OGH 7Ob86/24h

OGH7Ob86/24h22.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* C*, vertreten durch Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei R* Limited, *, vertreten durch Mag. Simon Wallner Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen 36.478,20 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. April 2024, GZ 4 R 48/24a‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00086.24H.0522.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin stützte ihre Klage darauf, dass die Beklagte von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels anbiete, obwohl sie über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht verfüge. Sie habe an von der Beklagten veranstalteten Online‑Glücksspielen teilgenommen und im Zeitraum vom 7. 6. 2020 bis 26. 7. 2023 insgesamt 36.478,20 EUR verloren. Die Beklagte habe ihr diesen Verlust zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

[2] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[3] 2. Nach ständiger Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online-Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um am Spiel teilzunehmen. Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand erfüllt (konkret § 52 Abs 5 GSpG) kommt es daher nicht an. Gegenteiliges kann auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nicht abgeleitet werden (2 Ob 221/22x; 1 Ob 171/22m; 1 Ob 25/23t ua, jeweils mwN).

[4] 3. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspiel‑Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (2 Ob 221/22x;1 Ob 171/22m, jeweils mwN). Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.

[5] 4. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glückspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Entgegen der Darstellung der Revisionswerberin ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 , Fluctus, kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen. Vielmehr sprach der EuGH darin bloß aus, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen (vgl insbesondere Rn 58 der genannten Entscheidung des EuGH). Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (2 Ob 23/23f mwN).

[6] 5. Da somit Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sind, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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