OGH 1Ob75/15h

OGH1Ob75/15h18.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** C*****, vertreten durch Dr. Horst Mayr, Rechtsanwalt in Vorchdorf, gegen die beklagte Partei Dr. G***** G*****, als Insolvenzverwalter der F***** Gesellschaft m.b.H., *****, wegen 24.250 EUR sA und Feststellung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 19. Februar 2015, GZ 1 R 14/15g‑16, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 30. Dezember 2014, GZ 1 Cg 23/14y‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei die mit 1.680,84 EUR (darin enthalten 280,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzten.

Begründung

Der damals vierzehnjährige Kläger, ein Schüler einer Polytechnischen Schule, verletzte sich am 29. 9. 2011 im Rahmen der Absolvierung des ersten Tags seiner individuellen Berufs(bildungs)orientierung im Betrieb der F***** Gesellschaft m.b.H. (kurz Schuldnerin).

Er begehrt vom Beklagten als deren Insolvenzverwalter die Zahlung von 24.250 EUR sA an Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Pflege‑ und Haushaltshilfe, Verdienstentgang sowie entstandenen Kosten und die Feststellung der Haftung für sämtliche kausale Schäden und Folgen aus dem Unfall vom 29. 9. 2011 zu 100 % bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer der Schuldnerin und brachte dazu vor, ihm sei unter Verletzung des § 13b SchUG aufgetragen worden, im Rahmen des „Schnuppertages“ Bleche anzunehmen. „In weiterer Folge“ sei es zum Einklemmen seines Handschuhs in der sich ständig drehenden Walzmaschine gekommen. Der Arbeiter, der die Walzmaschine derart eingestellt hatte, dass sie durch einen Keil ständig lief, sei wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden. Die im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung habe der Insolvenzverwalter nur der Höhe nach bestritten und dem Grunde nach anerkannt.

Zwischen dem Kläger und der Schuldnerin „bzw zwischen dem Polytechnischen Lehrgang und der Schuldnerin“ habe aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung über die Durchführung der Schnuppertage ein Vertragsverhältnis bestanden, weswegen von einem vertraglichen Schadenersatzanspruch auszugehen sei, wobei der Schaden durch den Arbeiter zumindest bedingt vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Der Kläger habe keinerlei Sicherheitsunterweisung erfahren und sei zu einer mit einem Arbeitsverhältnis gleichzusetzenden Tätigkeit herangezogen worden. Widersprüchlich dazu brachte er in seinem vorbereitenden Schriftsatz vor, das Haftungsprivileg des § 333 ASVG sei nicht anzuwenden, weil er in den Arbeitsprozess nicht eingebunden gewesen sei, sondern im Rahmen seiner Berufsausbildung bei seinem Schnuppertag in rechtswidriger Weise dazu veranlasst worden sei, bei Arbeiten mitzuwirken, indem er Bleche annehmen sollte. Es habe während der „Schnuppertage“ keine Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit seiner Beaufsichtigung, wie dies § 44a SchUG vorsehe, gegeben. Arbeiter und Angestellte der Schuldnerin seien funktionell nicht als Bundesorgane tätig geworden. Die Bestimmungen des AHG kämen daher nicht zur Anwendung.

Der Beklagte bestritt und beantragte gänzliche Klagsabweisung. Er habe den auch dem Grunde nach nicht zu Recht bestehenden Anspruch auch nicht anerkannt, weil die Bestreitung einer Konkursforderung nicht zwischen Grund und Höhe der Forderung differenziere.

Das Erstgericht stellte ‑ wenn auch teilweise disloziert ‑ fest, dass sich der Kläger am 29. 9. 2011 von 06:00 bis 15:00 Uhr bei der Schuldnerin aufhalten habe sollen und eine Einteilung zu einer speziellen Arbeit nicht erfolgt sei. Weiters stellte es fest: Nach Beginn seines Schnuppertags um 6:00 Uhr wurde er im Laufe des Vormittags einem Leasingarbeiter zugeteilt, der zunächst an der Punktschweißmaschine arbeitete. Anschließend wechselte dieser zur Walzmaschine, wobei der Vorarbeiter über dessen Nachfrage äußerte, der Leasingarbeiter solle den Kläger auch dorthin mitnehmen. Die Walzmaschine war durch das Einklemmen eines Holzteils in das Bedienelement am Boden auf Dauerlauf „geschaltet“ worden, damit diese auch von nur einem Arbeiter bedient werden konnte. Der Kläger stand auf der Rückseite der Walzmaschine und unterstützte den Leasingarbeiter bei der Arbeit, indem er größere Metallteile entgegen nahm und zu Boden legte. Nach der Mittagspause nahm der Leasingarbeiter die Arbeit vor dem Kläger wieder auf und war gerade mit der Ablage eines Blechs beschäftigt, als der Schüler von der Mittagspause zurückkehrte. Als der Leasingarbeiter den Schüler bemerkte, rief er ihm zu, er solle stehen bleiben, bis er zu ihm komme. Aufgrund der Lautstärke in der Halle verstand der Schüler dies nicht und ging auf den Arbeiter zu. Der Arbeiter, der zu diesem Zeitpunkt zu den Blechen, die vor ihm auf dem Boden lagen blickte, nahm nicht wahr, wie der Kläger mit dem rechten Handschuh und somit mit der rechten Hand in die Walzmaschine geriet, wobei das Erstgericht nicht feststellen konnte, auf welche Weise und warum sich der Handschuh des Klägers in der Maschine verfing und die rechte Hand des Klägers in die Maschine geriet. Der Arbeiter bemerkte den Unfall erst aufgrund der Schreie des Schülers und schaltete die Maschine sofort ab. Durch diesen Unfall erlitt der Kläger ua eine übergroße Rissquetschwunde an der rechten Hohlhand. Der Kläger ersetzte im Betrieb keine Arbeitskraft; seine Arbeitskraft war zur Durchführung der Arbeit an der Walzmaschine nicht notwendig gewesen, er musste keine Vorgaben bezüglich Arbeitszeit, Abfolge und Arbeitsort einhalten; es gab für ihn keine Weisung oder Kontrollen des Arbeitgebers.

Das Landesgericht Wels eröffnete mit Beschluss vom 10. 2. 2014, 20 S 15/14b, über das Vermögen der Schuldnerin das Sanierungsverfahren, bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter und änderte die Bezeichnung des Verfahrens mit Beschluss vom 24. 4. 2014 auf Konkursverfahren ab.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 9 Abs 5 AHG zurück, weil der Geschädigte keinen Schadenersatz im ordentlichen Rechtsweg direkt gegenüber dem Organ geltend machen könne. Die Schuldnerin habe während der individuellen Berufs(bildungs)orientierung gemäß § 13b Abs 4 SchUG iVm § 44a SchUG die Aufsicht übernommen und sei somit als Bundesorgan tätig gewesen. Es verneinte das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Aus der zeitlichen Fixierung des Schnuppertags könne noch kein Arbeitsverhältnis abgeleitet werden, weil der Kläger aufgrund der individuellen Berufs(bildungs)orientierung verpflichtet gewesen sei, sich über einen bestimmten Zeitraum im Betrieb der Schuldnerin aufzuhalten. Insbesondere müssten vor allem der Schnupperbetrieb aufgrund der notwendigen Aufsicht ebenso wie Schule und Erziehungsberechtigte darüber informiert sein, wo und wann sich ein Schüler in einem fremden Betrieb aufhalte, um die Sicherheit des Schülers gewährleisten zu können. Eine Eingliederung in den Arbeitsbetrieb sei nicht erfolgt. Die Arbeitskraft des Klägers sei zur Durchführung der Arbeit nicht notwendig gewesen. Ein Nutzen aus der Anwesenheit des Schülers sei für die Schuldnerin nicht ersichtlich, vielmehr habe dieser wegen des Betriebs unterschiedlicher, teils gefährlicher Maschinen zum Nachteil der Schuldnerin beaufsichtigt werden müssen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und führte aus, das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass die individuelle Berufs(bildungs)orientierung ebenso Teil der Schulausbildung sei, wie etwa Schulveranstaltungen oder schulbezogene Lernveranstaltungen, bei welchen Veranstaltungen die Schüler auch durch Nichtlehrer beaufsichtigt werden könnten, weswegen die Schuldnerin und ihr Leasingarbeiter während des Schnuppertags als Aufsichtspersonen für die Schulbehörde sohin als Bundesorgane tätig geworden seien. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit einem Schadenersatzanspruch nach einem Unfall bei Absolvierung eines berufspraktischen Tags gemäß § 13b SchUG bisher noch nicht befasst habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Der Kläger vertritt zusammengefasst den Standpunkt, der polytechnische Lehrgang falle nicht in den Bereich der Pflichtschulen, es handle sich bei der individuellen Berufs(bildungs)orientierung, die ausschließlich im eigenen Interesse des Schülers stattfinde, nicht um einen Teil der Schulausbildung, sei doch kein Schüler verpflichtet, an derartigen individuellen Berufsorientierungen teilzunehmen. Im vorliegenden Fall sei eine Eingliederung in den Arbeitsprozess der Schuldnerin erfolgt, weil dieser Begriff sehr weit auszulegen sei. Damit liege ein Arbeitsverhältnis vor. Für daraus entspringende Schadenersatzansprüche sei mangels Anwendbarkeit des AHG der Rechtsweg zulässig. Überdies habe der Beklagte die Forderung anerkannt. Daran sei er wie an ein rechtskräftiges Urteil gebunden.

Dazu ist Folgendes zu erwägen:

2.1. Alle Begehren von Prüfungsklagen haben auf die Feststellung einer (betragsmäßig bestimmten) Geldforderung zu lauten, normiert doch § 103 Abs 1 IO ua, dass in der Anmeldung der Betrag der Forderung und die Tatsachen, auf die sie sich gründet, anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen sind. Dies bedeutet, dass eine zahlenmäßig bestimmte Geldforderung angemeldet werden muss (vgl RIS‑Justiz RS0065442; RS0089657).

Auch zukünftige Schäden aufgrund eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Ereignisses sind als Insolvenzforderung geltend zu machen. Solche Ansprüche auf den Ersatz künftiger Schäden, derentwegen gewöhnlich ein Feststellungsbegehren erhoben werden kann, sind im Konkursverfahren des Schädigers zu schätzen und als bedingte Forderung anzumelden (2 Ob 287/08g; 8 Ob 26/03m; 4 Ob 125/12d = SZ 2012/80). Ein Feststellungsbegehren, das nicht die Richtigkeit einer Insolvenzforderung betrifft, kann selbst bei Anmeldung im Insolvenzverfahren nicht Gegenstand eines Prüfungsprozesses sein; damit kann ein (auf eine Haftung gerichtetes) Feststellungsbegehren als solches und für sich naturgemäß nicht einer Anmeldung und einem Prüfungsverfahren zugrunde gelegt werden (8 Ob 26/03m mwN).

Der an die Forderungsprüfung im Insolvenzverfahren anschließende Prüfungsprozess ist nur dann und auch nur insoweit zulässig, als der Gläubiger seine Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet hat und sie dort bestritten wurde. Die Prüfungsklage ist auf die Feststellung des Bestands einer Insolvenzforderung in bestimmter Höhe gerichtet (vgl § 110 IO); das Klagebegehren kann nur auf den Grund, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist und auch nicht auf einen höheren als dort geltend gemachten Betrag gestützt werden (§ 110 Abs 1 IO). Der Gegenstand des Prüfungsprozesses ist der Teilnahmeanspruch des Gläubigers. Deswegen ist auch die Bewertung eines Feststellungsbegehrens, das in einer geldgleichen Forderung besteht, nicht vorzunehmen. Bei Prüfungsprozessen betrifft der Streit nämlich ausschließlich eine Geldsumme, und zwar den Betrag, dessen Feststellung begehrt wird. Eine Bewertung ist daher weder erforderlich noch beachtlich (RIS‑Justiz RS0042401; OLG Innsbruck RI0000111; OLG Wien RW0000290).

Eine Klage auf Feststellung im Sinne von § 228 ZPO, dass die allgemeine Masse für zukünftige Schäden hafte, ist demnach nicht zulässig (vgl 4 Ob 125/12d = RIS‑Justiz RS0128127).

Der Kläger begehrte vorerst mit seiner „Feststellungsklage gem. § 110 IO“ die Feststellung, dass die angemeldete Forderung in Höhe von 24.250 EUR sA und die Haftung des Beklagten ihm gegenüber für sämtliche kausalen Schäden und Folgen aus dem Unfallereignis zu 100 % zustehe. Mit der Umstellung seines Klagebegehrens teilweise auf ein Leistungsbegehren bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer der Schuldnerin gab der Kläger zu erkennen, dass er (nun) ein Absonderungsrecht geltend macht.

Nach den besonderen Bestimmungen über die Haftpflichtversicherung im VersVG (BGBl 1959/2 idgF) kann der Dritte wegen eines ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs die abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers auch dann verlangen, wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (§ 157 VersVG, vgl RIS‑Justiz RS0064068). Der Deckungsanspruch ist ein Sondervermögen, das nicht in die Konkursmasse fällt, sondern zur Befriedigung des geschädigten Dritten dient (RIS‑Justiz RS0064041).

Der Absonderungsanspruch ist vom Geschädigten grundsätzlich mit auf Zahlung bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gerichteter Klage (RIS‑Justiz RS0064068 [T2, T4]) gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen, wobei eine Forderungsanmeldung dafür nicht notwendig ist (RIS‑Justiz RS0064068 [T3]). Im Rahmen eines solchen Absonderungsanspruchs kann der Geschädigte auch die Feststellung begehren, dass der Insolvenzverwalter für zukünftige Schäden mit dem Deckungsanspruch hafte (4 Ob 125/12d = RIS‑Justiz RS0128127 [T1]).

2.2. Da Insolvenzforderungen mit einem bestimmten Betrag anzumelden sind, bezieht sich die im Insolvenzverfahren in der Prüfungstagsatzung gegenüber dem Insolvenzgericht abgegebene prozessrechtliche Erklärung des Insolvenzverwalters (vgl RIS‑Justiz RS0065507; RS0032425) nicht nur auf die Höhe des Teilnahmeanspruchs die rechtskraftähnliche Wirkung der Forderungsfeststellung aufgrund der Erklärung erfasst auch die Eigenschaft als Konkursforderung ( Lovrek in Konecny/Schubert , InsG § 156 KO Rz 7; Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger , InsR 4 IV § 124 Rz 24). Wenn auch Teilanerkenntnisse möglich sind (vgl Konecny in Konecny/Schubert , InsG § 105 KO Rz 14), betreffen diese den bestimmten Teil einer betragsmäßig angegebenen Insolvenzforderung. Vorbehalte des Insolvenzverwalters bei Abgabe dieser Erklärung sind gemäß § 105 Abs 3 IO unzulässig.

Für Spät- und Dauerfolgen gemäß der vom Kläger selbst vorgelegten und in ihrem Wortlaut nicht strittigen Urkunde (vgl zu deren Verwendung im Revisionsverfahren 1 Ob 128/07s ua; RIS‑Justiz RS0121557 [T3]) hatte der Kläger einen Betrag von 5.000 EUR, insgesamt aber 50.108 EUR angemeldet. Der Insolvenzverwalter bestritt nach der Mitteilung des Insolvenzgerichts 50.108 EUR; festgestellt wurden 0 EUR. Es liegt damit ein Anerkenntnis ‑ überhaupt ‑ eines bestimmten Betrags nicht vor. Durch Bemerkungen in der Anmerkungsspalte wurde die gänzliche Bestreitung der Forderung betragsmäßig ‑ worauf die Prüfung der Forderung in der Prüfungstagsatzung aber abstellt ‑ nicht mehr verändert oder eingegrenzt (vgl 8 Ob 8/05t). Aus der Anmerkung „dem Grunde nach anerkannt“ kann der Kläger damit für sich kein konstitutives Anerkenntnis des nun geltend gemachten Absonderungsanspruchs ableiten (vgl zur Wirkung eines Anerkenntnisses einer Insolvenzforderung auf die spätere Behauptung, diese stelle eine Masseforderung dar, 9 ObA 50/12m).

3.1. Nach § 1 Abs 1 AHG haften der Bund, die Länder, die Gemeinden, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Träger der Sozialversicherung ‑ im Folgenden Rechtsträger genannt ‑ nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; das Organ haftet dem Geschädigten nicht.

3.2. Wird der Anspruch gegen das Organ selbst gerichtet, wiewohl dieses den Schaden in Vollziehung der Gesetze zufügte, ist der Rechtsweg gegen das Organ nach § 9 Abs 5 AHG unzulässig (RIS‑Justiz RS0103737; vgl RS0050139; vgl RS0124590; Schragel , AHG 3 Rz 258); dies gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Klagen gegen juristische Personen des Privatrechts, die für hoheitliches Handeln in Pflicht genommen oder beliehen wurden (1 Ob 176/08a = SZ 2009/30 ua; RIS‑Justiz RS0124590); auch eine subsidiäre Geltendmachung solcher Ansprüche nach allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0022989; vgl auch RS0050139), sollen doch die Bestimmungen des AHG nicht dadurch umgangen werden, dass der Kläger erklärt, er stütze seine Schadenersatzansprüche nicht auf diese Sondernorm, sondern leite sie aus dem bürgerlichen Recht ab (RIS‑Justiz RS0049976).

3.3. Ein Dienstverhältnis zum beliehenen Unternehmer ist keine Voraussetzung für die Begründung einer Organstellung; besorgt eine Person (nach der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senats können wie vorerwähnt auch juristische Personen unter den Organbegriff [vgl RIS‑Justiz RS0124590] fallen) hoheitliche Aufgaben, ist sie Organ, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt, gewählt, ernannt oder sonstwie herangezogen wurde und ob deren Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder privatem Recht zu beurteilen ist (vgl 1 Ob 49/95 [1 Ob 54/95] = SZ 68/220; RIS‑Justiz RS0087679). Die in § 1 Abs 2 AHG aufgezählten Typen von Verleihungsakten sind nur demonstrativer Art (1 Ob 35/87 = SZ 60/236; 1 Ob 3/89 = SZ 62/41 je mwN; RIS‑Justiz RS0049950). Die Organstellung kann auch durch (privatrechtlichen) Werkvertrag begründet werden (1 Ob 136/63 = SZ 36/115 [Betrauung mit der Postbeförderung]; 1 Ob 8/78 = SZ 51/126 [zur Demolierung herangezogener Bauunternehmer] ua; RIS‑Justiz RS0049915). Für die Begründung einer Organstellung kommt es auch nicht auf den zugewiesenen Verantwortungsgrad, eine Entscheidungsbefugnis oder Leitungsbefugnis oder gar auf den hierarchischen Rang an, den eine Person in der Organisation des Rechtsträgers oder bei Besorgung einer hoheitlichen Aufgabe einnimmt; das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Organstellung entscheidet sich vielmehr nur danach, ob jemand hoheitlich handelte oder nicht (RIS‑Justiz RS0087675). Private handeln daher auch dann als Organe, wenn sie selbst keine Hoheitsakte zu setzen haben, sondern ihre Tätigkeit nur in der unterstützenden Mitwirkung bei der Besorgung hoheitlicher Aufgaben und Zielsetzungen besteht und sie in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden werden, um andere Organe bei Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten (RIS‑Justiz RS0104351; RS0049972 [T2]; vgl zur Organstellung der Medieninhaberin der „Wiener Zeitung“ bei Veröffentlichungen im Sinne der §§ 10 Abs 1 Satz 1, § 277 Abs 2 UGB, 1 Ob 15/11d = SZ 2011/43 = RIS‑Justiz RS0126997). Entscheidend für das Vorliegen einer Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 AHG ist, dass eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist; dann sind auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen (RIS‑Justiz RS0049948; RS0049897).

4.1. Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet des Schulwesens ist, von im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, Bundessache (Art 14 Abs 1 B‑VG). Schuldhaft rechtswidriges Organverhalten ist daher dem Bund zuzurechnen.

Die Erteilung des Unterrichts wird an sich hoheitlich ausgeübt ( Schragel , AHG³ Rz 78). Lehrer werden in ihrer eigentlichen Funktion, der Unterrichts- und Erziehungsarbeit, zu der auch die Beaufsichtigung gehört, hoheitlich tätig (vgl RIS‑Justiz RS0049933; RS0022978; vgl auch RS0050061).

4.2. Nach Art 14 Abs 7a B‑VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre (vgl dazu und zum Beginn der Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahrs folgenden 1. 9. die §§ 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Schulpflicht [BGBl 1985/76; Schulpflichtgesetz 1985]).

Polytechnische Schulen sind (allgemeinbildende) Pflichtschulen (§ 3 Abs 6 Schulorganisationsgesetz ‑ SchOG, BGBl 1962/242 zum Zeitpunkt des Vorfalls idF BGBl I 2006/113, nun idF BGBl I 2012/36; § 1 Oö Pflichtschulorganisationsgesetz 1992). Berufsorientierung ist gemäß § 29 SchOG (damals idF BGBl I 2005/91, jetzt BGBl I 2013/75, und anders als nach § 39 Abs 1a SchOG idF BGBl I 2006/113 in den Lehrplänen allgemeinbildender höherer Schulen [BGBl 1985/88, idF BGBl II 2010/278], nach §§ 16 Abs 1 idF BGBl I 2008/116 und § 21b Abs 1 SchOG idF BGBl I 2012/36 in jenen der Haupt‑ [BGBl II 2000/134 idF BGBl II 2008/290] und Neuen Mittelschulen [BGBl II 2012/185], in denen dieses Fach als verbindliche Übung vorgesehen ist]) als Pflichtgegenstand in der Polytechnischen Schule (Lehrplan ‑ BGBl II 1997/236 idF BGBl II 2006/308) eingerichtet. Berufsorientierung wird unter Verweis auf die in § 28 SchOG verankerte Aufgabenstellung der Polytechnischen Schule, Schüler auf das weitere Leben und insbesondere auf das Berufsleben vorzubereiten, als „prinzipielles Anliegen“ aller Unterrichtsgegenstände im Lehrplan der Polytechnischen Schule genannt (I. Allgemeines Bildungsziel, Lehrplan ‑ Polytechnische Schule, BGBl II 1997/236 idF BGBl II 2006/308).

4.3. Das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz ‑ SchUG; BGBl 1986/472 idgF) regelt in seinem 4. Abschnitt unter dem Titel „Unterrichtsordnung“ in seinem § 13b (zur Unfallszeit idF BGBl I 2004/172) die „individuelle Berufs(bildungs)orientierung“ wie folgt:

Schülern der 8. Klasse der Volksschule, der 4. Klasse der Hauptschule, der 4. Klasse der Neuen Mittelschule, der 8. und der 9. Klasse der Sonderschule, der Polytechnischen Schule sowie der 4. Klasse der allgemein bildenden höheren Schule kann auf ihr Ansuchen die Erlaubnis erteilt werden, zum Zweck der individuellen Berufs(bildungs)orientierung an bis zu fünf Tagen dem Unterricht fern zu bleiben. Die Erlaubnis zum Fernbleiben ist vom Klassenvorstand nach einer Interessenabwägung von schulischem Fortkommen und beruflicher bzw berufsbildender Orientierung zu erteilen (Abs 1).

Die individuelle Berufs(bildungs)orientierung hat auf dem lehrplanmäßigen Unterricht aufzubauen. Sie hat der lebens- und berufsnahen Information über die Berufswelt, der Information über schulische und außerschulische Angebote der Berufsbildung sowie der Förderung der Berufswahlreife zu dienen und soll darüber hinaus konkrete sozial- und wirtschaftskundliche Einblicke in die Arbeitswelt ermöglichen (Abs 2).

Sofern die Durchführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung in einem Betrieb erfolgt, ist eine Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht zulässig. Der Schüler ist auf relevante Rechtsvorschriften, wie zB jugendschutzrechtliche Bestimmungen, Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes und arbeitshygienische Vorschriften, hinzuweisen (Abs 3).

Während der individuellen Berufs(bildungs)-orientierung sind die Schüler in einem ihrem Alter, ihrer geistigen und körperlichen Reife sowie den sonstigen Umständen entsprechenden Ausmaß zu beaufsichtigen. Die Festlegung geeigneter Aufsichtspersonen hat unter Anwendung des § 44a auf Vorschlag der Erziehungsberechtigten bzw derjenigen Einrichtung zu erfolgen, die der Schüler zum Zweck der individuellen Berufs(bildungs)orientierung zu besuchen beabsichtigt (Abs 4).

Entsprechend § 44a Abs 1 idF BGBl I 2011/73 SchUG kann die Beaufsichtigung von Schülern in der Schule, bei Schulveranstaltungen (§ 13 SchUG), schulbezogenen Veranstaltungen (§ 13a SchUG) oder im Rahmen der individuellen Berufs(bildungs)orientierung (§ 13b SchUG) auch durch andere geeignete Personen als durch Lehrer, Erzieher oder Freizeitpädagogen erfolgen, wenn dies zur Gewährleistung der Sicherheit für die Schüler erforderlich ist und im Hinblick auf die Erfüllung der Aufgaben der Schule zweckmäßig ist.

Solche Personen werden nach § 44a Abs 2 SchUG funktionell als Bundesorgane tätig.

Schüler haben gemäß § 2 Abs 2 Z 7 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 24. 6. 1974 betreffend die Schulordnung (BGBl 1974/373 idF BGBl II 2005/181 ‑ Schulordnung) an der individuellen Berufs(bildungs)orientierung, zu deren Teilnahme der Schüler dem Unterricht fern bleiben darf, regelmäßig teilzunehmen.

Die Beaufsichtigung der Schüler ab der siebenten Schulstufe darf entfallen, wenn dies im Hinblick auf die Gestaltung des Unterrichts, von Schulveranstaltungen (§ 13 SchUG), schulbezogenen Veranstaltungen (§ 13a SchUG), und der individuellen Berufs(bildungs)orientierung (§ 13b SchUG) zweckmäßig ist und weiters im Hinblick auf die körperliche und geistige Reife der Schüler entbehrlich ist (§ 2 Abs 1 Schulordnung).

4.4. Mit der Einführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung mit BGBl I 2004/172 sollte neben den Schulveranstaltungen und den schulbezogenen Veranstaltungen eine individuelle Maßnahme der schulrechtlichen Berufs(bildungs)orientierung bzw -findung gesetzlich verankert werden (ErläutRV 687 BlgNR XXII. GP 1).

Der Zweck der individuellen Berufs(bildungs)orientierung liegt nach den Materialien darin, dass ein einzelner Schüler als Pendant zu den (Schul)veranstaltungen „Berufspraktische Tage“ bzw „Berufspraktische Wochen“ durch unmittelbare Wahrnehmung individuell Einblick in die Berufs(bildungs)welt erhalten soll, um so zu einer sicheren Entscheidung in der Berufs(bildungs)wahl zu gelangen, weil gegen Ende der allgemeinen Schulpflicht regelmäßig das Bedürfnis nach beruflicher (Bildungs)orientierung für den einzelnen Schüler (statt für die gesamte Klasse) besteht.

Die Materialien verstehen die individuelle Berufs(bildungs)orientierung nicht als § 9 des Schulpflichtgesetzes 1985 („Schulbesuch und Fernbleiben vom Unterricht“) bzw § 45 des SchUG („Fernbleiben von der Schule“) entgegenstehend, sie sei vielmehr als eine Ergänzung zu verstehen. Der zu treffenden Entscheidung werde auch nach § 13b SchUG eine Interessenabwägung voranzugehen haben, wobei insbesondere auch das schulische Fortkommen in das Kalkül einzubeziehen sein werde. Wie auch bei Schulveranstaltungen erfolge bei der individuellen Berufs(bildungs)orientierung keine Eingliederung in den Arbeitsprozess. Zudem seien die Schüler (zB im Rahmen des begleitenden Unterrichts in der verbindlichen Übung „Berufsorientierung“, zweckmäßiger Weise aber auch vor Ort durch die verantwortliche Person im besuchten Betrieb) über einschlägige Bestimmungen, insbesondere arbeitsrechtlicher und arbeitshygienischer Natur zu informieren.

Da die individuelle Berufs(bildungs)orientierung aufgrund der Verankerung im Schulrecht als „schulische Maßnahme“ zu verstehen sei, habe auch eine Beaufsichtigung zu erfolgen. Die individuelle Durchführung stehe einer Beaufsichtigung durch Lehrer grundsätzlich entgegen, sodass im Regelfall nur außerhalb des Lehrdienstes stehende Personen als Aufsichtspersonen in Betracht kämen. Auch bezüglich der Auswahl der geeigneten Personen (das würden in der Regel die im besuchten Betrieb verantwortlichen Personen sein) werde die Initiative von den Erziehungsberechtigten bzw ‑ so eine betriebliche Orientierung erfolgen soll ‑ von dem zu besuchenden Betrieb auszugehen haben und solle ein entsprechender Vorschlag an die Schule erfolgen, welche ‑ wie bei Schulveranstaltungen ‑ formalrechtlich die Aufsichtspflicht übertrage. § 44a SchUG finde Anwendung, wodurch die beaufsichtigende Person funktionell als Bundesorgan tätig würde und im Schadensfall der Bund als Haftungsträger eintrete. Die organisatorische Einbindung in den Schulbetrieb könne im Schadensfall zur Amtshaftung führen. Die Bestimmungen des ASVG (insbesondere die Schülerunfallversicherung betreffend) fänden Anwendung (ErläutRV 687 BlgNR XXII. GP 2 f).

Jonak (SchUG mit Verordnungen, 36b) merkt dazu an, die Aufsichtspflicht sei, wie bei Schulveranstaltungen, formalrechtlich von der Schule (also dem Schulleiter [ derselbe , Das österreichische Schulrecht 13 , 1204 f]) zu übertragen.

5.1. Wenn sich der Revisionsrekurswerber auf eine zwischen dem „Polytechnischen Lehrgang“ und der Schuldnerin abgeschlossene Vereinbarung über die Durchführung der Schnuppertage beruft und der Beklagte ausführt, die „verantwortlichen Organe“ der Schule des Klägers hätten es unterlassen, geeignete Personen für dessen Beaufsichtigung im Rahmen des „Schnuppertages“ beizustellen, obwohl klar gewesen sei, dass der Aufenthalt in der Maschinen‑ und Produktionshalle der Schuldnerin mit Gefahren verbunden sei, gehen beide Streitteile übereinstimmend davon aus, dass der Kläger die Berufs(bildungs)orientierung im Betrieb der Schuldnerin mit Wissen der Schule absolvierte.

5.2. Die organgleiche Stellung der Schuldnerin ergibt sich ohne Auseinandersetzung mit einer Festlegung der Aufsicht schon aus dem Abhalten der individuellen Berufs(bildungs)orientierung:

In der Rechtsprechung wurden Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer an einer öffentlichen Schule durchgeführten Brandschutzübung stehen, als in den Bereich der Hoheitsverwaltung fallend beurteilt (1 Ob 35/87 = SZ 60/236 = RIS‑Justiz RS0050204) und die Organstellung eines bei einer Schulsportwoche eingesetzten Tennislehrers (1 Ob 5/88; RIS‑Justiz RS0050188) und der Betreiberin eines Kajakcenters durch den Abschluss eines im Rahmen einer Schulveranstaltung zwischen ihr und dem Schulerhalter, vertreten durch den Klassenvorstand, geschlossenen Vertrags zur Durchführung eines Kajak‑Schulungskurses bejaht, weil dies der Ausbildung und damit hoheitlichen Zwecken diente, weswegen deren Gesellschafter der GesbR nicht persönlich für behauptete Ausrüstungsfehler belangt werden können (1 Ob 296/03s = SZ 2004/145 = RIS‑Justiz RS0119444).

In vergleichbarer Weise liegt in der Durchführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung durch eine juristische Person als Unternehmensträger eine Mitwirkung an der hoheitlich zu verrichtenden Aufgabe Erteilung des Unterrichts im Pflichtfach Berufsorientierung an einer Polytechnischen Schule. Auch wenn der Schüler, der wie auch bei einer Schulsportwoche mit Nächtigung außerhalb des Wohnorts (vgl § 13 Abs 3 SchUG) nicht verpflichtet ist, daran teilzunehmen (§ 13b Abs 1 SchUG), ein solches Ansuchen nicht zwingend stellen muss, noch der Betrieb einer individuellen Berufs(bildungs)orientierung zustimmen muss, besteht dann, wenn sich der Betrieb über Ansuchen des Schülers dazu bereit erklärt und der Klassenvorstand dem Schüler nach Abwägung von schulischem Fortkommen und beruflicher bzw berufsbildender Orientierung die Erlaubnis zum Fernbleiben erteilt, für den Schüler Anwesenheitspflicht nach § 2 Abs 2 Z 7 der Schulordnung. Die Durchführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung wird von den Materialien aufgrund der Verankerung im Schulrecht als „schulische Maßnahme“ (so auch Hauser , SchUG § 13b, 146) verstanden und als organisatorisch in den Schulbetrieb eingebunden angesprochen. Mit dieser gesetzlichen Verankerung der schulischen Maßnahme individuelle Berufs(bildungs)orientierung hat der Gesetzgeber die unterstützende Mitwirkung bei der Besorgung der hoheitlichen Aufgabe Erteilung des Unterrichts vorgesehen und die diese durchführenden Privatpersonen in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden, um andere Organe bei Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten (vgl RIS‑Justiz RS0104351; RS0049972), weist doch der Zweck der individuellen Berufs(bildungs)orientierung einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang (vgl RIS‑Justiz RS0049948; RS0049897) mit dem (hier praktischen) Unterricht im Pflichtfach Berufsorientierung auf, das in der Polytechnischen Schule als prinzipielles Anliegen aller Unterrichtsgegenstände eine Kernaufgabe darstellt. Die individuelle Berufs(bildungs)orientierung dient der ‑ wenn auch nach dem Willen des Gesetzgebers individuell gestalteten ‑ Ausbildung eines Schülers während des laufenden Schuljahrs und damit hoheitlichen Zwecken.

Demnach kann der Unternehmensträger des Betriebs, der die individuelle Berufs(bildungs)orientierung während des Schulbetriebs an bis zu fünf Tagen übernimmt, vom geschädigten Schüler einer Polytechnischen Schule gemäß § 9 Abs 5 AHG nicht klagsweise in Anspruch genommen werden, weil er dabei einen Teil der hoheitlich zu erfüllenden Aufgabe Ausbildung ‑ im Fach Berufsorientierung ‑ wahrnimmt und damit selbst hoheitlich tätig wird.

6.1. Das vom Kläger für sich durch Vorlage des mit dem Namen des Klassenvorstands und der Unterfertigung durch den Erziehungsberechtigten und Firmenstempel samt Unterschrift der Schuldnerin versehenen Formulars der Schule; „Bewerbung für die Berufspraktischen Tage I im Sept. 2011“ in Anspruch genommene Arbeitsverhältnis liegt dagegen nicht vor. Im Abschluss einer Vereinbarung über die Gewährung einer individuellen Berufs(bildungs)orientierung gemäß § 13b SchUG liegt für sich kein Abschluss eines Arbeitsverhältnisses. Intendiert ist die Gewährung eines Einblicks, die auch alters- und ausbildungsgerechte einfachste Tätigkeiten im Zuge eines Ausprobierens und Kennenlernens der Tätigkeit umfassen kann, wiewohl keine Tätigkeitspflicht und keine Eingliederung in die Unternehmensorganisation erfolgt (vgl auch Schnuppertage ‑ gibt es das überhaupt?, PVP ‑ Personalverrechnung für die Praxis 2011/31, 99).

6.2. Als Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis) wird ein solches Rechtsverhältnis bezeichnet, das jemand zur Arbeitsleistung für einen anderen in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Die wesentlichen Merkmale sind Weisungsgebundenheit des zur Erbringung der Arbeitsleistung Verpflichteten, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenen Verhaltens; ferner seine persönliche auf Zeit abgestellte Arbeitspflicht, die Fremdbestimmung der Arbeit (der wirtschaftliche Erfolg kommt dem Arbeitgeber zugute), die persönliche Fürsorge und Treuepflicht sowie die organisatorische Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb, einschließlich der Kontrollunterworfenheit (RIS‑Justiz RS0021284).

Wenn auch nicht alle diese Merkmale gemeinsam vorliegen müssen und in unterschiedlicher Ausprägung auftreten dürfen (RIS‑Justiz RS0021284 [T11]), ist entscheidend, ob bei einer Gesamtbetrachtung die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (RIS‑Justiz RS0021284 [T20]; Spenling in KBB 4 , § 1151 Rz 6 mwN).

Das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 (BGBl 1987/599 ‑ KJBG) verbietet die Beschäftigung von Kindern mit Arbeiten jeder Art (§ 4 Abs 1 iVm § 5 KJBG), jedoch gilt die Beschäftigung von Kindern, die ausschließlich zu Zwecken des Unterrichts oder der Erziehung erfolgt, nicht als Kinderarbeit (§ 4 Abs 2 KJBG). Ein Verstoß gegen das Kinderarbeitsverbot ist mit Verwaltungsstrafe sanktioniert (§ 30 KJBG). Die zum Vorliegen der Voraussetzungen des Begriffs „Arbeit“ ergangene Judikatur kann aber nicht spiegelbildlich in der Weise herangezogen werden, dass schon aus dem Vorliegen solcher Voraussetzungen auf ein Arbeitsverhältnis geschlossen werden kann, umfasst doch der Begriff der „Arbeit“ nach dem KJBG auch Tätigkeiten, die außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden ( Gerhartl , Schnupperzeit oder Dienstverhältnis?, RdW 2006, 580 f).

6.3. Mit Übernahme der individuellen Berufs(bildungs)orientierung nach § 13b SchUG ist der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses gerade nicht intendiert, wie sich neben dem Zweck auch aus der ausdrücklichen Unzulässigkeit der Eingliederung in den Arbeitsprozess (§ 13b Abs 3 SchUG) ergibt. § 175 Abs 5 ASVG bezieht Unfälle, die sich ua bei der Teilnahme an der individuellen Berufs(bildungs)orientierung nach den § 13b SchUG ausdrücklich in die Unfallversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit h ASVG ein.

6.4. Hauser (SchUG, § 13, 145 ff mwN) führt zum Inhalt des Verhältnisses aus, es verstehe sich die individuelle Berufs(bildungs)orientierung als kurzfristiges, entgeltfreies Beobachten und als ein freiwilliges Verrichten einzelner Tätigkeiten in einem Betrieb; dabei unterliege der Schüler keiner Arbeitsverpflichtung, keiner Arbeitszeit und keiner Weisungsgebundenheit. Die Ausführung von typischen Tätigkeiten zum Zweck des Kennenlernens durch den Schüler auf dessen Wunsch sei zulässig, es dürfe jedoch zu keinem Ersatz der Arbeitsleistung eines anderen Arbeitsnehmers kommen. Das Arbeitsergebnis des Schnupperns dürfe sich der Arbeitgeber wirtschaftlich nicht zueignen. Der Schüler habe keinen Entgeltanspruch.

Auch Resch (Welche Tätigkeiten sind im Rahmen einer Schnupperlehre möglich?, RdA 2007, 187 ff) erachtet es als keine Verletzung des KJBG, wenn sich das Kind (ein Minderjähriger bis zur Vollendung des 15. Lebensjahrs oder bis zur späteren Beendigung der Schulpflicht; § 2 Abs 1 KJBG) in einem Betrieb aufhält, um Beobachtungen der zu verrichtenden Arbeit zu machen und dabei aus freien Stücken probeweise und um Erfahrungen zu sammeln, einzelne Handgriffe versucht.

Für die Verrichtung solcher praktischer Tätigkeiten fordern aber Resch und diesem folgend Hauser (aaO) die Abtrennung vom laufenden Produktionsgang, also entweder Durchführung am Produktionsarbeitsplatz, während keine Produktion läuft, oder an eigenen Orten.

6.5. Bei der Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis (vgl dazu auch OLG Wien 17. 9. 2008, 7 Ra 49/08i = ARD 5976/3/2009) wird mit dieser Anforderung die für den Betrieb zumutbare Grenze der erforderlichen Rücksichtnahme auf die individuelle Berufs(bildungs)orientierung jedoch überspannt. Der Betrieb wäre sonst ‑ bloß vor dem Hintergrund, dass ein Arbeitsverhältnis nicht angestrebt wird ‑ bei sonstigem Wegfall der Schülerunfallverischerung dazu gezwungen, wenn er dem Jugendlichen auch Einsicht (und dabei zweckorientiert gerade auch in den Betriebsalltag) gewährt, für die Verrichtung sporadischer Handgriffe besondere „Ausbildungswerkstätten“ einzurichten, Mitarbeiter außerhalb der normalen Betriebszeit dazu beschäftigen oder gar den Produktionsgang nur zu Schauzwecken stoppen.

Hauser (aaO 146) und Resch (aaO) fordern die Abtrennung vom tatsächlichen Produktionsgang im Zusammenhang mit der gesetzlich normierten Unzulässigkeit einer Eingliederung in den Produktionsbetrieb. Letzteres ist aber wiederum vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich der Arbeitgeber das Arbeitsergebnis des Schnupperns wirtschaftlich nicht (entgeltfrei) zueignen können soll ( Resch aaO 191). Ein Verstoß gegen § 13b SchUG liegt damit im vorliegenden Fall nicht vor. Die Arbeitsleistung wäre hier ansonsten von dem Arbeiter, dem der Kläger zugeteilt gewesen war, alleine verrichtet worden. Dass der Kläger schon bei der Punktschweißmaschine (der vorhergehenden Station) zu arbeiten gehabt hätte oder dort tatsächlich tätig gewesen wäre, behauptet er selbst gar nicht. Das bloß unterstützende Abnehmen und Zu‑Boden‑Legen von Blechen bei der nächsten Station, das ansonsten auch vom Arbeiter vorgenommen worden wäre, kann nicht als Begründung eines in Wahrheit verschleierten Arbeitsverhältnisses angesehen werden, behauptet doch auch der Kläger gar nicht, es hätte seine individuelle Berufs(bildungs)orientierung in Wahrheit dazu gedient, zwingende arbeits‑ und sozialversicherungsrechtliche Schutzvorschriften zu umgehen. Wenn auch im Rahmen von „Schnuppertagen“ ein Arbeitsvertrag dann entstehen mag, wenn Arbeitsleistungen in einem Ausmaß erbracht und entgegengenommen werden, wie sie in einem Arbeitsverhältnis üblich sind (so Gerhartl aaO, der aber noch kein Arbeitsverhältnis ortet, wenn Arbeitsleistungen bloß sporadisch erbracht werden), lagen solche Umstände nach den Feststellungen nicht vor.

6.6. Zum Vorliegen eines Arbeitsvertrags hat sich der Kläger bloß auf das genannte Formular und darauf berufen, dass ihm aufgetragen worden sei, Bleche anzunehmen. Das Erstgericht hat zu dieser Thematik festgestellt, dass der Kläger zur Durchführung der Arbeiten nicht notwendig gewesen war und er keine Arbeitskraft im Betrieb ersetzt hatte. Von einer Eingliederung in einem Arbeitsprozess kann nicht gesprochen werden, wenn der Kläger mit einem Arbeiter zu den Stationen mitging und diesem nur bei einer Station bei dessen Arbeit zur Hand ging.

Dass einem Schüler im Zuge der Berufs(bildungs)orientierung in einem Betrieb mit gefährlichen Maschinen Verhaltensregeln erteilt werden, die auch umfassen, an welcher Stelle im Betrieb er sich aufhalten darf, ist Ausfluss einer Schutzpflicht (nicht nur) gegenüber einem minderjährigen Betriebsfremden in einer solchen Produktionshalle. Seine Anwesenheitspflicht ergab sich schon aus der Schulordnung, soll doch die Berufs(bildungs)orientierung nicht dazu dienen, dass der Schüler diese zu seiner Freizeit umgestaltet. Der ausschließliche Lernzweck sowie die beiderseitige Ungebundenheit und Unentgeltlichkeit prägen auch die individuelle Berufs(bildungs)orientierung, während das für ein Arbeitsverhältnis typische Austauschen von Arbeitsleistung für den Arbeitgeber und Entgeltzahlung für den Arbeitnehmer auch im vorliegenden Fall nicht vorlag. Der Lernzweck ist hier zudem nicht nur vor dem Hintergrund des Eigeninteresses des Schülers, sondern auch vor der Zielsetzung des Pflichtfachs Berufsorientierung in der Polytechnischen Schule zu sehen, dessen individuell gestalteter Teil die schulische Maßnahme nach § 13b SchUG ist.

7. Die Zulässigkeit des Rechtswegs für die vorliegende Klage ist somit von den Vorinstanzen zu Recht verneint worden, weshalb dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge zu geben ist.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

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