Rechtssatz
Eine und dieselbe Äußerung kann je nach dem Zusammenhang, in den sie gestellt wird, bald unter den Begriff der Tatsachenbehauptung, bald unter den Begriff des reinen Werturteils fallen; entscheidend ist dabei, wie die Äußerung von den Empfänger - zu einem nicht unerheblichen Teil - verstanden wird.
Verbreitung kreditgefährdender Tatsachen — Tatsachenbehauptung
4 Ob 162/89 | OGH | 19.12.1989 |
Veröff: SZ 62/208 = MR 1990,60 = ÖBl 1990,253 |
4 Ob 169/89 | OGH | 09.01.1990 |
Veröff: SZ 63/2 = MR 1990,68 = ÖBl 1990,205 |
1 Ob 41/91 | OGH | 18.12.1991 |
Vgl auch; Beisatz: Das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers ist maßgeblich. (T1); Veröff: SZ 64/182 = EvBl 1991/65 S 295 = JBl 1992,326 |
4 Ob 131/93 | OGH | 28.09.1993 |
Beis wie T1; Beisatz: Hier: Arbeiterkammern - Mafia (T2) |
4 Ob 171/93 | OGH | 14.12.1993 |
Auch: Beisatz: Der Täter muss stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. (T3) |
6 Ob 21/94 | OGH | 10.08.1994 |
Beis wie T1; Beisatz: Hier: "Psychosekte" (T4) |
6 Ob 20/95 | OGH | 18.05.1995 |
Auch; Beis wie T3; Veröff: SZ 68/97 |
4 Ob 2115/96z | OGH | 09.07.1996 |
Auch; nur: Entscheidend ist dabei, wie die Äußerung von den Empfänger - zu einem nicht unerheblichen Teil - verstanden wird. (T5); Beisatz: Auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden, nicht aber so, wie sie gemeint oder verstanden werden sollten. Eine missverständliche Fassung geht stets zu Lasten des Mitteilenden. (T6) |
4 Ob 110/98z | OGH | 21.04.1998 |
Auch; Beisatz: Entscheidend für die Qualifikation einer Äußerung als Tatsachenbehauptung ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt nach dem Verständnis der Adressaten (auf den subjektiven Willen des Äußernden kommt es nicht an) auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist. (T7) |
4 Ob 138/99v | OGH | 13.07.1999 |
Vgl; Beis wie T7; Veröff: SZ 72/118 |
6 Ob 160/99v | OGH | 15.07.1999 |
Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Die Äußerung ist so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen - hier über das Netz der Austria Presse Agentur angesprochene, am politischen Geschehen interessierte Leser - bei ungezwungener Auslegung verstanden wird, wobei die Ermittlung ihres Bedeutungsinhaltes im allgemeinen eine Rechtsfrage ist, die von den näheren Umständen des Einzelfalles, insbesondere der konkreten Formulierung und dem Zusammenhang, in dem sie geäußert wurde, abhängt. (T8) |
4 Ob 343/98i | OGH | 13.07.1999 |
Vgl auch; Beis wie T6 nur: Auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden. (T9) |
1 Ob 117/99h | OGH | 27.10.1999 |
Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Der subjektive Wille des Erklärenden ist nicht maßgeblich, sondern eine Äußerung ist so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen - hier den angestellten Apothekern - bei ungezwungener Auslegung verstanden wird. (T10) |
6 Ob 79/00m | OGH | 29.03.2000 |
Vgl auch; Beisatz: Hier wird das Werturteil "dubiose Figur" als nicht exzessive Kritik beurteilt. (T11); Veröff: SZ 73/60 |
4 Ob 84/00g | OGH | 12.04.2000 |
Vgl auch; Beis wie T6 nur: Auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden. (T12) |
6 Ob 328/99z | OGH | 17.05.2000 |
Beis wie T1; Beis wie T7; Beisatz: Hier: Zeugen Jehovas; aus den Behauptungen "häusliche Religionsausübung" und "Ablehnung des Heiligen Geistes" lassen weder nachteilige Folgen ableiten, noch ist in ihnen Verwerfliches zu erblicken. (T13) |
6 Ob 266/00m | OGH | 23.10.2000 |
Auch; Beisatz: Hier: Vorwurf "Rechtsbrecher". (T14) |
4 Ob 140/01v | OGH | 12.06.2001 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: § 7 UWG; Die Beklagte hat die Klägerin gegenüber Dritten beschuldigt, durch die Übernahme von Meldungen anderer Nachrichtenagenturen und Medien urheberrechtswidrig und wettbewerbswidrig zu handeln. (T15) |
4 Ob 295/01p | OGH | 29.01.2002 |
Vgl auch; Beis wie T10; Beisatz: Die Äußerungen: die Produkte der Klägerin seien "GARANTiert genmanipuliert", unter anderem kann als eine durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckte unwahre Tatsachenbehauptung beurteilt werden. (T16) |
6 Ob 295/03f | OGH | 14.07.2005 |
Auch; Beisatz: Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Wesentlich ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist, sodass sie nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann. Hier: Eine Artikelüberschrift, die offen lässt, was oder wer damit gemeint ist, ist nicht isoliert zu betrachten. (T17) |
6 Ob 197/05x | OGH | 30.11.2006 |
Auch; Beis wie T7; Beisatz: Hier: Artikel in einer Studentenzeitung über ein von der Hochschülerschaft durchgeführtes Vergabeverfahren. (T18) |
6 Ob 250/06t | OGH | 30.11.2006 |
Auch; Beis wie T17 nur: Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Wesentlich ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist, sodass sie nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann. (T19) |
6 Ob 51/08f | OGH | 05.06.2008 |
Beisatz: Die Mitteilung der eigenen wertenden Meinung an jenes Unternehmen, das das Produkt der Kläger vertreibt, ist auch keineswegs exzessiv. Wird ein Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung von Krankheiten unter Hinweis auf Testreihen öffentlich beworben, so muss es dem Anwender dieses Mittels erlaubt sein, sich gegenüber jenem Unternehmen, das den Vertrieb des Produkts vornimmt, kritisch über dessen Wirksamkeit zu äußern, und zwar insbesondere dann, wenn er von den Klägern eine entsprechende Information über die in der Werbung behaupteten Testreihen nicht erhält und deshalb an der Richtigkeit der Werbeaussage zweifeln durfte. (T20) |
6 Ob 66/09p | OGH | 05.08.2009 |
Auch; Beis wie T19; Beisatz: Hier: Vorwurf der zweckfremden Verwendung von Subventionen. (T21) |
6 Ob 52/09d | OGH | 18.12.2009 |
Vgl; Beis wie T1; Beis wie T10; Beis wie T19; Bem: Hier: Die Bezeichnung „verdorben" für die der Speiseeisverordnung nicht entsprechenden Speiseeisproben ist im gegebenen Zusammenhang unter dem Blickwinkel der Freiheit der Meinungsäußerung eine zulässige Wertung eines nicht der einschlägigen Rechtsvorschrift entsprechenden Zustands, der in der Medieninformation wahrheitsgemäß dargestellt wird. (T22) |
6 Ob 265/09b | OGH | 19.03.2010 |
Vgl; Beis wie T19;In der politischen Debatte ist kein streng juristisches Begriffsverhältnis anzulegen. (T23); Beisatz: Hier: Bei dem Vorwurf mangelnder Wirtschaftskompetenz einer politischen Partei im Kontext einer politischen Debatte handelt es sich um ein Werturteil. (T24); Bem: Ausführliche Darstellung der Judikatur des EGMR zu Art 10 Abs 2 MRK. (T25) |
6 Ob 51/14i | OGH | 26.06.2014 |
Auch; Beisatz: Welcher Bedeutungsinhalt einer bestimmten Äußerung beizumessen ist, ob es sich um die Verbreitung von Tatsachen, die Verbreitung einer auf einem wahren Tatsachenkern beruhenden wertenden Meinungsäußerung oder eines Werturteils handelt, richtet sich nach dem Zusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt. (T26) |
6 Ob 32/21f | OGH | 15.03.2021 |
Vgl; Beis wie T23; Beisatz: Hier: Zum Vorwurf des Betrugs. (T27) |
6 Ob 146/22x | OGH | 29.08.2022 |
Vgl; Beis nur wie T26; Beisatz: Hier: "Drogendealer". (T28) |
6 Ob 167/24p | OGH | 20.09.2024 |
Beisatz: Die Verwendung eines Wortes, das einen strafrechtlichen Tatbestand umschreibt, kann abhängig vom gebrauchten Kontext und Gesamtzusammenhang einmal als Fachausdruck für die Umschreibung des Vorliegens eines strafrechtlichen Tatbestands verwendet worden sein kann, dagegen ein andermal erkennbar bloß als wertende Kritik, die sich an einem bestimmten Verhalten entzündet. (T29)<br/>Beisatz: Hier: Vorwurf des "Amtsmissbrauches" als (unzulässige) Tatsachenbehauptung (T30) |
Dokumentnummer
JJR_19891219_OGH0002_0040OB00162_8900000_001
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