BVwG L518 2216088-1

BVwGL518 2216088-130.8.2021

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:L518.2216088.1.00

 

Spruch:

 

 

L518 2216088-1/15E

L518 2216089-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der (1.) XXXX geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, und des (2.) XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (1.) vom 22.02.20219, Zl. XXXX und (2.) vom 22.02.2019, Zl. XXXX wegen §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz (AsylG 2005) und §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 zu Recht:

 

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Am 29.11.2018 stellte die Erstbeschwerdeführerin (in weiterer Folge auch kurz als „BF1“ bezeichnet) für sich und als gesetzliche Vertreterin für ihren Sohn, den Zweitbeschwerdeführer (BF2) einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde die BF1 am 06.02.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Wien, im Beisein einer Dolmetscherin in georgischer Sprache von der zur Entscheidung berufenen Organwalterin im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Zu den Gründen ihrer Antragstellung befragt gab die BF 1 an, dass dies der Gesundheitszustand des BF2 wäre. Ein Ende der Gesundheitsbeeinträchtigung sei nicht absehbar und würden sie deswegen auch nicht nach Georgien zurückkehren. Im Falle einer Ausweisung würde sie mit ihrem Sohn in ein anderes Land fahren.

I.3. Der Antrag der BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (SP I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (SP II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (SP III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (SP IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (SP V.) Gem § 55 Absatz 1a FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (SP VI.).

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Es wurde festgestellt, dass die BF den Herkunftsstaat aus rein medizinischen Gründen verlassen haben. Eine Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen konnte nicht festgestellt werden. Im September 2018 wurden die BF aus Deutschland nach erfolgter Stellung eines Asylantrages aus medizinischen Gründen nach Georgien abgeschoben. Die BF werden in Georgien keiner unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.4. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

In der Beschwerde wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht, dass in Georgien nicht alle Medikamente für den BF2 erhältlich sind und auch keine Feststellungen über die Kosten getätigt wurden. Auch wäre nicht ermittelt worden, inwieweit die nicht verfügbaren Medikamente unabdingbar für die Behandlung sind. Das Bundesamt hätte zudem prüfen müssen, ob die Behandlungsmöglichkeiten zugänglich sind, eine Verfügbarkeit alleine sei nicht wesentlich. Zwei Arztbriefe aus Georgien seien zudem nicht ausreichend gewürdigt worden. In Georgien werden jedenfalls keine Operationen zur Blasenaugmentation und keine Transplantation bei Kindern durchgeführt. Auch hätten die BF in Georgien keine Möglichkeit einer Unterkunftnahme. Jedenfalls würde eine Abschiebung nach Georgien für den BF2 das reale Risiko bergen, die lebensnotwendigen Operationen nicht durchführen zu können und keinen Zugang zu den lebensnotwendigen Medikamenten zu haben.

Weites wird beantragt, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte II. – VII. zu beheben und festzustellen, dass den BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukomme. In eventu sei festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, in eventu die Spruchpunkte II. bis IV. zur Gänze zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Darüber hinaus wird jedenfalls eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt.

I.5. Mit Eingabe vom 06.04.2021 langte die Stellungnahme der rechtlichen Vertretung zu den am 10.03.2021 übermittelten Länderberichten ein. Darin wird abermals mitgeteilt, dass beim BF2 eine Blasenaugmentation und eine Nierentransplantation durchgeführt wurde. Es liege eine extrem komplizierte nephro-urologische und transplantologische Situation mit zusätzlich noch erheblich erhöhter Blutungsbereitschaft vor. Es ist daher notwendig, dass der BF2 weiter an einem hochspezialisierten transplantnephrologischen sowie auch urologischen Zentrum nachbetreut wird.

I.6. Am 07.04.2021 wurde an die Staatendokumentation eine Anfrage gesendet, ob in Georgien eine Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation bei einem 16-jährigen männlichen Patienten möglich ist. Am 09.04.2021 wurde in der ersten Teilantwort diesbezüglich mitgeteilt, dass es in Georgien große Erfahrung mit Harnblasenaugmentationen gibt, bis dato jedoch keine mit anschließender Nierentransplantation durchgeführt wurden.

I.7. Am 12.04.2021 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein der BF1, samt ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie einem Dolmetscher für die georgische Sprache durchgeführt. Dabei wurde ein Konvolut an medizinischen Unterlagen und eine Medikamentenliste vorgelegt.

I.8. Am 14.04.2021 wurde ein Erhebungsersuchen an den Verbindungsbeamten in Georgien übermittelt und um Beantwortung folgender Fragen ersucht:

1.) Sind die in der beiliegenden Medikamentenliste angeführten Medikamente in Georgien erhältlich? Wenn nein: Gibt es alternative Medikamente (Wirkstoffgruppen) um eine Abstoßung nach einer Blasenaugmentation mit Nierentransplantation zu verhindern?

 

2) Sind in Georgien regelmäßige Blutkontrollen möglich (wg. Abstoßung eines neuen Organes)?

 

3) Wie hoch sind die Kosten für eine medizinische (Nach-)Behandlung bzw. für die oa. erforderlichen Medikamente?

 

4) Welche Kosten hat die bP für eine medizinische Behandlung bzw. für die Medikamente zu tragen? Gibt es staatliche bzw. nichtstaatliche Institutionen (NGO’s etc.) die einen Kostenzuschuss gewähren? Wenn ja, in welcher Höhe?

I.9. Mit Eingabe vom 26.05.2021 langte die Beantwortung des Erhebungsersuchens des Verbindungsbeamten ein. Darin wird mitgeteilt, dass sieben von neun Medikamenten erhältlich sind bzw. Präparate mit gleichem Wirkstoff. Regelmäßige Blutkontrolle werden in Georgien durchgeführt. Im Rahmen des staatlichen Programmes werden die Immunsuppressiva kostenfrei verabreicht, Kosten der ambulatorischen Behandlung sowie Facharzt Untersuchungen werden nicht ersetzt. Kosten für die (Nach-) Behandlung und für erforderliche Medikamente sind in jedem konkreten Fall individuell (abhängig davon in welcher Klinik der Eingriff bzw. der Kauf von Medikamenten stattfindet und abhängig von den sozialen Verhältnisse der bP).

 

I.10. Mit Schreiben des BVwG vom 26.05.2021 wurde den BF die Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten mit der Einladung übermittelt, binnen 14 Tagen (Einlangen BVwG) eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

I.11. Mit Eingabe vom 08.06.2021 langte die Stellungnahme der rechtlichen Vertretung ein. Darin wird mitgeteilt, dass es sich im konkreten Fall um einen schwerkranken Jugendlichen mit einer komplizierten Krankheit handelt, die schon mehrfach ambulanter ärztliche Hilfe erforderlich macht, welche wegen fehlender angemessener Behandlung aber auch wegen fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung (aufgrund von finanziellen Möglichkeiten) eine ernste, rasche und unwiederbringliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes (Hohes Risiko des Verlusts der transplantierten Niere! ) mit sich bringt, die zu einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde.

I.12. Am 22.06.2021 langte die zweite Teilantwort bezüglich der am 07.04.2021 gestellten Anfrage an die Staatendokumentation ein. Von Dr. Archil CHKHOTUA wurde diesbezüglich ausgeführt, dass im April 2021 die erste Patientin (ein 14 Jahre altes Mädchen) für eine Nierentransplantation mit Blasenaugmentation vorbereitet wurde. Somit kann mitgeteilt werden, dass prinzipiell eine solche Operation in Georgien durchgeführt werden kann. Folgerichtig kann nach durchgeführter OP auch die anschließende Nachversorgung durchgeführt werden. Weiters wurde mitgeteilt, dass Blasenaugmentationen in Georgien zu Routineoperationen gehören inklusive pädiatrischer Patienten. Ebenso gehören Nieren-Transplantationen zu Routineeingriffen in Georgien.

I.13. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die BF1 führt den im Spruch genannten Namen, sie ist Staatsangehörige von Georgien, Angehörige der georgischen Volksgruppe und orthodoxe Christin. Die BF1 wurde am XXXX in XXXX geboren und lebte gemeinsam mit ihrer Tochter und dem BF2 in XXXX . Aufgrund ärztlicher Behandlungen des BF2 hatte die BF1 auch in Tiflis einen Wohnsitz. Die BF1 ist geschieden, im Herkunftsland wohnen noch die Eltern, zwei Brüder, zwei Onkel und die Tochter.

Der BF2 führt den im Spruch genannten Namen, er ist Staatsangehöriger von Georgien, Angehöriger der georgischen Volksgruppe und orthodoxer Christ. Der BF2 wurde am XXXX in Georgien geboren und wird von seiner Mutter im Verfahren gesetzlich vertreten.

Der BF2 hat eine angeborene Harnwegsfehlbildung, die im April 2016 zu einer terminalen dialysepflichtigen Niereninsuffizienz geführt hat. Der BF2 wurde im Oktober 2018 in Leipzig mehrmals am Harntrakt operiert, das Fortschreiten der Nierenerkrankung konnte nicht verhindert werden. Im November 2018 wurde der BF2 vom AKH Wien in das chronische Dialyseprogramm aufgenommen. Am 24.09.2019 wurde beim BF2 eine Blasenaugmentation durchgeführt. Am 27.02.2020 wurde eine geplante Lebendnierentransplantation (die Mutter spendete eine Niere) in Innsbruck durchgeführt. Der BF2 konnte mit guter Transplantatfunktion aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Bezüglich der vom BF2 benötigten Medikamente bzw. den in Georgien vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten wurden am 07.04.2021 Anfragen an die Staatendokumentation und am 13.04.2021 an den Verbindungsbeamten des BM.I in Georgien gestellt.

Im Herkunftsstaat leben noch die bei der BF1 angeführten Verwandten.

Beide BF hielten sich vom 27.04.2017 bis 11.09.2018 in Leipzig, Deutschland, auf. Ein dort gestellter Antrag auf Gewährung von Asyl wurde abgewiesen und die BF nach Georgien abgeschoben.

Am 27.11.2018 verließen die BF abermals Georgien legal vom Flughafen Kutaisi aus mit dem Flugzeug noch Wien-Schwechat, wo sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

Die BF verfügen über georgische Reisepässe.

Die BF sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

Die BF gehörten keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in ihrem Herkunftsstaat vor der Ausreise keine Schwierigkeiten mit staatlichen Organen, Sicherheitskräften oder Justizbehörden zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor der Ausreise Schwierigkeiten aufgrund ihres Bekenntnisses zur christlich-orthodoxen Religion bzw. ethnischen Zugehörigkeit zur georgischen Volksgruppe zu gewärtigen hatte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Den BF droht im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung der Beschwerdeführerin festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine in Georgien drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge, stammesbezogene Gewalt oder organisierte kriminelle Handlungen sowie willkürliche Gewaltausübung.

Die BF verfügen über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage in ihrem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft.

Die BF halten sich seit 27.11.2018 durchgehend in Österreich auf.

Die BF1 hat einen Deutschkurs besucht und ein Zertifikat A2 vorgelegt.

Die BF haben in Österreich keine Verwandten und die BF1 ist außer für den BF2 für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung bzw. Verschlechterung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person der BF gelegenen Umständen.

Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation des BF.

Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

In Bezug auf die individuelle Lage der BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte oder gar verschlechterte Situation festgestellt werden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in ihrem Heimatland Georgien droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Die Abschiebung der BF nach Georgien ist zulässig und möglich.

Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

 

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

 

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Politische Lage

Letzte Änderung am 13.7.2020

 

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 10.3.2020).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 10.3.2020).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei „Georgischer Traum“ sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die „Vereinigte Nationale Bewegung“ (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die „Allianz der Patrioten Georgiens“ (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der „Georgische Traum“ 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).

Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die übernächsten, 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (KP 23.11.2019a; vgl. RFE/RL 28.11.2019). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bereits bei der für Oktober 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollten (DW 24.6.2019; vgl. RFE/RL 5.8.2019). Die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit zur Abänderung des Wahlgesetzes für die Wahl 2020 kam infolge des parlamentarischen Abstimmungsverhaltens der Regierungspartei „Georgischer Traum“ nicht zustande (KP 23.11.2019a; vgl. NZZ 20.11.2019).

Zu Beginn des Jahres 2020 kam es zu Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien, wobei im März 2020 ein Kompromiss erzielt werden konnte. Bei den kommenden Wahlen im Oktober 2020 werden 120 Abgeordnete über proportionale Parteilisten und 30 Abgeordnete über das Mehrheitswahlsystem (Wahlkreise mit einem einzigen Mandat) gewählt werden. Die Wahlhürde für die Verhältniswahl wird auf 1% der Stimmen festgelegt. Es wird ein Begrenzungsmechanismus eingeführt, der vorsieht, dass keine einzelne Partei, die weniger als 40 % der abgegebenen Stimmen erhält, die Mehrheit der Sitze im Parlament erhalten darf (civil 8.3.2020; vgl. KP 11.4.2020).

Quellen:

 CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html , Zugriff 12.8.2019

 civil.ge (8.3.2020): Georgian Dream, Opposition Reach Consensus over Electoral Reform, https://civil.ge/archives/341385 , Zugriff 9.3.2020

 DW – Deutsche Welle (24.6.2019): Proteste in Tiflis trotz Zugeständnissen, https://www.dw.com/de/proteste-in-tiflis-trotz-zugeständnissen/a-49339505 , Zugriff 13.8.2019

 FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html , Zugriff 12.8.2019

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.2020

 KP – Kaukasische Post (23.11.2019a): Vorhängeschlösser und Wasserwerfer ersetzen den politischen Diskurs, http://www.kaukasische-post.com/?p=3078 , Zugriff 17.1.2020

 KP – Kaukasische Post (23.11.2019b): Welches Wahlrecht für Georgien?, http://www.kaukasische-post.com/?p=3075 , Zugriff 17.1.2020

 KP – Kaukasische Post (11.4.2020): Neues Wahlrecht mit Virus infiziert?, in: Kaukasische Post Ausgabe März 2020, Seiten 1,2.

 NZZ – Neue Zürcher Zeitung (20.11.2019): Georgiens Politiker manövrieren sich in eine Sackgasse, https://www.nzz.ch/international/georgien-proteste-nach-gebrochenem-versprechen-ld.1522982 , Zugriff 22.11.2019

 OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (29.11.2018): International Election Observation Mission, Georgia – Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true , Zugriff 12.8.2019

 RFE/RL – Radion Free Europe/Radion Liberty (28.11.2019): Georgian Police Cordon Off Parliament Building To Prevent Opposition Rally, https://www.rferl.org/a/georgian-police-cordon-off-parliament-building-to-prevent-opposition-rally/30297334.html , Zugriff 2.12.2019

 RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html , Zugriff 12.8.2019

 RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2019): Georgian Parliament Speaker Presents Amendments To Electoral Code, https://www.rferl.org/a/georgian-parliament-speaker-presents-amendments-to-electoral-code/30093372.html , 13.8.2019

 Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt , Zugriff 12.8.2019

1. Sicherheitslage

Letzte Änderung am 13.7.2020

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen (EDA 23.3.2020; vgl. BMEIA 13.5.2020). Die Kriminalität ist gering (MSZ 25.5.2020; vgl. EDA 23.3.2020).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetiens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Quellen:

 BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten der Republik Österreich (13.5.2020): Reiseinformation Georgien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/georgien/ , Zugriff 10.6.2020

 EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf , Zugriff 30.1.2019

 EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (23.3.2020): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html , Zugriff 10.6.2020

 MSZ – Ministerstwo Spraw Zagranicznych Rzeczypospolitej Polskiej (25.5.2020): Informacje dla podróżujących – Gruzja, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/gruzja , Zugriff 10.6.20202. Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung am 16.3.2020

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 10.3.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf , Zugriff 22.8.2019

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.20203. Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung am 13.7.2020

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation der Strafverfolgung und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitsdienste und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, der für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass die zivilen Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben (USDOS 11.3.2020).

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).

Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 11.3.2020) und Straffreiheit bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector‘s Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector‘s Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019; vgl. HRW 14.1.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 Eurasianet (19.4.2020): Dashboard: Coronavirus in Eurasia, https://eurasianet.org/dashboard-coronavirus-in-eurasia , Zugriff 20.4.2020

 HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia , Zugriff 17.1.2020

 SIS - State Inspector‘s Service (22.8.2019): Who we are? https://personaldata.ge/en/about-us# , Zugriff 22.8.2019

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.20204. Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung am 16.3.2020

Während die Verfassung und das Gesetz Folter verbietet, gibt es Berichte, dass sie von Regierungsbeamten angewandt wird (USDOS 11.3.2020). Umfangreicher Personalaustausch, insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsperson und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und gegebenenfalls unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 19.10.2019).

Beim Besuch des Europäischen Anti-Folterkomitees des Europaratals (CPT) im September 2018 wurden seitens Personen, die sich in Polizeigewahrsam befanden oder zuvor befunden hatten kaum Anschuldigungen wegen Misshandlung durch Polizeibeamte erhoben. Keinerlei diesbezügliche Anschuldigungen gab es gegenüber dem Personal in temporären Haftinstitutionen (CoE-CPT 10.5.2019). Das Büro der Ombudsperson erhielt im Zeitraum Jänner bis September 2019 54 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder die Polizei und ersuchte hierbei die Staatsanwaltschaft, in 52 Fällen Untersuchungen einzuleiten. Keine der Untersuchungen führte zu einer Strafverfolgung (HRW 14.1.2020).

Was Misshandlung betrifft, gab es den Aktionsplan zur Bekämpfung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe für den Zeitraum 2017-2018. Fälle von Misshandlungen im Strafvollzug haben sich im Gegensatz zu Fällen von Misshandlungen durch Polizeibeamte verringert (EC 30.1.2019).

In ihrem Jahresbericht 2019 an das Parlament berichtet die Ombudsfrau von Fällen von Misshandlungen auf Polizeistationen und in Haftanstalten. Verbesserungen zum Schutz der Häftlinge vor Misshandlung blieben eine wichtige Aufgabe der georgischen Regierung. Die öffentlich erhobenen Forderungen nach unabhängiger Untersuchung mündeten in der Einrichtung einer unabhängigen Stelle (Service of State Inspector; vgl. Abschnitt 4. Sicherheitsbehörden), die auch die Aufgaben des bestehenden Datenschutzbeauftragten umfasst. Es stößt jedoch auf deutliche Kritik, dass dieses Amt nicht mit einem eigenen Budget und staatsanwaltlichen Befugnissen ausgestattet ist (AA 19.10.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.5.2019): Report to the Georgian Government on the visit to Georgia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 21 September 2018 [CPT/Inf (20 19 )16], https://www.ecoi.net/en/file/local/2009081/2019-16-inf-eng.docx.pdf , Zugriff 22.8.2019

 EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf , Zugriff 22.8.2019

 HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia , Zugriff 17.1.2020

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.20205. Korruption

Letzte Änderung am 13.7.2020

In Bezug auf die Prävention und Bekämpfung von Korruption hat Georgien seine Antikorruptionsstrategie und den mit den Verpflichtungen der EU-Assoziationsagenda im Einklang stehenden Aktionsplan weiter umgesetzt. Allerdings bestehen nach wie vor einige Bedenken hinsichtlich Korruption auf hoher Ebene (EC 30.1.2019; vgl. SWP 5.2020).

Während das Land bei der Bekämpfung der kleinen Korruption erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem (FH 10.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, SWP 5.2020). In einigen Fällen hat sie bei der staatlichen Postenbesetzung angeblich die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen und -vorschriften wird durch die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Strafverfolgungsbehörden als auch der Justiz beeinträchtigt (FH 10.3.2020; vgl. SWP 5.2020). Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte, die mit der Führung der Regierungspartei „Georgischer Traum“ in gutem Einvernehmen stehen, sind selten (FH 10.3.2020).

Im „Corruption Perceptions Index 2019“ von Transparency International erreichte Georgien 56 von 100 [bester Wert] Punkten und lag damit auf Rang 44 von 180 Ländern (TI 31.1.2020). (2018: 58 Punkte und Rang 41 von 180 Ländern) (TI 29.1.2019). Das Land steht vor einem Rückfall in der Demokratieentwicklung, was es anfällig für Korruption auf hoher Ebene macht. Dieser Rückwärtstrend ist unter anderem auf die mangelnde Rechenschaftspflicht bei der Strafverfolgung, Korruption und politische Einmischung in die Justiz und von der Regierung unterstützte Angriffe auf die unabhängige Zivilgesellschaft zurückzuführen. Trotz der dringenden Notwendigkeit, Fälle von Korruption und Fehlverhalten in der Regierung zu untersuchen, hat Georgien es versäumt, unabhängige Stellen einzurichten, die dieses Mandat übernehmen. Straflosigkeit trägt zum öffentlichen Misstrauen bei. Laut einer 2018 von Transparency International Georgia durchgeführten Umfrage glauben 36% der Bürger, dass Beamte ihre Macht zum persönlichen Vorteil missbrauchen. Das ist ein Anstieg des Wertes verglichen mit nur 12% im Jahr 2013 (TI 5.2019).

Quellen:

 EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf , Zugriff 22.8.2019

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.2020

 SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik / Uwe Halbach (5.2020): SWP-Studie 8 - Korruption und Korruptionsbekämpfung im Südkaukasus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S08_suedkaukasus.pdf , Zugriff 9.6.2020

 TI - Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/country/GEO , Zugriff 22.8.2019

 TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 – Full Data Set, https://files.transparency.org/content/download/2450/14822/file/2019_CPI_FULLDATA.zip , Zugriff 11.2.2020

 TI - Transparency International (29.15.2019b): Eastern Europe & Central Asia: weak checks and balances threaten anti-corruption efforts, https://www.transparency.org/news/feature/weak_checks_and_balances_threaten_anti_corruption_efforts_across_eastern_eu , Zugriff 5.3.2020

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.2020

6. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung am 13.7.2020

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit durchführen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, von der Regierung generell respektiert und können auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben. Einige wurden auch an wichtigen politischen Verfahren als Berater beteiligt (AA 19.10.2019).

 

Trotz der Schwäche der zivilgesellschaftlichen Organisationen in Bezug auf die Zahl der Mitglieder und der Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen aus dem Ausland spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der staatlichen Politik und der Aufsicht. Über die von der EU unterstützten Nationalen Plattform des Forums der Zivilgesellschaft hat letztere die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene zu äußern (BS 29.4.2020).

Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden, berichten andere, dass sie unter Druck stehen, vor allem in Form von öffentlicher Kritik von Regierungsbeamten aber auch seitens der Opposition (FH 10.3.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 BS – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Georgia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029512/country_report_2020_GEO.pdf , Zugriff 10.6.2020

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.2020

7. Ombudsperson

Letzte Änderung am 16.3.2020

Die Ombudsperson (Public Defender of Georgia) überwacht die Einhaltung der Menschenrechte und Freiheiten in Georgien. Sie berät die Regierung in Menschenrechtsfragen. Sie analysiert auch die Gesetze, Richtlinien und Praktiken des Staates in Übereinstimmung mit internationalen Standards und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Die Ombudsperson übt die Funktionen des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) aus, der im Fakultativprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) vorgesehen ist. Basierend auf dem Gesetz zur "Beseitigung aller Formen der Diskriminierung" wird die Ombudsperson auch als Gleichbehandlungsstelle definiert, deren Hauptfunktion darin besteht, die Umsetzung des Gesetzes zu überwachen. Das Büro der Ombudsperson führt zudem Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten durch und reicht beim Verfassungsgericht von Georgien Beschwerden ein, falls die Menschenrechte und Freiheiten durch einen normativen Akt verletzt werden. Die Ombudsperson ist ferner ermächtigt, die Funktion des Amicus Curiae [Anm.: eine unbeteiligte Partei, der es gestattet ist, zu wichtigen Fragen eines anhängigen Rechtsstreits Stellung zu nehmen] bei den ordentlichen Gerichten und dem Verfassungsgericht von Georgien auszuüben (ENNHRI 19.12.2017).

Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über eigene Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Befugnisse, Missstände und individuelle Beschwerdefälle zu untersuchen, die Ergebnisse zu veröffentlichen und Empfehlungen an Regierungsbehörden zu geben. Mit ihren sehr zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen zu vielen Themen und Einzelfällen und mit konkreten Empfehlungen an Regierungsstellen erzielt sie viel öffentliche Aufmerksamkeit. Die Ombudsperson veröffentlicht auch regelmäßig Berichte über ihre Erkenntnisse zur Menschenrechtslage, die vom Menschenrechtsausschuss des Parlaments diskutiert werden. Außerdem kann die Ombudsperson die Staatsanwaltschaft auffordern Untersuchungen einzuleiten und Verfassungsklagen erheben. Die Zahl der Regionalbüros im Land stieg auf zehn. Der stetige Anstieg der Beschwerden zeigt ein zunehmendes Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Rechte und ein zunehmendes Ansehen der Institution der Ombudsperson (AA 19.10.2019).

NGOs betrachten das Amt der Ombudsperson als objektivste aller staatlichen Einrichtungen, die sich mit Menschen- und Bürgerrechten befassen. Während das Büro der Ombudsperson im Allgemeinen ohne staatliche Einmischung arbeitet und als effizient gilt, berichtet die Ombudsperson im Gegenzug, dass die Regierungsstellen manchmal nur teilweise oder gar nicht auf Anfragen und Empfehlungen reagieren, obwohl sie verpflichtet sind, innerhalb von zehn Tagen zu antworten und Folgemaßnahmen innerhalb von 20 Tagen einzuleiten (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 ENNHRI – European Network of National Human Rights Institutions (19.12.2017): The Public Defender (Ombudsman) of Georgia, http://www.ennhri.org/The-Public-Defender-Ombudsman-of-Georgia-131 , Zugriff 26.8.2019

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.20208. Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung am 13.7.2020

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte sind explizit in eigenen Verfassungsartikeln aufgeführt. Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen haben, werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat weitgehend geachtet und gestärkt. Gesellschaftlich sind diese Rechte aber noch nicht weit genug akzeptiert, sodass Minderheiten und Andersdenkende in der Gesellschaft mit faktischer Benachteiligung rechnen müssen. Vereinzelt kommt es auch zu gewalttätigen Handlungen. Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und im Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann (AA 19.10.2019).

Im Jahr 2019 wurde das Anti-Diskriminierungsgesetz und der Arbeitnehmerschutz verbessert. Sexuelle Belästigung wurde als Vergehen in relevante Gesetze aufgenommen. Die Justiz erfüllt 2018 nicht die Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Verfahrensrechte für Opfer haben sich nicht verbessert (HRC 2020). Die Straffreiheit bei Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020).

Minderheitengruppierungen haben Schwierigkeiten, die Grundrechte von Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit auszuüben. Es kommt dabei zur Anwendung übermäßiger Gewalt seitens der Strafverfolgungsbehörden (HRC 2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 HRC – Human Rights Centre (2020): State of Human Rights in Georgia, 2019, http://hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/report2020/annual 2019-eng.pdf , Zugriff 10.6.2020

 HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia , Zugriff 17.1.20209. Todesstrafe

Letzte Änderung am 13.7.2020

1997 wurde die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft (AA 19.10.2019, vgl. AI 21.4.2020: 54 ).

Quellen

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 AI – Amnesty International (21.4.2020): Death Sentences and Executions 2019, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5018472020ENGLISH.PDF , Zugriff 9.6.202010. Religionsfreiheit

Letzte Änderung am 13.7.2020

83% der Bevölkerung sind orthodox, 11% Muslime und rund 3% Anhänger der Armenisch- Apostolischen Kirche. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie, Religion und Heimatregion. Die meisten Georgier gehören der Georgisch-Orthodoxen Kirche an, einige – hauptsächlich ethnische Russen – gehören zu anderen orthodoxen Gruppen. Ethnische Aseris – meist schiitische Muslime – bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südöstlichen Region Kvemo Kartli. Weitere Muslime sind die ethnisch georgischen Muslime in Adscharien und die tschetschenischen Kisten im Nordosten. Ethnische Armenier gehören meist zur armenisch-apostolischen Kirche und bilden eine Mehrheit in der südlichen Region Samtskhe-Javakheti. Katholiken, kurdische Jesiden, Griechisch-Orthodoxe, Juden sowie nicht-traditionelle religiöse Gruppen wie Baptisten, Zeugen Jehovahs, Pfingstbewegung, Hare Krishnas und Menschen ohne Bekenntnis machen 3% aus (USDOS 10.6.2020; vgl. CIA 10.6.2020). In den Hochlagen des Kaukasus haben sich heidnische und vorchristliche Rituale bis heute erhalten, wobei die Menschen Christentum und Heidentum parallel praktizieren (Independent 15.8.2015).

In Bezug auf die Religionsfreiheit sind die Wiederherstellung von historischem Eigentum, Verstöße im Bildungsbereich und ein ungleiches Umfeld seit Jahren ein Problem. Die Reaktion auf religiös motivierte Hassverbrechen hat sich seitens des Innenministeriums 2019 verbessert (PD 2.4.2020; vgl. HRC 2020).

Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind unter Strafe gestellt. Ein Religionsrat beim Büro der Ombudsperson mit Vertretern von 22 religiösen Organisationen fördert Austausch, Aktivitäten und Integration der verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Die georgisch-orthodoxe Kirche besitzt eine privilegierte Stellung, aber auch andere religiöse Organisationen erhalten staatliche Förderung. Angehörige religiöser Minderheiten müssen jedoch mit Intoleranz und Nachteilen im gesellschaftlichen und beruflichen Leben rechnen, z.B. bei der Besetzung öffentlicher Ämter in verschieden Regionen (AA 19.10.2020).

Die Verfassung sieht völlige Religionsfreiheit, Trennung von Kirche und Staat und Gleichheit für alle ungeachtet der Religion vor. Sie verbietet Verfolgung aufgrund der Religion. Gesetze und Richtlinien gewähren der Georgisch-Orthodoxen Kirche (GOK) jedoch Privilegien, die keiner anderen religiösen Gruppe gewährt werden (USDOS 10.6.2020; vgl. FH 10.3.2020). Im Juli 2018 erklärte das Verfassungsgericht jedoch sowohl die Steuer- als auch die Vermögensvorteile der GOK für verfassungswidrig und verlangte eine Gesetzeskorrektur bis zum 31.12.2018 (USDOS 10.6.2020), ansonsten wären die betroffenen Gesetzesabschnitte als ungültig zu betrachten (civil.ge 4.7.2018). Das Parlament ergriff allerdings keine Maßnahmen, das Recht auf Gleichstellung religiöser Organisationen zu gewährleisten und ließ die Frist verstreichen. Die verfassungswidrigen Rechtsnormen wurden deshalb am 31.12.2018 für ungültig erklärt (TDI 19.5.2019; vgl. OC 22.5.2020).

NGOs berichten, dass sich die Ermittlungen zu Verbrechen, die durch religiösen Hass motiviert waren, verbessert haben und die entsprechenden Gesetze korrekt angewandt würden. Laut dem Büro der Ombudsperson wurden 2019 19 Fälle von Gewalt aufgrund religiöser Intoleranz gemeldet, dieselbe Zahl wie 2018. Einige NGOs und religiöse Minderheitengruppen berichten weiterhin über Widerstand nationaler und lokaler Behörden gegen den Bau von Gebäuden für religiöse Zwecke durch religiöse Minderheitengruppen. Es gibt Berichte über Vandalismus gegen Einrichtungen religiöser Minderheiten. Vertreter von Minderheitengruppen berichten über die weit verbreitete gesellschaftliche Überzeugung, dass religiöse Minderheitengruppen eine Bedrohung für die GOK und die kulturellen Werte des Landes darstellen. Die NGO Media Development Foundation (MDF) dokumentierte 2019 55 Fälle von religiös intoleranten Äußerungen in nationalen Medien, gegenüber 148 im Jahr zuvor (USDOS 10.6.2020). Religiöse Minderheiten - darunter Zeugen Jehovas, Baptisten, Pfingstler und Muslime - haben von Diskriminierung und Feindseligkeit, auch seitens georgisch-orthodoxer Priester und Anhänger berichtet, und dass sie vom Staat unzureichend geschützt werden (FH 10.3.2020).

Im Zusammenhang mit der Eindämmung der COVID-19-Pandemie ab März 2020 erhielt die Georgisch-Orthodoxe Kirchengemeinschaft Privilegien, die anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften versagt blieben (KP 11.5.2020). Trotz Versammlungsverboten, die auch religiöse Veranstaltungen umfasste, wurden in georgisch-orthodoxen Kirchen weiterhin Zeremonien in beengten und überfüllten Verhältnissen gefeiert. Andere georgische Religionsgemeinschaften haben hingegen den Zutritt der Gläubigen zu den Gebetsstätten eingeschränkt und Zeremonien ohne Publikum durchgeführt (GIP 2.4.2020; vgl. OC 9.4.2020). Nach einer Einigung zwischen der orthodoxen Kirche und dem Staat wurde das Osterfest in den Kirchen unter Einhaltung eines Mindestabstands zwischen den Gläubigen, unter polizeilicher Überwachung, durchgeführt. Um die nächtliche Ausgangssperre nicht zu verletzen, mussten Gläubige vor 21 Uhr in der Kirche erscheinen und bis 6 Uhr Früh bleiben (Agenda 19.4.2020; vgl. Reuters 19.4.2020). Nach Angaben des Patriarchats wurden während der Liturgie alle Anweisungen des Gesundheitsministeriums befolgt. Es gibt jedoch Berichte, dass Gläubige in einzelnen Kirchen die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung nicht eingehalten haben und dass manche Geistliche keinen Nasen-Mundschutz trugen (Jam 20.4.2020).

Quellen

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 Agenda.ge (19.4.2020): Georgia celebrates Easter today, https://agenda.ge/en/news/2020/1207 , Zugriff 20.4.2020

 CIA – Central Intelligence Agency (10.6.2020): The World Fact Book – Georgia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gg.html , Zugriff 16.6.2020

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.2020

 GIP – Georgian Institute of Politics / Salome Kandelaki (2.4.2020): Orthodox drama: Covid-19 vs. Dogma, http://gip.ge/orthodox-drama-covid-19-vs-dogma/ , Zugriff 20.4.2020

 HRC – Human Rights Centre (2020): State of Human Rights in Georgia, 2019, http://hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/report2020/annual 2019-eng.pdf , Zugriff 10.6.2020

 Independent, the (15.8.2015): Beer and blood sacrifices: Meet the Caucasus pagans who worship ancient deities, https://www.independent.co.uk/news/world/europe/beer-and-blood-sacrifices-meet-the-caucasus-pagans-who-worship-ancient-deities-10451756.html , Zugriff 24.4.2020

 Jam News (20.4.2020): Easter in Georgia: patriarch praches "even during a pandemic, life and death are in the hands of the Almighty", https://jam-news.net/easter-in-georgia-patriarch-praches-even-during-a-pandemic-life-and-death-are-in-the-hands-of-the-almighty/ , Zugriff 23.4.2020

 KP – Kaukasische Post (11.5.2020): Ein Machtkampf hinter den Kulissen?; in: Kaukasische Post, Ausgabe April 2020, Seite 1-2

 OC Media (9.4.2020): Georgian Orthodox Church remains unyielding as Easter celebrations approach, https://oc-media.org/georgian-orthodokh-church-remains-unyielding-as-easter-celebrations-approach/ , Zugriff 20.4.2020

 OC Media (22.5.2020): Georgian parliament paves the way for swathes of forestland to be handed to Orthodox Church, https://oc-media.org/georgian-parliament-paves-the-way-for-swathes-of-forestland-to-be-handed-to-orthodox-church/ , Zugriff 16.6.2020

 PD – Public Defender (Ombudsman) of Georgia (2.4.2020): Public Defender's Annual Parliamentary Report on Situation of Human Rights and Freedoms – 2019, http://www.ombudsman.ge/eng/akhali-ambebi/sakhalkho-damtsvelis-qoveltsliuri-saparlamento-angarishi-adamianis-uflebebisa-da-tavisuflebebis-datsvis-mdgomareobis-taobaze-2019 , Zugriff 20.4.2020

 Reuters (19.4.2020): Hundreds of parishioners attend Orthodox Easter Vigil in Georgia, https://www.reuters.com/article/us-health-coronavirus-georgia-easter/hundreds-of-parishioners-attend-orthodox-easter-vigil-in-georgia-idUSKBN2200Y3 , Zugriff 20.4.2020

 TDI – Tollerance and Diversity Institute (19.5.2019): Two Constitutional Claims of Religious Organizations in the Venice Commission’s Bulletin, https://tdi.ge/en/news/702-two-constitutional-claims-religious-organizations-venice-commissions-bulletin , Zugriff 27.8.2019

 USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/06/GEORGIA-2019-INTERNATIONAL-RELIGIOUS-FREEDOM-REPORT.pdf , Zugriff 16.6.202011. Relevante Bevölkerungsgruppen

11.1. Frauen

Letzte Änderung am 13.7.2020

Die Gleichstellung der Geschlechter stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Frauen zählen zu den vulnerabelsten Gruppen (PD 2.4.2020).

Georgien hat seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt überarbeitet, um sie an die Standards des Europarates (Übereinkommen von Istanbul) anzunähern. Anzeigen von Fällen häuslicher Gewalt haben infolge verstärkter Sensibilisierungskampagnen zugenommen (EC 30.1.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, HRC 2019). 2019 wurden 4.185 Fälle häuslicher Gewalt von den Behörden strafrechtlich verfolgt, verglichen mit 3.232 im Jahr 2018 und 1.986 im Jahr 2017. Im Jahr 2019 wurden 51% der Beschuldigten in Untersuchungshaft genommen. Laut NGOs zeigten sowohl Strafverfolgungsbehörden als auch die Staatsanwälte in Tiflis eine verbesserte Professionalität bei der Bekämpfung von Verbrechen in Verbindung mit häuslicher Gewalt (USDOS 11.3.2020). Eine deutliche Veränderung der öffentlichen Einstellung und die Einführung einer Abteilung für den Schutz der Menschenrechte durch das Innenministerium im Januar 2018 sind gleichfalls zu vermerken. Die genannte Abteilung arbeitet daran, die Kapazität zur Untersuchung von häuslicher Gewalt und Hassverbrechen zu erhöhen. Dennoch besteht nach wie vor eine hohe Zahl von Fällen zu Gewalttaten gegen Frauen (EC 30.1.2019).

Im Jahr 2019 wurden 19 Morde an Frauen gemeldet, von denen zehn Anzeichen von häuslicher Gewalt aufwiesen. Darüber hinaus wurden 22 versuchte Morde an Frauen gemeldet, davon 18 aufgrund häuslicher Gewalt (PD 2.4.2020).

Gesetze über häusliche Gewalt schreiben die Anordnung vorübergehender Schutzmaßnahmen vor, einschließlich einstweilige Verfügungen, die es einem Täter verbieten, sich dem Opfer für sechs Monate zu nähern und Gemeinschaftseigentum, wie beispielsweise einen Wohnsitz oder ein Fahrzeug, zu nutzen. Das Büro der Ombudsperson erklärte, dass die Opfer oft berichteten, dass sie unangemessene Antworten von Strafverfolgungsbeamten auf Verstöße gegen einstweilige Verfügungen erhielten. Seit August 2018 gilt die Verletzung einer einstweiligen Verfügung als Straftat (USDOS 11.3.2020).

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine 24-Stunden-Hotline und Unterkünfte für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder. Plätze in Schutzeinrichtungen sind begrenzt und nur vier der zehn Regionen des Landes verfügen über solche Einrichtungen (USDOS 11.3.2020). Häusliche Gewalt wird oft nur mit bedingten Strafen geahndet und es gibt Fälle, in denen die Polizei versucht, zwischen Opfer und Täter zu vermitteln, anstatt eine Anzeige aufzunehmen; insbesondere wenn Täter und Polizist sich kennen (ifact 12.7.2018).

Der Global-Gender-Gap-Index des World Economic Forums sah Georgien 2020 auf Rang 74 (2018: 99) von 153 Ländern in Hinblick auf die Gesamtlage der Frauen. Beim Subindex „political empowerment“ lag das Land 2020 auf Rang 94 (WEF 2020).

Quellen:

 EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf , Zugriff 27.8.2019

 HRC - Human Rights Center (2019): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2018, https://www.hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/hrcrep2018/annual report 2019 -eng-.pdf , Zugriff 27.8.2019

 HRC – Human Rights Centre (2020): State of Human Rights in Georgia, 2019, http://hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/report2020/annual 2019-eng.pdf , Zugriff 10.6.2020

 ifact - Investigative Journalists’ Team / Ugrekhelidze, Mariam (12.8.2018): Police on perpetrator’s side, https://spark.adobe.com/page/s6uxBGUbwCg0b/ , Zugriff 5.3.2020

 PD – Public Defender (Ombudsman) of Georgia (2.4.2020): Public Defender's Annual Parliamentary Report on Situation of Human Rights and Freedoms – 2019, http://www.ombudsman.ge/eng/akhali-ambebi/sakhalkho-damtsvelis-qoveltsliuri-saparlamento-angarishi-adamianis-uflebebisa-da-tavisuflebebis-datsvis-mdgomareobis-taobaze-2019 , Zugriff 20.4.2020

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.2020

 WEF – World Economic Forum (2020): Global Gender Gap Report 2020, http://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2020.pdf , Zugriff 16.6.2020

12. Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung am 13.7.2020

Georgier können im Allgemeinen frei ins Ausland und innerhalb des von der Regierung kontrollierten Territoriums reisen. Sie können ihren Wohnsitz, ihre Beschäftigung oder ihre Ausbildung ohne unangemessene Einmischung wechseln (FH 10.3.2020).

Es ist nach dem georgischen Recht illegal, von Russland aus über Südossetien oder Abchasien nach Georgien einzureisen. Wenn man auf diese Weise nach Georgien kommt, kann man mit Strafverfolgung rechnen, die mit potenziell hohen Bußgeldern und/oder einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren verbunden ist. Wenn der Reisepass mit Ein-/Ausreisestempeln der separatistischen Behörden versehen ist, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübergang betrachten (Gov.UK 28.8.2019).

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt dem Anschein nach eine strenge Pass- und Identitätskontrolle. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter zu identifizieren. Die wiederholten Festnahmen von Personen, die mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, lassen eine gründliche Durchführung von Kontrollen erkennen (AA 19.10.2019).

Die de-facto-Behörden und die russischen Streitkräfte in den von Russland besetzten Gebieten Abchasien und Südossetien schränken auch die Mobilität der lokalen Bevölkerung über die administrative Grenze ein, obwohl sie Flexibilität bei Reisen für medizinische Versorgung, Pensionsleistungen, Gottesdienste und Bildung zeigen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 10.3.2020). Dorfbewohner, die sich der Grenze oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch den Grenzschutz der Russischen Föderation (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 3.7.2019, FH 10.3.2020). Der Übertritt über offizielle Kontrollpunkte an den de-facto-Grenzen zu Abchasien und Südossetien wird seitens der separatistischen Behörden immer wieder gesperrt oder eingeschränkt (Agenda 28.6.2019; vgl. AI 3.7.2019, Agenda 22.8.2019, KU 16.9.2019, DFW 28.9.2019, AI 22.11.2019, ATV 30.12.2019).

In Georgien gibt es keine Meldepflicht und eine Änderung des Wohnsitzes wird nicht angezeigt (z.B. bei Änderung des Wohnsitzes, ungenauer Anschrift – auch wegen eines fehlenden zentralen Melderegisters, veralteter Daten in den Melderegistern der Behörden und häufiger Wechsel von Straßennamen) (AA 19.10.2019).

Straßensperren aufgrund von Muren, Schnee oder Steinschlag, die bis zu mehreren Wochen dauern können, kommen immer wieder vor und betreffen auch internationale Hauptverbindungen (MSZ 25.5.2020).

Im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurde in Georgien ab 21.3.2020 die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Bei Verletzung der Ausgangssperre, Selbstisolierung und Quarantäne sowie anderer Bestimmungen wurden hohe Geldstrafen verhängt (USEMB 15.4.2020; vgl. GE-Gov o.D., KP 11.4.2020).  Der Ausnahmezustand wurde am 22. Mai aufgehoben, einzelne Sperrmaßnahmen bleiben bis zum 15. Juli in Kraft (EN 3.6.2020). Der öffentliche Personenverkehr wurde am 29. Mai (innerstädtisch) bzw. 8. Juni (Überland) wieder aufgenommen (OC 29.5.2020; vgl. Agenda 8.6.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 Agenda.ge (22.8.2019): Russia-occupied Tskhinvali region to close border for ‘independence’ anniversary, https://agenda.ge/en/news/2019/2236 , Zugriff 17.1.2020

 Agenda.ge (28.6.2019): Abkhazia’s closing of Enguri Bridge crossing-point with rest of Georgia to be raised at Geneva Int’l Discussions, https://agenda.ge/en/news/2019/1752 , Zugriff 17.1.2020

 Agenda.ge (8.6.2020): Georgia reports one new case of coronavirus – restaurants, intercity transport, currency exchange booths resume operations, https://www.agenda.ge/en/news/2020/1781 , Zugriff 9.6.2020

 AI – Amnesty International (22.11.2019): Georgia: Russia and the de facto authorities in the South Ossetia/Tskhinvali region must reopen closed crossing points and guarantee freedom of movement of civilians, https://www.amnesty.org/en/documents/eur56/1452/2019/en/ , Zugriff 17.1.2020

 AI – Amnesty International (3.7.2019): Georgia/Russia: Post-conflict boundary splits communities, leaving thousands in limbo, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/07/georgiarussia-post-conflict-boundary-splits-communities-leaving-thousands-in-limbo/ , Zugriff 17.1.2020

 ATV - აჭარის მაუწყებელი / Ajara TV (30.12.2019): ცხინვალმა დღეიდან 3 იანვრამდე ე.წ. საზღვარი ჩაკეტა, https://ajaratv.ge/article/53539 , Zugriff 17.1.2020

 DFW – Democracy and Freedom Watch (28.9.2019): Sokhumi brings in new restrictions at Enguri Bridge, locals charged USD 17 for passing, https://dfwatch.net/sokhumi-brings-in-new-restrictions-at-enguri-bridge-locals-charged-usd-17-for-passing-53893 , Zugriff 17.1.2020

 EN – Eurasianet (3.6.2020): Dashboard: Coronavirus in Eurasia, https://eurasianet.org/dashboard-coronavirus-in-eurasia , Zugriff 4.6.2020

 FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020 , Zugriff 11.3.2020

 GE-Gov – Government of Georgia (o.D.): StopCoV.ge – Prevention of Coronavirus Spread in Georgia, https://stopcov.ge/en mit Unterseiten , Zugriff 20.4.2020

 Gov.UK (28.8.2019): Foreign travel advice – Georgia, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/georgia/safety-and-security , Zugriff 28.8.2019

 KP – Kaukasische Post (11.4.2020): Ausnahmezustand und Ausgangssperre, in: Kaukasische Post Ausgabe März 2020, Seite 3.

 KU - Кавказский Узел / Kavkazskij Uzel (16.9.2019): Сопредседатели Женевских дискуссий призвали открыть границу Грузии с Южной Осетией, https://www.kavkaz-uzel.eu/articles/340249/ , Zugriff 17.1.2020

 MSZ – Ministerstwo Spraw Zagranicznych Rzeczypospolitej Polskiej (25.5.2020): Informacje dla podróżujących – Gruzja, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/gruzja , Zugriff 10.6.2020

 OC Media (29.5.2020): Coronavirus live updates 29 May, https://oc-media.org/coronavirus-live-updates-29-may/ , Zugriff 4.6.2020

 USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf , Zugriff 12.3.2020

 USEMB – U.S. Embassy in Georgia (15.4.2020): COVID-19 Information for Georgia (April 15, 2020), https://ge.usembassy.gov/covid-19-information-on-georgia/ , Zugriff 20.4.202013. Grundversorgung

Letzte Änderung am 13.7.2020

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet (AA 19.10.2019), wobei zwei Drittel der Lebensmittel importiert werden (KP 16.6.2020). Die staatliche Sozialhilfe liegt bei GEL 180 (ca. EUR 60) im Monat, bei Rentnern bei GEL 200 [ca. EUR 70]. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 19.10.2019).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Knapp 22% der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigranten machen mit rund 11,8% einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 11.2018).

Die Arbeitslosenquote betrug 2018 12,7% (2017: 13,9%) (GeoStat 17.5.2019). Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2018 sind 63,9% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig (Geostat 17.5.2019; vgl. GT 21.10.2019). Die Arbeitslosenrate ist im ländlichen Raum (2018: 5,8%) geringer als im städtischen Raum (2018: 19,3%) (Geostat 17.5.2019). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25-Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren (IOM 2020). Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zahl der ca. 220.000 Arbeitslosen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie mindestens verdoppeln wird (KvP 20.4.2020).

Zu Jahresbeginn 2020 nahm eine Agentur zur Beschäftigungsförderung (Employment Support Agency), die im Ministerium für Binnenflüchtlinge aus den besetzten Gebieten, Arbeit, Gesundheit und Soziales angesiedelt ist (MOH 24.12.2019; vgl. KP 1.2020, GT 21.10.2019). Die neue Agentur soll u.a. durch Fortbildungen, Umschulungen, Beratung und Karriereplanung die Beschäftigung im Land fördern (KP 1.2020). Die Agentur soll auch legale Arbeitsmigration fördern (GT 21.10.2019; vgl. KP 1.2020). Eine Priorität der Agentur ist es, Arbeitsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Personen zu erschließen (GT 21.10.2019).

Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2019). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbständig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2019 bei den Männern bei GEL 1.294 [rund EUR 400] und bei den Frauen bei GEL 876 [rund EUR 270] (GeoStat 2019).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wird ein Rückgang des BIP um 5,5% im Jahr 2020 prognostiziert. Der Tourismus (ca. 20% der Wirtschaftsleistung) und Überweisungen aus dem Ausland werden am stärksten betroffen sein (ChH 4.6.2020). Der Wert des Georgischen Lari kann sich trotz der Wirtschaftskrise einigermaßen halten (KP 16.6.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 ADA – Austrian Development Agency (11.2018): Georgien – Länderinformation, https://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/LI_Georgien_Nov2018.pdf , Zugriff 30.8.2019

 ChH – Chatham House (4.6.2020): South Caucasus States Set to Diverge Further due to COVID-19, https://www.chathamhouse.org/expert/comment/south-caucasus-states-set-diverge-further-due-covid-19 , Zugriff 5.6.2020

 GeoStat – National Statistics Office of Georgia (2019): Wages, https://www.geostat.ge/en/modules/categories/39/wages , Zugriff 30.8.2019

 GeoStat – National Statistics Office of Georgia (17.5.2019): Employment and Unemployment in Georgia 2018 – Annual, https://www.geostat.ge/media/23683/Employment-and-Unemployment--2018-annual-(eng).pdf , Zugriff 3.2.2020

 GT – Georgia Today (21.10.2019): Georgian Gov’t to Establish Employment Agency, http://georgiatoday.ge/news/17823/Georgian-Gov’t-to-Establish-Employment-Agency , Zugriff 3.2.2020

 IOM – International Organization for Migration (2019): Länderinformationsblatt Georgien 2019, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_Georgia_DE.pdf , Zugriff 16.6.2020

 KP – Kaukasische Post (1.2020): Agentur für Beschäftigung, in: Kaukasische Post – Ausgabe Januar 2020, Seite 8.

 KP – Kaukasische Post (16.6.2020): Außenhandel massiv eingebrochen, in: Kaukasische Post – Ausgabe Mai 2020, Seite 8.

 KvP – კვირის პალიტრა / Kviris Palitra (20.4.2020): როგორ დაეხმარება მთავრობა უმუშევრად დარჩენილ მოქალაქეებს, https://www.kvirispalitra.ge/economic/63810-rogor-daekhmareba-mthavroba-umushevrad-darchenil-moqalaqeebs.html , Zugriff 23.4.2020

 MOH – Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Labour, Health and Social Affairs of Georgia (24.12.2019): Presentation of Employment Agency, https://www.moh.gov.ge/en/news/4835/Presentation-of-Employment-Agency , Zugriff 3.2.2020

13.1. Sozialbeihilfen

Letzte Änderung am 13.7.2020

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

 Existenzhilfe

 Re-Integrationshilfe

 Pflegehilfe

 Familienhilfe

 Soziale Sachleistungen

 Sozialpakete

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von GEL 10-60 pro Familienmitglied rechnen. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2019).

Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht (IOM 2019). Laut einer Erklärung des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden vom Staat 150 GEL an Personen bezahlt, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben und zuvor Einkommenssteuer bezahlt hatten (Fortuna 13.4.2020).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozioökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen GEL 48 pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Es gibt ein staatliches Pensionssystem. Bezugsberechtigt sind Männer über 65 und Frauen über 60 Jahre. Für die Registrierung der Pension ist ein Antrag beim zuständigen Sozialamt (Social Service Centre) nötig. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom georgischen Pensionssystem ausgeschlossen (IOM 2019).

Die staatliche Alterspension (universal) beträgt GEL180 pro Monat. Die Leistungen werden ad hoc angepasst. Eine Invaliditätsleistung als Sozialhilfe beträgt GEL 180 pro Monat für eine Invalidität erster Stufe und GEL 100 für eine zweiter Stufe, wobei die Leistungen ad hoc angepasst werden (US-SSA 3.2019).

Seit dem 1.1.2019 ist das kumulierte Pensionssystem für Beschäftigte unter 40 Jahren verpflichtend, d.h., sie werden automatisch registriert. Für Selbständige und Personen über 40 Jahren ist die Aufnahme in das Programm freiwillig. Dieses System gilt sowohl für Mitarbeiter des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Das System wird nach einem 2+2+2-Schema arbeiten. Jeder Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Staat leisten einen Beitrag von je 2% des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers auf ein individuelles Pensionskonto. Selbständige müssen eine Einlage von 4% ihres Einkommens leisten und der Staat schießt weitere 2% zu. Das neue Pensionsgesetz sieht keine Aufhebung des bestehenden Pensionssystems vor. Am 1.1.2018 stiegen die staatlichen Pensionen um GEL 20 und beliefen sich auf GEL 200 pro Monat (Agenda.ge 3.1.2019).

Angesichts der Tatsache, dass Georgien bislang nur eine Pensionsersatzrate von 18% aufweist und über 44% der Erwerbstätigen Selbständige sind, insbesondere in der einkommensschwachen Landwirtschaft, bestehen Zweifel am Funktionieren des neuen Systems (OCM 14.12.2018).

Das Recht auf Mutterschaftskarenz- und Pflegeurlaub gewährleistet 730 Tage Freistellung, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal GEL 1.000 (SSA o.D.b; vgl. US-SSA 3.2019).

Quellen:

 Agenda.ge (3.1.2019): Georgia’s new pension system comes into play, https://www.agenda.ge/en/news/2019/13 , Zugriff 30.8.2019

 Fortuna 106,9 FM (13.4.2020): უმუშევრად დარჩენილებს მთავრობა თვეში 150 ლარს გადაუხდის, https://fortuna.ge/fortuna/post/umushevrad-darchenilebs-mtavroba-tveshi-150-lars-gadaukhdis , Zugriff 23.4.2020

 IOM – International Organization for Migration (2019): Länderinformationsblatt Georgien 2019, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_Georgia_DE.pdf , Zugriff 16.6.2020

 OCM - Open Caucasus Media (14.12.2018): Opinion | Georgia’s pension reforms do nothing for most Georgians, https://oc-media.org/opinion-georgia-s-pension-reforms-do-nothing-for-most-georgians/ , Zugriff 30.8.2019

 SSA – Social Service Agency (o.D.a.): Pecuniary Social Assistance (Subsistence Allowance), http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=35 , Zugriff 30.8.2019

 SSA – Social Service Agency (o.D.b.): Reimbursement of leave for maternity and childcare, as well as for adoption of a new-born child, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=375 , Zugriff 30.8.2019

 US-SSA – US Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018, Georgia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005493/georgia.pdf , Zugriff 12.9.201914. Medizinische Versorgung

Letzte Änderung am 13.7.2020

Im Jahr 2013 wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen. Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen „Letter of Garantee“ (dt. Garantiebrief) über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Das staatliche Gesundheitssystem (UHC) umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

 Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

 Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

 Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

 Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

 Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von GEL 70 muss entrichtet werden.

 Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit.

Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health). Informationen über Anbieter finden sich hier: http://cloud.moh.gov.ge/Default.aspx?languagePair=en-US (IOM 2019).

Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019, IOM 2019). Ambulante und einige stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2019). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2019). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2019). Divergierende Angaben gibt es beim Thema Chemotherapie und Geburten. So werden laut SEM onkologische Behandlungen und Geburten zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018), laut IOM hingegen werden bei Chemotherapie 80% bis zu Gesamtkosten von GEL 12.000, und bei Geburten Kosten nur bis zu GEL 500 bzw. bei Kaiserschnitten nur bis zu GEL 800 übernommen (IOM 2019).

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich GEL 100 für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2019).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 19.10.2019).

Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 15-05 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden (IOM 2019).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: 995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher m üssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem das Rezept zu erhalten (IOM 2019).

Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurden in Georgien bereits frühzeitig und konsequent umgesetzt und somit konnte die Ausbreitung weitgehend unter Kontrolle gehalten (EE 6.4.2020; vgl. ES 3.4.2020, EN 21.5.2020, ChH 4.6.202). Die Infektions- und Sterblichkeitsraten konnten niedrig gehalten werden (CEIP 8.7.2020). Die Pandemie war für das Gesundheitssystem stets bewältigbar, allerdings zu einem hohen wirtschaftlichen Preis (EN 21.5.2020; vgl. ChH 4.6.202) Georgien weist Stand Ende Mai 2020 die niedrigste COVID-19-Todesrate in Europa auf (drei Todesfälle pro einer Million Einwohner). Tests sind ausreichend verfügbar und es gibt keine Hinweise auf eine Untererfassung der Krankheits- und Todesfälle (EN 21.5.2020). Allerdings waren in Folge des strengen Lockdowns Behandlungen für andere Krankheiten nur eingeschränkt verfügbar (IOM 24.4.2020).

Die EU hat das wegen der COVID-19-Pandemie verhängte Einreiseverbot gegen Georgien sowie 14 weitere Drittstaaten ab 1. Juli aufgehoben, wobei die genaue Umsetzung den Mitgliedsstaaten obliegt. Hauptkriterium für eine Aufhebung der Beschränkungen war, dass die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vorangegangenen 14 Tagen mindestens so niedrig wie im EU-Durchschnitt war. Zudem muss es bei den Infektionen einen "stabilen oder sich verringernden Trend" geben und die Maßnahmen der jeweiligen Regierungen auf die Pandemie müssen gewissen Standards entsprechen. Die Länderliste soll alle zwei Wochen aktualisiert werden (Standard 30.6.2020).

Quellen:

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 ChH – Chatham House (4.6.2020): South Caucasus States Set to Diverge Further due to COVID-19, https://www.chathamhouse.org/expert/comment/south-caucasus-states-set-diverge-further-due-covid-19 , Zugriff 5.6.2020

 CEIP - Carnegie Endowment for International Peace (8.7.2020): Coronavirus in the Caucasus and Central Asia, https://carnegieendowment.org/2020/07/08/coronavirus-in-caucasus-and-central-asia-pub-81898 , Zugriff 10.7.2020

 EE – Emerging Europe (6.4.2020): Georgia’s coronavirus miracle: So far, so good, https://emerging-europe.com/news/georgias-coronavirus-miracle-so-far-so-good/ , Zugriff 21.4.2020

 EN – Eurasianet (21.5.2020): Georgia hopes to sell its pandemic response to tourists, https://eurasianet.org/georgia-hopes-to-sell-its-pandemic-response-to-tourists , Zugriff 4.6.2020

 ES - European Scientists (3.4.2020): Which countries are most resistant to the pandemic?, https://www.europeanscientist.com/en/editors-corner/which-countries-are-most-resistant-to-the-pandemic/?fbclid=IwAR2S7zzG5AegTnCIAW_vN6VnPwipaLIP2Cws58lJVi6M2-HF_guPJEyMIFs , Zugriff 21.4.2020

 IOM – International Organization for Migration (2019): Länderinformationsblatt Georgien 2019, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_Georgia_DE.pdf , Zugriff 16.6.2020

 IOM – International Organization for Migration (24.4.2020): Information on the availability of treatment/medication in Georgia requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, per E-Mail.

 MedCOI, Project - Belgian Desk on Accessibility (2019): Country Fact Sheet - Access to Healthcare: Georgia, 2019.

 SEM – Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (ehemals: Bundesamt für Migration) (21.3.2018): Focus Georgien: Reform im Gesundheitswesen: Staatliche Gesundheitsprogramme und Krankenversicherung, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/europa-gus/geo/GEO-reform-gesundheitswesen-d.pdf , Zugriff 2.9.2019

 Standard, der (30.6.2020): EU hebt Einreisestopp für 15 Drittstaaten ohne USA auf, https://www.derstandard.at/story/2000118413361/eu-hebt-einreisestopp-fuer-14-drittstaaten-ohne-usa-auf?ref=article , Zugriff 10.7.2020

 VB - Verbindungsbeamter des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per E-Mail15. Rückkehr

Letzte Änderung am 13.7.2020

Rückkehrer und Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen bieten ebenfalls Unterstützung an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen (AA 19.10.2019).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden GEL 650.000 (ca. EUR 216.460) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden. Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, sollen die NGOs für das gesamte Staatsgebiet folgende Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen: Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten, Finanzierung einkommensgenerierender Projekte, Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten und die Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018). Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden alle Grenzübergänge geschlossen und sind nur für georgische Staatsbürger, die ins Heimatland zurückreisen, passierbar (USEMB 1.7.2020). Der Flugverkehr soll ab 1.8.2020 wieder aufgenommen werden (GCAA 26.6.2020; vgl. Agenda 25.6.2020a). Die Wiedereröffnung der Landgrenzen ist von bilateralen Abkommen mit den Nachbarstaaten abhängig (N/LS 28.5.2020). Alle Personen, die nach Georgien einreisen, müssen zwei Wochen in Quarantäne, bzw. Selbstisolation (Agenda 30.6.2020; vgl. 1TV 30.6.2020, GE-GOV o.D.), für die der Staat die Kosten übernimmt (Jam 8.7.2020). Gemäß Angaben des Gesundheitsministeriums wird der Quarantänemechanismus noch lange bestehen bleiben (1TV 30.6.2020).

Quellen:

 1TV - Pirveli Arkhi (30.6.2020): თამარ გაბუნია - კარანტინის მექანიზმი კიდევ დიდხანს დარჩება, თვითიზოლაცია მხოლოდ გარკვეული ჯგუფებისთვის განიხილება, https://1tv.ge/news/tamar-gabunia-karantinis-meqanizmi-kidev-didkhans-darcheba-tvitizolacia-mkholod-garkveuli-jgufebistvis-ganikhileba/ , Zugriff 10.7.2020

 AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_(Stand_Juli_2019),_19.10..pdf , Zugriff 30.1.2020

 Agenda.ge (30.6.2020): Georgia maintains two-week quarantine for all individuals entering country, https://agenda.ge/en/news/2020/2068 , Zugriff 10.7.2020

 GE-GOV – Governmenr of Georgia (o.D.): StopCoV.ge – Prevention of Coronavirus Spread in Georgia – FAQ, https://stopcov.ge/en , Zugriff 9.6.2020

 Jam News (8.7.2020a): Georgia opens borders for five EU countries, direct flights yet to resume, https://jam-news.net/georgia-opens-borders-for-five-eu-countries/ , Zugriff 10.7.2020

 MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.): “Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants" Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769 , Zugriff 2.9.2019

 N/LS – the National / Lifestyle (28.5.2020): Georgia to reopen for international tourists from July 1, https://www.thenational.ae/lifestyle/travel/georgia-to-reopen-for-international-tourists-from-july-1-1.1025947 , Zugriff 10.6.2020

 SCMI – State Commission on Migration Issues (9.3.2018): Implementation of the 2018 State Program on Reintegration Assistance to Returned Georgian Migrants has started, http://migration.commission.ge/index.php?article_id=304&clang=1 , Zugriff 2.9.2019

 USEMB – United States Embassy in Georgia (1.7.2020): COVID-19 INFORMATION FOR GEORGIA (July 1, 2020), https://ge.usembassy.gov/covid-19-information-on-georgia/ , Zugriff 13.7.2020

 

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der BF ergeben sich –vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Sprach- und Ortskenntnissen und den vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines nationalen Identitätsdokumentes.

 

II.2.3. Die Feststellungen betreffend die von der BF in Anspruch genommenen Leistungen der Grundversorgung ergeben sich zweifelsfrei aus dem amtswegig angefertigten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit der BF in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsichtnahme in das Strafregister).

Den Daten des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister kann schließlich entnommen werden, dass der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet war. Hinweise darauf, dass sein weiterer Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig wäre oder der Beschwerdeführer im Bundesgebiet Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO wurde, kamen im Verfahren nicht hervor und es wurde auch kein dahingehendes Vorbringen erstattet, sodass keine dahingehenden positiven Feststellungen getroffen werden können.

 

II.2.4. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

 

Die BF trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

 

II.2.5. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten -–z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

 

II.2.6. Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte vor Ort zu verifizieren, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrages auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153; 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der Glaubhaftmachung im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinn der Zivilprozessordnung zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht setzt dabei positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058 mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie die Beweisführung den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 27.05.1998, Zl. 97/13/0051). Im Falle der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers sind positive Feststellungen von der Behörde nicht zu treffen (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

 

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht (VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).

 

Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Vorbringen im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden kann, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

II.2.7. Unter Berücksichtigung der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist es der BF nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen darzulegen. Im Einzelnen:

Die BF haben sowohl in der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, als auch bei der Einvernahme vor dem Bundesamt zum Fluchtgrund befragt bekannt gegeben, dass sie ausschließlich aus gesundheitlichen bzw. medizinischen Zwecken nach Österreich gereist sind. Ein über die Erkrankung des BF2 hinausgehendes Fluchtvorbringen wurde nicht erstattet.

 

So gab die BF1 als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen BF2 im Rahmen der Erstbefragung an, dass dieser krank ist und eine Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation benötigt. Derartige Eingriffe würden in Georgien nicht durchgeführt werden können. In Deutschland wurde festgestellt, dass die BF1 als Spenderin einer Niere für den BF2 geeignet ist. Sie und ihr Sohn wären jedoch vor dem Eingriff aus Deutschland nach Georgien abgeschoben worden.

 

In der Einvernahme am 06.02.2019 vor dem BFA führte die BF1 dann aus, dass der BF2 bereits zweimal in Georgien operiert worden wäre. Von 2006 bis 2008 und von August 2014 bis Februar 2015 wäre ihr Sohn in Deutschland medizinisch versorgt worden. In der restlichen Zeit hielt er sich in Georgien auf und wurde durch die Organisation „Friedensdorf International“ mit Medikamenten aus Deutschland versorgt. Im Jahr 2017 wäre die BF1 dann mit ihrem Sohn nach Deutschland gereist und stellte sie dort für sich und ihren Sohn einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag wurde jedoch abgewiesen und wurden die beiden BF 2018 nach Georgien abgeschoben. Jedenfalls kämpfe sie seit zehn Jahren um das Leben ihres Sohnes, sie kehre auch im Falle einer Ausweisung nicht nach Georgien zurück. Die Blasenaugmentation und eine Nierentransplantation sind für den BF2 lebensnotwendig und ohne Medikamente kann er nicht existieren.

 

Die BF haben sich demnach nach Einholung diverser Informationen zum Gesundheitssystem in Österreich dazu entschlossen, in das Bundesgebiet einzig zu dem Zweck einer medizinischen Behandlung einzureisen. Eine Ausreise aus Georgien aufgrund begründeter Furcht vor Übergriffen kann somit folgerichtig ausgeschlossen werden und wurde eine solche auch nicht vorgebracht.

 

II.2.8. Demnach kann festgehalten werden, dass die BF ausschließlich nach Österreich gereist sind, um dem minderjährigen BF2 eine bessere medizinische Behandlung zukommen zu lassen. Andere Fluchtgründe, insbesondere iSd GFK relevante Verfolgungshandlungen wurden nicht vorgebracht. Es handelte sich um eine geplante Ausreise und nicht um eine Flucht vor Verfolgung, was bereits der Umstand belegt, dass die BF legal mit dem Flugzeug aus Georgien ausgereist sind.

 

In der Beschwerde und den Stellungnahmen wird unter anderem vorgebracht, dass in Georgien nicht alle Medikamente für den BF2 erhältlich sind und auch keine Feststellungen über die Kosten getätigt wurden. Auch wäre nicht ermittelt worden, inwieweit die nicht verfügbaren Medikamente unabdingbar für die Behandlung sind. Das Bundesamt hätte zudem prüfen müssen, ob die Behandlungsmöglichkeiten zugänglich sind, eine Verfügbarkeit alleine sei nicht wesentlich. Zwei Arztbriefe aus Georgien seien zudem nicht ausreichend gewürdigt worden. In Georgien werden jedenfalls keine Operationen zur Blasenaugmentation und keine Transplantation bei Kindern durchgeführt. Auch hätten die BF in Georgien keine Möglichkeit einer Unterkunftnahme. Jedenfalls würde eine Abschiebung nach Georgien für den BF2 das reale Risiko bergen, die lebensnotwendigen Operationen nicht durchführen zu können und keinen Zugang zu den lebensnotwendigen Medikamenten zu haben. In der Beschwerde wurden zudem verschiedene Erkenntnisse zitiert, in denen aufgrund vielfältiger Krankheiten den jeweiligen BF subsidiärer Schutz gewährt worden sei.

 

II.2.9. Die Erkrankung an sich wurde vom Bundesamt anhand der beigebrachten medizinischen Schriftstücke berücksichtigt und auch im angefochtenen Bescheid festgestellt und gewürdigt. So ergibt sich aus den eingebrachten Befunden und Berichten, dass der BF2 eine angeborene Harnwegsfehlbildung hat, die im April 2016 zu einer terminalen dialysepflichtigen Niereninsuffizienz geführt hat. In Deutschland wurde er deswegen mehrmals am Harntrakt operiert, das Fortschreiten der Nierenerkrankung konnte jedoch nicht verhindert werden. Nach der Aufnahme in das Dialyseprogramm des AKH Wien wurde beim BF2 die benötigte Blasenaugmentation am 24.09.2019 durchgeführt, eine Lebendnierenspende, bei der die BF1 als Spenderin fungierte, wurde am 27.02.2020 durchgeführt. Nach längerem stationärem Aufenthalt wurde der BF2 mit guter Transplantatfunktion aus dem Krankenhaus entlassen. Vom AKH Wien wurde im, am 01.06.2021 freigegebenen Befund ausgeführt, dass im Falle von Komplikationen das Risiko für einen Transplantatverlust sehr hoch sei und eine neuerliche Transplantation sei in Georgien sicherlich nicht möglich.

Weiters wurde von der BF1 im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Liste mit den vom BF2 benötigten Medikamenten eingebracht.

 

Zum einen wurde bezüglich einer möglichen Durchführung einer Blasenaugmentation und einer Nierentransplantation in Georgien am 07.04.2021 eine Anfrage an die Staatendokumentation gesendet, zum anderen wurde der Vertrauensanwalt des BM.I in Georgien am 14.04.2021 ersucht zu erheben, ob die vom BF2 benötigten Medikament in Georgien erhältlich sind, regelmäßige Blutkontrollen möglich sind, wie hoch die Kosten für eine medizinische Nachbehandlung bzw. Medikamente sind und welche Kosten die BF für eine medizinische Behandlung zu tragen haben.

 

Vom Verbindungsbeamten in Georgien wurden die Fragen am 21.05.2021 wie nachstehend angeführt beantwortet:

Hiermit darf ich Ihnen die vom georgischen Gesundheitsministerium übermittelte Antwort zu unten angeführten Fragen übermitteln:

1) Sind die in der beiliegenden Medikamentenliste angeführten Medikamente in Georgien erhältlich? Wenn nein: Gibt es alternative Medikamente (Wirkstoffgruppen) um eine Abstoßung nach einer Blasenaugmentation mit Nierentransplantation zu verhindern?

Antwort:

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen "Aprednislon Tbl 5mg (40 ST)" (Wirkstoff: Prednisolone), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert – es gibt allerdings registrierte Präparate mit dem gleichen Wirkstoff mit der Dosis 5mg mit anderem Namen - siehe Anhang №1.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Myfenax Hartkps 250mg (100 St) (Wirkstoff: Mycophenolate mofetil), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert - es gibt allerdings registrierte Präparate mit dem gleichen Wirkstoff mit der Dosis 250mg mit anderem Namen - siehe Anhang №2.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Prograf Kpa 1mg (50 ST), (Wirkstoff: Tacrolimus), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt registriert - siehe Anhang №3.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Prograf Kpa 0,5mg (50 ST), (Wirkstoff: Tacrolimus), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt registriert - siehe Anhang №4.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Amlodipin Besilat Sta Tbl 5 (30ST), (Wirkstoff: Amlodipin), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert - es gibt allerdings registrierte Präparate mit dem gleichen Wirkstoff mit der Dosis 5mg mit anderem Namen – siehe Anhang №5.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Metohexal Ret Ftbl 47,5mg (10ST), (Wirkstoff: Metoprolol succinat), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert - es gibt auch kein anderes Präparat mit diesem Wirkstoff mit der Dosis 47,5mg.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Thrombo Ass Ftbl 50mg (100 ST) (Wirkstoff: Acetylsalicylic acid) ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt registriert - siehe Anhang №6.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Nephrotrans Msr Wkps 840mg (100 ST), (Wirkstoff: Sodium bicarbonate) ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert - es gibt auch kein anderes Präparat mit diesem Wirkstoff mit der Dosis 840mg.

Das pharmazeutische Produkt mit dem Handelsnamen Astonin-h Tbl (100 Tb) (Wirkstoff: Fludrocortison), ist auf dem georgischen pharmazeutischen Markt nicht registriert - es gibt allerdings registrierte Präparate mit dem gleichen Wirkstoff mit der Dosis 5mg mit anderem Namen – siehe Anhang №7 übermittelt.

Zusätzlich wurde mitgeteilt, dass das Ministerium und die „Agentur für Regulierung der medizinischen und pharmazeutischen Tätigkeit“ (JPÖR) keine Information über den Bestand der in den Apothekenketten vorhandenen pharmazeutischen Präparate haben.

Dazu wurde weiters mitgeteilt, dass gemäß Abs. „g“ des 11.13 Artikels des georgischen Gesetzes über „Arzneimittel und pharmazeutische Tätigkeit“ die Einfuhr von nicht registrierten pharmazeutischen Produkten für individuelle Bedürfnisse einer natürlichen Person erlaubt ist, sofern diese keiner speziellen Genehmigung der „Agentur für Regulierung der medizinischen und pharmazeutischen Tätigkeit“ (JPÖR) bedürfen.

Laut Abs. „a“ und „g“ des ersten Punktes des Erlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales Georgien vom 15.06.2011 № 01-31/N, über „Bestimmung der Mengen von Arzneimittel“ für die individuellen Bedürfnisse einer natürlichen Person, die nach Georgien eingeführt und aus Georgien ausgeführt werden dürfen, gelten folgende Mengenbeschränkungen:

 

a) Ohne medizinische Dokumentation für die individuellen Bedürfnisse einer natürlichen Person nicht mehr als zehn Standardpackungen, auf eigene Verantwortung der Person.

g) Wenn natürliche Personen, die georgische Staatsbürger sind, mehr als zehn Standardpackungen Arzneimittel benötigen, dann kann das Arzneimittel in der benötigten Menge ins Land eingeführt werden aufgrund entsprechender medizinischer Dokumentationen, unter Berechnung der jeweiligen Tagesdosis des Arzneimittels in Bezug auf die gesamte Behandlung.

 

2) Sind in Georgien regelmäßige Blutkontrollen möglich (wg. Abstoßung eines neuen Organes)?

Antwort:

Was die regelmäßige Blutkontrolle betrifft (wegen Abstoßung des neuen Organs), wurde mitgeteilt, dass in Georgien der Hauptteil des Standardspektrums an Blutuntersuchungen nach der Entfernung des Transplantates durchgeführt wird.

 

3) Wie hoch sind die Kosten für eine medizinische (Nach-)Behandlung bzw. für die oa erforderlichen Medikamente?

Antwort:

Personen, bei denen die Niere transplantiert wurde, erhalten im Rahmen des staatlichen Programms „Dialyse und Nierentransplantation“ lediglich die Immunsuppressiva kostenfrei. Die Kosten der ambulatorischen Behandlung sowie der Untersuchungen beim Facharzt werden im Rahmen des staatlichen Programms nicht ersetzt.

Die Kosten für (Nach-) Behandlung und für erforderliche Medikamente sind in jedem konkreten Fall individuell (abhängig davon in welcher Klinik der Eingriff bzw. der Kauf von Medikamenten stattfindet und abhängig von den sozialen Verhältnisse der bP).

Konkret Zahlen wurden nicht übermittelt.

 

4) Welche Kosten hat die bP für eine medizinische Behandlung bzw. für die Medikamente zu tragen? Gibt es staatliche bzw. nichtstaatliche Institutionen (NGO’s etc.) die einen Kostenzuschuss gewähren? Wenn ja, in welcher Höhe?

Die Kosten für (Nach-) Behandlung und für erforderliche Medikamente sind in jedem konkreten Fall individuell (abhängig davon in welcher Klinik der Eingriff bzw. der Kauf von Medikamenten stattfindet und abhängig von den sozialen Verhältnisse der bP).

Konkrete Zahlen wurden nicht übermittelt.

Über staatliche bzw. Nichtstaatliche Istitiutionen, die einen Kostenzuschuss gewähren wurde nichts mitgeteilt.

Aus persönlicher Erfahrung ist dem Meldungsleger bekannt, dass es NGO’s gibt, welche sozial schlecht gestellten Personen Unterstützungsleistungen gewähren. Allerdings ist nicht bekannt in welchem Ausmaß und in welcher Dauer diese Unterstützungleistungen gewährt werden. Dazu müsste eine separate Ermittlung durchgeführt werden.

 

Bezüglich der Durchführung einer Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation teilte der Verbindungsbeamte über Ersuchen der Staatendokumentation am 22.06.2021 mit, dass

bezüglich der dringlichen medizinischen Anfrage, ob in Georgien eine Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation bei einem 16-jährigen männlichen Patienten möglich ist, haben wir vom Gesundheitsministerium nachträglich folgende Zusatz-Antwort erhalten:

Doktor Archil CHKHOTUA teilte folgendes mit:

Eine Nierentransplantation mit Blasenaugmentation wurde bisher in Georgien noch nicht durchgeführt. Aber bereits im April 2021 wurde die erste Patientin (ein 14 Jahre altes Mädchen) für eine derartige Operation vorbereitet. Somit kann mitgeteilt werden, dass prinzipiell eine solche Operation in Georgien durchgeführt werden kann.

Dazu wurde weiters mitgeteilt, dass Blasenaugmentationen in Georgien zu Routineoperationen gehören inklusive pädiatrischer Patienten. Ebenso gehören Nieren-Transplantationen zu Routineeingriffen in Georgien. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass in Georgien Spender-Gewebe nur vom lebenden Spender entnommen wird. Das bedeutet, dass der Patient einen Spender haben muss, bevor diese Eingriffe durchgeführt werden können.

 

Die Ausführungen in der Beschwerde und den Stellungnahmen, dass das Bundesamt hätte feststellen müssen, ob die Behandlung in Georgien ausreichend bzw. qualitativ wirksam ist, gehen somit ins Leere, wurde beim BF2 demnach in Österreich bereits erfolgreich eine Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation durchgeführt und konnte dieser mit guter Transplantatfunktion aus dem Krankenhaus entlassen werden. Wie der Anfragebeantwortung zu entnehmen ist, wurde in Georgen im April 2021 ein 14 Jahre und somit noch jüngeres Mädchen als der BF2 für einen derartigen Eingriff vorbereitet. Dies bedeutet naturgemäß, dass nicht nur der Eingriff in Georgien durchgeführt wird, sondern folgerichtig auch die Nachbehandlung und Medikation verfügbar ist, ansonsten ein solcher Eingriff mangels erhältlicher Nachbehandlungen und Medikamenten von sich selbst ad absurdum führen würde. Auch bezüglich der übermittelten Medikamentenliste konnte der georgische Verbindungsbeamte mitteilen, dass bis auf zwei Produkte alle Medikamente bzw. Ersatzpräparate mit gleichem Wirkstoff erhältlich sind und somit kein Unterschied zwischen Österreich und Georgien ersichtlich ist. Die beiden nicht erhältlichen Präparate können aus dem Ausland eingeführt werden, so wie der BF2 etwa schon vor der Ausreise nach Österreich Medikamente über die Organisation „Friedensdorf International“ erhielt.

 

Bezüglich der medizinischen Versorgung in Georgien bleibt festzuhalten, dass diese grundsätzlich für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet ist. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung.

Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland. So können etwa die beiden offenbar in Georgien nicht erhältlichen Präparate, die der BF2 benötigt, zur Verfügung gestellte werden. Der BF2 erhielt in Georgien auch schon vor der Einreise nach Österreich benötigte Medikamente durch die Organisation „Friedensdorf International“.

 

Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation und den Ausführungen des Verbindungsbeamten in Georgien ergibt sich somit, dass die Erkrankung des BF2 bzw. deren Nachbehandlung in Georgien möglich ist.

Die Darstellung der BF1, ihr Sohn würde in Georgien sterben, stellt sich folglich als übertrieben dar, zumal der BF2 auch bereits vorher in Georgien leben konnte und medizinisch behandelt und operiert wurde.

 

II.2.10. Den Länderinformationen zu Georgien ist weiters zu entnehmen, wie sich der Zugang zur medizinischen Behandlung, besonders für Rückkehrer gestaltet:

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden. Weil der BF2 georgischer Staatsbürger ist, ist er automatisch versichert und muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufsuchen.

Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Dass der BF2 in der Lage ist, eine Klinik aufzusuchen, ergibt sich aus der Tatsache, dass er zusammen mit der BF1 rückgeführt wird und diese somit dafür sorgen kann, dass der BF2 die Klinik erreicht.

Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis. Beide BF sind im Besitz eines gültigen Reisepasses, welcher unmittelbar vor der Ausreise aus Österreich ausgefolgt und daher in Georgien verwendet werden kann.

Daher ist dem BF2 der Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung nicht nur grundsätzlich, sondern auch tatsächlich möglich. Laut den Angaben der BF1 wurde ihr Sohn in Georgien bereits mehrmals behandelt und ist daher davon auszugehen, dass ihm dies auch bei der Rückkehr nach Georgien möglich ist. Der BF2 erfüllt alle Kriterien für den Zugang zu den entsprechenden

Behandlungsmöglichkeiten bei einer Rückkehr. Es ist hier anzuführen, dass er bereits vor seiner Ausreise aus Georgien dort behandelt wurde. Dass der BF2 einem realen Risiko ausgesetzt wäre, unter qualvollen Umständen zu sterben, ergibt sich in diesem Fall nicht.

 

Dagegen spricht bereits, dass aus den eingeholten Anfragebeantwortungen hervorgeht, dass in Georgien die benötigten Behandlungen durchgeführt werden. Daher handelt es sich bei der Erkrankung des BF2 nicht um einen außergewöhnlichen, exzeptionellen Fall. Es wird auch angemerkt, dass dem BF2 während des Rücktransfers in sein Heimatland bei Bedarf ärztliches Beisein zur Verfügung gestellt werden kann.

Bei einer Abschiebung nach Tiflis ist jedenfalls eine adäquate ärztliche Behandlung des BF2 realistisch und durchführbar.

Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass der BF2 im Herkunftsstaat für den Fall einer Rückkehr jedenfalls adäquat behandelt werden kann und demnach für den Fall einer Rückkehr in keine lebensbedrohende Situation geraten würde. Eine fehlende Behandlungsmöglichkeit in Georgien liegt – wie umfassend dargelegt – jedenfalls nicht vor.

 

Die wirtschaftliche Lage stellt sich für die BF bei einer Rückkehr nach Georgien ausreichend gesichert dar. Die Feststellungen zu Ihren Familienangehörigen und deren Aufenthalt ergeben sich aus den Angaben der BF1 im Asylverfahren. Wie den Feststellungen entkommen werden kann, befinden sich zahlreiche Verwandte in Georgien, die notfalls Unterstützung leisten können. Es kann angenommen werden, dass die BF von Verwandten in Georgien unterstützt werden können, auch wenn die BF1 bekannt gibt, dass eine Unterstützung seitens der Verwandtschaft nicht möglich sei.

Sowohl die Mutter, zwei Brüder als auch zwei Onkel leben in Georgien. Zudem befindet sich auch noch die Tochter der BF1 in Georgien, diese studiert JUS, was demonstriert, dass finanzielle Mittel vorhanden sind. Dass seitens der Verwandten kein Platz für die BF vorhanden wäre, kann somit nicht erkannt werden.

 

Zudem ist die BF1 selbst arbeitsfähig und gibt im Rahmen der mündlichen Verhandlung bekannt, dass auch der BF2 in Zukunft gerne arbeiten möchte. Ebenso ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass die volljährige Tochter der BF1 nicht selbsterhaltungsfähig ist. Aufgrund des Familienanschluss in Georgien, ist es ihr dennoch möglich das Studium der Rechtswissenschaften zu absolvieren. Die BF1 ließ demnach ihre Tochter in Georgien zurück, damit diese ihr JUS-Studium absolvieren kann. Ihre Tochter wird selbstverständlich nach wie vor von den Familienangehörigen in Georgien finanziell unterstützt, ohne eine derartige Unterstützung wäre ein Studium nicht möglich. Alleine dieser Umstand bzw. die Finanzierung des Studiums durch die Verwandten der BF1 in Georgien demonstriert, dass die Familienangehörigen in Georgien nicht von „der Hand in den Mund“ leben, sondern vielmehr in finanziell gesicherten Verhältnissen, welche auch in weiterer Folge die Versorgung der BF nach der Rückkehr in Georgien ermöglicht.

 

Für den Fall einer Rückkehr ist demnach nicht davon auszugehen, dass den BF Ihre Lebensgrundlage entzogen wäre. Vielmehr haben Sie in Georgien familiären Anschluss und steht Ihnen die Rückkehr in Ihren Familienverband unverändert offen. Laut Länderinformationen gibt es in Georgien zudem für Familien, welche unter der Armutsgrenze leben, die Möglichkeit, um Sozialhilfe anzusuchen.

 

Gemäß § 52a BFA-VG kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für ihren Neubeginn in der Republik Georgien gewährt werden. Rückkehrerinnen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich:

Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (vgl. hierzu www.verein-menschenrechte.at und www.caritas.at/return ).

 

Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD –bieten ebenfalls Unterstützung an.

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

- Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

- Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

- Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

- Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

- Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

- Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen – gültig für das gesamte Staatsgebiet:

- Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

- Finanzierung einkommensschaffender Projekte

- Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der

Begünstigten

- Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

Im staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.). Die BF erfüllen somit die Voraussetzungen für die Teilnahme an diesem staatlichen Programm.

 

Soweit die BF1 ausführte, dass sie in Georgien nichts mehr besitze und die dort wohnhafte Verwandtschaft sie und ihren Sohn nicht unterstützen könne, bleibt festzuhalten, dass es der Familie bereits vor ihrer Ausreise möglich war, sie und ihrem Sohn Unterstützung zu gewähren. Die Tochter wird, wie schon ausgeführt, vor der in Georgien wohnhaften Verwandtschaft versorgt und ist ihr aufgrund dessen auch die Absolvierung eines Studiums möglich. Es kann daher nicht erkannt werden, dass die BF nicht wiederum nach der Rückkehr Unterkunft und familiäre Unterstützung vorfinden. Die diesbezüglich von der BF1 getätigten Aussagen sprechen zudem nicht für ihre Glaubwürdigkeit.

 

Ferner spricht nichts dagegen, dass die BF1 und nach vollständiger Genesung auch der BF2, nach der Rückkehr berufliche Tätigkeiten aufnehmen, um für ein geregeltes Familieneinkommen zu sorgen. Zumindest die Annahme einer Teilzeitbeschäftigung ist leicht vorstellbar. Auch ist es der Tochter der BF1 möglich, neben dem Studium zumindest einen Teilzeitjob anzunehmen, bzw. wird diese nach Beendigung des Studiums in einem akademischen Beruf adäquates Einkommen erwirtschaften.

 

Insbesondere wird explizit darauf hingewiesen, dass die dringend benötigte Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation des BF2 in Österreich bereits erfolgreich absolviert werden konnte. Ein Wiederaufkeimen krankheitstypischer Symptome kann zudem bei keiner Erkrankung in keinem Land der Welt zur Gänze ausgeschlossen werden. Aktuell benötigt der BF2 medizinische Nachbehandlung und ist eine solche, wie bereits ausführlich erörtert, in Georgen möglich. Dass eine weitere Nachbehandlung in Georgien etwa nicht auf demselben Niveau wie in Österreich erfolgt, vermag im Hinblick auf Art. 3 EMRK keine Relevanz zu entfalten. Am Rande sei angemerkt, dass die Erkrankung des BF2 durch die erfolgreiche Blasenaugmentation mit anschließender Nierentransplantation ohnehin inzwischen in Österreich erfolgreich behandelt wurde und dadurch eine Weiterbehandlung in Georgien erleichtert ist.

 

Vor dem Hintergrund der Ausführungen zur persönlichen Glaubwürdigkeit der BF1 ist zudem festzuhalten, dass die unbelegt in den Raum gestellten Annahmen, der BF2 würde keine Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen seiner Nachsorge vorfinden bzw. sich diese nicht finanzieren können, letztlich durch die festgestellte Berichtslage als widerlegt angesehen werden kann. Die BF waren zwar sichtlich bemüht, den Zustand und die Leistungsfähigkeit des georgischen Gesundheitssystems in einem möglichst schlechten und mit der Tatsachenwelt nur sehr bedingt übereinstimmenden Licht darzustellen, es konnte ihnen jedoch aufgrund der unplausiblen und teils widersprüchlichen Angaben diesbezüglich nicht gefolgt werden.

 

In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die rechtsfreundlich bzw. durch eine im Asyl- und Fremdenwesen versierte Organisation vertretenen BF im Rahmen der ihnen bekannten Obliegenheit zur Bescheinigung ihres Vorbringens keinen einzigen Beleg über das Nichtvorhandensein von Wohnmöglichkeiten (das eingebrachte Schriftstück des Justizministeriums wird dem nicht gerecht, weil dort lediglich kein Eigentum auf Immobilien registriert ist und explizit angeführt ist, dass ohnehin keine vollständige Suche möglich ist) oder die Behandlungskosten in Georgien vorlegten. Genauso beruhen die Behauptungen der BF1, dass in Georgien keine adäquate Nachbehandlung bzw. eine solche nur im Ausland möglich wäre auf bloßen Mutmaßungen, ohne dafür fundierte Schriftstücke vorzulegen. Einzelne Fehldiagnosen bzw. Komplikationen sind in jedem Land möglich und wird abermals darauf hingewiesen, dass gerade die Eingriffe beim BF2 ohnehin bereits in Österreich erfolgreich absolviert werden konnten.

 

Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Behandlung des BF2 in Georgien in der Vergangenheit zu finanziellen Belastungen der Familie führte und zudem nunmehr auch eine Nachbehandlung zu Kosten führen kann. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die BF gezwungen waren, jegliches Vermögen aufzubrauchen und trotz finanzieller Unterstützung der Familie nicht für die Kosten für die notwendigen Behandlungen aufkommen können.

 

Auch aufgrund des ergänzendem Ermittlungsverfahren und im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergab sich keine andere Einschätzung des Sachverhaltes, wie dies bereits vom Bundesamt aufgezeigt wurde.

 

Die medizinische (Nach-) Versorgung des BF2 ist gegeben und können die BF bei etwaigen Selbstbehalten um eine Refundierung über eine staatliche Kommission ansuchen. Die BF verfügen über ein verwandtschaftliches und soziales Netz, welches sie bei der Existenzsicherung unterstützten kann. Die BF1 steht zudem in Kontakt mit der in Georgien wohnhaften Verwandtschaft. Insbesondere können die BF1, ihre in Georgien studierende Tochter und der nach seiner Genesung arbeitsfähige BF2 beruflichen Tätigkeiten nachgehen und so selbst für ihren Unterhalt sorgen. Unterkunftsmöglichkeiten stehen den BF, wie schon vor der Ausreise, in den Wohnungen der Mutter, der Brüder und den Onkel der BF1 zur Verfügung. Neben der staatlichen Sozialhilfe steht auch die wiederholte Beantragung der Bindertenpension für den BF2 offen und kann vom österreichischen Staat Rückkehrhilfe gewährt werden. Auch internationale Organisationen bieten für Rückkehrer Unterstützung an.

 

Das BVwG geht daher zusammenfassend davon aus, dass die BF lediglich aus persönlichen Motiven heraus bzw. aus wirtschaftlichen Gründen im Zusammenhang mit der Erkrankung des BF2 ihr Heimatland verlassen haben. Zusammenfassend ist zum Vorbringen auszuführen, dass das erkennende Gericht zur Überzeugung gelangte, dass in den Angaben der BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren.

 

Dazu ist grundsätzlich in diesem Zusammenhang auszuführen, dass etwaige wirtschaftliche oder private Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen. Der bloße Wunsch in Österreich ein besseres Leben aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt zu haben, vermag die Gewährung von Asyl jedenfalls nicht zu rechtfertigen.

 

II.2.11. Die Monierungen in der Beschwerde sind aus diesem Grund unbeachtlich, weil das Bundesamt und die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Anfragebeantwortungen die Ermittlungen betreffend die Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten ausreichend abgeklärt und somit die gebotene Tiefe mehr als erfüllt hat. Die Behandlung in Georgien ist somit als ausreichend und qualitativ wirksam zu betrachten, weswegen keine Verletzung der Art 2 und 3 dem EMRK festgestellt werden kann. Zudem ist anzuführen, dass sich auch das Gesundheitssystem in Georgien kontinuierlich verbessert und erweitert und auch die dort praktizierenden Ärzte im Rahmen des hippokratischen Eides auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Patienten achten und das Bestmögliche im Dienste der Gesundheit tun werden.

 

Bei den angeführten Anfragebeantwortungen kann auch davon ausgegangen werden, dass diese konkreten, speziellen Ermittlungen zu einem bestimmten Sachverhalt durch den Verbindungsbeamten durch entsprechende Quellen gestützt werden, im gegenständlichen Fall auch nicht nur durch Nachfragen bei staatlichen Institutionen, sondern insgesamt gesehen auch bei Ärzten und anderen Einrichtungen. Jede Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stellt zudem eine Einzelfallentscheidung mit Prüfung des konkreten Sachverhalts dar, sodass keine Bindungswirkungen zu anderen Entscheidungen bestehen, weshalb die in der Beschwerde zitierten anderen Erkenntnisse des BVwG nicht zu einer anderen Beurteilung führen können. Genauso würden auch Ausführungen zu abgeschobenen Personen, welch eine Verschlechterung des Zustandes in Georgien erfahren hätten, keine Relevanz entfalten. Derartige Umstände wären weder belegt, noch auf den jeweiligen Einzelfall zu übertragen.

 

Wie bereits erörtert, ist die für die BF verordnete Medikation auch in Georgien erhältlich. Die medizinische Behandlung ist in Georgien grundsätzlich kostenlos und auch für Rückkehrer sofort zugänglich. Als Staatsbürgerin von Georgien ist der BF2 ferner automatisch versichert. Selbst wenn die Kosten für die Behandlung von den BF selbst getragen werden müssten und diese Behandlungskosten im Verhältnis zum Mindesteinkommen in Georgien hoch sind, so ist dennoch festzuhalten, dass die BF jedenfalls in Georgien bereits vor der Ausreise großteils kostenlos behandelt wurden und nur für spezielle Medikamente bezahlen mussten, was offenbar keine außergewöhnliche Belastung darstellte. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Falle der Rückkehr mittellos wäre und wird nochmals auf das familiäre Netzwerk hingewiesen.

II.2.11. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nun für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an (VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274; 26.06.2018, Ra 2018/20/0307 mwN). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Mitbeteiligte bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung (Vorverfolgung) für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn eine Person im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob die Person im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (VwGH 25.9.2018, Ra 2017/01/0203 mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat daher auch zu prüfen, ob den BF zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in seinem Heimatstaat Verfolgung zu befürchten hat.

Nachdem von den BF keine Verfolgungs- und/oder Bedrohungshandlungen vorgebracht wurden, sondern explizit die medizinische Behandlung im Bundesgebiet als einziger Ausreisegrund angeführt wurde, folgt daraus keine individuelle und konkrete Gefährdung pro futuro im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat.

Die BF verließ Georgien am 27.1.2018 aufgrund der erhofften besseren medizinischen Versorgung im Bundesgebiet, ohne jedoch einer asylrelevanten individuellen Gefährdung ausgesetzt gewesen zu sein.

Infolgedessen und aufgrund der vorstehenden Beweiswürdigung kann das Bundesverwaltungsgericht eine zur Gewährung von internationalem Schutz führende Rückkehrgefährdung nicht erkennen und ergibt sich eine solche auch nicht aus der allgemeinen Lage in Georgien zum Entscheidungszeitpunkt.

Die BF brachte keine mit ihrer georgischen Volksgruppenzugehörigkeit und christlich-orthodoxen Religion in Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten vor der Ausreise substantiiert vor, sodass demzufolge zur Feststellung zu gelangen ist, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat keine aktuellen Schwierigkeiten aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und Religionsbekenntnisses zu gewärtigen hatte. Die Beschwerdeführerin gehörte ausweislich ihres Vorbringens auch keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an.

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372 mwN).

Nach der geltenden Rechtslage wäre eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde; dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Derartige relevante Umstände iSd Judikatur zu Art. 3 EMRK ergeben sich vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen und persönlichen Angaben dahingehend, dass keine stichhaltigen Gründe vorliegen, dass die BF aufgrund der Verfügbarkeit der erforderlichen Medikamente einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt wäre.

II.2.11. Die BF sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in der Lage, ihr Auskommen im Herkunftsstaat zu bestreiten. Dass die Wirtschaftslage in Georgien derzeit unzureichend sein mag, stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Anbetracht des persönlichen Profils der BF und der bestehenden Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat keine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet auch nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0160).

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Dass Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.2. Familienverfahren gemäß § 34 AsylG:

Stellt ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist (Z 1); einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist (Z 2) oder einem Asylwerber (Z 3) einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Hinsichtlich der BF liegt daher ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

 

Zu A)

II.3.2.Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten

II3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) …

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.

dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2.

der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

  

...“

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen war.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

II.3.2.2. Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (in etwa VwGH vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731; vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre überhaupt fraglich, ob unter solchen Umständen noch von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Zl. Ra 2015/20/0030 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).

Die StatusRL 2011/95/EU sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 und vom 01.09.2005, 2005/20/0357).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:

Es ist festzuhalten, dass die BF keine Fluchtgründe ins Treffen führte, die auf eine persönliche Verfolgung im Herkunftsland im Sinne der GFK, mithin aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung schließen lassen. Von der BF wurde sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt die Erkrankung des BF2 als einziger Grund für die Reise nach Österreich angeführt.

Auch eine Verfolgung durch staatliche Behörden bzw. dass eine solche Verfolgung durch staatliche Behörden drohen würde, wurde von den BF zu keinem Zeitpunkt in substantiierter Weise behauptet oder belegt.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft, wobei als zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ erachtet wird. Diese ist dann gegeben, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist.

II.3.2.3. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war das Vorbringen der BF zum behaupteten Ausreisegrund glaubhaft, ein Asylgrund kann vornherein ausgeschlossen werden, weil ein solcher zu keiner Zeit behauptet wurde.

Im gegenständlichen Fall gelangt das Bundesverwaltungsgericht aus oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörterten Gründen zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin keiner individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt war oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre, sodass internationaler Schutz nicht zu gewähren ist. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass bestehende schwierige Lebensumstände allgemeiner Natur hinzunehmen sind, weil das Asylrecht nicht die Aufgabe hat, vor allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die etwa in Folge des Krieges, Bürgerkrieges, Revolution oder sonstiger Unruhen entstehen, ein Standpunkt den beispielsweise auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in Punkt 164 einnimmt (VwGH 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.

  

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.…“

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den „Herkunftsstaat“ des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.“

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffenen Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss ein BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinn des Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solch innerstaatlich bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (VG München 13.05.2016, M 4 K 16.30558).

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH U. 17.02.2009, C-465/07 ). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen: ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedoch nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; EGMR U 20.07.2010, N. gegen Schweden, Nr. 23505/09; U 13.10.2011, Husseini gegen Schweden, Nr. 10611/09). Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad). Die bloße Möglichkeit einer den betreffenden Bestimmungen der EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).

Im Hinblick der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die der Beschwerdeführer typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte kann auf eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung zurückgegriffen werden. Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (dt BVerwG 17.11.2011, 10 C 13/10).

Dessen ungeachtet sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch dann abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (§ 8 Abs. 3 AsylG 2005).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen im Übrigen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch die BF1 selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Georgien jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und sie und ihr Sohn in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Zur Erkrankung bzw. zum Gesundheitszustand des BF2 wird festgehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier auf die Entscheidung SALKIC and others against Sweden (Application no. 7702/04) hingewiesen, wo die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina bejaht wurde, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig unterliegt.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005 (Appl. 1383/04), wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden hat und der selbstmordgefährdet war, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes „real risk“.

Aufgrund des hier vorliegenden Krankheitsbildes ist jedenfalls nicht ableitbar, dass eine Überstellung nach Georgien zu einer Beeinträchtigung des gesundheitlichen Zustandes des BF2 führt, womit folgerichtig keine Verletzung von Art 3 EMRK gegeben ist.

Es liegt aktuell auch bei beim BF2 keine derartige Erkrankung vor, welche das Risiko bergen würde, im Falle der Rückkehr unter qualvollen Umständen in Georgien zu sterben. Es gibt in Georgien auch wie in der Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert und den Anfragebeantwortungen entnehmbar, Behandlungsmöglichkeiten und sind die gleichen Medikamente bzw. Ersatzpräparate wie in Österreich vorhanden. Es kann damit nicht von einem gänzlichen Fehlen von angemessenen Behandlungsmöglichkeiten ausgegangen werden und muss zwar eventuell mit einer Verschlechterung des persönlichen Zustandes des BF2 gerechnet werden, diese ist jedoch nicht unwiederbringlich oder derart gravierend, dass eine Abschiebung unzulässig zu erklären oder subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. Die BF1 konnte in Georgien auch trotz der Erkrankung des BF2 vor ihrer Ausreise für ihren Lebensunterhalt sorgen. In Georgien sind nach wie vor die Mutter, zwei Schwester und zwei Onkeln, sowie die Tochter der BF1 aufhältig, welche sie bei der Rückkehr unterstützen werden. Neben den Möglichkeiten, Sozialleistungen zu beziehen, steht der BF damit auch ein Netz von Verwandten zur Verfügung, welche zur Finanzierung der etwaig teilweise kostenpflichtigen Behandlung beitragen können.

Im vorliegenden Fall konnten seitens der BF keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, welche die Notwendigkeit weiterer Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts notwendig machen würden.

Im gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die BF vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Georgien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der BF beschriebenen und diagnostizierten Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktische Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der BF gelegenen Umständen belegen würden, kamen nicht hervor.

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN). Zur individuellen Versorgungssituation der BF wird weiter festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Einerseits stammt die BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört sie keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

II.3.3.3. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die BF somit nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.

Die aktuelle COVID-19-Pandemie erfordert auch nicht die Zuerkennung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung. Eine Epidemie im Herkunftsstaat eines Fremden ist zwar grundsätzlich unter dem Aspekt des Art 3 EMRK beachtlich. Da es sich aber eben nicht nur um eine Epidemie im Herkunftsstaat, sondern um eine Pandemie handelt, ist das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS-CoV-2 zu erkranken, weltweit, das bedeutet sowohl im Herkunftsstaat, als auch im Bundesgebiet, erhöht. Auch wenn daher nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die BF im Herkunftsstaat mit dem Erreger SARS-CoV-2 infiziert – was aber auch für den Fall des Verbleibes in Österreich gelten würde – ist das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art 3 EMRK droht der BF in ihrem Herkunftsstaat aufgrund der COVID-19-Pandemie daher nicht (vgl. idS BVwG 25.03.2020, W273 2188533-1/24E).

Weder droht den BF im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu Recht abgewiesen wurde.

 

II.3.4 Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“

 

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

 

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.“

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017 aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel “Daueraufenthalt – EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

II.3.4.2. Der gegenständliche in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen keine Umstände vor, dass den BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargelegt.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

II.3.4.4. Die BF haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner ihnen nahestehenden Person zusammen. Die BF halten sich seit November 2018 im Bundesgebiet auf und beziehen Grundversorgung. Von der BF1 wurde ein A2 Zertifikat vorgelegt und absolvierte sie auch beim Verein „Wiener Kuppeln“ (russisch-orthodoxe Kirche) ehrenamtliche Tätigkeiten. Die BF kamen, wie schon mehrmals erörtert, einzig mit dem Ziel nach Österreich, dem BF2 einer medizinischen Behandlung zu unterziehen.

Die BF sind im Bundesgebiet strafrechtlich bislang unbescholten. Sie sind kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation und verfügen über normale soziale Kontakte im Bundesgebiet.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der geltenden Judikatur Folgendes:

- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Die BF ist seit November 2018 in Österreich aufhältig. Sie reiste zwar legal aus Georgien aus, da sie aber im Bundesgebiet von der Grundversorgung lebten, wurde die Einreise rechtswidrig und konnten die BF ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

- das tatsächliche Bestehen eines Privatlebens:

Der BF verfügt über keine relevanten privaten Anknüpfungspunkte.

- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens

Die BF begründete ihr Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt der BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die BF nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise allenfalls bestehende Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN).

- Grad der Integration

Die BF sind erst sehr kurz in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. Die BF1 legte ein A2 Diplom vor und engagiert sich in einer russisch-orthodoxen Kirche. Von einer Victoria XXXX , welche in Wien ein Café betreibt, wurde ein Empfehlungsschreiben eingebracht und würde diese im Falle eines Bleiberechts die BF1 anstellen. Die BF sind kein Mitglied bei einem Verein oder einer. Soziale Kontakte bestehen zu georgischen, russischsprachigen Personen und auch Österreicher. Detaillierte Bekanntgaben waren den BF nicht möglich.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen- Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

- Bindungen zum Herkunftsstaat

Die BF verbrachten annähernd ihr gesamtes Leben in Georgien, wurde dort sozialisiert, bekennen sich zum dortigen christlich-orthodoxen Glauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. In Georgien begründen noch die Tochter, die Mutter, zwei Brüder und zwei Onkel der BF1 den Lebensmittelpunkt. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

- strafrechtliche Unbescholtenheit

Die BF sind bislang strafrechtlich unbescholten.

Diese Feststellung stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

- die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren

Der BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist und gab sie dies auch so bekannt. Der einzige Zweck ihres Aufenthaltes war sich medizinisch behandeln zu lassen.

- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer

Ein derartiges Verschulden kann der Aktenlage nicht entnommen werden.

- Kindeswohl

Allfällige ungünstigere Entwicklungsbedingungen im Ausland begründen für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt (OGH 08.07.2003, Zl. 4Ob146/03d unter Verweis auf Coester in Staudinger, BGB13 § 1666 Rz 82 mwN). Zudem gehören die Eltern und deren sozioökonomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes (ebd.).

Bei der Beurteilung, ob im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Verletzung von durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechten droht, ist nach der Judikatur des VwGH eine eventuelle besondere Vulnerabilität der Betroffenen im Speziellen zu berücksichtigen, wobei der VwGH auch auf die Definition schutzbedürftiger Personen in Art. 21. Der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) verweist (vgl. zuletzt VwGH vom 13.12.2018, Zl. Ra 2018/18/0336 sowie vom 30.08.2017, Zl. Ra 2017/18/0089 zum Irak sowie VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0315 und diverse andere zu Afghanistan). Art. 21 der Aufnahmerichtlinie zählt als besonders schutzbedürftige Personen unter anderem Minderjährige auf.

Der Verfassungsgerichtshof hat - aufgrund der vom BVwG selbst herangezogenen UNHCR-Richtlinien- in seiner Entscheidung vom 12.12.2018, Zl E 667/2018 hinsichtlich einer Familie aus Kabul festgehalten, dass Familien mit besonderem Schutzbedarf - nach Ansicht des UNHCR - nur dann eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul offensteht, wenn sie Zugang zu einem traditionellen Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie haben und davon ausgegangen werden kann, dass diese willens und in der Lage sind, die Zurückkehrenden tatsächlich zu unterstützen. Die zugrundeliegende Entscheidung des BVwG wurde behoben, da vom BVwG nicht näher begründet wurde, warum es davon ausging, dass der Bruder der Erstbeschwerdeführerin eine sechsköpfige Familie ausreichend unterstützen könne bzw wolle. Es sei verabsäumt worden, die Erstbeschwerdeführerin zur konkreten Lebenssituation ihres Bruders und ihrer Schwester zu befragen.

Demnach wird von der Judikatur – zuletzt auch in einer Einzelentscheidung hinsichtlich des sicheren Herkunftsstaates Georgien (VwGH vom 07.03.2019, Ra 2018/21/0216 bis 0217-13) - eine konkrete Auseinandersetzung damit gefordert, welche Rückkehrsituation eine Familie mit minderjährigen Kindern im Herkunftsstaat tatsächlich vorfindet, insbesondere unter Berücksichtigung der dort herrschenden Sicherheitslage und Bewegungsfreiheit (VwGH 21.03.2018, Ra 2017/18/0474 bis 0479) sowie der Unterkunftsmöglichkeit (VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0315).

Im vorliegenden Fall ist daher insbesondere zu berücksichtigen, dass der BF2 ein minderjähriges Kind – somit Angehöriger einer besonders vulnerablen und besonders schutzbedürftigen Personengruppe - ist. Daher ist eine konkrete Auseinandersetzung mit der Rückkehrsituation, die der minderjährige BF2 bzw. die Mutter mit ihrem minderjährigen Kind im Heimatstaat tatsächlich vorfinden würden, erforderlich.

Im gegenständlichen Fall sind die Mutter und der Sohn georgische Staatsbürger und sind beide im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen und teilt der BF2 somit das sozioökonomische Schicksal der BF1. Den BF stehen nach der Rückkehr sowohl private, karitative als auch bei Bedarf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie Unterkunft finden werden und wird auf die Beweiswürdigung oben verwiesen. Eine Verletzung des Kindeswohles ist daher nicht ersichtlich.

 

- Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die BF

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass –wie bereits mehrfach erwähnt- gem. § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Armenien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs. 2 leg. cit. genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für einen BF grundsätzlich nicht mehr möglich, den Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass der BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung ihres Aufenthaltes vom Inland aus offensteht, sodass sie mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die BF somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man – wie die Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

Weiter wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.4.6. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den BF in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die BF halten sich im Vergleich zu ihrem Lebensalter erst einen sehr kurzen Zeitraum in Österreich auf. Eine über das normale Maß hinausgehende gesellschaftliche Integration ist nicht erkennbar. Die BF haben nahezu ihr gesamtes Leben in Georgien verbracht und wurde dort sozialisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen Beziehungen zum Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Georgien eine – wenn überhaupt vorhandene – Integration in Österreich bei weitem überwiegen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.5. Abschiebung

II.3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

 

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Im gegenständlichen Fall sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden bzw. werden hierzu bereits an entsprechend passenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses Ausführungen getätigt, welche die in § 50 Abs. 1 und 2 FPG erforderlichen Subsumtionen bereits vorwegnehmen.

 

Eine im § 50 Abs. 3 FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

 

II.3.5.2. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

 

Dass besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidungen geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen bereits festgehalten, dass es sich bei den in § 55 Abs. 2 und 3 FPG genannten „besonderen Umständen“, die gegebenenfalls im Rahmen der gebotenen Abwägung zu einer Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise über 14 Tage hinaus führen können, ohnehin nur um solche handeln kann, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind (VwGH vom 31.07.2020; Ra 2020/19/0252; vgl. VwGH 20.2.2014, 2013/21/0114; vgl näher zu der nach § 55 FPG zu setzenden Frist VwGH 16.5.2013, 2012/21/0072, mwN).

 

Im Hinblick darauf, dass das Gesetz bei der Verlängerung der in einer Rückkehrentscheidung festgelegten Ausreisefrist ebenfalls auf die "Regelung der persönlichen Verhältnisse" abstellt und die (Verlängerung der) Ausreisefrist auch der Sache nach i.W. dieselbe Zielrichtung hat wie der Durchsetzungsaufschub, ist die erwähnte Rechtsprechung auch bei der Auslegung des§ 55 Abs. 2 und 3 FPG einzubeziehen. Demnach muss es sich bei den in diesen Bestimmungen genannten "besonderen Umständen" um solche handeln, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind.

 

Dass bei der Beurteilung, ob derartige Gründe vorliegen, ein weites Verständnis geboten ist, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, die als Beispielsfall den Abschluss eines bereits begonnenen Semesters eines schulpflichtigen Kindes, der nicht im unmittelbaren und direkten Zusammenhang mit der "Vorbereitung und Organisation der Ausreise" steht, "oder gleichwertige Gründe" nennen. Dabei wurde offenbar auf den mit dieser Bestimmung umgesetzten Art. 7 Abs. 2 RückführungsRL Bedacht genommen und in diesem Sinn auch noch "die Dauer des bisherigen Aufenthaltes" als möglicher besonderer Umstand iSd § 55 Abs. 2 und 3 FPG erwähnt. Außerdem werden in der beispielsweisen Aufzählung der genannten Richtlinienbestimmung neben dem "Vorhandensein schulpflichtiger Kinder" überdies "das Bestehen anderer familiärer und sozialer Bindungen" angeführt.

 

Vor diesem Hintergrund ist § 55 Abs. 2 und 3 FPG auszulegen und zu beurteilen, ob im jeweiligen Einzelfall besondere Gründe im genannten Sinn, welche die Einräumung einer mehr als 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise notwendig machen, gegeben sind. Dabei ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Weiters ist zu beachten, dass es sich bei den Gründen, die eine Verlängerung der Ausreisefrist rechtfertigen können, schon definitionsgemäß um vorübergehende Umstände handeln muss; ihre Beseitigung bzw. ihr Wegfall muss absehbar sein.

 

II.3.5.3. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.5.4. Da auch alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, waren die Beschwerden auch gegen diese Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

 

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, der hier vertretenen Zurechnungstheorie und den Anforderungen an einen Staat und dessen Behörden, um von dessen Willen und Fähigkeit, den auf seinem Territorium aufhältigen Menschen Schutz vor Übergriffen zu gewähren ausgehen zu können, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.

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