European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00637.85.1211.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 308,85 S an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile, jugoslawische Staatsangehörige, und zwar Staatsangehörige der Teilrepublik Slowenien, haben am 29. 4. 1950 in Slowenien die Ehe geschlossen. Dieser Ehe entstammen zwei bereits selbsterhaltungsfähige Töchter. Beide Teile leben seit 1964 mit Unterbrechungen in Österreich. Im März 1981 verließ der Beklagte die eheliche Wohnung; seither leben beide Teile voneinander getrennt. Mit Anerkenntnisurteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 17. 3. 1981 (C 4002/81) wurde der Ehemann schuldig erkannt, seiner Frau ab 2. 3. 1981 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500 S zu bezahlen. Auf Grund dieses Urteiles wurde der Ehefrau wider ihren Mann zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von 6.400 S sowie der ab 1. 11. 1981 künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge die Lohnexekution bewilligt (E 7297/81 des Bezirksgerichtes Dornbirn). Mit Urteil des Bezirksgerichtes in Murska Sobota vom 26. 5. 1982 wurde die Ehe der Streitteile auf Antrag des nunmehrigen Beklagten ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden. Am 13. 1. 1984 brachte der Beklagte beim Erstgericht wegen der dort noch immer zu E 7297/81 anhängigen Lohnexekution eine Oppositionsklage mit der Begründung ein, im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Ehescheidung stehe seiner geschiedenen Frau kein Unterhaltsanspruch mehr zu; außerdem verfüge sie über ein ausreichendes eigenes Einkommen, sodaß sie nicht mehr auf seine Unterhaltsleistungen angewiesen sei. Dieser Rechtsstreit ist noch anhängig (C 3512/84).
Mit der am 20. 3. 1984 beim Erstgericht zu Protokoll gegebenen Klage begehrte Marija B* von ihrem geschiedenen Mann die Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 2.000 S. Mit Scheidung ihrer Ehe sei der bisherige Unterhaltstitel zumindest nach österreichischem Recht erloschen. Nach jugoslawischem Recht stehe ihr auch nach der Scheidung ein Unterhaltsanspruch zu. Da sie derzeit lediglich eine jugoslawische Pension von umgerechnet 480 S und eine solche aus Österreich von 2.168 S beziehe, damit aber ihre Lebenshaltungskosten nicht decken könne und sie infolge Invalidität arbeitsunfähig sei, der Beklagte hingegen ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 13.000 S beziehe und ihn keine sonstigen Unterhaltspflichten träfen, könne ihm die begehrte Unterhaltsleistung zugemutet werden.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Da der Antrag der Klägerin auf Zuerkennung eines Unterhaltsbeitrages anläßlich der Ehescheidung abgewiesen wurde, stehe ihr kein Unterhaltsanspruch mehr gegen ihn zu. Überdies verfüge die Klägerin über ein eigenes ausreichendes Einkommen.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin ab 20. 3. 1984 bis auf weiteres einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.000 S zu bezahlen, die bisher fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden jeweils am Ersten eines jeden Monates im Vorhinein. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Die Klägerin ist seit 1978 nach einer Operation an der Wirbelsäule arbeitsunfähig und bezieht seither von der PVA der Arbeiter wegen dauernder Invalidität eine Invaliditätspension, die im Jahre 1984 monatlich netto (richtig:) 2.168,60 S betragen hat und seit 1. 1. 1985 monatlich netto 2.240,20 S 14mal jährlich beträgt. Außerdem bezieht sie auf Grund ihrer Arbeitszeiten in Jugoslawien von der zuständigen Pensions- und Invalidenversicherung Ljubljana eine Pension in der Höhe von derzeit 7.100 Dinar, was derzeit einem monatlichen Betrag von 532 S entspricht. Schließlich erhält sie auf Grund der genannten Exekution vom Beklagten einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.500 S. Weiteres Einkommen bezieht sie nicht. Die Klägerin lebt in Dornbirn allein in einem Zimmer mit Kochgelegenheit. Dafür hat sie einen monatlichen Mietzins von 500 S zuzüglich Betriebskosten sowie Heizkosten zu bezahlen. Für ihre Verpflegung muß sie selbst aufkommen. Der Beklagte arbeitet als Eisenbieger bei Stahlform Hermann F* in S*. Dort verdiente er in der Zeit vom März 1984 bis einschließlich Februar 1985 einschließlich Überstunden, Schmutzzulage und Sonderzulagen insgesamt 197.021,20 S netto; 18.000 S wurden ihm als Unterhalt für die Klägerin abgezogen, sodaß er in der genannten Zeit 179.021,20 S ausbezahlt erhielt. Anderes Einkommen hatte er nicht. Er lebt in H* mit einer Freundin in deren Wohnung; die Wohnung kostet 2.500 S monatlich zuzüglich Betriebskosten samt Heizung. Er besitzt einen PKW „Opel Kadett“ des Baujahres 1982, den er für seine Berufstätigkeit benötigt, weil er meistens schon sehr früh und unregelmäßig auf Baustellen mit der Arbeit beginnen muß. Die Streitteile haben ab 1974 in Jugoslawien miteinander ein Haus gebaut, über das anläßlich der Scheidung keine Verfügungen oder Vereinbarungen getroffen wurden. Dieses Haus wird derzeit von einer gemeinsamen Tochter und deren Familie, teils für Wohnzwecke, teils als Gastwirtschaft, benützt. Die Streitteile erhalten daraus weder Miete noch sonstiges Benützungsentgelt. Die Klägerin besucht zeitweise diese Tochter und wohnt dann in diesem Haus. Im übrigen hat die Klägerin jedoch die Absicht, bis auf weiteres in Österreich zu bleiben. Beide Teile haben sonst keine Unterhaltsverpflichtungen. Anläßlich der Scheidung wies das jugoslawische Scheidungsgericht den Antrag der nunmehrigen Klägerin auf Zuerkennung eines Unterhaltsbetrages mit der Begründung ab, daß für eine neuerliche Entscheidung kein Grund bestehe, weil über den Lebensunterhalt ohnedies bereits in Österreich entschieden worden sei und ein solches Urteil gemäß dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der FVRJ vom 10. 10. 1961 vollstreckbar sei (BGBl. Nr. 310/1962).
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 20 IPRG der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen sei. Beide Teile seien zur Zeit der Ehescheidung Bürger der Teilrepublik Slowenien gewesen, sie seien es auch heute noch, sodass slowenisches Recht zur Anwendung komme. Zur Klärung der Frage, ob nach diesem ausländischen Recht der ursprüngliche Titel durch die Ehescheidung außer Kraft getreten sei, habe das Gericht ergebnislos eine Anfrage an das Bundesministerium für Justiz gerichtet. Gemäß § 4 Abs. 2 IPRG lege es daher der Beurteilung dieser Frage österreichisches Recht zugrunde. Nach der österreichischen Rechtsprechung und Lehre müsse, ausgenommen den Fall einer Scheidung nach § 55 EheG mit einem Verschuldensausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG, angenommen werden, daß ein während aufrechter Ehe erwirkter Unterhaltstitel nach der Scheidung nicht weiterwirke. Dies deswegen, weil sich der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung auf völlig neue Voraussetzungen stütze. Es sei daher auch der aus dem Verfahren C 4002/81 herrührende Unterhaltstitel der Klägerin mit der Scheidung gegenstandslos geworden, weshalb die Klägerin genötigt sei, sich einen neuen Unterhaltstitel im gegenständlichen Verfahren zu verschaffen. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergebe sich mit Rücksicht auf das gemeinsame Personalstatut der beiden Streitteile aus den Art. 81 bis 83 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26. 5. 1976. Demnach bestehe die Möglichkeit, einem bedürftigen geschiedenen Ehegatten einen Unterhaltsbeitrag zuzusprechen. Die Klägerin beziehe lediglich ein Monatseinkommen von 3.145 S, der Beklagte hingegen ein solches von 16.418 S. Bei diesen ungleichen Verhältnissen, die vor allem durch die vorzeitige, unverschuldete Berufsunfähigkeit der Klägerin bedingt seien, sei dem Beklagten die Leistung eines Unterhaltsbeitrages von 2.000 S monatlich zuzumuten. Der Beklagte sei es gewesen, der die eheliche Lebensgemeinschaft zur Auflösung gebracht habe, indem er im Jahre 1981 zu einer Freundin nach H* gezogen sei. Unter Berücksichtigung dieser Unterhaltsleistung von 2.000 S stehe der Klägerin insgesamt ein Betrag von 5.145 S, dem Beklagten hingegen ein solcher von 14.418 S zur Verfügung.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten keine Folge und ließ die Revision nach § 502 Abs. 1 Z 4 ZPO zu. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise, erachtete auch die Rechtsrüge der Berufung im Ergebnis als unbegründet und führte hiezu aus: Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß gemäß § 20 IPRG für die Beurteilung des gegenständlichen Unterhaltsanspruches slowenisches Recht anzuwenden sei. Am 20. 3. 1984, jenem Tag, an dem die Klägerin ihre Klage vor dem Erstgericht zu Protokoll gegeben habe, habe der Erstrichter bereits eine Anfrage über die für die rechtliche Beurteilung des Klageanspruches in Betracht kommenden Bestimmungen des jugoslawischen bzw. slowenischen Privatrechtes an das Bundesministerium für Justiz gerichtet, insbesondere darüber, ob ein vor der Ehescheidung begründeter Unterhaltstitel durch eine nachträgliche Ehescheidung seine Wirksamkeit verliere. Nach der Aktenlage habe das Bundesministerium für Justiz diese Anfrage am 26. 3. 1984 an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten mit dem Ersuchen um Beschaffung der vom Erstgericht erbetenen Rechtsauskunft weitergeleitet. Betreibungen des Erstgerichtes und des Bundesministeriums für Justiz sowie die Bemühungen des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten hätten bis zum Schluß des Verfahrens erster Instanz nicht zu der erbetenen Erledigung durch die jugoslawischen Behörden geführt. Am 13. 11. 1984 habe das Bundesministerium für Justiz in Erledigung einer Urgenz des Erstgerichtes diesem Ablichtungen der Art. 81 bis 84 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26. 5. 1976, wie sie in dem Standardwerk Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Band IV, Jugoslawien S. 173 abgedruckt sind, übermittelt. Diese Gesetzesbestimmungen, die die Beziehungen zwischen den geschiedenen Ehegatten nach der Ehescheidung zum Gegenstand haben, habe das Erstgericht im vorliegenden Fall zutreffend angewandt, da sie die geltende Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruches der Klägerin nach slowenischem Recht darstellten. Insoweit sei das Erstgericht daher seiner Pflicht, das ausländische Recht zu ermitteln, nachgekommen und habe diesbezüglich das anzuwendende ausländische Recht auch tatsächlich ermittelt werden können. Zu der hier relevanten Frage, ob der vor der Scheidung begründete Unterhaltstitel durch die nachfolgende Ehescheidung gegenstandslos geworden ist, habe das Erstgericht jedoch keine Auskunft erlangen können. Gemäß § 4 IPRG habe das Erstgericht diese Frage unter Heranziehung der österreichischen Judikatur zu diesem Problemkreis beantwortet. Diese Judikatur beziehe sich allerdings auf die österreichische und nicht auf die hier anzuwendende slowenische Rechtslage. Bei der Beurteilung des ausländischen Rechtes habe das Gericht auch Lehre und Rechtsprechung des Auslandes und nicht nur den Text der geltend gemachten Normen zu berücksichtigen (SZ 5/225; ZBl. 1926, 320; ZBl. 1933, 21). Ließe sich nur die ausländische Rechtsnorm, nicht jedoch der hiezu von Lehre und Rechtsprechung des Auslandes vertretene Standpunkt ermitteln, so sei nach Auffassung des Berufungsgerichtes die ausländische Rechtsnorm vom inländischen Gericht selbständig auszulegen und anzuwenden. Die fehlenden Kenntnisse über die ausländische Lehre und Rechtsprechung könnten nicht durch Heranziehung der inländischen, ganz andere Rechtsnormen zur Grundlage habenden Judikatur beseitigt werden. Die Heranziehung inländischer Judikatur bei der Auslegung ausländischer Rechtsnormen könne daher nur dann hilfreich sein, wenn die anzuwendenden ausländischen Normen mit den diesbezüglichen inländischen Rechtsnormen inhaltlich weitgehend übereinstimmten. Eine solche weitgehende Übereinstimmung der slowenischen Normen über den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten mit jenen des inländischen Rechtes sei aber, wie sich deutlich aus dem Wortlaut der vom Erstgericht zitierten Art. 81 bis 83 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26. 5. 1976 ergebe, nicht gegeben. Wegen der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen könne daher die auf der österreichischen Rechtslage basierende Judikatur zu der hier relevanten Frage der Weiterwirkung eines bei aufrechter Ehe begründeten Unterhaltstitels nach Scheidung der Ehe gemäß § 4 IPRG nicht herangezogen werden. Vielmehr sei diese Frage im Wege der Auslegung der für die Begründung derartiger Titel maßgeblichen (ausländischen) Normen zu beantworten. Hiebei sei zu berücksichtigen, daß jeder mit Klage geltend gemachte Anspruch auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt werden müsse, der den Rechtsstreit in rechtlicher Hinsicht begrenze. Ein Urteil könne daher nur den in der Klage geltend gemachten, nicht jedoch einen darüber hinausgehenden oder anderen Rechtsgrund zum Gegenstand haben. Bei der Beurteilung der Frage, ob der von der Klägerin vor der Ehescheidung erwirkte Unterhaltstitel nach slowenischem Recht über die Scheidung hinauswirke, sei daher zu prüfen, ob der Rechtsgrund und die Anspruchsvoraussetzungen, auf die die Klägerin ihr Unterhaltsbegehren bei aufrechter Ehe gestützt habe, von jenen nach der Scheidung der Ehe verschieden seien. Hiezu bedarf es zunächst einer Gegenüberstellung der für den Unterhaltsanspruch bei aufrechter Ehe und nach der Scheidung maßgeblichen Normen. Diese dem bereits erwähnten slowenischen Gesetz über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 6. 5. 1976 (Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, IV) zu entnehmenden Norm über die Rechte und Pflichten der Ehegatten im 5. Abschnitt lauteten:
„Art. 49: Zum Familienunterhalt tragen die Ehegatten gemäß ihren Möglichkeiten bei.
Art. 50: Ein Ehegatte, der keine Mittel zum Leben hat, aber ohne sein Verschulden arbeitslos oder arbeitsunfähig ist, hat Anspruch auf Unterhalt gegenüber seinem Ehegatten, soweit dieser dazu imstande ist.“ Die Beziehungen zwischen den geschiedenen Ehegatten nach der Ehescheidung seien im 9. Abschnitt in den Art. 81 bis 83, die bereits das Erstgericht in seiner Entscheidung wiedergegeben habe, geregelt. Vergleiche man diese Rechtsnormen miteinander, so ergebe sich, daß die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach der Scheidung andere seien als während aufrechter Ehe. Der Alimentationsanspruch nach Art. 81 leg. cit. sei in seinem Bestand von Billigkeitserwägungen abhängig und werde anders ausgemessen, da das Gericht auch die Ursachen, derentwegen die Ehe unhaltbar geworden sei, berücksichtigen könne. Der Unterhaltsanspruch nach Art. 81 leg. cit. habe den früheren Bestand der Ehe, jener nach Art. 50 hingegen den der aufrechten Ehe zum Rechtsgrund. Daraus ergebe sich aber für den Gegenstandsfall, daß das auf dem Rechtsgrund der aufrechten Ehe basierende Anerkenntnisurteil vom 17. 3. 1981 nicht über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus wirke, da es ausdrücklich den aufrechten Bestand der Ehe zur Voraussetzung habe und dieser Rechtsgrund durch die Scheidung weggefallen sei. Das Erstgericht sei daher im Ergebnis richtig zu der Auffassung gelangt, daß der bei aufrechter Ehe begründete Unterhaltstitel nicht über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus wirksam sei. Die Auslegung der hier anzuwendenden slowenischen Normen führe daher zum gleichen Ergebnis wie die zu diesem Problemkreis ergangene inländische Judikatur (SZ 24/75). Der Berufungswerber vertrete in seiner Rechtsrüge den Standpunkt, daß nach Art. 81 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 6. 5. 1976 ein für die Zeit nach der Scheidung wirkender Unterhaltstitel nur in Verbindung mit dem Scheidungsurteil geschaffen werden könnte und die Klägerin daher schon deshalb keinen Unterhaltsanspruch habe, weil ihr ein Unterhalt im Scheidungsurteil nicht zugesprochen worden sei. Diesbezüglich liege auch res iudicata vor. Diesem Standpunkt könne nicht beigepflichtet werden. Aus dem Wortlaut der Art. 81 bis 83 leg. cit. ergebe sich bereits, daß auch nach slowenischem Recht der nacheheliche Unterhaltsanspruch der Umstandsklausel unterliege. Demnach erlösche der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten, wenn dieser ausreichendes Vermögen oder eigenes Einkommen erwirbt und somit die materiellen Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch von der Bedarfsseite her in Wegfall geraten seien. Daraus sei aber auch umgekehrt zu folgern, daß ein geschiedener Ehegatte in Nachwirkung der ehelichen Beziehungen auch dann einen Unterhaltsanspruch habe, wenn er zwar nicht im Zeitpunkt der Ehescheidung, aber nachträglich bedürftig und somit auf den Unterhalt seines geschiedenen Ehegatten angewiesen werde. In gleicher Weise sei daraus auch zu folgern, daß auf Grund geänderter Verhältnisse eine Anpassung in bezug auf die Höhe des Anspruches auch nach Abschluß des Scheidungsverfahrens möglich sei. Aus dem Wortlaut des Art. 81 leg. cit., daß bei Vorliegen der Voraussetzungen einem unversorgten Ehegatten ein Unterhaltsbeitrag im Ehescheidungsurteil zuzusprechen sei, könne daher nicht abgeleitet werden, daß eine spätere Geltendmachung eines Unterhaltes nicht mehr in Betracht komme. Das jugoslawische Scheidungsgericht habe den im Scheidungsverfahren von der Klägerin gestellten Antrag auf Unterhaltsleistung nicht deshalb abgewiesen, weil es die materiellen Voraussetzungen der Klägerin verneint hätte, sondern vielmehr, weil es den Standpunkt vertreten habe, daß der Unterhaltsanspruch der Klägerin durch das Anerkenntnisurteil des Erstgerichtes bereits in angemessener Weise geregelt und ein darüber hinausgehendes Unterhaltsbegehren der Klägerin nicht gerechtfertigt sei. Soweit sich der Begründung des Scheidungsurteiles entnehmen lasse, habe für das jugoslawische Scheidungsgericht auch kein Anlaß bestanden, sich mit der Frage, ob der durch das Anerkenntnisurteil des Erstgerichtes geschaffene Unterhaltstitel nach der Scheidung seine Wirksamkeit verliere, weiter auseinanderzusetzen, da der Beklagte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens ua damit beantragt habe, daß hierüber bereits eine gerichtliche Entscheidung vorliege. Damit habe er sich aber implicite auf den Standpunkt gestellt, daß die Wirksamkeit des bestehenden Titels durch die Scheidung nicht berührt würde. Für das Scheidungsgericht habe sich daher primär die Frage gestellt, ob der in Österreich begründete Unterhaltstitel auch in Jugoslawien vollstreckbar sei, was im Hinblick auf das zwischen Österreich und Jugoslawien bestehende Vollstreckungsabkommen bejaht worden sei. Die Verwerfung des Antrages der Klägerin auf Bestimmung eines Unterhaltsbeitrages durch das Scheidungsgericht sei daher für den gegenständlichen Rechtsstreit nicht präjudiziell. Da der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehegattin auch nach slowenischem Recht der clausula rebus sic stantibus unterliege, und die Klägerin ihren nunmehrigen Anspruch auch auf geänderte Verhältnisse stütze, liege auch keine res iudicata vor. Nach Art. 81 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen sei einem unversorgten Ehegatten, der keine Mittel zum Leben habe, arbeitsunfähig oder arbeitslos sei und keine Beschäftigung aufnehmen könne, ein Unterhaltsbetrag zu Lasten und entsprechend den Möglichkeiten des anderen Ehegatten zuzusprechen. Dem Fall eines gänzlich unversorgten Ehegatten sei hiebei jener gleichzustellen, in dem ein Ehegatte nicht über ausreichende Mittel zur angemessenen Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse verfüge. Diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin zweifellos vor, da sie mit einem Monatseinkommen von 3.145 S an der Grenze der Existenzbasis lebe und daher einen Anspruch auf Ergänzung ihres Einkommens gegen den Beklagten habe. Als Kriterien für die Unterhaltsbemessung seien hiebei nach slowenischem Recht die wirtschaftlichen Möglichkeiten des zur Unterhaltsleistung herangezogenen Ehegatten und fakultativ auch die Ursachen, die zur Scheidung geführt hätten, heranzuziehen. Der Beklagte verfüge über ein Einkommen von 16.418 S und sei daher wirtschaftlich ohne weiteres in der Lage, den von der Klägerin begehrten, von der Bedarfsseite her zweifelsohne gerechtfertigten Unterhaltsbeitrag von monatlich 2.000 S zu leisten. Die Ursachen, die zur Scheidung der Ehe geführt hätten, lägen überwiegend auf seiner Seite, sodaß auch unter Berücksichtigung dieses Aspektes der Zuspruch des von der Klägerin begehrten Unterhaltes gerechtfertigt sei. Die Entscheidung des Erstgerichtes sei diesbezüglich frei von rechtlicher Fehlbeurteilung.
Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß ‑ soweit überblickbar ‑ keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob nach slowenischem Recht ein bei aufrechter Ehe begründeter Unterhaltstitel durch nachträgliche Scheidung der Ehe seine Wirkung verliere und dem Berufungsgericht die Rechtsprechung des jugoslawischen Höchstgerichtes zu dieser Frage nicht greifbar sei.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, allenfalls ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, daß die Vorinstanzen im Hinblick auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt beider Teile in Österreich und das Abkommen vom 10. 10. 1961 zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln, BGBl. Nr. 310/1962, mit Recht vom Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit und hinsichtlich des Unterhaltsanspruches der Klägerin wegen der gemeinsamen Staatsangehörigkeit beider Teile zur Teilrepublik Slowenien auch zutreffend von der Anwendung jugoslawischen Sachrechts in Gestalt des Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26. 5. 1976 (uradni list Slovenije 15-644/1976; vgl. Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Jugoslawien, Slowenien, 167; Cigoj-Firsching, Jugoslawisches Familienrecht, 5) ausgegangen sind.
Hingegen kann den Vorinstanzen sowie den Ausführungen in der Revision und der Revisionsbeantwortung insofern nicht gefolgt werden, als die Gerichte und Parteien die Ansicht vertraten, bei Prüfung der Frage, ob das erstgerichtliche Anerkenntnisurteil vom 17. 3. 1981 (C 4002/81) über die in Jugoslawien ausgesprochene Scheidung der Ehe der Streitteile hinauswirke, es also dem hier geltend gemachten Klagebegehren entgegenstehe, sei nur von der Anwendbarkeit slowenischen Sachrechts auszugehen. Die Wirksamkeit eines inländischen Urteils - im Inland - ist eine Frage der Rechtskraft, somit primär ein verfahrensrechtliches Problem. Auf solche verfahrensrechtliche Fragen sind aber stets die österreichischen Prozeßvorschriften anzuwenden. Die in der Revision erhobene Rüge, die Vorinstanzen hätten zu dieser Frage die slowenische Rechtsprechung und Lehre erforschen müssen, geht somit ins Leere.
Die Maßgeblichkeit einer gerichtlichen Entscheidung, durch die eine Wiederholung desselben Rechtsstreites ausgeschlossen wird und Gerichte und Parteien an die Entscheidung gebunden werden (Fasching, Lehrbuch, Rdz 1497), setzt dasselbe Begehren, das auf den identischen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt ist, voraus (Fasching III 694; Fasching, Lehrbuch, Rdz 1500, 1513). Die materielle Rechtskraft bezieht sich auf die Sachlage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz. Nachträgliche Änderungen des rechtserzeugenden Sachverhalts werden von der Rechtskraft nicht erfaßt, sondern ermöglichen eine neue Klage (Fasching III 724 f; Fasching, Lehrbuch, Rdz 1531; SZ 22/167; SZ 48/113; JBl. 1978, 539 ua). Dies gilt insbesondere für Verurteilungen zu künftigen Leistungen; ändern sich bei diesen nachträglich die anspruchsbegründenden oder die für die Höhe des Anspruches bedeutsamen Tatsachen, dann wird die neue Sachlage von der Rechtskraft des Urteils nicht umfaßt und ermöglicht eine neue Klage (Fasching, Lehrbuch, Rdz 1532). Eine solche Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts liegt bei Unterhaltsansprüchen etwa darin, daß der Anspruch aus einer anderen gesetzlichen Grundlage abgeleitet wird; dies kann insbesondere die Folge einer Ehescheidung sein (vgl. Fasching III 725; Heller‑Berger‑Stix I 381; JBl. 1978, 539 ua). Führt die Scheidung der Ehe zu einer Änderung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches eines geschiedenen Ehegatten gegenüber der Zeit der aufrechten Ehe, so wirkt ein Urteil, mit dem einem Ehegatten die Leistung von Unterhalt dem anderen gegenüber aufgetragen wurde, über die Scheidung der Ehe nicht hinaus (SZ 24/75; JBl. 1978, 539; EFSlg. 43.710 ua). Ob das erwähnte Anerkenntnisurteil des Erstgerichtes über die Scheidung der Ehe der Streitteile hinaus wirkt, hängt somit davon ab, ob nach slowenischem Ehescheidungsfolgenrecht durch die Scheidung eine Änderung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches des geschiedenen Ehegatten eintritt. Daß den Vorinstanzen bei Beantwortung dieser Frage ‑ im Sinne deren Bejahung ‑ ein Rechtsirrtum unterlaufen wäre, wird vom Beklagten in seiner Revision gar nicht geltend gemacht, ein solcher Irrtum ist auch nicht anzunehmen. Da die Vorinstanzen mit Recht zur Annahme einer durch die Ehescheidung eingetretenen Änderung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches der Klägerin gelangt sind, entspricht im Ergebnis auch ihr Schluß der Sach- und Rechtslage, daß das genannte Anerkenntnisurteil des Erstgerichtes über die Scheidung der Ehe der Streitteile nicht hinaus wirkt, dessen Rechtskraft somit dem vorliegenden Unterhaltsbegehren nicht entgegensteht, ganz abgesehen davon, daß die Klägerin mit der vorliegenden Klage einen höheren Unterhaltsanspruch geltend macht.
Für die vorliegende Unterhaltsklage bildet aber ‑ entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ‑ auch die im Scheidungsverfahren erfolgte Abweisung des Antrages der nunmehrigen Klägerin auf Unterhaltsleistung kein Hindernis, weil das jugoslawische Gericht ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte ‑ nicht im Sinne einer materiellen Verneinung des Unterhaltsanspruches der geschiedenen Ehefrau erkannte, sondern nur zum Ausdruck brachte, daß für eine diesbezügliche Entscheidung im Hinblick auf den in Österreich ergangenen und in Jugoslawien auch vollstreckbaren Unterhaltstitel, auf den sich der Ehemann zur Abwehr einer Unterhaltsentscheidung im Scheidungsverfahren auch berufen hatte, kein Anlaß bestehe. Von einer von den österreichischen Gerichten anzuerkennenden und zu vollstreckenden Entscheidung über einen den die Beziehungen zwischen den geschiedenen Ehegatten regelnden Bestimmungen entsprechenden Unterhaltsanspruch iS des Art. 1 Abs. 1 des bereits genannten Vollstreckungsabkommens BGBl. Nr. 310/1962 kann daher keine Rede sein.
Ist aber der Anspruch der Klägerin auf Unterhalt nach Art. 50 des Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26. 5. 1976 im Ausmaß von 1.500 S monatlich aus dem erstgerichtlichen Anerkenntnisurteil durch die Rechtskraft des Scheidungsurteils erloschen und kann dieses Urteil nicht mehr als Exekutionstitel für die aus Art. 81 leg. cit. abgeleiteten Unterhaltsansprüche der Klägerin verwendet werden, so ist die vorliegende Klage notwendig, um den nunmehrigen Unterhaltsanspruch der Klägerin ihrem geschiedenen Mann gegenüber durchzusetzen. Ob ihr aber nach der nun maßgeblichen Gesetzesbestimmung unter Bedachtnahme auf die Leistungsmöglichkeiten des Beklagten und ihr eigenes Einkommen der von den Vorinstanzen als angemessen erachtete Unterhalt von 2.000 S monatlich gebührt oder ob die gegebenen Umstände ‑ so wie der Revisionswerber meint ‑ zur völligen Ablehnung eines Anspruches auf Unterhaltsleistung führt, stellt eine Bemessungsfrage dar, deren Überprüfung dem Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs. 2 Z 1 ZPO entzogen ist (EFSlg. 41.761, 44.078 uva).
Der Revision mußte daher der Erfolg versagt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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