Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Georg S***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs l Z l und Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er im Jahr 1993 in Wien als verantwortlicher Bauleiter bzw als "eingesetzter Bautechniker" der S***** Baugesellschaft mbH (SBG), mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten die genannte GmbH unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der Stadt Wien
I. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer der SBG Franz G***** dadurch, dass sie im Zuge des Bauvorhabens "KFZ Verwahrstelle, 11. Bezirk, Anschlussstelle Simmeringer Haide" namens des Auftragnehmers, der Bauunternehmung DI Dr. Adalbert K*****, diverse Arbeiten und Materialien unter den Positionen "Lieferung von Schüttmaterial", "Dammaufstandsflächen", "Dammkörperschütten", "Frostschutz", "Frostschutz im Zusammenhang mit Bodenauswechslung", "Unterbauplane", "Aushub und Wegschaffen von Boden", sowie "Rasenabtragen und Lagern", die tatsächlich nicht erbracht wurden, in der Schlussrechnung - verbunden mit der unrichtigen Behauptung der jeweiligen Lieferung bzw Leistungserbringung - in Rechnung stellten, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Zahlung eines Betrages von 7,295.928,15 S verleitet, wodurch die Stadt Wien um diesen Betrag geschädigt wurde;
II. an der Baustelle "UNO-Umfahrungsstraße" im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit DI Anton P***** und über Bestimmung des Geschäftsführers der SBG Franz G***** zu Handlungen, und zwar zur Zahlung von Werklöhnen verleitet, die die Gemeinde Wien um zusammen 647.744,20 S am Vermögen schädigten und zwar:
l. durch die Vorspiegelung, das dort anfallende Aushubmaterial sei durch die H***** Waren-, Handels- und Transport GmbH weggeführt und entsorgt worden, obwohl es in Wahrheit nicht von der Baustelle verführt worden, sondern dort verblieben und zumindest teilweise zur Anschüttung des Lärmschutzdammes verwendet worden war, zur Zahlung von 256.043,20 S, wobei er zur Begehung des Betruges falsche Beweismittel, nämlich von Gerhard H***** als dem Geschäftsführer der H***** Waren-, Handels- und Transport GmbH wahrheitswidrig ausgefüllte Lieferscheine gebrauchte;
2. durch die Vorspiegelung, die SBG hätte im Durchschnitt 30 cm Mutterboden auf dem erwähnten Lärmschutzdamm aufgebracht, obwohl sie in Wahrheit keinen Mutterboden aufgeschüttet hatte, zur Zahlung von 391.701 S.
Diese Schuldsprüche bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Ziffern 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO, der keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrages auf Einvernahme des Zeugen H***** (S 198/II) Verteidigungsrechte nicht verletzt. Einerseits ist die in der Rüge erwähnte Erwartung des Angeklagten hinsichtlich Bekundungen dieses Zeugen (auch) über den auf ihm lastenden Druck nicht durch das im Beweisantrag angeführte Thema gedeckt, andererseits ist das Erstgericht ohnedies davon ausgegangen, dass Georg S***** beim Faktum I auf Weisung (zwar nicht des Mitangeklagten Ing. H*****, wohl aber des Geschäftsführers der SBG Franz G*****, sohin jedenfalls) eines "Vorgesetzten" gehandelt hat und Motiv seiner Willfährigkeit die Erhaltung seines Arbeitsplatzes war (US 36 f). Dazu kommt, dass die Tatrichter - wie bei Erörterung der Rechtsrüge noch darzulegen sein wird - in ihrer rechtlichen Beurteilung zum (zutreffenden) Ergebnis gekommen sind, dass der mit einer allfälligen Weigerung der Befolgung der Anweisungen zur Begehung der Straftat in Aussicht gestellte wirtschaftliche Nachteil (Entlassung) keinesfalls entschuldigenden Notstand (§ 10 Abs 1 StGB) zu begründen vermag, sodass das Beweisthema insofern keine entscheidende Tatsache betraf.
Aber auch die behaupteten Begründungsfehler (Z 5) liegen nicht vor:
Weder ist der Passus "tatsächlich wurden vom Angeklagten S***** auf der Baustelle Mindereinbauten ..... in einem Wert von zumindest 7,295.028,15 S veranlasst, diese jedoch in der Folge der Gemeinde Wien teilweise unter Zuhilfenahme der von ihm angefertigten unrichtigen Unterlagen verrechnet, sodass diese hinsichtlich der Baustelle KFZ-Verwahrstelle um diesen Betrag geschädigt wurde" (US 13) undeutlich, weil bei verständiger, den Gesamtzusammenhang berücksichtigender Lesart klar ist, dass sich "teilweise" nicht auf "verrechnet", sondern auf die davor stehende Wendung "unter Zuhilfenahme der von ihm angefertigten Unterlagen" bezieht, noch weist die Annahme der Richtigkeit des Berichtes des Kontrollamtes hinsichtlich der Mindereinbauten bei der KFZ-Verwahrstelle eine unzureichende Begründung auf, wird doch durch die Verwendung der Beurteilungskriterien "logisch und nachvollziehbar" (US 26) bzw "realistisch und nachvollziehbar" (US 30) im Zusammenhalt mit dem (vom Beschwerdeführer verschwiegenen) Hinweis auf die vorgenommenen Probebohrungen ausreichend verdeutlicht, dass sich die Tatrichter mit dem Kontrollamtsbericht auseinandergesetzt und ihn - mit positivem Ergebnis - auf seine Stichhaltigkeit überprüft haben (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 146).
Im Übrigen verkennt der Beschwerdeführer, dass der Nichtigkeitsgrund der Z 5 nicht schon vorliegt, wenn der aus den Beweisergebnissen gezogene Schluss nicht zwingend ist, sondern nur dann, wenn aus den vom Gericht ermittelten Prämissen nach den Denkgesetzen die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen überhaupt nicht abgeleitet werden konnten (Mayerhofer aa0 E 147, 148). Tatsächlich versucht er insoweit die Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.
Das Gericht war auch keineswegs verhalten, sich noch eingehender als auf US 30 mit der Verantwortung des Angeklagten auseinander zu setzen, sondern hat dem Erfordernis ausreichender Begründung bereits mit der Erörterung einander widersprechender Verfahrensergebnisse und dem (wenn auch nur kurzen) Verweis auf die ihrer Beurteilung zu Grunde liegenden Erwägungen entsprochen.
Fehl geht auch die auf die Formulierung "es drängt sich der Verdacht auf" bezogene Beschwerde mangelnder Deutlichkeit und Vollständigkeit hinsichtlich der Verwendung gefälschter Lieferscheine der Firma H*****, stellt doch diese Wendung nicht den Ausdruck eines Zweifels der Tatrichter, sondern ersichtlich das Ergebnis ihrer beweiswürdigenden Überlegungen dar.
Soweit der Nichtigkeitswerber das Fehlen von Feststellungen (Z 9 lit b) über den "enormen Druck", dem er ausgesetzt war, sowie - als Begründungsgebrechen - das Unterbleiben einer Auseinandersetzung mit seiner diesen behauptenden Verantwortung rügt, genügt mit Beziehung auf die Ausführungen zur Rechtsrüge der Hinweis, dass die vermisste Annahme keine entscheidende - also für die rechtliche Beurteilung der Tat oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes bedeutende - Tatsache betrifft, sondern bei der Strafzumessung relevant ist.
Als nicht zielführend erweist sich auch das Bemühen des Beschwerdeführers, in Ansehung des ihm unterstellten Schädigungsvorsatzes Begründungsfehler in Form eines inneren Widerspruchs sowie einer unzureichenden Begründung aufzuzeigen.
Abgesehen davon, dass ein innerer Widerspruch schon mangels einander widersprechender Urteilsfeststellungen über entscheidende Tatsachen (oder deren Begründung) nicht vorliegt (vgl Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 45), verkennt der Nichtigkeitswerber, dass die von ihm zitierten eigenen Angaben in der Hauptverhandlung, wonach er vom Interesse des Bauherrn an einer Mehrverrechnung informiert und ihm klar gewesen sei, dass diese Vorgangsweise zwischen den Verantwortlichen seiner Firma und der MA 28 "so" ausgemacht worden war, nicht geeignet sind, den ihm angelasteten Vorsatz einer Schädigung der Gemeinde Wien an ihrem Vermögen auszuschließen. Der - mit der Forderung nach anderen, vom Fehlen der subjektiven Tatseite ausgehenden Urteilsfeststellungen verbundene - Hinweis auf die Verantwortung, wonach er den Angaben "der MA 28" bzw des DI P***** hinsichtlich der Qualität der auf dem Lärmschutzdamm aufgebrachten Erde als "Mutterboden" vertraut habe und zum Zeitpunkt der Aufschüttung nicht mehr auf der Baustelle gewesen sei, übergeht die ausführlichen Erwägungen der Tatrichter, welche aus eben diesen Angaben des Angeklagten iVm damit, dass der Mutterboden weder bestellt noch vom Beschwerdeführer überprüft wurde, mängelfrei den Schluss zogen, "dass es ihm völlig klar war, dass diese Position unter Vortäuschen der nicht erfolgten Aufbringung zu Unrecht verrechnet werde und der Auftraggeber... einen Schaden ..... erleiden werde" (US 41). Tatsächlich zielt das Beschwerdevorbringen insoweit nur neuerlich darauf ab, die formell unbedenkliche Beweiswürdigung des Schöffensenates in Zweifel zu ziehen.
Gleiches gilt für die Behauptung von Begründungsmängeln hinsichtlich des Faktums II/1. Denn das Schöffengericht hat die - Schaden und Schädigungsvorsatz leugnende - Verantwortung des Angeklagten S***** keineswegs unbegründet als (bloße) "Schutzbehauptung" abgetan, sondern zog diesen denkrichtigen Schluss aus dessen späterer Aussage, wonach ihm sämtliche "H*****-Lieferscheine" auf einmal übergeben worden waren und er sie in Kenntnis der Unrichtigkeit nachträglich in die Bautagesberichte zum Nachweis einer (tatsächlich nicht erfolgten) "Verfuhr" eingetragen habe. Zudem haben sich die Tatrichter eingehend mit seiner diesbezüglichen Zeugenaussage im Verfahren gegen Franz G***** auseinandergesetzt (US 38), sodass der Konklusion, der Angeklagte habe im Hinblick auf die Kenntnis des Kubikmeterpreises sowie der zuviel verrechneten Menge auch die Schadenshöhe im Detail gekannt, kein Begründungsmangel anhaftet.
Mit dem Einwand, allein aus der Verrechnung von Mengen sowohl der Eluatklasse I als auch der Eluatklasse II, die über den in der Ausschreibung projektierten liegen, wäre die Unrichtigkeit seiner - den Abzug nicht erbrachter Leistungen behauptenden - Verantwortung nicht abzuleiten, übergeht der Beschwerdeführer die im Urteil zusätzlich angeführten Argumente (Unzulässigkeit einer Verrechnung der "Verfuhr" eines Großteils des als Lärmschutzdamm aufgeschütteten Aushubmaterials bei - eingestandener - nach- träglicher Eintragung der angeblichen "Verfuhr" in die Bautagesberichte an Hand falscher Lieferscheine - US 39).
In seiner - undifferenziert auf die Z 9 lit a und 9 lit b gestützten - Rechtsrüge reklamiert der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz (Verlust des Arbeitsplatzes) die Annahme einer Notstandssituation (§ 10 StGB) und behauptet überdies hinsichtlich des Schuldspruchfaktums II das "Fehlen eines vorsätzlichen betrügerischen Handelns" bzw das Vorliegen bloßer Fahrlässigkeit.
Während letzterer Teil der Rechtsrüge schon mangels Orientierung am festgestellten (das Vorliegen eines Betrugsvorsatzes bejahenden) Sachverhalt nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gelangt, geht der erste Teil aus folgenden Gründen fehl:
Gemäß § 10 Abs 1 StGB ist derjenige, der eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war.
Primäre Voraussetzung für die Annahme eines entschuldigenden Notstandes ist demnach, dass der bedeutende Nachteil für den Notstandstäter selbst oder einen anderen unmittelbar bevorsteht, also die Gefahr des Eintritts eines bedeutenden Nachteils psychologisch so eindrücklich ist, dass das rechtswidrige Verhalten - ausnahmsweise - entschuldigt werden kann (vgl DokStGB S 63).
Die Imminenz eines solchen Übels lassen jedoch die bezüglichen Urteilsannahmen nicht erkennen, ist doch darin bloß von "(An-)Weisung(en)" (US 25, 30, 32, 37) oder von "Initiative" (US 29) sowie davon die Rede, "dass er dadurch, dass er sich willfährig zeigte, seinen Arbeitsplatz bei der SBG behalten konnte" (US 37) bzw dass er "es nicht einmal in Erwägung gezogen hat, den Aussagen des DI P***** zu widersprechen, weil ihm mit Sicherheit klar war, dass er sich damit Schwierigkeiten mit seinem Chef Franz G***** eingehandelt hätte" (US 41) und - allerdings erst in den Strafzumessungserwägungen - "dass er .... unter Druck seines Vorgesetzten, des Franz G*****, ... gehandelt hat" (US 46).
Im vorliegenden Fall mangelte es demnach bereits am Erfordernis der Befürchtung des unmittelbar bevorstehenden bedeutenden Nachteils, sodass eine Anwendbarkeit des § 10 Abs 1 StGB schon deshalb nicht in Betracht kam (vgl JBl 1984, 619).
Davon abgesehen läge die weitere Prämisse, wonach in der Situation des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war, nur dann vor, wenn - fallbezogen - der vom Angeklagten befürchteten Repressalie seines Vorgesetzten nicht auch auf andere Weise, etwa durch Inanspruchnahme behördlicher Hilfe hätte begegnet werden können (vgl 12 Os 144, 145/96); auch dafür ergeben sich aus dem Urteilssachverhalt jedoch keinerlei Anhaltspunkte.
Soweit schließlich die bereits in der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachten Einwände ohne nähere Konkretisierung auch unter den Gesichtspunkten der Z 9 lit a und 9 lit b releviert werden, entziehen sie sich mangels Erfüllung der vom Gesetz geforderten Voraussetzung einer deutlichen und bestimmten Darstellung der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe (§ 285a Z 2 StPO) einer sachlichen Beantwortung.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Georg S***** war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 43 Abs 1, 147 Abs 3 StGB zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 15 Monaten.
Dabei wertete es das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen erschwerend; mildernd berücksichtigte es hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Teilgeständnis, dass er die Taten unter Druck seines Vorgesetzten Franz G***** setzte, der allein daraus Vorteile zog, ferner das überwiegende Mitverschulden der Beamten der MA 28 sowie der Verantwortlichen der Firma K***** und die teilweise Schadensgutmachung.
Der gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufung des Angeklagten zuwider sieht sich der Oberste Gerichtshof zu der Herabsetzung der Freiheitsstrafe nicht bestimmt, weil das Schöffengericht die Strafzumessungsgründe richtig festgestellt und auch zutreffend gewichtet hat.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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