OGH 8Ob129/23p

OGH8Ob129/23p26.8.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende, die Hofrätin Mag. Korn und die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. b* Ltd, *, und 2. b* Entertainment Ltd, *, *, beide vertreten durch Dr. David Christian Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 820.385,50 EUR sA,über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2023, GZ 13 R 135/23b‑77, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. März 2023, GZ 4 Cg 62/22z‑71, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0080OB00129.23P.0826.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung als Teilurteil zu lauten hat:

„Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 820.385,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 25. 1. 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die erstbeklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 24.575,52 EUR (darin enthalten 1.873,82 EUR USt und 13.332,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit 25.972,22 EUR (darin enthalten 855,72 EUR USt und 20.837,90 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.139,34 EUR (darin enthalten 689,89 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Entscheidung über die Ersatzpflicht der erstbeklagten Partei für einen weiteren Kostenbetrag von 2.456,05 EUR (darin enthalten 1.333,26 EUR Barauslagen und 187,13 EUR USt) des Verfahrens erster Instanz, 2.083,80 EUR (Barauslagen) des Verfahrens zweiter Instanz und 413,63 EUR (darin enthalten 68,94 EUR USt) des Verfahrens dritter Instanz bleibt der Kostenentscheidung nach rechtskräftiger Entscheidung über das gegen die zweitbeklagte Partei erhobene Klagebegehren vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Voranzustellen ist, dass das Verfahren gegenüber der Zweitbeklagten infolge Insolvenz der Zweitbeklagten unterbrochen ist. Revisionsgegenständlich ist nur das Verfahren gegenüber der Erstbeklagten.

[2] Die Beklagten haben ihren Sitz in Malta. Die Erstbeklagte bietet Sportwetten an. Die Zweitbeklagte veranstaltete Internet-Glücksspiel und verfügte in Malta über eine aufrechte Glücksspiellizenz, jedoch nicht über eine Konzession nach dem österreichischen GSpG. Über die Homepage www.b* bieten die Beklagten ihre Dienstleistungen in Österreich an.

[3] Der in Österreich wohnhafte Kläger registrierte sich 2020 auf der Website www.b* und erklärte sich dabei mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einverstanden. In diesen ist zu Beginn festgehalten:

„An jeder Wette sind zwei Parteien beteiligt. Auf der einen Seite die b* Ltd. [die Erstbeklagte], mit Sitz in *, die gemäß der ihr erteilten behördlichen Konzession […] der Malta Gaming Authority […], Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen sowie virtuelle Wetten entgegennimmt, und auf der anderen Seite der Kunde als Vertragspartner.

Bei den Casino-Spielen und Poker sind die beiden Parteien auf der einen Seite die b* Entertainment Ltd. [die Zweitbeklagte], mit Sitz in *, die über eine behördliche Lizenz […] der Malta Gaming Authority (MGA), verfügt, und auf der anderen Seite der Kunde als Vertragspartner. […]

In den folgenden Geschäftsbedingungen werden die b* Ltd. und die b* Entertainment Ltd. unter der Kurzbezeichnung 'b*' zusammengefasst, […].“

[4] Der Kläger spielte im Zeitraum 14. 3. 2020 bis 25. 8. 2020 über diese Homepage Online-Glücksspiel. Er erlitt dabei Verluste von 820.385,50 EUR. Gelegentlich gab er auch Sportwetten ab, der konkrete Betrag, den er dafür aufgewendet hat, kann nicht festgestellt werden.

[5] Der Kläger begehrt von den Beklagten die Rückzahlung erlittener Spielverluste in Höhe des Klagsbetrags. Die den Einzahlungen zugrunde liegenden Glücksspielverträge seien nichtig, weil die Beklagten über keine Konzession nach dem österreichischen GSpG verfügten. Die Beklagten hafteten solidarisch. Sie seien stets gemeinsam am österreichischen Markt aufgetreten und hätten ihre Dienste gemeinsam angeboten. Zwischen den beiden Gesellschaften sei im Außenauftritt und in den AGB nicht unterschieden worden. Sie würden vielmehr dieselben (wortgleichen) AGB verwenden. Sie bedienten sich eines gemeinsamen Abwicklers des Zahlungsverkehrs. Die Verwendung der gemeinschaftlichen Bezeichnung „b*“ lasse vermuten, dass beide Parteien Vertragspartner des Klägers geworden seien. Einen anderen Hinweis lieferten die widersprüchlichen AGB nicht. In diesen werde außer zu Beginn keine Differenzierung zwischen den Beklagten mehr vorgenommen. Auch in der E-Mail-Signatur der Beklagten träten sie immer gemeinsam als „b* Team“ auf. In der Auflistung der Ein- und Auszahlungen werde ebenfalls keine Differenzierung vorgenommen. Es sei daher von Kläger- bzw Verbraucherseite davon auszugehen, dass das Glücksspiel von den beiden Unternehmen abgewickelt worden sei. Für den Kläger sei nicht ersichtlich gewesen, mit wem er ein Vertragsverhältnis eingegangen sei.

[6] Jedenfalls hätten durch den gemeinsamen Betrieb der Website und der Apps – welche das „Hauptasset“ eines Online-Glücksspielanbieters darstellten – beide Beklagten das Onlineglücksspiel gemäß § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet, organisiert, angeboten und zugänglich gemacht. Bereits bloße Hilfsdienste reichten aus, um eine Mithaftung zu begründen; solche Hilfsdienste lägen aufgrund des gemeinsamen Betriebs der Website (= Zurverfügungstellung des Spielorts) jedenfalls vor. Auch wenn die Erstbeklagte nicht direkte Vertragspartnerin des Klägers geworden sei, treffe sie daher eine Mithaftung iSd § 2 Abs 2 GSpG.

[7] Jeder Kunde dürfe laut AGB nur ein Konto bei „b*“ eröffnen. Daraus folge die „gemeinsame Veranstaltung“ von Glücksspiel. Damit seien beide Beklagten als Leistungsempfängerinnen zu behandeln. Da es bereits durch die Einzahlung auf das Spielerkonto zu einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensverschiebung komme, seien sämtliche Empfänger der Einzahlungen auf das Spielerkonto unrechtmäßig bereichert, damit könne der Bereicherungsanspruch gegen sämtliche direkte Empfänger der Einsätze gerichtet werden.

[8] Die Beklagten bestritten, wobei die Erstbeklagte insbesondere mangelnde Passivlegitimation einwandte. Zwischen ihr und dem Kläger habe kein Vertragsverhältnis bestanden. Aus den AGB ergebe sich – plakativ auf der ersten Seite – eindeutig, dass bei Casino-Spielen und Poker nicht die Erst-, sondern die Zweitbeklagte als eine der zwei Parteien beteiligt sei. Eine Mithaftung wegen angeblicher „Mithilfe“ bei der Veranstaltung eines illegalen Glücksspiels bestehe nicht, hiezu wäre ein aktives Tun erforderlich, mit dem das Onlineglücksspielangebot der Zweitbeklagten irgendwie gefördert oder zumindest Einfluss darauf genommen werde. Dies sei nicht der Fall. Dass zwei Gesellschaften eine Website betreiben und sich einen Webauftritt teilen würden, sei nicht unüblich und wäre für die eine oder andere Seite nicht haftungsbegründend.

[9] Das Erstgericht wies die Klage gegenüber der Erstbeklagten ab. Vertragsbestandteil und Grundlage der vom Kläger abgeschlossenen Glücksspielverträge seien die AGB der Beklagten. Bereits in den ersten beiden Absätzen werde darin zwischen der Erstbeklagten als Anbieterin von Wetten und der Zweitbeklagten als Anbieterin von Casino-Spielen und Poker unterschieden. Aus diesen AGB gehe klar und eindeutig hervor, dass Vertragspartner für die Glücksspiele allein die Zweitbeklagte sei. Die Unterscheidung der beiden Beklagten sei somit nicht versteckt und überraschend erfolgt, sondern genau dort, wo ein Verbraucher erwarte, seinen konkreten Vertragspartner zu finden. Da die Erstbeklagte hinsichtlich der Glücksspiele des Klägers und seiner daraus resultierenden Verluste nicht Vertragspartnerin des Klägers gewesen sei, liege keine Passivlegitimation vor.

Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge. Die Klauseln, die die Vertragspartnerschaft zwischen dem Kläger einerseits sowie der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten andererseits je nach beanspruchter Spielform regelten, seienweder objektiv ungewöhnlich noch überraschend. Bereicherungsschuldner sei derjenige, dem der Spieler die Einsätze in Erfüllung mit ihm geschlossener, ungültiger Glücksspielverträge geleistet habe. Dass die Entreicherung bereits mit der Überweisung des Geldes auf das Konto des Glücksspielanbieters eintrete, ändere nichts daran, dass eine Vermögensverschiebung auf Grundlage der (unwirksamen) vertraglichen Vereinbarung eingetreten sei und demnach der Anbieter des Glücksspiels – hier nur die Zweitbeklagte – Bereicherungsschuldner sei.

[10] Eine Schutzgesetzverletzung sei ebenfalls zu verneinen. Den Feststellungen zufolge sei die „Beteiligung“ der Erstbeklagten an der Durchführung des konzessionslosen Glücksspiels in Österreich nur darin gelegen, dass sie die Homepage gemeinsam mit der Zweitbeklagten betrieben habe. Damit erfülle sie aber keinen der in § 2 Abs 1 GSpG genannten Tatbestände. Dass die Erstbeklagte in diesem Zusammenhang ein unternehmerisches Risiko (mit‑)trage, sei aus den Feststellungen nicht abzuleiten. Das Fehlen der Verfügungsberechtigung über das faktische Spielgeschehen ergebe sich auch daraus, dass Vertragspartner des Klägers über das von ihm ausschließlich getätigte Glücksspiel nur die Zweitbeklagte geworden sei. Damit fehle es an einer Norm nach dem GSpG, die für die Bejahung einer Solidarhaftung nach §§ 1301 f ABGB von beiden Beklagten mit gemeinschaftlichem Vorsatz übertreten hätte werden können.

[11] Ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten in Ansehung der Online-Glücksspiele, das eine culpa in contrahendo begründen könnte, sei nicht ersichtlich.

[12] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen, ob der bloße Mitbetrieb einer Homepage, auf der von einer anderen Person konzessionslos Glücksspiel angeboten wird, eine Mitwirkungshandlung iSd § 2 Abs 1, 2 und 4 GSpG sei und einen Schadenersatzanspruch begründen könne.

[13] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[14] Die Erstbeklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

[16] 1. Das Erstgericht hat die Einrede der internationalen Unzuständigkeit seitens der Erstbeklagten rechtskräftig verworfen. Diese Frage ist daher nicht neuerlich zu prüfen.

[17] 2. Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts auf den geltend gemachten Schadenersatzanspruch wird von keiner der Parteien im Revisionsverfahren mehr bestritten (Art 4 Abs 1 ROM II‑VO: Schadenseintritt in Österreich).

[18] 3. Soweit die Beklagte sich auch in der Revision gegen die Vereinbarkeit des Glücksspielmonopols mit dem Unionsrecht wendet, so hat der Oberste Gerichtshof zu dieser Frage erst in jüngeren Entscheidungen und auch für den hier zu beurteilenden Zeitraum Stellung genommen (vgl 1 Ob 78/24p; 7 Ob 44/24g; 5 Ob 35/24v; 7 Ob 86/24h; 1 Ob 46/24g uva).

[19] Insbesondere kann auch auf die Entscheidung 1 Ob 229/20p (ihr folgend 9 Ob 20/21p) verwiesen werden, in der der Oberste Gerichtshof sich mit den auch von der Erstbeklagten vorgetragenen Argumenten befasst und dazu im Wesentlichen ausgeführt:

„1. Der Bund selbst veranstaltet aufgrund des ihm nach § 3 GSpG zustehenden Monopols kein Glücksspiel, sondern übertrug das ihm zustehende Recht zur Durchführung solcher Spiele (nach §§ 14 ff GSpG für Lotterien und §§ 21 ff GSpG für Spielbanken) an private Konzessionäre. Insoweit besteht eine Kombination von Monopol- und Konzessionssystem mit einer beschränkten Anzahl an Konzessionen. Auch – hier zu beurteilende – elektronische Lotterien im Sinn des § 12a GSpG, bei denen die Spielteilnahme über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentral herbeigeführt und über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird, sind vom Glücksspielmonopol umfasst.

2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht es den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen (EuGH C-98/14 , Berlington Hungary, Rn 56 mwN). Nationale Beschränkungen müssen aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (EuGH C‑338/04 , Massimiliano Placanica, Rn 48 f; C‑46/08 , Carmen Media Group, Rn 60; C‑316/07 , Stoß, Rn 77). Die Regelung muss geeignet sein, die Verwirklichung des zulässigen Ziels in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Berlington Hungary, Rn 64). Ob eine restriktive Regelung – auch hinsichtlich ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten – den angestrebten Zielen in kohärenter und systematischer Weise Rechnung trägt und die Beschränkung nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen steht, ist von den nationalen Gerichten anhand einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände, unter denen die Regelung erlassen und durchgeführt wurde, zu beurteilen (EuGH C‑243/01 , Gambelli, Rn 76; C‑258/08 , Ladbrokes, Rn 22; Stoß, Rn 98; Carmen Media Group, Rn 65; Dickinger/Ömer, Rn 56; C‑390/12 , Pfleger, Rn 47 ff; C‑464/15 , Admiral, Rn 30 ff).

Ein Verbot des Betriebs von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis kann insbesondere durch das Ziel, Spieler zu schützen und Straftaten im Zusammenhang mit solchen Spielen zu bekämpfen, gerechtfertigt sein (Pfleger, Rn 42 mwN). Zugelassene Anbieter müssen attraktive Alternativen zu nicht geregelten (illegalen) Tätigkeiten bereitstellen dürfen, um das Ziel, die Spieltätigkeit in kontrollierbare Bahnen zu lenken, verwirklichen zu können. Dies umfasst auch den Einsatz von Werbung und neuen Vertriebstechniken (Dickinger/Ömer, Rn 64 mwN). Auch eine Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten kann damit im Einklang stehen, wenn Spieler dadurch veranlasst werden, von verbotenen Spieltätigkeiten zu einem erlaubten und geregelten Spiel überzugehen, bei dem davon auszugehen ist, dass es 'frei von kriminellen Elementen' und darauf ausgelegt ist, die Verbraucher vor übermäßigen Ausgaben und Spielsucht zu schützen (C‑212/08 , Zeturf, Rn 67; Ladbrokes, Rn 25; Dickinger/Ömer, Rn 63 f). Die vom Monopolinhaber bzw Konzessionär durchgeführte Werbung muss aber maßvoll und auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken (Dickinger/Ömer, Rn 67 f mwN).

Der EuGH setzte sich erst jüngst (C‑920/19 , 18. 5. 2021, Fluctus/Fluentum) wieder mit dem österreichischen Glücksspielmonopol auseinander und bestätigte seine bisherige Rechtsprechung zu den Grenzen der Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen.

Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, liegt doch zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl 4 Ob 268/16i; 4 Ob 50/17g; 4 Ob 46/17v; VwGH Ro 2020/17/0008).

3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem zu B 887/09 ergangenen Erkenntnis – nach Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH – davon aus, dass das Verbot des Angebots von Online-Glücksspielen durch einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen und dort rechtmäßig Glücksspiele auf elektronischem Weg betreibenden Anbieter im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats keinen ′Widerspruch′ zur Dienstleistungsfreiheit darstellt, weil allein der Umstand, dass ein Glücksspielanbieter in einem anderen Mitgliedstaat über eine Konzession verfügt und den dortigen rechtlichen Anforderungen und Kontrollen unterliegt, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz des nationalen Verbrauchers vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten angesehen werden kann. Zu B 1337/11 legte er dar, dass die Ziele der Beschränkung des Angebots von Glücksspielen, nämlich die Verhinderung von Straftaten und der Veranstaltung von Glücksspielen ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken sowie der Vermeidung einer übermäßigen Anregung zur Teilnahme an solchen durch unreglementierte Konkurrenz, im öffentlichen Interesse liegen und die gesetzliche Beschränkung der Anzahl an Konzessionen geeignet ist, diese Ziele auf adäquate und sachlich gerechtfertigte Art zu erreichen. In seinem zu E 945/2016 ergangenen Erkenntnis gelangte der Verfassungsgerichtshof nach umfassender Darstellung der Judikatur des EuGH zum Ergebnis, dass die Regulierung des Glücksspiels durch den österreichischen Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen der sich daraus ergebenden Beschränkungen den unionsrechtlichen Voraussetzungen entspricht und keine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols erkennen lässt. An dieser Rechtsprechung hielt der Gerichtshof in weiterer Folge fest (vgl E 3282/2016; E 883/2017; E 2172/2017; E 2341/2017; E 3302/2017; G 286/2019).

4. Auch der Verwaltungsgerichtshof setzte sich bereits mehrfach mit der Frage der (behaupteten) Unionsrechtswidrigkeit des GSpG auseinander. Er ging in seinem Erkenntnis zu Ro 2015/17/0022 – nach eingehender Befassung mit den vom EuGH entwickelten Anforderungen an die Zulässigkeit nationaler Beschränkungen des Angebots von Glücksspielen – davon aus, dass der Spielerschutz sowie Maßnahmen zur Vorbeugung von Spielsucht und zur Reduktion von Kriminalität im österreichischen Glücksspielrecht sukzessive erweitert wurden, dass aber gerade im Onlinebereich eine starke Ausweitung illegalen Glücksspiels durch zahlreiche Anbieter erfolgt, die ihre Angebote äußerst offensiv bewerben, weshalb auch die teilweise expansionistische Geschäfts- und Werbepolitik der Konzessionsinhaber unionsrechtskonform sei. Das mit einem Konzessionssystem verbundene Glücksspielmonopol des Bundes verfolge – auch unter Berücksichtigung des für Landesausspielungen bestehenden Bewilligungssystems für Glücksspielautomaten – die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung sowie der Verhinderung von Kriminalität in kohärenter und systematischer Weise und sei daher nicht unionsrechtswidrig. Daran hielt der Verwaltungsgerichtshof auch in nachfolgenden Entscheidungen fest (Ra 2018/17/0048; Ra 2018/17/0203; Ra 2019/17/0054; Ra 2021/17/0031).

5. Der Oberste Gerichtshof schloss sich in seiner am 22. 11. 2016 ergangenen Entscheidung 4 Ob 31/16m der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an. Er geht seitdem in ständiger Judikatur davon aus, dass das im GSpG normierte Monopol- bzw Konzessionssystem bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt (insbesondere der Werbemaßnahmen der Konzessionäre) allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (vgl 6 Ob 124/16b; 4 Ob 268/16i; 4 Ob 229/17f; 4 Ob 125/18p; 3 Ob 57/19g).

6. Aufgrund der jüngst vom EuGH (Rs Fluctus/Fluentum) sowie bereits zuvor von allen drei Höchstgerichten in ständiger Rechtsprechung angenommenen Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols geht der erkennende Senat davon aus, dass diese Frage abschließend beantwortet ist, woran auch die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Umstände nichts ändern können.

7.1. (…) Die Beschränkung von Online-Glücksspielen ist schon ihrem Wesen nach geeignet, die Gelegenheiten zum Glücksspiel einzuschränken und damit die im Allgemeininteresse gelegenen und durch das Unionsrecht anerkannten Ziele des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung zu erreichen. Das Argument, anstatt des nach dem GSpG bestehenden Glücksspielmonopols des Bundes hätten Konzessionsvergaben als ′gelinderes′ Mittel ausgereicht, übergeht, dass sich das System des GSpG – weil der Bund selbst kein Glücksspiel anbietet – in der Realität wie ein ′gewöhnliches Konzessionssystem′ mit einer beschränkten Anzahl an Konzessionen auswirkt (vgl VfGH E 945/2006; VwGH Ro 2015/17/0022).

7.2. Auf das vom österreichischen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Kriminalitätsbekämpfung geht die Revision nur am Rande ein, indem sie auf die Beschaffungskriminalität Bezug nimmt und behauptet, nach einer Stellungnahme der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008 sei nicht ersichtlich gewesen, inwieweit im österreichischen Glücksspielsektor ′Probleme der Kriminalität nachgewiesen wurden′; es bestünden auch keine Studien zur Beschaffungskriminalität. Damit übergeht sie, dass das vom österreichischen Gesetzgeber gewählte Monopol- und Konzessionssystem das angestrebte Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwirklicht (vgl Ro 2015/17/0022; Ra 2018/17/0048). Insoweit besteht kein Widerspruch zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs E 945/2016, wonach die Spielsucht in Österreich ein grundsätzlich relevantes Problem darstellt. Auf die Verhinderung von Kriminalität gegenüber den Spielern – insbesondere durch betrügerische Aktivitäten der Anbieter illegaler Online-Glücksspiele – geht die Revisionswerberin ebenso wenig ein wie auf das nach der Rechtsprechung des EuGH (C‑212/11 , Jyske Bank Gibraltar, Rn 62) im öffentlichen Interesse gelegene Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

7.3. Dass der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur deshalb keine Aussagekraft mehr zukomme, weil sie die aktuelle Werbepraxis der Konzessionsinhaber nicht berücksichtigt habe, überzeugt schon deshalb nicht, weil die Revisionswerberin nicht konkret aufzeigt, inwieweit sich diese Praxis in jüngster Zeit grundlegend geändert haben soll. Die Rechtsmittelwerberin weist selbst darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. 3. 2016 zu 4 Ob 31/16m davon ausging, dass die Werbung der Konzessionäre auch den Zweck verfolgt, Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bisher nicht ohne weiteres zu spielen bereit waren, dass durch zugkräftige Werbebotschaften die Anziehungskraft angebotener Spiele erhöht und neue Zielgruppen zum Spielen angeregt werden sollten und dass die Werbung laufend ausgedehnt wurde. Dennoch erachtete er das im GSpG vorgesehene Monopol- bzw Konzessionssystem – aufgrund der zwischenzeitig ergangenen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – als unionsrechtskonform. Warum davon abgegangen werden soll, vermag die Revisionswerberin weder mit ihren Hinweisen auf angeblich ′seit der letzten OGH‑Entscheidung′ (also jener zu 3 Ob 57/19g) erfolgte Werbemaßnahmen der Konzessionäre noch mit ihrer Kritik an der mehrfach bestätigten Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofs darzulegen. Da sich das Berufungsgericht an der übereinstimmenden Judikatur sämtlicher Höchstgerichte orientierte, ist ihm – entgegen den Revisionsausführungen – keine ′gravierende Fehlbeurteilung′ vorzuwerfen, zumal die von 2012 bis 2015 getätigten Spiele des Klägers auf der Internetplattform der Beklagten nur einen Zeitraum betreffen, für den die Werbepraxis der Konzessionsinhaber von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bereits umfassend beurteilt wurde.

7.4. Die Revisionswerberin leitet die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols auch aus der unterschiedlichen Behandlung von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen ab. Während erstere (landesgesetzlich) weitgehend liberalisiert worden seien, weil für ihr Angebot zahlenmäßig unbeschränkte Konzessionen erlangt werden könnten, unterlägen letztere nach § 12a GSpG dem Glücksspielmonopol des Bundes. Diese Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil von beiden Angeboten vergleichbare Gefahren ausgingen. Die im österreichischen Glücksspielrecht vorgesehenen Beschränkungen seien daher insgesamt inkohärent, was in der bisherigen Rechtsprechung (vor allem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) bisher unbeachtet geblieben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof berücksichtigte jedoch in seinem zu Ra 2018/17/2048 ergangenen Erkenntnis – im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des österreichischen Monopol- bzw Konzessionssystems – auch die unterschiedlichen Beschränkungen des Angebots von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen, schloss daraus aber nicht auf eine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts, zumal nach den landesgesetzlichen Regelungen auch Sportwetten nicht vollständig liberalisiert seien. Die Revisionswerberin geht selbst davon aus, dass die unterschiedliche Regelung von Online-Sportwetten und Online-Glücksspielen einer kohärenten Beschränkung des Angebots von Glücksspielen per se nicht entgegensteht. Dass nationale Beschränkungen des Angebots von Sportwetten und ′herkömmlichem′ Glücksspiel gänzlich ident sein müssten, ist auch der Rechtsprechung des EuGH nicht zu entnehmen (vgl Carmen Media Group, Rn 63, wonach der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige einem staatlichen Monopol und andere anderen Regulierungsvorschriften unterliegen, für sich genommen nicht dazu führt, dass diese gesetzlichen Maßnahmen ihre Rechtfertigung verlieren; ebenso Stoß, Rn 96). Aus dessen Judikatur ergibt sich auch nicht, dass die Kohärenz jeder Differenzierung im nationalen Glücksspielrecht durch eine empirische Studie untermauert werden müsste (vgl Sporting Odds, Rn 41; Pfleger, Rn 51; Stoß, Rn 72).

7.5. Der behaupteten Inkohärenz der das Glücksspielangebot beschränkenden nationalen Regelungen – und daher dessen Unionsrechtswidrigkeit – aus dem Grund, dass Online-Glücksspiele im Vergleich zu ′herkömmlichen′ (Offline‑)Glücksspielen restriktiver geregelt seien (weil für erstere nur eine einzige Konzession vergeben wird, für letztere hingegen mehrere Konzessionen) ist die Rechtsprechung des EuGH entgegenzuhalten, wonach vom Online-Glücksspiel ein größeres Gefahrenpotential ausgeht (EuGH C‑42/07 , Liga Portuguesa, Rn 68). Dem Argument, diese Entscheidung habe die aktuellen technischen Möglichkeiten des Spielerschutzes im Internet nicht berücksichtigt, ist zu entgegnen, dass der EuGH auch in einer jüngeren Entscheidung (Sporting Odds, Rn 41) das von Online-Glücksspielen ausgehende höhere Gefahrenpotential hervorhob und dem durch den technischen Fortschritt allenfalls verbesserten Spielerschutz ein höheres Gefährdungspotential etwa durch die Möglichkeit persönlicher Aufforderungen der Verbraucher zum Spielen gegenübersteht.

7.6. Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich in seinem zu Ro 2015/17/0022 ergangenen Erkenntnis auch mit dem Spielerschutz bei Ausspielungen an Video-Lotterie-Terminals (′VLT′; diese zählen nach § 12a Abs 2 GSpG zu den Online-Lotterien, weil das Spielergebnis dabei zentral ermittelt wird) einerseits und Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (bei denen das Spielergebnis dezentral – also durch den Automat selbst – ermittelt wird) andererseits auseinander, beurteilte diesen Schutz (aufgrund des Verweises in § 12a Abs 3 GSpG auf § 5 Abs 36 GSpG) als im Wesentlichen gleichwertig und erachtete das Glücksspielmonopol des Bundes auch auf dieser Basis als unionsrechtskonform. Auch zu Ra 2018/17/0048 ging der Verwaltungsgerichtshof bei der unionsrechtlichen Prüfung der österreichischen Rechtslage davon aus, dass Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten einem vergleichbaren ordnungs- und aufsichtsrechtlichen Regime wie die im GSpG geregelten Glücksspiele (also auch Ausspielungen an VLT) unterliegen. Die Behauptung der Revisionswerberin, beide Arten von Spielautomaten würden – sachlich nicht gerechtfertigt – differenziert geregelt, geht daher ins Leere. Dem Argument, für vom Glücksspielmonopol erfasste Ausspielungen mit VLT könne nur eine einzige Konzession erteilt werden, während Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen seien und dafür bis zu drei Bewilligungen pro Bundesland erteilt werden können, ist die Judikatur des EuGH entgegenzuhalten, wonach unterschiedliche Regelungen verschiedener Arten von Glücksspielen einer insgesamt kohärenten Beschränkung dieses Angebots per se nicht entgegenstehen. Dass die Kohärenz einzelner Differenzierungen nicht in jedem Fall durch eine empirische Studie belegt werden muss, wurde bereits dargelegt.“

[20] Diese Argumentation wird auch vom erkennenden Senat geteilt. Weder bestehen Bedenken gegen das österreichische Glücksspielmonopol, noch besteht aufgrund der umfangreichen Rechtsprechung des EuGH eine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsersuchen in dieser Frage.

[21] 4. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 1 Ob 52/24i vor kurzem aber auch in einem vergleichbaren, die hier beklagten Parteien betreffenden Sachverhalt, dem die identen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde lagen, zu der relevanten Frage der (Mit‑)Haftung der Erstbeklagten für Glücksspielgeschäfte der Zweitbeklagten Stellung genommen und ausgeführt:

„1. (…) Die (deliktische) Haftung der Erstbeklagten hängt entscheidend davon ab, ob sie einen gemeinschaftlichen Beitrag zur Schadensentstehung nach § 1301 ABGB gesetzt hat. Ein solcher ist auch gegeben, wenn einvernehmlich eine Norm (vorsätzlich oder sorgfaltswidrig) übertreten wird, die einen Schaden verhindern sollte (6 Ob 118/12i mwN).

2. Es ist daher in erster Linie die Frage zu klären, ob die Erstbeklagte einen Beitrag zu verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 1 und Abs 4 GSpG und damit einen Verstoß gegen das Glücksspielmonopol zu verantworten hat.

2.1. Nach § 2 Abs 1 GSpG sind – dem Konzessionssystem nach diesem Gesetz unterworfene – Ausspielungen Glücksspiele,

(1) die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

(2) bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

(3) bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

§ 2 Abs 2 GSpG lautet:

'Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 leg cit an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.'

Die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 2 GSpG durch BGBl I Nr 54/2010 (RV 658 BlgNR 24. GP  5) halten fest, dass in Abs 2 der Unternehmensbegriff legaldefiniert wird. Der Unternehmerbegriff orientiere sich dabei an jenem des Umsatzsteuerrechts (Nachhaltigkeit; Erwerbszweck, kein Gewinnzweck notwendig). Weiters heißt es:

'Durch die Neufassung wird auch nochmals verdeutlicht, dass das konzessionslose Anbieten von Glücksspiel unter unternehmerischer Mitwirkung auch dann verboten ist, wenn der mitwirkende Unternehmer beispielsweise nicht selbst die Gewinne stellt, sondern nur die Kartenspieler gegeneinander spielen, der Unternehmer aber an der Durchführung des Spiels veranstaltend/organisierend/anbietend mitwirkt. Die Veranstaltung/Organisation/das Angebot kann sich beispielsweise durch Mischen und Teilen der Karten, Festlegung von Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen, Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel, Bereitstellen von Spielort, Spieltischen oder Spielpersonal äußern.'

2.2. Hier ist strittig, ob in dem 'Mitbetreiben' einer Website eine Mitwirkung an einer der in § 2 Abs 1 Z 1 GSpG genannten Handlungsformen liegt. In dem Zusammenhang ist klarzustellen, dass, soweit die Parteien und Vorinstanzen den Begriff 'Homepage' verwenden, sie offenkundig 'Website', also die Gesamtheit des Internetauftritts der beiden Beklagten meinen, der sich aus einzelnen Seiten zusammensetzt. 'Homepage' bezeichnet nur die erste Seite, die beim Aufruf einer Webadresse (hier www.b*) angezeigt wird.

Das GSpG enthält weder eine Legaldefinition der Begriffe des Veranstaltens, Organisierens, Anbietens oder Zugänglichmachens, noch geben die Materialien eindeutig Aufschluss über deren Bedeutung. Eine Abgrenzung erweist sich daher – nicht zuletzt wegen der teils synonymen Inhalte – als schwierig, wie in der Literatur übereinstimmend eingeräumt wird (Rapani/Kotanko in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 16; Schwartz/Wohlfahrt, GSpG 2 [2006] § 2 Rz 16; Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol [2013] 34). Kohl aaO meint, mit der gewählten Formulierung solle offenbar zum Ausdruck gebracht werden, dass jede nur denkbare unternehmerische Mitwirkung an einem Glücksspiel dessen Ausspielungscharakter begründen könne. Diesem undifferenzierten Verständnis könne nach Rapani/Kotanko (in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 18) nicht gefolgt werden, weil Gesetz und Rechtsprechung von vier Handlungsformen mit eigenständigem Bedeutungsinhalt ausgingen.

Als Veranstalter einer Ausspielung wird nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung derjenige angesehen, der 'das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr hin ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt'. Unter Veranstalten wird verstanden, dass jemand 'einem bestimmten oder unbestimmten Interessentenkreis eine ... Spielgelegenheit verschafft' (Rapani/Kotanko in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 20 f mwN insb zur Judikatur des VwGH).

Organisieren bedeutet 'durch systematisches Handeln alles Notwendige' zu tun, damit ein Glücksspiel iSd GSpG tatsächlich durchgeführt wird (Rapani/Kotanko in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 22; vgl Schwartz/Wohlfahrt, GSpG 2 [2006] § 2 Rz 16).

Anbieten meint das Bereitstellen von Spielgelegenheiten. Der Unternehmer, welcher lediglich anbietet und nicht veranstaltet, trägt kein unternehmerisches Risiko (Rapani/Kotanko in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 23).

Unter Zugänglichmachen versteht die Rechtsprechung einen Unternehmer, welcher den Gewahrsam über Einrichtungen und Gegenstände hat, die zur Durchführung von Glücksspielen iSd GSpG erforderlich sind, und diese den Teilnehmern zugänglich macht. Darunter fällt etwa ein Lokalbetreiber, der sich durch die Aufstellung von Glücksspielgeräten in seinem Lokal lediglich eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft oder vom Automatenbetreiber eine vom Ertrag des Automaten unabhängige Miete erhält (VwGH Ra 2018/17/0113; Ra 2017/17/0474; Ra 2016/17/0273 uva; Rapani/Kotanko in Zillner, GSpG [2021] § 2 Rz 24 mzwN zur verwaltungsgerichtlichen Judikatur).

Die Abgrenzung zum Tatbild des Veranstaltens hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie kann dann schwierig sein, wenn etwa ein Lokalinhaber mit dem Aufsteller eines Glücksspielautomaten für die Aufstellung eines dieser Geräte in seinem Lokal ein vom Erlös dieses Automaten abhängiges Mietentgelt vereinbart. In einem solchen Fall wäre von einem Veranstalten (auch) des Lokalinhabers auszugehen, sollte dieser nicht nur an den Erlösen, sondern auch an allfälligen mit diesem Glücksspielgerät erwirtschafteten Verlusten beteiligt sein (VwGH Ra 2017/17/0474; Ra 2017/17/0854).

2.3. In der wettbewerbsrechtlichen Judikatur des Obersten Gerichtshofs wurde die unmittelbare Beteiligung eines Lokalbetreibers, der den Ort für die Aufstellung eines Glücksspielautomaten zur Verfügung stellte, an der Gewinnauszahlung beteiligt war und 'Eigentum' an Teilen des Spielmonitors für sich reklamierte (4 Ob 68/15a uva [etwa 4 Ob 216/16t; 4 Ob 217/16i; 4 Ob 170/16b jeweils unter Bezugnahme auf 4 Ob 68/15a]), an der Veranstaltung, der Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels bejaht. Gleiches gilt für den Betreiber eines Kaffeehauses, der eine Teilfläche des Lokals zur Aufstellung von Spielautomaten vermietete, die Betreuung der Spielautomaten, die Verwaltung und Verwahrung der lukrierten Geldbeträge sowie die Auszahlung und Abrechnung übernahm (6 Ob 118/12i). Gegenüber den zitierten Entscheidung en wurde in der bloßen Vermietung von Räumlichkeiten zur Veranstaltung und Organisation erlaubter Glücksspiele und zur Durchführung von erlaubten Geschicklichkeits- und Beobachtungsspielen kein im schadenersatzrechtlichen Sinn relevanter Beitrag zur Durchführung von Glücksspielen erblickt (3 Ob 184/15b; 4 Ob 188/15y ua). Von erlaubten Glücksspielen durch die Zweitbeklagte kann hier aber keine Rede sein.

2.4. Nach den Feststellungen ist die Erstbeklagte nicht Veranstalterin der vom Kläger gespielten Glücksspiele, gibt es doch – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – keine Anhaltspunkte dafür, dass sie das unternehmerische Risiko auch nur teilweise mitgetragen hat. Die von ihr veranstalteten Sportwetten und virtuellen Wetten spielte der Kläger nicht.

Allerdings waren die Erst- und die Zweitbeklagte – wie sich unstrittig schon aus dem Impressum ergibt – gemeinsam Betreiber der Website, über die der Kläger seine Spiele tätigte.

Unternehmen, welche eine Website betreiben, zählen nach der Legaldefinition des E-Commerce-Gesetzes in der Regel als Diensteanbieter, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellen. Für sie gilt die Verpflichtung, den Nutzern allgemeine, in § 5 ECG genannte, Informationen zur Verfügung zu stellen. Durch diese Angaben soll dem Nutzer die Identifizierung und die Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter ermöglicht/erleichtert werden. Der Nutzer soll im Konfliktfall einen Anknüpfungspunkt für eine etwaige Rechtsverfolgung erhalten (4 Ob 211/13b).

Der Feststellung, dass die Erstbeklagte gemeinsam mit der Zweitbeklagten im Impressum der Website aufscheint, lässt sich daher entnehmen, dass sie die dort abrufbaren Dienste anbietet und dafür verantwortlich zeichnet. Auch wenn die AGB klarstellen, dass die Erstbeklagte nur die Sportwetten und virtuellen Wetten anbietet, teilte sie sich – wie sie selber einräumt – mit der Zweitbeklagten einen Webauftritt. Damit ermöglichte sie die von der Zweitbeklagten veranstalteten Ausspielungen Roulette und Black Jack im Sinn eines Zugänglichmachens: Sie duldete die Ausspielungen der Zweitbeklagten, von denen sie nach den Feststellungen wusste, auf ihrer Website, über die sie (zusammen mit der Zweitbeklagten) verfügungsberechtigt war.

Der Mitbetrieb der Website war zwar keine notwendige Voraussetzung für die Ausspielungen der Zweitbeklagten (weil die Zweitbeklagte auch allein eine Website hätte betreiben können). Aus der bloßen Tatsache, dass sich die Beklagten einen Webauftritt teilten, ist zu schließen, dass sie offenkundig auf wechselseitige Synergieeffekte setzten, wobei aus den Feststellungen hervor geht, dass sich der Kläger 'einfach und schnell' nur einmal auf der Website registrieren musste, um das gesamte dort abrufbare Spielangebot (also auch das der Erstbeklagten) nutzen zu können. Mit den getätigten regelmäßigen Geld-Einzahlungen hätte der Kläger sämtliche auf der Website angebotenen Spiele spielen können. Die Erstbeklagte ist daher sehr wohl mit einem Lokalbetreiber zu vergleichen, der sich durch die Aufstellung von Glücksspielgeräten in seinem Lokal eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft.

Die Erstbeklagte hat sich durch den Mitbetrieb der von der Zweitbeklagten für ihre Ausspielungen genutzten Website an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels durch die Zweitbeklagte unmittelbar beteiligt.

3. Damit hat das Erstgericht – im Gegensatz zum Berufungsgericht – zutreffend einen relevanten Beitrag der Erstbeklagten zu den verbotenen Ausspielungen der Zweitbeklagten und damit einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes bejaht, der die deliktische Haftung der Erstbeklagten nach § 1301 ABGB für die Spielverluste des Klägers begründet.

Dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtskonform ist, entspricht der ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (etwa 1 Ob 195/23t mwN).

Nach der Rechtsprechung verfolgt die Bestimmung des § 3 GSpG 1989 den Schutz der (Vermögens-)Interessen der einzelnen Spieler jedenfalls dann zumindest mit, wenn die Ausspielung mittels Spielautomaten mangels Erfüllung der kumulativen Voraussetzungen der Z 1 und 2 des § 4 Abs 2 GSpG 1989 in das Glücksspielmonopol eingriffe (RS0128696).

Da die Erstbeklagte hier durch den Beitrag zu den Online-Glücksspielen der Zweitbeklagten somit gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat, hätte sie zu beweisen gehabt, dass sie an der Übertretung des Schutzgesetzes keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit trifft, sie das Schutzgesetz also unverschuldet übertreten hat (RS0112234 [T28]). Dem ist sie nicht nachgekommen.“

[22] Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an.

[23] Zu ergänzen ist, dass auch im vorliegenden Fall die Erstbeklagte zwar in der Revision geltend macht, dass sie kein Verschulden trifft, dies allerdings nur damit begründet, dass sie keine Pflichten gegenüber den Kläger träfen und sie generell mit seinem Glücksspiel nichts zu tun habe. Dies ist aber kein taugliches Vorbringen dazu, dass sie an der zuvor dargelegten Schutzgesetzverletzung keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit trifft. Rechtswidrigkeit und Verschulden sind daher zu bejahen.

[24] 5. Die Erstbeklagte erhob auch den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, weil der Schaden des Klägers ebenso eingetreten wäre, wenn sie die Website nicht mitbetrieben hätte. Weiters machte sie geltend, dass der Kläger dieselben Spielverluste erlitten hätte, wenn die Zweitbeklagte über eine (österreichische) Konzession verfügt hätte oder auch wenn die Zweitbeklagte von vornherein keine Glücksspiele angeboten hätte, weil der Kläger dann als Alternative einen anderen Anbieter gewählt hätte.

[25] Bei der Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens geht es darum, ob ein rechtswidrig handelnder Täter selbst dann für den verursachten Schaden zu haften hat, wenn er denselben Nachteil sonst durch ein rechtmäßiges Verhalten herbeigeführt hätte (RS0111706). Der Täter wäre dann auch unter der Annahme eines rechtmäßigen Verhaltens kausal für den Schaden geworden. Die Erstbeklagte argumentiert jedoch damit, dass der Schaden auch ohne ihr Tun eingetreten wäre, dass daher ihr Handeln überhaupt nicht kausal war. Damit ist aber keine Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens zu beurteilen.

[26] Da das Betreiben der Homepage kausal für den Schaden des Klägers war und die Erstbeklagte für dieses Betreiben mitverantwortlich war, ist ihr Handeln auch (mit-)kausal für den Schaden. Dass der Kläger aufgrund seines Spielverhaltens auch durch andere Glücksspielanbieter hätte geschädigt werden können, hätte er bei diesen gespielt, ändert an dieser Kausalität nichts.

[27] 6. Grundsätzlich ist daher von einem relevanten rechtswidrigen, schuldhaften und kausalen Beitrag der Erstbeklagten zu den Online-Glücksspielen der Zweitbeklagten und damit einer Haftung wegen einer Schutzgesetzverletzung auszugehen.

[28] 7. Inwieweit der Zweitbeklagten ein Aufwand durch das Veranstalten von Glücksspielen entstanden ist, ist schon im Hinblick darauf, dass weder eine Abtretung an die Erstbeklagte behauptet, noch eine Gegenforderung eingewendet wurde, nicht weiter zu prüfen.

[29] 8. Für die Annahme eines Mitverschuldens, für das die Erstbeklagte beweispflichtig wäre, findet sich keine Grundlage. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte für den behaupteten Rechtsmissbrauch.

[30] 9. Eine analoge Anwendung von § 25 Abs 3 GSpG wurde mangels planwidriger Lücke von der Rechtsprechung bereits wiederholt abgelehnt, weil diese Bestimmung nur Spielbanken, also „terrestrische Casinos“, in die Pflicht nehmen will, obwohl der Gesetzgeber von der Möglichkeit des Spielens im Internet wusste (6 Ob 61/12g mwN). Auch der Betreiber solcher Spiele kann sich daher mangels Regelungslücke nicht auf eine solche Analogie berufen.

[31] 10. Der Revision des Klägers ist daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben wird.

[32] 11. Aufgrund der Abänderung in der Hauptsache waren auch die Kosten jeweils neu zu bestimmen. Entgegen der Einwendungen der Erstbeklagten waren der Zustellantrag und der Antrag auf Postzustellung sowie der Fortsetzungsantrag zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Das gilt jedoch nicht für den Überweisungsantrag, der durch die Klagseinbringung bei einem nicht zuständigen Gericht verursacht wurde und dessen Kosten der Kläger selbst zu tragen hat. Die Dolmetschgebühren waren noch nicht zu berücksichtigen, da diese noch nicht bestimmt wurden.

[33] Nicht zu berücksichtigen war ebenfalls der Streitgenossenzuschlag (sowohl zur Pauschalgebühr als auch zu den Vertretungskosten), dies mangels prozessbeendigender Entscheidung gegen die Zweitbeklagte (vgl RS0090822, Obermaier, Kostenhandbuch³ [2018] Rz 1.370). Die Entscheidung über die (solidarische) Verpflichtung der Erstbeklagten zum Ersatz auch des Streitgenossenzuschlags in dem sich aus der Obsiegensquote ergebenden Umfang ist daher der Kostenentscheidung nach Rechtskraft der Entscheidung gegenüber der Zweitbeklagten vorzubehalten (10 Ob 2/23a).

[34] In dritter Instanz wurde keine Pauschalgebühr verzeichnet und konnte daher auch nicht zugesprochen werden.

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