VwGH 2013/21/0114

VwGH2013/21/011420.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der MG in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 23. April 2013, Zl. 1137682/FrB/13, betreffend u.a. Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §55 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §55 Abs3 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §59 Abs2 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2012/I/050;
NAG 2005 §44b Abs3 idF 2012/I/087;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §53 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §55 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §55 Abs3 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §59 Abs2 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §41a Abs9 idF 2012/I/050;
NAG 2005 §44b Abs3 idF 2012/I/087;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die nach ihren Angaben 1975 in Baku geborene und zuletzt in Armenien aufhältige Beschwerdeführerin reiste im September 2002 nach Österreich ein. Sie stellte einen Asylantrag, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. August 2003 gemäß § 7 AsylG 1997 abwies; außerdem sprach das Bundesasylamt aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Armenien gemäß § 8 AsylG 1997 zulässig sei. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung (Beschwerde) wies der Asylgerichtshof im Oktober 2010 als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin verblieb in Österreich und stellte im März 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot - Karte plus nach § 41a Abs. 9 NAG.

Mit Bescheid vom 23. April 2013 erließ die Landespolizeidirektion Wien (die belangte Behörde) gegen die Beschwerdeführerin allerdings gemäß § 52 Abs. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung und verhängte gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen sie ein 18-monatiges Einreiseverbot. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wurde überdies die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Erlassung des Bescheides festgelegt.

Die Beschwerdeführerin ließ Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot unbekämpft. Gegen den Ausspruch nach § 55 Abs. 1 FPG erhob sie jedoch die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der darüber nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind. Weiters ist vorweg darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung (im April 2013) zu überprüfen hat. Die Beurteilung des vorliegenden Falles ist daher nach dem FPG in der Fassung vor dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, vorzunehmen. Demnach ergibt sich zunächst im Grunde des im April 2013 noch in Geltung stehenden § 59 Abs. 2 FPG - weil gegen Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot keine Berufung erhoben worden ist - die Zulässigkeit der gegenständlichen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. den hg. Beschluss vom 16. November 2012, Zl. 2012/21/0235).

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die nachfolgenden Absätze 2 und 3 des § 55 FPG ordnen dazu Nachstehendes an:

"(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Erlassung des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."

In der vorliegenden Beschwerde wird der Sache nach geltend gemacht, die belangte Behörde habe in Verkennung der Rechtslage die in § 55 Abs. 2 FPG vorgesehene Abwägung unterlassen. Es wäre - gemeint: als Ergebnis dieser Abwägung - notwendig gewesen, "den Zeitraum für die 'freiwillige' Ausreise auf einen Zeitraum zu erstrecken, bis die MA 35 über den Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot - Karte plus entschieden hat".

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren eine Verlängerung der vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen 14 Tage für die freiwillige Ausreise (vgl. auch die ErläutRV zu § 55 Abs. 2 FPG, 1078 BlgNR 24. GP 30) gar nicht angesprochen und insbesondere - wie in § 55 Abs. 3 zweiter Satz FPG vorgesehen - keinen Termin für ihre Ausreise bekannt gegeben hat. Im Übrigen kann es sich bei den in § 55 Abs. 2 und 3 FPG genannten "besonderen Umständen", die gegebenenfalls im Rahmen der gebotenen Abwägung zu einer Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise über 14 Tage hinaus führen können, aber ohnehin nur um solche handeln, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2013, Zlen. 2012/21/0072 bis 0074, auf dessen Entscheidungsgründe - insbesondere Punkt 5.2.2. - gemäß § 43 Abs. 2 VwGG des Näheren hingewiesen wird). Das Ergebnis eines Niederlassungsverfahrens zählt nicht dazu, weil ein derartiges Verfahren als solches nichts mit der Regelung der persönlichen Verhältnisse im genannten Sinn zu tun hat. Im Übrigen ist auf den bis 31. Dezember 2013 in Geltung stehenden § 44b NAG zu verweisen, dessen Abs. 3 anordnet, dass (u.a.) Anträge gemäß § 41a Abs. 9 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen, der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegenstehen und daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten können. Die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise mit der Dauer des Verfahrens nach § 41a Abs. 9 NAG würde der eben wiedergegebenen Anordnung den Boden entziehen.

Dass die belangte Behörde die Ausreisefrist mit den gesetzlich als Regelfall vorgesehenen 14 Tagen festgesetzt hat, begegnet damit keinen Bedenken. Insoweit vermag die gegenständliche Beschwerde daher - auch soweit sie der belangten Behörde eine Verletzung der Begründungspflicht vorwirft - jedenfalls keine relevante Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Das gilt auch für den weiteren Einwand, das von der belangten Behörde durchgeführte Verfahren sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Insbesondere war die Durchführung einer Verhandlung seitens der belangten Behörde nicht geboten. (Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeführerin in der gegenständlichen Beschwerde, wie in diesem Zusammenhang ergänzend anzumerken ist, nicht beantragt.)

In der Beschwerde wird schließlich noch moniert, dass die belangte Behörde in ihrer Entscheidung in Bezug auf die verhängte aufenthaltsbeendende Maßnahme keinen Zielstaat angegeben habe. Das ist aber - abgesehen davon, dass dieser Einwand nicht den Ausspruch über die freiwillige Ausreise, sondern die unbekämpft gebliebene Rückkehrentscheidung selbst betrifft - nicht zu beanstanden (vgl. sinngemäß zu einer fremdenpolizeilichen Ausweisung - für den Fall einer Rückkehrentscheidung gilt nichts anderes - das hg. Erkenntnis vom 17. April 2013, Zl. 2013/22/0068).

Auch von daher haftet dem bekämpften Ausspruch nach § 55 Abs. 1 FPG somit keine Rechtswidrigkeit an, weshalb die Beschwerde zusammenfassend gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Februar 2014

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