Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen je die mit 915,91 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger war ab November 2003 Inhaber der im bulgarischen Markenregister eingetragenen Fruchtsaftmarke „*****“. Im Jahr 2004 lizenzierte er diese an die ***** Group AD, im Jahr 2005 an die ***** Group AD und B***** AD und ab dem Jahr 2006 nur an die B***** AD. B***** AD war ab dem Jahr 2006 als einzige Gesellschaft operativ mit dem Vertrieb der Marke beschäftigt. Um der Beklagten eine Beteiligung am Vertrieb der Marke ***** zu ermöglichen, kam es Anfang des Jahres 2008 zu mehreren Transaktionen zwischen den Streitteilen.
Gesellschafter der in Zypern ansässigen G***** Ltd waren am 26. 2. 2008 die Zweitklägerin (zu 53,2 %) und die Beklagte (zu 46,8 %). An diesem Tag schlossen die Parteien des gegenständlichen Prozesses und die G***** Ltd einen als „Shareholders' Agreement“ bezeichneten „Joint‑Venture‑Vertrag“, der die künftige Gebarung der G***** Ltd sowie der B***** AD und damit die Eckpfeiler der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien regelte, welche darauf abzielte, der Beklagten eine Beteiligung am Vertrieb der vom Erstkläger auf die G***** Ltd zu übertragenden Fruchtsaftmarke „*****“ zu ermöglichen. Die entsprechende Vertragsurkunde, welche vom Erstkläger sowohl im eigenen Namen als auch als Vertreter der Zweitklägerin unterfertigt wurde, enthält unter Punkt 26.39 die folgende Schiedsklausel:
„Alle sich aus oder in Verbindung mit dem gegenwärtigen Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden nach den Regeln der Internationalen Handelskammer durch drei gemäß den genannten Regeln ernannte Schiedsrichter endgültig entschieden. Der Sitz des Schiedsgerichts ist Wien, Österreich. Das Schiedsverfahren ist in englischer Sprache durchzuführen.“
In weiterer Folge kam es zu Streitigkeiten, worauf die Beklagte vor der Internationalen Handelskammer ein Schiedsverfahren gegen die beiden Kläger und die G***** Ltd einleitete. Mit erstem Teilschiedsspruch vom 20. 7. 2010, Nr. 16552/GZ, bejahte das Schiedsgericht seine von den Klägern des gegenständlichen Prozesses (den ersten beiden Schiedsbeklagten) bestrittene Zuständigkeit. Mit zweitem Teilschiedsspruch vom 27. 9. 2010, Nr. 16553/GZ, fällte das Schiedsgericht zu Lasten der Schiedsbeklagten eine Entscheidung in der Hauptsache.
Die Kläger beantragen gemäß § 611 Abs 2 Z 1 erster Fall ZPO die Aufhebung der beiden Schiedssprüche, weil die zu Grunde liegende Schiedsvereinbarung wegen der ‑ nach dem KSchG zu beurteilenden ‑ Verbrauchereigenschaft der beiden Kläger gemäß § 617 Abs 1 ZPO ungültig sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung dieser Begehren. Abgesehen davon, dass das KSchG auf die beiden Kläger nach deren Personalstatut keine Anwendung finde, seien sie auch nach österreichischem Recht als Unternehmer einzustufen und hätten deshalb eine gültige Schiedsvereinbarung getroffen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Kläger hätten die Schiedsvereinbarung als Unternehmer getroffen, weshalb § 617 Abs 1 ZPO keine Anwendung finde und der Aufhebungsgrund des § 611 Abs 2 Z 1 erster Fall ZPO nicht zum Tragen komme.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
In teilweiser Stattgebung einer Beweisrüge ersetzte es die (Negativ‑)Feststellung des Erstgerichts, wonach nicht festgestellt werden könne, in wessen Besitz sich 54,43 % der die L***** AD verkörpernden Inhaberaktien befinden, durch die Feststellung, dass diese Inhaberaktien von der L***** Corporation gehalten werden.
In rechtlicher Sicht führte es aus, der in § 617 Abs 1 ZPO verwendete Begriff des Verbrauchers sei rein innerstaatlich zu interpretieren, und zwar im Sinne des § 1 KSchG. Beide Kläger seien als Unternehmer anzusehen. Die im Joint‑Venture‑Vertrag enthaltene Schiedsklausel sei daher gemäß § 617 Abs 1 ZPO gültig zustandegekommen. Das Erstgericht habe daher die auf § 611 Abs 1 erster Fall ZPO gestützten Aufhebungsbegehren zutreffend abgewiesen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob die in § 617 Abs 1 ZPO genannte Verbrauchereigenschaft einer Schiedsvertragspartei stets nach österreichischem Recht (und damit nach § 1 KSchG) oder nach ihrem Personalstatut (§ 12 IPRG iVm §§ 9, 10 IPRG) zu prüfen sei.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1. Auf den vorliegenden Fall ist noch die Rechtslage vor dem SchiedsRÄG 2013 anzuwenden (vgl Art 3 SchiedsRÄG 2013). Daher ist auf die gegen die neue Rechtslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl dazu Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schiedsverfahren in der Zivilprozessordnung und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden, vom 12. 3. 2012, 1 Präs. 1628‑491/12k; vgl auch G. Kodek, Schiedsverfahrensreform: Bitte so nicht, Zak 2012, 46) im vorliegenden Fall nicht einzugehen.
2. Nach herrschender Auffassung sind auch Streitigkeiten in Zusammenhang mit einem Gesellschaftsvertrag grundsätzlich schiedsfähig (vgl nur RIS‑Justiz RS0045318; 6 Ob 145/06a; 6 Ob 42/12p ua).
3.1. Nach § 617 ZPO können jedoch Schiedsvereinbarungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher wirksam nur für bereits entstandene Streitigkeiten abgeschlossen werden. § 617 Abs 1 ZPO stellt keine Beschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit dar, sondern ist als sonstige Wirksamkeitsvoraussetzung der Schiedsvereinbarung einzustufen (3 Ob 144/09m; Öhlberger, ÖJZ 2010, 189; Stippl in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I Rz 4/105).
3.2. Die zwischen den Streitteilen abgeschlossene Schiedsvereinbarung bezieht sich nicht bloß auf bereits entstandene Streitigkeiten, sondern auch auf alle künftigen Konflikte.
3.3. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, diese Bestimmung sei auf Streitigkeiten aus einem Gesellschaftsvertrag nicht anzuwenden. Das Schutz‑ und Regelungsinteresse, das der österreichische Gesetzgeber mit § 617 ZPO verfolge, erstrecke sich in solchen Fällen nicht auch auf die ausländische Schiedspartei. Vielmehr wäre § 617 ZPO nur dann anzuwenden, wenn die ausländische Schiedspartei auch nach ihrer Heimatrechtsordnung als Konsumentin schutzwürdig sei.
4.1. Die Anwendbarkeit des § 617 ZPO auf gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten wurde vom Obersten Gerichtshof bisher nicht entschieden. Die Entscheidung des erkennenden Senats 6 Ob 42/12p betraf eine vor dem 1. 7. 2006 abgeschlossene Schiedsvereinbarung, sodass die durch das SchiedsRÄG 2006 eingeführte Bestimmung des § 617 ZPO überhaupt nicht anwendbar war. Aus diesem Grund bestand damals auch keine Veranlassung, zu dieser im Schrifttum überaus kontrovers behandelten Frage ‑ wie verschiedentlich im Schrifttum gefordert (so spricht Nueber, Der Gesellschafter als Verbraucher im Schiedsverfahren ‑ Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher und stiftungsrechtlicher Streitigkeiten?, Aufsichtsrataktuell 2012 H 5, 20 [23] von einer „verpassten Gelegenheit“) ‑ in einem reinen obiter dictum Stellung zu nehmen.
4.2. Im Schrifttum werden zur Anwendung des § 617 ZPO auf gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten verschiedene Auffassungen vertreten. Nach Ansicht mancher Autoren ist § 617 ZPO auch auf gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten anzuwenden (so insb Reiner, Schiedsverfahren und Gesellschaftsrecht, GesRZ 2007, 151 ff).
4.3. Nach Hausmaninger (in Fasching/Konecny² § 617 ZPO Rz 23) liegt „unter Umständen“ Unternehmerhandeln vor, wenn ein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wird oder sonstiges Handeln als Gesellschafter gegeben ist, weil dieses nicht der privaten Sphäre eines Verbrauchers zugeordnet werden könne.
4.4. Vor Erlassung des SchiedsRÄG 2012 wurde vor allem von Vertretern der Anwaltschaft wiederholt gefordert, gesellschaftsrechtliche Bereiche vom Anwendungsbereich des Verbraucherschutzes auszunehmen (vgl zB Becker, Akute Gefahr für Österreichs Schiedsgerichtsbarkeit, Der Standard 25. 5. 2011; ähnlich Dorda, Gesellschafter als Verbraucher: Schiedsort Wien geschwächt, Der Standard 2. 3. 2011; Nueber, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern im GmbH-Recht, Zak 2010, 48; ebenso Schifferl/Kraus, § 617 ZPO und Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen, GesRZ 2011, 341; Stippl in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I Rz 4/133).
4.5. Andere Autoren vertreten demgegenüber mit unterschiedlicher Begründung, dass § 617 ZPO auf gesellschaftsvertragliche Streitigkeiten überhaupt nicht anzuwenden sei (Terlitza/Weber, Zur Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten nach dem SchiedsRÄG 2006, ÖJZ 2008, 1 [7]; Öhlberger, Sind Schiedsklauseln in GmbH‑Gesellschaftsverträgen noch möglich? ecolex 2008, 51; Stippl aaO Rz 4/32; Weber/E. Oberhammer in Klausegger ua, Austrian Yearbook on International Arbitration 2010, 28; Nueber, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern im GmbH‑Recht, Zak 2010/70; Schifferl/Kraus aaO; Stippl/Steinhofer, Kein Verbraucherschutz für Gesellschafter im Schiedsrecht, ecolex 2011, 816; Riegler, Wirtschafts‑ versus Verbraucherstreitigkeiten vor Schiedsgerichten, ecolex 2011, 882; Nueber, Der Gesellschafter als Verbraucher im Schiedsverfahren, Aufsichtsrataktuell 2012, H 5, 20 [22]; F. Schumacher, Der Gesellschafter als Unternehmer ‑ Überlegungen zur Gesellschafterstellung und Unternehmereigenschaft, wbl 2012, 71 [77 ff]; Trenker/Demetz, Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, wbl 2013, 1).
4.6. Teilweise wird argumentiert, § 617 ZPO passe nicht auf statutarische Schiedsgerichte (Öhlberger aaO). Die Bestimmung diene dem Übereilungsschutz; dieser sei aber bei Gesellschaftsverträgen durch die Notariatsaktspflicht gewährleistet. Nach anderer Auffassung kann die Rechtsbeziehung zwischen einem Gesellschafter und seinen Mitgesellschaftern ‑ also das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis ‑ ganz allgemein nicht als ein Unternehmer‑Verbraucher‑Verhältnis eingeordnet werden; es fehle die typische Ungleichgewichtslage (Terlitza/Weber aaO). Mit ähnlichen Argumenten wird auch die Auffassung begründet, § 617 ZPO sei teleologisch zu reduzieren (so etwa Schifferl/Kraus aaO; Trenker/Demetz aaO). Nach Nueber verfüge das GmbH‑Recht über eigene Schutzmechanismen, die Gesellschafter vor Überstimmung und Übervorteilung zu schützen (Nueber, Zak 2010, 48 [52]). Nach F. Schuhmacher (aaO) sei § 617 ZPO nicht auf die Gesellschafterstellung im Innenverhältnis zugeschnitten.
4.7. Nach Stippl wären die Konsequenzen einer Anwendung des § 617 ZPO gerade im Transaktionsrecht „besonders schwerwiegend“, insbesondere bei grenzüberschreitenden zentral‑ und osteuropäischen Unternehmens‑ und Anteilskaufverträgen, in denen derzeit sehr häufig Österreich als Schiedsort vorgesehen werde (Stippl aaO Rz 4/131). Dem Gesetzgeber des SchiedsRÄG 2006 dürfe nicht unterstellt werden, er wolle die schiedsrichterliche Streitbeilegung im gesellschafts‑ rechtlichen Bereich verunmöglichen (Stippl aaO Rz 4/122). Gerade bei Beteiligung ausländischer Parteien an Gesellschafts‑ und Transaktionsverträgen, die eine Schiedsklausel mit Schiedsort Österreich enthielten, sei es unvertretbar, der ausländischen Partei ‑ welche sich selbst niemals als Verbraucher angesehen hätte ‑ den nicht erwarteten und nicht erforderlichen Schutz des österreichischen Konsumentenschutzrechts aufzuzwingen (Stippl aaO Rz 4/132). Nach Koller sei § 617 ZPO lediglich auf jene Gesellschafter, welche sich als bloße Finanzinvestoren und ohne jeden Einfluss auf die gesellschaftsrechtliche Willensbildung an einer Gesellschaft beteiligen (zB eine Kapitalanlage bei einer Publikumsgesellschaft), anwendbar. Solche bloßen Anleger seien ihren Mitgesellschaftern sowie dem Anteilsveräußerer gegenüber ähnlich schutzwürdig wie ein Verbraucher im Verhältnis zum Unternehmer (Koller, Aktuelle Probleme des Schiedsverfahrens [2009] 13).
4.8. Schließlich werden teilweise auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 617 ZPO erhoben, wobei diese aber nicht näher konkretisiert wurden (Nueber, Aufsichtsrataktuell 2012 H 5, 20 [23 und FN 35] mit Hinweis auf einen ‑ allerdings offenbar nicht erschienenen ‑ Folgeaufsatz in der ÖJZ).
5.1. Dem kann nicht gefolgt werden.
Zunächst ist klarzustellen, dass sich § 617 ZPO nach Wortlaut und systematischer Stellung unzweifelhaft auf alle Schiedsverfahren mit Sitz des Schiedsgerichts in Österreich bezieht. Nur für solche Schiedsverfahren gelten die Bestimmungen des Vierten Abschnitts der ZPO (§§ 577 ff ZPO); lediglich der Achte Titel des Vierten Abschnitts (§ 614 ZPO) bezieht sich auf ausländische Schiedssprüche. Im übrigen Bereich des Vierten Abschnitts der ZPO besteht jedoch für eine Differenzierung zwischen „internationalen“ Schiedsverfahren und rein nationalen Schiedsverfahren keine Grundlage; die Bestimmungen sind vielmehr auf alle Schiedsverfahren anzuwenden, wenn der Schiedsort in Österreich liegt (missverständlich Nueber, Aufsichtsrataktuell 2012, H 5, 20 [24]). Dem Gesetzgeber kann auch nicht unterstellt werden, dass er bei Erlassung des SchiedsRÄG 2006, mit dem die Bestimmung des § 617 ZPO eingeführt wurde, nicht an internationale Schiedsverfahren gedacht hat, war doch gerade die Förderung der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit ein erklärtes Anliegen der Reform (ErläutRV 1158 BlgNR 22. GP 2).
5.2. Lediglich dann, wenn der Schiedsort nicht in Österreich liegt, ist § 617 ZPO ‑ ebenso wie die übrigen Bestimmungen des Vierten Abschnitts ‑ nicht anzuwenden; die Benachteiligung einer schwächeren Partei kann diesfalls in Österreich nur im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen Schiedsspruchs wahrgenommen werden (vgl 3 Ob 144/09m EvBl 2010/21 [Öhlberger] = JBl 2010, 255).
5.3. Die Bedeutung des Schutzes des Verbrauchers auch im internationalen Kontext wird durch das SchiedsRÄG 2013 bestätigt. Nach den Gesetzesmaterialien (2322 BlgNR 24. GP 3 f) soll die Konzentration der Aufgaben der Gerichte in Schiedssachen beim Obersten Gerichtshof insbesondere eine Anpassung für Verfahren in Angelegenheiten der (internationalen) Handelsschiedsgerichtsbarkeit bewirken; sie ist jedoch nicht auf diese oder auf beiderseitige Unternehmergeschäfte beschränkt, sondern soll darüber hinaus jedenfalls in allen anderen (allgemeinen) Verfahren anzuwenden sein. Ausdrücklich weisen die Materialien jedoch darauf hin, dass die Verkürzung des Instanzenzugs dort ausgeschlossen sein soll, wo sich die Frage einer Über‑ und Unterordnung (Unternehmer ‑ Konsument) stellt. Verfahren, in denen ein Konsument Partei ist, sollen diesem neuen Regime daher nicht unterstellt und damit auch in diesen Fällen keine Verkürzung des Instanzenzugs vorgesehen werden.
5.4. Daraus ergibt sich aber zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber bei Erlassung des SchiedsRÄG 2013 auch und gerade an internationale Schiedsverfahren gedacht hat. Auch muss davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die vor der Reform geführte literarische Diskussion bekannt war. Der Gesetzgeber hat die Forderung einer Abschaffung des § 617 ZPO oder zumindest einer Ausnahme in dieser Bestimmung für internationale Schiedsverfahren bewusst nicht aufgegriffen. Auch die Gesetzesmaterialien bieten nicht den geringsten Hinweis für die Auffassung, § 617 ZPO sei nicht auf gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten anzuwenden. Insoweit bekräftigt das SchiedsRÄG 2013 das Anliegen des Gesetzgebers, am umfassenden verfahrensrechtlichen Verbraucherschutz im Schiedsverfahren festzuhalten.
5.5. Im Übrigen sind die für eine teleologische Reduktion des § 617 ZPO ins Treffen geführten Argumente nicht überzeugend. Eine teleologische Reduktion würde nach allgemeinen Grundsätzen erfordern, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den „eigentlich gemeinten“ Fallgruppen soweit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre (F. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 7 Rz 7; EvBl 1988/21). Davon kann im vorliegenden Zusammenhang jedoch keine Rede sein. Der Umstand, dass gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten von Verbrauchern gegebenenfalls vor ordentlichen Gerichten ausgetragen werden müssen, stellt jedenfalls keinen gravierenden, im Wege der Auslegung zu beseitigenden Nachteil dar, wird doch dem Verbraucher damit der vom Gesetzgeber als Regelform der streitigen Auseinandersetzung vorgesehene Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte offengehalten. Sofern ein Verbraucher von den Vorteilen eines Schiedsverfahrens überzeugt ist, hindert ihn auch nichts daran, eine Schiedsvereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit abzuschließen. Selbst wenn die Ungleichgewichtslage zwischen Unternehmer und Verbraucher im Bereich des Gesellschaftsrechts weniger stark ausgeprägt sein sollte als sonst (was im Übrigen höchst zweifelhaft ist), hätte dieser Umstand noch kein ausreichendes Gewicht, die teleologische Reduktion des § 617 ZPO in diesem Bereich zu rechtfertigen. Die Förderung des Schiedsstandorts Österreich vermag keinen Vorrang vor anderen Rechtsprinzipien, insbesondere dem in § 617 ZPO verankerten besonderen verfahrensrechtlichen Schutz der Verbraucher, zu rechtfertigen.
5.6. Soweit ‑ offenbar im Anschluss an die Auffassung von Kalss (Anlegerinteressen. Der Anleger im Handlungsdreieck Vertrag, Verband und Markt [2001]), das KSchG sei auf das Verhältnis zwischen Emittent und Aktionären nicht anzuwenden, weil das Aktienrecht ohnedies durch einen hohen Grad zwingender Regeln gekennzeichnet sei - argumentiert wird, das GmbH-Recht verfüge über ausreichende Schutzmechanismen, die Gesellschafter vor Überstimmung und Übervorteilung zu schützen (Nueber, Zak 2010, 48 [52]), ist dem entgegenzuhalten, dass das Gesellschaftsrecht keine § 617 ZPO vergleichbaren prozessrechtlichen Schutzmechanismen enthält, sondern ganz im Gegenteil für bestimmte gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten in § 83b JN einen Zwangsgerichtsstand normiert (vgl schon Reiner, GesRZ 2007, 151 ff).
6.1. Damit ist zu prüfen, ob die beiden Kläger als Verbraucher zu qualifizieren sind.
Nach herrschender Auffassung ist der Verbraucherbegriff des § 617 ZPO mit jenem des KSchG ident (Oberhammer, Entwurf eines neuen Schiedsverfahrensrechts [2002] 49; Power, Arbitration Act § 617 Rz 2; Rechberger/Mellis in Rechberger, ZPO³ § 617 Rz 1; Zeiler, Schiedsverfahren § 617 Rz 8; Hausmaninger in Fasching/Konecny² § 617 ZPO Rz 22; Petsche in Arbitration Law of Austria § 617 ZPO Rz 4; Schwarz/Konrad, Vienna Rules Rz 1‑044; Stippl in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I Rz 4/31 mwN).
6.2. Nach § 1 Abs 1 KSchG ist Unternehmer derjenige, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, der andere ‑ nicht unternehmerisch Handelnde ‑ ist Verbraucher (Krejci in Rummel, ABGB³ II/4 § 1 KSchG Rz 4 und 9; Apathy in Schwimann³ V § 1 KSchG Rz 8; Mayrhofer/Nemeth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1 KSchG Rz 2; Langer in Kosesnik‑Wehrle, KSchG³ § 1 Rz 1; Schwarz/Konrad, Vienna Rules Rz 1‑044).
6.3. Anders als nach Unionsrecht (zur Richtlinie 93/12/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vgl 6 Ob 240/11d) ist der Verbraucherbegriff in Österreich nicht auf natürliche Personen beschränkt.
7.1. Nach welcher Rechtsordnung die Verbrauchereigenschaft einer im Ausland wohnhaften oder ansässigen ausländischen Schiedsvertragspartei zu beurteilen ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Dazu sind auch den Materialien keine näheren Erläuterungen zu entnehmen (1158 BlgNR 22. GP 30). Im Zuge des Gesetzwerdungs‑ prozesses wurde die Anknüpfung an das österreichische Recht offenbar als selbstverständlich erachtet und erwogen, die Schutzbestimmungen zu Gunsten der Verbraucher statt in die ZPO in das KSchG zu integrieren (vgl Oberhammer, Entwurf eines neuen Schiedsverfahrensrechts 42 und 49).
7.2. Im Schrifttum wurde die kollisionsrechtliche Problematik bisher lediglich von Stippl (aaO Rz 4/21 ff) näher behandelt. § 617 ZPO führe im internationalen Kontext zu nicht leicht auflösbaren (Wertungs‑)Widersprüchen. Allerdings sei zu hinterfragen, inwieweit der österreichische Gesetzgeber § 617 ZPO im internationalen Kontext überhaupt als anwendbar vorsehen wolle (Stippl aaO Rz 4/30).
7.3. Nach Schwimann richtet sich die Unternehmereigenschaft nach dem Recht am Ort der gewerblichen Niederlassung (Schwimann in Rummel, ABGB² § 12 IPRG Rz 2; Schwimann, Internationales Privatrecht³ 56). Nach diesem Autor ist die Unternehmereigenschaft gemäß § 12 IPRG nach dem Personalstatut zu beurteilen und hängt damit gemäß §§ 9, 10 IPRG von der Staatsangehörigkeit bzw dem tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung ab. Damit wird die Unternehmereigenschaft als Teil der Handlungsfähigkeit betrachtet.
7.4. Gegen diese Auffassung spricht allerdings zunächst aus systematischer Sicht, dass die Unternehmer- oder Verbrauchereigenschaft nicht als Teil der Handlungsfähigkeit anzusehen ist (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 12 IPRG Rz 5). Außerdem könnte es bei Abstellen auf das Personalstatut zur Anwendung unterschiedlicher, nicht aufeinander abgestimmter Unternehmer‑ und Verbraucherbegriffe kommen (Stippl aaO Rz 4/26).
7.5. Die Entscheidung 6 Ob 12/03p betraf einen Fall, in dem eine österreichische Bank eine deutsche GmbH und deren in Deutschland ansässigen Geschäftsführer als Bürgen in Anspruch nahm. Aus dieser Entscheidung ist ‑ entgegen Stippl (aaO Rz 4/28 FN 56) ‑ nicht abzuleiten, dass die Verbrauchereigenschaft „stets“ nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen sei. Es ging vielmehr um die Zulässigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung nach § 104 JN und das Vorliegen eines Verbrauchergeschäfts iSd Art 13 EuGVÜ (Art 15 EuGVVO). Letzterer Begriff ist aber nicht nach österreichischem Recht oder einer anderen nationalen Rechtsordnung, sondern vertragsautonom auszulegen (EuGHSlg 1993, I-139). Aus diesem Grund war in dieser Entscheidung auch nicht zur Frage Stellung zu nehmen, nach welcher (nationalen) Rechtsordnung sich die Verbrauchereigenschaft richtet. Vielmehr stützte sich der erkennende Senat auf die Entscheidung des EuGH vom 3. 7. 1997, C‑269/95, Benincasa-Dentalkit, Slg 1997, I-03767, wonach sich Art 13 EuGVÜ „nur auf den nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnden privaten Endverbraucher“ beziehe. Damit fielen nur die Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt, unter die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers als des Beteiligten. Nach diesen Grundsätzen seien die beklagten Bürgen keine Verbraucher iSd Art 13 EuGVÜ. Die Interzession sei nicht zur Deckung eines Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch erfolgt; vielmehr sei die Natur und Zielsetzung des Vertrags eine unternehmerische. Für die hier zu beurteilende Frage der kollisionsrechtlichen Anknüpfung für die Beurteilung der Verbrauchereigenschaft ist aus dieser Entscheidung daher nichts abzuleiten.
7.6. Im Vorigen wurde bereits darauf hingewiesen, dass § 617 Abs 1 ZPO ein Wirksamkeitserfordernis der Schiedsvereinbarung darstellt. Dies spricht aber dafür, bei einem in Österreich gelegenen Schiedsort regelmäßig österreichisches Recht und damit das KSchG anzuwenden (Stippl aaO Rz 4/27). Dies steht auch mit der Regelung des Art V Abs 1 lit a des New Yorker Übereinkommens in Einklang; demnach ist mangels Rechtswahl das Recht des Staats anzuwenden, in dem der Schiedsspruch ergangen ist bzw ergehen soll.
7.7. Zusammenfassend ist daher die Verbrauchereigenschaft nach § 617 ZPO nach österreichischem Recht zu beurteilen. Für eine in der Literatur gelegentlich vorgeschlagene Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit (so Stippl aaO Rz 4/132) in dem Sinne, dass der Schutz des § 617 ZPO nur österreichischen Staatsbürgern zugute komme, besteht kein Raum. Dies schließt allerdings nicht aus, ausländische Rechtsträger im Hinblick auf ihre Ausgestaltung und die Ähnlichkeit zu vom österreichischen Gesetzgeber als Unternehmer eingestuften juristischen Personen in Analogie zu § 2 UGB auch für Zwecke des § 617 ZPO als Unternehmer zu qualifizieren.
8.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Verbraucher‑ bzw Unternehmereigenschaft eines Gesellschafters in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen (7 Ob 315/01a; 3 Ob 141/03m; 9 Ob 27/05v; 6 Ob 12/03p; 9 Ob 27/05v; 8 Ob 91/09d; 6 Ob 105/10z; 1 Ob 99/10f; 2 Ob 169/11h). Darin liegt der Sache nach ‑ worauf im Schrifttum F. Schumacher (wbl 2012, 71 ff) und unlängst der 4. Senat (4 Ob 232/12i mit ausführlicher Begründung) hingewiesen haben ‑ eine teleologische Reduktion. Maßgeblich ist demnach, ob der betroffene Vertragspartner angesichts der Interessenidentität zwischen Gesellschafter und Gesellschaft in Wahrheit selbst unternehmerisch tätig wird.
8.2. Die teleologische Reduktion hat nicht beim Anwendungsbereich des § 1 KSchG zu erfolgen, sondern bei der jeweils konkret fraglichen Norm (so schon RIS‑Justiz RS0065288; ebenso P. Bydlinski, ÖBA 2012, 616; Harrer, wbl 2010, 609; U. Torggler in Straube, UGB4 § 105 Rz 41; Schumacher wbl 2012, 73; 4 Ob 232/12i). Diese Auffassung entspricht herrschender Lehre und Rechtsprechung; ihre Bezeichnung als „novum“ (Terlitza, ÖBA 2013, 671 f [Entscheidungsbesprechung von 4 Ob 232/12i]) trifft daher nicht zu.
8.3. Nach herrschender Auffassung ist für die Unanwendbarkeit konsumentenschutzrechtlicher Vorschriften in erster Linie maßgeblich, inwieweit der Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft nehmen kann. Der bloße Umstand, ob der Gesellschafter darüber hinaus auch Geschäftsführer ist, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend.
8.4. Demgemäß stellte der erkennende Senat in der bereits zitierten Entscheidung 6 Ob 105/10z darauf ab, ob der Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und Handlungen der Gesellschaft ausüben konnte. Dieser Fall betraf eine Konstellation, in der beide Gesellschafter jeweils 50 % hielten. Auch die Entscheidung 2 Ob 169/11h, der die Kreditvergabe an eine GmbH zu Grunde lag, der der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter mit einer (durchgerechneten) Beteiligung von 32,5 % als Bürge beigetreten war, stellte auf den beherrschenden Einfluss des Gesellschafters auf die Geschäftsführung ab. Dieser werde typischerweise durch eine Mehrheit der Geschäftsanteile vermittelt. Darüber hinaus sei eine Vermittlung von „beherrschendem“ bzw „entscheidendem“ Einfluss auf die Geschäftsführung auch bei einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausreichend.
8.5. Neuerdings hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 232/12i im Fall eines atypischen Kommanditisten, der zusammen mit seinem Bruder die Geschäfte der KG führte, diese Auffassung auch auf den geschäftsführenden Gesellschafter einer Personengesellschaft übertragen.
8.6. Hingegen wurde die Unternehmereigenschaft bei einem Mitgesellschafter verneint, dessen Gesellschaftsbeteiligung eine bloße Finanzinvestition darstelle und der daher keinen relevanten Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausübe (4 Ob 108/06w).
8.7. Eine zu dieser Gesellschaftsbeteiligung hinzutretende formelle Organstellung bzw die organschaftliche Handlungsbefugnis ist für den Einfluss auf die Geschäftsführung nicht erforderlich (vgl die Nachweise bei Schindler, Der GmbH‑Gesellschafter als Verbraucher, Zak 2010, 424).
8.8. Die meisten der zitierten Entscheidungen (vgl auch den Überblick bei Schindler, Der GmbH-Gesellschafter als Verbraucher, Zak 2010, 423) betreffen das Mäßigungsrecht nach § 25d KSchG. Die Entscheidung des erkennenden Senats 6 Ob 105/10z betraf demgegenüber eine Frage des Prozessrechts, nämlich die Wirksamkeit eines zwischen einer GmbH und einer dritten (gesellschaftsfremden) Geschäftspartnerin abgeschlossenen Franchisevertrag und der darin enthaltene Zuständigkeitsvereinbarung, der die Gesellschafter persönlich beigetreten waren.
9.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hielt der Erstkläger vor Einleitung der Transaktion 82,51 % der Anteile an B***** AD. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags standen nach den Feststellungen des Erstgerichts 100 % der Anteile an B***** AD mittelbar im Eigentum des Erstklägers, und zwar über Vermittlung der Zweitklägerin, welche 100 % an G***** hält, die wiederum sämtliche Anteile an B***** AD hält.
9.2. Dass dieses Beteiligungsverhältnis dem Erstkläger jedenfalls entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der operativen Gesellschaft B***** AD vermittelt, liegt auf der Hand. Aufgrund seiner Stellung als Mehrheitsgesellschafter lag die Willensbildung der B***** AD und insbesondere die Bestellung und Abberufung des Verwaltungsrats der B***** AD gänzlich in der Hand des Erstklägers (vgl Art 221 Z 4 des bulgarischen Handelsgesetzbuches). Als Vorsitzender des Verwaltungsrats war der Erstkläger auch gemäß Art 235 Abs 1, 244 Abs 1 Bulgarisches HGB gesamtvertretungsbefugt. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass der Erstkläger die operative Gesellschaft B***** AD „völlig beherrscht“, ist daher zuzustimmen.
9.3. Wenngleich nach dem Gesagten eine formelle Geschäftsführerstellung für den beherrschenden Einfluss und damit die Qualifikation eines Gesellschafters als Unternehmer nicht erforderlich ist, ist im vorliegenden Fall beim Erstkläger auch dieses Kriterium erfüllt: Bei einer monistisch organisierten bulgarischen AD ist nämlich der Verwaltungsrat ein formelles Geschäftsführungsorgan (vgl Art 235, 244 Bulgarisches HGB; Grigorov, Corporations and Partnerships in Bulgaria Rz 246; vgl auch Tadjer/Gerdjikov/Stefanov/Kassabova/Buzeva, Kapital‑ gesellschaften [2011] 200 ff). Diesfalls ist der Verwaltungsrat das einzige geschäftsführende Organ und teilt die Geschäftsführung nicht mit den geschäftsführenden Direktoren, die vom Direktorengremium jederzeit abgelöst werden können (Tadjer ua aaO). Auch wenn Exekutiv- Direktoren bestellt sind, kann die Gesellschaft auch durch den Verwaltungsrat als Kollektiv vertreten werden (Art 235 Abs 1 Bulgarisches HGB; vgl Tadjer/Gerdjikov/Stefanov/ Kassabova/ Buzeva aaO 200 ff).
9.4. Damit war der Erstkläger aber auch formal‑rechtlich zur Vertretung der Gesellschaft und zur Geschäftsführung ermächtigt. Darüber hinaus bekleidete er die Stellung des Vorsitzenden des Verwaltungsrats unter den Direktoren und hatte damit ‑ auch im Verhältnis zu den Exekutivdirektoren ‑ eine dominierende Stellung inne, weil die Exekutivdirektoren dem vorsitzenden Direktor unverzüglich über die für die Gesellschaft wichtigen Umstände zu berichten hatten (Art 244 Abs 5 Bulgarisches HGB). Schließlich war der Erstkläger auch Geschäftsführer („Exekutivdirektor“) der beiden anderen direkten Gesellschafter der B***** AD, also der L***** AD und ***** Group AD. Der Erstkläger war zudem Gründer und Alleineigentümer der Zweitklägerin. Der Gründer ist aber das „oberste Organ“ einer liechtensteinischen Anstalt und insoweit mit der Stellung eines GmbH‑Alleingesellschafter‑Geschäftsführers vergleichbar (Bösch, Liechtensteinisches Stiftungsrecht 681).
9.5. Bei dieser Sachlage ist aber die Einschätzung der Vorinstanzen, der Erstkläger habe über die absolute Verfügungsgewalt über alle beteiligten Gesellschaften verfügt und sei bei Ausübung seiner Verfügungsgewalt jedenfalls als Unternehmer anzusehen, nicht zu beanstanden.
9.6. Die unternehmerische Tätigkeit iSd § 1 KSchG kann sich auch über mehrere formaljuristische Unternehmensträger erstrecken. Gerade die vorliegende Konstellation einer mehrstöckigen und ins Ausland verzweigten gesellschaftsrechtlichen Struktur stellt einen Fall einer komplexen Organisation der unternehmerischen Tätigkeit des Erstklägers dar. Zusammenfassend betrifft der vorliegende Fall die liechtensteinische Zweckgesellschaft eines bulgarischen Unternehmers, welcher einen Minderheitsanteil des von ihr gehaltenen Fruchtsaftgeschäfts an einen britischen Investor veräußert und mit diesem neuen Teilhaber die konkrete Rechte‑ und Pflichtenverteilung im Rahmen eines Joint‑Ventures regelt.
9.7. Diese Konstellation unterscheidet sich aber grundlegend von dem vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 32/09h beurteilten Fall, in dem ein Pensionist privat Aktienkäufe tätigte.
10.1. Aber auch die Zweitklägerin ist ‑ wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten ‑ nicht als Verbraucherin einzustufen.
10.2. Im Schrifttum wird teilweise zur österreichischen Privatstiftung die Auffassung vertreten, § 617 ZPO sei auf diese nicht anzuwenden (Nueber, Die Privatstiftung als Partei in Verfahren vor „österreichischen“ Schiedsgerichten, GesRZ 2012, 339 [343]). Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 240/11d ausgesprochen, dass einer Privatstiftung keine Verbrauchereigenschaft zukommt. Diese Entscheidung erging jedoch zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und stellte maßgeblich darauf ab, dass von dieser Richtlinie nur natürliche Personen erfasst sind. Diese Auffassung lässt sich jedoch nicht auf die rein innerstaatliche Regelung des § 617 ZPO übertragen.
10.3. Für eine analoge Anwendung des Formunternehmerbegriffs des § 2 UGB auf eine ausländische Rechtsform reicht es jedoch aus, wenn eine ausländische Rechtsform ihrem Wesen nach (zumindest annähernd) einer der ausgewählten österreichischen Rechtsformen entspricht (2 Ob 64/08d; Straube/Ratka in Straube, UGB I4 § 2 Rz 14 f). Dies trifft auf die liechtensteinische Anstalt zu. Der liechtensteinische Gesetzgeber qualifiziert die Rechtsform der Anstalt in Art 534 Abs 1 PRG ausdrücklich als „ein Unternehmen“.
10.4. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass jede ausländische (echte) Holding‑Gesellschaft (die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf Google Inc. oder Microsoft Inc.) als Konsumentin anzusehen wäre. Dass ein derartiges Auslegungsergebnis mit der Zielrichtung des KSchG nicht vereinbar wäre, kann keinem Zweifel unterliegen.
10.5. Dabei bedarf im vorliegenden Fall die Frage keiner abschließenden Klärung, ob die Auffassung, wonach reine Holding‑Gesellschaften nicht als Unternehmen iSd § 1 Abs 2 UGB (und damit auch § 1 Abs 2 KSchG) einzustufen sind (vgl Straube in Straube, UGB4 § 1 Rz 49 mwN), auch uneingeschränkt auf § 617 ZPO zu übertragen ist. Im vorliegenden Fall hat die Zweitklägerin jedenfalls durch den Abschluss des Joint‑Venture‑Vertrags nicht bloß eine projektbezogene Arbeitsgemeinschaft begründet (dazu Straube aaO § 1 Rz 54 mwN), sondern eine unternehmerische Tätigkeit iSd § 1 Abs 2 KSchG in Angriff genommen, wobei ihr als juristischer Person die Bestimmung des § 1 Abs 3 KSchG nicht zu Gute kam (Krejci in Rummel, ABGB³ II/4 § 1 KSchG Rz 48 f).
11. Angesichts der bei beiden Klägern zu bejahenden Unternehmereigenschaft ist daher die Schiedsklausel im vorliegenden Fall gültig zustandegekommen. Damit erweist sich aber die Abweisung des auf § 611 Abs 1 erster Fall ZPO gestützten Aufhebungsbegehrens durch die Vorinstanzen als frei von Rechtsirrtum, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.
12.1. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
12.2. Die Beklagte habe eine Umsatzsteuerpflicht nach dem hier maßgeblichen englischen Recht nicht behauptet, sodass nur ein Nettozuspruch der Kosten des Revisionsverfahrens zu erfolgen hatte (RIS‑Justiz RS0114955; Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 651 mwN). Weil die Kläger nur eine formelle Streitgenossenschaft bilden, waren diesen die Kosten zu gleichen Teilen aufzuerlegen (RIS‑Justiz RS0125635).
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