OGH 6Ob52/09d

OGH6Ob52/09d18.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** D*****, vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner und Dr. Robert Pirker, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 10, vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Widerrufs, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. Februar 2009, GZ 6 R 188/08x-36, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Dezember 2007, GZ 10 Cg 251/05b-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den Beschluss

gefasst:

Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, - künftighin Behauptungen, wonach anlässlich einer Probenziehung am

2. und 3. 8. 2005 in den Lokalen 'E*****' und 'E*****' gezogenen Proben 'verdorben' gewesen wären, zu unterlassen und - die in ihrer Presseaussendung vom 19. 8. 2005 gemachte Äußerung, wonach in den Geschäftslokalen der klagenden Partei 'E*****' und 'E*****' verdorbene Speiseeisproben gezogen worden wären, zu widerrufen,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.023,52 EUR (davon 1.117,87 EUR USt und 316,30 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.270,72 EUR (davon 528,12 EUR USt und 2.102 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei veranlasste eine Überprüfung von Speiseeis in siebzehn Eisdielen in der Stadt Salzburg, darunter in zwei vom Kläger betriebenen Eisdielen. Die Überprüfung fand am 2. und 3. 8. 2005 statt. Die in den beiden Eisdielen des Klägers gekauften Eisproben wurden über Veranlassung der beklagten Partei von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) untersucht.

Die von AGES vorgenommene mikrobiologische Untersuchung des aus dem einen Lokal des Klägers stammenden Eises zeigte folgendes Ergebnis:

Gesamtkeimzahl: 8,5 Mio kbE/g

coliforme Keime: 50 kbE/g

Enterokokken: 250.000 kbE/g

Staphylococcus aureus: unter 1 kbE/g

Escherichia coli: unter 1 kbE/g

Salmonellen in 50 g: nicht nachweisbar.

AGES führte in ihrem Gutachten aus:

„In der eingereichten Probe ... wurden 8,5 Mio kbE aerobe Keime/g und 250.000 kbE Enterokokken/g festgestellt. Damit überschreiten die aerobe Keimzahl und die Zahl der Enterokokken die in der Speiseeisverordnung 1973 BGBl 6 in § 9 Abs 1 festgesetzten Grenzwerte von 250.000 aeroben Keimen/g bzw 1.000 Enterokokken/g. Die Probe entspricht daher nicht der oben genannten Verordnung. Hinweis: Über die mögliche Ursache der Kontamination - ist nur eine Eissorte betroffen, ein in hygienischer Hinsicht nicht entsprechender Eisportionierer oder mit dem Eis in Berührung kommende Geräte oder eine Kontamination bereits im Rahmen der Herstellung - kann keine Aussage getroffen werden."

Die von AGES vorgenommene mikrobiologische Untersuchung des aus der zweiten Eisdiele des Klägers stammenden Eises ergab:

Gesamtkeimzahl: 10.000 kbE/g

coliforme Keime: 10 kbE/g

Enterokokken: 1.200 kbE/g

Staphylococcus aureus: unter 1 kbE/g

Escherichia coli: unter 1 kbE/g

Salmonellen in 50 g: nicht nachweisbar.

AGES führte in ihrem Gutachten aus:

„In der eingereichten Probe ... wurden 1.200 kbE Enterokokken/g festgestellt. Damit überschreitet die Zahl der Enterokokken den in der Speiseverordnung 1973 BGBl 6 in § 9 Abs 1 festgesetzten Grenzwert von 1.000 Enterokokken/g. Die Probe entspricht daher nicht der oben genannten Verordnung. Hinweis: Über die mögliche Ursache der Kontamination - ist nur eine Eissorte betroffen, ein in hygienischer Hinsicht nicht entsprechender Eisportionierer oder mit dem Eis in Berührung kommende Geräte oder eine Kontamination bereits im Rahmen der Herstellung - kann keine Aussage getroffen werden."

Die beklagte Partei verfasste am 19. 8. 2005 eine Medieninformation mit der Überschrift „Abenteuer Eisdiele. Jede dritte Probe war verdorben!". In dieser Information wurde ausgeführt, dass sechs von siebzehn Proben verdorben gewesen seien und nicht hätten verkauft werden dürfen. In einer Auflistung wurden die Ergebnisse einer „Mikrobiologischen Beurteilung" hinsichtlich der einzelnen Eisdielen mit „einwandfrei" oder mit „verdorben" angeführt. Unter anderem wurden die in den beiden Lokalen des Klägers gezogenen Proben als „verdorben" bezeichnet. In der Aufstellung wurde auch darauf hingewiesen, dass eine mikrobiologische Beurteilung nach den Bestimmungen von § 9 Abs 1 Speiseeisverordnung erfolge. Am 20. 8. 2005 erschienen in vier Tageszeitungen entsprechende Berichte, wobei in einem die von der beklagten Partei stammende Auflistung der Ergebnisse der „mikrobiologischen Beurteilung" abgedruckt wurde, in der die in den beiden Lokalen des Klägers gezogenen Proben als „verdorben" bezeichnet wurden. Der ORF berichtete am 19. 8. 2005 über die von der beklagten Partei veranlasste Überprüfung von Speiseeis.

Eine Gesundheitsgefährdung oder eine Verdorbenheit im Sinne der Definitionen des Lebensmittelgesetzes 1975 lagen bei den Proben aus den beiden Eisdielen des Klägers nicht vor.

Aus lebensmitteltechnischer Sicht wird eine negative qualitative Beschaffenheit eines Lebensmittels wie folgt abgestuft: Es kann eine Wertminderung des Lebensmittels vorliegen, darüber hinaus eine Verdorbenheit und schließlich als letzte Stufe eine Gesundheitsschädlichkeit. „Verdorben" ist ein schlechterer Zustand des Lebensmittels als „wertgemindert".

Die bei der Untersuchung der aus den Eisdielen des Klägers stammenden Proben festgestellte erhöhte Keimzahl ist ein formaler Verstoß gegen die damals geltende Speiseeisverordnung. Mit der Frage einer „Verdorbenheit" der Proben steht diese Überschreitung der Grenzwerte der Speiseeisverordnung in keinerlei Zusammenhang. Einem normalen Konsumenten, der Eis mit einer derart erhöhten Keimzahl isst, passiert mit höchster Wahrscheinlichkeit gar nichts. Auch bei Kindern passiert bei der in den Proben festgestellten Keimzahl bei einem Verzehr des Eises normalerweise nichts. Das Maximum, das bei einem Kind eintreten könnte, wäre Durchfall. Es kann aber nicht gesagt werden, dass die bei den Proben festgestellte Keimzahl typischerweise geeignet wäre, bei einem Kind Durchfall hervorzurufen. In einem normalen Tagesablauf kommt ein Kind mit Keimzahlen, wie sie bei den aus den Eisdielen des Klägers stammenden Proben festgestellt wurden, regelmäßig in Kontakt (etwa durch die Berührung von Türklinken). Diese den Verzehr durch ein Kind betreffenden Aussagen gelten in gleicher Weise auch für ältere und abwehrgeschwächte Menschen. Aus lebensmitteltechnischer Sicht ist kein Problem gegeben, wenn einmal am Tag Eis mit Keimen in einer Anzahl, wie sie in den Proben aus den Lokalen des Klägers gefunden wurde, verzehrt wird. Wird Eis dieser Art etwa zehnmal täglich gegessen oder dauernd konsumiert, ist hierin aus lebensmitteltechnischer Sicht ein Problem zu sehen. Nach Vorliegen der AGES-Untersuchungsergebnisse und vor Erstellung der Medieninformation vom 19. 8. 2005 führten Mitarbeiter der beklagten Partei mit AGES-Mitarbeitern Gespräche darüber, wie sprachlich - losgelöst von der Terminologie des Lebensmittelgesetzes - der Zustand der nicht entsprechenden Proben zu bezeichnen ist. Die AGES-Mitarbeiter sagten nicht, dass die Proben als „verdorben" zu bezeichnen sind.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage wie aus dem Spruch ersichtlich. Die Probenziehung sei nicht - wie von einem Mitarbeiter der beklagten Partei in einem ORF-Interview behauptet - „unter Aufsicht" von AGES erfolgt. Die in seinen beiden Geschäftslokalen gezogenen Proben seien nach Auskunft von AGES auch nicht als „verdorben" zu bezeichnen. Die beklagte Partei habe die unwahre Tatsachenbehauptung, dass die in den Eisdielen des Klägers gezogenen Speiseeisproben verdorben gewesen seien, verbreitet.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe keine unwahre Tatsachenbehauptung verbreitet.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, die Verwendung des Wortes „verdorben" für die Eisproben sei sowohl nach der Terminologie des Lebensmittelgesetzes als auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unzutreffend und unwahr. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch stehe „verdorben" für „nicht mehr gut, alt, faul, faulig, gärig, ranzig, schimmelig, schlecht, ungenießbar, verfault, verrottet, verwest, minderwertig, übelschmeckend". „Verdorben" beschreibe demnach einen derart schlechten Zustand eines Lebensmittels, wie er für die aus den Eisdielen des Klägers stammenden Proben nicht gegeben gewesen sei, zumal lediglich eine Überschreitung der Grenzwerte der Speiseeisverordnung aufgezeigt worden sei. Diese Verordnung kenne den Begriff „verdorben" nicht. Der beklagten Partei habe nicht nur bewusst sein müssen, dass die Verwendung des Begriffs „verdorben" für die Eisproben nach rechtlichen Gesichtspunkten (Lebensmittelgesetz, Speiseeisverordnung) unzutreffend und damit unwahr sei, sondern auch, dass die Verwendung dieses Begriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch deutlich überzogen und damit unwahr sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es hielt die Beweisrüge der beklagten Partei für nicht berechtigt und stellte ergänzend den Wortlaut der Presseaussendung der beklagten Partei vom 19. 8. 2005 fest. In der rechtlichen Beurteilung führte es aus, das in der Medienaussendung verwendete Partizip „ist verdorben" bedeute im gegebenen Zusammenhang: „Durch längeres Aufbewahren über die Dauer der Haltbarkeit hinaus schlecht, ungenießbar werden (ist)". Von dieser Bedeutung ausgehend sei die in der Medieninformation der beklagten Partei auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs, in dem das Wort „verdorben" verwendet worden sei, unwahr. Die Medieninformation enthalte zwar mangels Bezugnahme auf das Lebensmittelgesetz keinen Vorwurf der Verdorbenheit im Sinn der Begriffsbestimmung in diesem Gesetz. Unrichtig sei jedoch die Bezeichnung der Speiseeisproben als „verdorben" unter Bezugnahme auf die Speiseeisverordnung 1973, insbesondere in der der Medieninformation angeschlossenen Tabelle auf § 9 Abs 1 dieser Verordnung. In dieser Verordnung würden nämlich die in der dritten Spalte der Tabelle gebrauchten Begriffe „einwandfrei" und „verdorben" nicht verwendet und insbesondere nicht konkret auf Speiseeis Bezug genommen, das seine Qualität durch eine über die Haltbarkeitsdauer hinausgehende Aufbewahrung verloren hätte. Der Eindruck von aus der Speiseeisverordnung 1973 stammenden Begriffen werde aber erweckt, wenn in der dritten Spalte der Tabelle, in der getestetes Speiseeis als „einwandfrei" bzw „verdorben" bezeichnet werde, und in der Überschrift („Mikrobiologische Beurteilung") auf eine Fußnote verwiesen werde, aus der hervorgehe, dass die Beurteilung nach den Bestimmungen von § 9 Abs 1 Speiseeisverordnung erfolgt sein solle. Die Medieninformation sei aber auch deshalb unwahr, weil Gegenstand der Kritik nicht das Anbieten von über die Haltbarkeitsdauer hinaus aufbewahrtem und deshalb ungenießbarem Speiseeis gewesen sei, sondern vielmehr das Anbieten von Speiseeis mit erhöhter Keimbelastung. Die Auffassung der beklagten Partei, umgangssprachlich werde jedes Lebensmittel als „verdorben" bezeichnet, das nicht verkauft werden dürfe, sei unzutreffend. Auch in der Umgangssprache werde dem Wort „verdorben", falls auf ein Lebensmittel Bezug genommen werde, die Bedeutung beigemessen, dass das Lebensmittel sich nicht mehr zum Genuss eigne, weil dessen Haltbarkeitsdauer abgelaufen sei. Lebensmittel, die nicht wegen Ungenießbarkeit infolge Ablaufs der Haltbarkeitsdauer, sondern aus anderen Gründen nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, würden auch umgangssprachlich nicht als „verdorben" bezeichnet. In der Medieninformation sei zwar dargelegt worden, dass die Überprüfung Hygienemängel ergeben habe. In der mit der Überschrift „Abenteuer Eisdiele: Jede dritte Probe war verdorben!" versehenen Medieninformation sei aber nicht ausreichend deutlich gemacht worden, dass die nicht § 9 Abs 1 Speiseeisverordnung entsprechende Keimbelastung und nicht etwa (auch) das Anbieten von über die Haltbarkeitsdauer hinaus aufbewahrtem und deshalb ungenießbarem Speiseeis der Grund der Beanstandung gewesen sei. Diese im Text der Medieninformation jedenfalls verbliebene Unklarheit habe die beklagte Partei nach der Unklarheitenregel gegen sich gelten zu lassen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt.

1. Die dem Kläger freigestellte Revisionsbeantwortung ist verspätet. Die Mitteilung, dass ihm die Beantwortung der Revision freistehe (§ 508a Abs 2 ZPO), wurde dem Kläger am 31. 3. 2009 zugestellt. Er brachte die Revisionsbeantwortung im ERV am 28. 4. 2009 beim Erstgericht ein, das die Weiterleitung an den Obersten Gerichtshof verfügte, wo der Schriftsatz am 4. 5. 2009 einlangte. Die Revisionsbeantwortung war beim Obersten Gerichtshof einzubringen (§ 507a Abs 3 Z 2 ZPO). Bei diesem langte sie erst nach Ablauf der für die Überreichung des Schriftsatzes offenstehenden Notfrist von vier Wochen (§ 507a Abs 1 und Abs 2 Z 3 ZPO) ein.

Wird ein Rechtsmittel (eine Rechtsmittelbeantwortung) bei einem funktionell nicht zuständigen Gericht eingebracht, ist für den Zeitpunkt der Rechtzeitigkeit der Zeitpunkt des Einlangens beim zuständigen Gericht maßgebend (RIS-Justiz RS0043678). Eine entgegen § 507a Abs 3 Z 2 ZPO beim Erstgericht eingebrachte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet, wenn sie beim Obersten Gerichtshof erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist eingelangt ist (RIS-Justiz RS0043678 [T 3]).

2. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

3. Wahre Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen (Werturteile) fallen nicht unter § 1330 Abs 2 ABGB, auf den der Kläger seine Begehren stützt. Widerruf und Unterlassung können daher nach dieser Gesetzesstelle auch nicht aufgetragen werden (6 Ob 295/03f mwN).

3.1. Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung ist im Allgemeinen eine Rechtsfrage (6 Ob 77/02w). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Bewertung „verdorben" der in den Eisdielen des Klägers gezogenen, der Speiseeisverordnung nicht entsprechenden Eisproben eine zulässige Meinungsäußerung.

3.2. Tatsachen im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB sind Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (stRsp, zB 6 Ob 235/02f; 6 Ob 20/95 SZ 68/97; 4 Ob 171/93 mwN uva). Die Richtigkeit der verbreiteten Äußerung muss grundsätzlich einem Beweis zugänglich sein, sodass das Verbreiten nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann (4 Ob 171/93 mwN).

3.3. Sinn und Bedeutungsgehalt einer Äußerung und damit auch die Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder bloß eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richten sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsleser oder -hörer. Der subjektive Wille des Äußernden ist nicht maßgeblich. Die Äußerung ist so auszulegen, wie sie vom angesprochenen Verkehrskreis bei ungezwungener Auslegung verstanden wird (RIS-Justiz RS0031883; vgl RS0031815).

3.4.1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung auch mit der Unklarheitenregel begründet. Danach muss der Äußernde bei der Ermittlung des Bedeutungsgehalts die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (s 4 Ob 171/93 mwN).

3.4.2. Nach der jüngsten Rechtsprechung ist die Anwendung der Unklarheitenregel am Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit (Art 10 MRK) zu messen (4 Ob 71/06d; 4 Ob 98/07a zum Lauterkeitsrecht; RIS-Justiz RS0121107). Liegt die Annahme eines bestimmten Tatsachenkerns nahe, der wahr ist und die damit verbundenen Werturteile als nicht exzessiv rechtfertigt, so muss die entfernte Möglichkeit einer den Äußernden noch stärker belastenden Deutung unbeachtet bleiben.

3.5. Die beklagte Partei ist eine gesetzliche Interessenvertretung, zu deren Aufgaben auch die Verbraucherinformation und die Wahrung von Konsumenteninteressen zählt, bei der der Freiheit der Meinungsäußerung besondere Bedeutung zukommt. Konsumenteninformation ist für die Erreichung von Markttransparenz nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten unerlässlich. Für ihre Veröffentlichungen, ihre Untersuchungsmethoden und die vorgenommenen Wertungen steht ihr ein erheblicher Beurteilungsspielraum zur Verfügung, den sie benötigt, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

3.5.1. Für die Anwendung fehlerhafter Methoden bei der Probenziehung geben die Feststellungen der Vorinstanzen keinen Anhaltspunkt.

3.5.2. Dass die in den Eisdielen des Klägers gezogenen Proben wegen erhöhter Keimzahlen nicht der Speiseeisverordnung entsprachen, ist eine - nach den Feststellungen der Vorinstanzen - wahre Tatsachenbehauptung.

3.5.3. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Bedeutung des in der Medieninformation vom 19. 8. 2005 der beklagten Partei mehrmals verwendeten Wortes „verdorben" nicht aus dem Begriff der Verdorbenheit des Lebensmittelgesetzes erschließt, weil dieses Gesetz in der Medieninformation nicht erwähnt ist.

3.5.4. Der vom Berufungsgericht ermittelte Bedeutungsgehalt der Aussage, dass die in den Eisdielen des Klägers gezogenen Eisproben verdorben waren, als Tatsachenbehauptung wird dem Bezugszusammenhang, in dem die Aussage in der Medieninformation der beklagten Partei steht, nicht gerecht.

3.5.4.1. Schon aus der ersten Seite dieser Information geht unmissverständlich hervor, dass die Beanstandung im Hinblick auf die Nichteinhaltung der mikrobiologischen Qualität nach der Speiseeisverordnung wegen Hygienemängel bei der Zubereitung oder bei der Ausgabe, worauf die gefundenen Fäkalbakterien hindeuteten, erfolgt. „Mikrobiologisch" wird in der Information dahin erläutert, dass bei der mikrobiologischen Untersuchung auf bestimmte Keime (so genannte Indikatorkeime) untersucht wird. Es wird ausgeführt, dass keine Salmonellen entdeckt wurden und Farbe, Beschaffenheit, Geruch und Geschmack nicht zu beanstanden waren. Auf der zweiten Seite ist davon die Rede, dass der Eisverkäufer in allen Produktionsschritten dafür zu sorgen hat, dass der Kunde einwandfreie Ware erhält. Abermals findet sich der Hinweis auf offenkundige Hygienemängel und wie wichtig es für den Käufer ist, darauf zu achten, ob der Eisportionierer aus einer trüben Brühe oder aus einem Gefäß mit frischem, klaren Trinkwasser entnommen wird.

3.5.4.2. Die Bezeichnung „verdorben" für die der Speiseeisverordnung nicht entsprechenden Speiseeisproben ist im gegebenen Zusammenhang unter dem Blickwinkel der Freiheit der Meinungsäußerung eine zulässige Wertung eines nicht der einschlägigen Rechtsvorschrift entsprechenden Zustands, der in der Medieninformation wahrheitsgemäß dargestellt wird, und keine Aussage in dem vom Berufungsgericht gefundenen Sinn.

4. Da die Tatbestandsvoraussetzung der Verbreitung unwahrer Tatsachen in der Norm, auf die der Kläger sein Begehren stützt, nicht verwirklicht ist, war das Klagebegehren in Stattgebung der Revision abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 2 ZPO.

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