OGH 11Os107/97

OGH11Os107/9714.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manuela N***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 17. April 1997, GZ 8 Vr 819/96-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Schroll der Angeklagten und der Verteidigerin Mag.Müller, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 14. November 1978 geborene Manuela N***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt, weil sie

A) am 9., 20. und am 24. Oktober 1996 im einverständlichen

Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Jürgen F***** und Cäcilia R***** den bestehenden Vorschriften zuwider bei drei Fahrten von Bratislava nach Wien insgesamt ca 38 g Heroin, somit Suchtgift in einer großen Menge, einführte und

B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG Suchtgifte erwarb und

besaß, und zwar

1) seit November 1993 "regelmäßig" Cannabisharz

2) seit ca Anfang November 1996 Heroin

Der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO die Voraussetzungen vorläufiger Verfahrenseinstellung nach § 9 SGG reklamierenden Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu:

Rechtliche Beurteilung

Mit der Behauptung, Heroin lediglich zum Eigenkonsum eingeführt zu haben, geht die Beschwerdeführerin nicht von den Urteilsannahmen aus, wonach der abgesondert verfolgte Jürgen F***** bei allen Suchtgiftschmuggelfahrten am gemeinsam eingeführten Heroin partizipierte und überdies 22 g des von der Angeklagten am 9. Oktober 1996 als Mittäterin nach Österreich gebrachten Heroins für Cäcilia und Adolf R***** bestimmt waren. Insoweit wird die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, fordert doch dieser materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund einen Vergleich der tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen mit dem darauf angewendeten Gesetz.

Im übrigen liegt die geltend gemachte Nichtigkeit entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen nicht vor:

Zu den kumulativ geforderten Voraussetzungen einer vorläufigen Verfahrenseinstellung nach § 9 JGG zählt unter anderem, daß die Schuld des Täters nicht als schwer anzusehen ist. Ob dies zutrifft, ist nach Strafbemessungsgrundsätzen (§ 32 StGB) zu beurteilen, wobei schwere Schuld im Sinne der Gesetzesstelle keineswegs ein Überwiegen der Erschwerungsumstände voraussetzt (JBl 1992, 197).

Schon an diesem Erfordernis einer nicht als schwer anzusehenden Schuld der jugendlichen Angeklagten fehlt es. Ausgehend vom hohen Tatunwert, den der Gesetzgeber einem derartigen Suchtgiftverbrechen durch die in § 12 Abs 1 SGG vorgesehene Strafdrohung erkennbar beimißt, läßt der in der Menge des eingeführten Heroins und in der Mitwirkung am Erlangen des Suchtgifts durch Jürgen F***** und Cäcilia R***** sowie an dessen Weitergabe an Adolf R***** zum Ausdruck kommende soziale Störwert des Suchtgiftverbrechens aber auch der über drei Jahre hindurch betriebene Suchtgiftmißbrauch, die Annahme einer nicht als schwer einzustufenden Schuld nicht zu.

Auch die von der Beschwerdeführerin behaupteten zusätzlichen und bei der Schuldabwägung im Sinne des § 9 Abs 1 JGG heranzuziehenden Milderungsgründe des § 34 Z 7, 9 und 16 StGB liegen nicht vor.

Die insgesamt drei Schmuggelfahrten zwecks Einfuhr von insgesamt 38 g, in Bratislava billiger als in Wien erworbenem Heroin indizieren weder eine verlockende Gelegenheit, der auch ein rechtstreuer Mensch unterliegen könnte, noch läßt sich in diesem zielgerichteten Vorgehen eine bloß unbesonnene Tathandlung erblicken, die auf einen sonst unterdrückbaren Willensimpuls zurückzuführen war.

Daß der seit 1993 anhaltende Drogenmißbrauch lediglich aufgrund der Angaben der Angeklagten festgestellt werden konnte, wurde vom Erstgericht als mildernd berücksichtigt; dieser Beitrag zur Wahrheitsfindung entspricht aber der Beschwerde zuwider keiner Selbststellung im Sinne des § 34 Z 16 StGB.

Der Jugendschöffensenat ging darüberhinaus zutreffend davon aus, daß der wiederholte Besitz von Cannabisharz und Heroin als Erschwerungsgrund nach § 33 Z 1 StGB zu werten ist, zumal auch bei Drogenkonsumenten der fortgesetzte Verstoß gegen § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG eine gesteigert wertwidrige Einstellung erkennen läßt.

Die der Angeklagten zugute kommenden Milderungsgründe, die somit entgegen ihrer Ansicht vom Erstgericht vollständig aufgezeigt wurden, vermögen im Zusammenhalt mit den vom Jugendgerichtshof richtig erkannten Erschwerungsumständen den Unrechts- und Schuldgehalt der vorgeworfenen Taten nicht entscheidend zugunsten einer nicht mehr als schwer anzusehenden Schuld zu reduzieren.

Damit erübrigt sich aber ein weiteres Eingehen auf die von der Beschwerdeführerin erwogenen spezialpräventiven Voraussetzungen für eine vorläufige Verfahrenseinstellung nach § 9 Abs 1 JGG.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aber auch die Berufung, mit der die Angeklagte einen Schuldspruch ohne, allenfalls unter Vorbehalt einer Strafe, in eventu eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebt, ist unbegründet.

Angesichts dessen, daß die von der Berufungswerberin reklamierten zusätzlichen Milderungsgründe, wie oben dargelegt, in Wahrheit nicht gegeben sind, erweist sich die vom Erstgericht ausgefällte Strafe als tat- und schuldgerecht. Damit liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 12 JGG, aber auch jene für einen Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (S 13 JGG) nicht vor.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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