OGH 6Ob199/58 (RS0014699)

OGH6Ob199/5818.8.2022

Rechtssatz

Im Sinn des § 867 ABGB kommt es bei der Frage der Gültigkeit eines von einer Gemeinde abgeschlossenen Vertrages entscheidend auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung an. Auch einer Gemeinde gegenüber kann man sich auf das Prinzip des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand berufen, sofern man sich auf ihn bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit verlassen durfte. Wer mit einer Gemeinde einen Vertrag abschließt, muss die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich - rechtlichen Beschränkungen beachten und auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt haben sollte (ähnlich SZ 25/96). Die Entscheidung vom 01. 04. 1953, 2 Ob 233/53, JBl 1954,18 kann in ihrer allgemeinen Form nicht aufrecht erhalten werden.

Normen

ABGB §867
ABGB §1029

6 Ob 199/58OGH24.09.1958

Veröff: EvBl 1959/71 S 128 = JBl 1959,131 (mit Glosse von Gschnitzer)

5 Ob 498/59OGH27.01.1960
5 Ob 50/60OGH28.04.1960
7 Ob 23/65OGH03.02.1965

Beisatz: § 102 Abs 1 lit p der GdO für OÖ LG vom 07.07.1948, LGBl Nr 22/1949 (T1) <br/>Veröff: MietSlg 17107

6 Ob 55/65OGH31.03.1965

Beisatz: §§ 35, 54, 55 oö GdO (T2)<br/>Veröff: SZ 38/50 = JBl 1965,621

1 Ob 149/65OGH13.10.1965

Veröff: SZ 38/161

6 Ob 56/66OGH30.11.1966

Beisatz: Hier: § 90 nö GdO 1965 (T3)

7 Ob 204/68OGH30.10.1968

Beisatz: Tir GdO (T4) <br/>Veröff: NZ 1969,104

4 Ob 73/69OGH21.10.1969

Veröff: JBl 1970,158 = Arb 8671

6 Ob 328/69OGH14.01.1970

Auch

7 Ob 214/70OGH25.11.1970

Auch; Beisatz: Hier: Konkludente Vereinbarung (T5)<br/>Veröff: SZ 43/213 = RZ 1971,85

1 Ob 9/71OGH28.01.1971

Beisatz: LwBetr 1973,24

1 Ob 28/71OGH25.03.1971

Beisatz: Hier: Zu § 29 Z 6 nö GdO 1864 sowie zu §§ 35 Abs 2 lit g, 36 Z 4, 38 Abs 1 Z 3, 55 der nö GdO 1965. (T6)

5 Ob 237/73OGH12.12.1973

Beisatz: Bundesstraßenverwaltung durch Landeshauptmann und Amt der LReg (T7) <br/>Veröff: EvBl 1974/158 S 350 = HS 8097

4 Ob 556/73OGH18.12.1973

Beisatz: §§ 35, 60 KntAGO (T8)

1 Ob 68/74OGH08.05.1974

Veröff: SZ 47/59 = EvBl 1974/272 S 600 = JBl 1974,619 (mit Anmerkung der Schriftleitung)

8 Ob 254/74OGH07.01.1975

Auch; Beis wie T7

2 Ob 110/75OGH19.06.1975

Auch; Veröff: SZ 48/71 = EvBl 1976/31 S 68 = JBl 1975,650

6 Ob 558/76OGH01.04.1976

Beis wie T8; Veröff: NZ 1981,77

1 Ob 570/76OGH14.04.1976
1 Ob 762/62OGH24.11.1976

Beisatz: §§ 45, 52 Statut der Landeshauptstadt Graz (T9) <br/>Veröff: SZ 49/142

5 Ob 710/78OGH12.12.1978

Auch; Beisatz: § 90 nö GdO (T10) <br/>Veröff: HS 10188

7 Ob 523/80OGH28.02.1980

Beisatz: Eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters als Organ der Gemeinde wirkt gegen jeden Dritten (hier: §§ 58, 67 oö GdO 1965). (T11) <br/>Veröff: EvBl 1980/174 S 517

1 Ob 625/81OGH15.07.1981

Beisatz: Ist die Genehmigung durch den Gemeinderat oder die Landesregierung erforderlich, dann sind die ohne eine solche Genehmigung vom Bürgermeister abgeschlossenen Rechtsgeschäfte für die Gemeinde nicht verbindlich. Die Bestimmungen der Gemeindeordnungen enthalten Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters als Organs der Gemeinde, die gegen jeden Dritten wirkt. (T12) <br/>Veröff: SZ 54/111 = EvBl 1981/209 S 602 = JBl 1982,197 (teilweise kritisch Wilhelm) = NZ 1984,184

4 Ob 145/81OGH16.03.1982

Ähnlich; Beis wie T12; Beisatz: §§ 45, 60 Vorarlberger GdO (T13)

8 Ob 509/82OGH02.09.1982
8 Ob 634/84OGH11.07.1985

Auch; nur: Im Sinn des § 867 ABGB kommt es bei der Frage der Gültigkeit eines von einer Gemeinde abgeschlossenen Vertrages entscheidend auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung an. Auch einer Gemeinde gegenüber kann man sich auf das Prinzip des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand berufen. (T14)<br/>Veröff: SZ 61/241

7 Ob 688/88OGH10.11.1988

Veröff: RZ 1989/33 S 86 = ZVR 1990/154 S 370 = JBl 1989/444 (Wilhelm) = VersR 1989,1110

7 Ob 609/89OGH07.09.1989

Beis wie T12; Beisatz: Hier: Stmk GdO (T15)

9 ObA 294/89OGH08.11.1989

Vgl auch; nur T14; Beisatz: Auch ein bloß passives Verhalten des Gemeinderates ist beachtlich. (§ 48 ASGG). (T16) <br/>Veröff: WBl 1990,180

8 Ob 573/90OGH13.09.1990

Auch; Beisatz: Die Berechtigung der Überzeugung des Dritten von der Vertretungsmacht des Verhandlungspartners, die Voraussetzung und Anlass für die Erbringung der eigenen im Vertrauen auf den äußeren Tatbestand bewirkten Leistung ist darf aber nicht darauf hinauslaufen, dass der Verhandlungspartner sämtliche Grundsätze für die Willensbildung öffentlicher Körperschaften zu überprüfen und sein Verhalten danach einzurichten hätte. (T17)<br/>Veröff: JBl 1991,517

1 Ob 669/90OGH18.09.1991

Vgl auch; nur: Im Sinn des § 867 ABGB kommt es bei der Frage der Gültigkeit eines von einer Gemeinde abgeschlossenen Vertrages entscheidend auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung an. (T18)<br/>Beis wie T12; Beisatz: Ein durch erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnis grundsätzlich die Gemeinde nicht. (T19)

1 Ob 13/93OGH25.08.1993

Vgl; nur T14; Veröff: SZ 66/98

3 Ob 509/95OGH22.02.1995

Auch; Beis wie T12; Beis wie T19

1 Ob 31/97hOGH24.06.1997

Vgl; nur T18; Beis wie T19

1 Ob 229/97aOGH14.10.1997

Auch; nur: Wer mit öffentlichen Hand einen Vertrag abschließt, muss die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich - rechtlichen Beschränkungen beachten und auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt haben sollte. (T20)

7 Ob 57/98bOGH10.03.1998

Vgl auch; nur T20

2 Ob 7/98pOGH19.03.1998

Auch; nur T20

8 ObA 230/99bOGH09.09.1999

Ähnlich; nur T20; Beisatz: Hier: Beschränkung der Vertretungsmacht des Administrators einer kirchlichen juristischen Person. (T21)

2 Ob 182/01fOGH09.08.2001

Vgl auch; Beis wie T12; Beis wie T19

4 Ob 6/02iOGH05.11.2002

Vgl auch; Beisatz: Hier: Die in Art XIII § 2 Satz 2 Konkordat 1933/34 normierte Zustimmung der "zuständigen Kirchenbehörden oder Ordensoberen" bei Veräußerung und Belastung von Kirchenvermögen ist auch im staatlichen Rechtsbereich Gültigkeitsvoraussetzung. (T22)<br/>Veröff: SZ 2002/145

1 Ob 8/02mOGH13.12.2002

Vgl; Beisatz: Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts können durch stillschweigende Erklärung (Duldung) Vertretungsmacht einräumen, doch muss dazu das vertretungsbefugte Organ - hier die Landesregierung - den erforderlichen Anschein erweckt haben. Das Verhalten des Scheinvertreters ist unerheblich. (T23)

1 Ob 137/03hOGH01.07.2003

Auch

6 Ob 286/04hOGH10.01.2005

Auch; Beis wie T19

8 Ob 117/04wOGH04.05.2005

Auch; Beis ähnlich wie T17; Beisatz: Trotzdem ist es der subventionswerbenden Klägerin ungeachtet ihrer primär auf künstlerische Belange ausgerichteten Interessen zumutbar, zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Förderungsarten zu differenzieren, ohne dass dies darauf hinausliefe, dass die Klägerin sämtliche Grundsätze für die Willensbildung bei der beklagten Partei zu überprüfen und ihr Verhalten danach einzurichten gehabt hätte. (T24)

7 Ob 147/05aOGH28.09.2005
8 Ob 111/07tOGH22.11.2007

Auch; Beisatz: Ein Vertrag mit der Gemeinde kann auch schlüssig abgeschlossen werden. (T25)<br/>Beisatz: Auch wenn eine Vertretungshandlung des Bürgermeisters wegen eingeschränkter Vertretungsmacht der Gemeinde gemäß § 867 ABGB nicht zuzurechnen ist, ist der Vertragspartner jedenfalls in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand zu schützen, wenn das zuständige Organ (der Gemeinderat) den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch seine Beschlussfassung gedeckt. (T26)

1 Ob 18/08sOGH03.04.2008

Vgl auch; nur T20; Beisatz: Welche Rechtsfolgen an die Außerachtlassung bloßer Formgebote geknüpft sind, ist mangels einer unmittelbaren Regelung im Einzelfall aus dem jeweiligen Sinn und Zweck des Formgebots zu entnehmen. (T27)<br/>Beisatz: Beurkundungsvorschriften sind in der Regel aber nicht als Gültigkeitsvoraussetzung für Handlungen nach außen zu verstehen, sondern als bloß im Innenverhältnis zu beachtende Ordnungsvorschriften. (T28)

6 Ob 71/07wOGH05.06.2008

Vgl; Beisatz: Hier: §§ 56, 58 Oö GemO 1990. (T29)<br/>Beisatz: Der Abschluss eines Pachtvertrags - mit der Gemeinde als Pächterin - ist keine „Anschaffung" im Sinn des § 58 Abs 2 Z 4 Oö GemO 1990, weil es sich hiebei nicht um die Besorgung einer regelmäßig vorkommenden Verwaltungsaufgabe handelt. Unter den Begriff „Arbeiten" in § 58 Abs 2 Z 7 Oö GemO 1990 lassen sich zwanglos auch die Erbringung von Dienstleistungen - wie etwa die Tätigkeit eines Immobilienmaklers - einordnen. (T30)

9 ObA 9/09bOGH02.06.2009

Vgl aber; nur T20; Beisatz: Hier: Unwirksamkeit einer vom Bürgermeister entgegen § 43 Abs 1 stmk GdO ohne vorherige Beschlussfassung des Gemeinderats ausgesprochenen Entlassung eines Gemeindebediensteten. (T31)<br/>Bem: Darstellung der unterschiedlichen Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Gemeindeordnung bei einseitigen Willenserklärungen einerseits und bei Verträgen andererseits. (T32)

8 Ob 20/11sOGH22.03.2011

Vgl auch; Beisatz: Beschränkungen der Handlungsfähigkeit eines kirchlichen Organs durch das kanonische Recht. (T33)

6 Ob 129/10dOGH18.07.2011

Vgl; Beis wie T23; Beisatz: Um die Rechtsfolgen des § 1029 Abs 1 Satz 2 ABGB eintreten zu lassen, muss mit dem Anvertrauen der Verwaltung eine Vollmachtserteilung nicht ausdrücklich verbunden werden, die Betrauung der Verwaltung darf nur nicht erkennbar auf das Innenverhältnis beschränkt, also eine Bevollmächtigung irgendwelcher Art nicht ausgeschlossen sein. (T34)

5 Ob 52/11zOGH09.11.2011

Auch; nur T18; Beis ähnlich wie T12; Beis wie T19

2 Ob 46/11wOGH19.01.2012

Vgl auch

2 Ob 94/12fOGH20.12.2012

Vgl; Vgl Beis wie T21; Vgl Beis wie T22; Vgl Beis wie T33

2 Ob 129/12bOGH24.01.2013

Vgl; Auch Beis wie T22; Auch Beis wie T33; Vgl Beis wie T11

2 Ob 173/12yOGH29.05.2013

nur: Auch einer Gemeinde gegenüber kann man sich auf das Prinzip des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand berufen, sofern man sich auf ihn bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit verlassen durfte. (T35)<br/>Beisatz: Auch die Kollektivzeichnungsbestimmungen sind als Vertrauensschutzregeln zu verstehen. (T36)<br/>Beisatz: Hier: Unterzeichnung durch den Vizebürgermeister trotz Anwesenheit des Bürgermeisters. (T37)

3 Ob 151/13xOGH08.10.2013

Vgl auch; Beisatz: Hier: NÖ Gemeindeordnung. (T38)<br/>Beisatz: Nach der auch für Gemeinden geltenden Regel des § 1016 ABGB kann das Rechtsgeschäft auch nachträglich genehmigt und geheilt werden. (T39)<br/>Beisatz: Auch eine schlüssige Genehmigung des vollmachtslosen Handelns des Bürgermeisters durch den Gemeinderat ist möglich. (T40)

6 Ob 146/13hOGH16.12.2013

Vgl auch; Beisatz: Hier: Begriff der „laufenden Verwaltung“ nach § 71 Abs 4 K-AGO. (T41)

2 Ob 79/13aOGH17.03.2014

Vgl auch; Beisatz: Hier aber: Genehmigung der Aufsichtsbehörde aber konkret nicht erforderlich, weil keine „Übernahme sonstiger Haftungen“ iSd § 104 Abs 1 lit b K‑AGO. (T42)

9 ObA 114/13zOGH27.05.2014

Vgl auch; Beisatz: Hier: Frage der Zurechnung von Erklärungen zur Verlängerung eines befristeten Dienstvertrags zur Stadt Wien (KAV). (T43)

5 Ob 126/14mOGH18.11.2014

Auch; Beis wie T11; Veröff: SZ 2014/106

7 Ob 140/17iOGH21.09.2017

Auch

6 Ob 156/18mOGH26.09.2018

Auch; Beis wie T12; Beis wie T25; Beis wie T26; Beis wie T40

4 Ob 175/19tOGH24.10.2019

Vgl; Beis wie T19; Beis wie T39; Beis wie T40

1 Ob 179/19hOGH23.10.2019

Vgl; Beis wie T11; Beis wie T19; Beis wie T39; Beis wie T40

8 Ob 103/20kOGH25.06.2021

Vgl; Beis wie T18; Beisatz: Die Funktion eines Genehmigungsvorbehalts als Mittel der präventiven Kontrolle von Rechtshandlungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist nur dann gewährleistet, wenn die Wirksamkeit des zu kontrollierenden Rechtsakts von der Erteilung der Genehmigung abhängt. Andernfalls bliebe eine Verletzung des Genehmigungsvorbehalts ohne Folgen, weil die Mittel der repressiven Verwaltungskontrolle im Fall privatrechtlicher Verträge nicht wirksam eingreifen. (T44)

10 Ob 18/21aOGH18.08.2022

Vgl; nur T18; Beis wie T19; nur T20; Beis wie T26; Beis wie T31; Beis wie T40; Beisatz: Hier zu § 78 Abs 1 Z 2 Statut für die Landeshauptstadt Linz. (T45)

Dokumentnummer

JJR_19580924_OGH0002_0060OB00199_5800000_001

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