Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in Bezug auf den Zweitbeklagten als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen teilweise dahin abgeändert, dass die Entscheidung in Bezug auf den Erstbeklagten - unter Einschluss des bestätigten Ausspruchs - zu lauten hat wie folgt:
„1. Die Klagsforderung besteht mit 43.603,70 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht mit 28.342,40 EUR zu Recht.
3. Der Erstbeklagte ist daher zur ungeteilten Hand mit dem Zweitbeklagten schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen 15.261,30 EUR samt 9 % Zinsen und 5 % Überziehungszinsen seit 25. 9. 2001 zu zahlen, wobei die zum 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember eines jeden Jahres aufgelaufenen Zinsen dem jeweils offenen Saldo zugerechnet werden und der erhöhte Saldo weiter verzinst wird. Das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 28.342,40 EUR samt Zinsen wird abgewiesen.
4. Der Erstbeklagte ist zur ungeteilten Hand mit dem Zweitbeklagten schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen einen mit 416, 57 EUR bestimmten Anteil an den Barauslagen des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen. Die Klägerin ist schuldig, dem Erstbeklagten binnen 14 Tagen einen mit 3.717,19 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 619,53 EUR USt) zu ersetzen."
Die Klägerin ist schuldig, dem Erstbeklagten binnen 14 Tagen einen mit 3.685,60 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 2.412,75 EUR Barauslagen, 212,14 EUR USt) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten waren Gesellschafter einer GmbH, und zwar der Erstbeklagte mit einem Geschäftsanteil von 15 % und der Zweitbeklagte mit einem Geschäftsanteil von 20 %. Dritter Gesellschafter war eine Aktiengesellschaft mit einem Geschäftsanteil von 65 %. Die Beteiligung des Erstbeklagten war eine reine Finanzinvestition; in die Geschäftsführung war er nicht eingebunden.
Mitte 2000 geriet die GmbH in finanzielle Schwierigkeiten. Nach Vorgesprächen mit dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Aktiengesellschaft und dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der GmbH kamen der Erst- und der Zweitbeklagte überein, dass die GmbH bei der Klägerin einen Kredit aufnehmen sollte. Die Gesellschafter sollten dafür die persönliche Haftung übernehmen. Der Aktiengesellschaft wurde dieser Entschluss „mitgeteilt", sie wurde auch um die Übernahme einer wechselmäßig unterlegten Bürgschaft „ersucht". Ein „formeller Gesellschafterbeschluss" existierte nicht.
Der Zweitbeklagte stellte den Kontakt mit der Klägerin her. Bei einer Besprechung, an der die Beklagten und vertretungsbefugte Leute der Klägerin teilnahmen, wurde ein vom Geschäftsführer der GmbH vorweg unterfertigter Kreditvertrag über 600.000 S abgeschlossen. Als „Sicherheiten" waren darin „wechselmäßig unterlegte Haftungen als Bürge und Zahler" der beiden Beklagten und der Aktiengesellschaft genannt. Die Beklagten unterfertigten entsprechende Bürgschaftserklärungen, nach denen sie die solidarische Haftung als Bürge und Zahler für einen Betrag von 600.000 S samt Anhang übernahmen. Die von der Klägerin formulierten Erklärungen enthielten ua folgende Bedingungen:
„Alle sonstigen Sicherheiten habe(n) ich (wir) zur Kenntnis genommen, wobei der [Klägerin] die Wahl der Reihenfolge bei der Verwertung der Sicherheiten unbenommen bleibt."
„Überdies verzichte(n) ich (wir) auf die Geltendmachung der mir (uns) als Bürge und Zahler nach dem Gesetz zustehenden Einreden, insbesondere auf die der Aufrechnung, der verspäteten oder unterlassenen Inanspruchnahme des (der) Kreditnehmer(s) oder sonstiger Bürgen, der Zustimmung zum (Zwangs-)Ausgleich sowie auf die Einrede des Vergleichsabschlusses mit dem (den) Kreditnehmer(n) oder sonstigen Bürgen."
Die Klägerin versuchte in der Folge vergeblich, auch eine Bürgschaft der Aktiengesellschaft zu erhalten. Sie begnügte sich schließlich mit den vorhandenen Sicherheiten und zahlte den Kredit aus. Dabei verständigte sie die Beklagten nicht vom Fehlen der dritten Sicherheit.
Am 2. 8. 2001 wurde der Konkurs über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Klägerin stellte den Kredit am 5. 9. 2001 fällig. Er haftet (zumindest) mit 43.603,70 EUR (600.000 S) samt Zinsen unberichtigt aus.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung dieses Betrags. Aufgrund der Bürgschaften hafteten sie zur ungeteilten Hand. Auf Gegenforderungen hätten sie verzichtet. Nach der internen Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern hätten die Beklagten einen Regressanspruch gegen die Aktiengesellschaft. Aus dem Umstand, dass diese keine Bürgschaftserklärung abgegeben habe, sei ihnen daher kein Schaden entstanden. Zudem habe die Aktiengesellschaft ohnehin mündlich gebürgt (§ 350 HGB). Die Beklagten hätten daher ungeachtet einer allfälligen Entlassung der Aktiengesellschaft aus der Haftung einen Anspruch nach § 1363 ABGB.
Der Erstbeklagte wandte ein, Verbraucher iSd KSchG zu sein. Nach der internen Vereinbarung (gemeint: mit dem Zweitbeklagten) hätten die Gesellschafter für die Kreditverbindlichkeit nur im Ausmaß der jeweiligen Beteiligung haften sollen. Mit Vertretern der Aktiengesellschaft habe er nie über die Bürgschaft gesprochen. Die Klägerin habe den Kredit unter der Voraussetzung zugesichert, dass alle drei Gesellschafter bürgten. Er selbst hätte nicht gebürgt, wenn er gewusst hätte, dass die Aktiengesellschaft keine Bürgschaft übernehmen würde. Seine Bürgschaftserklärung sei daher unwirksam. Durch die Auszahlung des Kredites vor Vorliegen der dritten Bürgschaft sei dem Erstbeklagten der Regress gegen die Aktiengesellschaft abgeschnitten. Er hafte daher für höchstens 15 % der Kreditsumme, der Rest werde als Schadenersatzanspruch aufrechnungsweise geltend gemacht. Der in der Bürgschaftserklärung enthaltene „Verzicht auf Gegenforderungen" sei sittenwidrig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Klagsforderung bestehe nach § 1357 ABGB zu Recht. Sittenwidrigkeit liege nicht vor. Da die Beklagten gebürgt hätten, bevor auch die Aktiengesellschaft eine entsprechende Erklärung abgegeben hatte, treffe sie das volle Risiko. Der Regress gegen die Aktiengesellschaft sei nicht ausgeschlossen, die Beklagten könnten sie in einem weiteren Verfahren in Anspruch nehmen. Die Gegenforderungen bestünden daher nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Erstbeklagten nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Weder der Kreditvertrag noch die Bürgschaftserklärungen seien unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, dass auch die Aktiengesellschaft bürge. Der Erstbeklagte sei zwar als Verbraucher anzusehen, da er nur Minderheitsgesellschafter und nicht (auch) Geschäftsführer gewesen sei. Ein Vorbringen zu den in der Berufung geltend gemachten §§ 25c und 25d KSchG habe er aber in erster Instanz nicht erstattet. Von Amts wegen sei darauf nicht Bedacht zu nehmen gewesen. Die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil der Ausgleichsanspruch gegen Mitbürgen erst mit Zahlung an den Gläubiger entstehe. Vor diesem Zeitpunkt gebe es noch keinen „bezifferbaren" Schaden. Die Revision sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Verbrauchereigenschaft von Minderheitsgesellschaftern einer GmbH und zur amtswegigen Wahrnehmung der §§ 25c und 25d KSchG fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Erstbeklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.
1. Das Berufungsgericht hat den Erstbeklagten als Verbraucher iSv § 1 KSchG angesehen. Diese Frage hat zwar nicht für die (zu Recht) verneinte Anwendung der §§ 25c und 25d KSchG Bedeutung (unten 2.), wohl aber für die Beurteilung des in der Bürgschaftserklärung enthaltenen Aufrechnungsverbots (unten 3. und 4.).
1.1. Ein mit einem Unternehmen geschlossener Bürgschaftsvertrag ist ein Verbrauchergeschäft iSd KSchG, wenn der Bürge Verbraucher ist; auf die Natur des gesicherten Geschäfts kommt es nicht an (vgl RIS-Justiz RS0032176 zu § 14 KSchG; 6 Ob 184/00b = JBl 2001, 715 zu § 25d KSchG). Verbraucher ist, für wen das strittige Geschäft nicht zum Betrieb seines Unternehmens gehört (§ 1 Abs 1 KSchG). Unternehmen ist jede auf Dauer angelegte Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein (§ 1 Abs 2 KSchG).
1.2. Die nunmehr herrschende Rechtsprechung sieht den geschäftsführenden Alleingesellschafter, der für die Schulden „seiner" GmbH bürgt, als Unternehmer an (grundlegend 7 Ob 315/01a = SZ 2002/18 = JBl 2002, 526 [Karollus] = ÖBA 2003, 58 [P. Bydlinski/Haas aaO 11]; 3 Ob 141/03m = ÖBA 2004, 143; 9 Ob 27/05v; anders noch 8 Ob 202/98h = RdW 1999, 148 [zu § 182 KO]). Begründet wird das im Wesentlichen mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise: der Bürge werde wegen der Interessenidentität mit der Gesellschaft "in Wahrheit selbst unternehmerisch tätig". Mehrfach offen gelassen wurde die Frage für bloße Mehrheits- und für Minderheitsgesellschafter (6 Ob 202/04f, 8 Ob 100/03v = ÖBA 2004, 536; 3 Ob 58/05h).
1.3. Die Lehre stimmt dieser Rechtsprechung grundsätzlich zu (Karollus und P. Bydlinski/Haas aaO; Kathrein in KBB § 1 KSchG Rz 5; Apathy in Schwimann3 § 1 KSchG Rz 8). In Frage gestellt wird allerdings die Beschränkung auf geschäftsführende Alleingesellschafter.
Nach P. Bydlinski/Haas (aaO) sollten auch geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter bei Übernahme einer Bürgschaft für die Gesellschaft als Unternehmer angesehen werden. Fielen Geschäftsführung und Mehrheitsbeteiligung zusammen, so drehe sich das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer gleichsam um: nicht dieser sei das Instrument der Gesellschaft, dessen sie sich zur Erreichung des Gesellschaftszwecks bediene, sondern die Gesellschaft sei nun zu einem Werkzeug geworden, das der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für sich arbeiten lasse.
Noch weiter geht Karollus. Er hält die Geschäftsführereigenschaft für unerheblich und erwägt darüber hinaus, auch Minderheitsgesellschafter vom Verbraucherbegriff auszunehmen. Denn auch sie seien bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise „Miteigentümer" des Unternehmens. Allerdings könne hier eine Mindestbeteiligung angebracht sein, etwa 20 % in Anlehnung an § 228 Abs 1 HGB.
1.4. Die Frage, ob und unter welchen Umständen auch (bloße) Mehrheits- oder Minderheitsgesellschafter als Unternehmer angesehen werden können, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Denn jedenfalls nicht Unternehmer ist ein Minderheitsgesellschafter, dessen Gesellschaftsbeteiligung, wie hier, eine bloße Finanzinvestition ist und der (daher) keinen relevanten Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausübt. Die bloße Anlage von Kapital ist noch nicht unternehmerisches Handeln. Es fehlt hier der Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Unternehmens und einem darauf bezogenen Handeln des Gesellschafters. Die Übernahme einer Bürgschaft ist in diesem Fall nur eine Folge der Anlageentscheidung; sie ist daher ebenso wie diese als Verbrauchergeschäft zu betrachten.
Dieser Auffassung stehen auch keine gemeinschaftsrechtlichen Erwägungen entgegen. Denn die zivilrechtlichen Verbraucherschutzrichtlinien gewährleisten - von Ausnahmen wie etwa der ProdukthaftungsRL (85/374/EWG) abgesehen (EuGH Rs C-50/00 , Slg 2002 I 3827 - Kommission/Frankreich) - idR nur einen Mindestschutz (vgl Rösler, Europäisches Konsumentenvertragsrecht [2004] 201 mwN). Der nationale Gesetzgeber und die zur Anwendung der Umsetzungsgesetze berufenen Gerichte können daher auch ein höheres Schutzniveau annehmen (vgl etwa 4 Ob 60/06m zur „Vorfälligkeitsgebühr" bei Kreditverträgen, die vom Anwendungsbereich der VerbraucherkreditRL ausgenommen sind). Das gilt insbesondere dann, wenn in einem bestimmten Rechtsgebiet - wie hier beim Interzedentenschutz - noch überhaupt keine Harmonisierung erfolgt ist. Auch Karollus, der den Entscheidungen zur Verbrauchereigenschaft eines Alleingesellschafters die Nichtberücksichtigung eines „europäischen" Verbraucherbegriffs vorwirft, sieht im Ergebnis nur die Verneinung der Verbrauchereigenschaft, also das Unterschreiten eines Mindestschutzes, als potenziell gemeinschaftsrechtswidrig an (Karollus aaO; vgl dazu auch P. Bydlinski/Haas aaO).
Die Übernahme der Bürgschaft durch den Erstbeklagten ist aus diesen Gründen als Verbrauchergeschäft anzusehen. Das Konsumentenschutzgesetz ist daher anwendbar.
2. Das Berufungsgericht hat die in der Berufung des Erstbeklagten enthaltenen Ausführungen zu den §§ 25c und 25d KSchG als unzulässige Neuerungen abgetan. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden.
2.1. Der Erstbeklagte hat in erster Instanz kein Sachvorbringen zu den Voraussetzungen der §§ 25c und 25d KSchG erstattete, er hat auf diese Bestimmungen weder ausdrücklich noch inhaltlich Bezug genommen. Der in der Revision enthaltene Hinweis auf eine Formulierung im Schriftsatz ON 10 („... über die Situation völlig uninformiert ...") geht fehl: Denn damit bezog sich der Erstbeklagte nur auf die Problematik der fehlenden dritten Bürgschaft, nicht auf fehlende Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Hauptschuldners. Ein Einwand im Sinn der §§ 25c und 25d KSchG lag daher nicht vor.
2.2. Eine amtswegige Anwendung dieser Bestimmungen kommt nicht in Betracht.
Nach der Rechtsprechung zu § 25c KSchG muss der Interzedent behaupten und beweisen, dass der Gläubiger die wirtschaftliche Notlage des Hauptschuldners kannte oder kennen musste (RIS-Justiz RS0120350). Wird der Kreditgeber selbst aktiv, um die Einbeziehung des Interzedenten in das Schuldverhältnis zu erreichen, so weist das zwar prima facie darauf hin, dass er die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansah (RIS-Justiz RS0113882). Das gilt aber nicht, wenn die Bürgschaft - wie hier - anlässlich der Kreditvergabe übernommen wird. In diesem Fall bleibt die Behauptungs- und Beweislast beim Interzedenten (8 Ob 100/03v = ecolex 2004, 364; 3 Ob 58/05h). Zudem ist den Feststellungen des Erstgerichts ohnehin zu entnehmen, dass die wirtschaftliche Lage der Hauptschuldnerin (auch) dem Erstbeklagten bekannt war.
Nach § 25d KSchG kann das Gericht die Verbindlichkeit eines Interzedenten unter gewissen Umständen mäßigen oder erlassen, soweit sie in einem unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten steht. Für die Anwendung dieser Bestimmung ist daher zumindest ein Sachvorbringen zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten erforderlich. Fehlt dieses Vorbringen, gibt es keinen Grund für die Anwendung des Mäßigungsrechts.
Die in der Revision dargestellte Parallele zur Mäßigung einer Vertragsstrafe kann nicht überzeugen: Zwar genügt dafür nach einigen älteren Entscheidungen die Bestreitung dem Grunde nach (RIS-Justiz RS0032187 [T2]). Eine solche Bestreitung führt aber nur dazu, dass das Gericht mit dem Beklagten die Gründe für eine Mäßigung erörtern muss (1 Ob 195/00h = ÖBl-LS 2002/76 mwN); an seiner grundsätzlichen Behauptungs- und Beweislast (RIS-Justiz RS0032195, RS0032187) ändert sich nichts. In der unterbliebenen Erörterung könnte allenfalls ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens liegen (1 Ob 195/00h).
Im vorliegenden Fall könnte daher allenfalls die Auffassung vertreten werden, dass die nicht weiter substanziierte Bestreitung des Anspruchs aus der Bürgschaft zu einer Erörterungspflicht des Gerichtes geführt hat. Das Unterbleiben dieser Erörterung wurde aber in der Berufung nicht als Verfahrensmangel gerügt. Damit ist es von vornherein ausgeschlossen, diese Frage an den Obersten Gerichtshof heranzutragen.
Abgesehen davon lagen die Vorraussetzungen für eine Mäßigung offenkundig nicht vor: Der Erstbeklagte hatte sich als ehemaliger Bankdirektor für „Finanzanlagen" interessiert; es ist daher davon auszugehen, dass er (auch) bei Übernahme der Bürgschaft über entsprechende Mittel verfügte. Zudem lag die Interzession offenkundig in seinem eigenen Interesse, da mit der davon abhängigen Kreditaufnahme die Werthaltigkeit seiner Anlage wenn schon nicht gesteigert, so doch erhalten werden sollte (vgl 8 Ob 100/03v = EvBl 2004/99).
Der Erstbeklagte kann sich daher nicht auf die §§ 25c und 25d KSchG berufen.
3. Somit bleibt als wesentlicher Einwand, dass die Klägerin die Kreditsumme ausgezahlt hat, ohne dass auch die Bürgschaft der Aktiengesellschaft vorgelegen ist. Der Erstbeklagte hat aus diesem Grund keinen Regressanspruch (§ 1359 ABGB) gegen die Aktiengesellschaft.
3.1. Dass das Vorliegen aller Sicherheiten Bedingung für die Gültigkeit des Kreditvertrags und/oder der Bürgschaft gewesen wäre, hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Es mag zwar zutreffen, dass alle Beteiligten angenommen hatten, dass auch die Aktiengesellschaft bürgen würde. Ausdrücklich zur Bedingung gemacht wurde das aber nicht. Auch ergänzende Vertragsauslegung führt nicht zu diesem Ergebnis: Aus Sicht der Klägerin diente die dritte Bürgschaft in erster Linie ihrer eigenen Absicherung. Sie war zwar verpflichtet, Regressansprüche anderer Interzedenten zu wahren (unten 3.2.), musste aber nicht annehmen, dass diese ihre Verpflichtung nur eingehen würden, wenn tatsächlich alle in Aussicht genommenen Sicherheiten vorliegen. Das tatsächliche Bestehen einer weiteren (vereinbarten) Sicherheit kann auch nicht als typische Voraussetzung für die Abgabe einer Bürgschaftserklärung angesehen werden, sodass bei deren Fehlen die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage eingriffe (RIS-Justiz RS0017551, RS0017516). Der gänzliche Wegfall der Bürgenhaftung, der mit der Annahme einer Bedingung verbunden wäre, ist daher nicht angebracht.
3.2. Der Erstbeklagte zeigt aber zutreffend auf, dass die Klägerin ihm gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hat. Solche Pflichten können aus mehreren Bestimmungen des Bürgschaftsrechts abgeleitet werden (Gamerith in Rummel3 vor § 1360 ABGB Rz 4; P. Bydlinski in KBB § 1364 ABGB Rz 4, beide mwN; vgl RIS-Justiz RS0032306, RS0108422). Der Gläubiger muss nach § 1364 ABGB den Regressanspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner schützen (1 Ob 527/87 = SZ 61/235 mwN). Nach § 1360 ABGB darf er nicht durch den Verzicht auf eine dingliche Haftung in Rück- oder Weitergriffsansprüche von Bürgen eingreifen (RIS-Justiz RS0087235). Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt zu einem Schadenersatzanspruch, mit dem der Bürge gegen den Zahlungsanspruch des Gläubigers aufrechnen kann (3 Ob 568/94 = SZ 68/245 = ÖBA 1996, 805 [Karollus]). Eine entsprechende Bestimmung für die Entlassung von Bürgen ist nur deswegen entbehrlich, weil dadurch Regressansprüche von Mitbürgen ohnehin nicht berührt werden (§ 1363 letzter Satz ABGB).
Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Klägerin die Auszahlung des Kreditbetrages wegen des Fehlens der dritten Sicherheit hätte verweigern können. Nach Auffassung des Senats wäre sie dazu verpflichtet gewesen, um den Regressanspruch des Erstbeklagten zu wahren. Dieser Regressanspruch ist durch die Wertung des § 1360 ABGB geschützt. Durch einen von dieser Bestimmung unmittelbar erfassten Wegfall einer dinglichen Sicherheit wird das Vertrauen von Mithaftenden auf einen anteiligen Regress enttäuscht. Dem ist es gleichzuhalten, wenn ein Mithaftender auf eine Sicherheit vertraut, die im Kreditvertrag angeführt ist und auf die auch in der Bürgschaftserklärung hingewiesen wird, deren Einholen der Gläubiger aber unterlässt. In diesem Fall besteht nicht nur eine Informationspflicht über die beabsichtigte Auszahlung (vgl 1 Ob 666/88 = WBl 1989, 252). Vielmehr muss der Kreditgeber verhindern, dass Interzedenten wegen des Ausfalls von Regressmöglichkeiten letztlich (also nach Durchsetzung von Regressansprüchen) stärker belastet werden als bei Vorliegen der weiteren Sicherheit (P. Bydlinski, Die Kreditbürgschaft2 [2003] 77 f). Zu diesem Zweck muss der Kreditgeber die Auszahlung des Kreditbetrags teilweise verweigern.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine persönliche oder eine dingliche Sicherheit handelt. Denn die Beschränkung von § 1360 ABGB auf dingliche Sicherheiten ist, wie ausgeführt, nur dadurch gerechtfertigt, dass Regressmöglichkeiten aufgrund persönlicher Sicherheiten nach § 1363 ABGB ohnehin auch dann aufrecht bleiben, wenn einer der Interzedenten vom Gläubiger aus seiner Verpflichtung entlassen wird. Diese Regelung greift aber nicht ein, wenn die Sicherheit gar nie begründet wurde.
Die Klägerin hat somit Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Erstbeklagten verletzt. Eine Rechtfertigung dafür ist nicht erkennbar. Sie haftet daher für den verursachten Schaden.
3.3. Als Schaden ist schon das Entstehen einer Forderung des Kreditgebers gegen den Interzedenten anzusehen, die über jene Quote hinausgeht, die dieser bei Vorliegen aller Sicherheiten im Innenverhältnis tragen müsste. Denn nach allgemeinen Grundsätzen ist schon das Entstehen einer Verbindlichkeit ein Nachteil am Vermögen (RIS-Justiz RS0022568). Diese Verbindlichkeit wäre nicht entstanden, wenn die Klägerin den Kredit nicht zur Gänze ausgezahlt hätte. Das Verhalten der Klägerin war daher kausal für den Schaden.
Auch bei Wegfall einer bestellten Sicherheit tritt der Schaden schon mit dem Verlust der Deckung ein, nicht erst dann, wenn feststeht, dass die gesicherte Forderung nicht mehr hereingebracht werden kann (RIS-Justiz RS0022526). Im Anwendungsbereich des § 1360 ABGB ist das spätestens die Löschung des Pfandrechts, also der endgültige Wegfall der Regressmöglichkeit (3 Ob 568/94 = SZ 68/245). Gleiches muss gelten, wenn eine Sicherheit, zu deren Einholen der Kreditgeber gegenüber einem Mithaftenden verpflichtet ist, von vornherein nicht begründet wird.
3.4. Dass die Aktiengesellschaft gegenwärtig nicht in der Lage wäre, allfällige Regressansprüche zu erfüllen, hat die Klägerin nicht behauptet. Es muss daher nicht geprüft werden, ob der Schutzzweck der Sorgfaltspflichten des Kreditgebers auch in diesem Fall einen Schadenersatzanspruch rechtfertigte. Dagegen spricht, dass das Risiko der Einbringlichkeit von Regressansprüchen grundsätzlich die Mithaftenden trifft. Darauf wäre aber nur bei einem entsprechenden Einwand des Kreditgebers Bedacht zu nehmen (P. Bydlinski in KBB, § 1360 ABGB Rz 3).
Der Einwand der Klägerin, der Erstbeklagte habe ohnehin einen vertraglichen Rückgriffsanspruch gegen die Aktiengesellschaft, ist nicht von den Feststellungen gedeckt. Denn die geplante Vorgangsweise wurde der Aktiengesellschaft nur „mitgeteilt", einen „Gesellschafterbeschluss" gab es nicht. Daraus lässt sich keinesfalls eine interne Haftungsübernahme ableiten, die den Eintritt eines Schadens ausschließen könnte. Nur zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass auch der Erstbeklagte keine solche interne Haftungsübernahme behauptet hat; er hat vielmehr vorgebracht, dass er mit (den Vertretern) der Aktiengesellschaft keinen Kontakt gehabt habe.
3.5. Die Höhe des Schadenersatzanspruchs ergibt sich aus dem (hypothetischen) Innenverhältnis der im Kreditvertrag vorgesehenen Bürgen; zu gleichen Teilen haften die mehreren Mitschuldner nur, wenn kein anderes besonderes Verhältnis unter ihnen besteht (§ 896 ABGB). Da zwischen dem vorgesehenen Bürgen ein Gesellschaftsvertrag besteht und für eine Schuld der Gesellschaft gebürgt werden sollte, bestimmt sich dieses Innenverhältnis nach den Anteilen am Gesellschaftsvermögen. Auf die Aktiengesellschaft wären daher letztlich 65 % der Belastung aus den Bürgschaften entfallen. Der Erstbeklagte ist geschädigt, soweit für ihn durch die Auszahlung des Kreditbetrags eine Bürgschaftsverpflichtung entstanden ist, die nach diesem hypothetischen Innenverhältnis letztlich von der Aktiengesellschaft zu tragen gewesen wäre. Das ergibt einen Schadenersatzanspruch von 28.342,40 EUR.
Demgegenüber gibt es keine Grundlage, auch die Quote des Zweitbeklagten auf die Klägerin zu überwälzen. Der Erstbeklagte hat kein Vorbringen erstattet, aus welchen besonderen Gründen der Regress gegen die Aktiengesellschaft auch diesen Betrag (zumindest teilweise) erfasst hätte. Insofern hat er daher keinen Schadenersatzanspruch.
4. Diese Erwägungen führen zu folgendem Ergebnis: Der der Höhe nach ohnehin unstrittige Klagsanspruch besteht auch dem Grunde nach zu Recht. Der Erstbeklagte kann aber mit seinem Schadenersatzanspruch aufrechnen. Das in der Bürgschaftserklärung enthaltene Aufrechnungsverbot ist wegen des rechtlichen Zusammenhangs zwischen der Klags- und der Schadenersatzforderung nach § 6 Abs 1 Z 8 KSchG unwirksam (Kathrein in KBB § 6 KSchG Rz 14). Im Ergebnis haftet der Erstbeklagte daher nur für 35 % der Klageforderung.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren in diesem Sinn abzuändern. Dabei war auf die im eingeschränkten Umfang weiterbestehende Solidarhaftung des Erst- mit dem Zweitbeklagten hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO (iVm § 50 ZPO). Der Erstbeklagte hat zu 65 % obsiegt. Er hat daher Anspruch auf diesen Anteil der allein von ihm getragenen Barauslagen und auf 30 % seiner sonstigen Kosten. Der Klägerin hat er 35 % der allein von ihr getragenen Barauslagen zu ersetzen. Die Vertagungsbitte des Erstbeklagten im erstinstanzlichen Verfahren war nicht zu honorieren, da der Vertagungsgrund in seiner Sphäre lag. Streitgenossenzuschlag steht ihm nicht zu, weil sein Anwalt weder mehrere Parteien vertrat noch mehreren Parteien gegenüberstand.
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