OGH 1Ob8/78

OGH1Ob8/7813.9.1978

SZ 51/126

Normen

AHG §1
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §4
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §10 Abs1
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §10 Abs2
AHG §1
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §4
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §10 Abs1
Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 §10 Abs2

 

Spruch:

Bei Vollstreckung eines baubehördlichen Bescheides haftet das Land für den Schaden, der durch vor dem mitgeteilten Termin vorgenommene Demolierung eines Gebäudes im Wege der Ersatzvornahme an darin befindlichen Fahrnissen entstanden ist; auch der Abbruchunternehmer ist dabei Organ des Rechtsträgers

OGH 13. September 1978, 1 Ob 8/78 (OLG Linz 3 R 208/77; LG Linz 1 Cg 97/76)

Text

Die Klägerin leitet Amtshaftungsansprüche gegen das beklagte Bundesland daraus ab, daß der Magistrat der Landeshauptstadt Linz den Abbruch ihres Hauses statt, wie im Vollstreckungsbescheid angekundigt, erst ab dem 16. August 1975 schon am 21. Juli 1975 vollzogen hat, wodurch ihr gehörige Fahrnisse zerstört worden seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren nach Einsichtnahme in die Akten des Baurechtsamtes der Stadt Linz ohne Aufnahme weiterer Beweise ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß nach fruchtloser Androhung der Ersatzvornahme die erlassene Vollstreckungsverfügung überflüssig gewesen sei und der Klägerin durch die Anführung des 16. August 1975 als frühestem Vollstreckungstermin keine Rechte erwachsen seien; die Klage sei auch unschlüssig, weil nicht einmal behauptet werde, die Klägerin hätte bei Bekanntgabe des richtigen Räumungstermines ihre Fahrnisse vorher in Sicherheit gebracht. Schließlich sei der Klägerin ein eigenes Verschulden anzulasten, weil ihr im gleichen Zusammenhang die Abtragung der Hofüberdachung, die mit dem Hauptgebäude eine bauliche Einheit darstellte, bereits ab dem 16. Juli 1975 angekundigt wurde, so daß sie vernünftigerweise hätte annehmen müssen, daß beide Abtragungen in einem durchgeführt werden.

Infolge Berufung der Klägerin hob die zweite Instanz dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht bejahte zunächst die von der Beklagten bestrittene passive Klagslegitimation, ebenso aber auch die Schlüssigkeit der Klage, und erachtete ein Verschulden der Beklagten darin gelegen, daß sie den selbst angekundigten Termin der Ersatzvornahme nicht eingehalten habe. Auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang sei zu Berufungsgericht führte weiter aus, daß es sich jener Rechtsprechung nicht anschließen könne, die den Begriff des dem Geschädigten nach § 2 Abs. 2 AHG obliegenden "Rechtsmittels" auf Schadenersatzklagen gegen mitbeteiligte Dritte erstrecke. Eine teilweise Haftung der Beklagten sei deshalb zu bejahen. Zu prüfen sei nur die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin, weil diese der Ankündigung der Ersatzvornahme hinsichtlich der Beseitigung der Hofüberdachung schon ab dem 16. Juli 1975 keine Beachtung geschenkt habe (der Zeitpunkt dieser Zustellung sei festzustellen), sowie die Höhe des Klagebegehrens.

Der Oberste Gerichtshof gab Rekursen der beklagten Partei und zweier Nebeninterventienten auf Seite der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Entgegen der Meinung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht ihre passive Klagslegitimation mit Recht bejaht. Richtig ist allerdings, daß der Magistrat der Stadt Linz, aus dessen Verschulden der Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, nach § 7 des Statuts für die, Landeshauptstadt Linz (StL), LGBl. 46/1965, zu den Organen der Stadt gehört und daß es sich um die Vollstreckung eines Bescheides handelte, den die Stadtgemeinde Linz im Rahmen ihres eigenen Wirkungsbereiches als örtliche Baupolizeibehörde erlassen hatte (Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG, § 41 Abs. 2 Z. 9 StL). Es trifft auch zu, daß Städte mit eigenem Statut nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b VVG 1950 die von ihnen erlassenen Bescheide selbst zu vollstrecken haben, also nicht eine sonst zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um die Vollstreckung ersuchen müssen. Der von der beklagten Partei daraus abgeleiteten Folgerung, daß der Magistrat der Stadt Linz im Vollstreckungsverfahren funktionell nur für die Stadt gehandelt habe, kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ist der Begriff der als Organ eines Rechtsträgers handelnden Personen ("ihre Organe") im § 1 Abs. 1 AHG nicht im Sinne der Funktionstheorie, sondern der Organtheorie derart auszulegen, daß z. B. für gesetzwidrige Handlungen der Gemeindeorgane in Ausübung des vom Lande übertragenen Wirkungsbereiches das Land haftet (SZ 26/51 u. v. a.). In diesem Sinne gibt aber die beklagte Partei selbst zu, daß die vom Magistrat zu besorgenden Aufgaben der Bezirksverwaltung (Art. 116 Abs. 3 letzter Satz B-VG) vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ausgenommen sind (§ 41 Abs. 6 lit. b StL). Die Vollstreckung von gemeindebehördlichen Bescheiden wird also von Städten mit eigenem Statut nicht im eigenen, sondern im übertragenen Wirkungsbereich besorgt (VwSlgNF 7368 A im Fall einer Stadt mit eigenem Statut; ebenso Mayer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde im Vollstreckungsverfahren, 69 ff., 76; Ringhofer, Bundesverfassung, 366; Walter - Mayer, Grundriß des österr.

Verwaltungsverfahrensrechts, 290). Da andererseits die Vollstreckung von Baubescheiden unbestrittenermaßen nicht Bundessache ist, handelt es sich um eine Tätigkeit des Magistrats im übertragenen Wirkungsbereich des Landes (Art. 15 B-VG, VfGHSlg. 2242). Für das allfällige Fehlverhalten der Gemeindeorgane im Sinne des Art. 23 B-VG haftet dann tatsächlich das beklagte Land, nicht die Gemeinde (vgl. auch Ringhofer a. a. O., 365).

Auch die Schlüssigkeit der Klage hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes und der Rekurswerber war eine konkrete Behauptung der Klägerin, welche Maßnahmen sie bis zu dem ihr mitgeteilten Termin der Ersatzvornahme getroffen hätte, nicht erforderlich. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Verbringung der Fahrnisse, wie es die zweite Instanz annimmt, bloß ein oder zwei Tage benötigt hätte. Das Vorbringen der Klägerin, daß ihr durch die vorzeitige Erteilung des Auftrages an das Abbruchsunternehmen die Möglichkeit der Sicherung ihrer Fahrhabe genommen worden sei, reichte bei richtiger Beurteilung der Beweislast für den Nachweis des Kausalzusammenhanges aus. Die Schadenersatzpflicht des Schädigers wird nämlich nicht dadurch aufgehoben, daß der Schaden bloß möglicherweise auch - ohne die schadensbringende Handlung eingetreten wäre (JBl. 1956, 258). Macht daher der Schädiger geltend, daß der Schaden auch bei sachgerechtem Verhalten, hier also beim Vollzug zum bekanntgegebenen Termin, eingetreten wäre und deshalb nicht auf sein pflichtwidriges Verhalten zurückzuführen sei, so obliegt ihm hiefür der Beweis (Koziol, Haftpflichtrecht I, 123 f., 264, 273; 1 Ob 573/76). Die beklagte Partei hätte also zu beweisen gehabt, daß die Klägerin auch den Zeitraum bis zum 16. August 1975 für die Räumung ihrer Fahrnisse nicht genützt hätte. Einen solchen Beweis hat sie mit der bloßen Behauptung, daß das Vorbringen der Klägerin unschlüssig sei, nicht einmal angetreten. Unter der - sogleich zu prüfenden - Voraussetzung der Rechtswidrigkeit der Ersatzvornahme vor dem im Vollstreckungsbescheid angeführten Termin kommt es aus rechtlichen Gründen (siehe unten) auch nicht darauf an, ob Organe der beklagten Partei (gemeint: Beamte des Baurechtsamtes) vom Vorhandensein beweglicher Sachen der Klägerin im abzubrechenden Gebäude Kenntnis hatten und ob sie angeordnet oder in Kauf genommen haben, daß die Abbruchsfirma diese Sachen zerstört oder in den Abfallschutt gibt. Die Klage ist damit auch im Punkte der behaupteten Haftung des Rechtsträgers schlüssig.

In der Sache selbst hat das Berufungsgericht zutreffend der Frage keine Bedeutung beigemessen, warum der Magistrat der Landeshauptstadt im vorliegenden Fall die Ersatzvornahme ausdrücklich erst ab einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich ab dem 16. August 1975 angeordnet hat. Auch wenn nach der fruchtlosen Androhung der Ersatzvornahme die Vollstreckungsverfügung unbefristet erlassen und in diesem Fall sogleich in Vollzug hätte gesetzt werden können und wenn dabei auch die näheren Modalitäten der Ersatzvornahme einer Einflußnahme des Verpflichteten entrückt waren, hat sich doch die Behörde im vorliegenden Fall eine Beschränkung auferlegt, die nicht außer acht gelassen werden kann. Es geht nicht bloß darum, ob die Klägerin auf die Einhaltung der Ankündigung der Behörde vertrauen durfte. Sie hat vielmehr entgegen der Meinung der Rekurswerber daraus ungeachtet ihres längst eingetretenen Leistungsverzuges ein Recht erworben. Erst die Anordnung der Ersatzvornahme ist nämlich die rechtlich maßgebliche Vollzugsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG (Mannlicher, Verwaltungsverfahren, 516), ohne die eine Ersatzvornahme nicht denkbar ist (VwSlgNF 5577 A, 3730 A). Ihr kommt materiell rechtsgestaltende Wirkung zu, wenn sie rechtswidrigerweise (oder wie hier praeter legem) vom Inhalt des zu vollstreckenden Bescheides abweicht und damit den Parteien neue Rechte einräumt oder Pflichten auferlegt (VwSlgNF 757 A, 2068 A). Die Behörde war daher verpflichtet, den eigenen Bescheid auch selbst einzuhalten. Sie hätte der Klägerin das erworbene Recht nur unter den Voraussetzungen des § 68 AVG entziehen dürfen, der gemäß § 10 Abs. 1 VVG auch im Verwaltungsvollstreckungsverfahren gilt, hat es aber auf diesem Wege nicht entzogen. Damit geht das Argument der beklagten Partei ins Leere, sie habe keiner ausdrücklichen Gesetzesvorschrift zuwider gehandelt und ein vertretbares Verhalten gesetzt. Es geht nicht um die Frage der Vertretbarkeit der getroffenen Entscheidung, sondern um das rechtswidrige Abgehen von ihr. Die Organe der beklagten Partei haben insofern schuldhaft und rechtswidrig gehandelt, als sie entgegen dem eigenen Bescheid vorgingen und die erst auf einen späteren Zeitpunkt angekundigte Vollzugshandlung vorzeitig durchführten.

Der Frage der sogenannten Subsidiarität des Amtshaftungsanspruches nach § 2 Abs. 2 AHG kommt im vorliegenden Falle keine Bedeutung zu. Soweit es um die vorzeitige Vornahme des Abbruchs des Hauses der Klägerin geht, kommt die Notwendigkeit einer Vorausklage gegen den Abbruchsunternehmer schon deshalb nicht in Betracht, weil der von der Ankündigung im Vollstreckungsbescheid abweichende tatsächliche Abbruchstermin vom Baurechtsamt selbst festgelegt wurde. Die Rekurswerber sind aber auch mit der Meinung nicht im Recht, daß den Abbruchsunternehmer die Haftung treffe, wenn er entgegen dem auf die Demolierung des Gebäudes beschränkten auftrag der Vollstreckungsbehörde bei der Ersatzvornahme Fahrnisse der Klägerin "eigenmächtig" zerstört hätte. Die Rekurswerber übersehen bei dieser Argumentation, daß die Durchführung der Ersatzvornahme durch einen hiezu beauftragten Unternehmer in Ausübung der der Vollstreckungsbehörde zustehenden Zwangsgewalt erfolgt, so daß der Unternehmer als Erfüllungsgehilfe der Behörde tätig wird (Krzizek, System des österreichischen Baurechts III, 179). Auch wenn dieser Bestellung ein privatrechtlicher Werkvertrag zugrundeliegt (Krzizek 178; ebenso Walter - Mayer a. a. O., 302), wird der Abbruchsunternehmer ebenfalls als Organ im Sinne des § 1 AHG tätig.

§ 1 Abs. 2 AHG macht nämlich ausdrücklich keinen Unterschied, ob die vom Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze beigezogenen Organe gewählt, ernannt oder sonstwie bestellt sind und ob ihr Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder privatem Recht zu beurteilen ist. Maßgeblich ist also nicht, ob das Organ eine dienstrechtliche Stellung inne hatte, sondern ob ihm im Rahmen der Hoheitsverwaltung eine dieser zukommende Aufgabe zugeteilt wurde (SZ 36/115; ÖBl. 1976/151 u. a.). Dies ist bei der Vollziehung eines Abbruchsbescheides der Fall, weil sie ebenso von der Behörde selbst vorgenommen werden könnte (§ 9 VVG) und unter ihrer Aufsicht stattfindet (Mannlicher, Verwaltungsverfahren, 516), wie hier übrigens auch tatsächlich am 21. Juli 1975 in Anwesenheit des zweiten Nebenintervenienten. Die behauptete Zerstörung von Fahrnissen der Klägerin stand der Natur der Sache nach auch nicht außer jedem Zusammenhang mit dem Objekt der Organhandlung, so daß nicht etwa ein bloß anläßlich des Vollzuges zugefügter Schaden vorliegt, sondern der behauptete Schaden in den Rahmen der Tätigkeit des Bauunternehmers als eines behördlichen Hilfsorganes fällt. Bei dieser Rechtslage bedarf es keiner Erörterung der vom Berufungsgericht angeschnittenen Frage, wie weit der Rechtsmittelbegriff des § 2 Abs. 2 AHG auszulegen ist, weil auch gegen den ausführenden Bauunternehmer infolge seiner Qualifikation als Organ des Rechtsträgers eine unmittelbare Klage nicht zustunde (§ 1 Abs. 1 AHG).

An der Haftung der beklagten Partei ändert auch die Bestimmung des § 4 Abs. 1 VVG nichts, wonach die mangelnde Leistung auf Gefahr des Verpflichteten bewerkstelligt wird. Die Rekurswerber haben, indem sie sich hierauf nicht berufen, anscheinend richtig erkannt, daß damit im Sinne des üblichen Sprachgebrauches der Gesetze die Zufallshaftung angesprochen wird (vgl. § 905 Abs. 2, §§ 1048 und 1425 ABGB), während hier ein Verschulden von Organen der Beklagten durch mangelnde Bedachtnahme auf Sachwerte der Klägerin im Abbruchsobjekt behauptet wird. Soweit Krzizek (a. a. O., 183) ausführt, die Überwälzung der Gefahr auf den Verpflichteten bedeute, daß bei der Durchführung der Ersatzvornahme entstehende Schäden rechtlich so zu werten seien, als ob der Unternehmer vom Verpflichteten und nicht von der Behörde bestellt worden wäre, kann ihm wegen der oben dargestellten Grundsätze des Amtshaftungsverfahrens nicht gefolgt werden. Es wäre nicht einzusehen, warum der Rechtsträger etwa sogar bei grobem Verschulden oder Vorsatz seiner Organe für einen dem Verpflichteten hieraus entstandenen Schaden nicht haften sollte; diesen Standpunkt vertrat übrigens Krzizek selbst in JBl. 1949, 544. Die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme durch einen Abbruchsunternehmer statt durch eigene Vollstreckungsorgane kann dann aber nach dem oben Gesagten an der Haftung des Rechtsträgers nichts ändern.

Entgegen der Meinung der Rekurswerber kommt auch der Frage keine Bedeutung zu, ob die Klägerin nach Erlassung des seinerzeitigen Abbruchsbescheides der darin verfügten baupolizeilichen Sperre des Objektes und dem Verbot, es einer Benützung zuzuführen, Fahrnisse in ihr Haus gebracht hat, die nun beim Abbruch des Objektes Schaden erlitten haben sollen. Ein solches Verhalten wäre zwar rechtswidrig und schuldhaft gewesen, es fehlte aber am sogenannten Rechtswidrigkeitszusammenhang, der eine Voraussetzung für die Anrechenbarkeit des Verhaltens bildet (ZVR 1976/250 u. v. a.). Die Sperre der Benützung des abbruchsreifen Hauses diente, wie die Rekurswerber selbst ausführen, dem Schutz vor Beschädigungen von Personen und Sachen infolge seiner Baufälligkeit. Die Klägerin hätte daher Schäden, die bis zum Abbruch entstanden oder bei demselben infolge der Baufälligkeit des Gebäudes nicht zu vermeiden waren, wegen Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (EvBl. 1977/110) wohl zu verantworten. Hingegen liegen jene Schäden, die durch den vorzeitigen Abbruch des Gebäudes an den noch darin befindlichen Fahrnissen entstanden sein sollen, außerhalb des Schutzzwecks der Verbotsnorm, das baufällige Objekt nicht mehr zu benützen. Ungeachtet des möglichen Zuwiderhandelns der Klägerin gegen das Benützungsverbot hatte die beklagte Partei die Pflicht, das im Abbruchsobjekt befindliche Eigentum der Klägerin zumindest nicht vorzeitig zu zerstören.

In der Frage eines weiteren Mitverschuldens der Klägerin bekämpfen die Rekurswerber den Erhebungsauftrag des Berufungsgerichtes zwar mit Recht; ihr Rechtsmittel kommt aber in diesem Punkt dem Gegner zugute, zumal im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (ZVR 1973/14 u. v. a.). Ein Mitverschulden der Klägerin an den durch den vorzeitigen Abbruch des Hauses verursachten Schäden kann nämlich entgegen der Meinung der Vorinstanzen keinesfalls darin erblickt werden, daß sie es bei Erhalt des zweiten Bescheides über die Durchführung der Ersatzvornahme des Abbruches der Hofüberdachung "ab dem 16. Juli 1975" unterließ, wegen zu vermutender Gleichzeitigkeit der beiden Ersatzvornahmen bei der Vollstreckungsbehörde rückzufragen. Das vom Erstgericht aus den Bauakten festgestellte Vorliegen einer baulichen Einheit von Haus und Hofüberdachung (mehr wurde nicht festgestellt oder behauptet) mußte kein Grund für die Annahme sein, daß das Haus nur mit der Hofüberdachung abgebrochen werden würde, zumal nach dem eigenen Vorbringen der beklagten Partei diese Überdachung schon seinerzeit nachträglich hergestellt und ihr Abbruch längst vor jenem des Hauses aufgetragen worden und auch die Ersatzvornahme zuerst für die Überdachung des Hofes und erst später für das Haus angedroht worden waren. Selbst bei vermutbarer Gleichzeitigkeit der Ersatzvornahmen durfte aber die Klägerin eher mit einem Abbruch beider Objekte erst zu dem zweiten bekanntgegebenen Termin als mit einem Abbruch des Hauses vor dem hiefür mitgeteilten Termin rechnen.

Damit steht die Haftung der Beklagten dem Gründe nach fest. Auf die Frage eines Mitverschuldens wird entgegen der Meinung der zweiten Instanz nicht mehr einzugehen sein.

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