Münzeinwurf oder dgl. zur Entnahme freigibt. Ein bloßer Verkaufsständer, der von Anfang an dem freien Zugriff des Kunden ausgesetzt ist, fällt daher nicht unter den Begriff des Automaten (vgl Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 §52 Rz. 9 [Stand 22.9.2018, rdb.at]; Forster in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO §52 Rz. 2 [Stand 1.1.2015, rdb.at]). Auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gilt ein Automat als 'Apparat, der nach Münzeinwurf oder nach Einstecken einer Geldkarte, eines Geldscheins oä selbsttätig etwas ab-, herausgibt oder eine Dienst- oder Bearbeitungsleistung erbringt' (http://www.duden.de/rechtschreibung/Automat ).

 

3.3.3. Die von der Antragstellerin vertretene Auslegung, dass auch ein 'Selbstbedienungsregal' dem Begriff des Automaten unterstellt werden kann und somit unter das Verbot des §52 Abs2 GewO 1994 fällt, ist daher offensichtlich unzutreffend. Die Antragstellerin ist folglich weder Adressatin der von ihr angefochtenen Norm, noch greift diese Norm in ihre Rechtssphäre ein.

 

3.4. Hinsichtlich des §59a Abs6 zweiter Satz AMG und für den Fall, dass der Eventualantrag zu Punkt 3b vom Verfassungsgerichtshof dahingehend verstanden wird, dass damit (auch) die Aufhebung des §50 Abs3 GewO 1994 begehrt wird, weist die Bundesregierung darauf hin, dass es sich bei diesen Bestimmungen um Verordnungsermächtigungen handelt, die als solche keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin zu bewirken vermögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann die Rechtsstellung eines Normunterworfenen durch derartige Verordnungsermächtigungen nicht unmittelbar beeinträchtigt werden, weil sie erst über die Erlassung der entsprechenden Verordnungen für die Normunterworfenen wirksam wird (vgl VfSlg 11.730/1988, 13.318/1992, 15.316/1998 sowie zuletzt VfGH 19.11.2015, G586/2015). Eine auf §59a Abs6 zweiter Satz AMG bzw §50 Abs3 GewO 1994 gestützte Verordnung wurde bislang nicht erlassen.

 

3.5. Der Antrag ist daher auch aus diesen Gründen unzulässig.

 

4. Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit

 

4.1. Die Antragstellerin behauptet unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-322/01 , DocMorris, dass das Versandhandelsverbot für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel gegen das Unionsrecht verstoße, und regt an, 'dass der VfGH dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen möge,

 

a. ob das gewerberechtliche Versandhandelsverbot des §50 Abs2 GewO mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art28 ff AEUV und

 

b. ob das arzneimittelrechtliche Versandhandelsverbot des §59 Abs9, 10 und 11 AMG, §59a AMG (…) mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art28 ff AEUV und mit Art85c der Richtlinie 2011/62/EU

 

vereinbar sind'.

 

4.2. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das Verbot des Versandhandels mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Drogisten mit der Warenverkehrsfreiheit aus den nachfolgenden Gründen vereinbar:

 

4.3.1 In der von der Antragstellerin ins Treffen geführten Rechtssache C-322/01 , DocMorris, hat der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt, dass ein nationales Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ausschließlich in Apotheken verkauft werden dürfen, aus Gründen des Art30 EGV (jetzt: Art36 AEUV) gerechtfertigt ist, soweit dieses Verbot rezeptpflichtige Arzneimittel betrifft; ein absolutes Verbot des Versandhandels mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln könne dagegen nicht gerechtfertigt werden (vgl Spruchpunkt 1b des genannten Urteils). In seiner Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass auch eine 'virtuelle Apotheke' in der Lage sei, die notwendige Information und Beratung zu vermitteln und das Risiko eines möglichen Fehl- oder Missbrauchs von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu vermindern (vgl Rz. 112 ff des genannten Urteils).

 

4.3.2. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache DocMorris hingegen nicht ausgesprochen, dass auch ein Verbot des Versandhandels mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Drogisten jeglicher Rechtfertigung entbehren würde.

 

4.3.3. Vielmehr hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung festgestellt, dass in Anbetracht der im Zusammenhang mit dem Arzneimittelkonsum bestehenden Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung die Mitgliedstaaten die mit dem Einzelhandelsvertrieb der Arzneimittel betrauten Personen, ua was die Modalitäten ihrer Vermarktung und das Gewinnstreben anbelangt, strengen Anforderungen unterwerfen können. Insbesondere können sie den Verkauf von Arzneimitteln im Einzelhandel grundsätzlich Apothekern vorbehalten wegen der Garantien, die diese bieten müssen, und der Informationen, die sie den Verbrauchern geben können müssen. Nichtapotheker würden dagegen nicht die gleichen Garantien wie Apotheker bieten, da sie definitionsgemäß keine derjenigen der Apotheker entsprechende Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung hätten (vgl Rs C-171/07 , Apothekerkammer des Saarlandes ua, Rn. 34 ff mwN).

 

4.3.4. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Ansicht, dass ein Versandhandelsverbot mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Drogisten zwar eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellen kann (vgl idS wohl auch VfSlg 18.298/2007), jedoch im Hinblick auf die soeben dargestellten sowie die unter Pkt. III.1.4. bis III.1.6. angeführten Gründe gerechtfertigt ist.

 

4.4. Auch aus Art85 c der Richtlinie 2011/62/EU zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Verhinderung des Eindringens von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 74) kann keine Berechtigung von Drogisten auf Verkauf von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln mittels Versandhandel abgeleitet werden: Abs1 lita dieser Bestimmung legt nämlich fest, dass eine natürliche oder juristische Person, die ein Arzneimittel anbietet, entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem diese Person niedergelassen ist, zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit, auch im Fernabsatz, ermächtigt oder befugt sein muss. Die Regelung des Art85 c der Richtlinie 2011/62/EU setzt somit die Berechtigung zur Abgabe von Arzneimitteln nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften voraus.

 

4.5. Die Bundesregierung geht folglich davon aus, dass der Anwendung der bekämpften Normen unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht entgegensteht und der Antrag nicht aus diesem Grund unzulässig ist.

 

5. Zu den Folgen einer allfälligen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof

 

5.1. §59a AMG enthält nähere Regelungen über den Fernabsatz von (nicht rezeptpflichtigen) Arzneimitteln, die über allgemeine Regelungen betreffend den Fernabsatz von Produkten hinausgehen. Diese Bestimmung ist gemeinschafts- bzw unionsrechtlichen Vorgaben geschuldet (vgl näher Zirm, Der selbständige Apotheker und seine Konzession, 2018, 245 f) und soll jenen Gefahren, die mit einem Fernabsatz von Arzneimitteln gegenüber einem Absatz in einer Apotheke verbunden sind, minimieren. Ihre Anordnungen erklären sich demnach daraus, dass es sich beim Fernabsatz von Arzneimitteln um eine Ausnahme vom Apothekenvorbehalt für Arzneimittel handelt.

 

5.2. Würden §59a AMG und das in §50 Abs2 GewO 1994 vorgesehene Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, so würde dies den Drogisten zwar ermöglichen, Arzneimittel im Fernabsatz zu vertreiben, gleichermaßen würden aber Regelungen betreffend den Fernabsatz von Arzneimitteln zur Gänze fehlen. Es kann der Gesetzgebung allerdings nicht zugesonnen werden, einen solchen Fernabsatz ohne jegliche Maßnahmen der Sicherung der Gesundheit der Konsumenten getroffen haben zu wollen. Die beantragte Aufhebung des §59a AMG durch den Verfassungsgerichtshof käme demnach einem Akt der Gesetzgebung gleich, der dem Verfassungsgerichtshof nicht zukommt (vgl VfSlg 12.465/1990; 13.915/1994; 19.755/2013, VfGH 18.2.2016, G434/2015 jeweils mwN). Der Antrag erweist sich demnach im Hinblick auf §59a AMG als unzulässig.

 

6. Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag, soweit er sich auf bundesgesetzliche Bestimmungen bezieht, unzulässig ist. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:

 

III. In der Sache

 

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

 

Die Bundesregierung erinnert außerdem an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die von der Grundrechte-Charta (GRC) verbürgten Rechte im Rahmen des Anwendungsbereichs der Grundrechte-Charta grundsätzlich einen Prüfungsmaßstab in Verfahren der generellen Normenkontrolle vor dem Verfassungsgerichtshof bilden (vgl VfSlg 19.632/2012). Die durch die GRC garantierten Grundrechte sind daher zu beachten, wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Wenn ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht allerdings den gleichen Anwendungsbereich wie ein Recht der GRC hat (wie dies etwa hinsichtlich der Erwerbsfreiheit nach Art6 StGG einerseits und nach Art15 und 16 GRC andererseits der Fall ist), erfolgt die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der Regel auf Grund der österreichischen Verfassungsrechtslage (vgl VfSlg 19.909/2014, Rz. 101). Es erübrigt sich daher, auf die behauptete Verletzung der Art15 und 16 GRC gesondert einzugehen.

 

1. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit (Art6 StGG)

 

1.1. Die Antragstellerin bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, durch die angefochtenen Bestimmungen sei es ihr verboten, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel in ihren Filialen, insbesondere in Selbstbedienung, aber auch im Wege des Fernabsatzes, zu vertreiben. Dies würde einen unzulässigen Eingriff in ihre Erwerbsfreiheit darstellen.

 

1.2. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch der Gesetzgebung bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl VfSlg 11.558/1987 mwH, 11.853/1988, 12.379/1990, 12.481/1990, 13.704/1994, 16.324/2001; VfGH 27.11.2013, G49/2013).

 

1.3.1. Die in Rede stehenden Abgabebeschränkungen für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel stellen einen Eingriff in die von Art6 StGG geschützte Erwerbsfreiheit der Antragstellerin dar.

 

1.3.2. Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich bei den angefochtenen Bestimmungen betreffend den Fernabsatz und die Selbstbedienung für Arzneimittel jedoch lediglich um eine Ausübungsschranke, da durch diese Bestimmungen nicht der Verkauf von Arzneimitteln schlechthin, sondern lediglich ein bestimmter Vertriebsweg eingeschränkt wird. Somit steht der Gesetzgebung hiebei ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei der Regelung eines Apothekenvorbehaltes.

 

1.4.1. Die angefochtenen Bestimmungen dienen dem Gesundheitsschutz, dem Kinder- und Jugendschutz und dem Konsumentenschutz […] sowie der Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung. Diese Ziele stellen wichtige öffentliche Interessen dar (vgl VfSlg 15.103/1998, 16.222/2001, 18.298/2007).

 

1.4.2. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Gesetzgebung in einem für die Gesundheit von Menschen so maßgeblichen Bereich wie dem Arzneimittelrecht über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum zur Verwirklichung dieser Ziele verfügt.

 

1.4.3. Arzneimittel sind keine gewöhnlichen Waren; ihre therapeutische Wirkung unterscheidet sie substantiell von den übrigen Waren (so auch der Gerichtshof in der Rechtssache C-171/07 , Apothekerkammer des Saarlandes ua, Rz. 31 mwN). Jedes Arzneimittel hat Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Eine unkontrollierte Abgabe und falsche Einnahme kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Das österreichische Arzneimittelrecht unterscheidet drei Kategorien von Arzneimitteln, wobei die Unterscheidung auf deren Gefährdungspotential beruht:

 

Die erste Kategorie bilden jene Arzneimittel, welche auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden. Solche Arzneimittel, die ein großes Gefährdungspotential aufweisen, unterliegen der ärztlichen Rezeptpflicht und dürfen nur durch Apotheken abgegeben werden (vgl §1 Abs1 des Rezeptpflichtgesetzes, BGBl Nr 413/1972).

 

Die zweite Kategorie bilden jene Arzneimittel, die bei einem nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch (zB durch Überdosierung) eine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier darstellen (vgl §59 Abs3 AMG e contrario). Eine missbräuchliche nicht bestimmungsgemäße Verwendung kann allerdings nicht als 'nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbar' qualifiziert werden und bildet somit keinen Maßstab für die Beurteilung des Gefährdungspotentials. Solche Arzneimittel sind zwar nicht rezeptpflichtig, dürfen aber aufgrund ihres zwar geringeren, aber dennoch gegebenen Gefährdungspotentials nur durch Apotheken abgegeben werden. Auf diese Kategorie von Arzneimitteln bezieht sich der gegenständliche Antrag.

 

Die dritte Kategorie bilden schließlich jene Arzneimittel, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefahr für die Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier darstellen. Solche, etwa auch bei Überdosierung, ungefährliche Arzneimittel können durch Verordnung des zuständigen Bundesministers vom Apothekenvorbehalt ausgenommen werden (vgl §59 Abs3 AMG), was durch die Abgrenzungsverordnung 2004 erfolgt ist.

 

1.4.4. Nach der Systematik des Arzneimittelrechts erschöpft sich die Abwehr von Gefahren für die Gesundheit, die von Arzneimitteln ausgehen, nicht allein in der ärztlichen Rezeptpflicht. Vielmehr dient auch der Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel dem Gesundheitsschutz, und zwar der Verhinderung jener Gefahren für die Gesundheit, die sich aus einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch ergeben. Viele der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel sind keineswegs nebenwirkungsfrei und risikoarm:

 

1.4.5. Das Gefahren- und Risikopotential nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel wird durch zahlreiche internationale Studien belegt: Die Anwendung von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln ohne Inanspruchnahme einer fachkundigen Beratung kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen einschließlich Todesfällen führen, verursacht etwa durch falsche Selbstdiagnosen, die Verzögerung der notwendigen Inanspruchnahme von ärztlicher Hilfe, schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Wechselwirkungen, falsche Therapiewahl, falsche Arzneimittelanwendung, falsche Dosierung und das Risiko für Arzneimittelabhängigkeit (Ruiz, Risks of Self-Medication Practices, Current Drug Safety, Vol. 5/2010, 315).

 

So kann es bei der Einnahme von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen zu schwerwiegenden gastrointestinalen Blutungen, Geschwüren oder Perforationen auch mit letalem Ausgang kommen. Zusätzlich kann die Nierenfunktion verschlechtert werden und bei Vorliegen von Risikofaktoren oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln zu einem Nierenversagen führen, das ebenfalls tödlich enden kann. Besonders bei älteren Patienten steigt die Häufigkeit der unerwünschten Nebenwirkungen (so zB Singh, Gastrointestinal Complications of Prescription and Over-the-Counter Nonsteroidal Anti-inflammatory Drugs: A View from the ARAMIS Database, Am J Ther 2000, 7; Warle-van Herwaarden ua, Targeting Outpatient Drug Safety – Recommendations of the Dutch HARM-Wrestling Task Force, Drug Saf 2012, 35/3). Paracetamol kann bei Kindern, älteren Menschen und Personen mit Lebererkrankungen zu Intoxikationen und bei Überdosierungen sogar zum Tode führen (Pharmazeutische Zeitung online 27/2008, Paracetamol-Vergiftung). Antihistaminika, eingesetzt bei Schlafstörungen und Allergien, können besonders in Kombination mit anderen Arzneimitteln Delirien auslösen oder zu schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen führen. Ebenfalls besteht die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung von Antihistaminika zur Erzeugung von Rauschzuständen und Halluzinationen (Troja, Dramatische Verwirrtheit, Pharmazeutische Zeitung 2014; 37; Halpert et al., Mechanisms and abuse liability of the anti-histamine dimenhydrinate. Neurosci Biobehav Rev 2002/26, 61 f; Cox et al., Diphenhydramin dependence. Addiction 2001/96, 516 f). Protonenpumpenhemmer ('Magenschutz') können neben unerwünschten Wirkungen wie Pneumonien oder Oberschenkelbrüchen auch die Wirkung anderer Arzneimittel auf gefährliche Weise hemmen oder verstärken (Austria-Codex Fachinformation: Aspirin, Calmaben, Ibumetin, Mexalen, Pantozol Control; Karow, Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2015). In einer aktuellen Studie der Medizinischen Universität Wien konnte etwa ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Magenschutzmedikamenten und dem Auftreten von Allergien festgestellt werden (abrufbar unter: https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detailseite/2019/news-im-juli-2019/magenschutz-medikamente-koennen-allergien-ausloesen ).

 

1.4.6. Dass Ärzte (in Bezug auf die ärztliche Verschreibung) und Apotheken (in Bezug auf die Abgabe von Arzneimitteln) bei der Abwehr von Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit Arzneimitteln unterschiedliche Aufgaben erfüllen, zeigt sich auch an §13 Abs3 und 4 der Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005, BGBl II Nr 65/2005. Danach haben Apotheker die ärztliche Verschreibung zu überprüfen und gegebenenfalls die Abgabe des Arzneimittels zu verweigern, wenn die Verschreibung mit einem Irrtum behaftet ist, bedenkliche Substanzen enthält oder eine Unverträglichkeit zu erwarten ist. Für Deutschland kann belegt werden, dass Apotheken täglich ca 1.000 falsche Verordnungen von Arzneimitteln feststellen (vgl zu weiteren Einzelheiten und Beispielen Beilage A).

 

1.4.7. Die Abgabebeschränkungen für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel dienen auch dem Schutz von Kindern und Jugendlichen, die eine besonders missbrauchsanfällige Bevölkerungsgruppe darstellen. Aus amerikanischen Studien ist bekannt, dass Betreuungspersonen trotz vorhandener Gebrauchsinformation nicht rezeptpflichtige Arzneimittel (etwa Paracetamol) für Kinder und Kleinkinder bzw Säuglinge unsachgemäß dosieren (vgl Hurwitz et al., Patient knowledge and use of acetaminophen in over-the-counter medications, Journal of the American Pharmacists Association, 1/2014, 19). Nur 30 % der betreuenden Personen sind in der Lage, dem zu behandelnden Kind eine angemessene Dosierung des rezeptfreien Arzneimittels richtig zu verabreichen (vgl Simon/Weinkle, Over-the-counter medications. Do parents give what they intend to give? Arch Pediatr Adolesc Med. 1997, 654). Überdies neigen einer Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie zufolge (vgl Beilage B) junge Menschen mit psychosomatischen Beschwerden verstärkt dazu, Schmerzmittel wie Paracetamol und Acetylsalicylsäure zu sich zu nehmen. Nach einer weiteren amerikanischen Studie missbrauchen allein in den USA über drei Millionen Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren regelmäßig rezeptfreie Erkältungsarzneimittel, wie beispielsweise Hustensaft. Zwischen 1999 und 2004 haben sich dort die Vergiftungsfälle in Zusammenhang mit Dextromethorphan, dem Wirkstoff bei Erkältungsmedizin, versiebenfacht. Die meisten Vergiftungsfälle erlitten 15- bis 16-jährige Jugendliche (Driscoll-Malliarakis, Teen Prescription and Over-the-Counter Drug Abuse, abrufbar unter: http://www.medscape.com/viewarticle/713306 ). Bei einer Aufhebung der bekämpften Abgabebeschränkungen würden insbesondere Kinder und Jugendliche einen leichteren Zugang zu diesen Arzneimitteln bekommen, womit die Gefahr einer vermehrten, unkontrollierten Einnahme solcher Arzneimittel durch Kinder und Jugendliche verbunden wäre.

 

1.4.8. Die angefochtenen Bestimmungen dienen aber auch dem Konsumentenschutz: Der Arzneimittelmarkt unterscheidet sich von anderen Märkten im Konsumgüter- und Dienstleistungsbereich, weil die Konsumenten zur Erhaltung oder Wiederherstellung ihrer Gesundheit auf eine konkrete Ware (Arzneimittel) angewiesen sind. Sie befinden sich daher in Verhältnis zu den Anbietern von Arzneimitteln in einer besonders verletzlichen und damit schutzbedürftigen Position. Überdies nimmt die Kriminalität im Bereich der Arzneimittelfälschungen zu (vgl http://www.auf-der-sicheren-seite.at/pangea-ix-beeindruckende-erfolgsbilanz-im-kampf-gegen-arzneimittelkriminalitaet-im-internet/ ). Die Gesetzgebung kann zulässigerweise davon ausgehen, dass Apotheken eine höhere Gewähr dafür bieten, dass nicht gefälschte Produkte an die Konsumenten abgegeben werden.

 

1.5.1. Entgegen der Ausführungen der Antragstellerin sind die angefochtenen Bestimmungen auch geeignet und erforderlich, die im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele des Gesundheits-, des Konsumenten- und des Kinder- und Jugendschutzes zu erreichen:

 

1.5.2. Wie bereits ausgeführt, sieht das österreichische Arzneimittelrecht im Hinblick auf die Abgabebeschränkungen für Arzneimittel ein nach deren Gefährdungspotential abgestuftes System vor, um den gesundheitspolitischen Zielsetzungen angemessen Rechnung zu tragen (vgl unter […] Pkt. III.1.4.3.). So können Drogisten zum einen im Umfang der Abgrenzungsverordnung zahlreiche Arzneimittel und Arzneispezialitäten, die an sich unter den Apothekenvorbehalt fallen, selbst im Kleinen abgeben. Zum anderen besteht für den Zulassungsinhaber einer Arzneispezialität, die nicht bereits aufgrund der Abgrenzungsverordnung vom Apothekenvorbehalt ausgenommen ist, die Möglichkeit, gemäß §59 Abs6 AMG eine solche Ausnahme für das betreffende Produkt zu beantragen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist davon ausgehen, dass Zulassungsinhaber von der Möglichkeit, eine Ausnahme für ihre Produkte zu erlangen, allein schon aufgrund ihrer offensichtlichen Geschäftsinteressen Gebrauch machen.

 

1.5.3. Der gesetzlich geregelte Abgabemodus für Arzneimittel im Kleinen sieht ein persönliches Beratungsgespräch vor der Arzneimittelabgabe vor (vgl näher §§10 und 10a ABO 2005). Dadurch kann der Konsument – auf eigene Nachfrage oder aufgrund der fachlichen Einschätzung des Apothekers, der einen Beratungsbedarf feststellt – sachkundig über die bestimmungsgemäße Einnahme des Arzneimittels informiert und beraten werden. Damit trägt die persönliche Arzneimittelabgabe durch den Apotheker wesentlich zur Einhaltung der für das jeweilige Arzneimittel geltenden Einnahme- und Anwendungsvorschriften durch den Arzneimittelkonsumenten und damit zum Therapieerfolg und zur Patientensicherheit bei.

 

Die Beratungsfunktion von Apotheken hat bei Arzneimitteln, die nicht rezeptpflichtig sind, besondere Bedeutung, weil bei diesen ein erhöhter Beratungsbedarf besteht (vgl BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 1 BvR 1972/00 ua - BVerfGE 107, 186 [202]).

 

Im Zuge eines persönlichen Beratungsgesprächs kann der dafür speziell ausgebildete Apotheker auch die Notwendigkeit einer ärztlichen Abklärung oder einen Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch feststellen. In letzterem Fall ist der Apotheker gemäß §13 ABO 2005 verpflichtet, die Abgabe des Arzneimittels zu verweigern. Überdies treffen die Apotheke spezielle Meldepflichten gemäß §75g Abs1 AMG, den §§23 Abs2 und 23h Abs1 der Suchtgiftverordnung, BGBl II Nr 374/1997, §11 Abs2 der Psychotropenverordnung, BGBl II Nr 375/1997, Art8 Abs1 der Verordnung (EG) Nr 273/2004 betreffend Drogenausgangsstoffe und Art9 der Verordnung (EU) Nr 98/2013 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe.

 

1.5.4. Apotheken haben ihre Kunden auch entgegen einer Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des höherrangigen Interesses des Gesundheits- und Konsumentenschutzes zu beraten. Die Einhaltung dieser Pflichten ist auch dadurch sichergestellt, dass die selbständigen und angestellten Apotheker sowie die Aspiranten einem gesetzlichen Berufs- und kammereigenen Disziplinarrecht unterliegen (vgl die §§39 ff des Apothekerkammergesetzes 2001, BGBl I Nr 111/2001).

 

Die Bundesregierung vertritt daher die Ansicht, dass es im Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung liegt, einen Apothekenvorbehalt für (auch nicht rezeptpflichtige) Arzneimittel vorzusehen (siehe auch Zirm, Apotheker 231 ff).

 

1.5.5. Der Sicherung der Beratungsfunktion von Apotheken dient auch das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung (§59 Abs9 AMG), weil dadurch sichergestellt wird, dass der Kunde vor einer Kaufentscheidung fachgerecht informiert wird. Auf diese Weise sollen insbesondere jene Personen geschützt werden, die zwar einen Informations- und Beratungsbedarf haben, sich dessen jedoch nicht bewusst sind oder sich nicht zu fragen trauen. Auch dient das Selbstbedienungsverbot dazu, Arzneimittelmissbrauch sowie das Risiko zu verringern, dass der Kunde wegen Unkenntnis oder einer Verwechslung auf ein ungeeignetes Arzneimittel zugreift oder ein an sich geeignetes Arzneimittel fehlerhaft anwendet. Dagegen ist ein nachträgliches Beratungsgespräch nach einer bereits getroffenen Kaufentscheidung durch den Kunden, etwa beim Bezahlvorgang, erfahrungsgemäß nicht geeignet, diese Risiken hintanzuhalten, zumal die nicht selten zeitlich und räumlich bedrängte Situation an der Kassa einem Beratungsgespräch abträglich ist (so auch BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2012, 3 C25.11).

 

Eine Ausgabe von Arzneimitteln mittels Automaten gemäß §52 Abs2 GewO 1994 ist von der Antragstellerin, […], zwar nicht beabsichtigt, der Vollständigkeit halber merkt die Bundesregierung jedoch an, dass die vorstehenden Überlegungen zum Verbot der Ausgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung in gleicher Weise für das Verbot der Ausgabe von Arzneimitteln mittels Automaten gelten.

 

1.5.6. Nichts Anderes gilt auch für die Abgabebeschränkungen von Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes. Auch hier darf die Abgabe von Arzneimitteln nur nach einer sachkundigen Beratung durch einen Apotheker der versendenden Apotheke stattfinden, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig ist oder die Abgabe der Humanarzneispezialität eine Beratung erforderlich macht (vgl §59a Abs6 erster Satz AMG; §5 Abs5 der Fernabsatz-Verordnung). Gemäß §59a Abs1 AMG darf die Arzneimittelabgabe im Fernabsatz nur durch eine öffentliche Apotheke erfolgen, d.h. unter der Aufsicht und Verantwortung des Apothekenleiters oder eines anderen allgemein berufsberechtigten Apothekers. Auch muss für diesen Vertriebsweg eine korrekte Lagerung und Abpackung durch pharmazeutische Fachkräfte sichergestellt sein (vgl näher §59a Abs7 AMG und die detaillierten Regelungen der Fernabsatz-Verordnung).

 

In diesem Zusammenhang weist die Bundesregierung darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten hat, dass ein Verbot des Versandhandels mit Verzehrprodukten (Nahrungsergänzungsmitteln) geeignet und auch erforderlich sein kann, um den öffentlichen Interessen des Konsumentenschutzes und des Gesundheitsschutzes zu dienen. Denn gerade die Vertriebsform des Versandhandels könne dazu benutzt werden, bedenkliche Produkte unter Umgehung der behördlichen Kontrollen zu vertreiben, da auf diesem Wege von vornherein nicht die gleiche Gewähr für eine korrekte Beschaffenheit des Verkaufsproduktes gegeben sei wie im sonstigen Einzelhandel, weil eine behördliche Kontrolle nahezu unmöglich sei (vgl VfSlg 16.222/2001).

 

Nach Ansicht der Bundesregierung gilt diese Auffassung des Verfassungsgerichtshofes umso mehr in Bezug auf das Verbot des Versandhandels mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Drogisten, da solche Arzneimittel mit wesentlich höheren Gesundheitsrisiken verbunden sind (vgl Pkt. III.1.4.5.) als bloße Nahrungsergänzungsmittel, die gar nicht unter den Begriff des Arzneimittels fallen. Es liegt im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Gesetzgebung (vgl Pkt. III.1.3.2.), neben der Zulassungspflicht (§[§] 7 AMG ff) und weiteren Kontrollmaßnahmen (§§76 AMG ff) auch im Bereich des Fernabsatzes Abgabebeschränkungen sowohl für rezeptpflichtige als auch für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel vorzusehen.

 

1.5.7. Somit kann nach Auffassung der Bundesregierung nur durch die angefochtenen Abgabebeschränkungen sichergestellt werden, dass das Gefährdungspotential, welches von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln ausgeht, wirksam reduziert wird. Zu diesem Ergebnis kommt auch das als Beilage angeschlossene Gutachten über die Abgabe rezeptfreier Arzneimittel außerhalb von Apotheken (Beilage C).

 

1.5.8. Während der Konsumentenschutz in anderen Bereichen etwa durch Schadenersatzansprüche ausreichend gewährleistet werden kann, sind im Arzneimittelbereich präventive Maßnahmen unabdingbar: Eine fehlende fachkundige Beratung kann mitunter schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben, die möglicherweise irreversibel sind. Solche Schäden sind nachträglich durch finanzielle Zuwendungen nicht wiedergutzumachen.

 

1.5.9. Zudem stellen die angefochtenen Abgabebeschränkungen bei zahlreichen rezeptfreien Arzneimitteln ein Korrektiv für die Entlassung aus der Rezeptpflicht dar. Würden diese Abgabebeschränkungen entfallen, müssten zahlreiche der derzeit nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel aufgrund ihres Gefährdungspotentials einer neuerlichen Risikoevaluierung unterzogen und unter Umständen wieder der Rezeptpflicht unterworfen werden. Beispielsweise konnten die nicht rezeptpflichtig erhältlichen oralen Notfallkontrazeptiva ('Pille danach') nur deshalb von der Rezeptpflicht ausgenommen werden, weil durch die kontrollierte Abgabe und Beratung in der Apotheke die Gefahr einer falschen oder missbräuchlichen Verwendung minimiert werden kann.

 

1.5.10. Die Antragstellerin behauptet, dass die erforderliche Beratung bei der Abgabe nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel auch durch Drogisten erfolgen könne. Drogisten haben über bestimmte fachliche Fähigkeiten zu verfügen, um ihren Beruf auszuüben. Die diesbezüglichen Anforderungen sind jedoch sehr heterogen und eine Drogerie kann von allen Personen betrieben werden, die in §1 der Drogisten-Verordnung, BGBl II Nr 130/2003, genannt sind. Hingegen haben Apotheker neben einem einschlägigen Studium das sogenannte 'Aspirantenjahr' und eine Prüfung für den Apothekerberuf zu absolvieren. Überdies haben sie eine fünfjährige pharmazeutische Tätigkeit in einer Apotheke ('Quinquennium') nach[zu]weisen, um die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erlangen zu können (§3 Abs1 Z2 iVm Abs2 des Apothekengesetzes). Allein schon diese zusätzliche fachliche Qualifikation unterscheidet sie von anderen Berufsgruppen wie Drogisten, von welchen ein gleichwertiges Fachwissen oder eine vergleichbare Praxiserfahrung nicht gefordert wird.

 

1.5.11. Der Behauptung der Antragstellerin, eine ausreichende Beratung könne ebenso gut auch im Wege einer Fernberatung durch pharmazeutisches Personal in Drogerien sichergestellt werden, ist zu entgegnen, dass der zulässige Tätigkeitsumfang eines Betriebs nicht von dessen Ausstattung, sondern von dessen rechtlicher Qualifikation abhängt. Ein bloß faktisches Entsprechen (etwa durch die Beschäftigung pharmazeutischen Personals oder die Sicherstellung der Kühlkette) kann nicht dazu führen, dass Drogisten dieselben Rechtsfolgen für sich beanspruchen können wie Apotheker.

 

Die Berechtigung zur Abgabe von Arzneimitteln knüpft zudem nicht an die einzelne Person des Pharmazeuten, sondern an den Betrieb einer öffentlichen Apotheke an. Dieser setzt – wie soeben dargelegt – neben dem erforderlichen Fachwissen eine langjährige Praxiserfahrung voraus. Zudem ist der Betrieb einer Apotheke – wie sogleich unter Pkt. III.1.6. auszuführen sein wird – einem strengen Regelungsregime unterworfen, um sowohl die pharmazeutische Qualität der erbrachten Dienstleistungen als auch deren Unabhängigkeit von berufsfremden Einflüssen sicherzustellen. Anders als dies etwa bei sonstigen Gewerbetreibenden der Fall ist, ist der Betrieb von Apotheken nicht bloß von wirtschaftlichen Motiven geprägt, sondern hat der Apotheker entsprechend den Vorgaben des Berufsrechts nach fachlichen Kriterien im Interesse einer bestmöglichen Versorgung der Patienten zu agieren.

 

Im Übrigen ist nach Ansicht der Bundesregierung die Möglichkeit einer Fernberatung durch pharmazeutisches Personal der (rechtlich näher geregelten) Beratungstätigkeit des Apothekers nicht gleichzusetzen. Es erscheint nämlich realitätsfern, dass ein Kunde stets von sich aus eine pharmazeutische Fernberatung via (Mobil-)Telefon, Online-Chat oder Ähnlichem konsultiert, bevor er sich zum Kauf eines bestimmten Arzneimittels entscheidet. Eine solche Fernberatung ist demnach per se ungeeignet, eine ausreichende fachliche Beratung im Vorfeld der Kaufentscheidung sicherzustellen.

 

Auch in der von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang erwähnten Rechtssache C-322/01 , DocMorris, nimmt der Gerichtshof hinsichtlich des Fernabsatzes von Arzneimitteln auf die Eigenschaft der (virtuell) beratenden Person als Apotheker Bezug.

 

1.5.12. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, wonach die Mitgliedstaaten in Anbetracht der im Zusammenhang mit dem Arzneimittelkonsum bestehenden Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung die mit dem Einzelhandelsvertrieb der Arzneimittel betrauten Personen strengen Anforderungen unterwerfen können, ua was die Modalitäten ihrer Vermarktung und das Gewinnstreben anbelangt. Insbesondere können sie den Verkauf von Arzneimitteln im Einzelhandel grundsätzlich Apothekern vorbehalten wegen der Garantien, die diese bieten müssen, und der Informationen, die sie den Verbrauchern geben können müssen (vgl die unter Pkt. II.4.3.3. zitierte Rechtsprechung).

 

1.5.13. Die Rolle des Apothekers bei der Beratung der Patienten im Hinblick auf die mit Selbstmedikation einhergehenden Risiken wird überdies auch durch eine vom Ministerkomitee des Europarates am 21. März 2001 angenommene Resolution betont (ResAP 2001/2, abrufbar unter: https://rm.coe.int/168050af58 ).

 

1.6.1. Die angefochtenen Bestimmungen sind aber auch zur Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung geeignet und erforderlich: Im Unterschied zu Drogisten und anderen Gewerbetreibenden unterliegen die Errichtung und der Betrieb von Apotheken umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen, die Apotheken eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung zuweisen:

 

1.6.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steht beim Betrieb von Apotheken vor allem das öffentliche Interesse an einer raschen und ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln im Vordergrund. Zu diesem Zweck sind öffentliche Apotheken bei ihrer betrieblichen Tätigkeit in einem überdurchschnittlichen Ausmaß in ein Netz von öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen eingebunden und unterliegen besonderen Beschränkungen etwa hinsichtlich der Betriebszeiten, des Bereitschaftsdienstes, der Werbung oder der Preisbildung (vgl VfSlg 13.328/1993). Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs unterscheiden sich öffentliche Apotheken dadurch auch von anderen Berufen des Gesundheitswesens, etwa den freiberuflich tätigen Ärzten, die derartigen Verpflichtungen und Beschränkungen nicht oder nur in gelinderem Maße unterliegen (vgl VfSlg 15.103/1998).

 

1.6.3. Aufgabe öffentlicher Apotheken ist die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, wozu neben der Beratung der Kunden im Rahmen der Selbstmedikation und der Information und Beratung von Patienten über Arzneimittel zahlreiche andere öffentliche Aufgaben fallen (vgl §1 Abs1 und 2 ABO 2005). Schon dadurch unterscheiden sich Apotheken wesentlich von Drogisten und anderen Gewerbetreibenden.

 

1.6.4. Im Rahmen dieser Aufgabe sind Apotheken eine Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen auferlegt, die ungeachtet ihrer Wirtschaftlichkeit zu erfüllen sind, wie etwa:

• Betriebspflicht, dh die Verpflichtung zum ununterbrochenen Offenhalten während der gesetzlich festgelegten Betriebszeiten (§13 iVm §8 des Apothekengesetzes); die Apotheken dürfen weder aus Urlaubs- oder aus Krankheitsgründen noch bei Umbau oder Übertragung des Apothekenunternehmens vorübergehend schließen;

• Verpflichtung zu Bereitschaftsdiensten außerhalb der festgelegten Betriebszeiten, dh insbesondere in den Nachtzeiten sowie an Sonn- und Feiertagen (§8 des Apothekengesetzes);

• Haltung eines der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung entsprechenden Arzneimittelvorrats (§4 ABO 2005);

• Meldung von Arzneimittelzwischenfällen (ua §75g AMG, PharmakovigilanzVerordnung 2013, BGBl II Nr 299/2013);

• Mitwirkung bei der Substitutionstherapie von Suchtkranken (§7 des Suchtmittelgesetzes – SMG, BGBl Nr 112/1997, §§5, 21 der Suchtgiftverordnung);

• individuelle Herstellung von Arzneimitteln aufgrund ärztlicher Verschreibung.

 

1.6.5. Apotheken sind verpflichtet, über ausreichend pharmazeutisches Fachpersonal zu verfügen (§3 Abs1 ABO 2005). Überdies bestehen detaillierte Anforderungen an die sachliche Ausstattung von Apotheken (darunter ein Laboratorium samt den erforderlichen Geräten sowie ein Dienstzimmer mit Schlafmöglichkeit, §§30 ff ABO 2005) sowie hinsichtlich der Handhabung und Lagerung von Arzneimitteln (§§4 ff ABO 2005). Dies ist im vorliegenden Zusammenhang deshalb von Bedeutung, weil zahlreiche nicht rezeptpflichtige Arzneimittel besondere Lagerungsbedingungen, wie etwa die Sicherstellung einer durchgehenden Kühlung, erfordern, deren Nichteinhaltung zu einer erheblichen Gefährdung der Arzneimittelkonsumenten führen kann. Dies setzt spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten betreffend die sachgemäße Lagerung und Handhabung von Arzneimitteln bei dem hiefür zuständigen Personal voraus.

 

1.6.6. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, sind im Bereich der Heilmittelversorgung der Bevölkerung die Erwerbsfreiheit beschränkende Regelungen, die (auch) von dem Umstand abhängig sind, ob eine Existenzgefährdung bestehender öffentlicher Apotheken eintritt, im öffentlichen Interesse gelegen und zur Zielerreichung – nämlich der Sicherung einer bestmöglichen Heilmittelversorgung der Bevölkerung – geeignet und greifen für sich allein auch nicht unverhältnismäßig in die Erwerbsausübungsfreiheit ein (vgl VfSlg 15.103/1998).

 

1.6.7. Öffentliche Apotheken können ihre im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgaben der funktionierenden Heilmittelversorgung nur erfüllen, wenn sie über die notwendige Ertragskraft verfügen. Der unternehmerische Handlungsspielraum der Apotheken ist jedoch angesichts ihrer zuvor dargestellten, zahlreichen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen stark eingeschränkt. Apotheken haben im Gegensatz zu Drogerien zB weder die Möglichkeit, ihr Angebot an Arzneimitteln auf die wirtschaftlich rentabelsten Produkte einzuschränken, noch ihre Kosten etwa durch den Abbau von pharmazeutischem Fachpersonal zugunsten billigerer Arbeitskräfte zu reduzieren. Eine Konkurrenz durch Drogerien im Filialhandel wie auch im Fernabsatz würde Apotheken unter erhöhten wirtschaftlichen Druck setzen, wodurch ihre Existenz und somit die Heilmittelversorgung der Bevölkerung – vor allem in ländlichen Gebieten – ernsthaft gefährdet wäre.

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat es in diesem Zusammenhang als nicht ausgeschlossen erachtet, dass im Fall eines uneingeschränkten Wettbewerbs eine freie Konkurrenz zu Lasten der gewissenhaften Besorgung der den öffentlichen Apotheken übertragenen Aufgaben gehen könnte, wodurch öffentliche Interessen gravierend beeinträchtigt werden würden (vgl VfSlg 15.103/1998).

 

1.6.8. Die Annahme der Antragstellerin, die Existenz der Apotheken würde durch eine Liberalisierung des Marktes für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nicht gefährdet, ist unzutreffend: Nach Auskunft der Österreichischen Apothekerkammer beträgt der Anteil der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel am Apothekenmarkt auf Basis der tatsächlichen Marktverhältnisse ca 20 % (dies entspricht auch den Ausführungen der Antragstellerin). In Einheiten (Packungen) betrachtet beträgt der Anteil sogar über 30 %. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des unterschiedlichen Aufschlagsystems für begünstigte Bezieher (insb. Krankenkassen) und Privatkunden (vgl §3 der Österreichischen Arzneitaxe 1962, BGBl Nr 128/1962) der Umsatz mit nicht rezeptpflichtige[n] Arzneimitteln deutlich mehr zum Ertrag einer Apotheke beiträgt als der Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Durch einen Wegfall der geltenden Abgabebeschränkungen würden die öffentlichen Apotheken aber zumindest Teile dieser Umsätze einbüßen, was beträchtliche Auswirkungen auf ihre wirtschaftliche Existenz und in der Folge auf die Versorgungssituation der Bevölkerung mit – sowohl rezeptpflichtigen als auch nicht rezeptpflichtigen – Arzneimitteln haben könnte.

 

1.6.9. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat die negativen Wirkungen, die eine Liberalisierung des Arzneimittelmarktes auf die funktionierende Heilmittelversorgung hätte, anerkannt: Ein Einnahmerückgang könnte nicht nur dazu führen, dass die Qualität der Dienstleistungen, die die Apotheken den Kunden bieten, nachließe, sondern gegebenenfalls auch dazu, dass einige Apotheken endgültig schließen müssten, so dass dadurch in einigen Teilen des Landes ein Mangel an Apotheken einträte und folglich keine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung mit Arzneimitteln gewährleistet wäre (vgl EuGH verb. Rs C-159/12 bis C-161/12 , Venturini ua, Rz. 51 ff).

 

1.6.10. Der Behauptung der Antragstellerin, ein Wegfall der Abgabebeschränkungen für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel würde zu einer Verdichtung des Vertriebsnetzes für Arzneimittel führen, ist entgegenzuhalten, dass bereits derzeit in wesentlich mehr österreichischen Orten und Gemeinden öffentliche Apotheken bestehen als Filialen der Antragstellerin. Die Filialen der Antragstellerin konzentrieren sich auf Ballungszentren, wo gute Gewinnerzielungschancen bestehen, in welchen aber auch die Apothekendichte seit jeher entsprechend hoch ist. Die behauptete Erhöhung der Arzneimittelabgabestellen würde daher nur solche Orte betreffen, die bereits derzeit durch eine öffentliche Apotheke mit Arzneimitteln versorgt werden. In ländlichen, abgelegenen Orten und Gebieten, die möglicherweise tatsächlich von einer Verbesserung der Arzneimittelversorgung profitieren könnten, ist jedoch mangels Gewinnerzielungsaussichten keine entsprechende Erhöhung von Abgabestellen zu erwarten (vgl Vogler/Arts/Sandberger, Impact of pharmacy deregulation and regulation in European Countries, GOEG 2012, abrufbar unter: https://jasmin.goeg.at/227 ).

 

1.7. Zusammenfassend ist die Bundesregierung daher der Auffassung, dass die Abgabebeschränkungen für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und verhältnismäßig sind. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht gegen Art6 StGG.

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art7 B‑VG)

 

2.1. Die Antragstellerin behauptet einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass

• unterschiedliche Regelungen in Bezug auf Drogerien und Apotheken ungerechtfertigt seien,

• zwischen rezeptpflichtigen und nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht ausreichend differenziert werde,

• Verzehrprodukte und Arzneimittel nicht denselben Regelungen unterliegen dürfen,

• unterschiedliche Regelungen in Bezug auf Fernabsatz und Selbstbedienung ungerechtfertigt seien sowie

• ein Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot vorliege.

 

2.2. Schon aus den oben dargestellten öffentlichen Interessen des Gesundheitsschutzes, des Kinder- und Jugendschutzes, des Konsumentenschutzes sowie der Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung (vgl Pkt. III.1.4. bis III.1.6.) darf die Gesetzgebung unterschiedliche Regelungen in Bezug auf Apotheken und Drogerien vorsehen. Darüber hinaus ist die geltende Rechtslage durch rechtliche und tatsächliche Unterschiede begründet. Hiezu darf auf die entsprechenden Ausführungen unter Pkt. III.1.5.10., III.1.5.11. sowie III.1.6.1. bis III.1.6.5. verwiesen werden.

 

2.3. Die Auffassung, zwischen rezeptpflichtigen und nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln werde nicht ausreichend differenziert, weil die Abgabe von Arzneimitteln beider Kategorien im Kleinen den Apotheken vorbehalten sei (Seite 30 des Antrags), ist nach Ansicht der Bundesregierung unzutreffend. Zum einen unterliegen nicht alle Arzneimittel, die nicht rezeptpflichtig sind, dem Apothekenvorbehalt […]. Zum anderen ist nicht nur der Apothekenvorbehalt für rezeptpflichtige Arzneimittel sachlich begründet (was von der Antragstellerin auch nicht bestritten wird), sondern auch jener für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel (vgl Pkt. III.1.4. bis III.1.6.).

 

2.4.1. Auch die Ansicht, ein Verbot des Fernabsatzes gleichermaßen für Arzneimittel wie Nahrungsergänzungsmittel vorzusehen[,] sei unzulässig, da zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln Unterschiede bestehen, ist nach Auffassung der Bundesregierung unzutreffend:

 

2.4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 16.222/2001 judiziert, dass ein Verbot des Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln gerechtfertigt sei. Zunächst weist die Bundesregierung darauf hin, dass dieses Verbot des Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln seit der Änderung der GewO 1994 durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 131/2004 nicht mehr besteht. In den Erläuterungen zur entsprechenden Regierungsvorlage (616 BlgNR XXII. GP  19) wurde diese Änderung – gerade unter Berufung auf das Urteil in der Rechtssache C-322/01 , DocMorris – als gemeinschaftsrechtlich erforderlich begründet. Dieser Entfall des Verbots des Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln ist auf die Argumentation der Antragstellerin jedoch ohne Einfluss: Die Antragstellerin vermeint nämlich, dass zwar ein Verbot des Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln – entsprechend der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – gerechtfertigt werden könne, dass dies aber in Bezug auf Arzneimittel nicht der Fall sei, weil Arzneimittel – anders als Nahrungsergänzungsmittel – (unter anderem) einer Zulassung bedürfen.

 

2.4.3. Zwar trifft es zu, dass die Rechtsordnung strengere Regeln für die Sicherheit von Arzneimitteln als für die Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln vorsieht. Daraus folgt nach Ansicht der Bundesregierung jedoch nicht, dass es verfassungsrechtlich geboten wäre, für Arzneimittel deshalb einen niedererschwelligen Zugang als für Nahrungsergänzungsmittel vorzusehen. Das Verbot des Fernabsatzes von Arzneimitteln dient nämlich dem Schutz vor den Gefahren, die von – wenn auch zugelassenen – Arzneimitteln ausgehen, die mit jenen Gefahren, die von Nahrungsergänzungsmitteln ausgehen, nicht vergleichbar sind. Die Bundesregierung vertritt daher die Ansicht, dass, wenn schon der Versandhandel mit Nahrungsergänzungsmitteln beschränkt werden darf, dies umso mehr für den Fernabsatz von Arzneimitteln gelten müsse.

 

2.4.4. Allein wegen der damit verbundenen wesentlich höheren Gesundheitsrisiken darf die Gesetzgebung aufgrund ihres weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums sowie aufgrund des Vorsorgeprinzips nicht rezeptpflichtige Arzneimittel gleich behandeln wie Nahrungsergänzungsmittel. Hiezu wird insbesondere auf die entsprechenden Ausführungen unter Pkt. III.1.4.5. und III.1.5.6. verwiesen.

 

2.5.1. Zum Argument, wonach unterschiedliche Regelungen betreffend den Fernabsatz und die Selbstbedienung in Bezug auf nicht rezeptpflichtige Arzneimittel ungerechtfertigt seien, ist Folgendes anzumerken: Bei einer Bestellung im Wege des Fernabsatzes liegt kein freier Warenzugriff vor, wie er für die Selbstbedienung kennzeichnend ist; eine unkontrollierte Aushändigung des ausgesuchten Arzneimittels wird beim Fernabsatz verunmöglicht. Vielmehr hat – wie bereits unter Pkt. III.1.5.6. dargestellt – im Rahmen des Bestellvorgangs eine Beratung durch einen Apotheker der versendenden Apotheke stattzufinden, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig ist oder die Abgabe der Humanarzneispezialität eine Beratung erforderlich macht (vgl §59a Abs6 AMG, §5 Abs5 der Fernabsatz-Verordnung). Bei allfälligen Unklarheiten oder Bedenken ist der Kunde zu kontaktieren; sofern diesbezüglich keine Abklärung möglich ist, ist eine Versendung nicht zulässig (vgl §5 Abs7 der Fernabsatz-Verordnung). Eine Versendung erfolgt erst nach einer abschließenden Kontrolle unter Aufsicht des Apothekers sowie nach einer Freigabe durch diesen (vgl §6 Abs1 der Fernabsatz-Verordnung). Somit ist die Vertriebsform des Fernabsatzes mit der Abgabe im Wege der Selbstbedienung nicht vergleichbar. Die unterschiedliche Regelung dieser Vertriebsformen [ist] daher sachlich gerechtfertigt.

 

2.5.2. Im Übrigen unterscheidet sich die Selbstbedienung vom Fernabsatz durch ein zeitliches Moment. Während bei der Selbstbedienung der Kunde unmittelbar auf die Ware zugreifen kann – allenfalls auch 'im Vorbeigehen' –, erfolgt die Lieferung der Arzneimittel im Fernabsatz zeitlich verzögert und setzt eine bewusste Kaufentscheidung voraus. Auch diese Umstände sind geeignet, eine unüberlegte bzw übereilte Konsumation von Arzneimitteln hintanzuhalten, weshalb die unterschiedliche Regelung von Selbstbedienung und Fernabsatz zulässig ist.

 

2.6. Zur Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen wird sinngemäß auf die entsprechenden Ausführungen zur Erwerbsfreiheit (Punkt III.1.5. und III.1.6.) verwiesen.

 

2.7. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht vorliegt.

 

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen und Wortfolgen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

 

4. Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den im Antrag dargelegten Bedenken gegen die Ausübungsverordnung wie folgt entgegentritt:

"1. Zu §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe

 

1.1. Zulässigkeit des Antrags

 

Durch die ineinander geschachtelte Abfolge von Haupt- und Eventualanträgen lässt sich nicht immer eindeutig erkennen, ob es sich bei einem Aufhebungsbegehren um einen Haupt- oder um einen Eventualantrag handelt. Dies gilt auch für den Antrag 6.3c. (Seite 49), mit dem die Aufhebung des §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl Nr 177/1981, (im Folgenden: AusübungsVO) begehrt wird.

 

1.2. Zum Antrag in inhaltlicher Hinsicht

 

Gemäß §2 der AusübungsVO ist die Abgabe der gemäß §1 Abs1 feilzuhaltenden Waren im Wege der Selbstbedienung durch Kunden verboten. Diese Waren sind derart zu verwahren, dass eine Abgabe dieser Waren ausschließlich im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer Person, die die persönliche und fachliche Eignung im Sinne des §225 GewO 1973 (nunmehr: §104 Abs5 GewO 1994) besitzt, erfolgen kann.

 

In den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf der AusübungsVO wurde diese Regelung wie folgt begründet:

 

'Die im §2 des Verordnungsentwurfes getroffene Regelung hat die Verordnungsermächtigung des §69 Abs1 GewO 1973 zur Grundlage. Im Interesse der Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen sollen die im §223 Abs1 GewO 1973 angeführten Waren nicht im Wege der Selbstbedienung abgegeben werden dürfen. Vielmehr soll die Abgabe der Waren durch eine persönlich und fachlich geeignete Person erfolgen.'

 

Beim Verkauf von Arzneimitteln ist ein spezifischer Informationsbedarf des Kunden gegeben, dem dadurch zu begegnen ist, dass die Ausfolgung des Arzneimittels stets im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer fachlich geeigneten Person erfolgt. Nach §104 Abs5 GewO 1994 dürfen sich Drogisten bei der Ausübung der ihnen vorbehaltenen Tätigkeiten nur hauptberuflich beschäftigter Personen bedienen, die die persönliche und fachliche Eignung zur Erfüllung ihrer jeweiligen Tätigkeiten besitzen. Das Verbot der Selbstbedienung, die Vorschriften betreffend die Abgabe der Arzneimittel im Rahmen eines Verkaufsgespräches und die Bereitstellung von fachlich geeignetem Verkaufspersonal erweisen sich als aufeinander bezogene Regelungen, um dem Kunden die fachliche Beratung des Drogisten zukommen zu lassen. Ein Selbstbedienungsverbot ohne Verkaufsgespräch mit einer fachlich geeigneten Person würde dem Informationsbedarf der Kunden nicht gerecht werden. Die Bereitstellung von fachkundigem Verkaufspersonal könnte das Verkaufsgespräch nicht anbahnen, wenn der Kunde das Arzneimittel dem Verkaufsregal entnehmen und anschließend sogleich bezahlen könnte.

 

§2 der AusübungsVO trifft sohin aus Gründen des Gesundheitsschutzes Vorsorge dafür, dass der bei der Abgabe von Arzneimitteln gegebene spezifische Informationsbedarf der Kunden durch ein Verkaufsgespräch mit einer fachkundigen Person befriedigt wird.

 

2. Von einer Äußerung zur Abgrenzungsverordnung 2004 wird im Hinblick auf die federführende Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Abstand genommen."

 

5. Die – zum Zeitpunkt der Aufforderung seitens des Verfassungsgerichtshofes zuständige – Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz erstattete keine Äußerung.

IV. Erwägungen

1. Zur Rechtslage

1.1. Gemäß §1 Abs1 AMG sind "Arzneimittel" Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (Z1) oder im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (Z2 lita) oder als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen (Z2 litb).

Gemäß §1 Abs2 AMG gelten als Arzneimittel auch Gegenstände, die ein Arzneimittel enthalten oder auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist und die zur Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind. Nicht als Arzneimittel gelten gemäß §1 Abs3 AMG ua Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und Lebensmittelzusatzstoffe, Kosmetika und Medizinprodukte.

Gemäß §1 Abs5 AMG sind "Arzneispezialitäten" jene Arzneimittel, die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden, sowie Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender, bei deren Herstellung sonst ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die gewerbsmäßig hergestellt werden.

1.2. Für die Abgabe von Arzneimitteln im Großhandel bestimmt §57 Abs1 AMG, dass Arzneimittel vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur an die dort in Z1 bis 10 Genannten abgegeben werden dürfen, darunter öffentliche Apotheken, Anstaltsapotheken und tierärztliche Hausapotheken (Z1), Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß §59 Abs3 AMG zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind (Z2) sowie Hersteller ausschließlich zum Zweck der Herstellung von Arzneimitteln oder soweit sie gemäß der GewO 1994 zum Handel mit Arzneimitteln befugt sind (Z3).

Für die Abgabe von Arzneimitteln im Kleinen statuiert §59 Abs1 AMG einen grundsätzlichen Apothekenvorbehalt, soweit im Arzneimittelgesetz nichts anderes bestimmt ist.

Eine solche Ausnahme enthält – von den hier nicht relevanten Ausnahmen für Kontaktlinsen (§59 Abs4 AMG), Tierarzneimittel (§59 Abs7 AMG) und medizinische Gase (§59 Abs8 AMG) abgesehen – §59 Abs3 AMG, wonach der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (jetzt: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (jetzt: Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) durch Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen hat, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen (Abgrenzungsverordnung 2004).

In den Erläuterungen zur entsprechenden Regierungsvorlage heißt es hiezu (Erläut zur RV 1060 BlgNR 15. GP , 53):

"Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Patienten- bzw Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit für den Verkauf von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken dürfen nach dem Wortlaut dieser Verordnungsermächtigung nur solche Arzneimittel zum Verkauf durch Drogisten bestimmt werden, 'die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen'.

 

Zweifellos wird es sich bei diesen Arzneimitteln nur um nicht der Rezeptpflicht unterliegende handeln können, deren Unschädlichkeit auch bei einer versehentlichen Mehrfach- oder Vielfachüberschreitung der Normdosen gegeben ist. Hiebei ist allerdings davon auszugehen, daß die versehentlich falsche oder unrichtige Anwendung des Arzneimittels 'nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbar' sein muß. Unschädlichkeit des Arzneimittels bei mißbräuchlicher bzw unvorhersehbarer, nicht bestimmungsgemäßer Verwendung ist jedoch nicht Voraussetzung für eine Abgabe in Drogerien."

 

1.3. Auf Grundlage des §59 Abs3 AMG wurde die Verordnung betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004, erlassen. Diese enthält in der Anlage eine Liste von 282 Stoffen (Zubereitungen aus Stoffen), die im Kleinverkauf und als alleinige Bestandteile von Arzneispezialitäten nicht nur in Apotheken, sondern auch von Drogisten abgegeben werden dürfen (§1 Abs1 Z2 und §6 AMG; vgl §104 Abs1 GewO 1994).

1.4. Eine weitere Ausnahme vom Apothekenvorbehalt besteht für Arzneispezialitäten, die ausschließlich wirksame Bestandteile enthalten, die in der Abgrenzungsverordnung 2004 angeführt sind (§59 Abs5 AMG). Diese Arzneispezialitäten können allerdings durch Bescheid des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen auf Grund einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich aus der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten werden.

1.5. Arzneispezialitäten, die nicht bloß aus Bestandteilen zusammengesetzt sind, die in der Abgrenzungsverordnung 2004 angeführt sind, können gemäß §59 Abs6 AMG auf Antrag des Zulassungsinhabers durch Bescheid des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen vom Apothekenvorbehalt ausgenommen werden. Dieser Bescheid kann widerrufen werden, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben sind.

1.6. Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz ist gemäß §59 Abs9 AMG verboten:

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch beschreibt der Begriff "Selbstbedienung" eine Verkaufssituation, in der die Kunden die gewünschte Ware aus dem Regal selbst entnehmen können (vgl zB §99 Abs1 letzter Satz Medizinproduktegesetz, BGBl 657/1996). Diese Art der Arzneimittelabgabe ist für Apotheken, Drogisten und andere Gewerbetreibende gleichermaßen verboten.

Das Verbot des Fernabsatzes gilt gemäß §59 Abs10 AMG nicht für in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten, die im Fernabsatz innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken abgegeben werden (Z1) oder nach Österreich durch Apotheken eines anderen EWR-Staates, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind, eingeführt werden (Z2). Diese Bestimmung dient der Umsetzung des Art85c der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. 2001 L 311, 67. Sie bewirkt, dass öffentliche Apotheken, welche die Anforderungen des §59a Abs2 und 3 AMG erfüllen, sowie EWR-Apotheken in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten in bzw nach Österreich im Wege des Fernabsatzes im Kleinen (also an Konsumenten) abgeben dürfen (Erläut zur RV 2010 BlgNR 24. GP , 9).

Ferner gilt das Fernabsatzverbot gemäß §59 Abs11 AMG nicht für die grenzüberschreitende Versendung von nicht rezeptpflichtigen Humanarzneispezialitäten, die den nationalen Rechtsvorschriften eines anderen EWR-Staates entsprechen, die durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieses Staates abgegeben werden. Diese Einschränkung des Fernabsatzverbotes ist im Gefolge des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C‑322/01 , Doc Morris, ergangen (vgl die Erläut zur RV 2010 BlgNR 24. GP , 9).

1.7. §59a AMG legt Anforderungen an öffentliche Apotheken fest, die Humanarzneispezialitäten im Wege des Fernabsatzes gemäß §59 Abs10 Z1 und Abs11 AMG abgeben. Gemäß §59a Abs5 AMG dürfen insbesondere Humanarzneispezialitäten im Fernabsatz nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet werden und sind so zu verpacken, zu transportieren und auszuliefern, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird (Z1); sie sind außerdem nachweislich jener Person auszufolgen, die vom Auftraggeber der Bestellung der jeweiligen öffentlichen Apotheke mitgeteilt wurde (Z2).

Gemäß §59a Abs6 AMG hat im Rahmen des Bestellvorgangs eine Beratung auch über allfällige Wechselwirkungen zu erfolgen.

Gemäß §59a Abs7 AMG hat der Bundesminister für Gesundheit (jetzt: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) unter Bedachtnahme auf die Arzneimittelsicherheit durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anforderungen an die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und an deren Versendung, insbesondere über den Bestellvorgang, die Verpackung, den Transport, die Lagerung, die Lieferung, die Abholung, die Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und das Erfordernis eines Qualitätssicherungssystems zu erlassen. Auf dieser Grundlage wurde die Fernabsatz-Verordnung, BGBl II 105/2015, erlassen.

1.8. §5 Apothekengesetz, RGBl. 5/1907, idF BGBl I 75/2008 enthält eine Verordnungsermächtigung für die Regelung der Ausbildung von Apothekern und der den Apothekern vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken. Den Apothekern als pharmazeutischen Fachkräften vorbehaltene Tätigkeiten sind insbesondere die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln und die Beratungs- und Informationstätigkeit über Arzneimittel sowie die Überprüfung von Arzneimittelvorräten in Krankenanstalten (vgl §5 zweiter Satz Apothekengesetz sowie §2 Abs1 Z2 und 3 der – auf Grundlage des §5 erster Satz Apothekengesetz erlassenen – Pharmazeutischen Fachkräfteverordnung, BGBl 40/1930).

1.9. §50 GewO 1994 regelt gewerbliche Tätigkeiten außerhalb von Betriebsstätten. Während Abs1 die in diesem Zusammenhang zulässigen gewerblichen Tätigkeiten auflistet, bestimmt Abs2, dass der Versandhandel mit Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen (ausgenommen Kontaktlinsen), Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln an Letztverbraucher unzulässig ist und dieses Verbot auch für den Absatz von aus eigener Erzeugung stammenden Waren oder von zugekauften Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher gilt.

Der Handelsausschuss stellte dazu Folgendes fest (AB 941 BlgNR 13. GP , 7):

"Aus öffentlichen Rücksichten, insbesondere im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und im Interesse der Volksgesundheit, hielt es der Ausschuß für notwendig, ein Verbot des Versandhandels mit Giften, zur arzneilichen Verwendung bestimmten Stoffen und Präparaten, Heilbehelfen, Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln aufzunehmen. Hinsichtlich der zur arzneilichen Verwendung bestimmten Stoffe und Präparate kann sich dieses Verbot selbstverständlich nur auf jene Stoffe und Präparate beziehen, deren Verkauf an Letztverbraucher durch bundesrechtliche Vorschriften auch außerhalb von Apotheken gestattet ist […]".

 

§50 Abs2 GewO 1994 enthält ein Verbot des Fernabsatzes nur für jene Arzneimittel, die von Drogisten und anderen Gewerbetreibenden gemäß §104 Abs1 GewO 1994 abgegeben werden dürfen, während sich das Fernabsatzverbot samt Ausnahmen des §59 Abs9 bis 11 AMG auf jene Arzneimittel bezieht, deren Verkauf den Apotheken vorbehalten ist (vgl §2 Abs1 Z11 GewO 1994, wonach die Tätigkeit von Apothekern vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 ausgenommen ist).

Gemäß §50 Abs3 GewO 1994 kann der zuständige Bundesminister mittels Verordnung weitere Waren dem Versandhandelsverbot unterwerfen, wenn dies aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der Volksgesundheit, des Jugendschutzes oder des Konsumentenschutzes geboten ist. Eine solche Verordnung wurde bislang nicht erlassen.

§52 GewO 1994 regelt die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die für die Selbstbedienung durch Kunden bestimmt sind. §52 Abs2 GewO 1994 Bestimmung enthält ein Verbot des Verkaufs von Arzneimitteln und Heilbehelfen durch Automaten.

Der Gesetzgeber hat sich offenkundig von der Erwägung leiten lassen, dass die Abgabe von Arzneimitteln mit einem spezifischen Informationsbedarf des Kunden verbunden ist, dem mittels Abgabe durch Automaten nicht entsprochen werden kann. Diese Erwägung bezieht sich nicht nur auf apothekenpflichtige Arzneimittel, sondern auch auf jene, die in Drogerien abgegeben werden dürfen. Drogisten dürfen sich daher bei dem ihrem Gewerbe zukommenden und innerhalb von Betriebsstätten stattfindenden Verkauf von Arzneimitteln nur hauptberuflich beschäftigter Personen bedienen, welche die persönliche und fachliche Eignung zur Erfüllung ihrer jeweiligen Tätigkeiten besitzen (vgl §104 Abs5 GewO 1994).

2. Zulässigkeit

2.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit bzw Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung bzw das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung bzw das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit bzw seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung bzw das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung bzw das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragsstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtwidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

2.2. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass die antragstellende Partei durch die angefochtenen Bestimmungen unmittelbar und aktuell betroffen ist. Durch die angefochtenen Vorschriften wird nämlich der antragstellenden Partei untersagt, (rezeptpflichtige genauso wie nicht rezeptpflichtige) Arzneimittel zu beziehen (§57 Abs1 AMG), Arzneimittel "im Kleinen" abzugeben (§59 Abs1 und 3 AMG iVm der Abgrenzungsverordnung 2004), Humanarzneispezialitäten in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz abzugeben (§59 Abs9 AMG, §59a Abs1 AMG iVm der Fernabsatz-Verordnung sowie §50 Abs2 und §52 GewO 1994, §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981).

Der antragstellenden Partei steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, weil ihr im Fall des Zuwiderhandelns gegen die angefochtenen Bestimmungen eine Verwaltungsstrafe droht (vgl zB VfSlg 8396/1978, 8464/1978, 11.853/1988, 12.379/1990, 13.659/1993).

2.3. Nach §57 Abs1 und §62 Abs1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung bzw ein Gesetz als gesetzwidrig bzw verfassungswidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung bzw das Gesetz ihrem bzw seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen als gesetzwidrig bzw verfassungswidrig aufgehoben werden.

2.4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit bzw Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Bestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungs- bzw Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit bzw Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber bzw Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch welche die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Gesetzwidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

2.5. Es ist der Bundesregierung zuzugestehen, dass das Aufhebungsbegehren (der Anfechtungsumfang) im Antrag widersprüchlich oder unklar zu sein scheint. Der Verfassungsgerichtshof gelangt jedoch bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung des Begehrens und unter Berücksichtigung der im Antrag dargelegten Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen zur Auffassung, dass der Antrag teilweise zulässig ist:

2.5.1. Mit dem unter Punkt 2. gestellten Begehren beantragt die antragstellende Partei, die Anlage zur Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBI. II 122/2004, idF BGBI. II 150/2014 als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBI. II 122/2004, idF BGBI. II 150/2014 zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist die Anfechtung bloß der Anlage zur Abgrenzungsverordnung 2004 unzulässig. Bei der Aufhebung dieser Anlage wird nämlich die behauptete Verfassungs- bzw Gesetzwidrigkeit nicht zur Gänze beseitigt, weil in der Anlage nur jene Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen genannt werden, für die der sogenannte Apothekenvorbehalt gemäß §59 Abs1 iVm Abs3 AMG nicht gilt. Durch die bloße Aufhebung dieser Anlage würde die von der antragstellenden Partei geltend gemachte Gesetzwidrigkeit nach wie vor bestehen, zumal sich dann nach wie vor insbesondere aus §1 Abgrenzungsverordnung 2004 das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln für die antragstellende Partei ergäbe.

Der Eventualantrag auf Aufhebung der gesamten Verordnung ist jedoch zulässig. Im Unterschied zu jenen Fällen, in denen der Verfassungsgerichtshof die Anfechtung eines gesamten Regelwerkes für unzulässig erklärt hat (vgl zB VfGH 29.9.2015, G324/2015; VfSlg 20.112/2016), greifen sämtliche Regelungen der Abgrenzungsverordnung 2004 derart ineinander, dass eine isolierte Anfechtung einer einzelnen Bestimmung nicht möglich ist. Die Verordnung enthält nämlich nicht mehrere voneinander trennbare Tatbestände, und die Bedenken der antragstellenden Partei beziehen sich auf sämtliche (wesentliche) Bestimmungen der Verordnung, weswegen die Anfechtung der gesamten Verordnung zulässig ist.

2.5.2. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass die im Antrag unter Punkt 3a. gestellten Eventualanträge lediglich für den Fall gestellt werden, dass das unter Punkt 2. im Antrag enthaltene Begehren zur Gänze unzulässig ist. Da dies allerdings nicht der Fall ist, erübrigt es sich, auf diese Eventualanträge einzugehen. Der Verfassungsgerichtshof hält in diesem Zusammenhang fest, dass er bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Abgrenzungsverordnung 2004 die gesetzlichen Grundlagen von Amts wegen zu prüfen hat, wenn er Bedenken ob deren Verfassungsmäßigkeit hegt. Als gesetzliche Grundlage ist dabei zunächst §59 Abs3 AMG heranzuziehen; da dieser aber in einem untrennbaren Zusammenhang mit §59 Abs1 AMG und auch §57 Abs1 AMG steht, sind auch diese gesetzlichen Vorschriften aus Anlass der Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Abgrenzungsverordnung 2004 gegebenenfalls von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu untersuchen.

2.5.3. Der Verfassungsgerichtshof qualifiziert – nicht zuletzt unter Berücksichtigung der im Antrag dargelegten Bedenken – das im Antrag unter Punkt 3b. gestellte Begehren nicht als Eventual-, sondern als Zusatzbegehren zu den unter Punkt 2. bzw 3a. gestellten Begehren.

Die antragstellende Partei begehrt die Aufhebung der einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 und des Arzneimittelgesetzes, die ausdrücklich den Fernabsatz den Apotheken vorbehalten. Des Weiteren ficht die antragstellende Partei zahlreiche Bestimmungen an, die in einem Zusammenhang mit den Bestimmungen stehen, die expressis verbis den Fernabsatz Apotheken vorbehalten, was im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zulässig (aber nicht geboten) ist.

2.5.4. Der Verfassungsgerichtshof sieht auch das im Antrag unter Punkt 3c. gestellte Begehren nicht als Eventual-, sondern als Zusatzbegehren. Für den Verfassungsgerichtshof ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit dieses Zusatzbegehrens zweifeln ließe.

2.6. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Antrag auf Aufhebung der Anlage zur Abgrenzungsverordnung 2004 zu eng gefasst und daher als unzulässig zurückzuweisen ist. Im Übrigen ist der Antrag zulässig.

3. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG sowie zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig bzw verfassungswidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

3.1. Zu den Bedenken gegen das Bezugs- und Abgabeverbot nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel sowie gegen die Abgrenzungsverordnung 2004:

3.1.1. Die antragstellende Partei wendet sich zunächst gegen das in §57 Abs1 AMG normierte Bezugsverbot von Arzneimitteln sowie den in §59 Abs1 und 3 AMG geregelten Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel. In weiterer Folge wendet sich die antragstellende Partei insbesondere gegen die – auf Grundlage des §59 Abs3 AMG erlassene – Abgrenzungsverordnung 2004, die als Ausnahme vom Apothekenvorbehalt bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen (auch) zur Abgabe in Drogerien freigibt.

3.1.1.1. Auf das Wesentliche zusammengefasst ist die antragstellende Partei der Ansicht, dass die Abgrenzungsverordnung 2004 nicht der gesetzlichen Grundlage des §59 Abs3 AMG entspreche. Diese Bestimmung stelle darauf ab, welche bestimmungsgemäße Verwendung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbar sei. Es sei heutzutage jedoch jedermann bekannt, dass Arzneimittel auch unerwünschte Wirkungen haben könnten. Aus diesem Grund sei es im Allgemeinen unvorhersehbar, dass Arzneimittel nicht bestimmungsgemäß verwendet werden könnten. Daraus folge, dass im Ergebnis auch alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung 2004 aufgenommen werden müssten; aus diesem Grund sei die gesamte Verordnung gesetzwidrig. Darüber hinaus habe der Verordnungsgeber seine Pflicht zur aktenkundigen Ermittlung der Grundlagen für die Verordnungserlassung verletzt. Ermittlungen zu den gesetzlichen Vorgaben des §59 Abs3 AMG seien nicht bekannt. Die Abgrenzungsverordnung 2004 sei daher auch aus diesem Grund gesetzwidrig.

3.1.1.2. Darüber hinaus verstießen das in §57 Abs1 AMG normierte Bezugsverbot von Arzneimitteln sowie der in §59 Abs1 und 3 AMG geregelte Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG. Die genannten Bestimmungen hielten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand:

Die öffentlichen Interessen des Patienten- und Verbraucherschutzes, der Arzneimittelsicherheit, der Gesundheit sowie des Konsumentenschutzes könnten ebenso auch durch Drogerien erfüllt werden. Jedenfalls stelle der Apothekenvorbehalt nicht das gelindeste Mittel zur Erreichung dieser öffentlichen Interessen dar. Insbesondere könnte auch Drogerien vorgeschrieben werden, pharmazeutisches Personal zu beschäftigen, um Verbraucher fachkundig beraten zu können. Ein bloßer Konkurrenzschutz von Apotheken könne für sich allein genommen kein legitimes öffentliches Interesse sein. Dem verfassungsrechtlich durch die Bedarfsprüfung anerkannten Existenzschutz stehe auch das öffentliche Interesse an der bestmöglichen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gegenüber.

Selbst wenn man den Apothekenvorbehalt zumindest partiell noch als erforderlich ansehen wolle, wäre die Regelung jedenfalls in einer Gesamtabwägung als unverhältnismäßig einzustufen. Ein absolutes Bezugs- und Verkaufsverbot könne durch die verfolgten öffentlichen Interessen nicht gerechtfertigt werden, zumal der Apothekenvorbehalt das öffentliche Interesse an einer optimalen Heilmittelversorgung sogar beeinträchtige. Umgekehrt werde der Existenzschutz bestehender Apotheken durch die derzeitige Regelung nicht entscheidend beeinflusst.

3.1.1.3. Die genannten Bestimmungen verstießen auch gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG sowie Art7 B‑VG, weil Drogerien über dieselbe Infrastruktur wie Apotheken verfügten und die Arzneimittelsicherheit ebenso gewährleisten könnten. Darüber hinaus könnten Drogerien dieselbe qualifizierte Beratung von Verbrauchern sicherstellen. Vor diesem Hintergrund sei die schlechtere Behandlung von Drogerien im Verhältnis zu Apotheken nicht gerechtfertigt. Auch der Existenzschutz von Apotheken könne diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, weil die wirtschaftliche Bedeutung des Verkaufes nicht rezeptpflichtiger Medikamente zu gering sei.

3.1.2. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Bedenken der antragstellenden Partei nicht zutreffen.

3.1.2.1. Die angefochtenen Bestimmungen dienten dem Gesundheitsschutz, dem Kinder- und Jugendschutz, dem Konsumentenschutz sowie der Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung. Diese Ziele stellten wichtige öffentliche Interessen dar. Die Bundesregierung vertrete die Auffassung, dass dem Gesetzgeber in einem für die Gesundheit von Menschen so maßgeblichen Bereich wie dem Arzneimittelrecht ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zur Verwirklichung dieser Ziele zukomme.

Arzneimittel seien keine gewöhnlichen Waren; ihre unkontrollierte Abgabe und Einnahme könnten schwerwiegende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Nach der Systematik des österreichischen Arzneimittelrechtes erschöpfe sich die Abwehr von Gesundheitsgefahren nicht allein in der ärztlichen Rezeptpflicht. Vielmehr diene auch der Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel dem Gesundheitsschutz, und zwar der Verhinderung jener Gefahren für die Gesundheit, die sich aus einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch ergäben. Das Gefahren- und Risikopotential nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel werde durch zahlreiche internationale Studien belegt. Apotheker hätten darüber hinaus die ärztliche Verschreibung zu überprüfen und gegebenenfalls die Abgabe des Arzneimittels zu verweigern.

3.1.2.2. Darüber hinaus dienten die angefochtenen Bestimmungen auch dem Jugendschutz, weil bekannt sei, dass Betreuungspersonen nicht rezeptpflichtige Arzneimittel vielfach unsachgemäß dosierten. Der Missbrauch von Schmerzmitteln durch Jugendliche sei ein international anerkanntes Problem. Bei einer Aufhebung der bekämpften Abgabebeschränkungen hätten insbesondere Kinder und Jugendliche einen leichteren Zugang zu diesen Arzneimitteln, womit die Gefahr einer vermehrten, unkontrollierten Einnahme solcher Arzneimittel verbunden wäre.

Die angefochtenen Bestimmungen dienten aber auch dem Konsumentenschutz, weil Verbraucher zur Erhaltung oder Wiederherstellung ihrer Gesundheit auf Arzneimittel angewiesen sein könnten und sich damit in einer besonders schutzbedürftigen Position befänden. Überdies nehme die Kriminalität im Bereich der Arzneimittelfälschungen zu.

3.1.2.3. Entgegen den Ausführungen der antragstellenden Partei seien die angefochtenen Bestimmungen geeignet und erforderlich, die im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele des Gesundheits-, des Konsumenten- sowie des Kinder- und Jugendschutzes zu erreichen:

Insbesondere komme der Beratungsfunktion von Apotheken eine besondere Bedeutung zu, weil bei nicht rezeptpflichtigen Arzneien ein erhöhter Beratungsbedarf bestehe. Im Zuge eines persönlichen Beratungsgespräches könne der dafür speziell ausgebildete Apotheker auch die Notwendigkeit einer ärztlichen Abklärung oder einen Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch feststellen. Die Pflichten der Apotheker seien durch das gesetzliche Berufs- und Disziplinarrecht abgesichert. Insgesamt liege es daher im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, einen Apothekenvorbehalt auch für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel vorzusehen.

Auch das Argument der antragstellenden Partei, dass Drogerien dieselben Anforderungen wie Apotheken erfüllen könnten, sei nicht zutreffend, zumal Apotheker neben einem einschlägigen Studium das sogenannte "Aspirantenjahr" und eine Prüfung für den Apothekerberuf zu absolvieren hätten. Überdies hätten sie eine fünfjährige pharmazeutische Tätigkeit in einer Apotheke nachzuweisen, um die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erlangen zu können. Allein diese zusätzliche fachliche Qualifikation unterscheide sie von anderen Berufsgruppen wie Drogisten, von denen ein gleichwertiges Fachwissen oder eine vergleichbare Praxiserfahrung nicht gefordert werde.

Die angefochtenen Bestimmungen seien aber auch zur Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung geeignet und erforderlich: Im Unterschied zu Drogisten und anderen Gewerbetreibenden unterlägen die Errichtung und der Betrieb von Apotheken umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen, die Apotheken eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung zuwiesen.

3.1.2.4. Hinsichtlich des vorgebrachten Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG verweist die Bundesregierung im Wesentlichen auf ihre vorstehenden Überlegungen.

3.1.3. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (s zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Auch gesetzliche Regelungen, welche die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002).

3.1.4. Wie bereits unter Punkt 2.5.1. dargestellt, hat die antragstellende Partei die Abgrenzungsverordnung 2004 zulässigerweise (zur Gänze) angefochten. Vor dem Hintergrund der von der antragstellenden Partei geltend gemachten Bedenken sieht sich der Verfassungsgerichtshof zunächst nicht zu einer Prüfung der die angefochtene Verordnung tragenden Rechtsvorschrift, nämlich des §59 Abs3 AMG, sowie der damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen des §59 Abs1 und §57 Abs1 AMG veranlasst:

3.1.4.1. Die genannten Bestimmungen bewirken in ihrer Gesamtheit, dass Drogerien – wie sie von der antragstellenden Partei betrieben werden – nicht rezeptpflichtige Arzneimittel grundsätzlich nicht beziehen (§57 Abs1 AMG) und abgeben (§59 Abs1 AMG) dürfen. Neben – hier nicht relevanten – anderen Ausnahmen sind Drogerien daher lediglich im Rahmen der auf Grundlage des §59 Abs3 AMG erlassenen Abgrenzungsverordnung 2004 berechtigt, Arzneimittel zu beziehen (§57 Abs1 Z2 AMG) sowie abzugeben.

Der Gesetzgeber verfolgt mit diesen Bestimmungen mehrere öffentliche Interessen, nämlich den Gesundheits- und Konsumentenschutz, den Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie die Sicherstellung einer funktionierenden Heilmittelversorgung der Bevölkerung (vgl dazu bereits VfSlg 18.736/2009). Für den Verfassungsgerichtshof bestehen keine Zweifel, dass diese Ziele legitime öffentliche Interessen darstellen, die eine Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit rechtfertigen können.

3.1.4.2. Die Normierung eines Apothekenvorbehaltes bzw eines Bezugs- und Abgabeverbotes von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln für Drogerien ist darüber hinaus auch geeignet, die genannten öffentlichen Interessen zu verwirklichen:

Die Bundesregierung hat in ihrer Äußerung zutreffend dargelegt, dass Apotheken einer Vielzahl an öffentlich-rechtlichen, standes- und disziplinarrechtlichen Vorschriften unterliegen. So sind Apotheken insbesondere verpflichtet, über ausreichend pharmazeutisches Fachpersonal zu verfügen (§3 Abs1 ABO 2005). Überdies bestehen detaillierte Anforderungen an die sachliche Ausstattung von Apotheken (darunter ein Laboratorium samt den erforderlichen Geräten, ein Dienstzimmer mit Schlafmöglichkeit gemäß §§30 ff. ABO 2005) sowie hinsichtlich der Handhabung und Lagerung von Arzneimitteln (§§4 ff. ABO 2005).

Apotheken trifft darüber hinaus auch eine Verpflichtung zum ununterbrochenen Offenhalten während der gesetzlich festgelegten Betriebszeiten (§13 iVm §8 Apothekengesetz), eine Verpflichtung zu Bereitschaftsdiensten außerhalb der festgelegten Betriebszeiten (§8 Apothekengesetz) sowie zur Meldung von Arzneimittelzwischenfällen (vgl §75g AMG sowie die Pharmakovigilanz-Verordnung 2013, BGBl II 299/2013). Zu diesen – exemplarisch dargestellten – Verpflichtungen kommen noch weitere Einschränkungen, die sich aus dem Disziplinar- und Berufsrecht der Apotheker ergeben.

Die genannten Bestimmungen sind vor diesem Hintergrund und der Zielsetzung des Gesetzgebers, eine funktionierende Heilmittelversorgung sicherzustellen, somit geeignet, die verfolgten öffentlichen Interessen zu erreichen.

3.1.4.3. Die dargestellten Regelungen sind darüber hinaus auch verhältnismäßig:

Die antragstellende Partei bringt in diesem Zusammenhang insbesondere vor, dass auch Drogerien imstande wären, die vom Gesetzgeber vorgesehenen Anforderungen an Apotheken zu erfüllen. Mit diesem Argument übersieht die antragstellende Partei, dass Apotheken – wie soeben dargelegt – einer Vielzahl an öffentlich-rechtlichen, standes- und disziplinarrechtlichen Verpflichtungen unterliegen, die in einem komplexen Regelungssystem sicherstellen sollen, dass die mit der Normierung des Apothekervorbehaltes verfolgten öffentlichen Interessen auch tatsächlich erreicht werden. Angesichts des besonderen Stellenwertes dieser öffentlichen Interessen vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die angefochtenen Bestimmungen einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht der antragstellenden Partei auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG darstellen.

3.1.5. Aus den soeben dargestellten Gründen verstoßen die angefochtenen Bestimmungen auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG sowie Art7 B‑VG.

Vor diesem Hintergrund besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Anlass, ein Verfahren zur amtswegigen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen des Arzneimittelgesetzes einzuleiten.

3.1.6. Darüber hinaus treffen die Bedenken der antragstellenden Partei gegen die Gesetzmäßigkeit der Abgrenzungsverordnung 2004 nicht zu:

Der Gesetzgeber differenziert mit der Bestimmung des §59 Abs3 AMG nachvollziehbar anhand der potentiellen Gefährlichkeit der Arzneimittel: Jene Arzneimittel, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen, dürfen entsprechend der näheren Regelung durch die Abgrenzungsverordnung 2004 auch von Drogerien abgegeben werden.

Der Argumentation der antragstellenden Partei, dass sämtliche nicht rezeptpflichtige Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung 2004 aufgenommen werden müssten, weil es iSd §59 Abs3 AMG jedenfalls unvorhersehbar sei, dass Arzneimittel nicht bestimmungsgemäß verwendet werden könnten, sind insbesondere die in der Äußerung der Bundesregierung zitierten Studien entgegenzuhalten, die belegen, dass die missbräuchliche Anwendung von Arzneimitteln sehr wohl ein faktisches Problem darstellt. Vor diesem Hintergrund entbehrt die Auffassung der antragstellenden Partei, dass sämtliche nicht rezeptpflichtige Arzneimittel in die Abgrenzungsverordnung 2004 aufgenommen werden müssten, einer nachvollziehbaren Grundlage. Im vorliegenden Verfahren ist darüber hinaus auch nicht hervorgekommen, dass die Abgrenzungsverordnung 2004 nicht den Vorgaben des §59 Abs3 AMG entspräche.

Soweit die antragstellende Partei darüber hinaus geltend macht, dass der Verordnungsgeber seine Verpflichtung zur Dokumentation seiner Erwägungen im Verordnungsakt verletzt habe (vgl VfSlg 11.756/1988; VfGH 14.7.2020, V411/2020), ist ihr entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Zusammenhang keiner – der in den genannten Verfahren zu treffenden – vergleichbaren Prognoseentscheidung bedurfte: Wenn der Verordnungsgeber im vorliegenden Zusammenhang davon ausgeht, dass bei nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln grundsätzlich anzunehmen ist, dass ihr nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch zu einer Gesundheitsgefährdung führen kann, ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten.

3.2. Zum Verbot der Abgabe in Selbstbedienung (§59 Abs9 AMG) sowie des Fernabsatzes (§50 Abs2 GewO 1994, §59 Abs9, 10 und 11 und §59a AMG sowie die Fernabsatz-Verordnung):

3.2.1. Die antragstellende Partei wendet sich darüber hinaus gegen das in §59 Abs9 AMG normierte Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung sowie die in §50 Abs2 GewO 1994, §59 Abs9, 10 und 11, §59a AMG und der Fernabsatzverordnung geregelte Beschränkung des Fernabsatzes von Arzneimitteln auf Apotheken. Die genannten Bestimmungen verstießen gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG sowie den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG.

Hinsichtlich des Verbotes der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung sei schon nicht zu erkennen, welches Ziel der Gesetzgeber mit diesem absoluten Verbot verfolge. Jedenfalls erweise sich der Eingriff als unverhältnismäßig. Insbesondere könne ein ausnahmsloses Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung nicht mit dem öffentlichen Interesse am Verbraucherschutz gerechtfertigt werden. Dies zeige sich insbesondere daran, dass der Vertrieb von Arzneimitteln im Fernabsatz mittlerweile (teilweise) zulässig sei; es mache aber keinen Unterschied, ob der Konsument das Arzneimittel im Fernabsatz oder in Selbstbedienung beziehe.

Hinsichtlich des Verbotes des Fernabsatzes von Arzneimitteln wendet sich die antragstellende Partei im Wesentlichen dagegen, dass der Gesetzgeber eine Ausnahme vom Verbot des Fernabsatzes nur für Apotheken vorgesehen habe. Das dadurch bewirkte Versandhandelsverbot für Arzneimittel stelle eine unverhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsfreiheit von Drogerien dar. Online-Apotheken dürfe es geben, Online-Drogerien hingegen nicht. Sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung gebe es nicht. Drogerien verfügten ebenso wie Apotheken über eine Infrastruktur, welche die Arzneimittelsicherheit uneingeschränkt gewährleisten könne.

3.2.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt entgegen:

3.2.2.1. Nach Ansicht der Bundesregierung handle es sich bei den angefochtenen Bestimmungen betreffend den Fernabsatz und die Selbstbedienung lediglich um eine Ausübungsschranke, weil durch diese Bestimmungen nicht der Verkauf von Arzneimitteln schlechthin, sondern nur ein bestimmter Vertriebsweg eingeschränkt werde.

3.2.2.2. Das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung gemäß §59 Abs9 AMG diene der Sicherung der Beratungsfunktion von Apotheken, weil dadurch sichergestellt werde, dass der Kunde vor einer Kaufentscheidung fachgerecht informiert werde. Insbesondere sollten dadurch jene Personen geschützt werden, die sich ihres Informations- und Beratungsbedarfes nicht bewusst seien oder sich nicht zu fragen trauten. Dadurch werde auch das Risiko vermindert, dass der Kunde wegen Unkenntnis oder einer Verwechslung auf ein ungeeignetes Arzneimittel zugreife oder ein an sich geeignetes Arzneimittel fehlerhaft anwende.

3.2.2.3. Nichts anderes gelte auch für die Abgabebeschränkungen von Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes. Auch hier dürfe die Abgabe von Arzneimitteln nur nach einer sachkundigen Beratung durch einen Apotheker der versendenden Apotheke stattfinden, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig sei oder die Abgabe der Humanarzneispezialität eine Beratung erforderlich mache. Gemäß §59a Abs1 AMG dürfe die Arzneimittelabgabe im Fernabsatz nur durch eine öffentliche Apotheke erfolgen, d.h. unter der Aufsicht und Verantwortung des Apothekenleiters oder eines anderen allgemein berufsberechtigten Apothekers. Auch müsse für diesen Vertriebsweg eine korrekte Lagerung und Abpackung durch pharmazeutische Fachkräfte sichergestellt sein.

Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VfSlg 16.222/2001 ausgesprochen, dass ein Verbot des Versandhandels mit Verzehrprodukten (Nahrungsergänzungsmitteln) geeignet und auch erforderlich sein könne, um den öffentlichen Interessen des Konsumentenschutzes und des Gesundheitsschutzes zu dienen. Denn gerade die Vertriebsform des Versandhandels könne dazu benutzt werden, bedenkliche Produkte unter Umgehung der behördlichen Kontrollen zu vertreiben, weil auf diesem Wege von vornherein nicht die gleiche Gewähr für eine korrekte Beschaffenheit des Verkaufsproduktes gegeben sei wie im sonstigen Einzelhandel; eine behördliche Kontrolle sei nahezu unmöglich. Dies gelte umso mehr in Bezug auf das Verbot des Versandhandels mit nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Drogisten, weil solche Arzneimittel mit wesentlich höheren Gesundheitsrisiken verbunden seien. Bloße Schadenersatzansprüche reichten im vorliegenden Zusammenhang nicht aus, um das mögliche Gesundheitsrisiko hintanzuhalten. Das Verbot des Versandhandels überschreite die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes nicht.

Zudem stellten die angefochtenen Abgabebeschränkungen bei zahlreichen rezeptfreien Arzneimitteln ein Korrektiv für deren "Entlassung" aus der Rezeptpflicht dar. Würden diese Abgabebeschränkungen entfallen, müssten zahlreiche der derzeit nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel auf Grund ihres Gefährdungspotentials einer neuerlichen Risikoevaluierung unterzogen und unter Umständen wieder der Rezeptpflicht unterworfen werden.

Darüber hinaus könne nach Auffassung der Bundesregierung eine ausreichende Beratung nicht ebenso durch pharmazeutisches Personal gewährleistet werden. Apotheken seien einem vielfältigen und strengen Regelungsregime unterworfen, um sowohl die pharmazeutische Qualität der erbrachten Dienstleistungen als auch deren Unabhängigkeit von berufsfremden Einflüssen sicherzustellen. Apotheken seien nicht bloß von wirtschaftlichen Motiven geprägt; der Apotheker habe entsprechend den Vorgaben des Berufsrechtes nach fachlichen Kriterien im Interesse einer bestmöglichen Versorgung der Patienten zu agieren. Es erscheine darüber hinaus realitätsfern, dass ein Kunde stets von sich aus eine pharmazeutische Fernberatung konsultiere, bevor er sich zum Kauf eines bestimmten Arzneimittels entscheide. Dies sei daher jedenfalls ungeeignet, eine ausreichende fachliche Beratung im Vorfeld der Kaufentscheidung sicherzustellen.

Schließlich könnten Apotheken das öffentliche Interesse an einer raschen und ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nur dann erfüllen, wenn sie über die notwendige Ertragskraft verfügten. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass im Bereich der Heilmittelversorgung der Bevölkerung die Erwerbsfreiheit beschränkende Regelungen, die (auch) von dem Umstand abhängig seien, ob eine Existenzgefährdung bestehender öffentlicher Apotheken eintrete, zulässig sein könnten.

Der unternehmerische Handlungsspielraum der Apotheken sei jedoch angesichts der zahlreichen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen stark eingeschränkt. Eine Konkurrenz durch Drogerien im Filialhandel wie auch im Fernabsatz würde Apotheken unter erhöhten wirtschaftlichen Druck setzen, wodurch ihre Existenz und somit die Heilmittelversorgung der Bevölkerung – vor allem in ländlichen Gebieten – ernsthaft gefährdet wäre. Die Annahme der antragstellenden Partei, die Existenz der Apotheken wäre durch eine Liberalisierung des Marktes für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nicht gefährdet, sei daher unzutreffend.

3.2.3. Die von der antragstellenden Partei erhobenen Bedenken treffen nicht zu:

3.2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof kann hinsichtlich der Beschränkung des Fernabsatzes von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln auf Apotheken zunächst auf seine obigen Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Apothekenvorbehaltes verweisen: Soweit die Abgabe dieser Arzneimittel grundsätzlich – in verfassungskonformer Weise – nur Apotheken vorbehalten ist, bestehen gegen Regelungen, die den Fernabsatz dieser Arzneimittel ebenfalls auf Apotheken beschränken, keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl auch VfSlg 16.222/2001).

Darüber hinaus kann der Verfassungsgerichtshof darauf verweisen, dass der Gesetzgeber die Abgabe von Arzneimitteln durch Apotheken im Fernabsatz nach §59 Abs10 und 11, §59a AMG sowie den Bestimmungen der Fernabsatz-Verordnung strengen Vorgaben unterworfen hat:

Gemäß §59a Abs5 AMG dürfen insbesondere Humanarzneispezialitäten im Fernabsatz nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet werden und sind so zu verpacken, zu transportieren und auszuliefern, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird (Z1); sie sind außerdem nachweislich jener Person auszufolgen, die vom Auftraggeber der Bestellung der jeweiligen öffentlichen Apotheke mitgeteilt wurde (Z2). Gemäß §59a Abs6 AMG hat im Rahmen des Bestellvorgangs eine Beratung auch über allfällige Wechselwirkungen zu erfolgen.

Darüber hinaus hat die Abgabe von Humanarzneispezialitäten im Fernabsatz unter der Verantwortung des Apothekenleiters zu erfolgen (§3 Abs4 Fernabsatz-Verordnung); dieser hat dabei insbesondere sicherzustellen, dass die Humanarzneispezialität nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet wird und es keine Mindestbestellmenge gibt (Z1), die Humanarzneispezialität ohne unnötigen Aufschub versendet (Z3) und nur gegen eine Empfangsbestätigung ausgefolgt wird (Z7). Durch ein pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem (§4 Fernabsatz-Verordnung) ist insbesondere sicherzustellen, dass die Humanarzneispezialität zur Versendung geeignet ist und so verpackt, transportiert und geliefert wird, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nachweislich nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus haben Apotheken eine entsprechende pharmazeutische Beratung (vgl §5 Fernabsatz-Verordnung) sicherzustellen.

3.2.3.2. Das Verbot der Abgabe nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel in Selbstbedienung dient dazu, eine hinreichende Beratung der Konsumenten durch qualifiziertes pharmazeutisches Personal sicherzustellen. Angesichts der obigen Ausführungen und der Zwecke, die mit dem Verbot der Abgabe in Selbstbedienung verfolgt werden, bestehen für den Verfassungsgerichtshof keine Zweifel an der Verfassungskonformität des §59 Abs9 AMG.

Im Übrigen ist auch darauf zu verweisen, dass §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, die Abgabe vergleichbarer Waren ("Gifte, zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen Körper bestimmte Präparate, sterilisierte Verbandmaterialien, zur arzneilichen Verwendung bestimmte Stoffe und Präparate, sofern deren Abgabe an Letztverbraucher auch außerhalb von Apotheken durch bundesrechtliche Vorschriften gestattet ist") im Wege der Selbstbedienung durch Kunden ebenfalls verbietet.

3.2.3.3. Die genannten Bestimmungen sind somit – wie bereits oben zum Apothekenvorbehalt ausgeführt – geeignet und erforderlich, um die öffentlichen Interessen der Arzneimittelsicherheit und des Konsumentenschutzes zu gewährleisten. Der behauptete Verstoß gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG sowie den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG liegt somit nicht vor.

3.3. Zum Verbot der Abgabe durch Automaten (§52 Abs2 GewO 1994):

Die antragstellende Partei wendet sich schließlich gegen das in §52 Abs2 GewO 1994 normierte gewerberechtliche Verbot der Abgabe von Arzneimitteln durch Automaten.

Die Bedenken der antragstellenden Partei entsprechen in diesem Zusammenhang im Wesentlichen jenen zum Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung sowie der Beschränkung des Fernabsatzes von Arzneimitteln, sodass der Verfassungsgerichtshof insofern auf die oben stehenden Ausführungen verweisen kann.

V. Ergebnis

1. Der Antrag auf Aufhebung der Anlage zur Abgrenzungsverordnung 2004 ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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