European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00147.24I.1008.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Bestandrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.
Begründung:
[1] Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft mit dem gegenständlichen Objekt Geschäftslokal G8 samt Lager im Kellergeschoß 1C. Die Mutter der Antragsgegnerin mietete dieses mit Vertrag vom 9. 4. 1984 an. Sie verstarb am 25. 6. 2018.
[2] Kurz zuvor hatte die Antragstellerin ihre Vertreterin bereits mit der Einbringung einer Mietzins- und Räumungsklage gegen die Mutter der Antragsgegnerin beauftragt. Deren damaliger Rechtsvertreter übermittelte per E‑Mail vom 9. 7. 2018 der Vertreterin der Antragstellerin die Sterbeurkunde der damaligen Mieterin. Eine Information der Antragstellerin selbst oder ihrer Hausverwaltung durch die Antragsgegnerin oder ihr zuzurechnende Personen erfolgte nicht. Die Antragstellerin erfuhr durch einen Buchungsvermerk am 12. 7. 2018, dass der Mietzins mit dem Vermerk „Todesfall“ rückgebucht worden war.
[3] Am 14. 11. 2018 gab die Antragsgegnerin eine bedingte Erbantrittserklärung ab, die der Gerichtskommissär der Antragstellervertreterin am 20. 11. 2018 übermittelte.
[4] Mit Schreiben ihrer Vertreterin vom 23. 4. 2019 machte die Antragstellerin gegenüber der Verlassenschaft und der Antragsgegnerin als deren Vertreterin eine Hauptmietzinsanhebung nach § 46a Abs 2 MRG wie dort konkret ausgeführt geltend.
[5] Mit Beschluss vom 19. 2. 2021 wurde die Verlassenschaft der Antragsgegnerin zur Gänze eingeantwortet.
[6] Mit Schreiben vom 31. 3. 2021 (./D) machte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin die Mietzinsanhebung gestützt auf § 46a Abs 2 MRG wie dort konkret ausgeführt geltend.
[7] Bis zu den Anhebungsschreiben betrug der für das Mietobjekt vorgeschriebene monatliche Hauptmietzins 583,58 EUR. Außer Streit steht der nach § 16 Abs 1 MRG angemessene Hauptmietzins für das Objekt zum Stichtag 25. 6. 2018 in Höhe von 2.300 EUR.
[8] Mit Antrag an die Schlichtungsstelle vom 27. 4. 2021 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass sie dem Grunde nach berechtigt sei, den Hauptmietzins für das Mietobjekt auf den zum Stichtag 25. 6. 2018 angemessenen Hauptmietzins anzuheben, der angemessene Hauptmietzins für das Mietobjekt zu diesem Stichtag 2.580 EUR wertgesichert betrage und sie berechtigt sei, den bisherigen monatlichen Hauptmietzins für das Objekt ab 1. 1. 2019 in 15 gleichen Schritten auf 2.580 EUR anzuheben, sodass der angemessene Hauptmietzins mit dem Jahr 2033 erreicht sein werde und im Jahr 2021 die 3. Anhebungsstufe erreicht sei, in dem die Anhebung auf 982,85 EUR ab 1. 6. 2021 zulässig sei. Hilfsweise möge festgestellt werden, ab welcher Mietzinsperiode die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zur Hauptmietzinsanhebung berechtigt sei und wie hoch der angemessene monatliche Hauptmietzins sei. Das Anhebungsbegehren sei nicht präkludiert. Die Todesanzeige per E‑Mail vom 9. 7. 2018 sei nicht an die Antragstellerin ergangen, sondern ihre Vertreterin in einem Mietzins‑ und Räumungsprozess, und damit nicht wirksam.
[9] Die Antragsgegnerin wendete insbesondere die Präklusion des Anhebungsbegehrens unter Hinweis auf die Todesanzeige vom 9. 7. 2018 ein.
[10] Das Erstgericht stellte – soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich – fest, dass die Antragstellerin dem Grunde nach berechtigt sei, den Hauptmietzins für das Mietobjekt auf den zum Stichtag 25. 6. 2018 angemessenen Hauptmietzins anzuheben, dieser 2.300 EUR wertgesichert betrage und sie berechtigt sei, den bisherigen monatlichen Hauptmietzins für das Objekt für den Zeitraum ab 1. 6. 2019 auf 698,01 EUR und ab 1. 6. 2021 auf 926,87 EUR anzuheben. Es ging davon aus, dass die auf die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG analog anzuwendende Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst mit Rechtskraft der Einantwortung zu laufen beginne. Auf die Wirksamkeit der Übermittlung der Todesanzeige per E‑Mail an die damalige Vertreterin der Antragstellerin komme es nicht an.
[11] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und wies den Sachantrag ab. Es teilte die Auffassung, dass die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG und auch die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gelte. Das erstmalige Anhebungsbegehren müsse innerhalb einer sechsmonatigen Frist ab der Anzeige vom Tod des bisherigen Hauptmieters der Geschäftsräumlichkeit erfolgen. In der Entscheidung 1 Ob 137/09t habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die „15tel Anhebung“ bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben für die analoge Anwendung der Präklusivfrist maßgeblich sei. Dieses Argument gelte ebenso für die Rechtsnachfolge nach dem Tod des bisherigen Hauptmieters ab dem 1. 3. 1994 nach § 46a Abs 2 MRG. In beiden Fällen dienten die Anzeige und die innerhalb der sechsmonatigen Frist vorzunehmende Reaktion des Vermieters dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Anzeige der Unternehmensveräußerung entspreche die Anzeige des Todes des bisherigen Hauptmieters. Auf die Einantwortung komme es nicht an. Wolle der Vermieter sein Anhebungsrecht wahren, habe er ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren in der Sechsmonatsfrist des § 12a Abs 2 MRG zu stellen. Hier sei die Anzeige vom Tod der bisherigen Hauptmieterin durch Übermittlung der Sterbeurkunde bereits am 9. 7. 2018 erfolgt. Das Anhebungsschreiben vom 23. 4. 2019 liege somit außerhalb der analog anzuwendenden Sechsmonatsfrist des § 12a Abs 2 MRG.
[12] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR übersteigend. Den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.
[13] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem sie primär die Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen anstrebt.
[14] In der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Antragsgegnerin, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
[15] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Lösung des Rekursgerichts den erst nach seiner Entscheidung veröffentlichten, zur auch hier relevanten Thematik ergangenen Entscheidungen 5 Ob 47/24h und 5 Ob 78/24t widerspricht. Er ist im Sinn seines Eventualantrags auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[16] Die Revisionsrekurswerberin sieht erhebliche Rechtsfragen darin, dass das Rekursgericht davon ausgehe, die Übermittlung der Erbantrittserklärung der Antragsgegnerin durch den Gerichtskommissär löse die Präklusionsfrist aus, obwohl seit Inkrafttreten des 3. WÄG nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine anders als durch Anzeige des Mieters erlangte Kenntnis vom Anhebungstatbestand nicht ausreiche. Die Übermittlung der Anzeige an einen zur Vertretung in einem anderen Gerichtsverfahren bestellten Vertreter sei nicht wirksam, der Vermieter sei im Fall einer „verfrühten Anzeige des Anhebungstatbestands“ zwar zu einem bedingten Anhebungsbegehren berechtigt, nicht aber dazu verpflichtet, und die Geltendmachung des Anhebungsrechts nach § 46a Abs 2 MRG könne nur gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger in das Mietrecht des verstorbenen Geschäftsraummieters ausgeübt werden, sodass die Präklusionsfrist erst mit der Einantwortung zu laufen beginne.
Hiezu wurde erwogen:
[17] 1. Zu § 46a Abs 2 MRG, der analog anzuwendenden Präklusivfrist nach § 12a Abs 2 MRG und zum Beginn des Laufs der Präklusivfrist hat der erkennende Senat jüngst zu 5 Ob 47/24h Stellung genommen und dazu ausgeführt:
1.1. Gemäß § 46a Abs 2 MRG darf im Fall eines am 1. März 1994 bestehenden Hauptmietvertrags über eine Geschäftsräumlichkeit der Vermieter, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 ist, nach dem Tod des Hauptmieters von dessen Rechtsnachfolgern ab dem auf dem Todesfall folgenden 1. Jänner die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Geschäftsräumlichkeit nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag innerhalb von 15 Jahren in der Weise verlangen, dass der Hauptmietzins für jedes Kalenderjahr nach dem Todestag um jeweils 1/15tel des bis zum angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs 1 fehlenden Betrags angehoben wird. Gemäß § 46b MRG hat der Vermieter in allen Fällen, in denen er nach §§ 46 und 46a die Anhebung des Hauptmietzinses verlangen darf, sein Anhebungsbegehren dem Hauptmieter spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem er die Entrichtung des angehobenen Mietzinses fordert, schriftlich bekannt zu geben; im Falle einer schrittweisen Anhebung nach § 46 Abs 2 bis 4 bewirkt ein verspätetes Anhebungsbegehren aber nicht den Verlust des Anhebungsrechts für das gesamte Kalenderjahr. § 12a Abs 2 MRG sieht eine Präklusivfrist für die Mietzinsanhebung nach Veräußerung und Verpachtung eines Unternehmens vor; ist der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1, so darf der Vermieter bis spätestens sechs Monate nach Anzeige der Unternehmensveräußerung die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag, jedoch unter Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit verlangen.
1.2. In der Entscheidung 1 Ob 137/09t, die den Rechtssatz RS0125427 begründete, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG und die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gelten. In dieser Entscheidung setzte sich der erste Senat ausführlich mit der damals noch uneinheitlichen Rechtsprechung auseinander und ging unter Hinweis auf die Lehre (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht § 46a MRG Rz 7a) davon aus, für die analoge Anwendung der Präklusivregelung nach § 12a Abs 2 MRG auf die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG spreche insbesondere die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die „15tel Anhebung“ bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben.
1.3. Die Lehre schloss sich dieser Entscheidung an (vgl Vonkilch/Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht 4 § 46a MRG Rz 7f; Schauer wobl 2010/70, 149f; Hawel in Illedits Wohnrecht Taschenkommentar 4 § 46a MRG Rz 3; Würth/Zingher/Kovanyi Miet‑ und Wohnrecht I 23 § 46a MRG Rz 8). Der Fachsenat ging daher in seiner Entscheidung zu 5 Ob 34/19i von einer gesicherten Rechtsprechung zur Frage der analogen Anwendung der Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG auf die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG aus.
1.4. [...]
2.1. Es trifft zu, dass bei Geschäftslokalen kein ex lege bestehendes Eintrittsrecht vorgesehen ist. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 46a Abs 2 MRG (RS0105708) verwirklicht sich allerdings der nach dieser Bestimmung maßgebliche Sachverhalt mit dem Tod des Mieters endgültig und abschließend, sodass die Frage, wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, für § 46a Abs 2 MRG nicht maßgeblich ist, weil diese Bestimmung tatbestandsmäßig nicht an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlass auf den Erben anknüpft, sondern nur den Tod des Geschäftsraummieters voraussetzt.
2.2. Damit löst der Tod des Mieters grundsätzlich das Anhebungsrecht aus. Allerdings kann nach der Rechtsprechung (RS0105708 [T3]; 5 Ob 124/07g) die Mietzinsanhebung nur gegenüber dem Universalsukzessor des verstorbenen Mieters begehrt werden. Die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 46a Abs 2 MRG wird daher nur schlagend, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RS0116304). Ein Mietzinsanhebungsbegehren dem Nachlass des Mieters gegenüber wäre verfehlt (5 Ob 291/05b; Vonkilch aaO § 46a MRG Rz 13; Hawel aaO § 46a MRG Rz 3; Auer/H. Böhm in GeKo Wohnrecht I § 46a MRG Rz 13). Nach Rechtsprechung (5 Ob 234/04d) und Lehre (Vonkilch aaO § 46b MRG Rz 4) beginnt die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit im Fall des § 46a MRG mit Rechtskraft der Einantwortung. Ob eine frühere Anzeige rechtswirksam sei und eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Anhebungsbegehren auslöste (vgl 5 Ob 234/04d) bedarf keiner weiteren Erörterung, weil dies hier von rein theoretischer Bedeutung wäre und daher keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RS0111271).“
[18] 2. An diesen Grundsätzen ist auch für den hier zu beurteilenden Fall festzuhalten. Der Tod der Hauptmieterin löste daher grundsätzlich das Anhebungsrecht aus. Die analog anzuwendende Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG beginnt aber – im Gegensatz zur Auffassung des Rekursgerichts – an sich erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit im Fall des § 46a MRG erst mit Rechtskraft der Einantwortung. Die zu RS0105708 formulierte Auffassung, mit dem Tod verwirkliche sich der maßgebliche Sachverhalt endgültig und abschließend, sodass es für § 46a Abs 2 MRG nicht darauf ankomme, wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwachse, sollte – wie sich aus den Beisätzen [T1, T2] und aus den Volltexten der indizierten Entscheidungen ergibt – die Frage beantworten, ob die Anwendung des erst mit dem 3. WÄG am 1. 3. 1994 in Kraft getretenen § 46a Abs 2 MRG auch bei Tod des Hauptmieters vor diesem Zeitpunkt, aber Einantwortung danach in Betracht kommt, und verneinte dies. Schon aus 5 Ob 291/05p (Beisatz [T3]) geht aber der Hinweis hervor, dass von der grundsätzlichen Auslösung des Anhebungsrechts die Frage zu unterscheiden ist, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann. Dies kann bei der Beurteilung einer allfälligen Präklusion des Anhebungsbegehrens nicht außer Betracht bleiben. Zu prüfen bleibt hier daher nur die zu 5 Ob 47/24h mangels Relevanz nicht beantwortete Frage, ob eine frühere Anzeige zulässig und rechtswirksam ist und gegebenenfalls, ob sie eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Anhebungsbegehren innerhalb der Sechsmonatsfrist ab dieser Anzeige auslöste.
Hiezu nahm jüngst die Entscheidung 5 Ob 78/24t sinngemäß Stellung wie folgt:
[19] 3.1. Der Fachsenat befasste sich zu 5 Ob 234/04d im Rahmen der Prüfung der Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG mit der Frage nach der Zulässigkeit und Rechtswirksamkeit eines durch die rechtskräftige Einantwortung bedingten Anhebungsbegehrens. Er bejahte dies und führte aus, der Vermieter könne ein solches bedingtes Anhebungsbegehren stellen, wenn er sein Anhebungsrecht jedenfalls wahren will. Die Anzeige des Todes des bisherigen Mieters setzt den Vermieter davon in Kenntnis, dass sich in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht die Einflussmöglichkeit im Unternehmen sicher, nämlich nach Rechtskraft der Einantwortung, ändern wird. Eine solche Anzeige einer sicheren Änderung erachtete der Fachsenat auch dann für rechtswirksam, wenn sie verfrüht vor Rechtskraft der Einantwortung gemacht wird, selbst wenn die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit erst mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zu laufen beginnt.
[20] 3.2. An diese Aussage schloss 1 Ob 73/10g (zu § 12a Abs 3 MRG) an. Bei einer völlig sicheren zukünftigen Änderung der Einflussmöglichkeiten lässt die Judikatur nach dieser Entscheidung eine „Vorausanzeige“ genügen und verzichtet auf eine weitere Anzeige. Der erste Senat verwies aber darauf, dass sich die Anzeige grundsätzlich auf den anspruchsrelevanten Tatbestand beziehen muss, um die Rechtsfolge der sechsmonatigen Präklusivfrist nach § 12a Abs 2 Satz 1 MRG auszulösen.
[21] 3.3. Vonkilch (in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht4 [2021] § 46a MRG Rz 13a) vertritt, das Erhöhungsschreiben sei im Fall des § 46a Abs 2 ab der die diesbezügliche Präklusivfrist erst in Gang setzenden Einantwortung an die Erben zu richten. Der Praxis sei aber zu empfehlen, im Fall einer früheren Anzeige vorsichtshalber binnen sechs Monaten ab dieser Anzeige ein Erhöhungsschreiben je nach Lage des Verlassenschaftsverfahrens an die Verlassenschaft oder die erbantrittserklärten Erben zu richten.
[22] 3.4. Prader (MRG6.12 § 12a [2024] E.72) versteht 5 Ob 234/04d hingegen so, dass ein bedingtes Anhebungsbegehren erforderlich sein könne, um eine Frist zu wahren, so etwa, wenn die Anzeige vor Rechtswirksamkeit der Einantwortung gemacht werde.
[23] 3.5. Zur Rechtslage nach § 12 Abs 3 MRG aF anerkannte der Oberste Gerichtshof die Wirksamkeit eines bedingten Erhöhungsbegehrens und führte dazu aus, dass der Fristenlauf durch die in § 12 Abs 3 Satz 2 MRG aF vorgesehene Anzeige dadurch ausgelöst wird, dass der Vermieter sonst verlässliche Kenntnis vom Mietrechtsübergang erhält. Meint der Vermieter, es fehle an den Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang, etwa weil das Unternehmen in Wahrheit nicht veräußert wurde, der Veräußerer nicht Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit war oder der Erwerber das den Mietgegenstand betriebene Unternehmen nicht weiterführt, muss der Vermieter in der Sechsmonatsfrist des § 12 Abs 3 Satz 3 MRG ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren für den Fall stellen, das tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattfand (5 Ob 44/93). Auch die Entscheidung 1 Ob 518/95 bejahte die Zulässigkeit eines bedingten Erhöhungsbegehrens, wenn der Vermieter keine verlässliche Kenntnis vom Mietrechtsübergang hat (RS0070170 [T1]); eine Verpflichtung zu einem bedingten Erhöhungsbegehren ist der Entscheidung allerdings nicht zu entnehmen. Würth (in wobl 1996/3) glossierte sie zustimmend mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines bedingten Anhebungsbegehrens für den Fall, dass der Vermieter die ordnungsgemäß angezeigte Unternehmensveräußerung anzweifelt und etwa nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG kündigen will (ebenso Reich‑Rohrwig Mietzinserhöhung der Geschäftsraum‑Hauptmiete [1994 182]).
[24] 3.6. Während nach der ständigen Rechtsprechung zu § 12 Abs 3 MRG aF die Frist für das Erhöhungsbegehren schon dann in Gang gesetzt wurde, wenn der Vermieter auf andere Weise als durch Anzeige von der Veräußerung des Unternehmens verlässlich Kenntnis erlangte (RS0070050), sprach der Fachsenat bereits zu 5 Ob 316/99b aus, dass der Wortlaut des § 12a Abs 3 iVm § 12a Abs 2 MRG nun für eine derartige Auslegung keine Grundlage mehr bietet. Im Geltungsbereich des 3. WÄG wird die Frist des § 12a Abs 2 MRG ausschließlich durch die vom Mieter zu erstattende Anzeige ausgelöst, auf die verlässliche Kenntnis des Anhebungstatbestands kommt es für den Fristenlauf nunmehr nicht an (5 Ob 109/00s; RS0113457).
[25] 3.7. Dass nicht nur die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG, sondern auch die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gelten, hat der Oberste Gerichtshof mit ausführlicher Begründung zu 1 Ob 137/09t entschieden; der Fachsenat hat dies zu 5 Ob 34/19i ausdrücklich aufrechterhalten. 1 Ob 137/09t sah als wesentlich für die analoge Anwendung der Präklusivfrist sprechenden Punkt die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die „15tel Anhebung“ bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben an. Das Erbenprivileg wurde demnach geschaffen, um eine Wertungsharmonie mit § 46a Abs 2 MRG zu erzielen und aufgrund des tatsächlich berechtigten Interesses nach antizipierter Erbfolge bei Unternehmensübertragung unter Lebenden ebenfalls nur eine „15tel Anhebung“ zuzulassen. Für den Fall der Unternehmensveräußerung (eben auch an präsumtive gesetzlichen Erben) sehen aber § 12a Abs 1 und Abs 2 MRG ausdrücklich eine Anzeigepflicht und die sechsmonatige Präklusivfrist für das Anhebungsbegehren vor. Das auch in Lehre und Judikatur herangezogene Argument der vergleichbaren Interessenslage gilt aber gleichermaßen im Verhältnis zwischen der antizipierten Rechtsnachfolge (§ 12a Abs 4 MRG) und der Rechtsnachfolge nach Tod des Geschäftsraummieters ab dem 1. 3. 1994 (§ 46a Abs 2 MRG). In beiden Fällen dienen sowohl die Anzeige als auch die innerhalb der sechsmonatigen Frist vorzunehmende Reaktion des Vermieters dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Vermieter wird darüber informiert, wer das Unternehmen fortführt, und damit sein Vertragspartner als Hauptmieter ist. Dem Unternehmer und Rechtsnachfolger seinerseits stehen relativ kurzfristig Informationen zur Verfügung, welchen (zukünftigen) Hauptmietzins er seiner wirtschaftlichen Kalkulation zugrunde zu legen hat, wenn der Vermieter von seinem Anhebungsrecht Gebrauch macht. In dieser Entscheidung wurde die analog anzuwendende sechsmonatige Präklusivfrist mit der Anzeige vom Tod des bisherigen Hauptmieters ausgelöst; wobei ihr nicht gesichert zu entnehmen ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Einantwortung bereits erfolgt war (was allerdings nahe liegt, zumal nach dem Referat der Korrespondenz die Hauptmietrechte bereits ein Jahr vor der Anzeige auf die dort Beklagte aufgrund Tod des Hauptmieters übergegangen waren). Zur Frage des „verfrüht“ gestellten Anhebungsbegehrens nahm diese Entscheidung nicht Stellung.
[26] 3.8. Die Literatur vertritt zu § 12a Abs 3 MRG die Auffassung, der Vermieter sei verpflichtet, innerhalb der Sechsmonatsfrist ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren für den Fall zu stellen, dass tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattgefunden hat, wenn ihm die Unternehmensveräußerung angezeigt werde, dies selbst dann, wenn er meint, es fehle an den Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang, weil seiner Meinung nach das Unternehmen in Wahrheit nicht veräußert wurde, der Veräußerer gar nicht Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit war oder der Erwerber das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen nicht weiterführt (Auer/Böhm in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner GeKO Wohnrecht I [2017] § 12a MRG Rz 64).
[27] 3.9. 5 Ob 291/05p hatte die hier zu beurteilende Frage nicht zu beantworten. Die Entscheidung hielt aber fest, dass die Frage des Zeitpunkts der grundsätzlichen Auslösung des Anhebungsrechts von der Frage zu unterscheiden ist, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann. Mit Rechtsnachfolgern im Sinn des § 46a Abs 2 MRG sind nur Universalsukzessoren des verstorbenen Mieters gemeint, sodass die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach dieser Gesetzesbestimmung nur dann besteht, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RS0116304). Vor der Einantwortung kann diese Voraussetzung nicht vorliegen, weshalb die Mietzinsanhebung jedenfalls nicht dem Nachlass des Mieters gegenüber geltend gemacht werden kann (zust Vonkilch aaO § 46a MRG Rz 13a; Hawel aaO § 46a MRG Rz 3; Auer/H. Böhm GeKo Wohnrecht I § 46a MRG Rz 13).
4. Daraus ergibt sich für den hier zu beurteilenden Fall:
[28] 4.1. Da § 46a Abs 2 und auch § 46b MRG weder eine Anzeigepflicht noch eine Präklusionsfrist anordnen und sich die Anwendung der dies anordnenden Bestimmungen des § 12a Abs 2 und 3 MRG nur aus einem – im Revisionsrekurs nicht bezweifelten – Analogieschluss ergibt, sind die in der Rechtsprechung zu § 12a Abs 2 und 3 (und zuvor zu § 12 Abs 3 aF) MRG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze und die zu 1 Ob 137/09t hervorgehobene, mit der Unternehmensveräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben vergleichbare Interessenslage mitzubedenken.
[29] 4.2. Auszugehen ist davon, dass sich zwar der die Rechtsfolge des § 46a Abs 2 MRG auslösende Tatbestand mit dem Tod des bisherigen Hauptmieters verwirklicht, typischerweise die Anhebungsmöglichkeit des § 46a Abs 2 MRG aber (auch) davon abhängt, dass ein Universalrechtsnachfolger das Unternehmen des verstorbenen Hauptmieters im Bestandobjekt weiterführt. Sowohl die Frage nach der Universalrechtsnachfolge als auch nach der Weiterführung des Unternehmens im Bestandobjekt sind aber zum Zeitpunkt des Todes des bisherigen Hauptmieters oftmals nicht geklärt.
[30] 4.3. Daraus folgt, dass grundsätzlich die Mietzinsanhebung vom Vermieter dann innerhalb der analog anzuwendenden Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG begehrt wird, wenn dies innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft der Einantwortung an den Universalrechtsnachfolger geschieht.
[31] 4.4. Bei Anzeige des Todes des bisherigen Hauptmieters bereits vor der Einantwortung (im Sinn der Revisionsrekursausführungen also „verfrüht“), ist zu unterscheiden:
[32] Ist die Anzeige so formuliert, dass sie – abgesehen vom Tod des bisherigen Hauptmieters – dem Vermieter keine Hinweise auf den potentiellen Rechtsnachfolger und dessen Absicht, das Unternehmen im Bestandobjekt fortzuführen, erkennen lässt, ist eine Verpflichtung der Vermieterin, ein bedingtes Anhebungsbegehren zu stellen, zu verneinen. Dem Nachlass gegenüber wäre ein solches (bedingtes) Anhebungsbegehren nicht wirksam: Wenn sich aus der Mitteilung des Todes des bisherigen Hauptmieters keine Hinweise für einen Tatbestand nach § 46a Abs 2 MRG ableiten lassen, ist auch die 1 Ob 137/09t zugrundeliegende, § 12a Abs 4 MRG und der Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben vergleichbare Interessenslage nicht erkennbar.
[33] Anders ist die Rechtslage dann, wenn sich aus der Anzeige Hinweise auf einen derartigen Tatbestand und die Person des Universalrechtsnachfolgers sowie dessen Fortführungsabsicht ausreichend gesichert ableiten lassen. In einem solchen Fall wird die Vermieterin ein bedingtes Erhöhungsbegehren an den aus diesem Schreiben hervorgehenden potenziellen Universalsukzessor für den Fall zu stellen haben, dass er tatsächlich Rechtsnachfolger wird und das Unternehmen fortbetreibt. Besondere Nachforschungspflichten der Vermieterin in Bezug auf die Gesamtrechtsnachfolge sind zwar zu verneinen; sollte die Vermieterin allerdings im Weg einer solchen Anzeige – die nach der Rechtsprechung zu § 12a Abs 1 MRG zwar an keine bestimmte Form gebunden ist, deren Inhalt nach ihrem objektiven Erklärungswert (RS0014160) aber klar sein muss und die Feststellung der maßgeblichen Änderungen zuverlässig und eindeutig zu ermöglichen hat – verlässliche Kenntnis vom Sachverhalt und dem künftigen Rechtsübergang erlangt haben, ist eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Erhöhungsbegehren zu bejahen, weil nur diese für den Unternehmer und (potentiellen) Rechtsnachfolger ausreichende Informationen gewährleistet, welchen (zukünftigen) Hauptmietzins er seiner wirtschaftlichen Kalkulation zugrunde zu legen hat, wenn der Vermieter von seinem Anhebungsrecht Gebrauch macht. Ein rechtlich geschütztes Interesse der Vermieterin, bei einem ihr vom (voraussichtlichen) Rechtsnachfolger vollständig angezeigten anspruchsrelevanten Sachverhalt noch die Rechtskraft der Einantwortung abzuwarten, ist demgegenüber nicht zu erkennen.
[34] 5.1. Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben oder auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RS0037300). Dieser Grundsatz gilt auch im Verfahren außer Streitsachen (RS0037300 [T53, T55]) und auch für den Obersten Gerichtshof (RS0037300 [T9]). Den Parteien darf nämlich nicht die Möglichkeit entzogen werden, zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt Tatumstände und ihre Rechtsansichten vorzutragen (RS0037300 [T14, T20]), was hier für die erstmals vom Obersten Gerichtshof vertretene Rechtsauffassung betreffend die Notwendigkeit eines bedingten Anhebungsbegehrens bei verlässlicher Kenntnis vom Sachverhalt aufgrund von als Anzeige zu wertenden Äußerungen der (potenziellen) Gesamtrechtsnachfolgerin gilt. Das Erstgericht wird den Parteien daher Gelegenheit zur Äußerung zu dieser Rechtsansicht zu geben haben. Ob es aufgrund ihrer Äußerungen einer weiteren Verfahrensergänzung bedarf, obliegt der Beurteilung durch das Erstgericht.
[35] 5.2. Da nach den bisherigen Feststellungen die Übermittlung der Todesanzeige durch die rechtsfreundlichen Vertreter der damaligen Hauptmieterin an die im Mietzins- und Räumungsverfahren bestellten Vertreter der Antragstellerin per E‑Mail über die Bekanntgabe des Todes hinaus keine Angaben zur Person der Rechtsnachfolgerin im Hauptmietrecht enthielt, wird diese Nachricht allein – unabhängig von der Wirksamkeit ihrer Zustellung an diese Vertreter – aber in keinem Fall als eine den anhebungsrelevanten Sachverhalt vollständig darlegende und somit die Frist für ein (bedingtes) Anhebungsbegehren auslösende Anzeige zu werten sein.
[36] 6. Aus diesen Gründen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.
[37] 7. Da die erforderlichen Billigkeitserwägungen erst aufgrund der Endentscheidung angestellt werden können, war die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorzubehalten.
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