OGH 6Ob245/11i

OGH6Ob245/11i21.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. M***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und Dr. Andreas Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** GmbH & Co KG, 2. K***** GmbH, 3. K***** D***** GmbH & Co KG, 4. A***** K***** GmbH, alle *****, vertreten durch Dr. Gernot Murko und Mag. Christian Bauer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unterlassung, Widerrufs und Veröffentlichung des Widerrufs, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. September 2011, GZ 5 R 93/11b-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Welcher Bedeutungsinhalt einer bestimmten Äußerung beizumessen ist, ob es sich um die Verbreitung von Tatsachen, die Verbreitung einer auf einem wahren Tatsachenkern beruhenden wertenden Meinungsäußerung oder eines reinen Werturteils handelt, richtet sich nach dem Zusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt (RIS-Justiz RS0079395 [T3]; RS0031815). Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts ist daher im Allgemeinen eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere aber von der konkreten Formulierung in ihrem Zusammenhang abhängt (RIS-Justiz RS0031883 [T6]; RS0031815). Die Frage, ob eine andere Beurteilung der festgestellten Äußerung vertretbar gewesen wäre (RIS-Justiz RS0107768), hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht angenommen werden können (6 Ob 249/06w). Auch bloße Verdächtigungen können Tatsachen iSd § 1330 Abs 2 ABGB bilden (RIS-Justiz RS0031753). Ebenso kann eine Mitteilung, die in die Form eines richtig wiedergegebenen Zitats gekleidet ist, tatbildlich im Sinn der genannten Norm sein (vgl RIS-Justiz RS0031883 [T5]; RS0079648 [T6]; RS0112570).

Nach dem Begehren des Klägers soll den Beklagten die Behauptung und/oder die Verbreitung der Äußerungen verboten werden,

- der Kläger wäre Mittelsmann zwischen K***** S***** und D***** M*****, der einen Beratervertrag, wonach D***** M***** als Konsulent monatlich 4.000 EUR bis zu seinem Ableben erhalten solle, „einfädeln“ solle, wofür

- der Kläger als Gegenleistung einen Posten für seine Tochter als Pressesprecherin der K***** verlangt und/oder erhalten hätte, weshalb

- der Kläger an einem „Postenschacher“ beteiligt wäre.

Die Behauptung, der Kläger hätte als Gegenleistung einen Posten für seine Tochter als Pressesprecherin der K***** verlangt und/oder erhalten, ist eine Tatsachenbehauptung. Die Auffassung, dass sich eine derartige Behauptung, die in dem Artikel nicht offen ausgesprochen wurde, diesem auch nicht entnehmen lasse, ist durchaus vertretbar. Geschrieben wird im Artikel lediglich, „nur böse Zungen werden behaupten, dass ein Zusammenhang mit einem ganz anderen Vertrag besteht, der diese Woche geschlossen wurde:“. Daran schließt der Satz „K*****-Chefin I***** M***** holte [Tochter des Klägers] als Pressesprecherin ins Boot, die Tochter von S*****s Postillon. Sie habe sich durch ihre Qualifikation für diese Aufgabe empfohlen, argumentierte M***** den vorerst freien Dienstvertrag, denn der Posten werde in weiterer Folge natürlich ausgeschrieben und objektiviert werden.“. Die Annahme, der Kläger hätte als Gegenleistung einen Posten für seine Tochter als Pressesprecherin der K***** verlangt und/oder erhalten, liegt in diesem Kontext keineswegs nahe.

Auch die Frage, ob bei einem Zitat eine Identifikation des Verbreiters mit dem Inhalt des Zitats stattfand, ist stets eine Frage des Einzelfalls und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0111733). Unter der Voraussetzung, dass das bekämpfte Zitat in einer wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung des Dritten besteht und keine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinungsäußerung des Zitierten stattfand, ist nach ständiger Rechtsprechung bei einer auf § 1330 ABGB gestützten Klage zu prüfen, ob sich aus der gebotenen Interessensabwägung ein Rechtfertigungsgrund ergibt. Die Weiterverbreitung ist dann gerechtfertigt, also nicht rechtswidrig, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung die Interessen des Verletzten überwiegt, etwa wegen der besonderen Stellung des zitierten in der Öffentlichkeit oder wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas (6 Ob 218/96z SZ 69/113; RIS-Justiz RS0111733).

In der Auffassung der Vorinstanzen, es liege keine Identifizierung mit der zitierten Äußerung Dritter, wonach der Kläger „als Mittelsmann zwischen S***** und M***** den Beratervertrag einfädeln“ soll, ist eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken. Es liegt im Interesse der Öffentlichkeit, über die Äußerung eines Nationalratsabgeordneten und geschäftsführenden Parteiobmanns informiert zu werden, wie der Vorsitzende des Aufsichtsrats einer Landeskrankenanstaltenbetriebsgesellschaft den Rechtsstreit „um viel Geld“ mit dem „gefeuerten Ex-Vorstand“ der Gesellschaft beenden will.

Nach dem Wortlaut des Klagebegehrens leitet sich die zu verbietende Äußerung einer Beteiligung des Klägers an einem „Postenschacher“ aus der Behauptung ab, der Kläger habe als Gegenleistung einen Posten für seine Tochter als Pressesprecherin verlangt und/oder erhalten. Diese Behauptung haben die Beklagten nach - wie dargelegt - vertretbarer Auffassung der Vorinstanzen im Artikel nicht aufgestellt.

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