OGH 13Os135/03

OGH13Os135/036.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin in der Strafsache gegen DI Friedrich B***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Manfred Rac*****, Rainer Hoc*****, Alois M*****, Christian N***** und Ing. Hubert Hof*****, die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Zäzilia H***** sowie die Berufungen des Angeklagten Heinz P***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 31. März 2003, GZ 32 Hv 41/02k-115, nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Plöchl, sowie in Anwesenheit der Angeklagten DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Manfred Rac*****, Rainer Hoc***** und Zäzilia H***** und der Verteidiger Univ. Prof. Dr. Brandstetter, Dr. Lukisch, Mag. Moser, Mag. Oberlindober, Dr. Wolf, Dr. Schwarz, Dr. Hofbauer und Dr. Schweighofer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden und hinsichtlich des Schuldspruches des Angeklagten Heinz P***** [B)8)] in Rechtskraft erwachsenen (ON 148/XI) Urteil wurden die Angeklagten

DI Friedrich B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB [A)1)a) bis f) und h) bis j)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)1)a)] und des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 Abs 1 StGB) gebliebenen Vergehens des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)1)b)], Franz Rap***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB [A)1)a) bis f) und h) bis j)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)2)], Peter E***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB [A)1)d), f), h), i), j)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)3)],

Manfred Rac***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB [A)1)d), f), h) und j)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)4)], Rainer Hoc*****, Zäzilia H***** und Alois M***** jeweils des in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 Abs 1 StGB) gebliebenen Vergehens des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)5) bzw 6) bzw 7)],

Christian N***** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB [A)1)b) bis d) und h)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)9)] und Ing. Hubert Hof***** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB [A)1)b) bis d), h) und j)] sowie (richtig) der Vergehen des Kartellmissbrauchs nach § 129 Abs 1 KartG [B)10)] schuldig erkannt.

Danach haben

DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Manfred Rac*****, Rainer Hoc*****, Zäzilia H*****, Alois M*****, Heinz P*****, Christian N***** und Ing. Hubert Hof***** in Amstetten und anderen

Orten

A) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich bzw Dritte unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch die tatsachenwidrige Vorgabe, den gelegten Anboten läge eine redliche Kalkulation jedes Anbotlegers ohne Bieterabsprache zu Grunde, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich je zur Auftragserteilung für Fenstermontagearbeiten an die DI B***** GmbH (P*****) zu überhöhten Preisen, die diese bzw deren Unternehmen am Vermögen schädigten,

1) verleitet, und zwar

a) DI Friedrich B***** und Franz Rap***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Rainhard D***** und den je außer Verfolgung gesetzten Heinz Ne***** und Anton Bi***** am 21. Jänner 1993 die Verfügungsberechtigten der W*****;

Schaden zumindest 59.891,75 S (4.352,50 Euro);

b) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Ing. Hubert Hof***** und Christian N***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Karl N*****, Mag. Hermann H***** , Norbert M***** und Franz C***** am 17. Oktober 1996 die Verfügungsberechtigten der W*****;

Schaden zumindest 50.000 S (3.633 Euro);

c) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Ing. Hubert Hof***** und Christian N***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Karl N*****, Norbert M*****, Mag. Hermann H***** und Franz C***** am 3. April 1997 die Verfügungsberechtigten der W*****;

Schaden zumindest 68.934,86 S (5.009,69 Euro);

d) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Manfred Rac*****, Ing. Hubert Hof***** und Christian N***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Karl N*****, Florian Se*****, Hermann Wi***** und Manfred Wi***** am 7. April 1997 die Verfügungsberechtigten der Stadtgemeinde A*****;

Schaden 260.599,33 S (18.938,49 Euro);

e) DI Friedrich B***** und Franz Rap***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Rainhard D*****, Alois F***** und Michael R***** am 19. September 1997 Verfügungsberechtigte des Amtes der N*****;

Schaden des Landes Niederösterreich zumindest 57.811 S (4.201,29 Euro);

f) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E***** und Manfred Rac***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Alois F***** und Michael R***** am 19. September 1997 Verfügungsberechtigte des Amtes der N*****;

Schaden des Landes Niederösterreich zumindest 33.862,09 S (2.460,85 Euro);

h) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Ing. Hubert Hof*****, Manfred Rac***** und Christian N***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Karl N***** in der Zeit zwischen 15. und 16. Februar 1999 die Verfügungsberechtigten der W*****;

Schaden 35.316,75 S (2.566,57 Euro);

i) DI Friedrich B*****, Franz Rap***** und Peter E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den je abgesondert verfolgten Franz Be*****, Monika Be*****, Franz Br*****, DI Lutz Nies*****, Roland L***** und Christian Si***** am 9. September 1999 die Verfügungsberechtigten der W***** GmbH;

Schaden 359.464,29 S (26.123,29 Euro);

j) DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Manfred Rac***** und Ing. Hubert Hof***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Karl N***** am 10. April 2000 Verfügungsberechtigten der W***** GmbH;

Schaden 97.522 S (7.087,20 Euro);

wobei DI Friedrich B***** die schweren Betrugstaten in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und die Angeklagten DI Friedrich B*****, Franz Rap***** und Peter E***** durch die Tat(en) einen 40.000 Euro übersteigenden sowie die Angeklagten Manfred Rac*****, Christian N***** und Ing. Hubert Hof***** einen 2.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführten;

B) je als Kartellmitglied mit dem Vorsatz, die Preise der Kartellleistungen zu steigern bzw ihr Sinken zu verhindern, das Kartell in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise (§ 23 Z 3 KartG) benützt bzw zu benützen versucht, und zwar

1) DI Friedrich B***** durch die

a) unter Punkt A)1)a) bis f) und h) bis j) beschriebenen Tathandlungen, sowie durch die

am 18. August 1998 mit den Verantwortlichen der A***** AG (Peter E***** und Manfred Rac*****) gewählte Vorgangsweise, dadurch, dass die A***** AG bei dem von den W***** ausgeschriebenen Auftrag zum Schein ein höheres Anbot als die DI F. B***** GmbH (P*****) abgab und die von der genannten Firma übermittelten Preise an die ausschreibende Stelle übermittelten, sohin eine eigene Preisermittlung vortäuschten, die die W***** zur Auftragserteilung an die DI F. B***** GmbH verleitete,

b) am 10. April 1998 durch die mit Rainer Hoc*****, Zäzilia H*****, Alois M***** und Heinz P***** gewählte Vorgangsweise, dadurch, dass die Genannten bei dem für die S***** GmbH ausgeschriebenen Auftrag zur Durchführung von Portalschlosserarbeiten (S*****-N*****) zum Schein jeweils ein höheres Anbot als die DI F. B***** GmbH abgaben und die vom genannten Unternehmen übermittelten Preise an die ausschreibende Stelle (Architekt DI St*****) übermittelten, sohin eine eigene Preisermittlung vortäuschten, die S***** GmbH zur Auftragserteilung an die DI F. B***** GmbH zu verleiten versucht,

2) Franz Rap***** durch die unter Punkt A)1) (richtig) a) bis f) und

h) bis j) beschriebenen Tathandlungen, (sowie durch die) am 18. August 1998 mit den Verantwortlichen der A***** AG (Peter E***** und Manfred Rac*****) gewählte Vorgangsweise, dadurch, dass die A***** AG bei dem von den W***** ausgeschriebenen Auftrag zum Schein ein höheres Anbot als die DI F. B***** GmbH (P*****) abgab und die vom genannten Unternehmen übermittelten Preise an die ausschreibende Stelle übermittelten, sohin eine eigene Preisermittlung vortäuschte, die die W***** zur Auftragserteilung an die DI F. B***** GmbH verleitete,

3) Peter E***** durch die unter Punkt A)1)d), f) und h) bis j) beschriebenen Tathandlungen,

4) Manfred Rac***** durch die unter Punkt A)1)d), f), h), j) beschriebenen Tathandlungen,

sowie (zusammengefasst) die beiden zuvor genannten Angeklagten am 18. August 1998 dadurch, dass sie als Verantwortliche der A***** AG bei dem von den W***** ausgeschriebenen Auftrag zum Schein ein höheres Anbot als die DI F. B***** GmbH (P*****) abgaben und die vom genannten Unternehmen übermittelten Preise an die ausschreibende Stelle übermittelten, sohin eine eigene Preisermittlung vortäuschten, die die W***** zur Auftragserteilung an die DI B***** GmbH verleitete,

(zusammengefasst) 5), 6), 7) und 8) Rainer Hoc*****, Zäzilia H*****, Alois M***** und Heinz P***** am 10. April 1998 durch die gewählte Vorgangsweise, dass sie mit DI Friedrich B***** bei dem für die S***** GmbH ausgeschriebenen Auftrag zu Durchführung von Portalschlosserarbeiten (S*****-N*****) zum Schein jeweils höhere Anbote als die DI B***** GmbH abgaben und die von dieser übermittelten Preise an die ausschreibende Stelle (Architekt DI St*****) übermittelten, somit eigene Preisermittlungen der Firma Hoc***** GmbH, H*****, Alois M***** GesmbH und Gebrüder P***** GesmbH vortäuschten, die zur Auftragserteilung an die DI B***** GmbH führen sollten,

9) Christian N***** durch die unter Punkt A)1)b) bis d) und h) beschriebenen Tathandlungen,

10) Ing. Hubert Hof***** durch die unter Punkt A)1)b) bis d), h) und

j) beschriebenen Tathandlungen.

Die Angeklagten DI Friedrich B*****, Franz Rap*****, Peter E*****, Manfred Rac*****, Rainer Hoc*****, Zäzilia H*****, Alois M*****, Christian N***** und Ing. Hubert Hof***** bekämpfen ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden, die von DI Friedrich B***** auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a, von Franz Rap***** auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a, von Peter E***** und Manfred Rac***** in gemeinsamer Ausführung auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a, von Rainer Hoc***** auf Z 4, 5, 5a, und 9 lit a, von Zäzilia H***** auf Z 5, 5a, 9 lit b und 10a, von Alois M***** auf Z 3, 5, 5a und 9 lit a, von Christian N***** auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a und von Ing. Hubert Hof***** auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg zur schwerpunktmäßig problematisierten Angemessenheit der Angebotspreise:

Bei einer geheim gehaltenen Submissionsabsprache wird wie hier (US 20

ff, 66, 67) vorgetäuscht, dass der - in Wahrheit aus

wettbewerbswidrigen Abreden präsumtiver Bieter entstandene -

Angebotspreis durch eine auf freiem und lauterem Wettbewerb beruhende

Kalkulation ermittelt worden sei, wodurch ein entsprechender Irrtum

auf Seite der ausschreibenden Stelle hervorgerufen wird, der zur

Erteilung des Zuschlags führt (US 26 ff, 66, 67). Der solcherart

bewirkte Schaden liegt in der Differenz zwischen dem (geringeren)

Preis der bei intaktem Wettbewerb erreicht worden wäre (wobei dieser

"Wettbewerbspreis" den Marktwert repräsentiert), und dem höheren, auf

Grund der geheimen Bieterabsprache (irrtumsbedingt) ohne Wettbewerb

akzeptierten und bezahlten. Maßstab ist nach gefestigter Judikatur

der hypothetische Wettbewerbspreis, wogegen es auf

Preisangemessenheit nicht ankommt (EvBl 2001/8 = JBl 2001, 198; EvBl

2002/39 = wbl 2002, 40; H. Steininger, Zur Strafbarkeit von

Preisabsprachen im Baugewerbe, RZ 2000, 116 [120, 121];

Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 34, 53, 86). Weil die Frage nach einer Angemessenheit der Angebotspreise somit keine entscheidende Tatsache betrifft und das Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung des konstatierten Sachverhalts zutreffend für den Betrugsschaden die vorstehend bezeichnete Differenz als maßgeblich erachtete (insbesondere US 67, 68), bedürfen die auf Preisangemessenheit bezogenen Beschwerdeargumente in Ansehung der Betrugsstrafbarkeit keiner weiteren Erörterung (ebenso, schon wegen des Neuerungsverbotes, die vom Angeklagten DI B***** im Rechtsmittelverfahren vorgelegten Schriftstücke).

Dies gilt für

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