OGH 6Ob146/22x

OGH6Ob146/22x29.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A* H*, vertreten durch Prof. Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei 1. Dr. P* P*, 2. Z* GmbH, *, beide vertreten durch Mag. Volkert Sackmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs, Veröffentlichung und Feststellung (hier wegen einstweiliger Verfügung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. Juni 2022, GZ 3 R 89/22p‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00146.22X.0829.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPOmangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Welcher Bedeutungsinhalt einer bestimmten Äußerung beizumessen ist, ob es sich um die Verbreitung von Tatsachen, um die Verbreitung einer auf einem wahren Tatsachenkern beruhenden wertenden Meinungsäußerung oder um die Verbreitung eines Werturteils handelt, richtet sich nach dem Zusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt (RS0031815 [T26]). Auch ob eine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten stattfand, richtet sich nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers (RS0111733 [T8, T10]). Ein und dieselbe Äußerung kann je nach ihrem Zusammenhang unter den Begriff der Tatsachenbehauptung oder den des reinen Werturteils fallen; entscheidend ist dabei, wie die Äußerung vom Empfänger – zu einem nicht unerheblichen Teil – verstanden wird (RS0031815).

[2] 2. Im vorliegenden Fall wurde als bescheinigt angenommen, dass in einem vom Kläger betriebenen stadtbekannten Nachtlokal mit Billigung dortiger Mitarbeiter organisiert Drogenhandel betrieben wurde.

[3] Zwar wird der Kläger in den inkriminierten Artikeln der Beklagten über den Drogenhandel in dem vom Kläger betriebenen Lokal durch die keineswegs „neutrale“ Wiedergabe der veröffentlichten Meinung ehemaliger Politiker implizit als „Drogendealer“ bezeichnet. Dies ist im gegebenen Zusammenhang jedoch als zulässige wertende Äußerung anzusehen, die auf einem wahren Sachverhaltskern beruht und die angesichts des Umstands, dass einem gewissenhaften Lokalbetreiber derartige Vorgänge im Regelfall zumindest nicht gänzlich verborgen bleiben werden, auch keinen Wertungsexzess darstellt (vgl RS0054817; so auch bereits das Erstgericht).

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