OGH 6Ob12/03p

OGH6Ob12/03p20.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr. Johann Grasch, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen die beklagten Parteien 1. L***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Arif Ali C*****, Geschäftsführer und 3. Rosa Maria C*****, ehemals Geschäftsführerin, ***** beide vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, wegen 280.811,93 EUR (hinsichtlich der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten) und 14.534,57 EUR (hinsichtlich der Drittbeklagten), über den ordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 18. November 2002, GZ 7 R 126/02d-12, womit über den Rekurs der zweitbeklagten und der drittbeklagten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 16. Mai 2002, GZ 4 C 786/02p-8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die zweitbeklagte und die drittbeklagte Partei haben der klagenden Partei binnen 14 Tagen die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu ersetzen, und zwar von den mit 2.023,17 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung einen Teilbetrag von 110,72 EUR zur ungeteilten Hand, den Restbetrag von 1.912,45 EUR die zweitbeklagte Partei allein sowie von den mit 2.451,92 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekurses den Teilbetrag von 135,49 EUR zur ungeteilten Hand, den Restbetrag von 2.316,43 EUR die zweitbeklagte Partei allein.

Text

Begründung

Die klagende Bank mit dem Sitz in Österreich begehrt mit ihrer am 27. 2. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage von den Beklagten die Bezahlung einer fälligen Kontoverbindlichkeit von 53.629,62 EUR und aus einem Abstattungskreditvertrag für den Ankauf einer Liegenschaft in Spielfeld den fälliggestellten Betrag von 227.182,31 EUR. Die erstbeklagte Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Deutschland sei Hauptschuldnerin, der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte hätten die Haftung als Bürgen und Zahler zur ungeteilten Hand übernommen (die Drittbeklagte allerdings nur für 14.534,57 EUR). In den Kreditverträgen und den Bürgschaftsverträgen sei die Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes gemäß § 104 JN vereinbart worden.

Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte erhoben vor Einlassung in die Sache die Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit. Die Gerichtsstandsvereinbarung sei unwirksam, weil die Bürgschaften nicht von Kaufleuten, sondern von Privatpersonen übernommen worden seien. Es sei auch die internationale Zuständigkeit nicht gegeben, weil die Bürgen als Verbraucher im Sinne des KSchG und des EuGVÜ anzusehen seien. Die Geschäftsführereigenschaft der Beklagten ändere an dieser Beurteilung nichts. Die Bürgen seien keine Unternehmer.

In der Tagsatzung vom 16. 5. 2002 erließ das Erstgericht gegen die erstbeklagte Hauptschuldnerin ein Versäumungsurteil und schränkte die Verhandlung auf die Frage der Zuständigkeit ein.

Das Erstgericht verwarf mit dem in der Tagsatzung mündlich verkündeten Beschluss die Unzuständigkeitseinrede des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten. Aus der Begründung der Beschlussausfertigung ist folgender Sachverhalt hervorzuheben:

Die Erstbeklagte hat ihren Unternehmenssitz in Frankfurt am Main. Dort haben die anderen Beklagten auch (unstrittig) ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw den Beschäftigungsort. Die Drittbeklagte war vom 8. 1. 1996 bis 11. 5. 2001 Geschäftsführerin der Erstbeklagten. Der Zweitbeklagte war und ist Geschäftsführer. Am 4. 3. 1997 räumte die Klägerin der Erstbeklagten einen Kontokorrentkredit in der Höhe von 200.000 S für Betriebsmittel ein. Für Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis wurde gemäß § 104 JN das Bezirksgericht Leibnitz als zuständiges Gericht vereinbart. Die anderen Beklagten haben mit den Bürgschaftsverträgen vom 4. 3. 1997 zur Sicherstellung der Forderungen der Klägerin aus dem abgeschlossenen Kreditvertrag die Haftung als Bürgen und Zahler übernommen. Auch im Bürgschaftsvertrag wurde die Zuständigkeit des Erstgerichtes vereinbart. Mit Kreditvertrag vom 9. 1. 1998 räumte die Klägerin der Erstbeklagten einen Betriebsmittelkredit von 500.000 S ein. Auch hier kam es zu einem Bürgschaftsvertrag und einer Gerichtsstandsvereinbarung. Die Parteien gingen in gleicher Weise bei dem weiteren Kreditvertrag vom 9. 1. 1998 vor. Die Klägerin räumte für einen Liegenschaftskauf einen Kredit von 3,583.875 S ein. Der Zweitbeklagte übernahm die Haftung als Bürge und Zahler für diesen Kreditbetrag. Im Bürgschaftsvertrag wurde wiederum die Zuständigkeit des Erstgerichtes vereinbart.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die inländische Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes gegeben seien. Die Zuständigkeitsvereinbarung sei nach Art 17 EuGVÜ wirksam, es bestünden keine Beschränkungen von Zuständigkeitsvereinbarungen (etwa weil eine Verbrauchersache vorläge).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Zweit- und Drittbeklagten Folge und wies die gegen sie gerichtete Klage zurück. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes seien die Rekurswerber Geschäftsführer der erstbeklagten Gesellschaft mbH und nach dem vorgelegten Handelsregisterauszug auch Gesellschafter. Im Art 15 Abs 1 EuGVVO werde der Verbrauchervertrag als ein Vertrag definiert, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass der Verbraucherbegriff des Art 13 EuGVÜ jenem des Art 5 Abs 1 EVÜ und des § 1 KSchG entspreche. Da sich an der Definition des Verbraucherbegriffs durch das EuGVVO nichts geändert habe, könne diese Rechtsprechung hier angewendet werden. Danach sei ein Geschäftsführer, der eine persönliche Bürgschaft für Schulden der Gesellschaft mbH übernimmt, mangels eines eigenen Unternehmens als Verbraucher anzusehen. Eine Ausnahme davon bestehe nur dann, wenn der Geschäftsführer gleichzeitig auch der alleinige Gesellschafter der Gesellschaft mbH sei. Im Sinne dieser Rechtsprechung sei die Verbrauchereigenschaft der Rekurswerber zu bejahen. Im Zweifel sei von einem Verbrauchergeschäft auszugehen. Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien sei nicht wirksam. Die Rekurswerber müssten im Vertragsstaat ihres Wohnsitzes geklagt werden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass die Revision (gemeint: der ordentliche Revisionsrekurs) zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der nach Art 15 EuGVVO zu beurteilenden Frage fehle, ob geschäftsführende Gesellschafter einer Gesellschaft mbH bei der Bürgschaftsübernahme als Verbraucher anzusehen seien.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Die Zweit- und Drittbeklagten beantragen, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus folgenden Erwägungen zulässig und berechtigt.

I. Die Zulässigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung ist sowohl nach dem nationalen österreichischen Recht als auch nach dem internationalen Prozessrecht zu prüfen. Die am 1. 3. 2002 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom 22. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) ist nach der Übergangsbestimmung des Art 66 hier allerdings noch nicht anzuwenden, weil die Klage vor dem Inkrafttreten der Verordnung (Art 76) erhoben wurde. Ob die Beklagten als Verbraucher zu qualifizieren sind, ist daher nach den Bestimmungen des Übereinkommens von Brüssel (EuGVÜ) zu beurteilen. Die EuGVVO hat aber bei den hier maßgeblichen Bestimmungen des EuGVÜ über "Verbraucher" und "Verbrauchersache" sowie zum Prorogationsverbot in Verbrauchersachen keine wesentlichen Veränderungen gebracht.

II. Zulässigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung (§ 104 JN) nach österreichischem Recht:

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH, der die Bürgschaft für ihre Schulden übernimmt, ist nach ständiger Rechtsprechung mangels eines eigenen Unternehmens als Verbraucher anzusehen (RIS-Justiz RS0065238). In der Entscheidung 7 Ob 315/01a wurde die Unternehmereigenschaft des Bürgen bejaht, der nicht nur Geschäftsführer, sondern auch alleiniger Gesellschafter der Hauptschuldnerin (einer "Ein-Mann-GmbH") war. Ob diese Rechtsansicht auch auf Fälle auszuweiten ist, bei denen sich Mitgesellschafter als Bürgen verpflichteten, ist grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage, der hier bei der Beurteilung nach österreichischem Recht aber schon aus dem Grund keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen kann, weil die beklagten Bürgen - anders als in der zitierten Vorentscheidung - ihren Aufenthalt im Ausland haben. Das Prorogationsverbot des § 14 Abs 1 KSchG gilt nur für Verbraucher, die im Inland ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung haben (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 4 zu § 14 KSchG; Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 4 vor § 83a JN). Auf Verbraucher, die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist zwar materiell das KSchG anwendbar, sie können aber bei dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht, also auch bei demjenigen aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung gemäß § 104 JN, geklagt werden (Fasching ZPR2 Rz 293; Simotta in Fasching, Zivilprozessgesetze2 Rz 60 vor §§ 83a und 83b JN). Gerichtsstandsvereinbarungen mit einem im Ausland aufhältigen Verbraucher sind zulässig und wirksam (9 Ob 287/97i). Auf einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben sich die Beklagten nicht berufen. Der Gerichtsstandsvereinbarung steht daher das Prorogationsverbot des § 14 Abs 1 KSchG nicht entgegen. Bei einem Verbraucher mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EuGVÜ greifen allerdings die Verbraucherschutzbestimmungen dieses Übereinkommens (Mayr aaO).

III. Zuständigkeitsregeln in Verbrauchersachen nach dem EuGVÜ:

1. Das EuGVÜ ist ein unmittelbar anzuwendender Staatsvertrag mit gesetzesänderndem Charakter, der entgegenstehende nationale Rechtsnormen ausschließt (Schoibl, Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach europäischem Zivilverfahrensrecht des Brüsseler und des Luganer Übereinkommens [EuGVÜ/LGVÜ], JBl 1998, 700 [703]), also Anwendungsvorrang hat (Czernich/Tiefenthaler, Europäisches Gerichtsstands- und Kollisionsrecht für internationale Bankgeschäfte, ÖBA 1998, 663 f). Die Bestimmungen des EuGVÜ gehen denjenigen der JN, der ZPO oder des KSchG vor (Czernich/Tiefenthaler aaO 666).

2. Nach Art 14 EuGVÜ sind Klagen gegen einen Verbraucher nur vor den Gerichten des Vertragsstaates zulässig, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Art 15 lässt Gerichtsstandsvereinbarungen in Verbrauchersachen nur sehr eingeschränkt zu. Die Voraussetzungen dieses Artikels liegen hier nicht vor. Entscheidungswesentlich ist also, ob das Kreditgeschäft bzw der Bürgschaftsvertrag eine Verbrauchersache ist. Bejahendenfalls wäre eine Gerichtsstandsvereinbarung nach internationalem Zivilprozessrecht unwirksam (Art 17 Abs 3 EuGVÜ; vgl Schoibl aaO 773 mwN in FN 155).

3. Verbrauchersachen werden im Art 13 Abs 1 EuGVÜ als Klagen aus einem Vertrag definiert, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann. Der Vertrag muss die im Folgenden (Z 1 bis 3) angeführte Geschäfte zum Gegenstand haben. Die Begriffe "Verbrauchersachen" und "Verbraucher" sind vertragsautonom auszulegen (Simotta aaO Rz 106 mwN; Czernich/Tiefenthaler aaO 667; Schoibl aaO 704 mwN aus der EuGH-Rechtsprechung in FN 27). Auch wenn der Verbraucherbegriff des EuGVÜ mit demjenigen nach § 1 KSchG und dem Kollisionsrecht nach Art 5 Abs 1 EVÜ in Einklang steht (Privatgeschäft eines Nichtunternehmers), werden von den Zuständigkeitsbestimmungen des EuGVÜ nicht alle von Verbrauchern geschlossene Verträge, sondern nur die im Art 13 Z 1 bis 3 EuGVÜ angeführten Geschäfte erfasst, nämlich der Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung (Z 1), Kreditgeschäfte zur Finanzierung eines Kaufs beweglicher Sachen (Z 2) und tätigkeitsbezogene Dienstleistungen oder Lieferungen beweglicher Sachen durch den Unternehmer an den Verbracher (Z 3). Art 13 EuGVÜ zählt die Verbrauchersachen taxativ auf (Schoibl aaO 705 mwN aus der EuGH-Rechtsprechung in FN 44).

IV. Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften auf den vorliegenden Fall:

1. Die Beklagten haben den Einredetatbestand (Verbrauchersache) zu behaupten und nachzuweisen. Ihnen obliegt es, die Zweckbestimmtheit des Kreditgeschäfts unter Beweis zu stellen (Czernich/Tiefenthaler aaO 667). Sie haben der Klagebehauptung, dass der mit 227.182,31 EUR offene Kredit zum Ankauf einer Liegenschaft bestimmt war, nicht widersprochen, sodass für diesen Teil des Klagebegehrens von vorneherein keine Verbrauchersache nach Art 13 Z 1 und 2 EuGVÜ vorliegen kann. Auf den fremdfinanzierten Kauf einer unbeweglichen Sache sind die internationalen Zuständigkeitsbestimmungen nicht anzuwenden (Czernich/Tiefenthaler aaO 667). Ein solches Kreditgeschäft fällt nicht unter den numerus clausus des Art 13 EuGVÜ (Schoibl aaO 707).

2. Es liegt auch keine Verbrauchersache nach Art 13 Z 3 EuGVÜ vor: Ein solches Verbrauchergeschäft setzt eine Dienstleistung (oder Lieferung) des Unternehmers und ein Anbot oder eine Werbung des Unternehmers im Wohnsitzstaat des Verbrauchers voraus. Abgesehen davon, dass ein Kreditgeschäft nicht auf die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne der Z 3 gerichtet ist (Czernich/Tiefenthaler aaO 668 unter Hinweis auf die Materialien des Schlosser-Berichtes Nr 157; Schoibl aaO 706 f), haben sich die Beklagten auf eine Dienstleistung der Bank und deren Tätigkeit in Deutschland gar nicht berufen, sodass schon das fehlende Parteivorbringen eine Qualifikation nach Art 13 Z 3 EuGVÜ ausschließt (vgl 9 Nd 503/00). Wenn selbst das Kreditgeschäft keine Verbrauchersache ist, weil die Bank im Ausland kein Angebot unterbreitet oder Werbung betrieben hat, gilt dies umso mehr für den materiell akzessorischen Bürgschaftsvertrag, bei dem der Unternehmer (die Bank) dem Bürgen keine Dienstleistung erbringt.

3. Zu dem Teil des Klagebegehrens, dem Betriebsmittelkredite zugrunde liegen: Betriebsmittelkredite werden dem Schuldner definitionsgemäß für die Anschaffung von notwendigen Gütern, die für die Unternehmenstätigkeit gebraucht werden, eingeräumt. Das Kreditgeschäft wäre also grundsätzlich ein solches nach Art 13 Z 2 EuGVÜ. Die Qualifikation als Verbrauchersache scheitert beim Hauptschuldner daran, dass er Unternehmer ist und der Kredit seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Damit stellt sich hier die nach dem internationalen Prozessrecht zu beantwortende Rechtsfrage, ob der Bürgschaftsvertrag anders zu qualifizieren ist, weil die beklagten Bürgen als Verbraucher angesehen werden. Die Frage ist nach den vom EuGH zum Verbraucherbegriff des EuGVÜ vertretenen Grundsätzen zu verneinen:

Der EuGH legt den Verbraucherbegriff vertragsautonom aus (EuGHSlg 1993, I-139). Der oben dargestellten österreichischen Rechtsprechung, dass ein Geschäftsführer, der eine persönliche Bürgschaft für Schulden der Gesellschaft mbH übernimmt, mangels eigenen Unternehmens als Verbraucher anzusehen ist, kommt bei der Auslegung der Zuständigkeitsbestimmungen des EuGVÜ keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der zitierten Entscheidung 7 Ob 315/01a liegt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde, wenn einem Geschäftsführer, der Alleingesellschafter der GmbH ist, die Verbrauchereigenschaft abgesprochen wird, weil er bei der Haftungsübernahme als Mitkreditnehmer in Wahrheit selbst unternehmerisch tätig wurde. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise legt aber auch die Verbraucherdefinition des Art 13 EuGVÜ nahe, wenn darin von einer Zurechnung des Vertrages zur beruflichen Tätigkeit die Rede ist. In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des EuGH zu verstehen. In seiner Entscheidung vom 3. 7. 1997, C-269/95, Benincasa-Dentalkit, Slg 1997, I-03767, stellte er auf den Zweck der Tätigkeit der zu beurteilenden Person ab und bezog die Vorschrift des Art 13 EuGVÜ "nach ihrem Wortlaut und ihrem Zweck nur auf den nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnden privaten Endverbraucher". Die Verbrauchereigenschaft sei nach der Stellung der Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung der Person zu beantworten. Es "fallen nur die Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt, unter die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers als des Beteiligten, der als wirtschaftlich schwächerer Vertragspartner angesehen wird". Nach diesen vom EuGH klargestellten Grundsätzen sind die beklagten Bürgen keine Verbraucher im Sinne des Art 13 EuGVÜ. Die Interzession erfolgte nicht zur Deckung eines Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch. Die Natur und Zielsetzung des Vertrags ist eine unternehmerische. Auch wenn hier kein Alleingesellschafter, sondern zwei Mitgesellschafter die Bürgenhaftung übernommen haben, ist der Bürgschaftsvertrag der beruflichen Tätigkeit der Bürgen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kreditverträge und der Bürgschaftsverträge Geschäftsführer der Gesellschaft waren, zuzurechnen. Sie handelten nicht als private Endverbraucher, sondern wegen ihrer Geschäftsführer- und Gesellschaftereigenschaft berufsbezogen. Aus diesen Gründen können auch die akzessorischen Bürgschaftsverträge zur Sicherung einer unternehmerischen Zwecken dienenden Kreditaufnahme (Betriebsmittelkredite) keine Verbrauchergeschäfte sein.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der erstinstanzliche Beschluss zur Gänze wieder herzustellen.

Die Klägerin hat im Zwischenstreit über die Zuständigkeitsfrage voll obsiegt und gemäß den §§ 41 und 50 ZPO Anspruch auf Ersatz der vom Zwischenstreit verursachten Kosten (das sind die Kosten des Rekursverfahrens und des Revisionsrekursverfahrens). Die Ersatzpflicht trifft die Beklagten im Verhältnis der gegen sie gerichteten Ansprüche. Die drittbeklagte Partei haftet solidarisch nur für den Kostenanteil, der dem Verhältnis der Beteiligung entspricht (rund 5 %; vgl Fucik in Rechberger ZPO2 Rz 7 zu § 41 mwN). Der Streitgenossenzuschlag steht nur für diesen Anteil zu.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte