VwGH Ra 2018/17/0048

VwGHRa 2018/17/004811.7.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer‑Hinterauer, Mag. Liebhart‑Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revisionen 1. der Bezirkshauptmannschaft Braunau in 5280 Braunau am Inn, Hammersteinplatz 1, und 2. des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, jeweils gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 19. Dezember 2017, LVwG‑412407/6/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: R W in T, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1269
AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §45 Abs2
AVG §52
AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art10 Abs1 Z4
B-VG Art130
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art130 Abs4
B-VG Art15 Abs3
GSpG 1989
GSpG 1989 §1
GSpG 1989 §14
GSpG 1989 §14 Abs3
GSpG 1989 §3
GSpG 1989 §31
GSpG 1989 §31b Abs6
GSpG 1989 §4
GSpG 1989 §4 Abs2
GSpG 1989 §5
GSpG 1989 §5 Abs1
GSpG 1989 §5 Abs4
GSpG 1989 §50
GSpG 1989 §50 Abs4
GSpG 1989 §50 Abs7
GSpG 1989 §52
MRK Art6
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919
VStG §25
VStG §25 Abs1
VStG §25 Abs2
VwGG §41
VwGVG 2014 §25 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §50
11997M004 EU Art4
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
32006L0123 Dienstleistungs-RL Art2 Abs2 lith
62005CJ0432 Unibet VORAB
62007CJ0042 Liga Portuguesa de Futebol Profissional VORAB
62007CJ0316 Markus Stoß VORAB
62008CJ0046 Carmen Media Group VORAB
62008CJ0064 Engelmann VORAB
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62011CJ0176 HIT und HIT LARIX VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62013CJ0156 Digibet und Albers VORAB
62013CJ0583 Deutsche Bahn / Kommission
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170048.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. September 2017 wurde die Mitbeteiligte als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) im Zeitraum 14. bis 22. Juni 2017 schuldig erkannt; es wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von € 8.000,‑ ‑ sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht traf (zusammengefasst) zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des Glücksspielgesetzes mit Art. 56 AEUV folgende Feststellungen auf Grundlage des Glücksspielberichtes 2010‑2013 des Bundesministers für Finanzen (BMF), der Stellungnahme des BMF vom 18. September 2014, des Evaluierungsberichtes 2010‑2014 des BMF, des Glücksspielberichtes 2014‑2016 des BMF, der Studie „Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich von Jens Kalke“, der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich ‑ Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ des Instituts für interdisziplinäre Sucht‑ und Drogenforschung (ISD), „Kleines Glücksspiel ‑ Großes Leid?“ von Judith Köberl und Franz Prettenthaler, des Jahresberichtes 2015 der Ambulanten Behandlungseinrichtung Spielsuchthilfe, des „Factsheet Sucht ‑ Version 2.7“ des Institutes Suchtprävention ‑ pro mente OÖ, „Kaufsucht in Österreich“ von Nina Tröger, der Stellungnahme zur kohärenten Ausgestaltung der österreichischen Glücksspielregelung des BMF vom 17. November 2017, des Forschungsberichtes „Novelle des Glücksspielgesetzes 2010: Evaluation der Umsetzung im Bereich Spielerschutz“ des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen sowie des IFES‑Berichtes „Suchtmittel‑Monitoring 2017“:

Es sei nicht erwiesen, dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig seien, dass die Spielsucht in Österreich ein erhebliches, einen unverzüglichen staatlichen Handlungsbedarf hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen begründendes gesellschaftliches Problem darstelle sowie, dass insbesondere das Automatenglücksspiel tatsächlich ein echtes Kriminalitätsproblem verkörpere, weil es sich zum Großteil bloß um Ordnungswidrigkeiten handle. Es sei erwiesen, dass die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich ca. € 500 Mio. betrügen, dass der Spielerschutz seit dem Inkrafttreten der GSpG‑Novelle 2010 erheblich verbessert worden sei, dass die Monopolinhaber eine aggressive Expansions‑ und Werbestrategie verfolgten, die das Glücksspiel nicht als Unterhaltungsform mit gegen Null gehender Gewinnaussicht, sondern vielmehr als Methode der individuellen Geldmittellukrierung präsentiere und so v.a. auch bisher Uninteressierte zur Teilnahme animieren solle sowie, dass die staatlichen Behörden die Notwendigkeit einer Monopolregelung in der spezifischen Form des GSpG nicht nachgewiesen hätten.

4 Das LVwG gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der vorgebrachten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes in rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols in Art. 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses ‑ wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung ‑ basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

5 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die außerordentlichen Amtsrevisionen der belangten Behörde vor dem LVwG und des BMF. Die mitbeteiligte Partei erstattete jeweils eine Revisionsbeantwortung und beantragte Aufwandersatz.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zu verbinden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Die vorliegenden Revisionen erweisen sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis sowohl zur Frage der Beurteilung der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes, als auch zur Frage der Verhandlungspflicht gemäß § 44 VwGVG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Sie sind auch berechtigt.

8 Die relevanten Bestimmungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), BGBl. III Nr. 86/1999 idF BGBl. III Nr. 132/2009, lauten wie folgt:

„DAS NIEDERLASSUNGSRECHT

Artikel 49

(ex‑Artikel 43 EGV)

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

...

Artikel 52

(ex‑Artikel 46 EGV)

(1) Dieses Kapitel und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

(2) Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Richtlinien für die Koordinierung der genannten Vorschriften.

...

DIENSTLEISTUNGEN

Artikel 56

(ex‑Artikel 49 EGV)

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.“

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, die nach der Rechtsprechung des EuGH erforderliche Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, auf Grund der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des damals angefochtenen Erkenntnisses des LVwG Oberösterreich vom 29. Mai 2015 sowie der dort getroffenen Feststellungen des LVwG durchgeführt.

10 Dabei setzte sich der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die bis zum Entscheidungszeitpunkt ergangene relevante Judikatur des EuGH nach Darstellung der historischen Entwicklung des österreichischen Glücksspielmonopolsystems sowie unter Bedachtnahme auf die damalige Rechtslage (wie etwa die Regelungen zum „Kleinen Glücksspiel“) insbesondere mit den Intentionen des Gesetzgebers und den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses für die Errichtung eines Monopols (wie dem Spielerschutz und der Kriminalitätsbekämpfung), den vom LVwG behaupteten Hauptzielen der „Sicherung der Staatseinnahmen und der Aufrechterhaltung des (durch Konzessionen aufgelockerten) Monopolwesens“ und der „expansionistischen Geschäfts‑ und Werbestrategie des Monopolinhabers“ sowie der Verhältnismäßigkeit der behördlichen Aufsicht und Kontrolle auseinander.

11 Seit der vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis durchgeführten Gesamtwürdigung wurde das GSpG mehrfach novelliert, sodass auch allfällige Änderungen auf der Tatsachenebene aufgrund dieser gesetzlichen Änderungen nicht von Vorneherein ausgeschlossen sind. Aus diesem Grund sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der vorliegenden zulässigen Revisionen unter Evaluierung des hg. Erkenntnisses vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zur amtswegigen Durchführung einer erneuten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, auf Grundlage der nunmehr anzuwendenden Rechtslage sowie des vom LVwG vorliegend festgestellten Sachverhaltes veranlasst.

12 Soweit sich die Rechtslage nicht verändert hat, wird auf deren Wiedergabe im hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie auf die dortigen Ausführungen zur durchgeführten Gesamtwürdigung verwiesen.

A) Zur Rechtslage

13 Die seit dem Erkenntnis mit den Novellen BGBl. I Nr. 118/2015, BGBl. I Nr. 117/2016 sowie BGBl. I Nr. 118/2016 geänderten Bestimmungen des GSpG stellen sich ‑ soweit im Revisionsfall von Bedeutung ‑ wie folgt dar:

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2015 wurden dem § 50 Abs. 4 GSpG folgende Sätze angefügt:

„Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls‑ und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.“

§ 5 Abs. 4 und 6 GSpG lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 117/2016 sowie BGBl. I Nr. 118/2016 samt Überschrift:

„Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten

...

(4) Als Spielerschutz begleitende Rahmenbedingungen nach Abs. 3 sind zumindest verpflichtend vorzusehen

a) für Automatensalons:

1. die Einrichtung eines Zutrittssystems, das sicherstellt, dass jeder Besuch des Automatensalons nur Personen gestattet ist, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben;

2. ...

b) bei Einzelaufstellung:

1. die Einrichtung eines Identifikationssystems, das sicherstellt, dass nur Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, an den Glücksspielautomaten spielen können und das eine zeitliche Begrenzung der Spielzeiten an den Glücksspielautomaten ermöglicht;

2. ...

...

(6) Als Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sind in Fällen von Automatensalons und in Fällen der Einzelaufstellung zumindest die sinngemäße Einhaltung der Bestimmungen des § 31c Abs. 1, 2 und 4 sowie die Aufsicht nach einem risikobasierten Ansatz im Sinne der Bestimmungen des § 25 Abs. 2 FM‑GwG vorzusehen.“

In § 14 GSpG wurde Abs. 2 mit BGBl. I Nr. 118/2016 geändert. Die relevanten Bestimmungen einschließlich der unveränderten Abs. 1 und 3 lauten nunmehr:

“Übertragung bestimmter Lotterien

Konzession

§ 14. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b durch Erteilung einer Konzession übertragen. Der Konzessionserteilung hat eine öffentliche Interessentensuche voranzugehen, welche den Grundsätzen der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu entsprechen hat. Die Interessentensuche ist öffentlich bekannt zu machen, wobei die Bekanntmachung nähere Angaben zu der zu übertragenden Konzession sowie zur Interessensbekundung und den dabei verpflichtend vorzulegenden Unterlagen sowie eine angemessene Frist für die Interessensbekundung zu enthalten hat. Der Bundesminister für Finanzen kann für die Begutachtung der Interessensbekundungen einen beratenden Beirat einrichten.

(2) Eine Konzession nach Abs. 1 darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, wenn

1. ...

...

4. die Personen, die eine Beteiligung am Konzessionär halten und über einen beherrschenden Einfluss verfügen, den Ansprüchen genügen, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Konzessionsausübung und der Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht im Sinne des § 18 Abs. 1 bis 5 liegen;

5. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung im Sinne des § 31b Abs. 7 fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen; ...

(3) Zur Bewerbung um eine Konzession ist für Interessenten ein Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes erforderlich. Im Falle der erfolgreichen Bewerbung eines Interessenten mit Sitz außerhalb von Österreich ist die Konzession unter der Bedingung zu erteilen, dass der Sitz der Kapitalgesellschaft in Österreich errichtet wird, und mit der Auflage zu versehen, den Errichtungsnachweis binnen einer bestimmten Frist zu erbringen. Die Errichtung einer inländischen Kapitalgesellschaft zur Ausübung der Konzession ist nicht erforderlich, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt (behördliche Aufsichtskette). Können diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist die Ausübung der Konzession durch eine bloße Niederlassung in Österreich zulässig. Über die Organbeschlüsse der ausländischen Kapitalgesellschaft ist dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich zu berichten, soweit sie auch die Geschäftsführung der österreichischen Niederlassung betreffen. Zudem hat eine getrennte Buch- und Geschäftsführung für alle inländischen Betriebe zu erfolgen.

...“

Die Abs. 7 und 8 des § 19 GSpG, der die Aufsicht über einen Lotteriekonzessionär regelt, lauten in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016 wie folgt:

„(7) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der Aufsicht nach Abs. 1 zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung die Bestimmungen der §§ 18 und 25 Abs. 2, 5 und 6 sowie §§ 26 und 27 FM‑GwG sinngemäß anzuwenden.

(8) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der Ausübung seiner Aufgaben und Aufsichtsbefugnisse gemäß diesem Bundesgesetz nach einem risikobasierten Ansatz vorzugehen. Er hat

1. die im Inland bestehenden Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu analysieren und zu bewerten,

2. sich hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität von Prüfungen vor Ort und außerhalb der Räumlichkeiten der Konzessionäre an deren Risikoprofil und den im Inland vorhandenen Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu orientieren,

3. das Risikoprofil der Konzessionäre im Hinblick auf Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, einschließlich der Risiken der Nichteinhaltung einschlägiger Vorschriften, in regelmäßigen Abständen und bei Eintritt wichtiger Ereignisse oder Entwicklungen in der Geschäftsleitung und Geschäftstätigkeit der Konzessionäre neu zu bewerten und

4. den Ermessensspielräumen, die den Konzessionären zustehen, Rechnung zu tragen und die Risikobewertungen, die diesem Ermessensspielraum zugrunde liegen, sowie die Eignung und Umsetzung der internen Strategien, Kontrollen und Verfahren der Konzessionäre in angemessener Weise überprüfen.“

§ 21 GSpG lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016 auszugsweise wie folgt:

„Spielbanken

Konzession

§ 21. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zum Betrieb einer Spielbank durch Konzession übertragen. Der Konzessionserteilung hat eine öffentliche Interessentensuche voranzugehen, welche den Grundsätzen der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu entsprechen hat. Die Interessentensuche ist öffentlich bekannt zu machen, wobei die Bekanntmachung nähere Angaben zu der zu übertragenden Konzession sowie zur Interessensbekundung und den dabei verpflichtend vorzulegenden Unterlagen sowie eine angemessene Frist für die Interessensbekundung zu enthalten hat. Der Bundesminister für Finanzen kann für die Begutachtung der Interessensbekundungen einen beratenden Beirat einrichten.

(2) Eine Konzession nach Abs. 1 darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, wenn

1. ...

...

4. die Personen, die eine Beteiligung am Konzessionär halten und über einen beherrschenden Einfluss verfügen, den Ansprüchen genügen, die im Interesse einer soliden und umsichtigen Konzessionsausübung und der Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht im Sinne des § 18 Abs. 1 bis 5 liegen;

5. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung im Sinne des § 31b Abs. 7 fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen; ...“

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 wurde § 50 GSpG ein Absatz 7 angefügt; dieser lautet wie folgt:

„(7) Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte der Länder sowie des Bundesverwaltungsgerichtes und des Bundesfinanzgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Verwaltungsgerichte der Länder sowie das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht haben Ausfertigungen glücksspielrechtlicher Entscheidungen unverzüglich dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.“

§ 30 GSpG lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016 wie folgt:

„§ 30. (1) Jeder, der beschlossen hat, eine Beteiligung an einer Gesellschaft, die eine Konzession nach § 21 innehat, direkt oder indirekt zu erwerben oder eine Beteiligung an einer solchen Gesellschaft direkt oder indirekt zu erhöhen (interessierter Erwerber), mit der Folge, dass sein Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenzen von 20 vH, 30 vH oder 50 vH erreichen oder überschreiten würde, oder der Konzessionär sein Tochterunternehmen würde, hat dies dem Bundesminister für Finanzen zuvor schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige sind Angaben über den Umfang der geplanten Beteiligung sowie Nachweise nach Abs. 3 über sich und den wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne § 2 Z 3 FM‑GwG anzuschließen. Die Anzeigepflicht gilt auch für gemeinsam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Diesfalls kann die Anzeige durch alle gemeinsam, mehrere oder jede einzelne der gemeinsam handelnden Personen vorgenommen werden.

(2) Die Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung, für die Unterschreitung der in Abs. 1 genannten Grenzen für Beteiligungen an einem Konzessionär und für eine Änderung des wirtschaftlichen Eigentümers im Sinne § 2 Z 3 FM‑GwG.

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat den beabsichtigten Erwerb zu genehmigen, wenn der Nachweis erbracht wird, dass auch nach dem Erwerb der Anteile durch den interessierten Erwerber die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 2 Z 1 bis 6 weiter erfüllt sind; ist dies nicht der Fall, ist der Erwerb zu untersagen. Vor Erteilung der Genehmigung darf der Erwerb der Beteiligung nicht durchgeführt werden.

(4) Sollte ein nach dieser Bestimmung genehmigungspflichtiger Erwerb ohne Zustimmung des Bundesministers für Finanzen durchgeführt werden oder treten nach Genehmigung des Bundesministers für Finanzen Umstände auf, die darauf schließen lassen, dass die Voraussetzungen nach § 21 Abs. 2 Z 1 bis 6 nicht mehr erfüllt sind, hat der Bundesminister für Finanzen durch Bescheid zu verfügen, dass die Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Aktionären oder sonstigen Gesellschaftern gehalten werden, ruhen bis zur Feststellung des Bundesministers für Finanzen, dass der Erwerb der Beteiligung nicht untersagt worden wäre oder der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht.

(5) Konzessionäre haben dem Bundesminister für Finanzen jeden Erwerb und jede Aufgabe von qualifizierten Beteiligungen sowie jedes Erreichen und jede Über‑ und Unterschreitung der Beteiligungsgrenzen im Sinne der Abs. 1 und 2 unverzüglich schriftlich anzuzeigen, sobald sie davon Kenntnis erlangen. Weiters haben sie dem Bundesminister für Finanzen mindestens einmal jährlich die Namen und Anschriften der wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 2 Z 3 FM‑GwG des Konzessionärs (§ 21) sowie die Namen und Anschriften der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter schriftlich anzuzeigen, die qualifizierte Beteiligungen halten, sowie deren Ausmaß, wie es sich insbesondere aus den anlässlich der jährlichen Hauptversammlung der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter oder aus den auf Grund der §§ 91 bis 93 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. Nr. 558/1990, in der jeweils geltenden Fassung, erhaltenen Informationen ergibt.

(6) Bei der Feststellung der Stimmrechte hinsichtlich Abs. 1 ist § 91 Abs. 1a bis Abs. 2a in Verbindung mit §§ 92 und 92a Abs. 2 und 3 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. Nr. 558/1990, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Stimmrechte oder Kapitalanteile, die Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute infolge einer Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung gemäß § 1 Z 2 lit. f WAG 2007 halten, sind insoweit nicht zu berücksichtigen und unterliegen auch nicht der glücksspielrechtlichen Genehmigungspflicht, wenn diese Rechte nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt werden, um in die Geschäftsführung des Emittenten einzugreifen, und innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs veräußert werden.“

Die Abs. 5 und 6 des § 31 GSpG, der die Aufsicht über einen Spielbankkonzessionär regelt, lauten in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016 wie folgt:

„(5) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der Aufsicht nach Abs. 1 zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung die Bestimmungen der §§ 18 und 25 Abs. 2, 5 und 6 sowie §§ 26 und 27 FM‑GwG sinngemäß anzuwenden.

(6) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der Ausübung seiner Aufgaben und Aufsichtsbefugnisse gemäß diesem Bundesgesetz nach einem risikobasierten Ansatz vorzugehen. Er hat

1. die im Inland bestehenden Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu analysieren und zu bewerten,

2. sich hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität von Prüfungen vor Ort und außerhalb der Räumlichkeiten der Konzessionäre an deren Risikoprofil und den im Inland vorhandenen Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu orientieren,

3. das Risikoprofil der Konzessionäre im Hinblick auf Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, einschließlich der Risiken der Nichteinhaltung einschlägiger Vorschriften, in regelmäßigen Abständen und bei Eintritt wichtiger Ereignisse oder Entwicklungen in der Geschäftsleitung und Geschäftstätigkeit der Konzessionäre neu zu bewerten und

4. den Ermessensspielräumen, die den Konzessionären zustehen, Rechnung zu tragen und die Risikobewertungen, die diesem Ermessensspielraum zugrunde liegen, sowie die Eignung und Umsetzung der internen Strategien, Kontrollen und Verfahren der Konzessionäre in angemessener Weise überprüfen.“

§ 31b Abs. 6 bis 9 GSpG lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016 wie folgt:

„(6) Ergibt sich nach Konzessions‑ bzw. Bewilligungserteilung nach den §§ 14, 21 und 56 Abs. 2, dass die nach diesem Gesetz wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat der Bundesminister für Finanzen die nach dem Stand der Technik oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen zu umfassen; der Bundesminister für Finanzen hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Konzession bzw. Bewilligung nachweist, dass ihm die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der in diesem Bundesgesetz umschriebenen Interessen bestehen. Der Bundesminister für Finanzen hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht.

(7) Unbeschadet des § 14 Abs. 2 Z 5 bzw. § 21 Abs. 2 Z 5 und anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen darf die Tätigkeit eines Geschäftsleiters bei einem Konzessionär (§§ 14 und 21) nur ausüben, wer die in Z 1 bis 4 folgenden Anforderungen dauernd erfüllt und wenn die Geschäftsleitung die in Z 5 bis 8 folgenden Anforderungen dauernd erfüllt:

1. Es liegt kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 13 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194, in der jeweils geltenden Fassung, vor und über das Vermögen des Geschäftsleiters beziehungsweise keines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf dessen Geschäfte dem Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zusteht oder zugestanden ist, der Konkurs eröffnet wurde, es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Sanierungsplanes gekommen, der erfüllt wurde; dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde;

2. der Geschäftsleiter über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verfügt und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen für den Betrieb der Konzession erforderlichen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit ergeben;

3. der Geschäftsleiter auf Grund der Vorbildung fachlich geeignet ist und für den Betrieb des Konzessionärs erforderlichen Erfahrungen hat. Die fachliche Eignung eines Geschäftsleiters setzt voraus, dass dieser in ausreichendem Maße theoretische und praktische Kenntnisse in den beantragten Geschäften der Konzession sowie Leitungserfahrung hat; die fachliche Eignung für die Leitung eines Konzessionärs ist anzunehmen, wenn eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachgewiesen wird;

4. gegen einen Geschäftsleiter, der nicht Staatsbürger ist, in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, keine Ausschließungsgründe als Geschäftsleiter eines Konzessionärs im Sinne der Z 1, 2 oder 3 vorliegen; dies ist durch die Glücksspielaufsicht des Heimatlandes zu bestätigen; kann jedoch eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, so hat der betreffende Geschäftsleiter dies glaubhaft zu machen, das Fehlen der genannten Ausschließungsgründe zu bescheinigen und eine Erklärung abzugeben, ob die genannten Ausschließungsgründe vorliegen;

5. die Geschäftsleiter ausreichend Zeit für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Betrieb des Konzessionärs aufwenden; dabei hat ein Geschäftsleiter im Falle der Ausübung mehrerer Tätigkeiten in geschäftsführender Funktion oder als Mitglied eines Aufsichtsrates die Umstände im Einzelfall und die Art, den Umfang und die Komplexität der Geschäfte des Konzessionärs zu berücksichtigen;

6. mindestens ein Geschäftsleiter den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich hat;

7. mindestens ein Geschäftsleiter die deutsche Sprache beherrscht;

8. der Konzessionär mindestens zwei Geschäftsleiter hat und in der Satzung die Einzelvertretungsmacht, eine Einzelprokura oder eine Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb ausgeschlossen ist.

(8) Unbeschadet des § 14 Abs. 2 Z 5 bzw. § 21 Abs. 2 Z 5 und anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen darf die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes bei einem Konzessionär (§§ 14 und 21) nur ausüben, wer die folgenden Anforderungen dauernd erfüllt:

1. Es liegt kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 13 GewO 1994, BGBl. Nr. 194, in der jeweils geltenden Fassung, vor und über das Vermögen eines Aufsichtsratsmitgliedes oder eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf deren Geschäfte dem Aufsichtsratsmitglied maßgebender Einfluss zusteht oder zugestanden ist, wurde kein Konkurs eröffnet, es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Sanierungsplanes gekommen, der erfüllt wurde; dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde;

2. das Aufsichtsratsmitglied verfügt über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse und es liegen keine Tatsachen vor, aus denen sich Zweifel an seiner persönlichen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit für die Ausübung der Funktion als Aufsichtsratsmitglied ergeben;

3. das Aufsichtsratsmitglied ist fachlich geeignet und hat die für die Ausübung der Funktion erforderlichen Erfahrungen; die fachliche Eignung setzt für den betreffenden Konzessionär angemessene Kenntnisse im Bereich des Glücksspiel- und Gesellschaftsrechts voraus;

4. gegen das Aufsichtsratsmitglied, das nicht Staatsbürger ist, liegen in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit es besitzt, keine Ausschließungsgründe als Aufsichtsratsmitglied im Sinne der Z 1 bis 3 vor; dies ist durch die Behörden des Heimatlandes zu bestätigen; kann jedoch eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, so hat das betreffende Aufsichtsratsmitglied dies glaubhaft zu machen, das Fehlen der genannten Ausschließungsgründe zu bescheinigen und eine Erklärung abzugeben, ob die genannten Ausschließungsgründe vorliegen.

(9) Jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder ist dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Zudem sind dem Bundesminister für Finanzen Änderungen in der Person der Geschäftsleiter oder der Person des Vorsitzenden des Aufsichtsrates sowie dessen Stellvertretung unter Bescheinigung der in Abs. 7 und 8 genannten Anforderungen schriftlich binnen zwei Wochen nachzureichen. Änderungen aller anderen genannten Personen sind auf Verlangen des Bundesministers für Finanzen unter Bescheinigung der in Abs. 7 und 8 genannten Anforderungen schriftlich binnen vier Wochen nach Einlangen des Verlangens der Behörde zu übermitteln. Treten Umstände auf, die darauf schließen lassen, dass die in Abs. 7 und 8 verlangte Zuverlässigkeit dieser Personen nicht gegeben ist, so kann der Bundesminister für Finanzen den Geschäftsleitern des Konzessionärs die Geschäftsführung oder aber die Ausübung des Stimmrechtes im Aufsichtsrat durch Bescheid ganz oder teilweise untersagen.“

Der mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 neu eigefügte § 31c GSpG lautet wie folgt:

„§ 31c. (1) Die Konzessionäre nach den §§ 14 und 21 haben die potentiellen Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, denen ihr Unternehmen ausgesetzt ist, nach § 4 FM‑GwG zu ermitteln, zu bewerten und aufzuzeichnen. Die Konzessionäre haben § 8 Abs. 1 bis 4 und § 9 Abs. 1 FM‑GwG anzuwenden.

(2) Die Konzessionäre nach § 21 haben:

1. stets die Sorgfaltspflichten nach § 6 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 FM‑GwG (Identitätsfeststellung der Besucher) bei Besuch der Spielbank sowie die Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Z 1, § 16 Abs. 1, 2 und 5, § 17, §§ 19 bis 23 und 40 FM‑GwG anzuwenden;

2. wenn sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme ergibt, dass der Besucher der Spielbank nicht auf eigene Rechnung handelt, den Besucher aufzufordern, die Identität des Treugebers mit den gemäß § 6 Abs. 3 Schlussteil FM‑GwG erforderlichen Mitteln nachzuweisen. Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen oder ist der Identitätsnachweis ungenügend, so ist der Besuch der Spielbank zu versagen und die Geldwäschemeldestelle (§ 2 Z 14 FM‑GwG) in Kenntnis zu setzen;

3. bei Spielbankbesuchern aus einem Drittland mit hohem Risiko gemäß Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG , ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S 73, (§ 2 Z 16 FM‑GwG) die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 FM‑GwG anzuwenden;

4. bei Wechslungen von Bargeld in Spielmarken oder umgekehrt sowie Einsätze in Höhe von EUR 2 000 oder mehr pro Spielbankbesucher und Spieltag oder ergibt sich dieser Betrag durch mehrere anscheinend zusammenhängende Vorgänge, die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 2 bis 5 FM‑GwG anzuwenden;

5. im Fall eines im Zuge der Risikoanalyse nach Abs. 1 festgestellten erhöhten Risikos die Bestimmungen des § 9 Abs. 3 FM‑GwG (iVm Anlage III) anzuwenden;

6. im Fall von politisch exponierten Personen die Bestimmungen des § 11 FM‑GwG anzuwenden.

(3) Der Konzessionär nach § 14 hat:

1. die Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Z 1, § 16 Abs. 1, 2 und 5, § 17, der §§ 19 bis 23 und 40 FM‑GwG anzuwenden;

2. wenn die Risikoanalyse nach Abs. 1 für den Bereich der Elektronischen Lotterien nach § 12a Abs. 1 ein erhöhtes Risiko ergibt, die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 sowie des § 9 Abs. 3 FM‑GwG (iVm Anlage III) anzuwenden;

3. auf Elektronische Lotterien nach § 12a Abs. 2 die Bestimmungen des Abs. 2 anzuwenden.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat den Konzessionären nach den §§ 14 und 21 Zugang zu aktuellen Informationen über Methoden der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und über Anhaltspunkte zu verschaffen, an denen sich verdächtige Transaktionen erkennen lassen. Ebenso sorgt er dafür, dass eine zeitgerechte Rückmeldung in Bezug auf die Wirksamkeit von Verdachtsmeldungen bei Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung und die daraufhin getroffenen Maßnahmen erfolgt, soweit dies praktikabel ist.“

Mit § 31c GSpG wurden die für Glücksspieldienstleister anzuwendenden Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. Nr. L 141 vom 5. Juni 2015 sowie die Anregungen der Financial Action Task Force (FATF) zum Glücksspielbereich im Zuge der vierten Länderprüfung Österreichs im November 2015 umgesetzt.

Weiters wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 die Frist, binnen derer ein Bescheid über eine Betriebsschließung gemäß § 56a GSpG zu ergehen hat, von drei Tagen auf einen Monat verlängert sowie in § 42 Abs. 3, der vorsieht, dass bei sonstigen Nummernlotterien und Tombolaspielen für den Gesamttrefferwert, bei Glückshäfen und Juxausspielungen für den Wert der nicht gespendeten Treffer Sicherheit zu leisten ist, die Wortfolge „inländischer Kreditinstitute“ aufgehoben und die Wortfolge „im Inland“ durch die Wortfolge „im EU‑/EWR‑Raum oder der Schweiz“ ersetzt.

14 Die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 begründen die Änderungen auszugsweise wie folgt (RV 1335 BlgNR 25. GP  27 f):

„Die bewährten Regelungen im Bereich des automatisierten Glücksspiels (Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten im Sinne des § 5 GSpG in Fällen von Automatensalons und in Fällen von Einzelaufstellungen und Glücksspielautomaten in Spielbanken nach § 21 sowie Elektronische Lotterien über Video‑Lotterie‑Terminals nach § 12a Abs. 2) zur Überprüfung der Identität der Besucher anhand der Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises, müssen jedenfalls behalten werden und soll mit der Anwendbarkeit des § 6 FM‑GwG in § 31c (und § 5 Abs. 6) für alle Betroffenen bei der Erstidentifikation weiterhin verpflichtend vorgeschrieben werden. Die bewährte Regelung zur Überprüfung der Identität der Besucher anhand der persönlichen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises wurde in § 6 Abs. 2 Z 1 FM‑GwG entsprechend des Schlussteiles von § 40 Abs. 1 BWG bzw. § 129 Abs. 1 VAG 2016 zwingend festgelegt.

Das 2010 eingeführte Verbot des anonymen Spielens im Bereich des automatisierten Glücksspiels stellt einerseits die Voraussetzung für einen wirksamen Spielerschutz durch die Glücksspielanbieter dar und dient andererseits der Verhinderung der Nutzung zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Es soll dabei den neuen Möglichkeiten des technischen Fortschrittes Rechnung getragen werden, indem für den gesamten Bereich des automatisierten Glücksspiels Voraussetzungen geschaffen werden bei Folgebesuchen (also nach der weiterhin verpflichtenden Erstidentifikation anhand der Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises) die notwendigen Identitätsfeststellungen unter Verzicht auf die persönliche Vorlage des amtlichen Lichtbildausweises durchzuführen, wenn die Identitätsfeststellung im Sinne des § 6 FM‑GwG durch den Einsatz biometrischer Erkennungsverfahren in ihrer Legitimationswirkung zumindest gleichwertig sichergestellt wird. Ein wahlweise herangezogenes biometrisches Erkennungsverfahren muss so gestaltet sein, dass eine sichere und eindeutige Identifikation gewährleistet wird (wie zB bei Papillarlinienabdrücken).

Im Regelfall wird bei Folgebesuchen damit ein höherer Grad an Sicherheit bei der Kundenidentifikation gewährleistet als unter Ausweisleistung und Vorlage der Spielerkarte erreicht werden kann (Entfall des manipulativen Aufwandes im Zuge der Kontrolle sowie der Missbrauchsmöglichkeiten im Falle einer Kartenübertragung oder eines Kartenverlustes). Damit wird sowohl dem Jugend‑ und Spielerschutz als auch der Verhinderung der Nutzung zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung Rechnung getragen und in Österreich ein noch höherer Standard durch Kundenidentifikationen mittels biometrischer Daten ermöglicht.

Der Schlussteil von § 5 Abs. 4 lit. b Z 2 sieht für Einzelaufstellungen bei Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten im Sinne des § 5 GSpG zur Vermeidung von Benachteiligungen eine mit diesem Regelungsvorhaben gleichlaufende Anpassung für Spielerkarten vor.

Durch die technische Alternativlösung im Bereich der Kundenidentifikation bei Folgebesuchen mit biometrischen Erkennungsverfahren sollen die Anforderungen an die Funktionalitäten einer Spielerkarte wie im Zweiten Bericht an den Nationalrat über eine betreiberunabhängige Spielerkarte (November 2014; siehe https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/III/III_00132/fname_380246.pdf ) umfassend dargestellt, nicht eingeschränkt, sondern um eine technische Alternativlösung erweitert werden. Sämtliche Anforderungen an eine Spielerkarte sollen auch durch eine technische Alternativlösung in einem zukünftigen Sperrverbund geleistet werden können und müssen als gleichwertige Lösungen untereinander kompatibel sein.

Mit der Umstellung auf das vollendete achtzehnte Lebensjahr in den §§ 5 und 25 soll die in Österreich geltende Regelung der Volljährigkeit einheitlich ‑ und zwar unabhängig von der Nationalität ‑ festgeschrieben werden um in diesem Bereich einen einheitlich hohen Spielerschutzstandard zu gewährleisten. Damit wird sichergestellt, dass die in Österreich geltende Volljährigkeitsgrenze nicht unterschritten wird und die in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten im Zuge der Ermittlung ausländischer Volljährigkeitsgrenzen vermieden werden. Darüber hinaus dient ein ziffernmäßig festgesetztes Mindestalter der Transparenz der diesbezüglichen Zugangserfordernisse.

...

Mit den Bestimmungen des § 31c werden die für Glücksspieldienstleister anzuwendenden Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG , ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S 73, ‑ insbesondere Art. 11 lit. d ‑ nach dem Muster des FM‑GwG sowie die Anregungen der Financial Action Task Force (FATF) zum Glücksspielbereich im Zuge deren 4. Länderprüfung Österreichs im November 2015 umgesetzt. Dabei orientiert sich die Umsetzung auch am geringen Grad des Geldwäsche und Terrorismusfinanzierungsrisikos, wie dieser für den Glücksspielbereich in der „Nationalen Risikoanalyse Österreich“ 2015 ausgewiesen wird (siehe: https://www.bmf.gv.at/finanzmarkt/geldwaescheterrorismusfinanzierung/Nationale_Risikoanalyse_Oesterreich_PUBLIC.pdf?5b0v66 ).

Aufgrund der Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Richtlinie (EU) 2015/849 auf Glücksspiele und Wetten haben ua. Glücksspieldienstleister ‑ damit die Konzessionäre nach §§ 14 und 21 sowie die Bewilligten für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (im Sinne des § 5) ‑ für den Bereich der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung eine Risikoanalyse verpflichtend durchzuführen. In der Folge sind von Spielbanken und von Elektronischen Lotterien über Video Lotterie Terminals ab einem Bargeldeinsatz von EUR 2.000 alle grundsätzlichen Sorgfaltspflichten des FM‑GwG und bei erhöhtem Risiko oder im Fall politisch exponierter Personen auch verstärkte Sorgfaltspflichten anzuwenden. In Fällen eines erhöhten Risikos gelten verstärkte Sorgfaltspflichten auch für das Internetglücksspiel des Konzessionärs nach § 14.

Die Verfügung über Anteile an einer Gesellschaft, der eine Konzession nach §§ 14 oder 21 erteilt wurde, war schon bisher einer Genehmigungspflicht unterworfen. Die Neuregelung orientiert sich an der bewährten Bestimmung § 20 BWG. Künftig ist demnach nicht mehr jeder Beteiligungserwerb genehmigungspflichtig, sondern besteht eine Genehmigungspflicht nur bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte, wenn tatsächlich ein maßgeblicher Einfluss des Gesellschafters auf die Gesellschaft zu erwarten ist. Die bisherige Regelung wäre zudem bei einem börsennotierten Konzessionär kaum administrierbar. Ausdrücklich in die Genehmigungspflicht einbezogen wird nunmehr auch der Erwerb mittelbarer Beteiligungen um sicherzustellen, dass die Genehmigungspflicht nicht durch die Zwischenschaltung von Gesellschaften umgangen werden kann. Analog zu § 20 Abs. 7 BWG erfolgt die Bestimmung der relevanten Stimmrechte gemäß § 91 Abs. 1a bis Abs. 2a in Verbindung mit §§ 92 und 92a Abs. 2 und 3 Börsegesetz 1989. Der Beteiligungserwerb durch Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute im Zuge einer Emission oder Platzierung von Finanzinstrumenten soll nicht der Genehmigungspflicht unterliegen, weil diese in der Regel keine strategischen Interessen verfolgen. Eingriffe in die Geschäftsführung des Emittenten oder ein nicht bloß kurzfristiges Halten der Beteiligung schließen die Anwendbarkeit dieser Ausnahmeregelung aus. Das Gesetz regelt nunmehr auch detailliert, nach welchem Maßstab eine Genehmigung zu erteilen ist. Schließlich sind auch Sanktionen für den Fall, dass ein Erwerb pflichtwidrig nicht angezeigt wurde, vorgesehen.

Lotterien nach §§ 6 bis 11 und 12b unterliegen wegen ihres geringen Risikos und der Besonderheiten des Vertriebes ausschließlich über den Einzelhandel keiner verpflichtenden Kundenidentifikation, jedoch den Meldepflichten über Verdachtslagen und daran anknüpfenden Begleitmaßnahmen. In diesem Bereich bestehen jedoch auch zusätzliche unternehmensinterne Vorkehrungen, wie etwa Identifizierungspflichten ‑ so auch die von politisch exponierten Personen ‑ im Fall der Auszahlung höherer Gewinne. Dafür sollen hinkünftig Anpassungsverpflichtungen der Spielbedingungen vorgesehen werden.

Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 ff fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 31c, weil deren Rahmenbedingungen für die referenzierten Delikte völlig unattraktiv sind (zB Loskauf über identifiziertes Bankkonto, geringe Einsätze, lange Ziehungsintervalle, kaum Bargeldgewinne).

...

Die Verfügung über Anteile an einer Gesellschaft, der eine Konzession nach §§ 14 oder 21 erteilt wurde, war schon bisher einer Genehmigungspflicht unterworfen. Die Neuregelung orientiert sich an der bewährten Bestimmung § 20 BWG. Künftig ist demnach nicht mehr jeder Beteiligungserwerb genehmigungspflichtig, sondern besteht eine Genehmigungspflicht nur bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte, wenn tatsächlich ein maßgeblicher Einfluss des Gesellschafters auf die Gesellschaft zu erwarten ist. Die bisherige Regelung wäre zudem bei einem börsennotierten Konzessionär kaum administrierbar. Ausdrücklich in die Genehmigungspflicht einbezogen wird nunmehr auch der Erwerb mittelbarer Beteiligungen um sicherzustellen, dass die Genehmigungspflicht nicht durch die Zwischenschaltung von Gesellschaften umgangen werden kann. Analog zu § 20 Abs. 7 BWG erfolgt die Bestimmung der relevanten Stimmrechte gemäß § 91 Abs. 1a bis Abs. 2a in Verbindung mit §§ 92 und 92a Abs. 2 und 3 Börsegesetz 1989. Der Beteiligungserwerb durch Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute im Zuge einer Emission oder Platzierung von Finanzinstrumenten soll nicht der Genehmigungspflicht unterliegen, weil diese in der Regel keine strategischen Interessen verfolgen. Eingriffe in die Geschäftsführung des Emittenten oder ein nicht bloß kurzfristiges Halten der Beteiligung schließen die Anwendbarkeit dieser Ausnahmeregelung aus. Das Gesetz regelt nunmehr auch detailliert, nach welchem Maßstab eine Genehmigung zu erteilen ist. Schließlich sind auch Sanktionen für den Fall, dass ein Erwerb pflichtwidrig nicht angezeigt wurde, vorgesehen.

Mit Z 5 wird für Glücksspieldienstleister Art. 3 Z 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 umgesetzt.

...

Die Änderung in Abs. 6 ermöglicht es, während der Konzessionslaufzeit zusätzliche Auflagen für den Konzessionär festzulegen, wenn dies zur Wahrung der Zielsetzungen des Gesetzes, sohin insbesondere zur Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus im Bereich des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention erforderlich ist. Die Bestimmung orientiert sich an § 79 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194.

Abs. 7 und 8 sehen detailliertere gesetzliche Fit & Proper‑Bestimmungen zu Anforderungen für Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder von Konzessionären vor, um sicherzustellen, dass die Anforderungen der § 14 Abs. 2 Z 5 und § 21 Abs. 2 Z 5 auch während der Konzessionslaufzeit eingehalten werden. Die konkrete Ausformung der Fit & Proper‑Anforderungen greift auf das Modell des § 28a BWG zurück.

[Zu § 42 Abs. 3] Es handelt sich um Anpassungen zur Vermeidung von Diskriminierungen im Lichte des Unionsrechts.“

15 Nach den Materialien zum AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 117/2016, (1352 BlgNR 25. GP  16) handelte es sich bei dieser Novelle um eine Anpassung in Folge der mit dem Finanzmarkt‑Geldwäschegesetz erfolgten Umstellung auf eine einheitliche Volljährigkeitsgrenze in §§ 5 und 25 GSpG.

16 Zusammenfassend ist aus diesen Novellen Folgendes ersichtlich: Der Spielerschutz wurde weiter ausgebaut. Mittlerweile ist gesetzlich vorgegeben, dass durch Einrichtung eines Zutrittssystems bzw. Identifikationssystems nur Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, an Glücksspielen mit Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw. in Einzelaufstellung teilnehmen können; auch für Spielbanken gilt dieses Schutzalter. Weiters hat der Gesetzgeber insbesondere mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 umfangreiche Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getroffen; die Konzessionäre haben u.a. gemäß § 31c GSpG die potentiellen Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, denen ihr Unternehmen ausgesetzt ist, zu ermitteln, zu bewerten und aufzuzeichnen. Bei Spielbanken und Elektronischen Lotterien über Video Lotterie Terminals sind ab einem Bargeldeinsatz von € 2.000,‑ ‑ alle grundsätzlichen Sorgfaltspflichten des Finanzmarkt‑Geldwäschegesetzes (FM‑GwG) und bei erhöhtem Risiko oder im Fall politisch exponierter Personen auch verstärkte Sorgfaltspflichten wahrzunehmen. Auch der BMF hat bei der Aufsicht sowohl nach § 19 als auch nach § 31 GSpG zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf nähere Bestimmungen des FM‑GwG Bedacht zu nehmen. Weiters wurde in § 31b Abs. 6 GSpG die Möglichkeit geschaffen, während der Konzessionslaufzeit zusätzliche Auflagen für den Konzessionär festzulegen, wenn dies zur Wahrung der Zielsetzungen des Gesetzes, „insbesondere zur Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention“ erforderlich ist (so die Materialien RV 1335 BlgNR 25. GP  29). Der Gesetzgeber hat damit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reagiert, wonach Nebenbestimmungen in Bescheiden einer ausdrücklichen oder zumindest ausreichenden gesetzlichen Grundlage bedürfen und nach der damals geltenden Rechtslage des GSpG bereits im Konzessionsbescheid enthalten sein mussten (VwGH 14.10.2015, Ro 2014/17/0150). Das GSpG sah bis dahin z.B. keine Möglichkeit vor, dem Konzessionär nach Konzessionserteilung „Standards und Leitlinien für verantwortungsvolle Glücksspielwerbung“ als weitere Nebenbestimmung vorzuschreiben. Die Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder der Konzessionäre müssen nunmehr nach dem Modell des § 28a BWG hohen Anforderungen genügen (§ 31b Abs. 7 GSpG): Es darf etwa über das Vermögen des Geschäftsleiters nicht der Konkurs eröffnet worden sein, der Geschäftsleiter muss über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verfügen und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen für den Betrieb der Konzession erforderlichen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit ergeben; überdies muss der Geschäftsleiter auf Grund der Vorbildung fachlich geeignet sein (sog. „Fit & Proper‑Anforderungen“). In § 42 Abs. 3 GSpG wurde durch eine Anpassung eine unionsrechtliche Diskriminierung beseitigt. Insgesamt ergibt sich daraus das Bild, dass der Gesetzgeber auf aktuelle faktische Änderungen (erhöhtes Problembewusstsein im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) sowie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reagiert hat, auf (neue) unionsrechtliche Vorgaben Bedacht nahm und weiterhin die Verbesserung des Spielerschutzes anstrebt.

B) Zur Rechtsprechung des EuGH und der österreichischen Höchstgerichte des öffentlichen Rechts (VwGH und VfGH):

17 Der EuGH hat wiederholt ausgesprochen, dass die Einrichtung staatlicher Monopole eine Maßnahme ist, die den in Art. 56 AEUV verbürgten freien Dienstleistungsverkehr und die in Art. 49 AEUV verbürgte Niederlassungsfreiheit beschränkt. Eine solche Monopolregelung, die insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, kann jedoch zur Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen dienen (vgl. EuGH 8.9.2010, Markus Stoß ua, C‑316/07, Rn. 79).

18 Solche „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ sind Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (vgl. EuGH 30.4.2014, Pfleger, C‑390/12, Rn. 41, mwN), wobei Art. 56 AEUV einer Regelung entgegensteht, die nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (EuGH 30.4.2014, Pfleger, C‑390/12, Rn. 56).

19 Darüber hinaus hat der EuGH ausgesprochen, dass die Verhinderung und die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung legitime Ziele darstellen, zu deren Erreichung sich die Mitgliedstaaten sowohl auf internationaler als auch auf Unionsebene verpflichtet haben (EuGH 25.4.2013, Jyske Bank Gibraltar Ltd., C‑212/11, Rn. 62). Dabei ist die Bekämpfung der Geldwäsche, die Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung ist, ein legitimes Ziel, das eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (vgl. Jyske Bank Gibraltar Ltd., Rn. 64, mwN).

20 Die Mitgliedstaaten verfügen „im Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Soweit die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen im Übrigen beachtet werden, ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen“ (vgl. in diesem Sinne Pfleger, Rn. 45, mwN).

21 Das nationale Gericht hat eine Gesamtwürdigung ‑ im Licht der konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden restriktiven Regelung ‑ der Umstände vorzunehmen, unter denen eine solche restriktive Regelung erlassen worden ist und durchgeführt wird (Pfleger, Rn. 49). Bei dieser Gesamtwürdigung ist auf alle Umstände Bedacht zu nehmen, unter denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen des GSpG erlassen worden sind und umgesetzt werden (Pfleger, Rn. 50); es ist daher nicht nur isoliert ein einzelner Umstand zu betrachten ‑ etwa eine konkrete Werbetätigkeit ‑, ohne eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorzunehmen (so bereits VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/002, sowie VfSlg. 20.101/2016, Rn. III. 2.4.4.). Der Ansatz des eine solche Gesamtwürdigung durchführenden Gerichts darf dabei nicht statisch, sondern muss dynamisch sein, sodass es die Entwicklung der Umstände auch nach dem Erlass der betreffenden Regelung berücksichtigen muss (ebenso Pfleger, Rn. 52 f).

22 Zu beachten ist im Zusammenhang mit den vorliegenden Revisionen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH einem Mitgliedstaat nicht deshalb die Möglichkeit genommen ist, zu belegen, dass eine innerstaatliche restriktive Maßnahme diesen Anforderungen genügt, weil er keine Untersuchungen vorlegen kann, die dem Erlass der fraglichen Regelung zugrunde lagen (EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C‑3/17, Rn. 63, mwN).

23 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgesprochen, dass von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht verlangt werden kann, ein seit langer Zeit installiertes System des Glücksspielbereiches, das erfolgreich den Zielen des Spielerschutzes samt Suchtbekämpfung und der Geringhaltung der Beschaffungskriminalität sowie der Kriminalität gegenüber Spielern gedient hat, vorbeugend abzuschaffen, um auszutesten, in welchem Umfang dann diesen Zielen nicht mehr Genüge getan würde (VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 116).

24 Weiters war die den Verwaltungsgerichten obliegende Pflicht, im Rahmen des im Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 38 VwGVG iVm § 25 VStG anwendbaren Amtswegigkeitsprinzips und des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit Feststellungen zur Anwendbarkeit von Unionsrecht zu treffen (vgl. VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0120; 15.12.2014, Ro 2014/17/0121), Gegenstand eines Verfahrens vor dem EuGH. Dieser hat jüngst festgehalten, dass diese Regelungen ‑ konkret des VStG und VwGVG ‑, wonach in Verwaltungsstrafverfahren das Gericht, das darüber zu entscheiden hat, ob eine die Ausübung einer Grundfreiheit der Europäischen Union wie der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union beschränkende Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, bei der Prüfung des Vorliegens von Verwaltungsübertretungen die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, den Art. 49 und 56 AEUV nicht entgegenstehen, sofern diese Regelungen nicht zur Folge haben, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht prüfen kann, ob die Beschränkung gerechtfertigt ist (EuGH 14.6.2017, Online Games Handels GmbH, C‑685/16, Rn. 67).

25 Der Verfassungsgerichtshof hat zum Amtswegigkeitsprinzip unter Berücksichtigung der jüngeren Judikatur des EGMR Folgendes erkannt (vgl. näher VfGH 14.3.2017, E 3282/2016):

„Im Unterschied zu dem dem Fall Karelin gegen Russland (EGMR 20.9.2016, http://hudoc.echr.coe.int/eng# {"appno":["926/08"]}) zugrunde liegenden russischen Verwaltungsstrafrecht sieht § 18 VwGVG zudem vor, dass die belangte Behörde Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist, die der beschuldigten Partei in einem kontradiktorischen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gegenübersteht (vgl. VwGH 6.4.2016, Fr 2015/03/0011) und der unabhängig von ihrer Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dementsprechende Parteienrechte, wie beispielsweise das Recht gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B‑VG, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, zukommen. Am kontradiktorischen Charakter des Verfahrens ändert auch die allfällige Abwesenheit einer Partei oder sämtlicher Parteien nichts, zumal dem erkennenden Verwaltungsgericht sowohl die Position der belangten Behörde in Form des ‑ die Funktion der Anklageschrift repräsentierenden ‑ (erstinstanzlichen) Straferkenntnisses als auch jene der beschuldigten Partei in Gestalt der Beschwerde oder Beschwerdebeantwortung im Fall einer Amtsbeschwerde vorliegen“.

26 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass durch das für die Verwaltungsstrafbehörde wie für das Verwaltungsgericht vorgesehene Amtswegigkeitsprinzip weder die Unabhängigkeit des erkennenden Verwaltungsgerichtes eingeschränkt wird, weil das erstinstanzliche Straferkenntnis der belangten Behörde gleichsam die Anklageschrift im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht repräsentiert (vgl. VwGH 14.7.2005, 2004/06/0064; 13.12.2016, Ra 2016/09/0040), noch Art. 6 EMRK verletzt ist (so bereits VfGH 14.3.2017, E 3282/2016).

27 Das Verwaltungsgericht hat daher von Amts wegen unabhängig von Parteivorbringen und ‑anträgen den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln (vgl. VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121). Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise auch die Pflicht, auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des für seine Entscheidung relevanten Sachverhaltes von Bedeutung ist, einzugehen. Das Verwaltungsgericht darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0041). Bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sind auch die einen Beschuldigten entlastenden Umstände zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 29.9.2005, 2005/11/0094, mwH). Betreffend die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist festzuhalten, dass gemäß Art. 130 Abs. 4 erster Satz B‑VG (vgl. auch § 50 VwGVG) in Verwaltungsstrafsachen das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst entscheidet, woraus folgt, dass in Verwaltungsstrafverfahren dem Verwaltungsgericht in jedem Fall auch die Befugnis und Verpflichtung zu allenfalls erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zukommt (vgl. VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

28 Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Feststellungen, aufgrund derer in der Folge eine Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, ist Folgendes festzuhalten: Da das Verwaltungsgericht zum Einen nach der Judikatur des EuGH die Verpflichtung zur Feststellung dieser Umstände trifft, müssen sie ‑ sofern nicht ohnehin diesbezügliches, konkrete Ermittlungsschritte auslösendes Parteienvorbringen vorhanden ist ‑ diese von Amts wegen treffen dürfen, da sie ansonsten keine Gesamtwürdigung durchführen könnten (vgl. Pfleger, Rn. 50 ff; dazu, dass es Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen: vgl. EuGH 13.3.2007, Unibet (London) Ltd. u.a., C‑432/05, mwH, Rn. 39). Zum anderen kann die Geltung oder Anwendbarkeit eines Gesetzes letztlich nicht von Behauptungen oder Beweisanboten einer Partei abhängen, weshalb das Verwaltungsgericht dann, wenn es aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Glücksspielrechts haben sollte, auch von Amts wegen entsprechende Beweise aufnehmen und Feststellungen zu treffen hat (so auch OGH 28.6.2016, 2 Ob 92/15s).

29 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige einem staatlichen Monopol und andere einer Regelung unterliegen, nach der private Veranstalter eine Erlaubnis benötigen, im Hinblick darauf, dass mit Maßnahmen, die ‑ wie das staatliche Monopol ‑ auf den ersten Blick als am restriktivsten und wirkungsvollsten erscheinen, legitime Ziele verfolgt werden, für sich genommen nicht dazu führen, dass diese Maßnahmen ihre Rechtfertigung verlieren. Derart divergierende rechtliche Regelungen ändern nämlich als solche nichts an der Eignung eines solchen staatlichen Monopols zur Verwirklichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen (EuGH 8.9.2010, Carmen Media Group, C‑46/08, Rn. 63; Stoß ua., Rn. 96).

30 Diese Rechtsprechung ist für Österreich insoweit von Bedeutung, als für verschiedene Arten von Glücksspielen unterschiedliche Regelungen bestehen: Grundsätzlich ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten (§ 3 GSpG „Glücksspielmonopol“). Der Bund selbst veranstaltet jedoch keine Glücksspiele, sondern vergibt ‑ unter Beschränkung der Anzahl ‑ Konzessionen betreffend Lotterien und Spielbanken. Gemäß § 4 Abs. 2 GSpG sind vom Glücksspielmonopol Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (§ 5 GSpG, „kleines Glücksspiel“) ausgenommen. Für nicht dem System des GSpG unterliegen Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen existieren landesgesetzliche Regelungen (vgl. näher unter Punkt C 2).

31 Ein solches duales System zur Organisation des Glücksspielmarkts kann sich jedoch als im Widerspruch zu Art. 56 AEUV stehend erweisen, wenn festgestellt wird, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf andere Glücksspiele als die, die dem staatlichen Monopol unterliegen, eine Politik verfolgen, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, was zur Folge hat, dass das der Errichtung dieses Monopols zugrunde liegende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C‑3/17, Rn. 24, mwN).

32 Im letztgenannten Urteil (Rn. 29) hat der EuGH erneut betont, dass sogar eine Liberalisierung bestimmter Arten von Glücksspielen, die sich im Rahmen einer Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten bewegen kann, sowohl mit dem Ziel, die Ausnutzung von Glücksspieltätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken zu verhindern, als auch mit dem Ziel der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht in Einklang stehen kann, indem die Verbraucher zu dem Angebot zugelassener Anbieter gelenkt werden, bei dem davon auszugehen ist, dass es vor kriminellen Elementen geschützt und darauf ausgelegt ist, die Verbraucher besser vor übermäßigen Ausgaben und vor Spielsucht zu bewahren.

33 Es ist wiederum Aufgabe des jeweiligen nationalen Gerichts, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu prüfen (Sporting Odds Ltd., Rn. 32).

C) Unionsrechtliche Prüfung der derzeitigen Rechtslage:

1.) Zum Erfordernis eines inländischen Sitzes durch den Konzessionär:

34 Die gesetzliche Verpflichtung des Inhabers einer Konzession zur Durchführung von Ausspielungen gemäß den §§ 6 bis 12 GSpG, den Sitz gemäß § 14 Abs. 3 GSpG im Inland zu haben, stellt zwar für sich allein betrachtet zweifellos eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art. 49 AEUV dar, weil sie Gesellschaften diskriminiert, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, und diese daran hindert, über eine Agentur, Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung Spielbanken in Österreich zu betreiben.

35 Der EuGH hat ausgesprochen, Art. 43 EG (nunmehr Art. 49 AEUV) stehe einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich Wirtschaftsteilnehmern mit Sitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats vorbehält (EuGH 9.9.2010, Engelmann, C‑64/08, Rn. 32).

36 § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG idF BGBl. I Nr. 111/2010 legt unter Beachtung dieser Rechtsprechung des EuGH jedoch nunmehr fest, dass für Interessenten zur Bewerbung um eine Konzession ein Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes erforderlich und ausreichend ist. Im Falle der erfolgreichen Bewerbung eines Interessenten mit Sitz außerhalb von Österreich ist die Konzession unter der Bedingung zu erteilen, dass der Sitz der Kapitalgesellschaft in Österreich errichtet wird. Die Errichtung einer inländischen Kapitalgesellschaft ist jedoch nicht erforderlich, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt (behördliche Aufsichtskette). Können diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist die Ausübung der Konzession durch eine bloße Niederlassung in Österreich zulässig.

37 Der EuGH hat darüber hinaus wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (EuGH 12.7.2012, HIT und HIT LARIX, C‑176/11, Rn. 24).

38 Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann daher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (EuGH 8.9.2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, Rn. 58).

39 Da § 14 Abs. 3 GSpG nicht mehr ausschließlich einen Sitz in Österreich für den Konzessionsinhaber verlangt, sondern vielmehr in seinem dritten Satz unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen hievon eine Ausnahme macht, werden keine der erwähnten unionsrechtlichen Vorgaben durch die nunmehr geltende Rechtslage verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung ‑ nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht ‑ eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben, weil eine solche Regelung erkennbar das Ziel verfolgt, eine effiziente Kontrolle der im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer zu ermöglichen, um der Ausnutzung der Glücksspieltätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen. Die genannte Regelung wird tatsächlich dem Anliegen gerecht, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. EuGH, Liga Portuguesa, Rn. 59 bis 61; zur Zulässigkeit einer Beschränkung darauf, dass „im Wesentlichen gleichartige Garantien“ vorliegen: EuGH, HIT und HIT LARIX, Rn. 34).

40 Dieses Ergebnis entspricht auch der jüngeren Rechtsprechung des EuGH, wie etwa dem Urteil vom 28. Februar 2018, Sporting Odds Ltd., C‑3/17: In diesem Verfahren hatte der EuGH eine ungarische Regelung zu beurteilen, nach der die Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet auf Wirtschaftsteilnehmer beschränkt war, die ein im Inland gelegenes Casino betreiben und zu diesem Zweck über eine Konzession und eine Erlaubnis verfügen. Diese Beschränkung wurde als Diskriminierung gewertet, die in einem ersten Schritt nur dann mit dem Unionsrecht vereinbar wäre, wenn sie einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung wie Art. 52 AEUV zugeordnet werden könnte ‑ d.h. der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit ‑ und in einem zweiten Schritt den vom EuGH statuierten Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügten. Die dortige Einschränkung ‑ die jedoch anders als die hier zu beurteilende Regelung des § 14 Abs. 3 GSpG keine Ausnahmebestimmung vorsah ‑ wurde in der Folge zwar nicht als „unerlässliche Voraussetzung“ für die Erreichung des verfolgten Zieles qualifiziert, weil sie über das hinausging, was als verhältnismäßig angesehen werden könne, sofern weniger restriktive Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zur Verfügung stünden. Als eine solche weniger restriktive Maßnahme ist aber die in § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG verfügte Ausnahme für den Fall des Vorliegens einer vergleichbaren Aufsicht anzusehen.

2.) Zu den gesetzlichen Regelungen des „Kleinen Glücksspiels“:

41 Es ist festzuhalten, dass in Österreich zwar ein Glücksspielmonopol des Bundes besteht, die dem Monopol unterliegenden Glücksspiele jedoch an private Konzessionäre übertragen werden können und auch tatsächlich wurden. Der Bund veranstaltet aufgrund des ihm eingeräumten Monopols keine Glücksspiele, sodass eine Kombination des Monopolsystems mit einem Konzessionssystem unter Beschränkung der Anzahl der zu vergebenden Konzessionen vorliegt. Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sind gemäß § 4 Abs. 2 GSpG vom Glücksspielmonopol ausgenommen.

42 Was den Umstand betrifft, dass die verschiedenen Glücksspiele somit zum Teil in die Zuständigkeit der Länder und zum Teil in die des Bundes fallen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu beachten, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die Nichteinhaltung seiner aus dem Unionsrecht folgenden Verpflichtungen zu rechtfertigen. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaats, namentlich zwischen zentralen, regionalen und lokalen Behörden, kann ihn u. a. nicht davon entbinden, den genannten Verpflichtungen nachzukommen (vgl. Carmen Media Group, Rn. 69). Dementsprechend müssen, auch wenn das Unionsrecht einer internen Zuständigkeitsverteilung, nach der für bestimmte Glücksspiele die Länder zuständig sind und für andere der Bund, nicht entgegensteht, in einem solchen Fall die Behörden des betreffenden Bundeslandes und die Bundesbehörden gleichwohl gemeinsam die Verpflichtung des jeweiligen Mitgliedstaates erfüllen, nicht gegen Art. 49 AEUV zu verstoßen. Soweit die Beachtung dieser Bestimmung es erfordert, müssen diese verschiedenen Behörden dabei folglich die Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten koordinieren (Carmen Media Group, Rn. 70).

43 Zur Beurteilung eines solchen Systems ist weiters die Judikatur des EuGH zu beachten, wonach die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern nicht in Frage gestellt werden kann, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV steht, nach dem die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt (zum horizontalen Verhältnis zwischen Bundesländern mit eigenen Gesetzgebungsbefugnissen im Rahmen eines föderal strukturierten Mitgliedsstaats: EuGH 12.6.2014, Digibet Ltd, Gert Albers, C‑156/13, Rn. 34 und 35).

44 Auch die Landesausspielungen („kleines Glücksspiel“) unterliegen in Österreich strengen und einheitlichen Regelungen (§ 5 GSpG): Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, dargelegt hat, wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 durch Einführung der „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“ die Anzahl der zu vergebenden Bewilligungen für den Betrieb von Glücksspielautomaten außerhalb von Spielbanken beschränkt. Weiters wurden Beschränkungen der Spielmöglichkeiten dahingehend vorgesehen, dass nicht mehr als drei Bewilligungen pro Bundesland vergeben werden dürfen und überdies, dass das Verhältnis von einem Glücksspielautomaten pro 1.200 Einwohnern pro Land (in Wien 600 Einwohnern) nicht überschritten werden darf. Es wurden Mindestabstände zwischen den Automatensalons vorgeschrieben. Mit diesen Regelungen wurde somit die Möglichkeit des Spielens an Glücksspielautomaten außerhalb von Spielbanken weiter verringert. Eine Begrenzung der Zahl der zu vergebenden Bewilligungen zum Betreiben von Glücksspielautomaten ist bereits ihrem Wesen nach geeignet, die Gelegenheiten zum Glücksspiel einzuschränken und damit ein Ziel des Allgemeininteresses zu erreichen, das durch das Unionsrecht anerkannt ist (zu den gesetzlichen Regelungen sowie den einzelnen Novellen vgl. bereits das mehrfach zitierte hg. Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 91 ff). Seit den Novellen BGBl. I Nr. 117 und 118/2017 besteht die Verpflichtung zur Errichtung eines Zutritts‑ bzw. Identifikationssystems, das minderjährigen Personen den Eintritt verwehrt; der Spielerschutz wurde auch insoweit ausgebaut, als auch bei Einzelaufstellung eine zeitliche Begrenzung der Spielzeiten am Glücksspielautomaten erforderlich ist; weiters wurden Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getroffen.

45 Der Bundesgesetzgeber sieht daher für die Aufstellung von Glücksspielautomaten hohe Spielerschutzstandards vor und trifft detaillierte Regelungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Länder können von ihrem Gestaltungsrecht in diesem Bereich nur dahingehend Gebrauch machen, dass sie das „kleine Glücksspiel“ unter diesen streng reglementierten Vorgaben erlauben oder nicht erlauben; zu jenen Bundesländern, die derzeit keine Bewilligungen für „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“ erteilen, zählen Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien.

46 Auf gesetzlicher Ebene ist durch die §§ 4 und 5 GSpG jedoch umfassend sichergestellt, dass auch Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten einem vergleichbaren ordnungs‑ und aufsichtsrechtlichen Regime wie die Glücksspieltätigkeiten nach dem GSpG unterliegen. Es besteht ein einheitliches System, das sicherstellt, dass auch Landesausspielungen einheitlichen ‑ strengen ‑ Regelungen unterliegen.

3.) Zur Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Eingriffsbefugnisse:

47 Das LVwG hat überdies in seiner rechtlichen Beurteilung die Verhältnismäßigkeit der behördlichen Eingriffsbefugnisse verneint und die fehlende vorangehende richterliche Kontrolle moniert.

48 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es „Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind“ (Carmen Media Group, Rn. 46).

49 Der Verfassungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit der das Glücksspielmonopol absichernden behördlichen Eingriffsbefugnisse der §§ 50 ff GSpG ‑ insbesondere im Zusammenhang mit der Kohärenz der gesetzlichen Bestimmungen ‑ nicht vorliegt (vgl. VfGH 14.3.2017, E 3282/2016): Die Bedenken im Hinblick auf das Fehlen vorangehender richterlicher Ermächtigungen im Zusammenhang mit den Eingriffsbefugnissen gemäß den §§ 50 ff GSpG gehen nach dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes schon deswegen ins Leere, weil in mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellationen „das Bestehen einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle vom EGMR als geeignet angesehen [wird], das Fehlen einer vorherigen richterlichen Ermächtigung zu kompensieren“ (vgl. EuGH 18.6.2015, Deutsche Bahn ua., http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:62013CJ0583 , mwN). Diese Voraussetzung ist nämlich durch die umfassende Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte iSd Art.130 B‑VG sowie der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erfüllt.

50 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des EuGH sowie des Verfassungsgerichtshofes hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner bereits im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, ausgesprochenen Rechtsansicht fest, wonach durch die Festlegung des normativen Rahmens für die behördliche Aufsicht in § 50 GSpG und der damit einhergehenden strikten behördlichen Kontrolle ausreichend Sorge dafür getragen wird, dass die Ziele des Gesetzgebers tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden. § 50 Abs. 4 GSpG hat durch die Novelle BGBl. I Nr. 118/2015 insoweit eine Ausweitung erfahren, als die Behörde sowie die Organe der öffentlichen Aufsicht und die Organe der Abgabenbehörden ermächtigt sind, ihre Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls‑ und Zwangsgewalt durchzusetzen (vgl. zur Auslegung z.B. VwGH 22.11.2017, Ra 2016/17/0302); dabei ist auf die Verhältnismäßigkeit zu achten. Übertretungen des GSpG müssen nämlich wirkungsvoll geahndet werden, um dem mit einem Konzessionssystem kombinierten Monopolsystem zum Durchbruch zu verhelfen, da es andernfalls wirkungslos wäre. Die Beachtung des Monopols (seiner Effizienz) ist vielmehr sicherzustellen (vgl. Stoß u.a., Rn. 84f). Der BMF hat daher zur Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit ein umfassendes Revisionsrecht gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte (vgl. § 50 Abs. 7 GSpG idF BGBl. I Nr. 118/2016).

51 Diese Maßnahmen sind somit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH erforderlich, um das illegale Glücksspiel zum Schutze der Spieler und zur Hintanhaltung der damit im Zusammenhang stehenden Kriminalität zu bekämpfen. Auch das Verwaltungsgericht konnte diesbezüglich keine weniger restriktiven Maßnahmen aufzeigen, mit denen die verfolgten Ziele ebenso effektiv erreicht werden könnten. Eingriffe in die Rechte der Glücksspielbetreiber werden durch diese Bestimmungen nur bei jeweils im Einzelnen im GSpG genannten Voraussetzungen ermöglicht, wobei ein effektives Rechtsschutzsystem zur Überprüfung im Sinne eines Rechtszugs von der Entscheidung der Verwaltungsbehörde an das Landesverwaltungsgericht und weiter an die Höchstgerichte des öffentlichen Rechts vorgesehen ist. Die Eingriffsbefugnisse sind daher geeignet, die verfolgten Ziele zu verwirklichen und gehen ‑ entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes ‑ nicht über das Erforderliche hinaus; insbesondere im Hinblick auf das erwähnte Rechtsschutzsystem ist bei einer wertenden Gesamtbetrachtung auch eine Verletzung in den von der GRC geschützten Rechten nicht zu erkennen (so bereits das hg. Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 118).

4.) Zu Online-Glücksspielen:

52 Wie der EuGH darüber hinaus festgehalten hat, steht Art. 56 AEUV einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach der Wirtschaftsteilnehmer, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen (vgl. EUGH, Liga Portuguesa, Rn. 73), sofern mit der nationalen Regelung ein Glücksspielmonopol geschaffen worden ist, das einer Einrichtung unter wirksamer Aufsicht des Staates Ausschließlichkeitsrechte für die Veranstaltung solcher Spiele gewährleistet (näher Sporting Odds Ltd., Rn. 36). Dabei steht nach den Ausführungen des EuGH auch fest (vgl. Rn. 41 des letztgenannten Urteils), dass Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartet sind und größere Gefahren in sich bergen, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden. Ebenso hat der EuGH ausgesprochen, dass sich die Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von größeren Gefahren betreffend den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und aufgrund dessen die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen, die in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden sind, vergrößern könnten (Carmen Media Group, Rn. 103).

53 Das Online‑Glücksspiel unterliegt ebenfalls dem Konzessionssystem und zwar derart, dass es nur im Rahmen der vergebenen Lotterienkonzession erlaubt ist, auch online Glücksspiele anzubieten (Spieleplattform http://www.win2day.at ). Dies begegnet für sich allein vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH keinen unionsrechtlichen Bedenken.

D) Zu den tatsächlich in Österreich herrschenden Umständen und zur Gesamtwürdigung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH:

1. Feststellungen

54 Der Verwaltungsgerichtshof ist durch das B‑VG zur Wahrung der Rechtskontrolle gegenüber den Verwaltungsgerichten berufen und übt diese auf der Grundlage des vom jeweiligen Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhaltes aus (vgl. § 41 VwGG).

55 Es ist Aufgabe des in der Sache entscheidenden Verwaltungsgerichts, zum Zweck der Durchführung einer Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und umgesetzt werden, die hiefür notwendigen Feststellungen zu treffen, um in der Folge beurteilen zu können, ob die Regelungen des GSpG den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen (vgl. VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0133; 20.6.2016, Ra 2015/09/0080; 15.12.2014, Ro 2014/17/0121; 24.4.2015, Ro 2014/17/0126, und 29.5.2015, Ro 2014/17/0049, mwN).

56 Bei der Durchführung der Gesamtwürdigung jener Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, handelt es sich jedoch um die Beurteilung einer Rechtsfrage und nicht ‑ wie das LVwG vermeint ‑ um eine „Umdeutung bzw. Umkehrung der Beweiswürdigung“ (vgl. OGH 11.11.2016, 10 Ob 52/16v; 28.6.2016, 2 Ob 92/15s). Bei der Beweiswürdigung geht es nämlich darum, dass das Gericht aufgrund der aufgenommenen Beweise ausspricht, welcher dieser Beweise aus welchen Gründen ihm eine solche Überzeugung vermittelt hat, dass aufgrund dieses Beweises eine rechtserhebliche Tatsache festgestellt werden kann (vgl. zum Begriff der „freien Beweiswürdigung“: VwGH 15.3.2018, Ra 2017/20/0487). Das LVwG ist aufgrund der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung zur Feststellung eines bestimmten Sachverhaltes gelangt. Bei der Durchführung der Gesamtwürdigung geht der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich von diesem festgestellten Sachverhalt aus.

2. Zur Spielsucht und zur Kriminalität

57 Zunächst ist festzuhalten, dass der Richter des LVwG, dessen Entscheidung Gegenstand der vorliegenden Revisionsverfahren ist, als einziger in Österreich entgegen den Feststellungen aller anderer Richter der Verwaltungsgerichte in Österreich abweichend von einer vorliegenden Studie (Kalke/Wurst, Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich, Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015) feststellte, dass es nicht erwiesen sei, dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig seien. Dabei bezweifelte er die in der Studie vorgenommene statistische Hochrechnung aus einem Sample zur Ermittlung der Anzahl der Spielsüchtigen.

58 Nach der Rechtsprechung wird das Verwaltungsgericht der Anforderung, seine Beurteilung auf ein schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten zu stützen, nicht gerecht, wenn es dann, wenn es ein Sachverständigengutachten für nicht schlüssig erachtet, seine fachliche Beurteilung an die Stelle der Sachverständigenbeurteilung setzt. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht in einem solchen Fall gehalten, den Amtssachverständigen unter Vorhalt seiner Überlegungen zur Ergänzung seines Gutachtens aufzufordern oder erforderlichenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen (VwGH 13.4.2018, Ra 2018/02/0028, mwN). Jedenfalls ist dem Verwaltungsgericht die selbstständige Beurteilung von Fachfragen im Allgemeinen verwehrt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 52 Rz 9).

59 Das LVwG hat weiters in Verkennung der Rechtslage regelmäßig Feststellungen und rechtliche Beurteilung im Sinne der Kohärenzprüfung vermengt. So folgerte es z.B. daraus, dass auf Grundlage der Annahme, dass allenfalls „lediglich“ 1,1 % der österreichischen Bevölkerung spielsüchtig seien, nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Spielsucht in Österreich ein erhebliches, einen unverzüglichen Handlungsbedarf hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen begründendes gesellschaftliches Problem darstelle. Dem Tatsachenbereich, zu dem Feststellungen zu treffen sind, ist aber nur der Prozentanteil der spielsüchtigen Bevölkerung Österreichs zuzuordnen. Ob dieser Prozentanteil in der Folge einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf begründet, ist hingegen Teil der ‑ der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden ‑ Kohärenzprüfung. Dazu ist in die Beurteilung aber auch miteinzubeziehen, dass vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in Österreich seit langem ein die Möglichkeit des Spielens einschränkendes Monopolsystem besteht, diese Zahl an Spielsüchtigen jedenfalls Maßnahmen zum Schutz vor Spielsucht rechtfertigt; dies insbesondere auch unter dem Blickwinkel, dass diese Maßnahmen auch dem Schutz jener Personen dienen, die ansonsten Gefahr liefen, ebenfalls spielsüchtig zu werden.

60 Darüber hinaus ist zu beachten, dass der EuGH festgehalten hat, dass Spiele und Wetten ‑ wenn im Übermaß betrieben ‑ sozialschädliche Folgen haben (vgl. Stoß u.a., Rn. 75).

61 Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass die Ziele der Beschränkung von Glücksspielkonzessionen, nämlich Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, angesichts der nachgewiesenen Sozialschädlichkeit des Glücksspiels im öffentlichen Interesse liegen (VfSlg. 19.717/2012). Bereits im Österreichischen Staatswörterbuch von Mischler/Ulbrich, Wien 1907, wird von Dorrek zum Stichwort „Monopole“ festgehalten, dass in manchen Gewerbe‑ und Handelszweigen die freie Privatkonkurrenz „gemeingefährlich“ sei, ein über die engste Grenze des Unvermeidlichen hinauswachsender Betrieb nicht zu wünschen sei und der Staatsbetrieb die Aufgabe zu erfüllen habe, sich bei Ausübung des betreffenden Gewerbes von der Schädlichkeit der Privatkonkurrenz frei zu halten bzw. das Gewerbe überhaupt nur in den notwendigsten Grenzen auszuüben; zu diesen „Gewerbezweigen“ zählte bereits 1907 das Glücksspiel. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Zweifel, dass die Sozialschädlichkeit bzw. Suchtgefahr des Glücksspiels als notorisch anzusehen ist.

62 Entgegen den Annahmen des LVwG rechtfertigte auch die von ihm als „tatsächlich zutreffend unterstellt[e]“ Anzahl spielsüchtiger Personen in Österreich Maßnahmen zu deren Schutz bzw. wie bereits ausgeführt Maßnahmen zum Schutz jener Personen, die ansonsten Gefahr liefen, ebenfalls spielsüchtig zu werden. Das LVwG ist erneut darauf hinzuweisen, dass auch in Österreich die abstrakten Gefahren bestehen, die mit der Spielsucht einhergehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 108; Marton, Glücksspiel und Begleitkriminalität, 2013). Die Ausführungen des LVwG vermögen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Spielsucht tatsächlich ein gesellschaftliches Problem darstellen kann (vgl. hiezu die in den „Auslegungen für die Praxis der Glücksspielwerbung“ zitierte Literatur sowie zur Notorietät Rn. 56), sowie dass die mit dem Glücksspiel verbundene Beschaffungskriminalität insbesondere bei Spielsucht auftritt, vielmehr ein Tätigwerden des Gesetzgebers und den spezifischen Schutz auch unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz zu rechtfertigen. Es ist weiterhin evident, dass die dem Spielerschutz dienenden Maßnahmen auch das Ziel verfolgen, die Beschaffungskriminalität zu verringern (VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 104).

63 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, ausgesprochen, dass unbestrittene Grundlage des Parteienvorbringens ist, dass auch in Österreich die abstrakten Gefahren bestehen, die mit der Spielsucht einhergehen (vgl. zur „nachgewiesenen Sozialschädlichkeit des Glücksspiels“ auch erneut VfSlg. 19.717/2012). Der Umstand, dass in Österreich ein nicht allzu großer Anteil der Bevölkerung spielsüchtig ist, war allerdings unter dem Blickwinkel zu betrachten, dass die Beschränkung der Möglichkeit der Teilnahme an Glücksspielen durch ein Monopolsystem, das mit einem Konzessionssystem kombiniert wurde, bereits seit langer Zeit (beginnend im 18. Jahrhundert) bestand.

64 Auch das LVwG führt feststellend ‑ allerdings disloziert in seiner rechtlichen Beurteilung ‑ aus, dass Beschaffungskriminalität trotz bestehenden Monopols vorliegt, wenn auch in vergleichsweise geringem Umfang. Dies zeigt einerseits, dass Glücksspiel tatsächlich mit Kriminalität in Zusammenhang steht und andererseits ‑ in Bezug auf die Anzahl der Verurteilungen ‑ die Wirksamkeit des Glücksspielmonopols.

65 Der Verwaltungsgerichtshof hält vor dem Hintergrund der im vorliegenden Verfahren vom LVwG zumindest rudimentär getroffenen Feststellungen an seiner Rechtsprechung fest, dass selbst durch diese bei zutreffender Gesamtwürdigung nicht widerlegt sondern vielmehr belegt wird, dass das vom österreichischen Gesetzgeber seit langer Zeit gewählte System zur Beschränkung der Möglichkeiten, in Österreich an Glücksspielen teilzunehmen, die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, sowie der Bekämpfung von Spielsucht und Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen erreicht.

66 Die zentralen Probleme in Österreich im Bereich des Glücksspieles in den letzten Jahren liegen ‑ den Feststellungen des LVwG folgend ‑ weiterhin primär darin, dass die von Anbietern, die über keine Konzession oder Bewilligung verfügten, bereitgestellten Gelegenheiten an zahlreichen (neuen) Glücksspielen auch über neue Technologien (Online‑Glücksspiel) teilzunehmen, stark zunahmen; mit anderen Worten: Man war mit einer immensen Ausweitung des illegalen Glücksspiels konfrontiert. Dieser Umstand ist auch durch die im Glücksspielbericht 2014‑2016 näher dokumentierten Beschlagnahme-, Einziehungs- und Verwaltungsstrafverfahren belegt (S 39 ff). Hinsichtlich der Bekämpfung des Online‑Glücksspiels ist auf die diesbezüglichen Ausführungen und Maßnahmen im Glücksspielbericht 2014‑2016, Punkt 2.3.1.4 sowie Punkt 3.5. zu verweisen. Sofern diese Maßnahmen nicht zu einer Verringerung des Online‑Glücksspiels führen sollten, ist nicht auszuschließen, dass dies Auswirkungen auf die Beurteilung der tatsächlich kohärenten Beschränkungen der Möglichkeiten zum Spiel haben könnte.

67 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der EuGH die Auffassung vertritt, dass im Gegensatz zur Einführung eines freien und unverfälschtem Wettbewerbs auf einem traditionellen Markt die Betreibung eines derartigen Wettbewerbs auf dem sehr spezifischen Markt für Glücksspiele, d.h. zwischen mehreren Veranstaltern, die die gleichen Glücksspiele betreiben dürfen, insofern nachteilige Folgen haben könnte, als diese Veranstalter versucht wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr Angebot attraktiver als das ihrer Wettbewerber zu machen, sodass für die Verbraucher die mit dem Spiel verbundenen Ausgaben und die Gefahr der Spielsucht erhöht würden (vgl. EuGH 24.1.2013, Stanleybet International Ltd., C‑186/11, Rn. 45).

3. Zur Feststellung, dass die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich ca. € 500 Mio. betragen:

68 Bereits in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der aus dieser Feststellung abgeleiteten Rechtsansicht auseinandergesetzt, die beiden Hauptziele des GSpG seien die Sicherung der Staatseinnahmen und die Aufrechterhaltung des (durch Konzessionen aufgelockerten) Monopolwesens. Er hielt fest, dass nach der Judikatur des EuGH das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen könne (vgl. Dickinger und Ömer, Rn. 55), wohl aber die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern. Es mache die Regelungen des GSpG somit nicht unionsrechtwidrig, dass ‑ bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses ‑ im Zusammenhang mit dem Glücksspiel vom Staat hohe Einnahmen erzielt würden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachten. Auch unter diesen Gesichtspunkten sei es nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert würden. Im Übrigen würde gerade die vom LVwG geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Ausweitung des Kreises der Abgabepflichtigen und damit auch eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben bewirken. Der Verwaltungsgerichtshof hält - auch - angesichts der vom LVwG unverändert getroffenen Feststellung zu den Staatseinnahmen an dieser Rechtsprechung fest.

4. Werbung für Glücksspiel:

69 Das LVwG stellte diesbezüglich fest, dass der Monopolinhaber eine „aggressive Expansions‑ und Werbestrategie“ verfolge, die das Glücksspiel nicht als Unterhaltungsform mit gegen Null gehender Gewinnaussicht, sondern vielmehr als Methode der individuellen Geldmittellukrierung präsentiere und so v.a. auch bisher Uninteressierte zur Teilnahme animieren solle.

70 Im Hinblick auf die von einem nationalen Gericht zu prüfende Verhältnismäßigkeit einer beschränkenden Maßnahme hat dieses Gericht nach der Judikatur des EuGH verschiedene Umstände zu beachten, wie etwa die Entwicklung der Geschäftspolitik der autorisierten Unternehmen oder den Stand der kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit Spielen (EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos und Entertainment AG, C‑464/15, Rn. 35); die Geschäftspolitik des Inhabers des Monopols sowohl hinsichtlich des Umfangs der Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele ist dabei dahingehend zu prüfen, ob dies als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen angesehen werden kann (EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C‑347/09, Rn. 65).

71 Das Ziel, Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, ist grundsätzlich schwer mit einer Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspielen, die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und die Werbung für sie gekennzeichnet ist, vereinbar, weshalb eine solche Politik nur dann als kohärent angesehen werden kann, wenn die oben genannten rechtswidrigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Glücksspielen einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (Dickinger und Ömer, Rn. 67).

72 Jedenfalls muss die vom Inhaber eines staatlichen Monopols eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen wird oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (Stoß u. a., Rn. 103; Dickinger und Ömer, Rn. 68).

73 Insbesondere ist zu unterscheiden zwischen Strategien des Monopolinhabers, die nur die potenziellen Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen, und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern und anregen. Zu unterscheiden ist also zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt (Dickinger und Ömer, Rn. 69).

74 Im Urteil Pfleger, in dessen zugrundeliegendem Vorabentscheidungsersuchen das vorlegende Gericht ebenfalls Zweifel an der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielgesetzes ob der Werbung des Monopolisten geäußert hatte (vgl. Rn. 16), sprach der EuGH präzisierend aus, dass alle Umstände darzulegen sind, anhand derer sich das Gericht vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (Rn. 50 mit Verweis auf Dickinger und Ömer, Rn. 54). Auch diese sind bei der bereits erwähnten Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.

75 Das LVwG hat nun u.a. „festgestellt“, dass die „Monopolinhaber“ eine aggressive Expansions‑ und Werbestrategie verfolgten, die das Glücksspiel nicht als Unterhaltungsform mit gegen Null gehender Gewinnaussicht, sondern vielmehr als eine Methode der individuellen Geldmittellukrierung präsentiere und so v.a. auch bisher Uninteressierte zur Teilnahme animieren solle. Weiters führt das LVwG aus, dass die Geschäftspolitik der Inhaber bundesrechtlicher Konzessionen (Casinos Austria AG und Österreichische Lotterien GmbH) zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten animiere, was ein Blick in ein zufällig ausgewähltes Print‑ oder elektronisches Medium zeige. Es gebe jedoch keine gezielten Werbeaktivitäten zum Automatenglücksspiel.

76 Auch hier werden Tatsachenfeststellungen und rechtliche Beurteilung im Sinne der Kohärenzprüfung nicht klar getrennt bzw. keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen getroffen. Die bloße Aufzählung einzelner Werbemaßnahmen in der Fn. 13 im Rahmen der Darstellung der aufgenommenen Beweismittel vermag die Beurteilung einer „Werbestrategie“ oder „Expansionsstrategie“ als „aggressiv“ nämlich nicht zu tragen. Außerdem ist festzuhalten, dass „Monopolinhaber“ gemäß § 3 GSpG der Bund ist, der selbst keinerlei Werbung für Glücksspiele macht. Vielmehr geht es hier um die Werbung der Konzessionäre.

77 Mit der von den Konzessionären getätigten Glücksspielwerbung hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits anlässlich der von ihm mit Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durchgeführten Gesamtwürdigung auseinandergesetzt (vgl. dazu Rn. 110). Er hat dabei unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH insbesondere Folgendes festgehalten:

„Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die zugelassenen Anbieter, um das Ziel, die Spieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken, zu erreichen, eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zu den nicht geregelten Tätigkeiten bereitstellen, was an und für sich das Anbieten einer breiten Palette von Spielen, Werbung in einem gewissen Umfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken beinhalten kann (vgl Jochen Dickinger und Franz Ömer, Rn 64, mwN). Auch eine Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten kann aber mit dem Ziel in Einklang stehen, diese in kontrollierbare Bahnen zu lenken. Dadurch können Spieler, die verbotenen geheimen Spieltätigkeiten nachgehen, veranlasst werden, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Eine solche Politik kann sowohl mit dem Ziel, die Ausnutzung von Glücksspieltätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken zu verhindern, als auch mit dem Ziel der Vermeidung von Anreizen für übermäßige Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht im Einklang stehen, indem die Verbraucher zu dem Angebot des Inhabers des staatlichen Monopols gelenkt werden. Bei diesem kann nämlich ‑ so ausdrücklich der EuGH ‑ davon ausgegangen werden, dass es frei von kriminellen Elementen und darauf ausgelegt ist, die Verbraucher besser vor übermäßigen Ausgaben und Spielsucht zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die zugelassenen Anbieter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zu den nicht geregelten Tätigkeiten bereitstellen zB durch das Anbieten einer breiten Palette von Spielen, Werbung in einem gewissen Umfang, den Einsatz neuer Vertriebstechniken (vgl Urteil vom 3. Juni 2010, Rs C‑258/08, Ladbrokes Betting & Gaming Ltd und Ladbrokes International Ltd, Rn 25; Jochen Dickinger und Franz Ömer, Rn 63f; Massimiliano Placanica ua, Rn 55). Da das Ziel, die Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen, die insbesondere durch die Schaffung neuer Spiele und der Werbung für sie gekennzeichnet ist, vereinbar ist, kann eine solche Politik nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang haben und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (vgl Dickinger und Ömer, Rn 67).“

78 Die illegalen Aktivitäten im Glücksspielbereich sind weiterhin äußerst zahlreich. Im Glücksspielbericht 2014‑2016 wird von wachsendem Widerstand der illegalen Betreiber gegen Kontrollen, einbetonierten Geräten sowie dem Einsatz von Reizgas berichtet; gerade letzteres zeigt das Gefährdungspotential bzw. strafrechtlich relevante Tätigkeiten illegaler Glücksspielanbieter.

79 Dass es sich bei der von den Monopolisten durchgeführten Werbung um eine solche für das besonders suchtgeneigte Automatenglücksspiel handle (vgl. Carmen Media Group, Rn. 67 f sowie die Ausführungen in den seit März 2016 auf der Homepage des BMF abrufbaren und somit amtsbekannten „Auslegungen für die Praxis der Glücksspielwerbung“, S 28, mwN), ist nicht ersichtlich und wurde vom LVwG gerade nicht festgestellt.

80 Soweit das LVwG die Auffassung vertritt, dass auch „Uninteressierte“ zum Spielen animiert werden sollen, fehlt auch diesbezüglich ein Tatsachensubstrat, das eine derartige Beurteilung zuließe: Allein aus der ‑ erneut disloziert in der Aufzählung der aufgenommenen Beweismittel angeführten ‑ Annahme, mit der Werbung für einen „Damentag in allen Casinos“ sollten „auch solche Personen zum Glücksspiel im Casino animiert werden, die diesem bislang völlig desinteressiert gegenübergestanden“ seien, kann eine solch Schlussfolgerung nicht gezogen werden. Es bleibt unklar, warum Frauen eine bislang am Glücksspiel in Casinos desinteressierte Personengruppe darstellen sollten. Dies ist weder notorisch, noch sonst nach Durchführung eines Beweisverfahrens vom LVwG nachvollziehbar begründet worden. Im Übrigen dürfen nach der Rechtsprechung des EuGH auch lediglich „potentielle“ Kunden über die Existenz der Produkte informiert werden (Dickinger und Ömer, Rn. 69). Sofern die Werbung daher nur dazu dient, den „vorhandenen Markt“ für den Monopolinhaber zu gewinnen oder Kunden an ihn zu binden (d.s. Spieler, die nicht zu den illegalen Anbietern wechseln), ist die vom Monopolisten durchgeführte Werbung gerechtfertigt; lediglich eine expansionistische Geschäftspolitik, die auf ein Wachstum des „gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt“, ist nach dem EuGH unionsrechtlich bedenklich und könnte zur Unionsrechtswidrigkeit einer Monopolregelung führen (vgl. erneut Dickinger und Ömer, Rn. 69). Es könnte sogar eine Liberalisierung, d.h. ein verstärktes Anbieten neuer Glücksspiele im Gegensatz zur bloßen Werbung für bereits bestehende, nach der Rechtsprechung des EuGH mit den von einem Staat gerechtfertigter Weise verfolgten Zielen im Einklang stehen, indem die Verbraucher zu dem Angebot zugelassener Anbieter gelenkt werden und bei dem davon auszugehen ist, dass es vor kriminellen Elementen geschützt und darauf ausgelegt ist, die Verbraucher besser vor übermäßigen Ausgaben und vor Spielsucht zu bewahren (Sporting Odds Ltd., Rn. 29). Es ist daher erneut zu berücksichtigen, dass die getätigte Werbung nur für nicht stark gefährdende und weniger suchtgeneigte Glücksspiele erfolgt.

81 Vor dem Hintergrund all dieser Überlegungen muss die vom Gesetzgeber zugelassene Vorgehensweise der Konzessionäre, unter weiterer Beschränkung bestimmter, auch besonders suchtgeneigter Glücksspiele in maßvoller Weise neue und attraktive Spiele einzuführen und auch verstärkt Werbung insbesondere für weniger suchtgeneigte Glücksspiele zu machen, als geeignet angesehen werden, die Spieler von den illegalen Spielmöglichkeiten zu den legalen hinzuleiten (vgl. zur „Kanalisierung des Spieltriebs“ in: „Auslegungen für die Praxis der Glücksspielwerbung“, S 34, mwN). Auf der anderen Seite wäre bei einer Einschränkung der Werbemöglichkeiten zu beachten, dass eine solche Einschränkung zur Verlagerung des Glücksspiels zu illegalen Spielen mit höherem Suchtgefährdungspotential, geringerem Spielerschutz und größerer Gefahr von finanziellen Verlusten führen würde.

82 Diese Lenkung der Spieler aus dem Bereich des besonders suchtgefährdenden Automatenglücksspiels (vgl. dazu Kalke/Wurst, Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich, Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015, 28 f) in Richtung erlaubtes, weniger suchtgeneigtes und vom Monopol umfasstes Glücksspiel rechtfertigt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf den Umfang des illegalen Glücksspiels auch ein vom LVwG in seiner Gesamtheit ‑ allerdings wie dargestellt nicht nachvollziehbar ‑ als „aggressiv“ qualifiziertes Vorgehen im Einzelfall bei Verfolgung dieses Ziels.

83 Soweit das LVwG nämlich in Vermengung von Tatsachenfeststellung und rechtlicher Würdigung unter einem eine „aggressive Expansions‑ und Werbestrategie“ der beiden Hauptkonzessionäre „feststellt“, liegen dieser rechtlichen Beurteilung jedoch erneut keine diese Beurteilung tragenden Feststellungen zu Grunde. Derartiges ist ‑ wie bereits ausgeführt ‑ auch keinesfalls notorisch oder aus einzelnen Werbungen abzuleiten.

84 Bei der Beurteilung der durchgeführten Werbung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH als „maßvoll“ in Relation zum Ausmaß des illegalen Sektors sowie der Gesamtsituation am Glücksspielmarkt sowie unter Einbeziehung der Überlegungen zur Suchtgeneigtheit einzelner Spiele handelt es sich um eine Rechtsfrage, die ausgehend von den getroffenen Feststellungen zu beurteilen ist. Für die vom LVwG getroffene Beurteilung, dass eine Expansionsstrategie verfolgt werde, fehlt es im angefochtenen Erkenntnis jedoch wiederum an Tatsachensubstrat.

85 Soweit das LVwG davon ausgeht, dass die Werbung Glücksspiele nicht als Unterhaltungsform mit an Null gehender Gewinnaussicht präsentiert, ist zunächst festzuhalten, dass eine solche vom LVwG angedachte „Werbung“ wohl gerade nicht dazu geeignet wäre, Spieler vom illegalen zum legalen Glücksspiel zu lenken. Aus welcher Feststellung sich die Beurteilung ergeben sollte, Glücksspiel werde als Methode der individuellen Geldmittellukrierung präsentiert, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

86 Wesentlich für die Durchführung der Gesamtwürdigung ist auch, dass es nach den Feststellungen des LVwG zu einer Ausweitung des Spielerschutzes gekommen ist („Einrichtung einer Spielerschutzstabstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz‑ und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlungsphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter“). Dies ergibt sich aus der Novelle BGBl. I Nr. 117 und 118/2016, die ein einheitliches Schutzalter von 18 Jahren festgelegt hat. Nach dem Glücksspielbericht 2014‑2016 (S 8) fänden tatsächlich Spielersperren statt (zum 31. Dezember 2016 seien beim Konzessionär österreichweit insgesamt 33.737 Personen gesperrt gewesen). Zur Verhinderung von Manipulation erfolge die Einbindung des gesamten legalen automatisierten Glücksspiels in Österreich an das Datenrechenzentrum der Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) mit 1. Juli 2017 (Glücksspielbericht 2014‑2016, S 9).

87 Darüber hinaus wurden mit der letztgenannten Novelle BGBl. I Nr. 118/2016 umfangreiche Regelungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getroffen, was Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung ist (vgl. erneut Jyske Bank Gibraltar Ltd., Rn. 64); der Geschäftsleiter eines Konzessionärs muss strengsten „Fit & Proper‑Anforderungen“ genügen (§ 31b Abs. 7 GSpG). Überdies können nunmehr auch nach Erteilung der Konzession dem Konzessionär zusätzliche Auflagen vorgeschrieben werden, wenn dies zur Wahrung der Zielsetzungen des Gesetzes, „insbesondere zur Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention“, erforderlich ist (so ausdrücklich die Materialien RV 1335 BlgNR 25. GP , 29; zum tatsächlichen ‑ jedoch vor der Novelle vergeblichen ‑ Versuch, eine nachträgliche Auflage vorzuschreiben: VwGH 14.10.2015, Ro 2014/17/0150).

Einbeziehung der Sportwetten in die Gesamtwürdigung:

88 Ein wie vom EuGH skizziertes duales System besteht in Österreich auch in Bezug auf Sportwetten: Das GSpG stützt sich auf den Kompetenztatbestand „Monopolwesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG, vgl. näher: Stöger, Art. 10 Abs. 1 Z 4 BVG in Kneihs/Lienbacher (Hrsg.), Rill‑Schäffer‑Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013)), während das „Wettwesen“ vom Verfassungsgerichtshof als „öffentliche Belustigungen und Schaustellungen aller Art“ gemäß Art. 15 Abs. 3 B‑VG in die Kompetenz der Länder fallend qualifiziert wurde (VfSlg. 1477/1932). Das Gesetz vom 28. Juli 1919, StGBl. 388, betreffend Gebühren von Totalisateurs‑ und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens erlaubte die Vermittlung und den Abschluss von „Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (Rennen, Regatten usw.)“ mit Bewilligung der Landesregierung. Sportwetten werden daher vom jeweiligen Landesgesetzgeber näher geregelt (zur „ zweckbeschränkten Kompetenz‑Kompetenz“ des Bundesgesetzgebers vgl. näher Stöger, aaO, Rn. 31). Aus innerstaatlicher Sicht ist daher (zumindest kompetenzrechtlich) zwischen Glücksspielen und Sportwetten zu unterscheiden (vgl. z.B. VwGH 25.9.2012, 2011/17/0296); die europarechtlichen Vorschriften bzw. der EuGH kennen keine solche Differenzierung. So findet die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt gemäß ihrem Art. 2 Abs. 2 lit. h auf „Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten“ keine Anwendung; das Unionsrecht zählt daher die Wetten zu den Glücksspielen (vgl. auch § 1269 ABGB). Diese Auffassung hat auch der EuGH vertreten und die Regelungen des Glücksspiels und der Wetten im Hinblick auf die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV als Einheit gesehen (vgl. etwa EuGH 22.6.2017, Unibet, C‑49/16; Digibet Ltd.; Sporting Odds Ltd.; Liga Portuguesa, Rn. 22 und 23; sowie Stoß u.a., Rn. 75). Aus unionsrechtlicher Sicht sind Sportwetten daher ebenfalls als Glücksspiele zu qualifizieren.

89 Selbst bei Einbeziehung des Sportwettensektors aller Bundesländer in die vorzunehmende Gesamtwürdigung im Glücksspielbereich zeigt sich jedoch eine kohärente und systematische Beschränkung der Spielgelegenheiten, der Kriminalitätsbekämpfung sowie der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung: Auch Sportwetten unterliegen einer (landes‑)gesetzlichen Regelung und sind nicht völlig liberalisiert; der Abschluss und die Vermittlung von Wetten sind stets nur mit Bewilligung der jeweiligen Landesregierung unter Erfüllung der im jeweiligen Landesgesetz normierten Voraussetzungen möglich. Regelungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung sind, stellen ein legitimes Ziel dar, das eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (vgl. Jyske Bank Gibraltar Ltd., Rn. 64, mwN.), und sind in allen Landesgesetzen enthalten. Darüber hinaus zeigt sich, dass die letzten Jahre von einer oftmaligen Überarbeitung der Gesetze geprägt waren und der Spielerschutz in den Ländern immer weiter ausgebaut wurde, sodass die Gelegenheit zum Spiel damit korrelierend zurückgedrängt wurde (vgl. z.B. die Regelungen in Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Wien: oö. Landesgesetz über den Abschluss von Wetten und das Vermitteln von Wetten und Wettkunden, LGBl. für Oberösterreich Nr. 72/2015, Salzburger Wettunternehmergesetz, LGBl. für Salzburg Nr. 32/2017, Tiroler Buchmacher‑ und Totalisateurgesetz, LGBl. für Tirol Nr. 58/2002 idF LGBl. Nr. 57/2017, sowie Wiener Wettengesetz, LGBl. für Wien Nr. 26/2016 idF LGBl. Nr. 48/2016). Im Übrigen wird die Kohärenz des GSpG insgesamt durch die Regelung eines Bundeslands, die weniger streng ist als die in den anderen Bundesländern geltende, nicht in jedem Fall beeinträchtigt: Nach der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nämlich nicht die Auffassung vertreten, dass die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls erheblich beeinträchtigt (so Digibet, Rn. 36).

90 Der Verwaltungsgerichtshof kann daher auch unter Einbeziehung der Sportwetten in seine Beurteilung keine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes erkennen.

Ergebnis

91 Der Verwaltungsgerichtshof gelangt auf der Basis der vom LVwG getroffenen (und auch einer Überprüfung standhaltenden Tatsachenfeststellungen) unter Einbeziehung der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage sowie der neueren Rechtsprechung des EuGH wie schon in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, neuerlich zu dem Ergebnis, dass bei Durchführung der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung von einer Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht auszugehen ist, weil mit diesem die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen sowie der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, Rn. 115).

92 Das Verwaltungsgericht hat bereits zu dieser Rechtsfrage die Rechtslage verkannt und das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

E) Zur Verletzung der Verhandlungspflicht

93 Das LVwG hat im vorliegenden Fall weiters keine mündliche Verhandlung durchgeführt und dies nicht näher begründet.

Zur Rechtsfrage der Verhandlungspflicht gleichen die Revisionsfälle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2018, Ra 2017/17/0703, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses (Rn. 13 bis 21) verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung der Verhandlungspflicht gemäß dem im Hinblick auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in einem Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 44 VwGVG bejaht, weil nicht alle Verfahrensparteien auf die Durchführung der Verhandlung verzichtet haben, nachdem die mitbeteiligte Partei in ihrer Beschwerde eine solche beantragt hatte.

94 Indem das LVwG die Durchführung einer Verhandlung ohne Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen davon unterlassen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

95 Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

96 Der mitbeteiligten Partei steht bei diesem Ergebnis gemäß § 47 Abs. 3 VwGG kein Anspruch auf Kostenersatz zu.

Wien, am 11. Juli 2018

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