OGH 4Ob78/17z

OGH4Ob78/17z27.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch die Aigner Rechtsanwalts GmbH in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei M***** A*****, vertreten durch Dr. Paul Kreuzberger, Rechtsanwalt in Bischofshofen, als Verfahrenshelfer, wegen 8.700 EUR sA, Unterlassung, Beseitigung und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. März 2017, GZ 2 R 38/17x‑23, womit infolge Rekurses der beklagten Partei Punkt 2. des Beschlusses des Landesgerichts Salzburg als Handelsgericht vom 15. Februar 2017, GZ 1 Cg 119/16s‑17, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00078.17Z.0727.000

 

Spruch:

I. Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt 2. abgeändert; die Entscheidung des Erstgerichts über den Widerspruch wird mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass sie – unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen Teils – wie folgt lautet:

„Dem Widerspruch des Beklagten wird teilweise Folge gegeben.

Die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Salzburg vom 11. November 2016, GZ 1 Cg 119/16s‑3, wonach

zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin wider den Beklagten auf Unterlassung der unlauteren Handlung, worauf die Klage gerichtet ist, dem Beklagten ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung der auf Unterlassung der unlauteren Handlung gerichteten Klage verboten wurde,

1. die Kunden der Klägerin laut der dieser einstweiligen Verfügung angeschlossenen, deren Bestandteil bildenden Kundenliste ***** Beilage ./J, welche der Beklagte in seiner Zeit als Dienstnehmer bei der Klägerin betreute, unter Verwendung der Daten der Klägerin (Wiederbesuchstermine, Ansprechpartner samt Telefonnummern, Anzahl und Standort der Erste-Hilfe-Kästen, vereinbarte Rabattkonditionen, Zusammensetzung des mit dem Kunden abgestimmten und auf diesen maßgeschneiderten Bedarfssortiments) zu kontaktieren, sowie

2. die Daten der Klägerin in sonst irgendeiner Weise zu verwerten oder zu verwenden,

wird in Ansehung der Kunden N***** GmbH & Co KG und S***** GmbH & Co KG, Niederlassung F***** aufgehoben; in diesem Umfang wird der Sicherungsantrag abgewiesen.

Im Übrigen wird der Widerspruch des Beklagten abgewiesen und die einstweilige Verfügung aufrecht erhalten.

Die Klägerin hat die Kosten des Widerspruchsverfahrens vorläufig selbst zu tragen.“

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Begründung:

I. Die Beantwortung des von der Klägerin erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses wurde dem Beklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 30. Mai 2017, zugestellt am 2. Juni 2017, freigestellt. Die Revisionsrekursbeantwortung wurde am 28. Juni 2017 erstattet.

Die Frist für den Rekurs und die Rekursbeantwortung beträgt im Sicherungsverfahren vierzehn Tage (§ 402 Abs 3 EO); das gilt auch für den Revisionsrekurs und dessen Beantwortung (RIS-Justiz RS0119289 [T2, T3]).

Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten war daher als verspätet zurückzuweisen.

II. Das nicht protokollierte Einzelunternehmen „E*****“ wurde in die am 22. September 2016 gegründete und am 17. Dezember 2016 ins Firmenbuch eingetragene Klägerin eingebracht. Geschäftsgegenstand des Einzelunternehmens ebenso wie der Klägerin ist der Verkauf von Erste-Hilfe-Kästen und Verbandsmaterial und insbesondere ein Kontrollservice der vorhandenen Erste-Hilfe-Einrichtungen und deren Nachbestückung.

Der Beklagte war von 18. Februar 2013 bis 17. Mai 2013 befristet und ab 18. Mai 2013 unbefristet beim Einzelunternehmen E***** beschäftigt; er betreute als Außendienstmitarbeiter Kunden in Salzburg, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg und war allein in Salzburg für die Betreuung von 1.800 Kunden zuständig. Das Dienstverhältnis wurde zum 30. Juni 2016 vom Dienstgeber wegen gravierender Unstimmigkeiten über die Abrechnung von Privatfahrten beendet. Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 teilte die Klägerin dem Beklagten die Gründe für die Auflösung des Dienstverhältnisses mit und wies ihn ausdrücklich darauf hin, dass er zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht gemäß dem Dienstvertrag verpflichtet ist; dieser enthielt folgende Klauseln:

Der Dienstnehmer ist zur Geheimhaltung aller ihm zur Kenntnis gelangten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und sonstiger Umstände und Geschäftsvorgänge, auch von Dritten, wie Kunden, Lieferanten und beratenden Geschäftspartnern gegenüber jedermann – auch über das Dienstverhältnis hinaus – verpflichtet.

Die Weitergabe von vertraulichen oder vom Dienstgeber bzw seinen Geschäftspartnern als vertraulich bezeichneten Mitteilungen oder Informationen über Geschäfts-, Personal-, oder Betriebsangelegenheiten des Dienstgebers oder von Dritten stellt einen Entlassungsgrund dar.

Darüber hinaus ist der Dienstnehmer auch zur Wahrung des Datengeheimnisses im Sinn des § 20 Datenschutzgesetz verpflichtet.

Der Beklagte hat der Klägerin nach Beendigung des Dienstverhältnisses Kundenlisten über (vor allem Groß-)Kunden der Klägerin, die er während des aufrechten Dienstverhältnisses bereits aufgesucht hatte, nicht mehr zurückgestellt. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses wurde er als Außendienstmitarbeiter einer Mitbewerberin der Klägerin für den Raum Salzburg und Tirol tätig. Er suchte seit zumindest Anfang September 2016 eine Vielzahl der (Groß-)Kunden der Klägerin zu von dieser zuvor vereinbarten Wiederbesuchsterminen bzw unmittelbar vor diesen Terminen auf und warb diese für seinen neuen Arbeitgeber dadurch ab, dass er in einem überwiegenden Anteil der Fälle den Kunden für den Fall des Wechsels preislich günstigere Angebote als jene der Klägerin unterbreitete. Die Preisgestaltung erfolgte dabei aufgrund der nicht zurückgestellten Kundenlisten der Klägerin, die die einzelnen Rabatte der Kunden auswiesen und die er (aufgrund einer Kopie der Daten) bei sich behalten hatte, derart, dass die offerierten Preise durchgehend unter jenen der Klägerin lagen.

Die Abwerbung von mehr als zwanzig Klein- und Großkunden der Klägerin hat für sie schwerwiegende wirtschaftliche Folgen, wobei der Verlust der Großkunden ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet.

Die Klägerin beantragte, zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens mittels einstweiliger Verfügung dem Beklagten zu verbieten, ihre Kunden laut „Kundenliste ***** Beilage ./J“ unter Verwendung der Daten der Klägerin zu kontaktieren und die Daten der Klägerin in sonst irgendeiner Weise zu verwerten oder zu verwenden. Sie stützte die Klage auf UWG und auf die dienstvertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Beklagten in vollem Umfang.

Der Beklagte erhob dagegen Widerspruch und brachte vor, er habe alle Unterlagen und Kundenlisten der Klägerin entweder vernichtet oder zurückgegeben. Er sei durch keine Konkurrenzklausel gebunden und habe nur Kunden angesprochen, zu denen er aufgrund seiner Tätigkeit in Westösterreich seit 1995 oder aufgrund freundschaftlicher oder familiärer Beziehungen ein besonderes Verhältnis habe und die nicht durch einen schriftlichen Vertrag an die Klägerin gebunden gewesen seien.

Das Erstgericht erledigte den Widerspruch, indem es die einstweilige Verfügung (erkennbar mit der aus dem Spruch ersichtlichen – unangefochten gebliebenen – Einschränkung in Bezug auf zwei namentlich genannte Kunden aus der Kundenliste in der im Sicherungsverfahren vorliegenden und verlesenen Fassung der Urkunde Beilage ./J) neuerlich erließ. Der Beklagte sei zur Geheimhaltung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin verpflichtet. Zwar sei das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers für sich alleine auch dann noch nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewusst und systematisch erfolge; erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschten, wie etwa das Beschaffen von Kundenlisten auf unlautere Weise, werde ein wettbewerbsrechtlich verpöntes Verhalten verwirklicht. Dass sich ein ehemaliger Dienstnehmer wie der Beklagte bei seinem Verhalten vor allem auf die ihm bekannten, vom früheren Dienstgeber mit seinen Kunden abgeschlossenen Termine stütze, sei eine unlautere Wettbewerbshandlung iSd § 1 Abs 1 UWG.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die einstweilige Verfügung aufhob und den Provisorialantrag zur Gänze abwies. Die Verwertung redlich gewonnener Kenntnisse, insbesondere von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen durch einen früheren Beschäftigten, die grundsätzlich nicht gegen § 1 UWG verstoße, könne bei Vorliegen besonderer Umstände sittenwidrig sein, so etwa wenn sich der Dienstnehmer noch während des aufrechten Dienstverhältnisses durch die Speicherung von Kundenadressen aus der Kartei seines Arbeitgebers eine dauernde und sichere Kenntnis der Daten unbefugt in der Absicht verschaffe, sie sodann nach dem Ausscheiden im eigenen Unternehmen zu verwerten. Der Unterschied zur Inanspruchnahme redlich erworbenen Wissens bestehe darin, dass der ehemalige Angestellte in diesem Fall noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses einen inneren Frontwechsel vornehme, indem er sich nicht mehr als loyaler Mitarbeiter seines Dienstherrn, sondern bereits als dessen künftiger Konkurrent verhalte. Das Unterbieten der Preise der Mitbewerber sei grundsätzlich ein erlaubtes Kampfmittel im Wettbewerb und nur unter besonderen Umständen sittenwidrig. Die Handlungen des Beklagten seien nicht geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen, weil die Preisgestaltung jeweils im Einzelfall erfolgt sei. Er habe aus den nicht zurückgestellten Kundenlisten der Klägerin die Angaben über die den Kunden gewährten Rabatte benützt, um Preise niedriger zu gestalten. Es wäre dennoch zu erwarten, dass er bei entsprechenden Preisverhandlungen ohnedies entweder Kenntnis vom von der Klägerin errechneten Preis erlangt hätte, oder aber über die Verhandlungen ein gemeinsamer Preis gefunden worden wäre, der ebenfalls jenen der Klägerin hätte unterbieten können. Ein relevanter Vorteil aus der Information über Rabattkonditionen sei nicht zu ersehen. Dass sich der Beklagte bereits während des aufrechten Dienstverhältnisses Unterlagen oder Daten beschafft oder gesichert habe, um sie in der Folge zu verwerten, dass er den Kundenlisten weitere Informationen entnommen habe – etwa über die Kontaktpersonen, das Bedarfssortiment usw – , dass es ihm um eine Behinderung der Klägerin oder eine Verdrängung vom Markt gegangen sei, oder dass er sein Einschreiten für einen neuen Arbeitgeber nicht offengelegt habe, stehe nicht fest.

Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht als 30.000 EUR übersteigend; den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt dieKlägerin erkennbar die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist auch berechtigt.

Die Klägerin führt ins Treffen, das Rekursgericht habe die mit den Kunden vereinbarten Wiederbesuchstermine nicht berücksichtigt; der Beklagte habe dadurch sehr wohl einen Wettbewerbsvorteil gehabt. Die Verletzung der Verschwiegenheitsklausel sei Rechtsbruch und schon für sich ausreichend, die Sittenwidrigkeit und Unlauterkeit des Handelns des Beklagten zu begründen. Es komme auch nicht auf den Zeitpunkt des „inneren Frontwechsels“, sondern darauf an, dass der Beklagte die firmeninternen Daten der Klägerin als Mitbewerber nutze.

Dazu wurde erwogen:

1. Nach § 1 Z 1 UWG kann unter anderem auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Dabei ist jeder „Störer“ passiv legitimiert, also auch der unlauter den Wettbewerb seines neuen Arbeitgebers fördernde Arbeitnehmer, der offenkundig nicht im eigenen, sondern (zumindest auch) im Interesse seines Dienstgebers handelt (vgl RIS-Justiz RS0077619 [insb T20]).

2. Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers an sich ist nicht unlauter; da sich der Geschäftsumfang gewöhnlich nur auf Kosten der Mitbewerber vergrößern lässt, gehört es zum Wesen des Wettbewerbs, dass der Gewerbetreibende in den fremden Kundenkreis einzudringen versucht und dass sich dabei das attraktivere Angebot durchsetzt (vgl RIS-Justiz RS0078521). Jede Wettbewerbshandlung ist ihrer Natur nach geeignet, den Mitbewerber in seinem Streben nach Geschäftsabschlüssen und Gewinn zu beeinträchtigen; Sinn und Zweck des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist es ja, in den Kundenkreis des Mitbewerbers einzudringen und ihm durch die Güte und Preiswürdigkeit der eigenen Leistung Kunden abzunehmen (RIS-Justiz RS0077756). Das Eindringen in den Kundenkreis der Konkurrenten gehört zum Wesen des Wettbewerbs; niemand hat Anspruch auf die Wahrung seiner Position. Nur die Art und Weise, wie die Beeinträchtigung des Mitbewerbers geschieht, kann eine Wettbewerbshandlung unzulässig machen (RIS-Justiz RS0078508). Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist für sich allein selbst dann noch nicht unlauter, wenn es zielbewusst und systematisch erfolgt; erst durch Hinzutreten besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschen, wie etwa das Beschaffen von Kundenlisten auf unlautere Weise, das Abwerben von Dienstnehmern während des aufrechten Dienstverhältnisses, das Anschwärzen von Mitbewerbern oder die Schädigung der Mitbewerber als einziges Ziel, wird ein wettbewerbsrechtlich verpöntes Verhalten verwirklicht (RIS-Justiz RS0116886, RS0078531, RS0078508 [T3, T5]; vgl RS0078521 [T4, T7, T9]).

3. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht aus diesem Kreis hinaus dringen sollen, und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht (RIS-Justiz RS0079599). Derartige „interne Informationen“ eines Unternehmens sind Tatsachen oder Vorgänge, die in einer Beziehung zum Unternehmen stehen und nach dem für einen durchschnittlichen Beschäftigten erkennbaren Willen des Unternehmers vertraulich zu behandeln sind (RIS-Justiz RS0060498; vgl Mildner, Arbeitsrechtliche Geheimhaltungspflichten im Lauterkeitsrecht, ÖBl 2011/66, 279 [283]). Sie betreffen Tatsachen und Erkenntnisse von wirtschaftlicher und kaufmännischer Bedeutung. Die in Frage kommenden Tatsachen und Vorgänge müssen in einer Beziehung zum Betrieb stehen, können aber auch Bedeutung für seine Wettbewerbsfähigkeit haben. Sie sind in der Regel nur einem eng begrenzten, im Wesentlichen geschlossenen Personenkreis bekannt, dem diese Kenntnis entsprechend der Natur des Betriebs nicht verwehrt werden kann. Nach dem Willen des Betriebsinhabers sollen sie geheimgehalten, somit vertraulich behandelt werden, und es muss ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestehen (RIS-Justiz

RS0079583 [T7]). Der Geheimhaltungswille kann nicht nur ausdrücklich erklärt werden, sondern sich auch aus den Umständen ergeben; es genügt, dass sich ein durchschnittlicher Beschäftigter über diesen Willen klar sein muss (RIS-Justiz

RS0079583 [T2]).

Ob ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis vorliegt, kann nur in jedem Einzelfall geprüft werden (RIS‑Justiz RS0079599 [T6]; RS0060498). Kundenlisten können Geschäftsgeheimnisse sein (RIS‑Justiz RS0078339).

4. Die Verwertung auch redlich gewonnener Kenntnisse, insbesondere von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, durch einen früheren Beschäftigten, die grundsätzlich nicht gegen § 1 UWG verstößt, kann bei Vorliegen besonderer Umstände sittenwidrig sein (RIS‑Justiz RS0078348). Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Dienstnehmer planmäßig, also mit Vorbedacht und unbefugt, in Kenntnis von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gesetzt hat, um sie dann nach Dienstaustritt zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten (RIS‑Justiz RS0078330), oder wenn sich ein Angestellter von einem ihm anvertrauten oder ohne weiters zugänglichem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch eine zusätzliche Tätigkeit, zB Abschreiben, dauernde und sichere Kenntnis verschafft (RIS‑Justiz RS0079617). Der Unterschied zur Inanspruchnahme redlich erworbenen Wissens besteht darin, dass der ehemalige Angestellte hier noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses einen inneren Frontwechsel vorgenommen hat, indem er sich nicht mehr als loyaler Mitarbeiter seines Dienstherrn, sondern bereits als dessen künftiger Konkurrent verhalten hat (RIS‑Justiz RS0078330 [T3]; RS0079617 [T2]; 9 ObA 66/03a = RIS‑Justiz RS0078348 [T1]).

Die Verwertung von Betriebsgeheimnissen durch ausgeschiedene Dienstnehmer wird somit dann nach § 1 UWG geahndet (vgl RIS‑Justiz RS0078343), wenn sich die Dienstnehmer den Zugang dazu unbefugt in der Absicht der Verwertung nach Beendigung des Dienstverhältnisses beschafft haben, oder wenn sie sich zu diesem Zweck von anvertrauten Unterlagen durch Abschriften oder sonstige Aufzeichnungen die dauernde Kenntnis gesichert haben (4 Ob 394/86; 9 ObA 93/92; 4 Ob 157/99p; vgl RIS‑Justiz RS0078508 [T3]; Thiele in Wiebe/Kodek, UWG2 § 13 UWG [2016] Rz 21).

Derartige Umstände im Hinblick auf einen inneren Frontenwechsel sind im Anlassfall aus den vorliegenden Feststellungen nicht hinreichend deutlich ableitbar.

5. Eine Geheimhaltungsvereinbarung über echte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ist keine Konkurrenzklausel im Sinne des § 36 AngG und unterliegt nicht deren insbesondere zeitlichen Beschränkungen; eine derartige Vereinbarung bezweckt nicht nur den Schutz vor Verrat an Dritte, sondern auch den vor der Benützung der Geheimnisse als Mitbewerber (RIS-Justiz RS0044166).

5.1. Die Verletzung einer vertraglichen Geheimhaltungsverpflichtung ist ein Vertragsbruch, der – wie auch die Verwertung von Betriebsgeheimnissen eines ausgeschiedenen Dienstnehmers – nur dann gegen § 1 UWG verstößt, wenn sich die Unlauterkeit aus besonderen Umständen ergibt (RIS‑Justiz RS0078872). Um die Unlauterkeit zu begründen, muss die Wettbewerbshandlung unabhängig von der Vertragsverletzung unlauter sein (RIS‑Justiz RS0078872 [T10]). Besondere Umstände, die den Bruch einer Konkurrenzklausel nicht mehr als reine Vertragsverletzung, sondern als unlauteres Verhalten erscheinen lassen, liegen etwa dann vor, wenn der Arbeitnehmer Geschäftsunterlagen seines Arbeitgebers ablichtet, um mit diesem so gewonnenen Material Konkurrenz zu machen. Sie sind aber auch dann zu bejahen, wenn ein Dienstnehmer noch während des aufrechten Dienstverhältnisses von ihm betreute Kunden des Dienstgebers im eigenen Interesse abwirbt, um seine Tätigkeit als selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter einer von ihm geplanten Gesellschaft (oder sonst für einen neuen Arbeitgeber) vorzubereiten, liegt doch darin ein besonderer Vertrauensbruch des Dienstnehmers (RIS‑Justiz RS0031669). Derartiges Verhalten ist im Zusammenhang zu sehen, es ist gleichsam ein zweifacher Pflichtverstoß (vgl RIS‑Justiz RS0031669 [T3]).

5.2. In älteren Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass sich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung vor allem dort nicht im vertraglichen Unrecht erschöpft, wo sich ein Unternehmer über eine unmittelbar eine Regelung des Wettbewerbs betreffende Vertragsbestimmung hinwegsetzt, um die Vertragstreue seiner Mitbewerber zum eigenen Vorteil im Wettbewerb für sich auszunützen (vgl RIS‑Justiz RS0078872 [T8]). Wenn sich die Vertragsverpflichtung unmittelbar auf eine Regelung des Wettbewerbs bezieht und diese in einer Weise verletzt wird, um dem Gegner gegenüber einen Vorteil zu erlangen, der die Wettbewerbslage in rechtswidriger Weise verändert, so bedeutete eine solche Vertragsverletzung auch eine Unlauterkeit im Sinne des § 1 UWG, weil in einem solchen Falle mit dem Vertrauen in bestehende Bindungen eine wesentliche Grundlage jedes Geschäftsverkehrs erschüttert wird (vgl RIS-Justiz RS0078846).

5.3. Zu 9 ObA 66/03a bestätigte der Oberste Gerichtshof eine Unterlassungsverfügung gegen einen ehemaligen Mitarbeiter eines Unternehmens, das den Handel mit Feuerlöschgeräten und deren Ersatzteilen sowie das Service von Feuerlöschgeräten betrieb. Trotz der zum bisherigen Arbeitgeber bestehenden Wartungsverträge suchte der gekündigte und danach für ein Konkurrenzunternehmen tätige Mitarbeiter seine bisher von ihm betreuten Kunden auf und bot – mit oder ohne Aufklärung über seinen neuen Arbeitgeber – die Wartung an. Er griff im Rahmen seiner Tätigkeit für seinen neuen Arbeitgeber auf die Aufzeichnungen und das Datenmaterial des früheren Arbeitgebers zurück; diesen Unterlagen entnahm er insbesondere auch den jeweils vereinbarten Wartungstermin. Er besaß gegenüber dem früheren Arbeitgeber einen Wettbewerbsvorteil, weil er dessen Kalkulation und Preisgestaltung gut kannte. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass bereits in 8 ObA 122/01a die Tatsache, dass der damals beklagte Arbeitnehmer eine von ihm auch für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses übernommene Verpflichtung zur Wahrung von ihm bekannt gewordenen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen verletzt hatte, als ein den Wettbewerb verfälschender Umstand gewertet worden ist, der im Sinne der (oben 5.1. und 5.2. referierten) Rechtsprechung das konkurrenzierende Verhalten des Betroffenen wettbewerbswidrig erscheinen lässt. Berücksichtigt man, dass der Arbeitnehmer nicht nur sein Wissen um die Kundendaten und die Termine der fälligen Wartungen – unter Verletzung seiner Geheimhaltungspflicht – verwertete, sondern überdies die angesprochenen Kunden ungeachtet der bestehenden (und ihm bekannten) Wartungsverträge mit dem früheren Arbeitgeber für seinen neuen Arbeitgeber angesprochen hat, wobei er in zumindest mehreren Fällen sein Einschreiten für den neuen Arbeitgeber nicht offenlegte, erweist sich sein Verhalten als wettbewerbswidrig.

Dem ist auch im vorliegenden Fall zu folgen.

6.1. Generell gilt, dass Redlichkeit nicht den Glauben verlangt, etwa Eigentümer zu sein, sondern nur den Glauben an einen gültigen Titel, also an die rechtmäßige Zugehörigkeit einer Sache im weiteren Sinn, im Gegensatz zum unredlichen Besitzer, der vermuten muss, dass die Sache einem anderen gehört (RIS-Justiz RS0010172). Redlich ist nach § 326 ABGB derjenige, der eine Sache aus wahrscheinlichen Gründen für die Seinige hält. Maßgeblich ist der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung, also das Vertrauen auf einen gültigen Titel (6 Ob 246/01x); unredlicher Besitzer ist der, der von der Rechtmäßigkeit des eigenen Besitzes, der Gültigkeit des den Rechtserwerb rechtfertigenden Titels nicht überzeugt gewesen ist (RIS‑Justiz RS0010172 [T1]), wer also auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste (vgl RIS‑Justiz RS0010184; RS0010137 [insb T1]).

Jeder Vertragspartner hat sich zudem so zu verhalten, wie es der andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert und Schaden verhütet wird. Diese weiteren Verhaltenspflichten können auch die Verpflichtungen umfassen, dem anderen den ihm nach dem Vertrag zukommenden Vorteil zu erhalten und dafür zu sorgen, sodass ihm für die Zeit nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Nachteile entstehen; sie können unter Umständen verlangen, dass der eine Vertragsteil nach der Erfüllung aller Hauptleistungspflichten noch bestimmte Handlungen zum Vorteil des anderen Vertragsteils vornimmt oder solche Handlungen unterlässt, durch die dem anderen die ihm durch den Vertrag gewährten Vorteile wieder entzogen oder wesentlich geschmälert würden (RIS‑Justiz RS0018232); nachvertragliche Pflichten haben von der Qualität des geschützten Rechtsguts abhängige, durch Interessenabwägung auszulotende Grenzen (RIS‑Justiz RS0018232 [T10]).

6.2. Im Anlassfall besteht eine ausdrückliche (auch nach-)vertragliche Geheimhaltungspflicht. Die hier in Frage stehenden Kundenlisten „gehören“ der Klägerin (vgl 4 Ob 217/13k); daran, dass es sich dabei um Betriebs- bzw Geschäftsgeheimnisse der Klägerin handelt, besteht kein Zweifel.

Zwar steht weder fest, dass der Beklagte bei seinem Ausscheiden aus dem Betrieb Kundenlisten im Original mitgenommen, noch dass er Kopien dieser Listen in der Absicht hergestellt hat, sie nach Ende des Dienstverhältnisses zum Nachteil der Klägerin zu verwenden.

Wettbewerbsabsicht als solche ist aber auch sonst nicht Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs 1 Z 1 UWG idF der UWG-Nov 2007 (RIS-Justiz RS0123244). Es kommt daher nicht mehr auf die Absicht an, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern auf die Eignung des Verhaltens, sofern nicht bei objektiver Betrachtung eine andere wettbewerbsfremde Zielsetzung eindeutig überwiegt (RIS-Justiz RS0123244 [T1, T9]). Die Verletzung wettbewerbsregelnder Vertragspflichten fällt somit auch nach der UWG-Nov 2007 unter die lauterkeitsrechtliche Generalklausel des § 1 Abs 1 Z 1 UWG. An die Stelle der nach altem Recht erforderlichen Absicht, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, hat nun die objektive Eignung des Verhaltens zu treten, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Vertragspartnern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0078846 [T9]; vgl 4 Ob 7/10y zu einem Verstoß gegen eine vertragliche Geheimhaltungspflicht).

6.3. Dem Beklagten musste schon aufgrund der vertraglichen Regelungen klar sein, dass er die Unterlagen der Klägerin nach Ende seiner Tätigkeit für diese weder behalten noch verwenden darf, sodass die Herstellung, aber auch – für sich genommen – das Behalten und Weiterverwenden von Kopien insoweit als unredlich anzusehen ist (vgl Burgstaller in Ruppe, Geheimnisschutz im Wirtschaftsleben [1980] 34).

Es geht nicht „nur“ um die bloße Verwertung von eigenen Kenntnissen oder Erinnerungen des Beklagten über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sondern um die Mitnahme von Unterlagen über Geheimnisse und deren nunmehrige Nutzbarmachung für Dritte. Besteht eine vertragliche Geheimhaltungspflicht, so erreicht der – schon im (Herstellen bzw) Behalten von Kopien für nicht dem Dienstverhältnis entsprechende Zwecke und deren Verwendung gelegene – vorsätzliche – Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht eine besondere, mit dem von der Rechtsprechung geforderten zusätzlichen Sittenwidrigkeitselement und einem „inneren Frontwechsel“ vergleichbare Intensität (vgl Reissner, Glosse zu 8 ObA 311/01w, DRdA 2003/43, 434, mit einem Hinweis auf Rummel in Koziol, Haftpflichtrecht II2 [1984] 296). Auf die Frage, ob Wiederbesuchstermine konkret aus den Listen ersichtlich gewesen sind, kommt es daher nicht an.

Jedenfalls in diesem Aspekt des Verstoßes gegen ausdrückliche Vertragspflichten unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von jenem der Entscheidung 4 Ob 50/04p, wo solche Umstände nicht feststellbar waren.

7. Dass der Beklagte aus der Verwendung der Kundenlisten keinen relevanten Wettbewerbsvorteil für seinen neuen Dienstgeber gezogen habe, weil er die Preise der Klägerin auch im Verhandlungsweg hätte herausfinden und unterbieten können – wie das Rekursgericht meint –, war als Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens (4 Ob 12/11k = RIS-Justiz RS0127291; vgl 9 ObA 93/15i) nicht zu prüfen, weil ihn der Beklagte in erster Instanz nicht erhoben hat. Dass die Kenntnis des genauen Ausmaßes der Rabatte eines Konkurrenten wettbewerblich nicht ins Gewicht fiele, kann zudem nicht ernsthaft behauptet werden: Vielmehr erlaubt solches Wissen von vornherein eine Kalkulation, die im Wege eines unter dem bisherigen Preis gelegenen Angebots einen Einstieg in Verhandlungen regelmäßig erst ermöglicht.

8. Die erstgerichtliche Entscheidung über den Widerspruch war daher – mit den sich aus dem Spruch ergebenden verdeutlichenden Maßgaben – wiederherzustellen, ohne dass geprüft werden musste, ob die Voraussetzungen des § 381 EO vorliegen (§ 24 UWG) bzw die einstweilige Verfügung auch außerhalb lauterkeitsrechtlicher Ansprüche ausschließlich auf Verletzung vertraglicher Ansprüche gestützt werden könnte.

9. Die Entscheidungen über die Kosten der Klägerin beruhen auf § 393 Abs 1 EO.

Der Beklagte hat im Widerspruchsverfahren keine Kosten verzeichnet; in Ansehung seiner Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht die Kostenentscheidung auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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