OGH 5Ob78/24t

OGH5Ob78/24t3.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin V* AG, *, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen den Antragsgegner M*, vertreten durch Univ.‑Prof. Max Leitner & Dr. Mara‑Sophie Häusler, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 46a Abs 2 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. März 2024, GZ 38 R 289/23s‑17, mit dem der Zwischensachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18. Oktober 2023, GZ 61 MSch 2/23g‑11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00078.24T.0903.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Mietobjekts. Der Vater des Antragsgegners trat 1969 in das damals bestehende Hauptmietverhältnis betreffend das dort etablierte Geschäftslokal ein und mietete 1978 zusätzlich Kellerräume an. Er verstarb am 23. 12. 2021. Mit E‑Mail vom 7. 1. 2022 teilte der Antragsgegner der Hausverwaltung der Antragstellerin mit: „Ich möchte Sie darüber informieren, dass mein Vater am 23. 12. 2021 leider verstorben ist.“ Ob jemand und wie allenfalls in das Mietrecht des Verstorbenen nachfolgt, erwähnte der Antragsgegner im Schreiben nicht.

[2] Mit dem am gleichen Tag in Rechtskraft erwachsenen Einantwortungsbeschluss vom 16. 8. 2022 wurde dem Antragsgegner die Verlassenschaft nach seinem Vater zur Gänze eingeantwortet.

[3] Am 23. 12. 2022 übersandte die Antragstellerin dem Antragsgegner ein Mietzinsanhebungsschreiben ./2, das dem Antragsgegner zeitnah zukam.

[4] Mit Antrag an die Schlichtungsstelle vom 17. 1. 2023 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass zum Stichtag 1. 1. 2022 der angemessene Hauptmietzins für das Mietobjekt 3.416 EUR plus 646,88 EUR zuzüglich Nebenkosten wertgesichert betrage, sodass sie berechtigt sei, ab dem 1. 1. 2022 die jährliche schrittweise Anhebung über 15 Jahre um jeweils ein weiteres 1/15tel gegenüber dem Antragsgegner vorzunehmen. Anlässlich der Anrufung des Gerichts brachte sie vor, ihr Anhebungsbegehren rechtzeitig innerhalb einer allenfalls anwendbaren Präklusivfrist von sechs Monaten gestellt zu haben, die erst mit Rechtskraft der Einantwortung zu laufen beginne. Diese Frage machte sie auch zum Gegenstand eines Zwischenfeststellungsantrags.

[5] Der Antragsgegner wendete – soweit für das Revisionsrekursverfahren wesentlich – insbesondere ein, das Anhebungsbegehren sei präkludiert, weil er die Antragstellerin bereits mit E‑Mail vom 7. 1. 2022 vom Tod des Hauptmieters informiert habe.

[6] Das Erstgericht stellte mit Zwischensachbeschluss fest, dass die Antragstellerin zur Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 46a Abs 2 MRG für das Mietobjekt dem Grunde nach berechtigt sei und behielt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vor. Es ging davon aus, dass die auf die 15tel Anhebung nach § 46a Abs 2 MRG analog anzuwendende Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst mit Rechtskraft der Einwantwortung zu laufen beginne.

[7] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge und wies den Sachantrag ab. Es teilte die Auffassung, dass die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG und auch die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die 15tel Anhebung nach § 46a Abs 2 MRG gelte. Das erstmalige Anhebungsbegehren müsse innerhalb einer sechsmonatigen Frist ab der Anzeige vom Tod des bisherigen Hauptmieters der Geschäftsräumlichkeit erfolgen. In der Entscheidung 1 Ob 137/09t habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die 15tel Anhebung bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben für die analoge Anwendung der Präklusivfrist maßgeblich sei. Dieses Argument gelte aber genauso für die Rechtsnachfolge nach dem Tod des bisherigen Hauptmieters ab dem 1. 3. 1994 nach § 46a Abs 2 MRG. In beiden Fällen dienten die Anzeige und die innerhalb der sechsmonatigen Frist vorzunehmende Reaktion des Vermieters dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Anzeige der Unternehmensveräußerung entspreche die Anzeige des Todes des bisherigen Hauptmieters. Auf die spätere rechtskräftige Einantwortung komme es nicht an. Nur die Anzeige selbst sei fristauslösend, weil sich mit dem Tod des bisherigen Mieters der maßgebliche Sachverhalt endgültig und abschließend verwirkliche. Im Übrigen verlange die Rechtsprechung auch von einem Vermieter, dem die Unternehmensveräußerung angezeigt werde, dass er selbst dann, wenn er meint, es fehle an den Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang, ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren in der Sechsmonatsfrist des § 12a Abs 2 MRG für den Fall stelle, dass tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattgefunden habe. Hier habe der Antragsgegner den Tod des bisherigen Hauptmieters bereits am 7. 1. 2022 angezeigt, ohne dass die Antragstellerin zumindest ein aufschiebend bedingtes Anhebungsbegehren gestellt habe. Das Rekursgericht ging auch davon aus, dass der Antragstellerin bekannt gewesen sei, dass der Antragsgegner der einzige Sohn des verstorbenen Hauptmieters war, aber nichts vorgebracht habe, was im Zeitpunkt der Anzeige geeignet gewesen wäre, maßgebliche Zweifel an dessen zukünftiger Erbenstellung zu erwecken. Ein aufschiebend bedingtes Anhebungsbegehren gegenüber dem einzigen Sohn des verstorbenen Hauptmieters wäre hier unabhängig von der späteren Einantwortung jedenfalls möglich gewesen. Dessen Unterlassung habe die Präklusion des Anhebungsbegehrens zur Folge.

[8] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR übersteigend. Den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

[9] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem sie die Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zwischensachbeschlusses, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen anstrebt.

[10] In der ihm freigestellten Revisionsrekurs-beantwortung beantragt der Antragsgegner, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

[11] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Lösung des Rekursgerichts dererst nach seiner Entscheidung veröffentlichten, zur auch hier relevanten Thematik ergangenen Entscheidung 5 Ob 47/24k widerspricht. Er ist im Sinn seines Eventualantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revisionsrekurswerberin sieht erhebliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Beginn des Laufs der sechsmonatigen Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG für die Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 46a Abs 2 MRG dann, wenn der Tod des bisherigen Hauptmieters vor Einantwortung eines Erben des verstorbenen Hauptmieters angezeigt wird; so insbesondere, ob für das Auslösen der Frist vor Einantwortung eine Anzeige eines (jedes?) möglichen gesetzlichen oder testamentarischen Erben mit der (bloßen) Information vom Tod des Hauptmieters ausreicht und ob ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren binnen sechs Monaten ab Information vom Tod des Verstorben an den Anzeiger gerichtet werden muss, um Präklusionsfolgen zu verhindern. Hiezu fehle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Zur Frage, ob ein Erhöhungsbegehren schon vor Einantwortung gestellt werden könne, weiche das Rekursgericht von der Entscheidung 5 Ob 291/05p ab. Überdies werden Mängel des Rekursverfahrens geltend gemacht, weil es an jeglichen Feststellungen zur Kenntnis der Vermieterin über die Rechtsnachfolge des Mieters und zum Informationsaustausch zwischen den Streitteilen fehle und das Rekursgericht von einer Anzeige vom Tod des bisherigen Hauptmieters durch den Antragsgegner als alleinigen Sohn und präsumtiven Universalrechtsnachfolger ausgehe, was der Antragstellerin angeblich bekannt gewesen sei, ohne dass es dazu ein Beweisverfahren gegeben hätte.

Hiezu wurde erwogen:

[13] 1. Zu § 46a Abs 2 MRG, der analog anzuwendenden Präklusivfrist nach § 12a Abs 2 MRG und zum Beginn des Laufs der Präklusivfrist hat der erkennende Senat jüngst zu 5 Ob 47/24k Stellung genommen und dazu ausgeführt:

1.1. Gemäß § 46a Abs 2 MRG darf im Fall eines am 1. März 1994 bestehenden Hauptmietvertrags über eine Geschäftsräumlichkeit der Vermieter, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 ist, nach dem Tod des Hauptmieters von dessen Rechtsnachfolgern ab dem auf dem Todesfall folgenden 1. Jänner die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Geschäftsräumlichkeit nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag innerhalb von 15 Jahren in der Weise verlangen, dass der Hauptmietzins für jedes Kalenderjahr nach dem Todestag um jeweils 1/15tel des bis zum angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs 1 fehlenden Betrags angehoben wird. Gemäß § 46b MRG hat der Vermieter in allen Fällen, in denen er nach §§ 46 und 46a die Anhebung des Hauptmietzinses verlangen darf, sein Anhebungsbegehren dem Hauptmieter spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem er die Entrichtung des angehobenen Mietzinses fordert, schriftlich bekannt zu geben; im Falle einer schrittweisen Anhebung nach § 46 Abs 2 bis 4 bewirkt ein verspätetes Anhebungsbegehren aber nicht den Verlust des Anhebungsrechts für das gesamte Kalenderjahr. § 12a Abs 2 MRG sieht eine Präklusivfrist für die Mietzinsanhebung nach Veräußerung und Verpachtung eines Unternehmens vor; ist der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1, so darf der Vermieter bis spätestens sechs Monate nach Anzeige der Unternehmensveräußerung die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag, jedoch unter Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit verlangen.

1.2. In der Entscheidung 1 Ob 137/09t, die den Rechtssatz RS0125427 begründete, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG und die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gelten. In dieser Entscheidung setzte sich der erste Senat ausführlich mit der damals noch uneinheitlichen Rechtsprechung auseinander und ging unter Hinweis auf die Lehre (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht § 46a MRG Rz 7a) davon aus, für die analoge Anwendung der Präklusivregelung nach § 12a Abs 2 MRG auf die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG spreche insbesondere die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die „15tel Anhebung“ bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben.

1.3. Die Lehre schloss sich dieser Entscheidung an (vgl Vonkilch/Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht 4 § 46a MRG Rz 7f; Schauer wobl 2010/70, 149f; Hawel in Illedits Wohnrecht Taschenkommentar 4 § 46a MRG Rz 3; Würth/Zingher/Kovanyi Miet‑ und Wohnrecht I 23 § 46a MRG Rz 8). Der Fachsenat ging daher in seiner Entscheidung zu 5 Ob 34/19i von einer gesicherten Rechtsprechung zur Frage der analogen Anwendung der Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG auf die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG aus.

1.4. [...]

2.1. Es trifft zu, dass bei Geschäftslokalen kein ex lege bestehendes Eintrittsrecht vorgesehen ist. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 46a Abs 2 MRG (RS0105708) verwirklicht sich allerdings der nach dieser Bestimmung maßgebliche Sachverhalt mit dem Tod des Mieters endgültig und abschließend, sodass die Frage, wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, für § 46a Abs 2 MRG nicht maßgeblich ist, weil diese Bestimmung tatbestandsmäßig nicht an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlass auf den Erben anknüpft, sondern nur den Tod des Geschäftsraummieters voraussetzt.

2.2. Damit löst der Tod des Mieters grundsätzlich das Anhebungsrecht aus. Allerdings kann nach der Rechtsprechung (RS0105708 [T3]; 5 Ob 124/07g) die Mietzinsanhebung nur gegenüber dem Universalsukzessor des verstorbenen Mieters begehrt werden. Die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 46a Abs 2 MRG wird daher nur schlagend, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RS0116304). Ein Mietzinsanhebungsbegehren dem Nachlass des Mieters gegenüber wäre verfehlt (5 Ob 291/05b; Vonkilch aaO § 46a MRG Rz 13; Hawel aaO § 46a MRG Rz 3; Auer/H. Böhm in GeKo Wohnrecht I § 46a MRG Rz 13). Nach Rechtsprechung (5 Ob 234/04d) und Lehre (Vonkilch aaO § 46b MRG Rz 4) beginnt die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit im Fall des § 46a MRG mit Rechtskraft der Einantwortung. Ob eine frühere Anzeige rechtswirksam sei und eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Anhebungsbegehren auslöste (vgl 5 Ob 234/04d) bedarf keiner weiteren Erörterung, weil dies hier von rein theoretischer Bedeutung wäre und daher keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RS0111271).“

[14] 2. An diesen Grundsätzen ist auch für den hier zu beurteilenden Fall festzuhalten. Der Tod des Hauptmieters löste daher grundsätzlich das Anhebungsrecht aus. Die analog anzuwendende Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG beginnt aber – im Gegensatz zur Auffassung des Rekursgerichts – an sich erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit im Fall des § 46a MRG erst mit Rechtskraft der Einantwortung. Die zu RS0105708 postulierte Auffassung, mit dem Tod verwirkliche sich der maßgebliche Sachverhalt endgültig und abschließend, sodass es für § 46a Abs 2 MRG nicht darauf ankomme, wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwachse, sollte – wie sich aus den Beisätzen [T1, T2] und aus den Volltexten der indizierten Entscheidungen ergibt – die Frage beantworten, ob die Anwendung des erst mit dem 3. WÄG am 1. 3. 1994 in Kraft getretenen § 46a Abs 2 MRG auch bei Tod des Hauptmieters vor diesem Zeitpunkt, aber Einantwortung danach in Betracht kommt, und verneinte dies. Schon aus 5 Ob 291/05p (dem Beisatz [T3]) geht aber der Hinweis hervor, dass von der grundsätzlichen Auslösung des Anhebungsrechts die Frage zu unterscheiden ist, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann. Dies kann bei der Beurteilung einer allfälligen Präklusion des Anhebungsbegehrens nicht außer Betracht bleiben. Zu prüfen bleibt hier daher nur die zu 5 Ob 47/24k mangels Relevanz nicht beantwortete Frage, ob eine frühere Anzeige zulässig und rechtswirksam ist und gegebenenfalls, ob sie eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Anhebungsbegehren innerhalb der Sechsmonatsfrist ab dieser Anzeige auslöste.

Hiezu wurde erwogen:

[15] 3.1. Der Fachsenat befasste sich zu 5 Ob 234/04d im Rahmen der Prüfung der Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG mit der Frage nach der Zulässigkeit und Rechtswirksamkeit eines durch die rechtskräftige Einantwortung bedingten Anhebungsbegehrens. Er bejahte dies und führte aus, der Vermieter könne ein solches bedingtes Anhebungsbegehren stellen, wenn er sein Anhebungsrecht jedenfalls wahren will. Die Anzeige des Todes des bisherigen Mieters setzt den Vermieter davon in Kenntnis, dass sich in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht die Einflussmöglichkeit im Unternehmen sicher, nämlich nach Rechtskraft der Einantwortung, ändern wird. Eine solche Anzeige einer sicheren Änderung erachtete der Fachsenat auch dann für rechtswirksam, wenn sie verfrüht vor Rechtskraft der Einantwortung gemacht wird, selbst wenn die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit erst mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zu laufen beginnt.

[16] 3.2. An diese Aussage schloss 1 Ob 73/10g (zu § 12a Abs 3 MRG) an. Bei einer völlig sicheren zukünftigen Änderung der Einflussmöglichkeiten lässt die Judikatur nach dieser Entscheidung eine „Vorausanzeige“ genügen und verzichtet auf eine weitere Anzeige. Der erste Senat verwies aber darauf, dass sich die Anzeige grundsätzlich auf den anspruchsrelevanten Tatbestand beziehen muss, um die Rechtsfolge der sechsmonatigen Präklusivfrist nach § 12a Abs 2 Satz 1 MRG auszulösen.

[17] 3.3. T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht3 [2006] § 46b MRG Rz 3f und daran anschließend Vonkilch in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht4 [2021] § 46b MRG Rz 4 vertreten, das Erhöhungsschreiben sei im Fall des § 46a Abs 2 ab der die diesbezügliche Präklusivfrist erst in Gang setzende Einantwortung an die Erben bzw im Fall der Überlassung an Zahlungsstatt an den Erwerber zu richten.

[18] 3.4. Prader MRG6.12 § 12a [2024] E.72 versteht 5 Ob 234/04d so, dass ein bedingtes Anhebungsbegehren erforderlich sein könne, um eine Frist zu wahren, so etwa, wenn die Anzeige vor Rechtswirksamkeit der Einantwortung gemacht werde.

[19] 3.5. Zur Rechtslage nach § 12 Abs 3 MRG aF anerkannte der Oberste Gerichtshof die Wirksamkeit eines bedingten Erhöhungsbegehrens und führte dazu aus, dass der Fristenlauf durch die in § 12 Abs 3 Satz 2 aF MRG vorgesehene Anzeige oder dadurch ausgelöst wird, dass der Vermieter sonst verlässliche Kenntnis vom Mietrechtsübergang erhält. Meint der Vermieter, es fehle an den Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang, etwa weil das Unternehmen in Wahrheit nicht veräußert wurde, der Veräußerer nicht Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit war oder der Erwerber das den Mietgegenstand betriebene Unternehmen nicht weiterführt, muss der Vermieter in der Sechsmonatsfrist des § 12 Abs 3 Satz 3 MRG ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren für den Fall stellen, das tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattfand (5 Ob 44/93). Auch die Entscheidung 1 Ob 518/95 bejahte die Zulässigkeit eines bedingten Erhöhungsbegehrens, wenn der Vermieter keine verlässliche Kenntnis vom Mietrechtsübergang hat (RS0070170 [T1]; eine Verpflichtung zu einem bedingten Erhöhungsbegehren ist der Entscheidung allerdings nicht zu entnehmen. Würth in wobl 1996/3 glossierte sie zustimmend mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines bedingten Anhebungsbegehrens für den Fall, dass der Vermieter die ordnungsgemäß angezeigte Unternehmensveräußerung anzweifelt und etwa nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG kündigen will; (ebensoReich‑Rohrwig Mietzinserhöhung der Geschäftsraum‑Hauptmiete [1994 182]).

[20] 3.6. Während nach der ständigen Rechtsprechung zu § 12 Abs 3 aF MRG die Frist für das Erhöhungsbegehren schon dann in Gang gesetzt wurde, wenn der Vermieter auf andere Weise als durch Anzeige von der Veräußerung des Unternehmens verlässlich Kenntnis erlangte (RS0070050), sprach der Fachsenat bereits zu 5 Ob 316/99b aus, dass der Wortlaut des § 12a Abs 3 iVm § 12a Abs 2 MRG nun für eine derartige Auslegung keine Grundlage mehr bietet. Im Geltungsbereich des 3. WÄG wird die Frist des § 12a Abs 2 MRG ausschließlich durch die vom Mieter zu erstattende Anzeige ausgelöst, auf die verlässliche Kenntnis des Anhebungstatbestands kommt es für den Fristenlauf nunmehr nicht an (5 Ob 109/00s; RS0113457).

[21] 3.7. Dass nicht nur die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG, sondern auch die in § 12a Abs 1 MRG geregelte Anzeigepflicht analog für die „15tel Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gelten, hat der Oberste Gerichtshof mit ausführlicher Begründung zu 1 Ob 137/09t entschieden; der Fachsenat hat dies zu 5 Ob 34/19i ausdrücklich aufrechterhalten. 1 Ob 137/09t sah als wesentlich für die analoge Anwendung der Präklusivfrist sprechenden Punkt die Regelung des § 12a Abs 4 MRG über die „15tel Anhebung“ bei Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben an. Das Erbenprivileg wurde demnach geschaffen, um eine Wertungsharmonie mit § 46a Abs 2 MRG zu erzielen und aufgrund des tatsächlich berechtigten Interesses nach antizipierter Erbfolge bei Unternehmensübertragung unter Lebenden ebenfalls nur eine „15tel Anhebung“ zuzulassen. Für den Fall der Unternehmensveräußerung (eben auch an präsumtive gesetzlichen Erben) sehen aber § 12a Abs 1 und Abs 2 MRG ausdrücklich eine Anzeigepflicht und die sechsmonatige Präklusivfrist für das Anhebungsbegehren vor. Das auch in Lehre und Judikatur herangezogene Argument der vergleichbaren Interessenslage gilt aber gleichermaßen im Verhältnis zwischen der antizipierten Rechtsnachfolge (§ 12a Abs 4 MRG) und der Rechtsnachfolge nach Tod des Geschäftsraummieters ab dem 1. 3. 1994 (§ 46a Abs 2 MRG). In beiden Fällen dienen sowohl die Anzeige als auch die innerhalb der sechsmonatigen Frist vorzunehmende Reaktion des Vermieters dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Vermieter wird darüber informiert, wer das Unternehmen fortführt und damit sein Vertragspartner als Hauptmieter ist. Dem Unternehmer und Rechtsnachfolger seinerseits stehen relativ kurzfristig Informationen zur Verfügung, welchen (zukünftigen) Hauptmietzins er seiner wirtschaftlichen Kalkulation zugrunde zu legen hat, wenn der Vermieter von seinem Anhebungsrecht Gebrauch macht. In dieser Entscheidung wurde die analog anzuwendende sechsmonatige Präklusivfrist mit der Anzeige vom Tod des bisherigen Hauptmieters ausgelöst; wobei ihr nicht gesichert zu entnehmen ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Einantwortung bereits erfolgt war, was allerdings naheliegt, zumal nach dem Referat der Korrespondenz die Hauptmietrechte bereits ein Jahr vor der Anzeige auf die dort Beklagte aufgrund Tod des Hauptmieters übergegangen sein sollen. Zur Frage des „verfrüht“ gestellten Anhebungsbegehrens nahm diese Entscheidung nicht Stellung.

[22] 3.8. Die Literatur vertritt zu § 12a Abs 3 MRG die Auffassung, der Vermieter sei verpflichtet, innerhalb der Sechsmonatsfrist ein aufschiebend bedingtes Erhöhungsbegehren für den Fall zu stellen, dass tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattgefunden hat, wenn ihm die Unternehmensveräußerung angezeigt werde, dies selbst dann, wenn er meint, es fehle an den Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang, weil seiner Meinung nach das Unternehmen in Wahrheit nicht veräußert wurde, der Veräußerer gar nicht Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit war oder der Erwerber das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen nicht weiterführt (Auer/Böhm in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner GeKO Wohnrecht I [2017] § 12a MRG Rz 64).

[23] 3.9. 5 Ob 291/05p hatte die hier zu beurteilende Frage nicht zu beantworten. Die Entscheidung hielt aber fest, dass die Frage des Zeitpunkts der grundsätzlichen Auslösung des Anhebungsrechts von der Frage zu unterscheiden ist, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann. Mit Rechtsnachfolgern im Sinn des § 46a Abs 2 MRG sind nach dieser Entscheidung nur Universalsukzessoren des verstorbenen Mieters gemeint, sodass die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach dieser Gesetzesbestimmung nur dann besteht, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RS0116304). Vor der Einantwortung kann diese Voraussetzung nicht vorliegen, weshalb die Mietzinsanhebung jedenfalls nicht dem Nachlass des (richtig) Mieters gegenüber geltend gemacht werden kann (zust Vonkilch aaO § 46a MRG Rz 13a; Hawel aaO § 46a MRG Rz 3; Auer/H. Böhm GeKo Wohnrecht I § 46a MRG Rz 13).

4. Daraus ergibt sich für den hier zu beurteilenden Fall:

[24] 4.1. Da § 46a Abs 2 und auch § 46b MRG weder eine Anzeigepflicht noch eine Präklusionsfrist anordnen und sich die Anwendung der dies anordnenden Bestimmungen des § 12a Abs 2 und 3 MRG nur aus einem – im Revisionsrekurs letztlich nicht bezweifelten – Analogieschluss ergibt, sind die in der Rechtsprechung zu § 12a Abs 2 und 3 (und zuvor zu § 12 Abs 3 aF) MRG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze und die zu 1 Ob 137/09t hervorgehobene, mit der Unternehmensveräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben vergleichbare Interessenlage mitzubedenken.

[25] 4.2. Auszugehen ist davon, dass sich zwar der die Rechtsfolge des § 46a Abs 2 MRG auslösende Tatbestand mit dem Tod des bisherigen Hauptmieters verwirklicht, typischerweise die Anhebungsmöglichkeit des § 46a Abs 2 MRG aber (auch) davon abhängt, dass ein Universalrechtsnachfolger das Unternehmen des verstorbenen Hauptmieters im Bestandobjekt weiterführt. Sowohl die Frage nach der Universalrechtsnachfolge als auch nach der Weiterführung des Unternehmens im Bestandobjekt sind aber zum Zeitpunkt des Todes des bisherigen Hauptmieters oftmals nicht geklärt.

[26] 4.3. Daraus folgt, dass grundsätzlich die Mietzinsanhebung vom Vermieter dann innerhalb der analog anzuwendenden Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG begehrt wird, wenn dies innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft der Einantwortung an den Universalrechtsnachfolger geschieht.

4.4. Bei Anzeige des Todes des bisherigen Hauptmieters bereits vor der Einantwortung, ist zu unterscheiden:

[27] Ist die Anzeige so formuliert, dass sie – abgesehen vom Tod des bisherigen Hauptmieters – dem Vermieter keine Hinweise auf den potentiellen Rechtsnachfolger und dessen Absicht, das Unternehmen im Bestandobjekt fortzuführen, erkennen lässt, ist eine Verpflichtung der Vermieterin, ein bedingtes Anhebungsbegehren zu stellen, zu verneinen. Dem Nachlass gegenüber wäre ein solches (bedingtes) Anhebungsbegehren nicht wirksam: Wenn sich aus der Mitteilung des Todes des bisherigen Hauptmieters keine Hinweise für einen Tatbestand nach § 46a Abs 2 MRG ableiten lassen, ist auch die 1 Ob 137/09t zugrundeliegende, § 12a Abs 4 MRG und der Veräußerung an einen fiktiven gesetzlichen Erben vergleichbare Interessenslage nicht erkennbar.

[28] Anders ist die Rechtslage dann, wenn sich aus der Anzeige Hinweise auf einen derartigen Tatbestand und die Person des Universalrechtsnachfolgers sowie dessen Fortführungsabsicht ausreichend gesichert ableiten lassen. In einem solchen Fall wird die Vermieterin ein bedingtes Erhöhungsbegehren an den aus diesem Schreiben hervorgehenden potenziellen Universalsukzessor für den Fall zu stellen haben, dass er tatsächlich Rechtsnachfolger wird und das Unternehmen fortbetreiben will. Besondere Nachforschungspflichten der Vermieterin in Bezug auf die Gesamtrechtsnachfolge sind zwar zu verneinen; sollte die Vermieterin allerdings im Weg einer solchen Anzeige – die nach der Rechtsprechung zu § 12a Abs 1 MRG zwar an keine bestimmte Form gebunden ist, deren Inhalt nach ihrem objektiven Erklärungswert (RS0014160) aber klar sein muss und die die Feststellung der maßgeblichen Änderungen zuverlässig und eindeutig ermöglicht – verlässliche Kenntnis vom Sachverhalt und dem künftigen Rechtsübergang erlangt haben, wird von einer derartigen Verpflichtung zu einem bedingten Erhöhungsbegehren auszugehen sein. Nur dadurch sind für den Unternehmer und (potentiellen) Rechtsnachfolger Informationen gewährleistet, welchen (zukünftigen) Hauptmietzins er seiner wirtschaftlichen Kalkulation zugrunde zu legen hat, wenn der Vermieter von seinem Anhebungsrecht Gebrauch macht. Ein rechtlich geschütztes Interesse der Vermieterin, bei einem ihr vom Rechtsnachfolger vollständig angezeigten anspruchs-relevanten Sachverhalt noch die Rechtskraft der Einantwortung abzuwarten, ist demgegenüber nicht zu erkennen.

[29] 5. Auf Basis dieser Rechtsansicht reichen aber die erstgerichtlichen Feststellungen noch nicht aus, um die Frage nach der Präklusion des Anhebungsbegehrens der Antragstellerin abschließend beantworten zu können. Während diese behauptet hat, außer dem vom Erstgericht festgestellten Schreiben mit der Todesanzeige keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass der Antragsgegner einziger Erbe und potenzieller Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Hauptmieters sein werde, wendete der Antragsgegner ein, dies sei – auch wegen der zwischen den Streitteilen geführten Korrespondenz – der Antragstellerin völlig klar gewesen, die auch nur ihn als in die Hauptmietrechte eintretenden Gesamtrechtsnachfolger mit Fortführungsabsicht angesehen und in dieser Eigenschaft mit ihm verhandelt habe. Feststellungen dazu fehlen im erstgerichtlichen Sachbeschluss (was der Antragsgegner als sekundäre Mangelhaftigkeit im Rekurs rügte). Soweit das Rekursgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausging, der Antragstellerin sei bewusst gewesen, dass der Antragsgegner der einzige Sohn des verstorbenen Hauptmieters und präsumtiver Universalrechtsnachfolger gewesen sei, fehlt es dafür an einer Grundlage in dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt. Eine Beweisergänzung dazu führte das Rekursgericht nicht durch, sodass die in dem Zusammenhang erhobene Mängelrüge ebenfalls berechtigt ist.

[30] 6. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher konkrete Feststellungen zur Korrespondenz der Streitteile nach der E‑Mail vom 7. 1. 2022 mit der Todesanzeige und zum Kenntnisstand der Antragstellerin zu treffen haben. Erst aufgrund dessen wird beantwortet werden können, ob aufgrund gesicherter Kenntnis der Antragstellerin von der Person des das Unternehmen voraussichtlich fortführenden Gesamtrechtsnachfolgers im Hauptmietrecht sie bereits vor dem Anhebungsschreiben vom 23. 12. 2022 zu einem bedingten Erhöhungsbegehren verpflichtet gewesen wäre oder nicht. Eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen ist somit unvermeidlich.

[31] 7. Da die erforderlichen Billigkeitserwägungen erst aufgrund der Endentscheidung angestellt werden können, war die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorzubehalten.

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