Rechtssatz
Die materielle Rechtskraft hält gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen nicht stand. Die Entscheidung ergreift zwar den Anspruch, nicht aber seinen Tatbestand. Verändern sich die Individualisierungsmomente des Rechtsschutzanspruches nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf Grund deren die Entscheidung erging, so entsteht ein neuer Rechtsschutzanspruch, der dann folgerichtig von der Rechtskraft der Entscheidung über den ersten nicht berührt wird.
1 Ob 821/51 | OGH | 04.06.1952 |
Ähnlich; Beisatz: Geldwertänderung bei aufwertbaren Unterhaltsansprüchen. (T1) |
1 Ob 80/53 | OGH | 14.11.1954 |
Vgl |
1 Ob 47/67 | OGH | 30.03.1967 |
Beisatz: Einantwortung des Nachlasses und damit Eintritt der passiven Klagslegitimation nach Schluss der Verhandlung erster Instanz. (T2) |
6 Ob 177/67 | OGH | 28.09.1967 |
Ähnlich; Beisatz: Dabei ist nicht zwischen Tatbestandsänderungen mit Rückwirkung und solchen ohne Rückwirkung zu unterscheiden auch die ersteren können nicht zu einer Wiederaufnahme führen, berechtigen aber zu einer neuen Klage. (T3) Veröff: SZ 40/120 = EvBl 1968/178 S 296 |
2 Ob 183/68 | OGH | 26.09.1968 |
Beisatz: Möglichkeit der Erhöhung, Herabsetzung und Einstellung einer Rente gemäß § 1325 ABGB (Verdienstentgang). (T4) |
6 Ob 251/72 | OGH | 21.12.1972 |
Beisatz: Ein Fall dieser Art ist auch der nach dem maßgebenden Stichzeitpunkt erfolgende Eintritt der Fälligkeit (Fasching III 724). (T5) |
1 Ob 3/73 | OGH | 17.01.1973 |
Beisatz: Hier: Wiederaufnahmsklage (T6) |
1 Ob 217/75 | OGH | 29.10.1975 |
nur: Die materielle Rechtskraft hält gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen nicht stand. (T7); Veröff: SZ 48/113 |
5 Ob 866/76 | OGH | 23.11.1976 |
Ähnlich; nur T7; Beisatz: In jeder Unterhaltsbemessung ist stillschweigend eine Umstandsklausel enthalten. (T8) |
1 Ob 548/77 | OGH | 16.03.1977 |
Beisatz: Das gilt insbesondere für Unterhaltsansprüche. (T9); Veröff: JBl 1978,539 |
1 Ob 520/77 | OGH | 16.03.1977 |
nur T7 |
1 Ob 781/79 | OGH | 14.12.1979 |
Veröff: ÖA 1981,96 |
4 Ob 117/79 | OGH | 25.03.1980 |
nur T7; Beisatz: Dies gilt auch für Feststellungsklagen. (T10) |
6 Ob 753/81 | OGH | 07.10.1981 |
nur T7; Beisatz: Die Rechtskraft eines Urteiles, das die rechtsgestaltende Wirkung der Aufhebung eines Vertrages hat, steht aber der neuerlichen Geltendmachung desselben Anspruches aus dem Vertrag entgegen. (T11) |
8 Ob 543/83 | OGH | 07.06.1984 |
Auch; nur T7; Beis wie T9; Beisatz: Auch für Unterhaltsvergleiche. (T12) |
8 Ob 529/84 | OGH | 14.02.1985 |
nur T7; Beis wie T9; Beis wie T3 nur: Berechtigen aber zu einer neuen Klage. (T13) |
8 Ob 637/85 | OGH | 11.12.1985 |
Beis wie T9; Beisatz: Eine solche Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts liegt bei Unterhaltsansprüchen etwa darin, dass der Anspruch aus einer anderen gesetzlichen Grundlage abgeleitet wird; dies kann insbesondere die Folge einer Ehescheidung sein. (T14) Veröff: EvBl 1987/18 S 86 |
7 Ob 42/88 | OGH | 15.12.1988 |
nur T7; Veröff: SZ 61/276 = VersR 1989,1071 = VersRdSch 1989,349 |
1 Ob 661/89 | OGH | 15.11.1989 |
nur T7; Veröff: RZ 1992/41 S 99 |
1 Ob 561/92 | OGH | 14.07.1992 |
Auch; nur T7; Beisatz: Wenn mehrere rechtserhebliche Gründe zu einem klagsabweisenden Urteil führten, müssen zu allen diesen Gründen Sachverhaltsänderungen vorgetragen werden. (T15) |
3 Ob 1059/95 | OGH | 14.06.1995 |
Vgl auch; Beisatz: Die rechtskräftige Abweisung des ersten Exekutionsantrags hat zur Folge, dass ein weiterer Exekutionsantrag zur Hereinbringung derselben Forderung nur bei geänderter Sachlage eingebracht werden darf. (T16) |
1 Ob 122/97s | OGH | 25.11.1987 |
Auch; nur T7; Beisatz: Hier: Unterhaltsanspruch. (T17) |
7 Ob 239/00y | OGH | 08.11.2000 |
Vgl auch; nur T7; Beisatz: Durch die Aufhebung des Enteignungsbescheides durch den VwGH beziehungsweise VfGH wird die materielle Rechtskraft der im Verfahren über die Entschädigungsfestsetzung ergangenen Entscheidung beeinflusst. Da keine Enteignung mehr vorliegt, steht kein Entschädigungsanspruch zu. Nach einer allfälligen neuerlichen Enteignung kann auf der neuen Grundlage wieder ein Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden. (T18) |
3 Ob 209/02k | OGH | 27.11.2002 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: Antrag auf Aufschiebung einer Exekution. (T19); Beisatz: Da die in den Aufschiebungsanträgen jeweils geltend gemachten Tatsachen nicht übereinstimmen, war das Gericht bei seiner Entscheidung über den zweiten Aufschiebungsantrag nicht an seine Entscheidung über den ersten Aufschiebungsantrag gebunden. (T20) |
3 Ob 87/03w | OGH | 25.06.2003 |
nur T7; Beisatz: Hier: Behauptete Erbunwürdigkeit der Testamentserbin nach rechtskräftiger Zurückweisung der Erbserklärung des Ersatzerben - keine Bindung an den Zurückweisungsbeschluss. (T21) |
4 Ob 6/06w | OGH | 14.02.2006 |
Auch; Beisatz: Ändert sich der rechtserzeugende Sachverhalt, so wird der durch den neuen Sachverhalt begründete Rechtsschutzanspruch von der materiellen Rechtskraft der Vorentscheidung nicht berührt. (T22) |
7 Ob 142/06t | OGH | 05.07.2006 |
Auch; Beisatz: Maßgeblich dafür, ob eine rechtserhebliche Tatsache vor oder nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung (bzw der Urteilsfällung) eingetreten ist, ist der Zeitpunkt ihrer rechtlichen Beachtlichkeit. Wenn also eine rechtshindernde Tatsache zwar erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber rückwirkend (ex tunc) beseitigt wurde, stellt dies keine nachträgliche Tatbestandsänderung in dem hier gemeinten Sinn dar, sondern eine Tatsache, die allenfalls die Wiederaufnahme, nicht aber eine neue Klage rechtfertigt. (T23) |
2 Ob 34/07z | OGH | 23.03.2007 |
Auch; nur T7; Beisatz: Hier: Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses in Bezug auf vorprozessuale Kosten wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges - Wegfall des Zurückweisungsgrundes. (T24) |
10 ObS 44/08f | OGH | 06.05.2008 |
Auch; Beisatz: § 89 Abs 1 ASGG behandelt Leistungen aus sozialrechtlichen Ansprüchen wie Alimente im Sinne des § 406 Satz 2 ZPO und lässt einen Abspruch über erst künftig fällig werdende Leistungen zu. Damit ist natürlich keineswegs gemeint, dass nicht nach einer früheren Ablehnung bei einer wesentlichen Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ein neuer Leistungsantrag gestellt werden kann, würde doch andernfalls die rechtskräftige Ablehnung einer wiederkehrenden Leistung bewirken, dass der Anspruch endgültig versagt ist. (T25) |
4 Ob 51/11w | OGH | 21.06.2011 |
Vgl auch; Beisatz: Obsiegt der Unterhaltsberechtigte in einem Verfahren über rückständigen Unterhalt zur Gänze und kommen nachträglich Umstände hervor, die die Annahme eines höheren Unterhaltsanspruches rechtfertigen, dann ist dies nicht mit einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 ZPO, sondern einer neuerlichen Einklagung geltend zu machen. (T26) |
Dokumentnummer
JJR_19521126_OGH0002_0030OB00722_5200000_001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)