OGH 8ObA57/23z

OGH8ObA57/23z24.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat MMag. Matzka als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Albert Kyncl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der * GmbH, *, vertreten durch die Ferner, Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei * GmbH, FN *, vertreten durch die Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH und die ATTYS 05 Rechtsanwälte GmbH, beide in Wien, wegen Feststellung (§ 54 Abs 1 ASGG), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. Mai 2023, GZ 12 Ra 20/23g‑45, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Juli 2022, GZ 16 Cga 28/21x‑31, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBA00057.23Z.1024.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

I. Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

II. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil lauten:

„A. Das Klagebegehren, es werde mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt,

1. dass auf die DienstnehmerInnen der beklagten Partei im Bereich der EDV-Technik das KA‑AZG oder zumindest das AZG anzuwenden ist,

2. dass die dem Sbg. Gem-VBG unterliegenden DienstnehmerInnen nicht der Privatklinik R* GmbH bzw dem Betrieb Privatklinik R* dienstzugeteilt werden können und dürfen und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig waren;

3. dass die dem Sbg. Gem-VBG unterliegenden DienstnehmerInnen der Stadtgemeinde M* nicht dem Betriebsstandort Z* dienstzugeteilt werden können und dürfen und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig waren;

4. dass Zeiten der Dienstreisen zwischen dem Betriebsstandort bzw Wohnort in der Gemeinde, zu der das Dienstverhältnis besteht, und dem gemeindefremden Dienstort nach den gesetzlichen Bestimmungen und im gesetzlichen Ausmaß als Dienstzeit von der beklagten Partei zu entlohnen sind,

wird abgewiesen.

B. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.“

III. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.558,54 EUR (darin 426,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Beklagte ist Rechtsträgerin eines öffentlichen Krankenhauses, das in zwei Stadtgemeinden jeweils einen Betriebsstandort hat. Es handelt sich dabei um vormals von einer der Standortgemeinden bzw vom Land Salzburg betriebene Krankenhäuser, die zusammengelegt wurden.

[2] Als alleinige Gesellschafterin der Beklagten fungiert eine GmbH, deren Alleingesellschafterin eine der beiden Standortgemeinden ist.

[3] Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche von Dienstnehmern, die nach dem Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2001, LGBl 2002/17 (Sbg Gem‑VBG) als Vertragsbedienstete jeweils in einem Dienstverhältnis zu einer der beiden Standortgemeinde stehen und an die Beklagte nach § 14 Sbg Gem‑VBG zwecks Aufrechterhaltung des Betriebs der ausgegliederten Krankenanstalten dienstzugewiesen sind.

[4] Seit der Zusammenlegung der Krankenanstalten hat sich deren Betrieb geändert. Die Fachabteilungen wurden neu positioniert und es werden Dienstnehmer nicht mehr nur an ihren Stammarbeitsplätzen eingesetzt, sondern es kommt vor, dass sie auch zum Dienst im jeweils anderen Krankenhaus eingeteilt werden. An die Mitarbeiter der Anästhesieabteilungen beider Standorte erließ die Beklagte schriftliche Dienstanweisungen, bei entsprechender Dienstplaneinteilung am jeweils anderen Standort Dienst zu leisten.

[5] Wegen der schlechten öffentlichen Verkehrsverbindungen müssen die Mitarbeiter für die Anreise zu den Standorten überwiegend private Pkw verwenden. Sie erhalten zwar Kilometergeld, die Fahrtzeit wird jedoch nicht vergütet.

[6] Der Betrieb der beiden Krankenhäuser ist von einem funktionierenden EDV‑System abhängig. Für die reibungslose Funktion der notwendigen Prozesse ist die jeweilige EDV-Abteilung der Häuser zuständig. Bis zu 45 % der Aufgabenbereiche der IT‑Mitarbeiter betreffen die Betreuung der zur Aufrechterhaltung des gewöhnlichen Betriebes notwendigen EDV‑Anlagen und Systeme.

[7] Durch Einrichtung einer Rufbereitschaft, an der derzeit sieben Mitarbeiter abwechselnd beteiligt sind, ist sichergestellt, dass durchgehend auch an Wochenenden und zu Nachtzeiten bei Systemausfällen oder Störungsmeldungen ein Mitarbeiter der EDV‑Abteilung erreichbar ist.

[8] Der klagende Betriebsrat begehrt nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteils am 16. 5. 2022 (Anwendung des Krankenanstalten-AZG auf die DienstnehmerInnen der Beklagten im Bereich der Haustechnik) zwischen den Parteien festzustellen, dass

a) die Umkleidezeit der DienstnehmerInnen der Beklagten, insbesondere jener im Bereich der Operations- und Anästhesiepflege, des Personals der Pflege, der Küche, der Reinigung und des Sekretariats, Arbeitszeit seien;

b) die von den an die Beklagte dienstzugewiesenen und dem Sbg Gem-VBG unterliegenden DienstnehmerInnen an den Wochenenden verrichtete, an die Bereitschaftsdienste anknüpfende aktive Dienstausübung (OP‑Tätigkeit, etc) am Betriebsstandort der Beklagten in M* Mehr- und Überstunden und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in der gesetzlichen Höhe zu vergüten seien;

c) die einseitige Anordnung der Beklagten von negativer Arbeitszeit (Minusstunden) unzulässig sei;

d) die dem Sbg Gem‑VBG unterliegenden DienstnehmerInnennicht der Privatklinik R* GmbH bzw dem Betrieb Privatklinik R* dienstzugeteilt werden könnten und dürften und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig gewesen seien;

e) die dem Sbg Gem-VBG unterliegenden DienstnehmerInnen der Stadtgemeinde M* nicht dem Betriebsstandort Z* dienstzugeteilt werden könnten und dürften und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig gewesen seien;

f) Zeiten der Dienstreisen zwischen dem Betriebsstandort bzw Wohnort in der Gemeinde, zu der das Dienstverhältnis bestehe, und dem gemeindefremden Dienstort nach den gesetzlichen Bestimmungen und im gesetzlichen Ausmaß als Dienstzeit von der Beklagten zu entlohnen seien, und

g) auf die DienstnehmerInnen der Beklagten im Bereich der EDV‑Technik das KA‑AZG oder zumindest das AZG anzuwenden sei.

[9] Der Beklagten oblägen sämtliche fachlichen und dienstlichen Anordnungen, einschließlich der Möglichkeit zur Dienstzuteilung. Durch die Zuweisung habe sie gegenüber den Vertragsbediensteten Dienstgeberfunktion erlangt und sie trete gegenüber dem Kläger als zumindest faktische Dienstgeberin auf. Dies habe auch der Intention der beiden Standortgemeinden bei der dauerhaften Dienstzuweisung an die Beklagte entsprochen. Sie habe sich gegenüber den Gemeinden zur Bezahlung sämtlicher Forderungen der Dienstnehmer verpflichtet.

[10] Die Beklagte erhob insbesondere den Einwand der fehlenden Aktiv- und Passivlegitimation.

[11] Für die zugewiesenen Vertragsbediensteten sei nicht der Kläger, sondern die jeweilige Personalvertretung der Gemeinden zuständig. Den Gemeinden komme auch weiterhin die gesamte Diensthoheit zu.

[12] Das Erstgerichtwies mit Teilurteil das Klagebegehren in seinem Punkt g) zurück und in den Punkten d), e) und f) ab.

[13] Die Aktiv- und Passivlegitimation der Parteien sei zu bejahen. Das Begehren zu Punkt g) sei, soweit es sich unterschiedslos auf alle Mitarbeiter der EDV-Abteilung beziehe, nicht berechtigt. Für einzelne Mitarbeiter dieses Bereichs sei nach den Feststellungen eine Anwendbarkeit des KA‑AZG denkbar, hiezu fehle aber ein hinreichend konkretes Vorbringen. Die strittigen Dienstzuteilungen iSd § 13 Sbg Gem-VBG seien rechtmäßig, Fahrten zu einer Dienststelle seien nicht als entgeltpflichtige Dienstreisen zu qualifizieren.

[14] Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten mangels Beschwer zurück.

[15] Der Berufung des Klägers gab es teilweise Folge und änderte die angefochtene Entscheidung in den Klagspunkten d) und e) teilweise und in Punkt g) zur Gänze im stattgebenden Sinn. Im Umfang des auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bisherigen Dienstzuteilungen gerichteten Mehrbegehrens bestätigte es die Klagsabweisung ebenso wie im Klagspunkt f).

[16] Die Aktiv- und Passivlegitimation der Streitteile sei vom Erstgericht zu Recht bejaht worden. Die Beklagte sei dem Beschäftiger bei Arbeitskräfteüberlassung vergleichbar und ebenso rechtlich zu behandeln. Dienstrechtliche Ansprüche der zugewiesenen Vertragsbediensteten seien gegen sie geltend zu machen. Davon ausgenommen seien nur rein besoldungsrechtliche Angelegenheiten.

[17] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung der §§ 13 und 14 Sbg Gem‑VGB sowie des § 1 KA-AZG, konkret in Bezug auf die Qualifikation bloßer Rufbereitschaft, vorliege.

[18] Die gegen diese Entscheidung erhobeneRevision des Klägersbekämpft die Abweisung des Feststellungsbegehrens nur zu Punkt f) des Klagebegehrens.

[19] Die Revision der Beklagten wendet sich gegen den klagsstattgebenden Teil der Entscheidung.

[20] Beide Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie jeweils beantragen, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[21] Die Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage iSd § 502 Abs 1 ZPO zulässig. Nur die Revision der Beklagten ist auch berechtigt.

1. Aktivlegitimation

[22] 1.1. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich im vorliegenden Verfahren, in dem die Rechte von Vertragsbediensteten einer Gemeinde strittig sind, die einem anderen Rechtsträger dienstzugewiesen wurden, zunächst die Frage des Geltungsbereichs des Personalvertretungsrechts bzw des Betriebsverfassungsrechts stellt.

[23] 1.2. In diesem Zusammenhang ist die besondere verfassungsrechtliche Kompetenzlage bei Gemeindebediensteten zu beachten. Die B‑VGNov 1974 (BGBl 1974/444) räumte den Ländern durch den neu gefassten Art 21 B‑VG die Gesetzgebungskompetenz in den Angelegenheiten des Personalvertretungsrechts der Landes- und Gemeindebediensteten (ausgenommen Landeslehrer) insoweit ein, als diese Bediensteten nicht in Betrieben tätig waren. Dies bedeutete, dass es den Ländern möglich war, Personalvertretungsgesetze für die in Behörden, Ämtern und sonstigen Verwaltungsstellen tätigen Landes- und Gemeindebediensteten zu erlassen, nicht jedoch für Bedienstete, die beispielsweise in Krankenanstalten, Pflegeheimen, Kindergärten, Elektrizitätswerken, Gaswerken oder Verkehrsbetrieben beschäftigt waren.

[24] Mit der Neufassung des Art 21 Abs 2 B‑VG durch die B‑VGNov 1981 (BGBl 1981/350) trat eine Änderung hinsichtlich der Bediensteten der Gemeinden und Gemeindeverbände dahin ein, dass sie auch dann, wenn sie in Betrieben tätig waren, künftig der landesgesetzlichen Gesetzgebung unterliegen sollten. Die in Art 21 Abs 2 B‑VG festgelegte Einschränkung der Kompetenz der Länder bei Tätigkeit in Betrieben sollte nur mehr auf die Bediensteten der Länder bezogen werden (AB 766 BlgNR 15. GP  2; durch die Neufassung des Art 21 B‑VG mit der B‑VG Nov 1999, BGBl I 1998/8, trat keine inhaltliche Änderung der hier interessierenden Regelung ein).

[25] Für Gemeinde‑ und Gemeindeverbandsbedienstete sind daher ausschließlich die Länder zur Regelung des Personalvertretungsrechts in Betrieben befugt, auch wenn die Gemeinde- und Gemeindeverbandsbediensteten bei einem ausgegliederten Rechtsträger – zB im Wege einer Dienstzuteilung – beschäftigt sind (Kühteubl, Ausgliederung: Arbeitsrechtliche Fragen bei der Übertragung von Aufgaben durch Bund, Länder und Gemeinden [2006] 141 mwN).

[26] Der Begriff „Betrieb“ im Sinn des Art 21 Abs 2 B-VG ist in jener Bedeutung zu verstehen, die ihm nach dem ArbVG zukommt (VfSlg 16.733/2002 Pkt III.B.2.5.).

[27] Art III Abs 1 B‑VG Nov 1981 sieht allerdings vor, dass bundesgesetzliche Vorschriften in Angelegenheiten, die gemäß Art 21 B‑VG idF dieses Bundesverfassungsgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fallen, als Bundesgesetze solange in Kraft bleiben, als nicht eine vom betreffenden Land erlassene Regelung der Angelegenheit in Kraft getreten ist.

[28] Das ArbVG kommt daher solange zur Anwendung, als die Länder keine entsprechenden Personalvertretungsgesetze für die Gemeindebediensteten erlassen haben. Wurde hingegen ein eigenes Gemeinde-Personalvertretungsgesetz durch den Landesgesetzgeber beschlossen, verbleibt für die Fortwirkung des ArbVG kein Raum (vgl 9 ObA 151/08h; 9 ObA 110/10g; Windisch-Graetz in ZellKomm³ [2018] § 33 ArbVG Rz 3 mwN; Jabornegg, Ausgliederung und Betriebsverfassungsrecht in Brodil, Ausgliederungen, Arbeitsrecht im „Zusammenfluss“ von Beamten und Arbeitnehmern [2009] 43 [50 f]).

[29] 1.3. Der Salzburger Landesgesetzgeber hat von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und ein Gemeinde-Personalvertretungsgesetz (LGBl 1997/58; Sbg Gem-PVG) beschlossen. Nach § 1 Abs 3 lit b Sbg Gem-PVG gelten als Bedienstete im Sinn dieses Gesetzes Personen, die in einem durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis zu einer Gemeinde stehen. Gemäß § 1 Abs 5 Sbg Gem-PVG finden auf Bedienstete, die in einem wirtschaftlichen Unternehmen gemäß § 65 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 oder in einer von der Gemeinde nach dem Salzburger Krankenanstaltengesetz 1975 geführten Krankenanstalt beschäftigt sind, jedoch die Bestimmungen des II. Teils (Betriebsverfassung) des ArbVG, ausgenommen die §§ 78 bis 88a, 110, 111, 112, 114 und 123 bis 134a, Anwendung. Die von § 1 Abs 5 Sbg Gem-PVG erfassten Personen gelten gemäß Abs 4 nicht als Bedienstete iSd Sbg Gem-PVG.

[30] 1.4. Das Berufungsgericht ging – unter Hinweis auf Jabornegg (Ausgliederung und Betriebsverfassungsrecht, in Brodil, Ausgliederungen 51) – davon aus, dass von der Ausnahme nach § 1 Abs 5 Sbg Gem-PVG nicht bloß die in gemeindeeigenen Betrieben tätigen Gemeindebediensteten erfasst wären, sondern auch die in Betriebe ausgegliederter Rechtsträger zur Dienstleistung zugewiesenen Gemeindebediensteten. Wenn schon der Landesgesetzgeber in § 1 Abs 5 Sbg Gem‑PVG die Anwendbarkeit der Bestimmungen des II. Teils des ArbVG auf Bedienstete in einem gemeindeeigenen wirtschaftlichen Unternehmen oder einer Krankenanstalt normiere, müsse dies auch für Betriebe ausgegliederter Rechtsträger gelten. Eine gegenteilige Rechtsansicht würde zu dem Ergebnis führen, dass der II. Teil des ArbVG vor Ausgliederung zur Anwendung gelange, danach aber nicht mehr. Dies würde auch der Intention des Landesgesetzgebers widersprechen: dieser habe es bei Einführung des Sbg Gem-PVG im Jahr 1997 als wenig sinnvoll erachtet, den bis dahin auf Bedienstete in Gemeindebetrieben anzuwendenden, in der Praxis bewährten Normenbestand des II. Teils des ArbVG durch landesgesetzliche Regelungen zu ersetzen (vgl ErläutRV 391 BlgLT 11. GP 21).

[31] 1.5. Die einschlägige Bestimmung des § 1 Sbg Gem-PVG sieht in Abs 5 vor, dass Bedienstete, die in einem wirtschaftlichen Unternehmen gemäß § 65 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 oder in einer von der Gemeinde nach dem Salzburger Krankenanstaltengesetz 1975 geführten Krankenanstalt beschäftigt sind, vom Anwendungsbereich ausgenommen sind. In diesem Zusammenhang hält auch Jabornegg (Ausgliederung und Betriebsverfassungsrecht, in Brodil, Ausgliederungen 50 f) – unter Hinweis auf die gegenständliche Regelung – fest, dass es aufgrund des Art III Abs 1 B-VG Nov 1981 bei der Geltung der bundesgesetzlich für Betriebe vorgesehenen Betriebsverfassung bleibt, soweit in einzelnen Ländern diesbezügliche Regelungen unterblieben sind, die Personalvertretung von in Betrieben beschäftigten Gemeindebediensteten also landesgesetzlich nicht eigens geregelt worden ist.

[32] Dem Ergebnis des Berufungsgerichts, das von der Anwendbarkeit des ArbVG ausgeht, ist daher zuzustimmen.

2. Klagslegitimation

[33] 2.1. Das Ergebnis, dass die dienstzugewiesenen Vertragsbediensteten (auch) als Arbeitnehmer der Beklagten iSd § 36 ArbVG anzusehen sind, bedeutet andererseits nicht, dass nur mehr der Betriebsrat der Beklagten die Interessen dieser Vertragsbediensteten vertreten kann und zur Erhebung einer besonderen Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG aktiv bzw die Beklagte passiv legitimiert ist.

[34] Bei Überlassung von öffentlich-rechtlich Bediensteten an derartige Betriebe ist vielmehr regelmäßig – ebenso wie bei sonstigen Arbeitskräfteüberlassungen – eine Mehrfachvertretung durch Personalvertretungsorgane der Gebietskörperschaften und den Betriebsrat zu bejahen (Gahleitner in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht 26 [2020] § 36 ArbVG Rz 16; vgl auch Jabornegg, Ausgliederung und Betriebsverfassungsrecht, in Brodil, Ausgliederungen 52). Relevant dafür ist, welche Befugnisse trotz der erfolgten Dienstzuweisung bei den jeweiligen Gemeinden verblieben und welche dadurch auf die Beklagte übergegangen sind.

[35] 2.2. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, dass im Fall einer Klage durch den Betriebsrat gemäß § 54 Abs 1 ASGG grundsätzlich nur der „jeweilige“ Arbeitgeber passiv legitimiert sei. In Angelegenheiten einer Arbeitskräfteüberlassung würden nach der Rechtsprechung nur Feststellungsklagen nach § 54 Abs 1 ASGG in den Wirkungsbereich des Betriebsrats des Überlasserbetriebs fallen, welche die aufrecht bleibenden arbeitsvertraglichen Beziehungen der überlassenen Arbeitnehmer zum Überlasser betreffen; Feststellungsklagen, welche die Rechtsbeziehungen überlassener Arbeitnehmer zum Beschäftiger betreffen, seien hingegen vom Betriebsrat des Beschäftigerbetriebs einzubringen (RS0125572; vgl auch Neumayr in ZellKomm³ [2018] § 54 ASGG Rz 15; Köck in Köck/Sonntag ASGG [2020] § 54 Rz 39).

[36] 2.3. Dies ist für Fälle der Arbeitskräfteüberlassung insoweit konsequent, als durch eine Arbeitskräfteüberlassung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Beschäftiger zwar einerseits kein (weiteres) Arbeitsverhältnis entsteht, das neben das zwischen Überlasser und Arbeitskraft bestehende Arbeitsverhältnis tritt, zwischen ihnen aber andererseits doch eine Rechtsbeziehung besteht, aufgrund derer dem Beschäftiger beispielsweise ein eingeschränktes Weisungsrecht zusteht (vgl RS0050556 [T1]; ferner Tomandl, Arbeitskräfteüberlassung4 [2021] 26 mwN, nach dem dem Beschäftiger vom Überlasser die Weisungsrechte delegiert werden müssen, da dieser die überlassene Arbeitskraft in seinem Betrieb einsetze).

[37] Darüber hinaus stellt das AÜG den Beschäftiger in einigen Punkten dem Arbeitgeber gleich. Das betrifft insbesondere den Arbeitnehmerschutz und die Fürsorgepflicht (§ 6 Abs 1 und 3 AÜG). Für die Dauer der Überlassung gilt der Beschäftiger als Arbeitgeber im Sinn der Arbeitnehmerschutzvorschriften sowie im Sinn der Gleichbehandlungsvorschriften und Diskriminierungsverbote. Darüber hinaus obliegen dem Beschäftiger auch die Fürsorgepflichten eines Arbeitgebers für jene Bereiche, in denen er Einwirkungsmöglichkeiten besitzt (vgl Poglies-Schneiderbauer in Haas/Hollaus/Poglies-Schneiderbauer, Arbeitskräfteüberlassung² [2022] 14 mwN). Für die Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Überlasser und Beschäftiger enthält das AÜG keine zwingenden Vorgaben (Tomandl, Arbeitskräfteüberlassung4 25).

[38] 2.4. Fraglich ist aber, ob dem Rechtsträger, dem Vertragsbedienstete nach § 14 Sbg Gem-VBG dienstzugewiesen werden, dieselbe Rechtsstellung zukommt wie einem Beschäftiger im Sinn des AÜG.

[39] Eine Zuweisung an einen „Beschäftiger“ im Rahmen einer Ausgliederung im öffentlichen Bereich wird in der Rechtsprechung als Arbeitskräfteüberlassung sui generis angesehen, wobei das AÜG nicht zur Anwendung gelangt (9 ObA 64/10t; 8 ObA 65/15i). Aus diesem Grund scheidet beispielsweise die Anwendbarkeit des § 6 Abs 3 AÜG hinsichtlich der Fürsorgepflichten des Beschäftigerbetriebs aus (9 ObA 84/12m; siehe aber bereits 8 ObA 3/04f; vgl auch RS0116553 [T2]).

[40] 2.5. Im vorliegenden Fall sieht § 14 Abs 4 Sbg Gem-VBG vor, dass während einer Dienstzuweisung die oder der Vertragsbedienstete den fachlichen und dienstlichen Anordnungen der zuständigen Organe des Rechtsträgers bzw des Erwerbers unterliegt. Die diensthoheitlichen Befugnisse der Gemeinde bleiben – vorbehaltlich einer Verordnung gemäß Art 118 Abs 7 B-VG – jedoch unberührt, insbesondere sind die für Personalangelegenheiten zuständigen Organe des Rechtsträgers bzw des Erwerbers an die Weisungen der zuständigen Gemeindeorgane gebunden. Nähere Bestimmungen über die Ausübung der Diensthoheit einschließlich der zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Sanktionen sind in der zwischen Gemeinde und Rechtsträger oder Erwerber zu treffenden Vereinbarung (§ 14 Abs 3 Sbg Gem‑VBG) festzulegen.

[41] 2.6. In den Materialien (ErläutRV 446 BlgLT 13. GP 12) wird dazu festgehalten, dass gemäß Art 118 Abs 3 Z 2 B-VG iVm § 126 Abs 1 Sbg Gem-VBG die Ausübung der Diensthoheit gegenüber Gemeindevertragsbediensteten in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden falle.

[42] Unter dem Begriff „Diensthoheit“ sei entsprechend der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg 9.287/1981) die Summe jener Funktionen zu verstehen, die dem Bund, dem Land, der Gemeinde bzw dem Gemeindeverband als Dienstgeber gegenüber der oder dem Bediensteten zukommen. Die Diensthoheit umfasse daher alle Dienstgeberbefugnisse sowohl gegenüber öffentlich-rechtlichen als auch privatrechtlichen Bediensteten (vgl Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung [1990] 297).

[43] Zur Frage der Übertragbarkeit der Ausübung der Diensthoheit bzw einzelner Teilbereiche auf andere Einrichtungen (nachgeordnete Behörden, aber auch außenstehende Institutionen) ergebe sich aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg 14.896/1997 und 15.946/2000), dass eine solche Übertragung grundsätzlich nur dann verfassungskonform erfolge, wenn zwischen jenem Organ, dem die Verfassung die Diensthoheit zuweise (im Fall der Gemeinden: zuständiges Gemeindeorgan) und jener Einrichtung, der die Befugnis übertragen werde, ein Weisungszusammenhang bestehe und die Durchsetzung dieser Weisungen sichergestellt sei.

[44] Durch § 14 Abs 4 Sbg Gem‑VBG soll daher die Ausübung der Diensthoheit im Sinn einer Letztverantwortlichkeit durch das zuständige Gemeindeorgan sichergestellt werden.

[45] 2.7. Zur Auslegung des Begriffs „Diensthoheit“ besteht umfangreiche Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (siehe die Nachweise bei Kucsko-Stadlmayer/Oswald in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 21 B-VG [2018] Rz 29).

[46] Die Diensthoheit umfasst danach die Summe jener Funktionen, die der Gemeinde als Dienstgeber gegenüber den Bediensteten zukommen, sohin alle Dienstgeberbefugnisse (zB VfSlg 9.287/1981). Diese sind in den Gemeindebeamten- und -vertragsbedienstetengesetzen begründet und begrenzt. Auch alle Fragen der Ernennung, Beförderung, Aus- und Fortbildung von Dienst- und anderen Qualifikationsprüfungen, Versetzung, Verwendungsänderung etc, die Regelung der Dienstzeit, die Setzung von Disziplinarmaßnahmen und die gesamte Dienstaufsicht fallen unter den Begriff der Diensthoheit.

[47] Soweit die Diensthoheit gegenüber privatrechtlich angestelltem Verwaltungspersonal erfolgt, beruht sie auf Art 116 Abs 2 B‑VG (Weber in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg, Bundesverfassungsrecht Art 118 Abs 1–7 B-VG [2017] Rz 13).

[48] 2.8. In der (zum OÖ Gemeindebediensteten-ZuweisungsG ergangenen) Entscheidung 9 ObA 62/09x gab der Oberste Gerichtshof einer Klage mehrerer bei der Stadt Linz beschäftigter, einer GmbH dienstzugewiesener Vertragsbediensteter gegen die Stadt Linz auf Feststellung zwischen den Streitteilen statt, dass die Kläger nicht verpflichtet seien, Arbeitsleistungen für einen Dritten als Beschäftiger, insbesondere durch eine ärztliche Tätigkeit in den Räumlichkeiten seiner Klinik, zu erbringen.

[49] 2.9. Im Hinblick auf (allerdings) Entgeltansprüche von zugewiesenen Landesbediensteten hob der Oberste Gerichtshof in der zum K-LKABG ergangenen Entscheidung 8 ObA 22/03y (ebenso 9 ObA 62/03p; vgl auch 9 ObA 137/09a [9 ObA 138/09y] zu Landesbeamten) hervor, dass das Krankenanstaltendirektorium gemäß § 39 Abs 1 K‑LKABG hinsichtlich der Landesbediensteten in der Landeskrankenanstalt mit der Wahrnehmung sämtlicher Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechts, insbesondere „mit der Vertretung des Landes als Dienstgebern“ betraut sei. Gemäß § 50 Abs 4 K-LKABG würden Landesbedienstete, die einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land stünden und in den Landeskrankenanstalten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ihren Dienst verrichteten, auf Dauer unter Wahrung ihrer Rechte und Pflichten den jeweiligen Landeskrankenanstalten zur Dienstverrichtung als Landesbedienstete zugewiesen. Sei nun aber das Krankenanstaltendirektorium bloß mit der Vertretung des Landes „als Dienstgeber“ betraut, obliege Letzterem auf Grund seiner Rechtsstellung als Dienstgeber zweifellos die Begleichung von Entgeltansprüchen der Dienstnehmer, zumal es sich hierbei ausschließlich um solche Ansprüche handle, die gegen den Dienstgeber und nicht gegen seinen Vertreter zu richten seien. Auch zu 9 ObA 283/98b sei bereits ausgesprochen worden, aus § 39 Abs 1 und Abs 3 K‑LKABG sei abzuleiten, dass die Dienstverhältnisse der Krankenanstaltsbediensteten zum Land begründet werden. Bestünden nun Zahlungsansprüche des Klägers, so habe diese das Land als Dienstgeber zu erfüllen.

[50] 2.10. Zu § 1 Abs 4 Wr ZuweisungsG judiziert der Oberste Gerichtshof, dass durch die Zuweisung in der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Stellung der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Beschäftigten bzw in der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung der in einem durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis Beschäftigten keine Änderung eintritt. Durch die Zuweisung ändere sich an der Stellung der Gemeinde als Dienstgeberin und an den aus dem Dienstverhältnis erfließenden Rechten und Pflichten grundsätzlich nichts (vgl auch 8 ObA 185/01s; 8 ObA 3/04f). Dienstbehörde sei daher nach wie vor der Magistrat (§ 3 Abs 1 leg cit; 9 ObA 84/12m; 8 ObA 65/15i).

[51] 2.11. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht unter Anknüpfung an Art 21 Abs 3 B‑VG davon aus, dass bei Fehlen gegenteiliger gesetzlicher Regelung die Befugnisse der Diensthoheit nicht an Private übergehen können (VwGH 94/12/0051; vgl auch 2008/12/0213; 2009/12/0157).

[52] Für den Fall einer allfälligen gesetzlichen Delegation derartiger Zuständigkeiten an Private (Beleihung) wird von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts verlangt, dass die Befugnisse der in Art 21 Abs 3 B‑VG genannten obersten Organe aufrecht bleiben; diese bestehen bei der Übertragung von dienstrechtlichen Weisungsbefugnissen an Organe ausgegliederter Unternehmen in deren Einbindung in den Weisungszusammenhang mit den obersten Organen (VfSlg 15.946/2000; VwGH 95/12/0265; siehe dazu auch Kucsko-Stadlmayer/Oswald in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 21 B‑VG [2018] Rz 39).

[53] 2.12. Auch der Umstand, dass die Diensthoheit bei der Dienstzuteilung von Vertragsbediensteten bei der jeweiligen Körperschaft verbleibt (vgl Art 21 Abs 3, Art 116 Abs 2 und Art 118 Abs 3 Z 2 B-VG) und der Rechtsträger, dem die Vertragsbediensteten dienstzugewiesen sind, bei der Ausübung der ihm im Rahmen der Diensthoheit zugewiesenen Befugnisse gewissermaßen (nur) als Vertreter der jeweiligen Körperschaft agiert und selbst bei Übertragung der Diensthoheit ein Weisungszusammenhang besteht, spricht dafür, dass es solchen Rechtsträgern jedenfalls in Agenden der Diensthoheit an der Passivlegitimation mangelt.

[54] 2.13. Die für Personalangelegenheiten zuständigen Organe des Rechtsträgers sind – entsprechend den Vorgaben durch die dargelegte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs – gemäß § 14 Abs 4 Satz 2 Sbg Gem‑VBG an die Weisungen der zuständigen Gemeindeorgane gebunden.

[55] Würde man in Angelegenheiten der Diensthoheit die Passivlegitimation des Rechtsträgers bejahen, könnte der Fall eintreten, dass eine – in einem Verfahren nach § 54 Abs 1 ASGG oder in einem direkt von einem Vertragsbediensteten angestrengten Verfahren – gegen den Rechtsträger ergangene Entscheidung in Widerspruch zu einer gemäß § 14 Abs 4 Satz 2 Sbg Gem-VBG erteilten Weisung der jeweiligen Gemeinde steht.

3. Revision des Klägers

[56] 3.1. Nach den dargestellten Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Aktivlegitimation des Klägers bzw die Passivlegitimation der Beklagten hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zur Entlohnung von „Zeiten der Dienstreisen als Dienstzeit“ zutreffend verneint.

[57] 3.2. Wie auch die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung aufzeigt, ist der vorliegende Sachverhalt mit jenem zu 8 ObA 22/03y (vgl auch 9 ObA 62/03p) vergleichbar (oben Punkt 2.8.). Auch hier handelt es sich um Entgeltansprüche, die ausschließlich gegen den Dienstgeber und nicht gegen seinen Vertreter zu richten sind.

[58] 3.3. Entgegen den Revisionsausführungen des Klägers hat der Arbeitnehmer auch bei einer Arbeitskäfteüberlassung keinen direkten Entgeltanspruch gegenüber dem Beschäftiger, sondern er hat grundsätzlich sämtliche Entgeltansprüche an den Überlasser zu richten (RS0050620 [T3]). Darüber hinaus verschafft § 14 AÜG dem Arbeitnehmer lediglich einen weiteren Haftungsfonds in Gestalt einer Bürgenhaftung des Beschäftigers. Diese Bestimmung normiert die Haftung des Beschäftigers für die gesamten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäftigung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche und die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung als Bürge. Zweck dieser Regelung ist die Sicherung der finanziellen Ansprüche der überlassenen Arbeitskräfte, darüber hinaus soll sie auch den Beschäftiger zu einer sorgfältigen Auswahl des Überlassers anregen (RS0120833; 9 ObA 55/11w).

[59] 3.4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den festgestellten Zuweisungsvereinbarungen, die sich mit den Vorgaben des § 14 Sbg Gem‑VBG decken. Die Beklagte erklärte darin, die aus den Dienstverhältnissen entspringenden Forderungen der Vertragsbediensteten zu übernehmen und die jeweilige Stadtgemeinde diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Darin ist kein echter Vertrag zugunsten Dritter zu erkennen. Vielmehr handelt es sich um eine Erfüllungsübernahme iSd § 1404 ABGB. Der Erfüllungsübernehmer ist gegenüber dem Schuldner verpflichtet, ihn klag- und schadlos zu halten; gegenüber dem Gläubiger trifft ihn keine Pflicht (vgl RS0097736).

[60] 3.5. Der Kläger stützt sich in seiner Revision – erstmalig – darauf, dass die Beklagte auch aus dem Titel des Schadenersatzes bzw Bereicherungsrechts hafte.

[61] Eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (RS0016473 [T1, T12]; vgl auch RS0039936, wonach der Kläger jene Tatbestände zu behaupten und zu beweisen hat, aus denen nach dem materiellen Recht sein Anspruch entstanden ist). Soweit der neuen rechtlichen Argumentation einer Partei oder der Geltendmachung einer neuen Anspruchsgrundlage aber neu vorgebrachte Tatsachen zugrunde liegen, verstoßen die Rechtsmittelausführungen gegen das Neuerungsverbot des § 504 Abs 2 ZPO (vgl RS0016473 [T10, T13]).

[62] Die Revision des Klägers ist somit nicht berechtigt.

4. Revision der Beklagten

[63] 4.1. Vor dem Hintergrund des weiten Verständnisses des Begriffs „Diensthoheit“ (siehe hiezu oben Punkt 2.7.) ist in weiterer Konsequenz davon auszugehen, dass die Beklagte auch hinsichtlich der zu Klagspunkt d) und e) geltend gemachten Ansprüche lediglich in Vertretung der jeweiligen Gemeinden tätig wurde.

[64] Da die Ausübung der Diensthoheit im Sinn einer Letztverantwortlichkeit durch das zuständige Gemeindeorgan sichergestellt werden soll (vgl ErläutRV 446 BlgLT 13. GP 12), ist eine Passivlegitimation der Beklagten auch hinsichtlich dieser Ansprüche zu verneinen (vgl 9 ObA 62/09x [oben Pkt 2.8.]).

[65] 4.2. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass in Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes der Bediensteten von Gemeinden und Ländern (vgl RS0113369), soweit diese in Betrieben tätig sind, die Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund schlechthin zugewiesen wird (Kucsko-Stadlmayer/Oswald in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 21 B‑VG [2018] Rz 15).

[66] Im vorliegenden Fall geht es nämlich richtigerweise darum, wer hierfür in Anspruch genommen werden kann. Vor dem Hintergrund der auch in § 14 Abs 4 Sbg Gem-VBG vorgesehenen Weisungsgebundenheit kommt es bei der Beurteilung dieser Frage nicht bloß darauf an, ob ein bestimmter Rechtsträger „in Vertretung“ einer Körperschaft tätig wird (8 ObA 22/03y; vgl dagegen noch 8 ObA 202/02t; vgl auch RS0116553 [T2], wonach auch bei zugewiesenen Vertragsbediensteten weiterhin die jeweilige Körperschaft Dienstgeber ist).

[67] 4.3. In dieser gesetzlich verankerten Weisungsgebundenheit besteht auch der hier wesentliche Unterschied zwischen Dienstzuweisung von Vertragsbediensteten und einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG, sodass die von der Rechtsprechung zur Aufteilung der Klagslegitimation zwischen Betriebsrat des Überlasser- und Betriebsrat des Beschäftigerbetriebs herausgebildeten Grundsätze nur bedingt übertragen werden können.

[68] Die Passivlegitimation der Beklagten ist hinsichtlich der Klagspunkte d) und e) daher zu verneinen.

[69] 4.4. Das unter Punkt g) erhobene Klagebegehren betreffend die Anwendbarkeit des KA-AZG im Bereich der EDV-Technik bezieht sich hingegen auf die Rechtsverhältnisse sämtlicher von der Beklagten in diesem Teilbereich beschäftigten Personen. Bei diesen Dienstnehmern handelt es sich nach dem Klagsvorbringen nicht nur um dienstzugewiesene Gemeindevertragsbedienstete, sodass für dieses Begehren bezüglich der anderen Dienstnehmer die Passivlegitimation der Beklagten zu bejahen ist.

[70] 4.5. Nach § 1 Abs 1 KA-AZG gilt dieses Gesetz für Personen, die in den angeführten Einrichtungen, insbesondere Krankenanstalten, als Angehörige von Gesundheitsberufen tätig sind oder deren Tätigkeit sonst zur Aufrechterhaltung des Betriebs ununterbrochen erforderlich ist.

[71] Das KA-AZG bezweckt die einheitliche Regelung der Arbeitszeit für die von seinem Geltungsbereich erfassten Dienstnehmer in Krankenanstalten – unabhängig vom Rechtsträger – sowie die Umsetzung der Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit nach der Arbeitszeit‑Richtlinie 93/104/EG (ErläutRV 386 BlgNR 20. GP 7).

[72] Für die Anwendung des Gesetzes auf Dienstnehmer, die nicht als Angehörige von Gesundheitsberufen tätig sind, genügt es nach § 1 Abs 1 KA‑AZG nicht, dass die Art ihrer Tätigkeit an sich zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich ist – was in einem Krankenhaus durchaus zB auch auf Verwaltungstätigkeiten zutrifft –, sondern es muss sich darüber hinaus um Arbeitsplätze handeln, die rund um die Uhr besetzt sein müssen, an denen also ununterbrochen Arbeitszeit anfällt (Pfeil in Neumayr/Reissner, ZellKomm³ I [2018] § 1 AZG Rz 30; Klein, Krankenanstalten Arbeitszeitgesetz [1998] 26; Standeker/Fischl, Krankenanstalten-Arbeitszeit NEU [2008], 39; Binder/Reznik, Krankenanstalten-Arbeitszeitrecht² [2016] § 1 KA-AZG Anm 25; Gasteiger/Heilegger in Gasteiger/Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz7 § 1 AZG Rz 99; so schon ErläutRV 386 BlgNR 20. GP 9).

[73] 4.6. Nach dem Sachverhalt sind die Arbeitsplätze der Dienstnehmer der Beklagten im Bereich der EDV-Technik nicht rund um die Uhr besetzt, sondern ist in der Nachtzeit sowie an Wochenenden für dringende Fälle nur ein jeweils mit einer Person besetzter Rufbereitschaftsdienst eingerichtet.

[74] Das Wesen der Rufbereitschaft besteht darin, dass der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber lediglich erreichbar sein muss. Der Arbeitnehmer kann dabei seinen Aufenthaltsort selbst wählen und – im Unterschied zur Arbeitsbereitschaft nach § 5 AZG – über die Verwendung solcher Zeiten weitgehend frei entscheiden (RS0051403). Er ist nur durch die Notwendigkeit eingeschränkt, seine Freizeitaktivitäten während der Rufbereitschaft so anzupassen, dass er im Fall eines Anrufs die Arbeitspflichten prompt und ohne besondere Beeinträchtigung erfüllen kann (RS0051403 [T5]).

[75] Bei der Rufbereitschaft handelt es sich um eine zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers, die gesondert zu entlohnen ist (RS0027969), die aber außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit liegt (§ 20a Abs 1 AZG; RS0021691).

[76] 4.7. Die Einrichtung einer bloßen Rufbereitschaft im Bereich der EDV-Technik während der Nachtstunden und Wochenenden, ohne Bestehen einer durchgehenden Dienstzeit, erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 KA-AZG einer ununterbrochen erforderlichen Tätigkeit nicht.

[77] Das auf Feststellung der Anwendbarkeit des KA‑AZG auf die Dienstnehmer der EDV-Technik gerichtete Begehren des Klägers ist daher nicht berechtigt.

[78] 4.8. Ob die gewählte Formulierung des Begehrens, dass „das KA‑AZG oder zumindest das AZG“ auf die DienstnehmerInnen im Bereich der EDV-Technik anzuwenden sei, als nicht ausformuliertes Eventualbegehren aufzufassen ist (wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist), oder ob der genannten Formulierung nach der Intention des Klägers keine selbstständige Bedeutung zukommt, muss mangels Relevanz für das rechtliche Ergebnis nicht abschließend geklärt werden.

[79] Der prozessökonomische Zweck einer Feststellungsklage ist es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht, sei es um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, sei es um eine brauchbare Grundlage für weitere Entscheidungen zu schaffen. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung ist nur dann zu bejahen, wenn das Rechtsverhältnis durch eine ernsthafte Unsicherheit gefährdet erscheint, so etwa, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers hartnäckig bestreitet. Die Feststellung von bloßen Rechtslagen genügt nicht (RS0037422 [T5; T8]).

[80] Der Kläger hat – unbestritten – vorgebracht, dass die Beklagte selbst von der Anwendbarkeit des AZG auf die EDV-Techniker ausgehe. Er hat gar nicht behauptet, dass die Beklagte diese Anwendbarkeit irgendwie in Frage stellen würde. Dieses Vorbringen spricht grundsätzlich gegen die Annahme eines beabsichtigten impliziten Eventualbegehrens.

[81] In jedem Fall wäre ein solches Eventualbegehren aber mangels rechtlichen Interesses iSd § 228 ZPO abzuweisen.

5. Zusammenfassung

[82] 5.1. Die dienstzugewiesenen Vertragsbediensteten sind zwar (auch) als Arbeitnehmer der Beklagten iSd § 36 ArbVG anzusehen. Hinsichtlich der Klagslegitimation ist jedoch entscheidend, ob die geltend gemachten Ansprüche die zuweisende Gemeinde oder den Rechtsträger, dem die Vertragsbediensteten zugewiesen sind, betreffen.

[83] Da auch bei dienstzugewiesenen Vertragsbediensteten die Diensthoheit bei der Gemeinde zu verbleiben hat und dies durch ein gesetzlich verankertes Weisungsrecht sichergestellt ist, müssen jene Ansprüche, die Agenden der Diensthoheit betreffen, weiterhin gegen die Gemeinde geltend gemacht werden.

[84] Im vorliegenden Fall ist daher die Passivlegitimation der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Entgeltansprüche der Vertragsbediensteten, sondern auch hinsichtlich der in den Punkten d), e) und g) geltend gemachten Ansprüche zu verneinen.

[85] Die in Punkt g) hinsichtlich der anderen Dienstnehmer begehrte Feststellung ist in der Sache nicht berechtigt.

[86] Das im Revisionsverfahren gegenständliche Begehren war daher insgesamt zur Gänze abzuweisen.

[87] 5.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger ist im Rechtsmittelverfahren zur Gänze unterlegen und hat der Beklagten die Kosten der Berufungsbeantwortung (auf Basis des von der Anfechtung umfassten Interesses, gerundet 12.460 EUR; Ansatz TP 3B: 433,80 EUR) und des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

[88] Kosten für die mangels Beschwer zurückgewiesene Berufung der Beklagten sind wegen fehlender Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit iSd § 41 Abs 1 ZPO nicht zuzuerkennen. Auch die Kosten der Berufungsbeantwortung des Klägers sind nicht zu ersetzen, weil er darin auf den Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat (RS0035979).

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